1896 / 35 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

oem L Bote a A EaS Ae prt Eh fie eimer Hofrath, Professor Dr. Sohm aus Leipzig, Ju Rath Dr. Wilke aus Berlin. i r m März 1892 schied der Staatssekretär Dr. Bosse aus. An seine Stelle trat als Vorsißender der neue Staats- sekretär Hanauer. Nach G Tod im April 1893 gra der Vorsig auf den irklihen Geheimen Ober- ustiz-Rath Dr. Künßel über. Als neues Mitglied war inzwischen der Geheime Ober-Regierungs-Rath Stru ck- mann aus Berlin in die Kommission berufen. An Stelle des an die Fete der Königlich sächsishen Staatsanwaltschaft be- rufenen Geheimen Raths Dr. Rüger trat im Jahre 1895 der Geheime Justiz-Rath Börner aus Dresden.

Zwei Mitglieder verlor die Kommission durch den Tod: den eben zum Ober-Landesgerichts -Präsidenten ernannten Geheimen Ober-Justiz-Rath Eichholz und den Rechtsanwalt Dr. Wolffson. Jn der durch alle diese Zwischenfälle ge- be Zusammensezung hat die Kommission ihre Aufgabe eschlossen.

Es ist für die Thätigkeit der Kommission, die, frei von jeder Beeinflussung der Verwaltung, unter unabhängiger Würdigung aller, durch das große Werk in Mitleidenschaft gezogenen Jnteressen, ihre Aufgabe durchgeführt [hat, ein be- redtes Zeugniß, daß der Bundesrath ihre Vorlagen mit ver- hältnißmäßig wenigen Aenderungen gutheißen konnte.

Wie auh das Schicksal des großen Geseßgebungswerkes sih gestalten n die Arbeiten der Kommission werden ein unvergängliches Denkmal treuer, mit voller Hingebung an die große Aufgabe durhgeführter Pflichterfüllung bleiben.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober-Kommando der Marine haben S. M. S. S. „Stein“, Kommandant Kapitän L Sce Rötger, „Stosch“, Kommandant Kapitän zur

ee Thiele (August), und „Gneisenau“, Kommandant Kapitän zur See da Fonseca-Wollheim, gestern von Havanna aus die Heimreise angetreten.

Hannover, 7. Februar. Jn der gestrigen Sißung des

Provinzial-Landtags berichtete der Schaßrath von Wer- Le über den Antrag des Provinzial-Ausshusses, betreffend en Erlaß eines Provinzialstatuts über die Errichtung einer Haftpfliht-Versicherungsanstalt. Zur Genehmigung der vom Provinzial-Landtag in voriger Session beschlossenen Haftpflicht-Versiherungsanstalt sei vom Minister der Erlaß eines E Statuts für erforderlich erachtet worden. Darauf habe der Ausschuß folgenden Entwurf festgestellt:

„Von dem Provinzialverbande der Provinz Hannover wird eine Haftpflicht-Versicherungéanstalt unter der Bezeichnung ,„Haftpflicht- Versicherungsanstalt des Hannoverschen Provinzialverbandes* gegründet, welche den e hat, die Mitglieder der O landwirth- schaftlihen Berufsgenossenschaft gegen die Gefahren der Haftpflicht zu versichern. Die Anstalt wird zu einer vom Provinzial-Aus\{uß unter Zustimmung des Königlichen Ober-Präsidenten der Provinz Hannover zu bestimmenden Zeit eröffnet. Für die Verwaltung derselben sind die nah Maßgabe des § 120 der Provinzialordnung zu erlassenden Satzungen maßgebend.“

Das Statut wurde genehmigt, ebenso der Antrag des Provinzial-Aus\husses auf Erwerbung eines Grundstücks in Hannover zum Preise von 330 000 #4 behufs Erweiterung der Provinzial-Hebammen-Lehranstalt.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten bewilligte in ihrer gestrigen Sißung 70000 # für die Landesausstellung in Nürnberg und genehmigte die Herstellung einer Bahnverbin- dung von Lindau bis zur bayerish-württembergishen Grenze in der Richtung gegen Friedrichshafen.

Sachsen.

Die Zweite Kammer genehmigte gestern nah der Vorlage die Titel 19, 20 und 21 des außerordentlichen Etats, welche Veränderungen einzelner Bahnhöfe betreffen.

Oldenburg.

Die feierliche Beisezung weiland Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin fand gestern Vormittag in Oldenburg statt. Mit Seiner Majestät dem Kaiser wohnten der Feier bei: Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht von Preußen, Jhre Kaiserlichen Hoheiten die Großfürstin Alexandra Josephowna vonRußland und dieHerzogin Wera von Württemberg, Jhre Durhlauchten der Fürst zu Schaumburg-Lippe, die Prinzessin Therese von Sachsen-Altenburg, die Prinzen Ernst von Sachsen- Altenburg und Friedrih von Sachsen-Meiningen, sowie Jhre Hoheiten die Herzoge Johann Albrecht von Medcklenburg-Schwerin und Friedrich Ferdinand zu Schleswig-Holsteilin-Sonderburg-Glücksburg.

Um 10 Ühr versammelten Sih die Allerhöhsten und Höchsten Herrschaften, nahdem Seine Majestät der Kaiser den Großherzog aufs herzlichste begrüßt hatte, in der Haus- kapelle. Jn dem ganz {warz ausgeshlagenen Raum stand auf einer mit schwarzem Tuch behangenen und mit goldenen E und Borten verzierten Estrade der Parade- arg mit den irdishen UÜeberresten der Großherzogin. Auf dem Sarge lag die Krone, zu En tand ein chwarz verhülltes Postament mit den Orden der Hohen

erblichenen. An jeder Seite der Estrade brannten auf drei shwarz verhüllten Kandelabern hohe Wachskerzen. Neben der Estrade hatten die Hofdamen Baronin von Podewils und Fräulein von Wißleben, der Obershenk Graf von Wedel, der Ober - Schloßhauptmann von Heimburg, der Ober- Ra Geheime Ober - Kirchen - Rath D. Hansen, )O Peer Geheime Kirchen-Rath Ramsauer, sowie die Geistlihkeit von St. Lamberti, der Divisions- Pfarrer und der Pfarrer von Osternburg Aufstellung genommen. Jm grauen Salon und in den anstoßenden Gemächern des Großherzoglichen Palais hatten sih die Mit-

lieder des Vie Mien Korps und die außerordentlichen

bgesandten, die Mirister, die Generalität, das Gefolge der an- wesenden Fürstlichen Personen, die Hofdamen, die Hofkavaliere und Adjutanten des Sre ien und Erbgroßherzoglichen Hofes, die zum Ehrendienst kommandierten Offiziere, der Vorstand der Hof- und Privatkanzlei, die Leibärzte, der Stall- meister, der ständige Landtags-Ausshuß und die Kommandeure der oldenburgischen Truppentheile versammelt. Die religiöse

eier in der S beschränkte sih auf ein vom Öber-

ofprediger, Geheimen Ober-Kirhen-Rath D. Hansen ge- sprochencs Gebet. Nach beendeter Andacht fuhren die Fürst-

lichen Damen, begleitet von ihren Hofdamen, unter Geleit des Ober - Schloßhauptmanns von Heimburg, nah der Grabkapelle auf dem Gertruden - Kirhhof. Zwölf Offi- zianten und Lakaien trugen hierauf den Sarg unter Vortritt des Oberschenks Grafen von Wedel auf den vor dem Portal vorgefahrenen Leichenwagen, während der militärische Trauerkondukt das Gewehr präsentierte. Auf Befehl des Großherzogs sehte sich nunmehr der Leichenzug unter dem Geläut aller Glocken in Bewegung. Dem mit 8 Pferden be- spannten Leichenwagen Locant bewegte sich der militärische Trauerkondukt (Jnfanterie, Artillerie und Kavallerie), welchem sich die Hofdienerschaft, die dienstthuenden Hof- kavaliere, die evangelische Geistlichkeit 2c. anschlossen. Hinter dem Sarge ging Seine Majestät der Kaiser zwischen Jhren König- lichen Hoheiten dem Großherzog und. dem Erbgroßherzog, denen sich die übrigen Fürstlichkeiten anschlossen; dann folgten die Mit- glieder des diplomatischen Korps, die außerordentlihen Ab- es und das Gefolge der Fürstlihen Personen, die

inister, die Generalität, der Landtags-Aus\huß, die Offizier- Korps und die Reichsbeamten, die Staatsdiener der ersten bis achten Rangklasse und die Hofbeamten, die Ritter des olden- burgischen Haus-Ordens, die Geistlichkeit anderer Konfessionen, der Magistrat und der Stadtrath, sowie Bürger der Stadt. Vor der Großherzoglihen Grabkapelle auf dem Kirch- hof wurde der Sarg vom Wagen gehoben und unter Vortritt der evangelishen Geistlichkeit in der Kapelle auf den Katafalk niedergeseßt, in dessen Nähe Sich die “G Leid- tragenden und Fürstlihen Personen aufstellten. Der Lamberti- Kirchenchor intonierte den Gesang: „Christus, der ist mein Leben, und Sterben mein Gewinn.“ Dann hielt der Ober- : adi d Geheime Ober-Kirchen-Rath D. Hansen die ‘rauerrede. Nach derselben sang der Kirhenchor: „Sei getreu bis in den Tod, fo will ih dir die Krone des Lebens geben“, woraufder Ober- Hofprediger die Einsegnung der Hohen Leldie voll- zog. Ein Segensspruch beschloß die erhebende Feier. Der Groß- herzog fuhr hierauf mit dem Kaiser nah dem Schlosse, die übrigen Fürstlichkeiten folgten. Später fand im Schlosse Familientafel und Marschallstafel statt. Gegen 4 Uhr verließ der Kaiser, welchen der Großherzog, der Erbgroßherzog und der Herzog Georg zur Bahn geleitet hatten, die Stadt. Als der Kaiserlihe Sonderzug aus dem Bahnhof fuhr, brach das zahlreih versammelte Publikum, darunter viele hundert Krieger aus Stadt und Land, in brausende Hochrufe aus, die der Kaiser mit freundlihen Grüßen erwiderte.

Braunschweig.

Zhre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht von Preußen trifft heute Nachmittag von Oldenburg wieder in Braunschweig ein, während Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht morgen früh von England zurückehrt.

Oesterreich-Ungarn,

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine Bekanntmachung, durch welche der Reihsrath zum 15. Februar wieder ein- berufen wird.

Der böhmische Landtag nahm gestern den Antrag der Kommission über die Schiffbarmachung der Moldau und der Elbe auf der Strecke Prag—Aussig unter Ge- währung einer Landesbeihilfe in Höhe des dritten Theils der Anlagekosten an, ebenso einstimmig den Antrag der Kommission auf Kündigung des Zoll- und Handels- bündnisses mit Ungarn behufs Erneuerung des- selben auf der Basis der vollen Wahrung der wirth- \chaftlihen Jnteressen Desterreihs. Der Abg. Hall wich wies dabei viel einseitige Begünstigungen der Fndustrie und der Landwirthschaft Ungarns hin, welhe große Nachtheile für den österreichischen Handel zur Folge hätten, und erklärte, das neue o und Handelsbündniß müsse alle wihtigen Punkte im Zeseßeswege definitiv regeln und dürfe keine wichtigere An- gelegenheit dem Verordnungswege überlassen. Die Redner der anderen Parteien stimmten dem Vorredner zu und traten für die Nothwendigkeit der Errichtung einer selbständigen österreichi- hen Reichsbank ein.

In der gestrigen Sißung des mährischen Landtags wurde ein Antrag angenommen, der dahin geht, die Regierun aufzufordern, dem Reichsrath baldigst einen Geseberuvurs betreffs Erbauung eines Donau-Oderkanals vorzulegen, dessen Zustandekommen ein würdiges Andenken an das fün zig- jährige Regierungsjubiläum des Kaisers sein würde.

Das ungarische Unterhaus seßte gestern die Be- rathung des Kultus-Etats fort. Der Abg. Emmerich Madarasz sprach den Wunsch aus, es möge in der Leitung des Unterrichtsressorts ein mehr nationaler Geist herrschen. Der Abg. Ugron brachte einen Antrag ein, worin die Re- gierung aufgefordert wird, einen Geseßentwurf einzubringen zur Regelung des Verhältnisses sämmtliher auf der Grundlage der Autonomie stehenden Kirchen zum Staate, sowie dafür zu sorgen, daß gegen diejenigen Nationalitätskirchen, welche staatsfeindliche estrebungen unterstützten, die Geseß- gebung von Fall zu Fall Verfügungen treffe. Der Abg. H o ck unterstüßte den Antrag Ugron's.

Großbritannien und JFrlanD.

Die „London Gazette“ von gestern veröffentlicht die bereits in Nr. 34 d. Bl. kurz Tiber auf die Beschwerden der in Transvaal Dar britishen Staatsangehörigen sich be- ziehenden Depesche, welche der Slaatssekretär für die Kolonien Chamberlain am 4. d. M. an den Gouverneur der Kap- kfolonie Sir Hercules Robinson gerichtet hat, nunmehr im Wortlaut.

Der Staatssekretär wirft darin zunähst einen Rückblick auf die Geschichte der Südafrikanishen Republik und hebt hervor, daß vor den Goldfunden die Staatseinnahmen in deren Gebiete kaum für die nothwendigsten Bedürfnisse genügt hätten und die Gewerbthätigkeit fast gänzlich in den Händen der Uitlanders geblieben sei. Er giebt fodann dem Bedauern Ausdruck, daß im Gegensaß zu anderen Ländern, in denen eine große Einwanderung stattgefunden habe, die Uitlanders in Transvaal nie hätten hoffen können, dîe vollen Rechte der Staatsbürgerschaft zu erlangen. Die ganze Leitung der öffentlichen Angelegenheiten und das Besteuerungsrecht werde von einer in der Abnahme begriffenen Minderheit monopolisiert, welche fast durchaus Ackerbau betreibe, während der Mehrheit, welche die Staats- einnahmen von 75 000 auf 2 000 000 Psd. Sterl. gehoben habe, ‘jede Stimme bei der Führung der Staatsgeschäfte versagt sei und sie keinerlei i bag ihrer {weren Klagen erlangt habe. Den Uitlanders seten oft von Perfonen in hoher Stellung Versprehungen gemacht worden, dieselben seien aber niemals erfüllt worden, und ihre Vorstellungen seien nur Spott und Hohn begegnet. Die Ansprache Lionel Philipp's im vergangenen November und das Manifest der National-Union vom 27. Dezember hätten gezeigt, daß die Mehrzahl der

PVitlanders sich in den konstitutionellen Grenzen zu bewe Großbritannien habe keinen Grund zu einer Einmischung mente,

welche einer friedlihen Beilegung hätte {ädlich sein Den,

Gerüchte über gewaltthätige Maßnahmen hätten ih fortwähro,e als fals erwiesen, sodaß die Ansiht Boden a lbe M Uitlanders hätten nicht die Absicht, einen Zusammenstoß herbeizuführen Diese Ansicht sei dur den Konsul der Südafrikanischen Republik iy London und die Regierung Transvaals getheilt worden. Die britische und die Kap-Regierung hätten von dem Zuge Jameson's hig zum leßten Avgenblick nichts gewußt. Das Zusammenziehen der Polizei- truppe der Chartered Company in Mafeking und Pitsani habe keinen Argwohn erregt, da es in Verbindung mit dem Um- ftande, daß das Protektorat über Betshuanaland an die Chartered Company übergegangen war, berechtigt erschienen sei. Es habe den Anschein gehabt, als sei auch_ die Regierung Trandôyaals überras{t worden, da dieselbe sonst doch Sir Hercules Robinson ihren Argwoby mitgetheilt haben würde. Am 29. Dezember sei ihm (Chamberlain) nahe gelegt worden, die Polizeitruppe könne vielleicht benußt werden um in Johannesburg etwas zu erzwingen. Er habe darauf Sir Hercules Robinson sofort telegraphisch angewiesen, Sir Cecil Rhodes vor den Folgen zu warnen; es sei aber bereits zu spät gewesen, da Jameson schon dieGrenze überschritten gehabt habe. Chamberlain erwähnt sodann, welche Schritte er unternommen habe, um Jameson aufzuhalten, Dieser habe indessen dem Boten, den der britishe Agent in Prätoria an ihn gesandt, erklärt, er müsse nah Johannesburg weiter- marschieren, da er Lebensmittel brauhe. Um ihm nun diese Ent- shuldigung zu nehmen, habe er (Chamberlain) befohlen, Nahrungs- mittel und Futter Jameson zur Verfügung zu stellen. Nachdem Chamberlain alsdann der Mißbilligung des Vorgehens Iameson'g seitens der britishen Regierung, des Gouverneurs der Kapkolonie Sir Herkules Robinson's, und des damaligen Premier-Ministers der Kolonie Sir Cecil Nhotes* Erwähnung gethan, bespricht er den Auf, stand in Johannesburg und widmet der von dem Präsidenten Krüger bewiefenen Weisheit und Mäßigung herzliche Anerkennung, Er habe dem - Präsidenten Krüger gegenüber hervorgehoben, daß es für die britische Regierung unmöglich sei, die Leute Jameson'z zu bestrafen, und daß auch die Führer nur vor einem ordentlichen Gerichtshof abgeurtheilt werden könnten; nichtsdestoweniger habe der Präsident Krüger beschlossen, die Gefangenen sämmtlich an England auszuliefern, Weiterhin spriht Chamberlain sein Bedauern darüber aus, daß der Präsident Krüger dem Gouverneur Sir Hercules Robinson keine Zusicherungen über die Reformen gee macht habe, und bezeihnet es als unbillig, daß ein Ver, dacht gegen eine Hand voll Leute aus den reicheren Klassen die Einführung von Reformen für eine ganze Gemein- schaft hinausschieben solle. Chamberlain wiederholt, da die auêwärtigen Beziehungen der Südafrikanishen Republik der Kon: trole Großbritanniens unterworfen seien und kein Grand zu der An! nahme bestehe, daß irgend ein auswärtiger Staat die Rechte Englands bestreite, welche die Regierung in ihrem Bestande aufreht zu halten gewillt sei. Jn den inneren Angelegenheiten Transvaals sei England berehtigt, freundschaftlihe Rathschläge zu ertheilen. Bezüglich der UVitlanders glaubt Chamberlain, daß die Schwierigkeit theilweise gelöst sei, indem denfelben das Wahlreht nah fünf Jahren mit einer Ab- änderung des S zugestanden worden sei. Durch be- sondere Verspre ungen, welche der Präsident Krüger im Dezember bezüglich der Erziehungsfrage gemacht habe,. sei eine weitgehende Abhilfe einiger Beshwerden gegeben. Für einige Staatsmonopole für den Handel mit den zum Minenbetrieb erforderlihen und anderen

andelêartifkeln scheine fein annehmbarer Rehtsgrund vorhanden zu sein. Mit ihrer Weigerung, die Uitlanders in die Polizeitruppe einzustellen, entziehe die Regierung der Gemeinschaft der Ausländer eines threr Grund- rehte. Chamberlain \spriht alsdann die Hoffnung aus, daß selbst die konservativen Burghers jeßt begreifen würdez, daß die wahren Inter- essen des Landes die Annahme solcher Vorschläge erheischten, dur welche die gerechten Ursahen von Unzufriedenheit beseitigt werden würden. Die britishe Regierung habe sorgfältig er- wogen, ob es nicht möglich sei, den Wünschen der Uitlanders im Rand entgegenzukommen, ohne den Interessen Transhaals Eintrag zu thun. Jm allgemeinen räth Chamberlain dem Präsidenten Krüger an: der Rand folle eine modifizierte lokale Selbstverwaltung haben mit der Ermächtigung, über rein lokale Angelegenheiten zu ent- scheiden, diese Ermächtigung solle dem Veto der Staatsgewalt unter- stehen, aber das Recht der Steuererhebung zum Zwecke der Zahlung einer jährliden Abgabe an die Regierung einshließen. Außerdem follte dem Rand ein eigener oberster Gerichtshof gewährt werden, Zum Schlusse seiner Depesche ladet Chamberlain den Präsidenten Krüger ein, nah England zu kommen und über diese Fragen zu ver- handeln, und ersucht für den Fall, daß der Präsident nicht kommen könne, Sir Hercules Nobinson, die Verhandlungen zu führen.

Frankreich.

Jn dem parlamentarishen Ausshuß für Arbeitsfragen erklärte, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern der Minister des Aeußern Berthelot, das Völkerrecht gestatte die Einführun einer Steuer auf ausländische Arbeiter nicht. Der Minis bekämpfte ebenso den Vorschlag, eine Steuer von den Arbeitgebm zu erheben, welche ausländische Arbeiter beschäftigten, da diù zu Gegenmaßregeln führen würde. Die Kommission verwa darauf jede Sonderbesteuerung ausländischer Arbeiter.

Rußland.

Der „Regierungsbote“ veröffentlicht folgende offiziöse Mittheilung, betreffend Bulgarien :

Als die Kaiserliche Negierung im Jahre 1886 ihre Agenten aus dem Fürstenthum Bulgarien abberief, erklärte sie damals in cinem Communiqué vom 28. November, daß sie mit dieser Maßnahme durchaus nicht im Auge hatte, die Bande zu zerreißen, welhe Bulgarien mit Rußland verbinden. Bulgarien i} ein Geshöpf Nußlands und verdankt seine Existenz s{chweren Opfern und Anstrengungen des russishen Volks. Schon kraft dessen konnte die Kaiserliche Regierung nicht umhin, mit dem lebhaftesten Interesse alle Erscheinungen der bürger- lihen Organisation Bulgariens, seine gegenwärtige Lage und sein zu- künftiges Geschick zu begleiten. Wir erklärten wiederholt, daß wir nur ein offenherziges Bekennen der Bulgaren selbs erwarteten, daß eine Wendung zum Besseren nothwendig sei, um die Vergangenheit zu vergessen und einen Anfang zu machen zur Wiederherstellung der Bezichungen mit dem Fürstenthum, gegründet auf gegenseitigem Ver- trauen und frei von jedem uneigennüßigen Triebe. Der erste Schritt in dieser Nichtung ist gegenwärtig gethan. Prinz Ferdinand wandte sih an den Kaiser mit dem s\cristlihen Ersuchen, nach Sofia einen besonderen russishen MNepräsentanten zu fenden, um der Zeremonie der Vereinigung des jungen Prinzen Boris mit der ortho- doxen Kirche beizuwohnen. Vor drei Jahren, nahdem die Nachricht eingetroffen war, daß die damaligen bulgarishen Gewalthaber beab- sichtigten, zur Bestätigung dur die Volksversammlung einen Entwurf zur Abänderung des Artikels 38 der Verfassung von Tirnowa vorzu- legen, welcher die Zugehörigkeit des Fürstenhauses zur orthodoxen Kirche sicherftellte, konnte die Kaiserliche Regierung niht umhin, thre Stimme gegen diese Neuerung zu erheben. Sie warnte damals mittels Communiqués vom 28. Februar 1893 alle Bulgaren ohne Unter- schied der Partei vor der Gefahr, welche dem Volke drohe, das bereit sei, den Weg der Abweichung von seinen hundertjährigen und heiligsten Traditionen zu betreten. Die Stimme Rußlands, welches stets Vik- gefühl für die Leiden und die Zerrüttung des - glaubensverwandten Stammes im Orient empfand, drang in die Herzen des bulgarischen Volks ein. Das Volk und seine Verwalter erkannten die Nothwendig- keit, die Herrschaft des orthodoxen Glaubens im Lande zu s{hühen und zu befestigen: eines Glaubens, welcher ein Unterpfand is für die un- zertrennlichen geistigen Bande, welhe Rußland mit dem von ibe befreiten Bulgarien verbinden. Diese Nachriht wurde übera in Rußland mit freudiger Sympathie aufgenommen Beseelt von den Gefühlen der Großuuth und aufrihtigen Wohlwollens für Bulgarien, berüsichtigte der Kaiser die Bitte des Prinzen Ferdinand und sf

llerhöchst, seinem Ansuchen entsprechen zu lassen, indem er den ube TMtajor der Suite Seiner Majestät Grafen e e Kutufow nah Sofia entsandte, um als Zeuge und Pathe in seinem Namen der Vollziehung des Sakraments der heiligen Salbung - an dem minderjährigen Sohne des Prinzen Ferdinand beizuwohnen.

Der General-Major Graf Golenistsher-Kutusow

istt heute von St. Petersburg abgereist.

Ftalien.

Der Prinz und die Prinzessin Heinrich von reußen empfingen gestern Nachmiltag in Rom den 1talieni- hen Marine-Minister Morin und folgten Abends einer Ein-

‘ladung des Königs und der Königin zum Diner.

Spanien.

Fn Madrid fand gestern bei der Beerdigung eines Jn- dividuums, welhes am Dienstag bei der Ankunft des Mar- halls8 Martinez Campos festgenommen worden rar, dann aber zu entfliehen suhte und auf der Flucht von einem Gen- darmen getödtet wurde, eine Kundgebung seitens der Re- publifkaner statt; dabei wurden einige aufrührerishe Rufe ausgestoßen, doh wurde die Ordnung nicht gestört.

Türkei.

Der bulgarishe Minister - Präsident Stoilow wurde estern von dem Sultan empfangen, welcher ihm den Groß- fordon des Osmanie - Ordens mit Brillanten verlieh; die Gemahlin Stoilow'’s erhielt den Schefakat-Orden.

us Konstantinopel wird der „Times“ gemeldet, der Sultan habe die Botschafter um ihre Meinung über die Forderung ver. Elnwohner ‘von Zeltun (f. die gestrige Nr. d. Bl.) befragen lassen.

Serbien.

Die Skupschtina erledigte gestern das gesammte Budget nah dem Bericht des Finanzausschusses. Die ge- sammten Einnahmen beträgen 63 659 720 Fr., die Ausgaben 63 355 603 Fr.

Bulgarien.

Die Prinzessin Maria Louise ist gestern mit dem Prinzen Cyrill von Sofia abgereist. Der Prinz Ferdinand begleitete die Prinzessin bis Zaribrod. / :

Wie „W. T. B.“ berichtet, hat der Prinz Ferdinand am Donnerstag Abend von dem Kaiser von Rußland ein Telegramm folgenden Wortlauts erhalten :

St.-Pétersbourg,25 janvier. „Je félicite sìincèrementVotre Altesse de la résolution patriotique qu’elle m’annonce par sa lettre du 21 janvier. Le général-major de ma suite comte Golenistchew-Koutouzow Vous portera ma réponse et sera chargé d’assister en mon nom à la solennité du passage de Votre fils bien nationale bulgare“,

Der Ministerrath beschloß, von der Sobranje einen Kredit von 250 000 Francs für die Festlichkeiten anläßlich des Uebertritts des Prinzen Boris zu verlangen. Das Pro- gramm der Festlichkeiten soll nah der Ankunft des Exarchen am Sonntag festgestellt werden.

Afrika.

Dem „Reuter’shen Bureau“ wird aus Prätoria ge- meldet, daß in der Verhandlung gegen das Reform-Comité am 5. d. der Hauptzeuge Jacobus Demeillon gewesen sei. Derselbe habe ausgesagt: Oberst Rhodes und andere Mit- glieder des Reform-Comités hätten ihm am 28. Dezember v. J. mitgetheilt, daß Jameson, vom Comité dazu aufgefordert, auf dem Wege nah Prätoria sei, um daselbst die Ruhe auf- reht zu erhalten. Aus der Verhandlung vom 6. d. sei nichts Mesentliches zu melden.

Wie der „Times“ aus Kapstadt gemeldet wird, sind die Territorien Montsioa und Skanning von der bri- hen Süd-Afrika-Kompagnie abgelöst und wieder unter die

Verwaltung des Ober-Kommissars gestellt worden.

aimé dans le giron de léglise

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sißzungen des Rei chs- tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (35.) Sißung des Reichstags, welher der Reichskanzler Gn zu Hohenlohe, die Staatssekretäre Dr. von oettiher, Freiherr von Marschall und Dr. Graf von Posadowsky, der preußishe Staats-Minister von der Recke, der Präsident des Reichsbank-Direktoriums Dr. Koch nebst Kommissaren bei- wohnten, erklärte vor Eintritt in die un __ Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, daß die verbündeten Re- s erungen, wiewohl sie die Gefahren des Sinkens der Silberpreise Ur unjere wirthshaftlihen Verhältnisse, insbesondere unseren heimischen

ilberbergbau und auch unseren Export, nicht verkennten, einstimmig be- {lossen hätten, dem vorjährigen Beschlusse des Reichstags auf Einberufung einer internationalen Münzkonferenz keine Folge zu geben, weil keine Aus-

cht auf ein Einverständniß der betheiligten Kulturstaaten mit dieser

onferenz vorhanden und es niht thunlich sei, daß Deutschland die

nitiative zur Einberufung dieser Konferenz ergreife. Sollten andere

taaten programmatishe Vorschläge machen, so würde der Neichs- kanzler diesen Vorschlägen gern nähertreten. ,

Abg. Graf Mirbach (dkons.) beantragte die Besprehung der Erklärung des Reichskanzlers. ; L

Präsident Freiherr von Buol: Diese Besprehung ist zulässig, wenn niemand im Hause widerspricht.

Abg. Singer (Soz.): Ohne das Recht des Hauses, sofort in eine Besprechung der Erklärung eines Regierungsvertreters einzutreten, au nur im geringsten anzuzweifeln, muß ih doch gegen die Be- sprehung Widerspruch erheben, weil ich nicht wünschen kann, daß durh diese Besprehung dem Hause die Berathung der Juitiativanträge geraubt wird. Die Funitiativanträge, welche heute zur Berathung stehen, L bereits durch die Berathung des Vürgerlichen Geseßbuchs zurückgestellt worden: wir können es niht vor dem Volke verantworten, wenn diese Berathung noch weiter jurückgestellt werden würde. Eine Besprehung der Fung des Reichskanzlers könnte ja die rechte Seite sehr gut anfangs nächster

ohe herbeiführen, und wir werden dabei keinen Widerspruch erheben.

Abg. von Kardorff: Es wäre fehr gut, wenn wir Montag oder Dienstag die Angelegenheit zur Sees bringen könnten, die uns heute durch den Widerspru des Abg. Singer verwehrt wird.

llerdings könnte dann ein Mitglied einer anderen Partei wiederum iderspruh erheben, aber wir müssen uns doch eine nahdrückliche epefchung vorbehalten und eventuell eine Interpellation einbringen.

Abg. Graf Mirbach: Ic erkläre mich mit dem Vorschla meines politishen Freundes von Kardorff einverstanden, wennglei wir bei einer Interpellation etwas weiter ausholen müßten.

Abg. Rickert: Wenn die Besprechung am Montag erfolgt, dann wird die Erklärung des Reichskanzlers gedruckt vorliegen, und das ift von Wichtigkeit.

, Abg. Barth betonte, daß auch die Goldwährungsfreunde den dringenden Wunsch hätten, die Erklärung zu besprechen.

Abg. Graf Mirbach {loß sich dem Wunsch des Abg, Nickert an, {lug aber Dienstag vor, damit die Mitglieder zahlreiher heran- gezogen werden könnten.

Die Abgg. Hammacher (nl.) und Fr ißen (Zentr.) erklärten namens ihrer Parteien ihre Zustimmung zu dem Vorschlag, die Be- sprechung anfangs nächster Woche stattfinden zu lassen.

Präsident Freiherr von Buol bat, es dem Präsidium zu über- u bezüglihe Vorschläge am Schluß der heutigen Sitzung zu machen.

Damit war diese Angelegenheit erledigt.

Alsdann trat bei Schluß des Blattes das Haus in die Tageßordnung: die dritte Berathung des von den Abgg. Barth, Rickert u. Gen. eingebrachten Geseßentwurfs, hetreffend die Abänderung des Wahlgeseßes für den Deutschen Reichstag.

__— Jn der heutigen (15.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein beiwohnte, wurde die zweite Verathung des Staatshaushalts-Etats für 1896/97 bei dem Etat der Forstverwaltun g fortgeseßt.

__ Bei den Einnahmen für Holz 656500 000 # wünschte

Abg. Horn (nl.) mit Rücksicht auf die Bedeutung, welche unsere Holzstoffindustrie für unsere Forstverwaltung hat, eine besondere Für- sorge für diese Industrie. Die Fabrikationsbedingungen für diese Industrie sind in Amerika weit günstiger als bei uns. Unsere Forst- rung sollte deshalb eine kürzere Umtriebszeit für Fichtenholz einführen.

__ VDber-Landforstmeister Donner erklärte, daß die Forstverwaltung dieser Industrie möglichst entgegenkomme. In Ostpreußen seien große Fichtenwaldungen vorhanden, für welhe genügender Abfaß noch fehle. Privatwaldungen und Gemeindewaldungen find aber auf höhere Umtriebszeiten angewiesen, um stärkere Hölzer zu erzielen. j;

e den Einnahmen für Nebennußzungen 4 300 000 regte

Abg. Szmula (Zentr.) eine Erleichterung des Verkaufs von Walds\treu aus den fiskalishen Waldungen an mit besonderer Bezug- nahme auf die Verhältnisse in Schlesien und wünschte ferner eine be- sondere Berücksichtigung der kleinen Leute beim Holzverkauf, damit der Bezug nicht nur dur die Hände der Händler gehe.

__ Dber-Landforstmeister Donner: Den ärmeren Leuten wird nah wie vor bereitwilligst Waldstreu gewährt werden ; aber gerade in Schlesien ist es vorgekommen, daß die Annahme der Waldstreu ab- gelehnt wurde. Es muß aber auch in Bezug auf Gras Rücksicht auf das Wild genommen werden. Beim Holzverkauf wird zunächst das lokale Bedürfniß befriedigt, ers der überschießende Theil wird an Händler abgegeben.

Abg. Kircher Ra beflagte sich über die Beeinträchtigung des Weiderehts im Kreise Fulda.

Ober-Landforstmeister Donner sagte eine Prüfung der Be- schwerde zu. :

Auf eine Anfrage des Abg. Szmula (Zentr.) erklärte Ober- Landforstmeister Donner, daß niht nur an der Forst-Akademie Eberswalde Versuche mit dem Anbau von Cedernholzarten gemacht worden seien, fondern au in allen dazu geeigneten Oberförstereien.

Die Einnahmen wurden bewilligt.

Bei den dauernden Ausgaben, und zwar für die

Oberförster, besprach L

Abg. Horn (nl.) wieder die mißlihe Lage der Zivil: Forst- Aseloren gegenüber den aus dem Feldjägerkorps genommenen Asse}ssoren. Die Verwaltung habe zwar s{hon mit Wohlwollen eine Besserung vorgenommen, aber die Feldjäger befinden sich bezüglich der Ag GAeit noch immer in viel günstigerer Lage als die Zivil-Forst-

effsoren. bg. von Detten (Zentr.) beschwerte sih über Zwangseintreibung von Beiträgen für die Besoldung des Oberförsters im Kreise Olpe.

Ober-Landforstmeister Donner sprach die Hoffnung aus, daß die Regierung diesem Uebelstand auf geseßlihem Wege werde abhelfen können. Den Zivil-Forst-Assessoren seien hon verschiedene Kon- zessionen gemaht und ihnen mehr Stellen eröffnet worden, namentlich seien ihnen an neuen Oberförstereien von 35 Stellen 5 Stellen vor- behalten worden. Die Regierung stehe diesen Verhältnissen voll- kommen neutral gegenüber, es komme bierbei aber auh die Militär- verwaltung in Frage.

Abga. Hofmann (nl.) wünschte eine Besserstellung der Ober- förster in Bezug auf Anstellungszeit und Dienstalterszulagen nah den Verhältnissen, wie sie in der Justizverwaltung herrschen.

Geheimer e UNLLN Lehnert bestritt, daß die Juftiz- beamten eine kürzere Wartezeit bis zur etatsmäßigen Anstellung haben. Für alle höheren Beamten herrschen die gleihen Bestimmungen, und eine Verbesserung für alle Beamte scheitert an der Finanzfrage. Es shweben aber {hon Verhandlungen darüber, ob nicht manche ea zu groß seien und si nicht eine Theilung der Bezirke empfehle. i 1 L

Bei den Ausgaben für die Förster befürwortete

Abg. Horn (nl.), daß die Förster den Subalternbeamten glei- gestellt werden. : t

Geheimer Ober-Finanz-Rath Lehnert erwiderte, daß es na hier nit um einen berechtigten Anspruch der Beamten handle; dur diese Nangerhöhung würden andere Beamtenklassen benachtheiligt, und der Anspruch auf NRangerhöhung sei immer der erfte Schritt zu weiteren Ansprüchen auf Gehaltserhöhung. i

Abg. Lamprecht (kons.) schilderte den Entwickelungsgang der Forstbeamten und beklagte es, daß sie 16 bis 20 Jahre bis zur An- itelung warten müssen und ein zu niedriges Gehalt bekommen. Die Nangierung unter den Subalternbeamten erfülle die Förster mit Unmuth.

Bei den Ausgaben für die For st-Hilfsaufseher trat

Abg. Hofmann (nl.) für die Besserstellung dieser Beamten-

klasse ein. s Bei dem Fonds zum Ankauf von Grundstücken zu den

Forsten wünschte i S Abg. Mooren (Zentr.), daß bei Streitigkeiten zwishen dem gerer und servitutsberehtigten Gemeinden in Königlichen aldungen die Rechte der Gemeinde besser vertreten werden; ferner empfahl Redner die möglihste Verstär- kung dieses Fonds. Jährlich würden nur 5500 ha aufge- forstet, bei diesem Tempo würde es bis zum Jahre 2030 dauern, bis die 586 000 ha, welche der ARDLg bedürften, wieder ertrags- fähig seien. Die Bezirksregierungen sollten auch die Gemeinden zu Aufforstungen veranlassen. Schließlich trat Redner für eine Revision des Waldschutzgesetßzes ein.

(Schluß des Blattes.)

Die Kommission des Reichstags zur Vorberathung des Bürgerlichen Geseßbuchs und eines F EUn ge gele es zu demselben besteht aus folgenden Mitgliedern: Spahn, Vor- fißender; Kauffmann StellvertreterdesVorsißenden;Dr. Bachem, Graf vonBernstor ff (Lauenburg), Dir! Stadts- hagen, Dr. von Wolszlegier (Gilgenburg), Schriftführer; Dr. von Bennigsen, Dr. von Buchka, Dr. von Cuny, Dr. Enneccerus, Pr. Förster (Neustettin), A Gröber

Württemberg), Freiherr von Gültlingen, Lerno, Dr. Lieber (MontetnueI n A von Normann, Dr, Schaedler,

Schr öder.

Die Ab d Freieer Heyl zu P Prinz Heinr i ch zu Shônaich-Carolath, Bassermann, Dr. Hasse, Dr. Osann und Graf von Oriola haben im Reichstag folgende úInterpellation eingebracht :

Lm Verfolg des Beschlusses des Reichstages vom 11. Mai 1885 sind dem Reichstag am 29. April 1887 die Ergebnisse der von den Uge angestellten Ermittelungen über die Lohnverhält- nisse der Arbeiterinnen der Wäschefabrikation und der Konfektions- branche, fowie über den Verkauf ode. die Lieferung von Arbeits- material (Nähfaden 2c.) seitens der Arbeitgeber an die Arbeiterinnen und über die Höhe der dabei berechneten Preise zugegangen.

Nachdem sib die Lage dieser Arbeiterinnen seit jener Zeit noch ungünstiger gestaltet hat, rihten die Unterzeihneten die Anfrage an die verbündeten Regierungen, .

welche geseßgeberischen Maßnahmen dieselben zum Schuß für

(Besundheit und Sittlichkeit und gegen Ausbeutung dieser

Arbeiterinnen durch das Trucksystem zu ergreifen beabsichtigen ?

Kunst und Wissenschaft.

Zu der Mittheilung in Nr. 33 d. Bl. über den am 5. d. M. vor der „Deutschen Gesellshaft von Freunden der Photographie“ in der Kriegs-Akademie gehaltenen Vortrag theilt uns Herr Dr. Schultz- E mit, daß es bei den von ihm erwähnten Versuchen mit

öntgen’shen Strahlen, wie er auch {hon selbst in dem Vortrage betont hatte, sch hauptsählih um eigene Versuhe des Herrn Professor Goldstein handelt, bei denen er als wissenshaftliher Photograph mitgewirkt hat. Von Herrn Professor Goldstein rührt der Gedanke her, die Röntgen’schen Strahlen zur Unterscheidung von echtem und falshem Material zu benußen. Ebenso hat Professor Goldstein im Interesse des naturwissenschaftlihen Unterrichts diz Aufnahmen der Schlangen und des Molchs bewirkt, auch die relative Durchlässigkeit der mensch- lihen Knochen für die Strahlen erkannt und daraus das wichtige Ergebniß gezogen, daß man bei den Röntgen'’shen Aufnahmen aub bei sih deckenden Knochen den einen durch den anderen hindur erkennen kann. +4 Eine Künstlervereinigung, die das Schlagwort „Freie Kunst * auf ihr Panier geschrieben hat, führt uns in einer Sonder- ausstelung im Salon von F. Gurlitt ihre Arbeiten vor. Einzelne der Mitglieder dieses Vereins machen von der Freiheit der Kunst freilih s{lechten Gebrauch, indem sie, wie z. B. C. Lang- hammer, Erich Hancke und F. M. Melchers durhaus unzu- länglihe und unausgereifte Arbeiten für Kunstwerke ausgeben. Langhammer, der bei anderer Gelegenheit Proben eines {chäß- baren Farbentalents abgelegt hat, gefällt fich neuerdings in wenig vornehmen, luministishen Erperimenten, die nicht einmal auf befondere Originalität Anspruch erheben können. Auch die Hoffnungen, die Han cke?’s frühere Münchener und Berliner Arbeiten erweckten, erweisen sich als trügerisch angesihts der derben und dabei wirkungslosen Manier des Vortrags, die aus dem Bildniß eiaecr violett gekleideten Dame spriht. Erfreu- liher wirken einige Kreidestudien und ein dunkel gehaltenes Bild einer ihr Kind säugenden Frau. Eine ganz abfonderliche Kunst proklamiert der Holländer Franz M. Melchers: in grellen Farben und kindish unbeholfenen Formen schildert er uns das stille idyllishe Leben, die von bunten Häusern und grünen Hecken ein- gesäumten Straßen und Kanäle einer kleinen weltverlorenen Jnselstadt Hollands, Walcheren. Die innere Sehnsucht unserer Zeit nah Ruhe und Einfalt hat in diesem, wie indische Lackmalereien anmuthenden Land- \chafté\tillleben eine wunderlihe Stilverirrung hervorgebraht. Melchers nennt die Serie von Bildern „Rêves de bonheur“; das reine, un- getrübte Kinverglück so scheint der Maler zu argumentieren läßt sich nur mit Kinderaugen sehen, nur in kindlihen Formen und Farben ausdrüden; daher sucht Melchers sich einen Kinderstil zu bilden. Diese erkünstelte Kindlichkeit vermag uns aber nicht die wahre Naivetät zu erseßen, und man kann vor den Bildern das Gefühl nicht unterdrücken, als handle es sich dabei um eine Dupierung der Beschauer. :

In der weihlihen Manier Carrière’'s gehalten sind die Bilder

des in Paris lebenden Ungarn Rippel-Nonay, unter denen das Figurenbild einer {warz gekfleideten Dame troß des etwas gekün stelten Bewegungsmotivs den erfreulichsten Eindruck maht. Auch Mar Schlichting hat Pariser Boulevardscenen und Veduten neben S und Studienköpfen in feiner imprefsiontstisher Manier ausgestellt. Vor zehn Jahren hätte diese sonnige Lichtmalerei als extravagant und allzu keck gegolten, heute muß man ihr, zumal im Vergleich mit den wunderlichen Arbeiten von Melchers, eine gewisse Solidität der Auffassung und künst- [erishen Durchbildung zusprehen. Hermann Linde?’s Studien aus Indien zeigen breite Mache und kräftigen Farbensinn, aber sein aquarellierter Pferdemarkt in Lübe steht hinter der Wirthshausfcene, mit der der Künstler si{ zuerst im Salon Gurlitt fehr vortheilhaft einführte, etwas zurü; die malerische Haltung des Bildes wird dur die harten, unausgeglihcnen Farbengegensäße beeinträhtigt. Selbständige Er- findung und sichere Beherrshung der Technik sprechen aus den Original- Nadierungen und Lithographien Hermann Hirzel?s, der sich eben- falls der Vereinigung „Freie Kunst" angeschlossen hat. Schließlich dap noch die feinfühligen Sculpturen von Martin Schauff in Marmor, Bronze und Gips erwähnt, die von dem ausgebildeten Formensinn ihres Schöpfers beredtes Zeugniß ablegen.

In dem Wettbewerb für ein Plakat der inter- nationalen Kunstausstellung zu Dresden 1897 find von den Preiérichtern folgende drei Preise vertheilt worden: der erste Preis im Betrage von 600 4 mit der Zuweisung der Ausführung an Albert Klingner in Berlin für den Entwurf „Goldene Flügel“, der zweite Preis im Betrage von 400 ( an ODsmar Schindler in Dresden, der dritte Preis in gleiher Höhe an E. R. Weiß in Karlsruhe. Außerdem wurden noch ehrenvolle Erwähnungen den Entwürfen mit folgenden Kennworten zueckannt: Schild der Athene, Jubiläum, Niederdeutsh, Durch die ganze Welt, Natura artis magistra, Fadckel, 1897, Aluminium, Eile mit Weile, Nr. 1378, Elsawa, Pegasus, Portiuncula, Plakat\säule.

Theater nud Musik,

Theater Unter den Linden. /

Eine sehr interessante Vertreterin des Operettengesanges erschien gestern im Theater Unter den Linden als Gast: Frau Petterson-Norrie, eine Künstlerin, die in ihrer {chwedischen Heimath einen großen Ruf genießt. Sie trat in der Titelrolle der Dffenbach schen Operette „Die \chsöne Helena" auf und gefiel darin nicht allein dur ihre einshmeihelnde, wohlgeshulte, wenn auch niht gerade starke Stimme, sondern auch durch eine Anmuth der Erscheinung und Plastik der Geberde, die beinahe dem fklassishen Vorbild Homer's nahe- kam. Die vornehme Kühle, die sie dabei zeigte, ist weniger aus mangelndem Temperament, als vielmehr aus der noch unvoll- kommenen B-eherrshung der deutschen Sprache zu erklären: ein Fehler, der durch einiges Studium und bei zunehmender Vertrautheit mit den der Künstlerin vorläufig noch fremden Lauten bald {winden dürfte. Unter den übrigen Mitwirkenden zeichneten sih aus Herr Bruch als Paris, Herr Klein als Kalchas und Herr Wellhoff als Menelaus. Auch die Damen Grimm-Einödshofer (Klytemnästra), Kluge (Orestes), Bors (Pylades) und die Herren Matthias (Agamemnon) und Broda N boten annehmbare Leistungen. Das Publikum bereitete dem lustigen Werke wieder eine freundlihe Aufnahme und zeihnete den Gast sowie die Träger der Hauptrollen vielfah durch Beifall aus. Auf die Operette folgte das Ballabile ,Musikalische Scherze*, ein Potpourri von Melodien und Kostümen aus größeren choreo- graphishen Werken, die an dieser Stätte hon früher zur Aufführung gelangten.

Konzerte.

Im Saal Bechstein fand am Donnerstag ein l besuchtes Konzert der jungen \{chwedischen Pianistin Agda Lyféll, einer