1896 / 30 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Ministeriums zur Verhandlung gelangt. Ich kann Ihnen aber die Versicherung geben, daß die Königlih preußische Staatsregierung Ihren erhandlungen das größte Interesse entgegenbringt und, wie immer, vollste Würdigung und Beachtung wird zu theil werden lassen. Soweit es mir möglich sein wird, werde ih an Ihren Verhandlungen tbeilnehmen und Ihre Wünsche zu fördern bemüht sein. (Lebhaftes Bravo !) : Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete: Die Nahrungsmittelkontrole in Deutschland mit besonderer Rücksicht auf den Schuß der landwirthschaftlichen Produkte vor dem unlauteren Wettbewerb ihrer Ersatz-

mittel.

Verdingungen im Auslande.

Niederlande.

4. Februar, 2 Uhr Lokalzeit, im Zeatralbureau der Maatschappy tot Exploitatie van Staatsspoorwegen im O zu Utrecht: Lieferung von eichenem Wechselholz und eichenen 2 rüden- balken für die Staatseisenbahnen. Bedingungsheft Nr. 174 liegt vom 18. Januar 1896 ab zur Einsicht im vorgenannten Zentralbureau und im Bureau des Chef-Ingenieurs der Werkpläße und Magazine, G. J. E. van Vryberghe de Coningh zu Utreht und ift bei Franko- Anfrage gegen Bezahlung von 0,50 Fl. erhältlich bei dem oben- genannten Zentralbureau. Nähere Ausschlüsse zu bekommen bei dem mehrfach genannten Zentralbureau und dem Ingenieur.

. Februar. Die Landbau-Vereinigung „do FEendracht“ zu Herkingen: Lieferung von pl. m. 40000 kg Sup., 1000 kg Salp., 1000 kg Amm. Sup., 600 kg Thom. Ph. Angebote sind an den Sekretär A. W. Keizer in Herkingen einzusenden L

7. Februar, 12 Uhr, im Zentral-Magazin für Militärausrüstung, Sarphatistraße in Amsterdam: Lieferung von je 17 000 Patronen- taschen zu Gewehr M./95 mit Vorrihtung zur Unterbringung des Schraubenziehers und je 17 000 ohne solche, ‘je in 4 Abtheilungen zu 4250 Stück. Bedingungen zur Einsicht täglih mit Ausnahme Sonn- tags von 9 bis 12 Uhr im Zentral-Magazin ausgelegt und dur den Major-Magazinmeister bei Einsendung von 0,20 Fl. erhältlich.

14. Februar. Gemeinde-Verwaltung in Nymwegen: Lieferung von gegossenen und s{miedeeisernen Untertheilen zur Verbreiterung der Abzugskanâle. Bedingungshefte für 10 Cent das Stück sind bei Franko-Anfrage bei dem Gemeindeschreiber erhältlih. Aufschlüsse werden im Bureau des Gemeinde-Architekten gegeben.

Theater nud Musik.

Shiller-Theater.

Eine wohlgelungene Aufführung von Shakespeare's Lebeê- tragödie , Nomeo und Julia * fand zum ersten Mal am Sonn- abend im „Schiller-Theater“ statt. Mit kühnem Vorgehen hatte die Regie, um die Einheit des Orts zu wahren und allzuzeitraubende Ver- wandlungen zu vermeiden, scenisch vieles so zu verein'gen gewußt, daß das umfangreihe Werk troß des späten Beginns der Vorstellung den Nahmen des üblichen Lheaterabends nicht überschritt. Die beiden Titelrollen waren in den Händen des Herrn Bach und des Fräulein Pauly. Ersterer verlich dem s{chwärmerischen Romeo eine hübsche jugendlihe Grsheinung und die erforderlihe Gluth leidenschaftlichen Gmpfindens, während Fräulein Pauly als Julia die lyrishen, weichen Accente des hingebenden Mädchens besser gelangen als die mehr Kraft und Temperament fordernden Stellen ihrer Rolle. Herr Froböse zeichnete den Tybalt niht in der shablonenmäßigen, kühl überlegenen Manier, sondern gab dieser Gestalt den Charakter maßloser Heftigkeit: eine Auffassung, die man jedenfalls gelten lassen karn. Unter ven übrigen Darstellern und Darstellerinnen thaten sih Herr Pauly und Fräulein Detschy als Ebepaar Capulet, Fräulein Wilke als Amme, Herr Schmasow als Peter, Herr Patry als Mercutio und Herr Winterstein als Prinz hervor. Eine einheitlihe fkünstlerishe Leistung bot Herr Pategg als Bruder Loren'o. Die Ausstattung war, ohne übertriebene Pracht zu entfalten, durchaus würdig.

Konzerte.

äßen aus seinen Opern „Die Feen“, „Rienzi*, „Der fliegende Obllánders, E „Die Walküre“ und „Die Meistersinger von Nürnberg“ überging. Die Sonate op. 1, für Orthester n- strumentiert von Müller-Berghaus, folgt noch klassishen Vorbildern; eine einfahe Form zeigt auh die Polonaise, op. 2, während die Ouvertüre zur Oper „Die Feen“. {hon den vom Hergebrachten sich befreienden Genius Wagner's erkennen läßt, der dann noch glänzender in den darauf folgenden Instrumentalfägen hervortritt. Herr Meyder, dem alle Anerkennung für die interessante Veranstal- tung eines solchen historishen Abends gebührt, wurde dabei durch dite tüchtigen Leistungen seiner Kapelle aufs wirksamste unterstüßt. Das zahlreih ershienene Publikum spendete lebhaften Beifall.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Lorßing's „Waffenschmied" in folgender Beseyung zur Aufführung : Hans Stadinger: err Krolop, Gtaf von Liebenau: Herr Bulß, Georg: Herr Lieban, Ritter Adelhof: Herr Schmidt. Fräulein Veppe singt zum ersten Mal die Marie, Fräulein Pohl die Irmentraut. Hierauf folgt das Ballet „Phantasien im Bremer Nathskeller®.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen E. von Wildenbruh’8 vaterländishes Drama „Die Quihows“ gegeben, Die Beseßung lautet: Friedrich 1. von Hobenzollern: Herr Ludwig, Herzöge Kasimir und Otto von Pommern: Herren Herter, Keßler, Barbara von Bug: Fräulein Poppe, Dietrich von Quiyow: Herr Nesper, Konrad von Quiyow: Herr Purschian, Henning Perweniß: Herr Eichhol, Henning Stroband: Herr Oberländer, Rieke: Frau Conrad, Thomas Wins: Herr Kahle, Gertrud: Frau Seebach, Agnes: Frau von Hochenburger, Köhne eie Herr Vollmer, Dietrih Schwalbe : Herr Winter, Hans Sturz :

err Siegrist. In der vorgestrigen Vorstellung des Lustspiels „Die kranke Zeit“ wurde dem Verfasser derselben, Herrn Richard Skowronnek die Chre zu theil, in die Kaiserliche Loge befohlen und von Seiner Majestät dem Kaiser dur huldvolle Worte der Anerkennung ausgezethnet zu werden.

Im Swiller- Theater werden morgen Bulthaupt's „,Vic- toria“ und „Onkel Bräsig“ wiederholt. Am Sonnabend findet die Erstaufführung des Laufs’shen Schwanks „Ein toller Einfall“ statt.

Im Theater Unter den Linden eröffnet am Freitag die \{chwedische Operettensängerin Frau Pettersson-Norrie ein Gastspiel in der Offenbach’shen Operette „Die shöne Helena“. :

In dem am Mittwoch, Mittags 12 bis 1 Uhr, in der Marienkirche stattfindenden Orgel - Vortrage des Königlichen Musikdirektors Otto Dienel wird Fräulein Martha Kröning den 62. Pfalm von Alb. Becker und Herr Tschiersh ein „Vaterunser“* von Dienel singen. Auf der Orgel werden Vorspiele von „Liebster Jesu, wir sind hier“, Bach's G-mol11. Phantasie, eine Fuge von Rhein- berger, Thiele’'s Chromatishe Phantasie 2c. vorgetragen. Der Einlaß ift frei.

München, 31. Januar. Die Intendanz der Königlichen Hof- bühnen veröffentliht soeben den Spielplan für die, in den Mo- naten August und September d. I. im Königlichen gr und National-Theater stattfindenden Aufführungen ihard Wagner’sher Werke. Der Spielplan umfaßt: „Rienzi“ (25. August, 8. R Di N A „Der Fliegende Holländer“ (27. August, 10. September), „Tannhäuser“ (6., 13. August, 3., 17., 29. September), „Lohengrin“ (8., 15.,, 22. August, 5., 19., 26. September), „Tristan und Jfolde“ (20. Aga, 24. September), „Die Meistersinger von Nürnberg“ (29. August, 12. September). Dem Wagner:Cyclus werden sich Aufführungen des Beethoven'schen „Fidelio“ mit vorhergehender Dar- stellung des Festspiels „Die Ruinen von Athen* (11., 18. August, 1, 7.,, 22. September) anschließen. Im Königlichen Nesidenz- Theater werden in den gleihen Monaten Mozart's Opern „Figaro?s GoMzeit (2; 9, 16.; 23, 30, August; 6., 13.,, 20. 27, Stptèmber) und „Don Giovanni“ (5., 12., 19., 26. August, 2., 9., 16., 23., 30. Sep- tember) neueinstudiert und neuinsceniert gegeben. Das Nähere über die Preise der Pläße is von der Hoftheater-Intendanz zu erfahren. Die Bahnverbindungen zwischen München und Bayreuth bieten Ge- legenheit, die Vorstellungen an aufeinander folgenden Tagen hier wie

Mannigfaltiges.

In der Urania wird heute sowie am Dienstag, Mittwoch und Freitag Herr P. Spies seinen Erperimentalvortrag „Photographie mit unsichtbaren Strahlen“ halten. Am Donnerstag trägt Herr Dr. Müller über „Das Hühnchen im Ei“ vor, während am Sonn- abend Herr Dr. Naß den Vortrag „Moderne Gasbeleuhtung“ nody einmal wiederholen wird.

Um zahlreidjen Wünschen entgegenzukommen, wird die Verkaufs- zeit der Billets für das Ballfest des Vereins Berliner Presse (9m 8. Februar, Philharmonie) im Bureau des Herrn Dr, Wasner, Mohrenstr. 10, im Vorderhause 1 Treppe, jeßt auc Vormittags und zwar von 12 bis 15 Uhr und ferner, wie bisher, von 3 bis 57 Uhr Nachmittags stattfinden.

În den mit glühlichttragenden Tannenguirlanden ges{chmüdckten und festlih erleuchteten Sälen des Kroll'shen Etablissements fand am Sonnabend das Ballfest des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller unter überaus zablreiher Betheiligung statt. Der Ball begann nicht, wie font üblich, mit einer Polonaise, fondern mit einem kurzen Promenadenkonzert, welchem Nundtänze in! dem für die tanzenden Paare durch Landéknechte freigehaltenen Theile des Hauptsaales folgten, während die Polonaise den ersten Theil des Balles abs{hloß und zu den künstlerischen Darbietungen des Abends überleitete. Nachdem der die Polonaise begleitende Chorgesang ver- stummt war, hob sih der Bühnenvorhang und enthüllte eine in blanke Nüstung gekleidete, auf Wolken thronende Frauengestalt, welche Me von Frau Fuorins dargestellt in Versen aus der Feder Julius Freund’s sich als die Schußtzgöttin der Berliner Ausftellung 1896 zu erkennen gab. In s{chwungvoller Form prophezeite der Prolog dem Werke gutes Gedeihen. Es folgten Liedervorträge von Frau Rosa Sucher (be- gleitet von ihrem Gatten) und Herrn Perron, dann der „Kaisergruß“ von Grell (ausgeführt von Sängern des Königlichen Opernchors), sowie ein von Heinri Landwehr zu Chren des Vereins komponierter Festmarsh. Der weitere Verlauf des Festes brachte ein vom Königlichen Solo- tänzer Quaritsh arrangiertes, anmuthiges Tanz-Divertissement, das auch in choreographisher Form die Hoffnungen, die sich an die Aus- stellung knüpfen, wirkungêvoll zum Ausdruck brachte; am Schluß des- selben entstieg dem Boden das Wahrzeichen der Ausstellung, die wohl- bekannte, hammerbewehrte Faust mit der Aufschrift „Glüdauf“.. Hierauf gab man sih wieder den Freuden des Tanzes hin, bis der dämmernde Morgen zum Aufbruh mahnte.

Paris, 3. Februar. In Maulévrier, in der Näbe vno Angers, ereignete sih gestern ein ernster Unglückéfall. Während der Messe stürzte ein Theil des Kirchengewölbes ein; 4 Per- sonen wurden getödtet, 60 verletzt, darunter 5 \{chwer.

Bukarest, 1. Februar. „W. T. B.* meldet: Gestern Abend erplodierte vor dem Hause des Advokaten Moldovanu in der Strada Fortunei eine Dynamitbombe, wodurh die Thoreinfahrt und das Vorhaus erheblih besckädigt sowie die Fensterscheiben der Nachbarhäuser zertrümmert wurden. Personen sind nit zu Schaden gekommen. Das Attentat dürfte keinen politischen, inébesondere keinen anarchistischen Charakter baben. Als Urheber wird von der Polizei ein belgisher Student vermuthet, der mit einem Klienten Moldo- vanu?’s in einen Prozeß verwickelt war.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Budapest, 3. Februar. (W. T. B.) Der österreichisch- ungarische Minister des Aeußern Graf Goluchowski und der österreichishe Handels-Minister Freiherr Glanz von Eicha sind ed vg hier eingetroffen. Die österreichishen Minister begaben sih heute Vormittag zum ungarischen Minister-Prä- sidenten Baron Banffy zur Berathung.

Im Konzerthause

fand am Freitag ein Wagner- Abend“ ftatt, der, mit einigen fast unbekannten Werken aus der Jugendzeit des Meisters beginnend, allmählih zu Instrumental-

„Historischer | dort zu besuchen.

öffentliht werden.

Die Namen der mitwirkenden Müncener und aus- wärtigen Künstler werden noch in einem ausführlichen Programm ver-

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiter:

Beilage.)

Louis Herrmann, mit theilweiser Benußung einer Saal Bechstein. Linkstraße 42. Dienstag;

Wetterberi

E De FE E

Stationen.

8 U

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeres\p red. in Millim

cht hr

y Morgens.

Wind. Wetter.

om 3. Februar,

Temperatur in 9 Celfius

5C.=—4R.

Belmullet . . Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stockholm .

aparanda .

t.Petersburg Moskau .

Cork, Queens- On ¿é

Cherbourg . E ov 79

mburg .. winemünde Neufahrwasser Memel .

Paris SREONR ünster. . Karlsruhe . . Wiesbaden . Cre emniß .. E o Men « » » « Breslau . . .

le d’Aix

776 778 766 776 769 748 760 771

777 778 782 780 779 776 772 769 779 789 780 780 780 780 777 776 774

776 773

Ee

776

SSO SW 1 heiter W 9/bedeckt NW 2|Dunsft

W 2lheiter WSW 3 Schnee M 1|bedeckt | SSO 5 bedeckt S 2 bededckt NW WNW NNW NW N E O 3 bedet NW 1 ¡Nebel O 3 bededckt NO 1|bededckt SW

2'beiter!) 2 beiter?) 4 Dunst?) 4 bededt

2 bededckt WNW 3 bedeckt W 2 bededt WNW 4sbedeckt W 3 Schnee O 4 bededckt

O ONO 3'Dunst

1) Reif. 2) Reif. ) Nachts Regen.

egen.

Uebersicht der Witterung. Die Witterung von Mittel- und Süd-Europa steht

unter dem Einfluß eines

3/halb bed.

MW 2 wolkenlos

N 1/wolkenlos

2 bedeckt4)

1\wolkenlos

|

A T OTRRR N

Ey

i bO i i i O fck =Y

Dm Oos O

1 4) Nachts

ochdruckgebiets, dessen Kern

über dem südlihen Nordseegebiet liegt, während eine tiefe Depression über Laxpland lagert, in deren Be- rei stellenweise starke westlihe und nordwestliche Winde wehen. Christiansund meldet Weststurm. au Deutschland is bei durhshnittlich wenig ver- nderten Wärmeverhältnissen das Wetter ruhig, mild, an der Küste heiter, im Binnenlande trübe. In Sübdteutshland sowie größtentheils in Frankreich

berrsht leihter Froft.

uhiges fkälteres, theils

heiteres, theils nebliges Wetter demnähst wahr- i Deutsche Seewarte.

\heinlich

Theater.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- haus, 32. Vorstellung. Der Wassenschmied. Komische Oper in 3 Akten von Albert Lorzing. Dirigent : Musikdirektor Wegener. Phantafien im Bremer Rathskeller. han‘a‘tisdes Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb, Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musik- direktor Steinmann. Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. 25. Vorstellung. Die Quitzows. Vaterländishes Drama in 4 Aufzügen von Ernst A Ern, Regte: Herr Plaschke. Anfang

r

Mittwoch : Opernhaus. 33. Vorstellung. Die

Tre in 3 Akten von Richard Wagner. Anfang V,

Schauspielhaus. 36. Vorstellung. Die krauke

Zeit. Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard

Skowronnek. Anfang 7F Uhr.

Deutsches Theater. ODienêtag: Neu cin- studiert: Der zerbrochene Krug. Hierauf: Zum ersten Male: Liebelei von Arthur Schnitler. Unfang 7F Uhr.

Mittwoch: Der Talisman.

Donnerstag: Der zerbrocheue Krug. Hierauf: Zum ersten Male wiederholt: Liebelei.

Berliner Theater. Dienstag: König Hein- rich. Anfang 7} Uhr.

Mittwoch: Faust,

Donnerstag: König Heiurich.

Lessing-Theater. Dienstag: Untreu. Hierauf : Fräulein Wittwe. Anfang 7} Uhr.

Mittwoch : Comtesse Guekerl.

Donnerstag: Comtesse Gueerl.

Residenz - Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Letzte Aufführung von: Hals über Kopf. Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson, deutsch von Paul Block, Vorher: Jn doppelter Bekehrung. Plauderei von Paul Linjse- mann. Anfang 7# Uhr.

Mittwoch: Zum ersten Male: Hotel zum Frei- hafen. (L’Hôtel du Libre Echanze.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, über- tragen und bearbeitet von Benno Jacobson.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chausseestraße 25—26, ; Mit großartiger Ausstattung an

Dekorationen und Requisiten: Der

Ausstattungs-Komödie mit Gesang

Dienstag: Kostümen, Hungerleider.

und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und

Idee des Mark Twain. Musik von Louis Noth.

In Scene geseßt von Julius Fritsche. Dirigent:

Herr Kapellmeister Winné. Anfang 7F Uhr. Mittwoch: Der Hungerleider.

Neucs Theater. Schiffbauerdamm 4a. /5. Dienstag: Gastspiel des Herrn Frauz Tewele vom K. u. K. priv. Carl. Theater in Wien. Der Herr Direktor (Monsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und ne Carré. Deutsch von Ferdinand Groß. n Scene gesezßt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7# Uhr.

Mittwoch, Donnerstag und Freitag: Der Herr Direktor.

Voranzeige: Sonntag, den 9. Februar, Nachmittags 3 Uhr: Zu halten Preisen: Bruder Martin.

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Frißshe. Dienstag: Neu einstudiert: Der Vettelftudent. Operette in 3 Akten von F. Zell und N. Genée. Musik von Karl Millöcker. T Herr Kapellmeister Federmann. Anfang

T

Mittwoch: Der Bettelstudent.

Sonnabend, den 8. Februar: Dritter großer Maskenball.

Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Ma- dame Suzette. Vaudeville-Posse in 3 Akten von Sylvane und Ordonneau, bearbeitet von Ed. Jacob- son und Jean Kren. Musik von Edmond Audran. In Scene geseßt von Adolph Ernst. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Pentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Dienstag: Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. Große Ausftattungspofse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und

lius Freund. Musik von Julius Einödshofer. n Scene gesezt vom Direktor Rihard Schul. ie Tanz-Arrangements vom Balletmeifter Gund- la. Anfang 7} Uhr.

Mittwoch: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-Haus. Karl Meyder - Konzert. Dienstag: Ouv. „Die Genueserin“, Lindpaintner. „Wilhelm Tell“, Rossini. Phantasie aus „Der Freishüß“ von Weber. Potpourri , Waldteufeleien“ von Mohr. „Le Désir®* für Cello von Servais A Smit). „Jch fende diese Blume Dir“ für iston von Wagner (Herr Werner). tenstag, den 18. Februar: Fastnachts -: Sub- E, Billets à 3 X im Bureau des uses.

Anfang 7# Uhr: Konzert der Sängerin Lonise Loceher.

Birkus Renz. Karlstraße. Dienstag, Abents 74 Uhr: Große brillante Vorstellung. Grofß- artiger Erfolg! Ein Künstlerfest. Auf das Glän- ¿indie inscentert vom Direktor Fr. Nenz. Neue Einlage : Die Katastrophe des Riesendampfers „Circentia“‘, Außerdem: Auftreten von nur Künstler-Spezialitäten allerersten Ranges, u. A.: e¿The Xarof Skay‘“, Musik-Flammenteufel. Norführen der berühmten Original-Dressuren des Direktors Fr. Nenz. Auftreten sämmtlicher Clowns und des beliebten August Mr. Lavater Lee.

Mittwoh: Ein Künustlerfes. Neue Einlage : Die Katastrophe des Riesendampfers „Cir-- centia““. studierung und scenisher Vorbereitung : Vlätter!

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Käthe Preuß mit Hrn. Pastor Theodor Hammerschmidt (Güßkow—Wittbrießzen b. Beeliß). Frl. Iphigenia Demetriades mit pen. Gerichts-Assefsor Dr. Wilhelm Noodt (Ham- urg Gr. - Lichterfelde). Frl. Margarethe Knorrn mit Hrn. Gymnasial-Oberlehrer Dr. Max Borheck (Waldenburg i. Schl.). Frl. Martha Hoffmann mit Hrn. Rentmeister August Frier (Groß-Nosen). j /

Verehelicht: Hr. Sec.-Lieut. Friedri Franz Graf b li en mit Frl. Ella von Sprenger

a j

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Sec.-Lieut. Ernst Thümmel (Ehrenbreitstein). Eine Tochter: Hrn. Amtsgerihts-Rath Marx AHEEaonver (Berlin). c Hrn. . Prem.-Lieut. von Reichmeister (Anna- urg).

Gestorben: Fr. Geheime Staatsrath Marie Agnes von Wittken, geb. von Tepper-Laski oba, Hr. Rittmeister a. D. Oscar von Wacholy (Jena). Hr. Rektor Friedrih Dürr (Breslau). Hr. Feuerwerks- Lieut, Julius Roensch (Breslau).

Luftige

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlaç8- Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nt. 32.

Sieben Beilagen

(einshließlih Börsen-Beilage), (1934)

und die Gewinnliste der zweiten Klasse der Großen Geld-Lotterie zur Restaurierung der Lamberti-Kirche in Münster.

Seit 5 Monaten befindet \sch in Ein--

A 30.

Deutscher Reichstag. 29. Sißung vom 1. Februar, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der Nummer d. Bl. vom Sonnabend berichtet.

Die zweite Berathung des Reichshaushalts- Etats für 1896/97 wird mit dem Etat der Reichs-Jusstiz - verwaltung, bei den Ausgaben für das Reichs-Justiz- amt Tit. 1 „Staatssekretär 24000 6“, fortgeseßt.

Abg. Bassermann (nl.) E im weiteren Verlaufe seiner Rede aus, der Reichstag habe bereits im leßten Jahre sich mehrfach dahin ausgesprochen, daß die Kündigungsfrist für beide Theile: Prinzipale und Gehilfen, gleich sein müsse. Die Vertragsfreiheit müsse in dieser Beziehung aufgehoben und eine Minimal-Kündigungsfrist eingeführt werden. So habe der Reichstag auch am 16. April 1894 bes{lossen. Die Dauer dieser Frist werde am richtigsten auf 4 Wochen bemessen. Die Konkurrenzklausel, das Verbot des Eintritts in ein Konkurrenzgeschäft, vielfah sogar auf langjährige Dauer und auf sehr weite Rayons, habe eine so excessive Ausdehnung erfahren, daß hier das Gesetz einschreiten müsse. Der Kampf um die Klausel werde ja schon lange geführt. Die Aus- führungen der Sachverständigen in der Kommission für Arbeiterstatistik hätten fih einstimmig gegen die Konkurrenzklausel oder do gegen deren exzesfiven Gebrauch gerihtet. Geradezu als Unfug müsse bezeihnet werden, daß durch solche Verträge hon die Lehrlinge in ihrem e Fortkommen behindert würden. Der Druck dieser harten Be- timmungen stehe außerdem in einem schreienden Gegensaß zu dem Gehalt. In einem solchen Vertrage sei ein Gehalt von 360 4 jährlich, daneben aber eine Konventionalstrafe von 10 000 A für die Verle ung der Konkurrenzklausel ausgemaht. Solche unerhörten Mißbräuche der Vertragsfreiheit müßten verschwinden. Die ganze weitere wirth- schaftlihe Existenz des Handlungsgehilfen werde dur die Konkurrenz- flausel ruiniert oder er werde ins Ausland getrieben. Die Handlungs- geben unterschrieben diese Verträge, weil sie müßten, um überhaupt

eshâftigung zu finden. Das Reichsgericht habe leider niht nur aus- drüdlih die Klage aus diesem Vertrage für zulässig erklärt, sondern au den Zwang zum Austritt aus dem Konkurrenzgeschäft ausge- sprohen, auch die Konventionalstrafe für verfallen erklärt, wenn der Prinzipal dem Handlungsgehülfen gekündigt habe. In keinem anderen Berufe würde so weitgehender Ge- brauch von Vertragsstrafen gemaht, als im Handelsstande. Darum müsse auch diese Frage niht im Bürgerlichen Geseßbuch, sondern im Handelsgeseßbuh besonders geregelt werden, die Schuh- vorschriften des Entwurfes eines Bürgerlichen Geseßbuches genügten nicht für die Handlungsgehilfen. Bei niedrigen Gehalts\även sollte die Konkurrenzklausel überhaupt verboten werden. Die chemische Industrie zahle gute Gehälter, die ein gewisses Aequivalent für die über den Vertrag hinaus erkaufte Schweigepflicht darböten. Im Kaufmannsstand, wo die geringen Gehälter an der Tagesordnung seien, müsse die Klausel fallen, event. müsse der Richter das Necht der Aufhebung oder der- entsprechenden Einschränkung derselben er- halten, auch eingreifen können, wenn der Prinzipal ohne jeden Grund den „Kommis auf die Straße seße. Der wirthshaftlih Schwache müsse geshügt werden. Die Rechtsentwicklung vollziehe fich offenbar au in vielen zivilre{chtlichen Beziehungen nah dieser Richtung ; die Vertragsfreiheit müsse dem zwingenden Recht weichen, damit das Gebot der fozialen Gerechtigkeit erfüllt werde. -

Staatssekretär des Reichs-Justizamts Ni eb erding:

Meine Herren! Mit dem Herrn Vorredner bin ich darin ein- verstanden, daß bei der Revision des Handelsgeseßbuhs die Regelung der Nechtsstellung der Handelsgehilfen eine besondere Aufmerksamkeit in Anspru nehmen muß. Als unfer gegenwärtig in Geltung befind- liches Handelsgeseßbbuch berathen wurde, war auf der einen Seite der wirthschaftliße Interessenkampf noch nicht so beftig entbrannt, und auf der anderen Seite die Geseßgebung noch nit so gewöhnt, \sih mit der sozialen Seite der Wirthschaftsverhältnisse zu befassen, daß man damals diesem Gebiete eine ernstere Aufmerksamkeit zugewandt hätte, und es ist anzuerkennen, daß die Bestimmungen des Handels- geseßbuhs wenigstens für die Gegenwart niht mehr ausreichend sind. Auch besteht im Schoß der verbündeten Regierungen die Meinung, daß bei der Neuregelung, die hier in Aussiht genommen werden muß, die Maßnahmen so zu treffen sind, daß beide Theile: die Arbeit- geber, aber auch die Arbeitnehmer, die Ueberzeugung haben dürfen, es werde von dem Standpunkte ausgleihender Gerechtigkeit nah beiden Seiten hin und der rihtigen Würdigung der Interessen, die auf beiden Seiten stehen, ausgegangen. Deshälb sind au, als im Laufe dieses Winters vorläufige Besprehungen mit Sachverständigen über verschiedene Theile des Handelsgeseßbuhs, so insbesondere über die Frage der Negelung der Stellung der Handlungs- gehilfen, geführt wurden, zu diesen Verhandlungen nicht bloß Kaufleute, sondern auch Vertreter des Gehilfenstandes zugezogen worden, und ich kann hier dankbar anerkennen, daß diese Herren mit Besonnenheit, mit Gerechtigkeitsliebe, mit Anerkenntniß der Interessen auch der Arbeitgeber in einer Weise an den Verhandlungen theil- genommen haben, daß wir hoffen dürfen, es werde sih aus diesen Verhandlungen eine befriedigende Unterlage für die weiteren Schritte der Gesetzgebung ergeben.

Der Herr Vorrednèr hat in seinem Vortrage zwei Punkte hervorgehoben, die nah seiner Meinung besonders wichtig für die in Frage stehende Regelung sind. Das - ist einmal die Festseßung der Kündigungsfrist auf Seiten der Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer, und es ist auf der anderen Seite die sogenannte Konkurrenzklausel, d. h. das Recht des Arbeitgebers in dem Annahmevertrag, den Handlungsgehilfen Beschränkungen zu unterwerfen, die den Arbeit- nehmer verhindern, nah freiem Ermessen seine künftige wirthschaftliche Existenz zu suchen.

Auch darin stimme ih dem Herrn Vorredner bei, daß diese beiden Fragen von besonderer Wichtigkeit sind. Die erste Frage, die Frage der Kündigungsfristen, hat ja hon dur verschiedene Sessionen hindurch dieses Haus beschäftigt und \{ließlich auf Grund eines An- trags Schröder zu einem Geseßentwurf geführt, der den verbündeten Regierungen zugegangen is. Meine Herren, wenn die verbündeten Regierungen diesem Gesetzentwurf bisher ihre Zustimmung noch nicht gegeben haben, fo liegt das nicht darin, daß sie mit dem Gedanken, der in dem Entwurf zum Ausdruck kommt, prinzipiell nicht einver- standen wären; im Gegentheil, sie stehen mit ihren Auffassungen durchaus auf dem Boden dieses vom Hause acceptierten Entwurfs. Wenn sie Anstand genommen haben, ohne weiteres dem Entwurfe zuzustimmen,

zum Deutschen Reichs-Anze

Er fte Beilage

Berlin, Montag, den 3. Februar

so hat das seinen Grund gerade in einer Rücksicht auf die Interessen der Handlungsgehilfen. Wir wünschten zunächst das Ergebniß der statistishen Erhebungen über die Verhältnisse der Handlungsgehilfen vollständig vor uns zu haben, weil wir zweifelhaft darüber waren, ob der Geseyentwurf allen Rücksihten auf Seiten der Handlungs- gehilfen gerecht werde. Die inzwishen zum Abschluß gekommenen Erhebungen haben unsere Zweifel bestärkt und bestätigt, und wir sind bei der Erwägung, in welcher Weise die hier im Hause getroffenen Bestimmungen zu ändern und zu erweitern wären, um den Interessen beider Theile vollständig gerecht zu werden.

Der Herr Vorredner hat sodann die Konkurrenzklausel berührt und richtig hervorgehoben, daß die Frage der Zulässigkeit oder Nicht- zulässigkeit der Konkurrenzklausel in den Sahverständigen-Berathungen dieses Winters über die Revision des Handelsgeseßbuchs einen ziemli breiten Naum eingenommen habe. Meine Herren, das Resultat dieser Verhandlungen läßt si dahin zusammenfassen, daß sowohl auf Seiten der Handlungsgehilfen wie auf Seiten der Arbeitgeber anerkannt wurde: ein unbedingtes Verbot der Konkurrenzklausel ist zit mögli, ohne wichtige und berechtigte Interessen des Handelsstandes zu shädigen. Eine Freiheit in der Anwendung der Konkurrenzklausel, wie sie jeßt besteht, ist auf die Dauer auch nit zulässig, ohne die berehtigte Stellung der Handlungsgehilfen zu beeinträhtigen. Die Aufgabe is} hier, einen Mittelweg zu finden und den zu nehmenden Rücksihten nah beiden Seiten gerecht zu werden.

Nun, meine Herren, haben Jhnen die Ausführungen des Herrn Vorredners bereits gezeigt, wie vershiedene Wege man da einschlagen kann, um zu suchen, diese Mittellinie zu finden. Leicht ist die Aufgabe niht; ich kann Ihnen aber die Versicherung geben, daß es unser ernstes Bemühen bleiben wird, zu einem Resultat zu gelangen, das seiner Zeit auch die Zustimmung des Reichstags wird finden können. Vorläufig muß ih Sie bitten, \ih bei dieser Erklärung zu beruhigen.

Abg. Singer (Soz.): Durch diese Erklärung wird die Hoffnung auf baldige Erfüllung der sehnlihen Wünsche der Handlungsgehilfen leider start herabgestimmt. Der Bundesrath steht sahlich vollständig auf dem Boden der großen Mehrheit des Reichstags in Sachen der Kündigungsfrist; warum also nicht diese höchst dringliche Frage dur ein Nothgeseß in Ordnung bringen? Durch die ewigen Erwägungen und Erhebungen in den verschiedenen Ressorts und Instanzen ver- \{leppen die Herren am grünen Tisch solche höchst dringlichen Anforde- rungen des wirklihen praktishen Lebens in {limmster Weise. Die armen Handlungsgehilfen, die unter diesen jämmerlihen Verhältnissen leiden müssen, haben nicht so viel Zeit, wie die Behörden sich nehmen zu können glauben. Auch die Mißstände auf dem Gebiete der Kon- furrätiTiaufel bedürfen der sofortigen Abstellung. Jch habe der Kom- mission für die Vorlage wegen des unlauteren Wettbewerbes nicht weniger wie 75 solcher TOOE zur Verfügung gge welche in fchamlosester Weise die ngestellten der öglihfeit be- raubt, für ihre Zukunft zu sorgen. Daß ein Verbot nit möglih sei, muß ih durchaus bestreiten. Während aber bier der Staatssekretär wenigstens in der Hauptsache die Schädlichkeit dieser Klausel. anerkennt, bringen die verbündeten Regierungen in dem Geseßentwurf, betreffend die Bekämpfung des unlauteren Wett- bewerbes eine Bestimmung in Vorschlag, welche diese Konkurrenz- Élausel durch kriminelle Strafandrohung noch verschärft. Das ift ein sehr auffallender Widerspru. Im Ganzen gilt auch von diesem Theil der unerfüllten fozialpolitishen Forderungen das Wort: Der Worte sind genug gewechselt, laßt uns nun endlih Thaten gehen! Ich habe das Wort erbeten, um die Thätigkeit des jüngst ver- storbenen Landgerichts-Direktors Brausewetter zur Sprache zu bringen. Obwohl die Sozialdemokratie besondere Ursache hätte, über die Thätigkeit gerade dieses Herrn zu klagen, so will ih die Frage aus den allgemeinen Gesichtspunkten heraus, bei denen alle Parteien interessiert sind, behandeln. In dem bekannten Gummischlauhprozeß, der sich aus Anlaß einer Polizeiattacke gegen Arbeitslose Hier in Berlin gegen die Opfer dieser Polizeiattacke abspielte, ging Herr Brausewetter mit den sonder- barsten Argumenten gegen die Vertheidiger vor. (Redner zitiert einige derselben.) In dieiem Zufammenhang fiel au die zum geflügelten Wort gewordene Aeußerung: „Die Oeffentlichkeit e istiert niht“. Alle diese Aeußerungen beweisen, daß der Mann seit Jahren niht mehr den Ansprüchen genügte, die an den Inhaber eines so verantwortungsvollen Postens, wie es der des Vorsitzenden einer Strafkammer ist, gestellt werden müssen. Als Schwurgerihts-Vorsißender hat sih Herr Brausewetter womöglich noch ärger blosgestellt, namentlih dadur, daß er die Ge- s{chworenen nicht belehrte, sondern sie durch den direkten Anschluß an die Anschauungen des Staatsanwaltes zu beeinflussen suchte; daß Herr Brausfewetter feines frankenhaften Zustandes wegen {hon seit Jahren die für einen Richter nothwendige Selbstbeherrshun [niht mehr besaß, beweisen diese Auslafsungen in drastisher Weise. Seine Krankheit kam im Dezember in voller Stärke na einem heftigen Gewitter zum Ausbruch; wenige Tage dana wurde er in eine Heil- anstalt übergefüh?t. In der Awisbenzeit aber hatte er noch ein Gerichts- urtheil abgefaßt, durch welhes zwei sozialdemokratishe Schriftsteller, welhe eine beleidigende Aeußerung gegen einen Meiningenschen Beamten in das von ihnen redigierte Protokoll des Frankfurter sozialdemokratishen Parteitags übernommen hatten, wegen dieser minimen Sache zu der horrenden Strafe von je drei Monaten Gefängniß verurtheilt wurden! Dabei ift erwiesen, daß {on zwei Jahre vorher der Gerichtsphysikus zu einer Erklärung veranlaßt worden war, wonach die Handlungen des Herrn Brausewetter {hon damals uriter einem krankhaften Einfluß gestanden haben. (Präsident diese ganze persönliche Dar- inister gehöre.) Jch habe dies

“le pabii von Buol hâlt dafür, daß tellung vor den preußischen Justiz-M e anführengmüssen, um die Unterlage für die an den Staatssekretär zu

stellenden Fragen zu haben. Kann der Staatssekretär es zulassen, daß ein Zustand in der Strafrehtspflege fortdauert, der das Rechts- bewußtsein des Volkes in der ärgsten Weise verwirren muß: daß Urtheile rechtsbeständig bleiben, auch wenn sie von Geisteskranken gefällt werden? Bei zivilrehtlihen Sachen, wie Testaments- errihtungen u. \. w., kann dieser Umstand zur Vernichtung der betreffenden N andlung führen; warum hier nicht? Wir fordern eine lex Brausewetter, durch welche vorgeschlagen wird eine bee Lan sämmtlicher Prozesse, die unter Sees Vorsitz seit der Zeit verhandelt worden sind, wo seine Geistesstörung er- wiesen ist. Noch sitzen Hunderte, niht bloß Sozialdemokraten, deren Verurtheilung ja eine Spezialität des rrn war, fondern auch viele Angehörige bürgerliher Parteien, in den Gefängnissen, die viel- leiht von einem geistig normal beseßten Geriht ein anderes Urtheil erfahren hätten. Ueber den großen Einfluß des Vorsigenden einer Strafkammer is man allseitig unterrihtet, Es ist das Recht der Angeklagten, zu verlangen, daß sämmtliche Richter geistig normal sind, Legen Sie Werth auf das Ansehen der Justiz, dann verhindern Sie das Eintreten von Pgen, wie sie hier zu Tage liegen. Urtheile, die ein notorisch wahnsinniger Mann gefällt hat, müssen revisibel sein!

iger und Königlich Preußischen Skaats-Anzeiger.

| 1896.

Staatssekretär des Reichs-Justizamts, N ieberding:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat zur Begründung der Fragen, die er am Schlusse seiner Ausführungen . an mi gerichtet hat, eingangs seiner Rede persönlihe Beziehungen eines verstorbenen Mannes in die Debatte hineingeführt, die hineinzuführen nach meiner Meinung nicht nothwendig war. Jch würde, auch ohne daß er das Haus mit diesen Erinnerungen an- einen verstorbenen unglücklichen Mann befaßt Hätte, in der Lage gewesen fein, seine Schlußfragen zu beantworten. Jh werde au auf die Ausführungen, die er über den Verstorbenen gemacht hat, soweit sie thatsähliher Natur sein sollen, nit weiter eingehen. Ich bestreite, daß sie richtig sind, und ih habe um so mehr Grund, das zu thun, als der Herr Abgeordnete kein Bedenken getragen hat, hier Ausführungen eines Blattes vorzulefen, das er niht einmal mit Namen genannt hat und für dessen Inhalt er die Verantwortlichkeit niht übernehmen will. (Zuruf bei den Sozial- demokraten.) Ich bin der Meinung, daß, wenn der Herr Abgeordnete hier gravierende Thatsachen über einen Verstorbenen , der sih nit mehr vertheidigen kann, anführt, so s\ollte er auch so viel Ver- antwortlichkeitsgefühl haben, daß er persönlih für diese Thatsachen einzustehen geneigt ist. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat die Sache dann so dargestellt, als wenn es sich hier um einen Richter handle, der seit längerer Zeit geisteskrank gewesen sei und in diesem krankhaften Zu- stand an der Rechtsprehung theilgenommen habe. Soweit mir die thatsählihen Verhältnisse bekannt sind, muß ih die Nichtigkeit dieser Behauptung bestreiten. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Nein, es ist nicht von dem preußishen Justiz-Ministerium zugegeben worden im Gegentheil! Der Herr Vertreter des preußischen Justiz- Ministeriums hat \sih in der Kommission für den Strafprozeß dahin ausgesprohen, daß nichts vorliege, was zu der Annahme berehtige, daß der Verstorbene bei den Urtheilen, an denen er theilgenommen hat, in einem Zustande geistiger Umnachtung thätig gewesen is. So lange mir keine thatsählihen Beweise von seiten der Herren beigebracht werden, können Sie von uns nicht verlangen, daß wir sie glauben, und bin ih jedenfalls berehtigt, sie zu bestreiten. Î

Der Herr Abgeordnete hat die Sache so dargestellt, als wenn die übrigen Mitglieder des Fünfmänner-Kollegiums, die mit dem Verstorbenen an der Rehtsprehung theilgenommen haben, von seinem Zustand geistiger Umnachtung Kenntniß gehabt hätten (Widerspruch bei den Sozialdemokraten) und troy dieser Kenntniß an der Urtheils- fällung theilgenommen und nit an zuständiger Stelle von der Lage der Sache Mittheilung gemacht hätten. Jch bestreite, daß die Herren Kenntniß bavon gehabt haben, und wenn der Herr Abgeordnete jeßt seine Bemerkung dahin auslegt, daß sie Kenntniß davon bätten baben müssen, so frage ich ihn, woher denn dieses sein Urtheil ommt, das ihn ermächtigt, den Herren den Vorwurf zu machen, daß fie ihre Pflicht verleßt hätten, indem sie, obwohl sie in der Lage gewesen wären, den Zustand des Mannes als einen krankhaften zu würdigen, doch diese Erkenntniß niht gewonnen hätten. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Der Herr Abgeordnete hat es dann so dargestellt, als wenn der preußishe Herr Justiz-Minister seine Pflicht verleßt bätte, indem er diesem Zustand der Dinge längere Zeit ruhig zugesehen habe, ohne einzugreifen. Ih muß zunächst immer wieder sagen, daß alle diese Vorwürfe, ob sie nun gegen den Verstorbenen, ob sie gegen seine Kollegen im Richteramt oder ob sie gegen die Justizverwaltung im allgemeinen fich richten, auf supponierten Thatsachen aufgebaut sind, für die der Herr Abgeordnete den Beweis bis dahin niht erbracht hat, und ih bestreite ihm das Recht, auf solche beweislose Behauptungen hin der preußischen Justizverwaltung den Vorwurf zu machen, daß sie ihre Pflicht vernahlässigt habe (Bravo! bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, wenn die preußische Justizverwaltung die Erkenntniß gehabt hätte, daß es ihre Pflicht sei, hier einzuschreiten, so hätte es ihr an den Mitteln dazu niht gefehlt, und ih komme damit auf die Frage, die der Herr Abgeordnete an mi gerihtet hat, welhe Mittel auf geseßgeberishem Wege geboten werden follen, um Dingen, wie er sie hier dargestellt hat, für die Zukunft vorzubeugen. Neuer Mittel hierfür bedarf es niht. Die bestehende Geseßgebung giebt die Mittel bereits an“ die Hand, indem sie die Verwaltung ermächtigt, in den Fällen, in denen eine Geisteskrankheit nah- gewiesen oder wahrscheinlich is, einen Richter im Wege des geseßlihen Verfahrens von seinem Amt vorläufig zu entbeben und demnächst die dauernde Auss{hließung vom Richteramt herbeizuführen. Zu diesem Verfahren hätten ja diejenigen, die sich über den Richter beshwerten, die Anregung geben können , indem sie die Thatsachen, die ihnen bekannt waren als Zeichen der geistigen Krankheit des Mannes, an der zuständigen Stelle anbrathten. Anonyme Mittheilungen in den Zeitungen sind niht geeignet, um vie Justizverwaltung zu einem Einschreiten mit fo shwerwiegenden Konsequenzen zu veranlassen. (Sehr richtig! rechts; Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)

Dann hat der Herr Abgeordnete ein besonderes Gewicht darauf gelegt und auch der Justizverwaltung daraus einen Vorwurf gemacht, daß dieser Mann fo lange Zeit in seinem Amt als Vorsitzender einer Kammer thätig gewesen sei. Ja, meine Herren, was hat denn die Justizverwaltung damit zu thun? Sie haben ja immer der Justizs verwaltung das Recht abgesprochen, {ih in diese Dinge einzumischen. Sie wollen ja nit, daß die Justizverwaltung irgend einen Theil an der Beseßung der Kammern habe. (Sehr richtig ! rechts und bei den Nationalliberalen.) Sie wollen das ja in der Hand der Gerichtshöfe lassen. Wie können Sie da in demselben Augenblick, wo Sie nach diefer Richtung hin den Standpunkt einnehmen, daß die Justiz« verwaltung kein Recht und keine Möglichkeit haben soll, hier einzu- greifen, diefer Verwaltung den Vorwurf mahen, daß sie nicht eins gegriffen habe? Darin liegt doch ein Widerspruch. Jh muß also auch in diesem Punkte die Vorwürfe, die gegen die Justizverwaltung erhoben sind, als unberehtigt zurückweisen.

Also, meine Herren, die Sache liegt ganz einfa ; lassen wir den Todten ruhen, das Grab hat sich über dem Unglücklichen- ge-