1896 / 33 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

T sein wollte, dann müßte man endli auch auf bas französishe Maß a Gewicht verzihten. Da ae Frankreihs würde A wenig enieren; ih würde es am liebsten iehen, wenn diefes Recht d f o echt würde. ‘Die Hauptsache ist, daß wir überhaupt ein einheit- lihes bürgerlihes Reht bekommen. Wollen Sie den Entwurf zu stande bringen in dieser Session, so giebt es kein anderes Mittel, als unseren Antrag anzunehmen.

Präsident Freiherr von Buol bringt den Mrg der Abgg. Schröder (fr. Vg.) und Dr. von Buchka (kon}.) zur Fenn des Hauses, der dahin geht daß die Kommission die Ermächtigung erhalten soll, dur Majoritätsbeschluß einzelné Abschnitte ohne Debatte zu erledigen.

Abg. Dr. Förster (Ref.-P.): Troß der vielen Bedenken, troß der Stellungnahme des Zentrums und troß des Widerspruchs der Sozial- demokraten sehe ih nicht so {warz in die Zukunft; ih hoffe, daß wir die Vorlage doch noch zu stande bringen werden. Ich empfehle die Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern, denn mit einer freien Kommission würden wir nit so weit kommen, das hat die Rücksprahe unter den Parteien doch {on ergeben. Ich will niht mit dem Sprihwort sagen: Juristen, chlechte Christen. Aber ih halte es doch für zweckmäßig, daß in der Kommission mög- list wenig Juristen sigen. Es giebt zwei Gruppen: die Einen haben große Eile, die Anderen wollen langsam vorgehen. In dem Vorschlage der en blIoc - Annahme erblidcke ih einen juristischen Staatsftreih. Die Dae Saera haben die shleunige An- nahme verlangt. An ihren Petitionen (Ee man, wie die Sache gemaht wird, wie sie nicht von selbst entsteht. Das Präsidium einer ndelskammer hat, weil feine Plenarsißzung statt- fand, die Mitglieder aufgefordert, ih zu erklären, ob sie mit einer Kundgebung für die en bloc-Annahme einverstanden sind. Die N ist den Mitgliedern garniht bekannt en worden, man hat sie gemacht, ehe die Vorlage noch dem Reichstage bekannt war. So wird es gemacht! Es ist des Neichstags nit würdig, auf diesen Lockruf zu hôren; das Strafreht und das Prozeßrecht is au speziell durhberathen worden. Der Begeisterung eße ih die Pflicht gegenüber, eine folche Vorlage zu prüfen und zwar sehr genau, wenigstens auf die Grundgedanken. Wäre das Scheitern zu befürchten, dann würde der Grund an s{chwerwtegenden So des Entwurfs liegen, und dann würde eine genaue Prüfung ers recht nothwendig sein. Vom Abg. Rintelen ist {on betont worden, daß die Grund- gedanken darauf hin geprüft werden mr lage ob sie deutsch sind oder ob es solche sind, die wir nicht mehr länger dulden wollen. Wir wollen ein Geseß haben, welches mit dem gesunden Menschen- verstande und den deutschen Gewohnheiten \sich deckt; von welcher Seite die Gedanken kommen mögen, das ift gleihgültig. Fn der Schrift des Professors Sohm ist ein Fortschritt gegenüber der ersten Lesung konstatirt, das erkennt auch Gierke an. arum foll nit ein noch weiterer Fortschritt möglih sein? Aus dem Einführungs- geseßs möchte ich manhes, was , der Landesgeseßgebung übertragen ist, dem Reiche vorbehalten. Die Väter des Geseßes sind für ihr Kind mit aller Wärme eingetreten, aber sie sind doch an einzelnen Stellen bedenklih, das zeigt die Schrift des Fra Sohm. Die Juristen pohen nit fo sehr auf ihre Gottä nlichkeit, während wir das manchmal bei anderen Verwaltungen erlebt haben. Die Arbeiter und die Mittelstände sind nit zugezogen worden ; des- halb müssen wir eine Prüfung eintreten lassen aus pen Recht. Ein Scheitern der Vorlage brauht deshalb niht befürchtet zu werden; denn man wird allgemein den Standpunkt einnehmen, daß das Erreichbare besser if als unerreichbare Jdeale. Das Recht des Volkes, des deutshen Volkes an seinem eigenen Besitz muß geregelt werden auch gegenüber einem fremden Volke, welches in Deutschland wohnt. Das yaßt Ihnen nicht, aber das muß ein be- fonderer Abschnitt des eyes werden. Wir müssen ein billigeres Recht haben, ein Recht ohne Anwaltszwang oder unter Stellung eines ftaatlihen Anwalts, der daraus feine Friedmann’shen Ge- winne erzielt. Wir haben einige Wünsche, aber wir machen sie nit zur Bedingung, sons würden wir die Hoffnung auf ein Zustande- kommen der Vorlage aufgeben müssen. Troß des ablehnenden Stand- punkts hätten die Sozialdemokraten alle Ursache, Besserung im einzelnen herbeizuführen und sich an der Berathung zu betheiligen. Im schlimmsten Falle werden sie eben überstimmt. Wir müssen neben dem Arbeiterrecht ein Recht für Privatbeamte haben; im Interesse der staatsbürgerlihen Rechte muß dafür gesorgt werden, daß jede Maßregelung feitens des Kapitals und des Unternehmerthums ver- hindert wird. Das wird später bei Ergänzungen des Gesetzes vor- ebracht werden können; zu diesen Ergänzungen gehört das Hèêim- ftättengeset und ein neues Entmündigungsrecht. Die Gesetzes- auslegung muß eine andere werden; sie war bisher mangelhaft, weil die Richter sih nur an den Pandekten heranbildeten. Das wird besser werden, wenn wir Richter deutschen Standes und deutshen Wesens haben, mit gesundem Menschenverstand und vaterländisher Gesinnung. Der Vorwurf ist berehtigt, daß der Entwurf in einigen Fällen zu tief in die Einzelheiten geht, statt allgemeine Regeln aufzustellen. Hexr Planck hat \ich gestern dahin gener, es wäre eine Vermessen- eit, neues Recht zu schaffen, das Recht ginge aus dem Volksleben hervor. Das ift ein Widerspruh. Das, was wir jeßt Necht nennen, entspriht nicht immer dem Rechtsgefühl. Wenn wir aus den alten Quellen oder auch aus anderen NRechtsquellen \{öpfen, dann sind wir dabei, ein neues Reht zu hafen. Die Gelegenheit, ein- mal etwas Neues zu hafen, wollen wir uns nicht versherzen dadurch, daß wir uns die Hände binden. Gegenüber einem neuen Miethshause werden die alten winkligen gemüthliher. Der Entwurf mag ja au sehr {chön aufgebaut ‘sein, aber die Volks\eele wohnt ja nicht gern in folhen Palästen. Das Volk muß den Plan billigen dur uns, die Techniker allein sind zu leiht geneigt, das Aeußere zu betonen, nicht den Geist des Ganzen. Dem Volk gebührt auch, die Sprache des Geseges festzustellen. Der Gegensaß zwischen Romanismus und Ger- manismus i vielfa besprohen worden. Jhering hat einmal ge- sagt: den Nomanismus haben die Römer nicht geschaffen, Ich glaube, er hatte Necht. Die Deulschen - haben aus dem rômishen Recht etwas anderes geschaffen. Ganz altdeutshes Necht is nicht denkbar, z. B. in Bezug auf das Obligationenreht. Deutsches Necht ift für uns, was dem See Menschenverstand und dem Gerechtigkeitsgefühl des deutshen Volks entspriht. Das deutshe Necht ist ein Gemein- schaftsrecht, der Einzelne steht niht für si allein ba. Nach diesem Gesichtspunkt muß das Familien- und Ehereht noch einmal ründlich geprüft werden. Der Besiß, der {wer erworben wurde, foll è der Besiß des zu leiht Erworbenen soll möglihst gehindert werden. Aus deutschem Rechtsgefühl heraus ver- langen wir eine Prüfung des Hypothekenrehts. Der Boden ist nicht Waare, er soll nicht mobilisiert werden. Die wirthshaftlich Großen können fich {on allein s{üßen, der Staat muß seinen Schuß den

wachen zuwenden. Besonders {ind wir auch verpflihtet, die An- sprüche der Frauen zu prüfen; sie scheinen mir großer Beachtung werth zu sein. Ich bin in dieser Beziehung vielfa einverstanden mit Herrn v. Stumm. Jm Namen meiner Partei aber muß ih mich erklären gegen das Vereinsrecht des Entwurfs. Die Be- stimmungen über die sozialpolitishen und religiösen Vereine sind kleinliche. ‘Das Zentrum hat \ih gegen die Pi erklärt. Das verstehen wir von einer katholischen Partei. - J verstehe es nicht, daß nan dem gegenüber Hammerstein und Stöter in Gemeinsamkeit an- eführt hat. Es kommt ja aber nur darauf an, das orhandene,

estehende festzuseßen bezüglich der Zivilehe. Im Namen meiner Partei habe ih zu erklären, daß wir in Bezug auf das Cherecht auf dem Standpunkt des Entwurfs stehen. Daß er überhaupt die Ehe e Tite halten wir für beré tut denn die Ehe hat nicht bloß eine sittliche, sondern auch eine rehtlihe Seite. Den iren der Ju:

ütet werden,

Standpunkt, daß die Ehe aufhören muß mit dem Aufhören der Zu- neigung, Le wie den der Unlösbarkeit der Ebe, können wir n t einnehmen mit Rücksiht auf die praktischen Verhältnisse. Wir halten es für richtig, L die Che auch rechtlich gelöst werden känn. Wir hoffen, daß die Erklärung des Herrn Rintelen niht ‘das leßte Wort des Zeñtrums ist. An vielen Stellen des Entwurfs handelt es sich um grundsäßliche Bedenken, welche ofen und gründlih erörtert

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werden müssen. Es- wird E der Fall eintreten, daß die Kom- mission einzelne Abschnitte zur Aenderung an die egierung zurüd- verweist, Das würde aufgeschoben, aber nicht aufgehoben sein; die Vorlage brauchte deshalb noch nicht zu \{eitern. Eine 1 die für 50 Millionen Menschen vielleiht für Jahrhunderte hinaus gilt, muß gründlih geprüft werden. Abg. Colbus (b. k. F): Der Reichstag hat im vorigen Jahre unsern Antrag wegen Abschaffung der iftatur in Elsaß- Lothringen angenommen ; wir hatten die Hoffnung, daß bei der Kanal- feier in Kiel oder am 18. Januar unsere Wünsche erfüllt werden würden. Unser Antrag ist vom Bundesrath Aarteda was in Elsaß-Lothringen einen unbeschreiblich {chlechten Eindruck gemacht hat. Bei dieser Vorlage fragen wir: Werden alle E Ee für uns wegfallen? Wenn das bejaht wird, dann werde ih, nach- dem die Kommission Manches geändert hat für die Vorlage stimmen. Wird das nicht bejaht, wenn der Numpelkasten, der etliche tausend verrostete Ausnahmegeseße enthält, nit bald in das Feuer ge- worfen wird, wenn die Beamten fortfahren können, mit diesen Ausnahmegeseßen zu schalten und zu walten, wie sie wollen, wenn sie uns behandeln nit einmal als Deutsche zweiter Klasse, sondern als Fremde, als Besiegte dann wird unsere Lage eine verzweifelte werden. Unser Volk, das beste Volk der Welt, wird immer mehr unzufrieden und erbittert werden. Hätten wir Staatsmänner wie Herrn von Manteuffel, die wissen, daß man mit einem Tropfen Honig mehr wirkt als mit einem Faß Essig, so wäre es bei uns anders. Aber man saft die Ausnahmegeseße nicht ab, weil dann unsere Lage bekannt werden würde; wäre sie jeßt bekannt, so hätte der Bundesrath den Antrag nicht abgelehnt. i Vize - Präsident Schmidt - Elberfeld: Herr Abgeordneter, ih muß Sie unterbrehen. Sie haben unzweifelhaft das Recht, die Vorlage von Ihrem elfässishen Standpunkt aus zu beurtheilen, aber ih bitte Sie, die Schilderung der Lage nicht allzu weit auszudehnen. Abg. Colbus: Warum' will man die Ausnahmegeseßze be- halten? Man sucht uns einzushüchtern und über ganz Elsaß- Lothringen die Stille des Kirhhofs zu verbreiten. Um meinem Lande Freiheit zu vershaffen, bin ih bereit, Gut und Blut und Leben zu opfern, wenn nur die Diktatur abgeschafft wird. Wir werden fort- fahren, zu protestieren gegen alle Ausnahmegeseßze und einzutreten für ein einheitlihes Neht. Fn Sibirien fehlt den Menschen die Freiheit, sie fehlt auch in Elsaß-Lothringen. L Abg. Spahn (Zentr.): Der Abg. Freiherr von Hodenberg hat den Abg. Windthorst in das Gefecht geführt als Gegner der Einheit des Nets. Er hâtte besser gethan, erst ein Kollegium beim Ge- heimen Rath Sohm zu nehmen, um zu wissen, A es nicht auf den Wortlaut, sondern auf den Geist ankommt. indthorst stand ursprünglich dem Antrag Lasker wegen der Rechtseinheit aus fôdera- listishen Gründen gegenüber. Als der Bundesrath die Ausdehnung der Kompetenz des Reichs auf das bürgerliche Recht im Reichstag beantragte, erklärte Windthorst: Jh würde sehr lücklih sein, wenn wir einen Kodex des Bürgerlichen Geseßbuchs érfalten würden. Im Dezember 1884 hat er zum leßten Mal darüber gesprochen und die Arbeit der ersten Kommission gelobt und ertlärt, daß seine Zweifel, ob die Aufgabe überhaupt zu lösen sei, ges{chwunten seten. Meine Freunde dürfen mit einem gewissen Stolz darauf hinweisen, daß kurz nach- dem einzelne Staaten Kodifikationen durchgeführt hatten, ein katho- lisher Rheinländer es gewesen ist, der zuerst den Ruf nah einem Einheitsrechßt erhoben. Herr Geheimer Rath Planck hat ausgeführt, das Eherecht regele nur die bürger- liche Wirkung der Ehe, nicht die sittlihe und religiöse Seite. Wäre das richtig, dann bestände keine Meinungsverschiedenheit. Aber die Ghe ift eine einheitliße und die Ne ist eine Ebe, die alle Wirkungen hat; es müssen alle Seiten der Ehe ins Auge gefaßt werden. In der Kommission ist die Frage erörtert worden, ob das Cherecht auszusheiden sei. Die Kommission hat die Ent- scheidung als eine Aufgabe des Bundesraths angesehen und ihm die Entscheidung überlassen. Als ih im vorigen Jahre den Wunsch aussprach, daß eine Ausscheidung des Cherechts stattfinden solle, um das Zustandekommen der Vorlage zu erleihtern, da fonnten wir auf die Erfüllung unseres Wunsches rechnen. Das ist niht geschehen; es wäre richtig gewesen, wenn der Bundsrath die Gründe angegeben hâtte. Eine politische Nothwendigkeit liegt niht vor, Preußen und Bayern sind troß ihrer verschiedenartigen Nechts\ysteme einheitlich. Aber wenn unsere Einheit gewinnen wird durch die Rechtseinheit, fo stimmen wir zu. Die Möglichkeit der Einbringung der Vorlage ift ein politischer Erfolg der leßten 25 Jahre, der nicht bo genug angeschlagen werden kann. Niemand dachte vor 25 Jahren, daß wir vor einer solchen Vorlage jemals stehen würden. Nothwendig ist die Vorlage aus sozialen Gründen. Dadurch hafen wir einen starken Wall gegen den Anfturm der Sozialdemokraten auf die Gefellshaftsordnung. Noch sind wir im Stande, unsere Ordnung zu wahren. Gerade in unserer Partei giebt es eine ganze Anzahl von Vertretern - solcher Kreise, die unter der Rechtszersplitterung besonders zu leiden haben. Die Rechtszersplitterung wird ja dem Volke im geringeren Grade fühlbar, als den Juristen; aber durh die Zersplitterung bei den jeßigen Verkehrsverhältnissen und der Freizügigkeit leidet das Volk bis ins Mark hinein. Darum muß der Neichstag allerdings alle Bedenken zurückseßen, um eine Verständigung herbeizuführen. Der Vorwurf, daß eine Nivellierung des Rechts durch den Entwurf an- gestrebt werde, ist nicht berechtigt. Catstanden is die Rechtszer- splitterung durch die zahllosen landesherrlihen Gewalten. Ich habe, wenn wir s{hon einmal vorgehen, gegen die Beseitigung solcher überkommener Zufälligkeiten gar feine Bedenken. Der Entwurf ift außerordentlih vorsihtig gewesen in Bezug auf die Verfügungs- fähigkeit des Einzelnen; nur im Sachenrecht ist er mit einem gewissen Zwang vorgegangen, „und das ist nöthig gewesen mit Rücksicht auf die Verkehrsverhältnisse und auf die klare Erkennbarkeit des Vermögens des Einzelnen. Käme das Geseßbuh nicht zu stande, fo würde gerade * in den von uns vertretenen Landestheilen die Noth- wendigkeit entstehen, Partikularrechte zu erlassen, zweifellos auf der Grundlage dieses Entwurfs. Die bürgerlihe Freiheit hängt davon ab, daß die individuelle Freiheit geshüßt wird. Darum {hüten wir jene, wenn wir diese hüßen. Ein Gesebu soll verum, justum, pulchrum sein, und wir würden uns etwas vergeben, wenn wir die Prüfung von diesen Gesichtspunkten aus unterließen. Der Abg. Schröder hat den Wunsch ausgesprochen, daß der Entwurf nicht ein kleines Geschlecht finden möge. Ich stimme ihm bei, aber nit nur in Bezug auf die Mitglieder des Reichstags, sondern auch des Bundes- raths. Die Verschlehterung, welche das Vereinsrecht dur den Bundesrath erhalten hat, wollen wir uns nicht aufdrängen lassen. Es ist darüber geklagt worden, daß der Entwurf dem Ermessen des Richters einen zu weiten Spielraum gewähre. Jh halte dies für eine Frage von großer fozialer Wichtigkeit. Bei dem Kampf zwischen dem Unterne mer und dem Arbeiter wird die Entscheidung in einzelnen Streitfragen am besten dadur herbeigeführt, daß es in das freie Ermessen des Richters gestellt wird, Dadurch sorgt der Ent- wurf dafür, daß diesem Kampf die Spitze abgebrochen wird. Das ift ein Vorzug des Tore ür die Unabhängigkeit der Richter ist durch das Gerichtsyerfa sungsgeseß gesorgt. Es is Windthorst's Auffassung gewesen, daß man ein einheitliches Recht nicht eher erlassen könne, bevor nicht durh ein einheitlihes Gerihtsverfassungsreht eine selbständige Stellung dem Richter gewährleistex sei. Es giebt unter den bestehenden Geseßbüchern keins, welches mehr soziales Fleisch und Blut hat, als der Entwurf. Im Mittelalter war öffentliches und Privatrecht noch nicht getrennt. Diese Trennung hat ih ht vollzogen, und namentli der Entwurf hat sich mit NRücktsicht darauf, daß das Verwaltungsre(ht Sonderreht jedes Staates ist, esonderer Vorsicht jeder Uebergriffe in das Verwaltungsrecht Wenn wir beides wieder vermengen wollten, dann hätte ih gar nihts dagegen, daß wir die Gesindeordnung aufnehmen und Bestimmungen über die Lohnzablun en x, Ich aber halte es für méine Perfon zur Zeit weni stens ür richtiger, dies nicht in den Entwurf auf unehmen. Bei der Ehef igafrage [prefen die religiösen Gesichtspunkte O mit. Alle Katholiken sehen in diesem Abschnitt des Gesetzes eine Verle as ibrer religiösen Interessen. Wenn man dem deutshen Volk sein Recht zur Kenntniß

mit enthalten.

bringen und das Haus heimish einrihten will, dann soll man alles

fern halten, was den Katholiken die Annahme ershwert. an nur wiederholen: unsere Geistlichen ab verpflichtet, darauf hinzu, weisen, daß die Beobachtung des Zivilstandsgesezes von den reli iösen flihten nit entbindet. Darin liegt ein steter Tadel Gefen das tandsgeseß, und der Tadel wird auch das Bürgerliche Ge hu treffen, n der Kommission hat neben den Katholiken auch ein Ni tkatholik gegen diesen Abschnitt gestimmt. Ih frage Herrn von Buchka, ob das eine it» glied, welches der konservativen E ENO jeßt anderer Meinung geworden ist. Herr Kauffmann hatte woh ms das Recht, im Namen des Reichstags zu sprechen, als er auf die gesch ¿fene Phalanx binwies, welche fih uns gegenüberstellen würde. Es bestehen in Deutschland über hundert verschiedene ehelißhe Güterredte ; eine einheitliche Regelung ist nothwendig; es besteht die Gütergemeinschaft, die Fa uy emeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft, die Verwaltungs- emein chaft und das Dotalreht, aber nicht in geschlossener Ver- A sondern sehr zerstreut. Die Vorlage forgt dafür, daß der Frau ihr eingebrahtes Gut erhalten bleibt. Die Einwände gegen die Entlassung der Kinder aus der väterlihen Gewalt bei der Groß- jährigfeit hält Redner nicht für ftihhaltig. Die Stellung der Frauen scheint mir au richtig geregelt; wenn die Frau si verheirathen will, muß sie si doch dem Mann fügen. Die Frauen- bewegung sheint mir überhaupt zurüclzugehen. Der Antrag der Reichspartei auf Einseßung einer freien Kommission scheint mir bedenklih, Da eine theilweise Ueberweisung des Entwurfs nit zu erreichen ist, so bin ich dafür, daß wir den ganzen Entwurf der Kommission überweisen. Jch gebe die Hoffnung nicht auf, daß es tro Hi gelingen wird, die Vorlage noch in dieser Session fertig zu stellen. Nach 51/4 Uhr wird die weitere Berathung auf Donnerstag

1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 13. Sißung vom 5. Februar 1896.

Ueber den Beginn der Sigung ist gestern berichtet worden.

Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des von den Abgg. Roeren (Zentr.) u. Gen. eingebrachten, die Ab- änderung des Geseßes über gemeinshaftlihe Holzungen von 1881 betreffenden Geseßentwurfs, nah welchem die §8 2, 3, 4, 5 und 9 dieses Geseßes aufgehoben werden sollen.

Verbunden wird damit die erste Berathung des Antrags Knebel (nl.) auf Ablehnung des Antrags Roeren und auf Annahme eines neuen, von ihm verfaßten Gesetzes über ge- meinshaftliche Holzungen.

5 Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- Ten!

Meine Herren! Jh will mih zunächst mit wenigen Worten den beiden hier vorliegenden Anträgen zuwenden, um klar zu stellen, was beide Anträge bezwecken.

Der Antrag Noeren will aus dem Geseß die §8 2, 3, 4, 5 und 9 streihen. Jh will feststellen, was dann von dem Gesetz übrig bleibt, wenn diesem Antrag stattgegeben würde. Da würde zunächst der § 1 übrig bleiben, welcher bestimmt, auf welche Waldungen das Gesetz Anwendung finden \oll. Im § 6 würde als wesentliche Bestimmung nur übrig bleiben, daß Holzungen der in § 1 bezeichneten Art in der Regel niht in Natur getheilt werden sollen. Die weiter bleibenden Bestimmungen übergehe ih, weil fie nur Strafbestimmungen enthalten. Das ift das Wesentliche, was der Herr Abg. Noeren aus dem Gese aufrehterhalten will. Jh bitte, das sehr sorgfältig ins Auge zu fassen und stelle noch einmal fest, daß der Herr Abg. Roeren auch kein Be- denken getragen hat, diesen Zweck seines Antrages in seinem Vortrage klar hervorzuheben.

Ich wende mih jeßt zu dem Antrage des Herrn Abg. Knebel. Ich freue mi, daß der Herr Abg. Knebel selbst ausführte, daß er {hon früher Gegner des Gesehes von 1881- gewesen fei. Ich ents nehme daraus, daß die Anschauungen, welche Herr Abg. Knebel früher hegte und auch heute wieder vertritt, im Jahre 1881 weder von der Staatsregierung noch vom hohen Hause getheilt sind. Denn wäre das niht der Fall, so würde 1881 das Geseß nicht zustande ge» kommen sein.

Nun will Herr Knebel den § 1 des Gesetzes von 1881 bestehen lassen, er will aber die Aufsicht, die in § 2 dem Staat überwiesen ist, dem Regierungs- Präsidenten übertragen. Das Wesentlichste in dem Antrage Knebel ist, daß die Bestimmungen beseitigt werden follen, nach denen nah dem Gesetz von 1881 die Staatsaufsicht geführt werden foll. Der § 2 dieses Gesetzes bestimmt nämlich, es soll diese Auf- sicht vom Staate geführt werden nah Maßgabe der geseßlihen Be- stimmungen, welche in einzelnen Landestheilen für die Holzungen der Gemeinden geltend sind. QVarin liegt der Schwerpunkt der Anträge des Herrn Abg. Knebel ; diese Bestimmung soll beseitigt werden.

Herr Knebel will dagegen an die Stelle der erwähnten Be- stimmungen eine Aufsicht einführen, die ganz allgemeiner Natur ist. Er will die im Gese gegebenen materiellen Bestimmungen über die Art der Aufsichtsführung beseitigen und statt dessen eine durch die Bestimmungen im § 3 noch wesentlichÞ eingeschränkte Aufsicht des NRegierungs-Präsidenten einführen; es soll nämli die Aufsichts- behörde nur auf Grund sahverständiger Gutachten und nach Anhörung des Kreisausschusses ihre Aufsichtsanordnungen zu treffen befugt scin. Also es soll der Negierungs-Präsident zwar die Aufsicht führen, er soll dazu aber sachverständigen Beirath einziehen wel che Sachverständigen gemeint sind, hat Herr Abg. Knebel nicht dargelegt. Dann soll die Anhörung des Kreis8ausshusses erfolgen. Ja, meine Herren, wenn der Kreisausschuß hereingezogen wird, so wird die Ausübung der Aufsicht wesentlich er- shwert. Jeder Grundbesißer fühlt sich durh die Ausübung in der freien Hand über seinen Grundbesiß eingeschränkt, dieselbe Anschauung wird im wesentlihen auch für die Mitglieder des Kreisaus\{hus}ses maßgebend sein, es wird im konkreten Fall daher die Mehrheit für Einschränkung des Aufsichtsrechts des Negierungs- Präsidenten votieren.

Und nun follen noch Sachverständige hinzugezogen werden. Nach dem bestehenden Gesetz ist eine sachverständige Aufsicht und Bewirth- haftung angeordnet, indem Gemeindeforstbeamte angestellt sind und indem die staatlihen forstlichen Organe der Staatsverwaltung als sahverständige Organe zur Seite stehen. Jh muß annehmen, daß Herr Abg. Knebel diese sacfverständigen Organe nit mehr will, da er anscheinend andere Sachverständige hinzuziehen will. Es würden also sachverständige Personen in Frage kommen können, die nit die Autorität der staatlih festgestellten forstlihen Sahkenntniß für sich haben.

Dann will ih ein Herren,

e allgemeine Bemerkung machen. Meine

beide Herren haben ihre Anträge mit “Darlegungen begründet, welche ledigli auf die westlichen Landestheile und deren

Verhältnisse si - beziehen. (Sehr richtig ! rechts. Zurufe im Zen- trum) Aber, meine Herren, ift denn das Geseg von 1881 lediglich für die westlichen Landestheile, für vie Rheinprovinz u. st. w. erlassen? Nein, meine Herren, das Gesetz erstreckt {ih auf die Aufsicht von über 30 Quadratmeilen Forst, die in allen Gebieten der Monarchie vertheilt sind, nicht allein auf die westlichen Provinzen. Es würde aus den Deduktionen der beiden Herren vielleiht, was ih indessen bestreite, zu folgern sein, daß das Geseß für die westlichen Landestheile aufge- hoben werden müßte, jedenfalls aber niht, wie das do beide Anträge wollen, daß die Bestimmungen des Gesetzes für die ganze Monarchie aufgehoben oder geändert werden müssen. Fnsofern gehen also die beiden Anträge über das Ziel hinaus. Meine Herren, beide Redner haben eine Reihe von Einzelheiten vor- gebraht; ih nehme Anstand, darauf näher einzugehen, weil die Ver- handlung nicht dadurch vertieft werden würde. Wird eine kommissarische Berathung stattfinden, so is diese der geeignete Ort, wo Spezial- darlegungen ihre Widerlegung und Beleuchtung finden. Jch will nur noh eine allgemeine Darlegung machen.

Meine Herren, die Staatsregierung ist, soweit ih deren Anschauungen kenne und auszusprehen befugt bin, da eine Stellungnahme der Staatsregieruüg zu den vorliegenden Anträgen noch nit stattgefunden hat der Ansicht, daß das Geseß von 1881 in wirthschaftlichen, volkswirthschaftlihen und fonstigen Beziehungen eine günstige Ein- wirkung geübt hat. (Sehr wahr! rechts.) Ih bin auch nit der Meinung, daß die Beschwerden über die Handhabung des Gesetzes, abgesehen vielleicht von einer Berechtigung im einzelnen Falle, fo be- rehtigt sind, wie das hier dargelegt wird. Die Königliche Staats- regierung, insbesondere die landwirth\chaftliche Verwaltung will im Rahmen des Geseßes in weitester Richtung den Wünschen der Be- theiligten entgegenkommen.

Ist meine Auffassung über die Anschauung der Staatsregierung im allgemeinen über die wohlthätige Wirkung des Gesetzes und dar- über, daß berehtigte Klagen aus dessen Handhabung nicht vorliegen, zutreffend, so folgt daraus, daß die Staatsregierung voraus- sichtlich sch an si auf eine Aenderung des Gesetzes nicht einlassen wird, daß fie im besonderen nicht lediglich wegen Er- fahrungen und Beschwerden, welche aus der Handhabung des Gesetzes in der Rheinprovinz vorgebraht werden, ein Gese zu beseitigen in der Lage ift, welhes für die ganze Monarchie gilt, und das zweifellos meist segensreich gewirkt hat. Daß dies der Fall sein werde, haben Landtag der Monarchie und Staatsregierung bei Erlaß des Geseßes gehofft, und das ist nah Ansicht der Staatsregierung auch der Fall ; ih glaube daher nit, daß, was auch aus der Kommission hervor- gehen wird, die Staatsregierung auf eine Aenderung oder Aufhebung des Geseßes von 1881 eingehen wird.

Also, meine Herren, ih gebe von meinem Standpunkte aus anheim, die Anträge abzulehnen; wollen Sie dieselben in eine Kommission verweisen, so kann ih auch dagegen nichts einwenden; denn in der Kommission wird sich Gelegenheit für die Staatsregierung bieten, die Beschwerden, welche die Herren Roeren und Knebel hier vorbringen, auf das berechtigte Maß zurückzuführen, was ih jeßt unterlasse, weil ih glaube, daß die Generaldiskussion dafür nicht der rihtige Play ist. Wünschen indessen die Herren s{chon jet auf die Einzelbeschwerden einzugehen, so bin ih dazu bereit ; auch mein ver- ehrter Nachbar, der Herr Ober-Landforstmeister wird dazu in der Lage sein. Jch bitte Sie also, meine Herren, lehnen Sie die Anträge ab. Wollen Sie sie in eine Kommission verweisen, fo bin ih auch damit einverstanden. (Bravo !),

Abg. G lattfelter (Zentr.) führt aus, daß das Geseß von 1881 das Rechtsgefühl des Volkes verleßt habe und die Leute sich

deshalb vielfa an dessen Bestimmungen garniht gekehrt haben ; sie halten die Staatsaufsicht niht nur für überflüssig, weil sie ihre Interessen selbs wahrnehmen könnten, sondern fogar für \hädlich.

Aba. von Woyna (fr. konf.) raumt den Antragstellern ein, daß die Forstbehörden in der Rheinprovinz mit einer gewissen Schärfe das Gefeß von 1881 ausgeführt haben, meint aber, daß der Minister auch ohne eine geseßlihe Aenderung diesen Uebelstand werde be- seitigen können. Er lehne daher beide Anträge ab, sei aber mit einer oug in der Kommission einverstanden, wenn sie die Mehrheit wünsche.

Abg. Dasbach (Zentr.) zieht die Parallele, daß der Staat sonst nirgends die Verwaltung des Privatvermögens kontroliere, und spriht sich für die Aufhebung „der Staatsaufsiht auf diesem Gebiet aus, die einen n ungehörigen Eingriff in das Privatrecht darstelle. Wenn der Staat über die Waldungen verfügen wolle, möge er sie ankaufen. Eine Devastation, die das Eingreifen des Staats begründen könnte, sei nit eingetreten; die Genoffenschaften seien selbs an der Echaltung ihres Waldes interessiert.

Ober-Land-Forstmeister Donner bestreitet, daß das Gesetz von 1881 bei den Gehöfershaften allgemein Unzufriedenheit erregt habe, und zieht dafür einen von einer Gehöfershaft eingegangenen Brief an, in welhem sich diese mit dem bestehenden Zustand für vollständig zufrieden erklärt.

Abg. Freiherr von Plettenberg-Mehrum (kons.) spricht sich gleihfalls gegen den Antrag Noeren aus, hat auch Bedenken gegen den Antrag Knebel, is aber mit einer weiteren Berathung in einer Kommission einverstanden.

O den Schlußworten der Abgg. Roeren und Knebel werden ff

eide Anträge einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.

Es folgt die erste Berathung des von den Abgg. Hobrecht (nl.) u. Gen. beantragten Geseßentwurfs, betreffend die Her ab- minderung der aus gutsherrlih - bäuerlichen Regulierungen herrührenden Amortisationsrenten.

__ Abg. Hobrecht begründet seinen Antrag mit dem Hinweis auf die von ihm im vorigen Jahre eingebrachte Resolution, die damals niht mehr zur Berathung kam, gegen welhe ihm aber der inanz-Minister Bedenken geäußert habe, die er niht für durch- Élagend halte; er habe deshalb den beantragten Geseßentwurf ver- faßt, dessen Ueberweisung an eine Kommission o, sein werde. edner legt deshalb nur kurz die durch das Ablösungsgesetz bon 1850 * geschaffenen Verhältnisse dar; nah diesem Gesetze sollten “alle aus gutsherrlih-bäuerlihen Verhältnissen her- stammenden Leistungen und Dienste in Geld abgeschäßt und auf feste Geldrenten gebraht werden. Wegen des Rückgangs des insfußes seit 1850 müßten diese Renten herabgemindert werden. vas Interesse der ursprünglih Berechtigten käme hier nit in Frage, eine Verlegung im rechtlihen Sinne werde durh den Antrag nicht angen, und die Besiger der vierprozentigen Rentenbriefe würden sh um so weniger beklagen können, als bereits im Geseß von 1850 spätere gefeplihe Aenderungen vorbehalten seien. Das Recht des Rentenverpflichteten, seine Rente jeder Zeit dur Kapital abzu- lösen, werde dur seinen Anträg nicht beeinträchtigt. uf einem Theil unserer ländlichen Besißer laste die Rentenpflicht außerordentli \ wer, bei andern sei die Rente allerdings fo gering, daß in diesen leßteren" L eine Herabminderung nit angebracht sei; er wolle nur die Renten ermäßi en, deren jährliher Betrag mindestens 10 4 erre e. Nah dem levlgen geseblihen Zustand höre nah Ablauf der 6 jährigen Amortisationsperiode die bisher als \chwere Last empfundene

Rentenpflicht mit einem S{hlage auf, und das könne wirthschaftlide Natithelle im Gefolge haben; wirthshaftli rihtiger sei die Ermä, gung und A Ciazosamung der Rentenpfliht. Bei der Grenze von 10 Æ falle etwa 1 der Rentenverpflichteten unter seinen Antrag, und das seten „etwa jährlich 6—7 Millionen Mark. Sein Antra affe unsern kleinen Landleuten eine große Erleichterung. Er empfehle die Berathung seines Antrags in einer Kommission von 14 Mitgliedern. Geheimer Ober-Finanz-Rath Freiherr von Rheinbaben: Der Ri Finanz-Minister ist [leider dur eine Staats-Ministerialfißung am rsheinen hier verhindert. Eine bestimmte Erklärung namens der Negierung kann ih nit abgeben, da si die Regierung noch nicht mit dem Antrag beschäftigt hat. Dem Antrage stehen aber Be- denken entgegen. Wir haben insgesammt 1 076 000 Rentenverpflihtete mit einem Rentenbetrage von 18 Millionen Mark, d. h. durch- \hnittlich 17,11 A Bei 1011 000 MNentenverpflichieten beträgt die Rente jährlih unter 50 4, nur bei 65 000 über 50 A. Für die große Mehrzahl - kann man also von einer zu {weren Belastung nit sprechen, nur bei elner ganz geringen Minderheit is dies der Fall. Die -Rentenpflicht läuft aber jeßt nur noch 15 Jahre, der An- trag würde sie auf 88 Jahre hinausziehen, und eine soldje Hinaus- shiebung der endlichen Erlôöschung bis in folgende Generationen hinein dürfte nicht angemessen sein, Der Antrag erleichtert allerdings theil- weise die Landwirthschaft, bringt aber dadurch eine Belastung anderer landwirth\aftliher Theile mit sich. Die Annahme einer Grenze von 10 M würde bedeuten, daß für die Renten über 10 M der Zinsfuß konvertiert wird, für diejenigen unter 10 4 da egen nit. Mit einer Kommissionsberathung ist die Regierung einverstanden.

Abg. Wolczyk E Die Stimmung der Leute auf dem Lande ist 4 68 den Antrag Hobreht, sie wollen die Rentenpflicht nit länger hinausgezogen haben. Der wirthschaftlihe Einfluß des plôößlihen Aufhörens der Rente wird sehr geringZund vielleicht gar- nicht wahrnehmbar sein. Aber ih habe nihts dagegen, daß wir die

ache in einer Kommission prüfen.

Abg. Lamprecht (konf.) erkennt an, daß der Antrag eine gewisse Erleichterung bringe, wenigstens nah der Meinung eines Theils feiner Freunde, während der andere Theil dem Antrage ablehnend e eve Die wohlhabenden Bauern wünschen eine baldige Ab- lösung der Renten, die andern würden ja diesen Antrag als Er- leihterung empfinden; sie meinen aber, wenn die Rente erst abgelöst sei, werde {hon der Fiskus dafür sorgen, daß sie einen Ersaß bekämen. Ein besserer Weg als der Antrag sei die Ablösung der Rente durch Kapital, das jeyt zu 2 9% bei den Landschaften zu haben sei. Mit einer Kommissionsberathung seien seine Freunde einverstanden, würden aber höchstens für den Antrag stimmen, wenn die Bestimmungen des- felben fafultativ seien

Abg. Graw - Allenstein (Zentr.) erklärt, daß jeine Freunde dem Antrage niht gerade ablehnend gegenüberstehen, daß sie aber den Betreffenden die freie Wahl lassen wollten, nah dem Antrage zu ver- fahren oder nicht.

Abg. von Woyna (frkons.): Wir verkennen niht die Bedenken gegen den Antrag und halten ihn für einen Schlag ins Wasser. Unsere bäuerliche Bevölkerung wünscht eine möglichft baldige Ab- lösung der Renten, um dem Erben den Besi möglichst lastenfrei übergeben zu können. Andererseits verkennen wir au nicht die agrar- freundlihe Tendenz des Antrags und sind zu einer Kommissions- berathung bereit. j

Der Antrag wird darauf einer Kommission von 14 Mit-

gliedern überwiesen. Shluß 2/, Uhr. Nächste Sißung Freitag 11 Uhr.

(Etat.)

Nr. 5 des Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 31. Januar, hat fol- enden Inhalt: Allgemeine Verwaltungs\achen: Erscheinen des Hand- Pidko für das Deutsche Reich auf das Jahr 1896. Konsulatroesen : Ernennungen; Bestellung eines Konsular- Agenten; Zutheilung des Staats Michigan an den Amtsbezirk des Konsulats in Chicago; Nangerhöhung eines ausländischen Konsuls. Finanzwesen: Nach- weisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April 1895 bis zum Ende Dezember 1895. Zoll- und Steuerwesen : Veränderungen fn dem Stande oder den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. Polizeiwesen : Ausweisung von Ausländern aus dem Neichsgebiet.

Statistik und Volkswirthschaft,

Ueber den Einfluß der Arbeiterversiherung auf die Thätigkeit der dffentlichen Armenpflege bemerkt der Ver- waltungsbericht der Stadt Osnabrück für das Rechnungsjahr vom 1. April 1894 bis 31. März 1895: Die Kranken versicherung ist insofern von nicht unerheblicher Einwirkung auf die Armen- pflege gewesen, als manchen Personen aus Krankenkassen Unter- stüßung zu theil geworden ist, welhe ohne das Krankenversiche- xungsgesey der Armenpflege anheimgefallen wären; dann au, weil die Armenpflege häufig nur ergänzend einzutreten brauchte. Infolge der Unfallversiherung ist nur in beschränktem Maße eine Entlastung des Haushaltsplans der Armenverwaltung eingetreten. Dabhingegen ist der Einfluß der Alters- und Invalidenversiherung auf die Höhe der öffentlichen Armenlast ein stetig steigender und dauernder. So befanden ih seit dem 1. Januar 1890, dem Tage des Inkraft- tretens des Geseßes, unter den 189 Rentenempfängern in Osnabrück 30, welche aus söffentlihen Armenmitteln unterstüßt wurden. Vopy diesen konnten nach und nah 16, als dieselben in den Genuß der Rente traten, aus der Armenpflege entlassen werden. In den 14 übrigen Fällen brauchte die Armenpflege nur ergänzend einzutreten, soweit die Rente zur Bestreitung des nothwendigen Lebensunterhalts für den Empfänger und dessen Familienangehörigen nicht hinreihte. Die Zahl der UÜnterstüßten hat infolge der Arbeiterversicherung eine Verminderung nit erfahren, was jedoch auf die Zunahme der Be- völkerung (um durchschnittlich 800 Borfénen jährli) zurüdzuführen

. Wenn auth der Aufwand für das Armenwesen niht zurückge- gangen ift, so erklärt sich dies namentlih dadurch, daß verschiedene andere Ausgaben, insbesondere der Beitrag für das Landarmen- und Korri- gendenwesen, die Wohnungsmiethen u. \. w., , stetig Ho sind.

Auch nah dem Verwaltungsberiht der Stadt L armen für das Jahr 1894 war eine wesentliche L auf das städtische Budget unverkennbar. Die Gesammtausgaben für : R iD Ne find dort seit dem Inkrafttreten des Vnvaliditäts- und Altersver- sicherung8geseßes bis 1. April 1894 um 27524 4, pro Kopf der Bevölkerung von 3,90 A im Jahre 1883/84 auf 3,77 M im Jahre 1884/85 (nach dem Inkrafttreten des Krankenver- iherungsgesetzes), auf 3,41 A im Jahre 1891/92 (nah dem

nkrafttreten des Invaliditäts- und Altersv herungégesetzes) und auf 3,38 M im N emungslahre 1893/94 gesunken troy der großen Arbeitslosigkeit der Jahre 1891 bis 1893/94, welche die Anforderungen an die Armenpflege beträhtliÞ steigerte. Die Ausgaben für die Os en, Leben3mittel, Kleidungs- ftücke, Bettwerk, Beerdigungskosten für ußenarme, sowie Pflegegelder und Bekleidungskosten für die in dortigen Familien unterge rachten Kinder fielen von 157 389 «4 im Jahre 1883/84 bei einer Einwohner- zahl von 100 000 auf 143 909 « im nächsten Jahre bei- einer Be- völkerungszahl von 102 000 und auf 133 713 «A im Jahre 1893/94 bei einer Einwohnerzahl von 123 200, demna pro Kopf der Bevöl- kerung von 1,51 4 auf 1,41 M bezw. 1,09 « Von besonderer Bedeutung ist die Bewegung bezüglich der Ursachen der Unterstü ungs- bedürftigkeit. Bei den männlichen Personen betrug die Zahl der Fâlle, u denen Krankheit die Ursache der R EFBARUn gx gkeit war, in den Jahren 1880, 1885, 1891 und 1894: 234, 126, 72, 72, Altersschwähe: 32, 19, 23, 22. Ein derartiger Nückgang ift bei den weiblichen Personen, welche von der Versicherung nit so stark erfaßt werden, niht zu beobahten. )

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg wird der „Boss: Ztg.“ unter dem 4. d. M. ge-

shrieben: Der Ausstand der onfektions-Schneider und

chneiderinnen, desen Ausbruch in Aussicht stand, falls die Arbeit- geber die gestellten Forderungen : Einführung von Betriebswerkstätten, Anerkennung von Normallohntarifen u. \. w., nicht bewilligen würden, ift jeßt zur Thatsache geworden. Nur fünf Arbeitgeber haben sih mit den Forderungen theilweise einverstanden erklärt. Eine Ver- fammlung der Arbeitnehmer, unter denen fih auch 50 Frauen be- P hat am 3. Februar mit 239 gegen 4 Stimmen den Ausstand eshlofsen.

In Altenburg in Sachs.-Alt. traten, wie die „Geraer Ztg. mittheilt, die Malergehilfen in eine Lohnbewegung ein und haben den Arbeitgebern einen Lohntarif unterbreitet, worin ein Mindestlohn von 36 F für die Stunde, 25% Zuschlag bei Ueberstunden, bei Nachtarbeit 50% Zuschlag und bei ‘vorkommender Sonntagsarbeit doppelter Stundenlohn efordert werden.

Aus Brüssel wird der „Köln. Ztg.“ berichtet: Der Ausstand der Bergarbeiter von Boussu dauert fort. Die Ausständigen verlangen die Abschaffung einer Bestimmung der Grubenordnung, wonach diejenigen, die verspätet an- oder h i ausfahren, mit dem Verlust des doppelten Betrags eines Tagelohns bestraft werden.

Lanud- und Forstwirthschaft.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sißung der XXIV. Plenar- versammlung- des Deutschen Landwirth fchGaftsraths befür- wortete Gutsbesißer Pauli bei Berathung über die Be- schäftigung von Insassen und die Unterbringung von Entlafsenea der Straf- und ähnlihen Anstalten in landwirthschaftlichen Betrieben folgenden Zusay zu dem gestern meen Antrag des NRittergutsbesißers von Laer Plauth: „Es wäre wünschenswerth, daß für die zu entlafsenden und zu landwirthschaftlihen Arbeiten geen Korrigenden und Sträf- linge ein Uebergangsstadium zu vo ständiger Freiheit geschaffen werde, indem sie bei guter Führung {on lange Zeit vor ihrer Entlassung geeigneten Landwirthen zur Beschäftigung und Beaufsichtigung Überwiesen wérden“. General-Sefkretär Dr. Müller (Berlin) be- zeichnete es als bedenklih, Korrigenden und Sträflinge zu Land- arbeiten zu verwenden, da dann die große Gefahr vorliege, daß die arbeitende Bevölkerung auf dem Lande verdorben werden könne. Geheimer Regierungs-Rath Dr. Krohne: Die Re ierung habe dieses Moment bereits berücksihtigt. Deshalb und aus mit Nücksicht auf die Disciplin, die anderenfalls eine Lockerung erfahren könnte, würden nur größere Trupps von Korrigenden und Sträflingen zu Arbeiten in Oedländereten u. f. w. verwendet, also zu folchen Arbeiten, für die freie Arbeiter entweder zu kostspielig oder überhaupt niht zu haben seien. Freiherr von Welser (Bayern) tadelte es, daß die Insassen in Gefängnissen u. \. w. nicht gehörig zur Arbeit angehalten würden, sodaß sie nah ihrer Entlassung zur ernsten Arbeit wenig ge- eignet seien. Jn der weiteren Debatte wurde bemerkt, daß die Ver- pflegung in den Gefängnissen eine derartige sei, daß die Sträflinge nah ihrer Entlaffung etwas verwöhnt seien. Geheimer Regierungs- Rath Dr. Krohne erwiderte: Er bestreite, daß die Insassen in den Strafanstalten niht in gehöriger Weise zum Arbeiten angehalten würden. Die aus den Strafanstalten Entlafsenen seien sämmtli vor- züglihe Arbeiter, denn die Disciplin in den Straf- anstalten sei eine sehr strenge. Sür die Verpflegung würden täglih 30 „9 pro Kopf verwendet, es sei daher einleuchtend, daß die Verpflegung in den Strafanstalten keine luxuriôse sein könne. Es werde im Gegentheil vielfa geklagt, daß die entlassenen Sträf- linge zu {lecht genährt seien, sodaß sie zu {weren Arbeiten fich nicht eigneten. Der Antrag der Referenten nebst dem Zusatzantrage Pauli gelangte darauf zur Annahme. i :

Nach einer kurzen Pause beschäftigte si der Landwirthschaftsrath mit dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Regelung des Verkehrs mit Düngemitteln, Futtermitteln und Saatgut. Der Referent, Domänen-Rath Rettich (Rosto), befür- wortete in Uebereinstimmung mit den Korreferenten, Landgericht s- Rath Schneider (Cassel) und Geheimer Regierungs-Rath, Professor Dr. Maercker (Halle a. S.), folgenden Antrag: „Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt, daß er ih in der An- erkennung der Bedürfnißfrage und betreffs der Grundregelung des Geseßes in voller Uebereinstimmung mit dem Entwurf des preußischen landwirthschaftlißen Ministeriums befindet, und hält es insbesondere für durchaus angebracht, daß der gewerbsmäßige Handel mit Saatgut in das Geseß eingeschlossen wird." Die Méferzntén {lugen ferner eine große Anzahl Abänderungen zu dem Geseß vor. Landgerichts- Rath Schneider betonte die Nothwendigkeit, in das Gesey die Be- stimmung aufzunehmen, daß {on die fahrlässige Verfälschung sowie die fahrlässige falshe Angabe über Futter- bezw. Dünge- mittel mit Gefängniß bestraft werde. Nachdem Geheimer Regierungs - Rath, Professor Dr. Maercker noch die Vorschläge eingehend begründet hatte, erschien Geheimer Ober- Negierungs-Rath Dr. Thiel vom Landwirthschafts-Ministerium. Dieser führte aus, daß das Saatgut nur in so weit unter das Gesetz fallen foll, als es vom Samenhändler zum Konsumenten gehe. Er ersuhe, den Vorschlag zu § 4: «Weitervertheilung oder Veräußerung seitens einer Genossenschaft an ihre Mitglieder fallen jedoch nit unter das Gefeß“ abzulehnen. Der erwähnte Passus betreffs des Genossenschaftswesens gelangte indeß mit allen gegen zwet Stimmen zur Annahme. Im übrigen wurden die Ein-

angs mitgetheilte Erklärung sowie die vorgeschlagenen weiteren

enderungen angenommen. Der § 2 foll dana lauten: „Der Bundesrath bestimmt, was als Handelsdünger, Kraftfuttermittel und Saatgut im Sinne dieses Geseßes anzusehen ift, welche Bestandtheile in ihnen dem Pflanzenwachsthum, der Gesundheit der Thiere oder dem Feld- und Gartenbau \{chädlich zu erachten find, und welches der höchste zulässige Gehalt an solchen Bestandtheilen sein darf. Diese Bestimmungen sind je nach Bedürfniß unter Berücksichtigung des Standes der Wissenschaft zu ergänzen.“ § 3: „Es dürfen nit in Verkehr gebraht werden: a. Handelsdünger, welhe dem Pflanzen- wachsthum s{ädlihe Bestandtheile in unzulässiger Menge enthalten ; b. Kraftfuttermittel und Saatgut, welche für die Gesundheit der Thiere oder für den Feld- oder Gartenbau \{chädlide Bestandtheile in unzuläfsiger Menge enthalten.“ § 4: „Wer gewerbsmäßig Handels- dünger und Kraftfuttermittel in Mengen von 25 kg und darüber, Saatgut in Mengen von 10 kg und darüber an andere Personen als Samenhändler veräußert, muß dem Erwerber, infoweit nicht der Bundesrath für einzelne Waaren Ausnahmen zuläßt, die genaue Be- zeihnung des Düngers, der Kraftfuttermittel und des Saatguts, von leßterem Namen, Art und Herkunft, sowie den in TCHNeR anñzu- Tas Grad der Reinheit und Keimkraft der Waare angeben, Em 8 soll es heißen: „Vom Bundesrath wird für die Erf bon Vbergutachten eine Behörde eingeseßt, welhe aus Beamten land- wirthschaftliher Versuchsstationen der im Deutschen Landwirth\chafts- rath vertretenen Körperschaften ae wird.“

Es folgten noch Berichte der Kommissionen über das Vieh- und das Feuerversiherungswesen. Nachdem diese zur Kenntniß genommen worden waren, wurden die Verhandlungen auf heute Vormittag 94 Uhr vertagt. ,

In der heutigen leßten Sitzung beschäftigte sih der Deutsche Landwirthschaftsrath mit der Stellung der Landwirth- Ra au dem Erlaß eines Warrantgeseßes mit beson- derer Rücksicht auf die genossenshaftlihe Verwerthun des Getreide s. Der Referent, Landes-Oekonomie-Rath von Mendel- Steinfels (Halle), befürwortete in Gemeinschaft mit dem Korreferenten, General-Sekretär Dr. Mueller (Berlin), folgende Resolution: „Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt: 1) Eine weitere ge eglihe Re- gelung des Lagerhauswesens und zwar hinsihtlich der eiterun des Martantberfekik über den Rahmen der geltenden Bestim mungen des Handelsgesetzbu hinaus erscheint in . auf den Verkehr mit landwirthschaftlichen Argenqui en weder - Ca noch wünschenswerth. 2) Deuts n Aa hat dieser Ueberzeugung bereits in seiner 18. Plenarversamm ung am

attung

W.