1896 / 37 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

i 4 Î T î f j Î Î Ï H H l : : j A Ï E.

ratncn art ——

Namen.

en Geburts- oder Heimathsort.

pak

D s V5

Wa ner, Peter, Wilhelm, Karl,

Bau Berthold, wettels, Ludwig,

VI. Jn Hessen.

| Blum, Heinrich, Brand, Gottlieb, Berchelmann, Wilhelm, Brinkmann, Hugo, Eidmann, Wilhelm, at Eduard, emies, Albert, Greimer, Karl, ardt, Wilhelm, einrihs, Alexander, ardt, Karl Ludwig, ‘ocks, Ernst, Kleiner, Paul, Lang, Karl, Marx, Ludwig, Provence, Leon, Sandmann, Heinrich, Sellheim, Emil, Sittig, Georg, Stamnller, Otto, Schmidt, Heinrich,

2 | Streffing, Iosef,

| Werner, Karl, | Weichel, Theodor, | Weitenauer, Christian August,

Köln.

Mtietingen (Württemberg).

Freiburg i. B.

Creußburg.

Sterbfritz. Gladau. Mainz. Annen. Stockhausen. Lampertheim. Gießen. München. Limburg. Hirzenhain. Usingen. Aldebeck. Oels. Lampertheim. Neustadt. Köln. Dodenau. Billingen. Fürstenwalde. Ortenberg. Reichenborn. Neuß.

Bad- Nauheim. Gießen.

| Kalldorf.

VIRL. Jun Mecklenburg-Schwerin.

Cabell, Johannes, Fürst, Wilhelm, Jacobi, Adolf, Kersting, Paul, Koch, Ludwig, Mensing, Frit, Pogge, Wilhelm, Niechen, Friedrich, | Rußmann, Ulrich, | Russow, Albert,

Schönkampyp. Hamburg. Schneidemühl. Rostock.

Brome.

Treptow a. Rega.

Nostok.

Nostock. | Nostok.

| Schwaan. |

VIIE. Jm Großherzogthum Sachsen und in den sächsischen Herzogthümern. f

| Börner, Arthur,

| Couvreur, Heinrich,

| Deiter, Joseph,

Engelbrecht, Adolf, | Franck, Emil,

| Galleja, Konrad, Heimbs, August,

Hering, Ludwig, Jantfke, Carl,

d

Kayser, Guido,

Meyer, August, Pfeiffer, Melchior,

Natbke, Mar,

Neuter, Emil,

5 ¡ Riebeling, Carl,

V0 N T V i

Schwender, Paul, | Staffel, Marx, Traffehn, Richard,

Wilms, Johann,

Allstedt im Groß- herzogth. Sachsen. Halle a. S. Essen in der Rhein- | provinz.

Beile t d, Kal. preuß. Prov. Schleswig -Holftein. Strasburg i. d. Kgl. preuß. Prov. Brandenburg. | Pleß i. d. Kgl. preuß. Prov. Schlesien. Leese i. d. Kgl. preuß.

Prov. Hannover. |

Cassel. | Elbing in West- preußen. | Kaiserswaldau î. d. Kal. preuß. Prov. | Stlesien. Schwerin. Braunau i. d. Kgl. | preuß. Prov. Schlesien.

Greifenberg i. d. Kgl. preuß. Prov. Powmern.

Ahrenéboeck i. Groß- herzogth. Olden- burg.

Wehlheiden b.Cafsel.

Eisenach.

Weimar.

Sec hausen i. d. Kal. preuß. Prov. Sachfen.

TWestermarsch i. Oft- frieéland.

Ix. Jn Braurschweig.

Bösning, Wilbelm Friedrih Karl,

Grotrian, Ernst Albert Friedrih Ferdinand,| Braunshweig, geb. |

Lahwiß, August Emil Theodor, | Notbohm, Karl Wilhelm Ferdinand,

| Rübling, Carl Otto,

| Goslar a. H., geb. in Einbeck.

| in Schöningen.

{ Altenau.

| Seesen a H., geb, in Vorwohle.

| Goslar a. H., geb. ;

in Osftharingen.

x. Ju Elsaß-Lothringen.

Brum, Georg Ludwig, Dannecker, Eugen, | Hæfflinger, I. Prosper,

Hildebrand, Karl, +

Jacobs, Johann,

Kalb, Georg,

Kahn, Joh. Paul,

Leube, Otto,

Ortlieb, Georg,

D Ernst,

Picard, Paul,

Rodax. Robert Louis Willi Alfred, Noth, Paul Albert Ernft, Scheer, Alfred Eduard Julius, ¡ Schultheiß, Joseph,

| Thron, Heinrich,

| Weill, Lucian,

| Wezel, Jakob,

Lügtelstein.

| Busch.

| Lumschrwoeiler in

Ob.-Elf.

| Hungen b. Gießen.

| Groß-Hemmersdorf.

| Schwindratzheim. Straßburg i. E. Ulm. Straßburg i. E. Berlin.

| Mültausen i. E.

{ Hannover.

| Dunzenhbeim i. E.

| Straßburg i. E.

| Thann,

Straßburg i. E. Thann.

| Münster i. Ob.-Elf.

Die Ban- und Kunstdenkmäler in den Hohenzolleruschen Laudeu. *) 4

II.

Der Renaissancestil, der, wie {on angedeutet, die Sculptur be- reits frühzeitig becinflußt hatte, kommt in der Architektur erst weit später zum Ausdruck, denn die Gothik behauptet noch längere Zeit ihre Herrschaft. Dies zeigt sih z. B. an der 1591 begonnenen, später verzopften Schloßkirhe zu Haigerloh, deren Bauformen vollständig gothisch sind; das Gleiche gilt von der erst 1603 erbauten Spitalkirche zu Hechingen. ODagegen trägt die 1584 erbaute, im Aeußeren ebenso einfawe, wie im Innern aufs reichste dekorierte Klosterkirhe St. Luzen bei Hechingen einen Mp edgteren Renaissance-Charalkter. Die Fenster sind noch pi ogig und das in Holz ausgeführte reie Neßgewölbe folgt ebenfalls noh den mittelalterlihen Traditionen. Nur im Chor ift der Versuch gemacht, auh das Gewölbe durch einen muschelförmigen Abschluß dem neuen Stil anzupassen. Die Langhauswände zeigen in kräftiger Stuckarbeit

albsäulen, zwischen denen Niscben und Figuren angeordnet sind. Die

wishenräume sind mit Flachornament behandelt. Besonders retch mit Neliefs, Cartouchen, Fruchtshnüren 2c. find die Bogen- felder des Gewölbes ausgeschmückt,. Eine Reihe von Auf- nahmen des Innern und der dekorativen Details i dem Buche beigefügt. Das bisher viel zu wenig beachtete Bauwerk, dem ein hervorragender Plaß in der Geschichte der deut- {en Baukunst gebührt, ist von einem Meister mit dem Steinmeß- zeihen H A. geschaffen, der möglicherweise mit dem Hans Amann oder Aid identisch ist, den Klemm in seinem Werke „Württembergische Baumeister“ anfühnt. -Auh der Chor der Johannes- Kapelle im Kloster Stetten zeigt an der Innendekoration die gleihe Behandlung und rührt offenbar von demselben Meister her. Meiste von Renaissancebauten sind ferner der Chor der Kirche zu Frohn- stetten und die Kapelle zu Neufra. An Profanbauten aus dieser Zeit find noch - vorhanden die Schlösser in Glatt, Haigerloh und Hohenfels und die Ruine Dießen. Sehr rei ist die Hinterlassenshaft der Renaissancezeit an Stein- sculpturen. Das früheste Werk diefer Art ist das |{chöne Votiy- Nelief über dem Portal des Schlosses in Sigmaringen: eine Pietà von vertieftem Ausdruck im Gesicht der Shmerzensmutter; zu deren Linken ein kniender Ritter, zur Nehten das Werdenberg’s{che Wappen. Ferner findet man in den Kirchen zu Bingen, Glatt, Laiz, Hettingen, Neufra, Klosterwald 2c. zahlreiche bemerkens8werthe Cpitaphien und Grab- steine. Einer der besten und charakteristishsten darunter ist der Grabstein des Reinhart von Neuneck in der Kirche zu Glatt; er zeigt in mehr wie halb erhabener, guter Arbeit das lebensgroße, äußerst wirksame Bild des Ritters in voller Kriegsrüstung mit martialishem Schnurr- bart. Die linke Faust umfaßt das Schwert, die rehte hält die Lanzen- fahne, deren Schaft, symbolish den Tod ihres tapferen Trägers an- deutend, in der Mitte gebrochen ist. Ein interessantes Steinbildwerk architektonisch: dekorativer Art i} das in derselben Kirche befindliche Sakramentehäuschen. Werke der Holzschnißkunst im Nenaissancestil find weit weniger erhalten. Dafür ist diese Kunstübung jedoch durch ein einzelnes Werk vertreten, welches um so reizvollex und be- deutender ist: ten Hochaltar der Schloßkirche zu Haigerlo. Er trägt die Jahreszahl 1609, aber der Meister ist nicht bekannt; vielleicht war es Hans Kleckler oder Glöller, der auch zwei Altäre für die Kirche St. Luzen gefertigt bat und ncch 1596 in Heiligenberg thätig war. Der Altar baut sich in vier Stockwerken auf; das untere birgt in einer von mähtigen Säulen eingefaßten Nische die leben8großen Gestalten Gott Vaters und Gott Sohnes und den heiligen Geist als Taube. Oberhalb dieser Hauptgruppe sieht man in einer kleineren Nische die Anbetung der Hirten und im dritten Stockwerk Maria, umgeben von Engeln. Gekrönt wird der Altar endlih durch eine Gruppe der Kreuzigung. Jeder Absatz, von unten bis oben, ist mit vielen Heiligen-Figuren belebt. Zu beiden Seiten des zweiten Absatzes sieht man die Wappen des Erbauers der Kirche, des Grafen Christof von Hohenzollern-Hatigerloch und seiner Gemahlin. Weitere Renaissance-Altäre find im Kloster Stetten, in Neufra und Kappel erhalten. Die Kleinkunft diefes Stils ift durch eine {ône Monstranz und ein Kreuzpartikel in Trochtelfingen vertreten, die Glasmalerei durch sechs figürliche Darstellungen in der Kirche zu Dettenfee. :

Eine längere Unterbrehung der Bau- und Kunstthätigkeit führte auch in Hohenzollern der dreißigjährige Krieg herbei. Erst gegen Ende des 17. Iabrhunderts regte sich zunächst in den Klöstern wieder die Baulust, und es entstanden die Klosterkirhen zu Inz'gkofen, Habsthal und Klosterwald. Leßtere ist ein einschisfiger interessanter Barockbau von 1chöner Naumwirkung, der im vorigen Jahrhundert vielerlei Rococozuthaten erhalten hat; auh die reich stuckierte Decke mit Malereiey von dem Sigmaringer Hofmaler von Ow stammt aus dieser Zeit. ]

Die nun foloende Zopfzeit ist zwar besonders fruchtbar an Kirchen- und Kapellenbauten gewesen, do entspriht ihrer Zahl keines- wegs auch der Kunstwerth. Eigentlih verdienen nur zwei Bauten Hervorhbebung: die große Klosterkirche zu Beuron und dtie durch ihre Gesammtanlage und reie Innendekoration bemerkenêwerthe St. Anna- kirhe zu Haigerloh (durch mehrere vortrefflihe Lihtdrucke veranschau- liht). Um die Wende des Jahrhunderts entstand die Stadtkirche zu Hechingen: ein von D’Ixnard erbautes Werk streng klassizistischer Richtung, das wegen feiner groß angelegten Verhältnisse und des Thurmanbaus Beachtung verdient.

In ihrer beutigen Gestalt ein Neubau if die auf den Resten der gemeinsamen Stammburg der Könige von Preußen, also auch des jeßigen deutshen Kaiserhauses, und der Fürsten von Hohenzollern er- richtete Burg Hohenzollern. Sie erhebt sih auf dem etwa eine Stunde \üdlih von Hechingen aus fruhtbarem, s{önem Gelände stolz und steil bis zur Höbe von 860m über dem Meere (280 m über dem Thale) aufragenden „Zoller“, wie der Berg seit uralten Zeiten genannt wird und noch heute im Volksmunde heißt (tol, tul = Bergkeagel ; nah Anderen mons solarius, Sonnenberg, weil dort zur Römerzeit die Sonne ver: hrt wurde). Erst mit dem 14. Jahrhundert tritt die Form „Hohenzoller auf. Daß der Berg ehedem auch St. Michaels- berg geheißen habe, bat viel Wabrscheinlichkeit für sich, da die ältesten Baurcste der Burg in der St. Michaelskapelle noch heute erhalten

| find. Zum ersten Mal genannt wird der Name der Burg von

aF s Ÿ Bertold »on Koprstanz, dem P der Chronik des Hermannus

Contractus im Fahre 1061. Die vorherige Geschichte liegt im Dunkel, auh beinabe dae ganze Mittelalter hindurch wird von der Burg selbst nih1s gemeldet, und erst mit dem Anfang des 15. Jahrhunderts erscheint fie wieder in der Geschichte. Jm Jahre 1422 wurde die Burg unter dem Grafen Friedrich von den vereinigten Neichsstädten im Bunde mit Württemberg belagert, jedo erst am 15. Mai 1423 nah zäber Vertheidigung übergeben, worauf die Reichonädter sie bis auf den G und zerftörten. Im Iahre 1454 wurde der Wiederaufbau be- gonnen und 1461 die neu errihtete Michaelskapelle eingeweiht; der Bau war zwar größer als der frühere, aber bei weitem nicht so wider- standéfähig. So kam es, daß,nahdem dieBurg die mannigfachsten Schicksale und zahlreihe Stürme auszuhalten gehabt hatte, fie bei dem Besuch des Kronprinzen, späteren Königs Friedrih Wilhelm IV., am 16. Juli 1819, eher einem Trümmerhaufen als einer Veste glich. Die nächste Wirkung des hohen Besuchs war die Restauration einiger Theile der- selben. Nach dem Regierungsantritt des Königs ging man dann an den völligen Neubau, den König Wilhélm 1. im Verein mit den Fürsten von Hobenzollern zu Ende führte, Stattlicher als je und wabrhaft moajefstätich ragte die Zollernburg auf, als im Jahre 1867, am 2. Oktober, König Wilhelm 1. mit der Königin Augusta und dem Kronprinzen Friedrih Wilhelm *) Die Bau- und Kunst-Denkmäler in den Hohen- zollern’schen Landen. Im Auftrage des Hobenzollern’schen Landes. Ausscusses bearbeitet von Dr. Karl Theodor Zingeler, Furt Hohenzollern’s{hem Hofrath, und Wilhelm Friedrich aur, Architekt. Mit 22 Lichtdrucken, 168 Abbildungen im Text und einer arhäologishen Uebersichtskarte von Hohenzollern, Stutt- gart, Paul Neff, 1896. -

Ee besuhte und hier am 3. Oktober aus der Hand des Prg i

denten Simson die Adresse des neugeschaffenen Reichstags des Nord. '

deutsden Bundes in Empfang nahm. Beim Neubau der Burg {| nur die mehr erwähnte spätgothishe Kapelle zum hl. Michael von dem früheren Burgbau stehen geblieben und zuglei noch erweitert worden. Außer den {on oben’ beschriebenen uralten Sandstein, Relieftafeln enthält die Kapelle cin in heraldisher Beziehung sehr werthvolles Kunstwerk in einem aus dem Kloster tetlen stammenden Glasgemälde, das zum ersten Mal das zollerische Wappen in bunter Darstellung zeigt. In einem anderen Fenster sieht man die Nachbildung eines Glasgemäldez aus Markterlbah iu Franken mit dem vereinigten zollerishen und gar nürnbergishen Schild und dem goldenen Bracken mit rothem Ohr als Helmzier. Werthvolle hausgeschichtlihe Denkmäler sind ferner die Todtenschilde des Grafen Eitel Friedri (f 1439), unter welchem die Burg zerstört wurde, und ihres Wiedererbauers, deg Grafen Jos Niklaus (f 1488). i

Veber die Schäße der Fürstlihen Sammlung im Schlosse zu Sigmaringen konnte, zumal dieselben größtentheils nicht aug Hohenzollern felbst stammen, in dem Werk nur eine kurz orientierende Uebersicht der hervorragendsten Nummern gegeben werden.

Die reiche Jllustration des Werks durch Lichtdrucktafeln und Text, bilder verdient, wie {on in obiger Inhalts\kizze gelegentlih bemerkt und hier nohmals wiederholt sei, uneingeshränktes Lob; auch die typographische Ausstattung is musterhaft. Auf einer beigegebenen großen „Archäologischen Karte“ find die vorhistorishen, römischen und alamannisch-fränkischen Ueberreste bezw. deren Fundstätten durch yer- schiedenartige Zeichen markiert. Der Druckfsehler auf Seite 140, Beile 13. von oben: König Wilhelm 1V., statt „Friedrih Wilhelm 1Y.* wird bei einer zweiten Auflage leiht zu berichtigen fein.

Entscheidungen des Reich®Lgerichts.

Dem Handlungsgehilfen \teht, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 111. Zivilsenats, vom 3. Dezember 1895, nicht ohne weiteres bei seinem Abgange gegen den Prinzipal ein Rechtsanspruh auf Ertheilung eines Zeugnisses über seine Leistungen und feine Führung zu. „Das Handelsgeseßzbuh beantwortet diese Frage nicht, au nicht indirekt, dur die in Art. 57 über die Natur der Dienste und die Ansprüche der Handlungsgehilfen auf Gehalt und Unterhalt getroffene Bestimmung. Ein die Frage bejahendes allge- meines deutshes Handelögewohnheitösrcht oder eine allgemeine deutshe Handelssitte dieses Inhalls i|st niht nachweisbar, und aus dem allgemeinen bürgerlichen Recht; hier dem gemeinen Recht, ist die Bejahung ebenfalls nicht zu entnehmen. Es handelt fich inso- weit nicht urn die Bezeugung einfacher Thatsachen, sondern dem Wesen nach um ein Urtheil. Nun verpflichtet der Dienstmiethevertrag als solcher den conductor durhaus nit, fich dem locator gegenüber [hriftlich über die Beschaffenheit der geleisteten Dienste und die Füh- rung des locator während der Dienstleistung auszusprechen, und es fehlt an einem zureihenden Grunde, gerade für das Dienstverhältniß zwishen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, eine folhe Verpflichtung des Prinzipals anzunehmen. Das that- fählihe Interesse, das der Handlung8gehilfe an einem Zeugniß über feine Leistungen und seine Führung hat, reiht um fo roeniger aus, eine Verpflihtung des Prinzipals zur Ertheilung eines folchen Attestes zu begründen, als der Prinzipal fich durch Ausstellung eines derartigen Zeugnisses Nachtheile zuziehen, insbesondere in die Lage fommen fann, sein Attest im NRechtswege vertreten zu müssen. Daß 8 113 der Gewerbeordnung auch nicht analog zur Anwendung kommen kann, hat das Berufungs8gericht mit Recht ausgeführt. . . . Hiernaw hätte der Kläger, wenn ihm daran lag, bei seinem Abgang ein Zeugniß über Leistungen und Führung zu erhalten, im Dienstvertrag #ch eir folhes Zeugniß zusichern lassen müssen." (237/95.)

In Paten tstreitsahen kann, nah einem Beschluß de Reichsgerichts, 1. Zivilsenats, vom 21. Dezember 1895, wenn det Antragstelier im Auslande wohnt, der Gegner nur während dert ersten Instanz bei dem Patentamt, nihi aber mehr während der Berufungsinstanz bei dem Neich8gericht die im § 28 Abs. d des Patentgesetzes verordnete Sicherheitsbestellung verlangen, „Die Verpflichtung eines im Auélande wohnenden Nichtigkeitsklägers im Patentstreitverfahren zur Bestellung einer Prozeßkostenkaution für den Gegner ift niht nach der Zivilprozeßordnung zu beurtheilen, sondern nach dem Patentgeseßy, dessen 28 Abs. 5 diese Verpflihtung selbständig regelt. Nach dieser Vorschrift hat das Patentamt auf Verlangen des Gegners die Höbe der Sicherheit festzuseßen und zu deren Leistung eine Frist zu bestimmen, nah deren fruchtlosem Ablauf der Klageantrag für zurückgenommen gilt. Daß während der Berufungsinstanz bei det Neichsgericht eine solche Sicherheitsbestellung beantragt werden könn, ist weder in dem Patentgesez, noch în der das Berufungsverfahret bei dem Reichsgericht betreffenden Verordnung vom 6. Dezember 18)! ausgesprochen und widerspriht dem Zusammenhang, in welchem Borschrift des § 28 Abs. 5 des Patentgeseyes innerhalb dieses Gesel steht.“ (351/95.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungs8gerichts.

Ist ein Mitglied einer Hausvätersozietät zu den Schulunter- haltungskosten irrthümlih für das Rehnungéjahr nah einem zu niedrigen Say zu den Hausväterbeiträgen herangezogen worden, so ift, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerihts, I. Senats, vom 6. Dezember 1895, eine Nachforderung des später ermittelten Mehrbetrags unzulässig. Jst troßdem eine Nachforde- rung erfolgt und hat Zensit den Mehrbetrag einstweilen gezahlt, 10 fann Zensit nicht neben der Erstaitung der einst weilen gezahlten Summe Zinsen für die Zeit von der einst. weiligen Zahlung bis zur rechtskräftigen, ihm günstigen Entscheidung beanspruhen. „Den Hauspäterbeiträgen im Geltungsbereiche des Allg. L.-N. wohnt die rechtliche Eigenschaft rein persönlicher Abgaben bei, die zur Vorausseßung haben, daß der Zensit m Schulbezirke seinen Wohnsitß hat (§§ 29 flg. 11 12 A. L.-R.). An diesem Charakter der Hauéväterbeiträge wird dadur nichts geändert wenn gemäß § 31 a. a. O. als Vertheilungsmaßstab außer der Ein- fommensteuer die Grund- und Gebäudesteuer in Anwendung gebra! wird, Wegen ihrer rein persönlihen Natur unterscheiden ih die Hausväterbeiträge wesentlich von den Kreisabgaben. Die Zuläisigkeit der Nachforderung im vorliegenden Fall 1 dana gemäß 14 des Geseßes vom 18. Juni E betreffend die Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben, nicht na 8 5, sondern nah § 6 dieses Gesezes zu beurtheilen. Eine Nach forderung persönliher Steuern aber ist nah § 6 nur bei gänzlicher Uebergehung statthaft, nicht im Fall eines zu geringen Ansayes.

Kläger ist nicht übergangen, sondern ursprünglih nur na einem #-

niedrigen Ansaye herangezogen worden. Ob der Grund dazu 18 einem Irrthum des veranlagenden Organs beruhte oder nit, än J in der Sache selbst nichts. Der Versuch des Revision®! flägers, aus § 80 Eink. -St. - Ges. v. 24. Juni 1891 p Gegentheil nachzuweisen, war com Stattzuge e war der Revision nur wegen des Zinsenanspruchs. Wenn Gesetz dem beklagten Schulvorstande die Befugniß beilegt, Hor 0 Zahlung zu verlangen, und andererseits dem Kläger zur Pflicht wes 1 diese Zahlung bis zur autgemachten Sache zu leisten, so. würde n Kläger selbs eine Säumniß haben zu Schulden kommen lassen, e er mcht gezahlt hätte; damit is auf Seiten des Beklagten u Sten in E: stattung der einstweilen gezahlten Summe bis #

rehtékräftigen Entscheidung unvereinbar.“ (1. 1529.)

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 37.

Berlin, Dienstag, den 11. Februar

Deutsches Neich. Uebers iht

1896.

der in den deutshen Münzstätten bis Ende Januar 1896 vorgenommenen Ausprägungen von Reihsmünzen.

Goldmünzen

Silbermünzen

Nidckelmünzen Kupfermünzen

1) Im Monat Januar 1896 sind geprägt worden in:

Doppel- kronen Kronen M. O M,

Kronen

Privat-

Halbe ion, uf Fünf- | Zwei- | Ein- Fünfzig- rechnung

Zwan ig-

marfkstücke | markstüdcke | markstüde pfennigstücke

M M M

pfennigstüde

w i s - v 2

j San Zwei- Ein- pfennigstüde | pfennigstüde | pfennigftüde | pfennigstüde

A [4 |S H M

e Berlin

5 16 472 160 München

16472160

Muldner Hütte ; Va Stuttaart. « ive

140600] —— 147 650 E 400 000}

S 6 204

Summe 1. 16 472 160 s es

9) Vorher waren geprägt *)| 2 436 924 880/537 692 280/27 969 92511679534580]91 674 265|112 336 910[184 992 554] 71 486 552

16472160

140 600} 547 650 —— 35 717 922/80

9 005 860/80] 31 261 081/80] 16 345 970

SII I 18S P.

—— A = = 201 6 213 207 44] 6 788 473

4) Hiervon sind wieder eingezogen b) Bleiben

3) Gesammt-Ausprägung| 2 453 397 040/537 692 d 969 925/1696006740191 814 8651112 884 5601184 999 554| 71 186 559

1511 980] 2 672 870 12 060) 2451 885 060535 019 410127 957 865

3014 862 335 A

35 717 923/30|

10715 12 194 12 999 4912 13 005 063/40

5 005 860/80} 31 261 081/80f 16 345 970|—

6213 2074| 6 794677 47/40 1 955/90 620/40] 63/24 55

91 804 150/112 872 366[184 979 555] 71 4181 640

22 712 859/40| 5 005 81310] 31 259 126/60] T6 3 349/60] 6 213 114/201 6 794 622

Do D Els ZIE

483 850 570,40 A

*) Vergl. den „Reichs-Anzeiger“ vom 10. Januar 1896 Nr. 8.

Berlin, den 10. Februar 1896.

Hauptbuchhalterei des Reihs-Schagamts. Biester.

52 610 289,60 4 13 007 766,48 A

Deutscher Reichstag. 36. Sißung vom 10. Februar, 1 Uhr.

Tagesordnung: Erste Pera ung des Geseßentwurfs, be- treffend die Abänderung der Gewerbeordnung (be- treffend die Konzessionspflicht für Jrrenanstalten, Schauspiel- unternehmungen, ahr Kleinhandel mit Spiritus und Brannt- wein, ferner die Vorschriften über den Hausierhandel).

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet. Nach dem Abg. Metzner nahm

das Wort der Abg. Dr. Schneider (fr. Volksp.): Es handelt sich bei dieser Vorlage angeblih darum, die wirthschaftlichen Auswüchse des Detail- konsums und des Hausierhandels zu beseitigen. Das Ergebniß ift aber \{ließlich das, daß die polizeilihe Machtvollkommenheit ver- mehrt wird, Handel und Wandel weiter beschränkt wird und man froh sein muß, wenn die Verwaltungsbehörde noch einigermaßen Ausnahmen und Bewegungsfreiheit gestattet. Bei allen solchen Än- trägen und Vorlagen ist \tets verdächtig, daß es Konkurrenten sind, welhe den Kampf führen und |chüren, daß es solche Konkurrenten sind, welche den Vortheil von den vorges{chlagenen Maßnahmen haben würden, Deshalb stehen wir auch dieser Vorlage skeptisch gegenüber. Einige Bestimmungen derselben werden auch wir acceptieren, die meisten Vorschäge aber erscheinen uns, soweit sie cine Beschränkung des lefigen Gewerbebetriebs wollen, niht gerechtfertigt. Wir freuen ms allerdings, daß die Vorlage weder alle Wünsche des Zentrums, oh die Vorschläge der bayerishen Regierung berücksichtigt; aber dennoch geht das polizeilihe und Verwaltungsermessen, welches die Vorlage auf zahlreihen Gebieten der Gewerbeordnung in Anspruch nimmt, noch viel zu weit. Mit dem Verbot des Hausierens \{culpflihtiger Kinder, mit der Anwendung des Arbeitershußgeseßes auf die Konsum- vereine sind wir einverstanden. Statistishe Erhebungen über die jegzige Ausdehnung des -Hausierhandels würden ergeben, daß ganz von selbst, ohne Einschreiten der Geseßgebung, der Hausierhandel ge- wisse Grenzen innehält, daß eine Zunahme des Hausierhandels über die Zunahme der Bevölkerung hinaus nicht stattgefunden hat. Daß die Vermehrung des Detailreisens eine unerwünschte Ver- mehrung des Hausierbetriebs darstellt, kann ih nicht zugeben. In einzelnen Staaten hat die Zahl der Hausierer abgenommen, die Zahl der Legitimationskarten hat zugenommen, so in Bayern und Daden; in Sachsen ist die Zahl der Hausierer konstant geblieben, die der Legitimationskarten hat zugenommen; in anderen Staaten ist die Zahl der Hausierer stark gesunken, die der Legitimationskarten nit entfernt in demselben Maße gestiegen. Seit 1889 is in Braunschweig sowobl die Zahl der Hausierer als der Legitimationskarten im Ab- nebmen begriffen. Die Zunahme der Legitimationskarten für Hand- lungéreisende muß also auf andere Ursachen zurückzuführen sein, die nur durch eine sehr genaue Enquête ermittelt werden könnten. Auch die Handeléwelt verwahrt sih gegen jede Schlußfolgerung, so die eltesten der Kaufmannschaft in Berlin. Sehr energish ist die Opposition derjenigen Kreise, für welhe das Detailreisen eine Tebensfrage ist, so diejenigen der Bielefelder Leinenindustrie. Troß des vorjährigen Kommissionsbeshlusses is in der Vorlage nihts davon enthalten, daß hier ein berücksihtigenswerthes Interesse vorliegt. Die Bielefelder Leinenindustriellen find übrigens nicht der Ansicht, daß ihr Geschäftsbetrieb lediglih von der Gnade des Bundes- raths abhängig sein soll. Jn Cleicber Lage befindet \sih die Näh- maschinen- und Fahrradindustrie. Für alle diese wäre Artikel 8 der orlage, wonah das Aufsuchen von Bestellungen auf Waaren nur bei Kaufleuten oder solhen Personen geschehen darf, in deren Ge- werbebetrieb Waaren der angebotenen Art Verwendung finden, mit flnem absoluten Verbot des Betriebes gleihtedeutend. Die Be- gründung weist auf die Belästigung der Bevölkerung durch solche soerotetungen hin; aber die Abwehr einer wirklihen Belästigung ollte das Geseg doch in der That dem Publikum selbst über- assen: minima non curat praetor! Die Geschäftswelt wird nah nserer Ansicht durch eine folhe Bestimmung geschädigt, und pedhalb stimmen wir gegen sie. Die Hausierer sind mit Steuern keines- gs weniger ergiebig bedaht als der seßhafte Gewerbebetrieb; um Bepeeniger gerecht er]cheinen die weiteren Beschränkungen, denen dieser y etrieb unterworfen werden soll. Man will z. B. gewisse Sämereien, iee Sträuche u. |. w., desgleihen Futtermittel dem Hausier- rieb entziehen. Dagegen sind die Bewohner des Eichsfeldes und au württembergische Gemeinden bei uns vorstellig geworden. Auch Feen die beabsichtigte Unterfagung des Hausiervertriebs von Shmuck- U e Bijouterien u. \. w. haben die Hausierer des Eichsfeldes ü uns Einspruch erhoben, wie sie au die Heraufseßzung der Alters- die E für die Berechtigung zum Hausiergewerbe auf das 25. Jahr 018 eine ganz unbegründete Beschränkung empfinden. Sehr gefährlich N auh die vorgeschlagene Ermächtigung der Bebörden zur ersagung des Hausierscheins für den Fall, daß der Hausierer d , gewisser strafbarer Handlungen zu einer Freibeitstrafe bie euindéstens einer Woche verurtheilt ist und seit der Verbüßung ß rafe nicht fünf Jahre verflossen sind. Bedauerlih if ferner, Gai bisherige Befugniß der Kommunen, durch einen besonderen an t ag ebeshluß die Zulassung Einbeimischer zum Hausiergewerbe „eine Eclaubniß zu knüpfen, deshalb in Wegfall kommen soll, weil edenen eiden von dieser Befugniß keinen Gebrau gemacht baben. en shwerster Art haben wir auch dagegen, daß die Ertheilung

der Konzession an den Schauspielunternehmer in der Hauptsache von seinem gefüllten Geldbeutel abhängig gemacht wird. Die Angriffe des Herrn Me ner auf die Konsumvereine muß ich durchaus zurück- weisen; die Auswüchse des Branntweinkonsums sind niht auf das Konto der Genossenschaftsidee zu seßen. Der Vorschlag, den Handel mit Droguen und chemishen Präparaten, weldhe zu Heilzwecken dienen, unter den Vorausseßungen des § 35 der Gewerbeordnung zu ver- bieten, wird dur diese Fassung nur noch kfomplizierter. Alle diese Bedenken rehtfertigen meinen Antrag, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen.

Abg. von Holleufer (d. kons.): Wenn wir die Vorlage einer Kommission überweisen, veranlafsen wir nur überflüssige Arbeit und ftellen die Verabschiedung des Entwurfs in dieser Session in Frage. Das wollen wir nicht, deshalb stehen wir von einer nochmaligen Kommissionsberathung ab und wünschen, daß möglich#t bald die zweite E im Plenum erfolgt. Herr Nichter hat doh neuerdings Klage darüber erhoben, daß der Schwerpunkt der Neichétagsverhandlungen zu sehr in die Kommission verlegt werde. Seine Parteifreunde sollten bei dieser Gelegenheit auch die Kon- sequenz dieser Anschauung ziehen. In der Sache selbst kann ich die neue Fassung, welche die Bestimmung gegen die Droguisten erhalten hat, für eine glüdcklihe auch niht erachten. Die Bedürfnißfrage zur Grundlage des Hausiergewerbes zu machen, wie es ein Theil der Interessenten verlangt, dazu können wir uns niht verstehen; wunderbar, daß gerade aus den Kreisen des Zentrums eine folhe Anregung zur Vermehrung der Machtfülle des Beamten- thums gegeben wird. Die wirthscchaftliche Kräftigung des Mittel- standes, die wirksamste Maßregel zur Bekämpfung der Sozialdemokratie, und alle dahin gehenden Maßnahmen, welhe die Negierungen in der Vorlage bringen, werden wir freudig unterstützen.

Abg. Dr. Hasse (nl.): Wir unsererseits halten doch Kommissions- berathung für nöthig. Das Verbot des Detailreisens trifft den Buchhandel in s{chwerster Weise. Die Bestrebungen, die im vorigen Jahre in der Kommission dahin gingen, irgendwie im Gesetze selbst zum Ausdruck zu bringen, daß der Buchhandel und vielleiht auch der Weinhandel von dem Verbot auéëgenommen werden sfoll, haben in der diesmaligen Vorlage keinen Ausdruck gefunden; nur ganz allge- mein will fie dem Bundesrath die Befugniß geben, Ausnahmen zuzulassen. Jn dieser Beziehung müßte in der Kommission wiederum versucht werden, eine bessere Formulierung und eine größere Garantie egen die Belästigung des deutshen Buchhandels zu finden. Die Fonftigen Beschränkungen des Hausierhandels, wie sie die Novelle vor- schreibt, glauben wir billigen zu fönuen. Im einzelnen werden wir uns lediglih durch die Nücksiht auf das Gemeinwohl bei unseren Abstimmungen leiten laffen.

Abg. Reißhaus (Soz.): Die diesjährige Vorlage ist keine Verbesserung der vorjährigen, sondern in vielfaher Beziehung eine Verschlechterung; sie folgt viel zu sehr den Spuren des Zentrums. Einzelne Bestimmungen find ja auch für uns annehmbar, aber leider nur sehr wenige. Unser Verlangen, auch die Schauspieler unter die Gewerbeordnung zu stellen, wurde im Vorjahre in der Kommission als berechtigt anerkannt und unsere entsprehenden Anträge au den verbündeten Regierungen zur Berücksichtigung überwiesen. Wie sehr wir mit denselben das Richtige getroffen hatten, bewiesen die Zu- stimmungserklärungen, die wir aus den Kreisen der Schauspieler und Scauspielerinnen, nicht nur der untergeordneten, sondern auch aller großen Bühnen Deutschlands, mit einziger Ausnahme der beiden Berliner Hofbühnen, erhielten. Wie es mit dem Neht der Schauspieler und Scauspielerinnen heute teht, ist ja durch jene Verhandlungen allgemein bekannt geworden. Was sih der Theaterdirektor heutiyen Schlages noch ungestraft gegen seine Schauspieler erlauben kann, ergiebt \sich recht drastisch) aus einer Theater. Hausordnung, die es wohl verdient, an den Schand- pfahl der Oeffentlichkeit genagelt zu werden. Nach § 4 dieser Theater-Hausordnung werden leichtere Uebertretungen entweder mit einer Nüge oder mit einer dafür festzuseßenden Geldstrafe geahndet. Derartige wiederholte Uebertretungen gelten als Widerseßlichkeit, als Vertragsverleßung, Vertragsbruch und werden mit Geldstrafe bis zur Höhe der Monatsgage, event. mit sfofortiger Entlassung ohne Anspruch auf die volle Gage, das Spielhonorar und Benefiz bestraft. In § 10 wird gesagt: Wer symbolisch oder gar thätlih beleidigt, kann sofort entlassen werden, sofern der Direktor es nicht bei einer Geldstrafe bis zur Höhe einer Monatsgage bewenden läßt. Jn dieser Theater-Hausordnung wird in 13 Fällen die Entlassung angedroht, in aht Fällen der Verlust der Monatsgage, in 62 Fällen Geldstrafe von 157 bis 859 46 Dieses Muster einer modernen Sklaven- ordnung besteht niht etwa in einem obscuren kleinen Theater, sondern an einer preußischen Hofbühne, nämli in Wiesbaden, und der Direktor ist ein Königlich preußischer Kommissions-Rath, Herr Willy Hasemann. Wie man die Schauspielerinnen durch Ausnußung der RKontrakts- bestimmungen zu außergewöhnlihen Leistungen heranzuziehen sucht und weiß, will ih hier nur andeuten. Für die Behandlung der Schauspielerinnen ist folgender Fall bezeihnend. Ein Theaterdirektor will eine {hon engagierte Dame los fein, um eine andere Dame nach Amsterdam mitzunehmen. Er sagt zu seinem Regifseur: Chi- kanieren Sie do das Frauenzimmer ein Biëchen. Dieser lehnt es ab, und nun tbut es der Direktor selbs in der infamsten Weise, bis die Dame widerspriht, worauf der Direktor aufspringt mit den Worten : Sie haben widersprochen, Sie find entlassen, verlassen Sie die Probe! Er zieht ibr von den 165 #4 Monatsgage 140 4 für

Strafen ab und läßt sie in Halle a. S. sißen. Da sie kein Geld hat, schreibt mir ihr Kollege, so kann fe den Direktor nicht verklagen ; und was weiter aus ihr geworden ist ? Troß unserer Anträge, troy der Zustimmungen aus den gesammten Schauspielerkreisen ift diese bren- nende Frage in der Vorlage niht mit einem Wort berücksihtigt. Den Schauspielern und Scbauspièletinnen wird durch den vom Direktor verlangten Nachweis der finanziellen Mittel niht im geringsten ge- holfen. Herr Meßner hat mit großer Begeisterung gegen den Schnapskonsum gesprohen. Weshalb wird denn die Aesthetik nit verleßt, wenn der Schnaps gebrannt wird, wenn er von Gast- und Schankwirthen ausgeshänkt wird ? Sie wollen eben niht den Schnaps- konfum als solchen beshränfen; nein, Sie wollen den Gast- und Schankwirthen eine unbequeme Konkurrenz vom Halse hafen. In anz Deutschland giebt es ja höchstens einige Hundert solher Schnaps- onsumvereine; warum denn nun 1500 andere Konsumvereine unter dieselbe Ausnahmebestimmung stellen? Das beste Mittel gegen die Schnapspest ist, das Volk auf ein höheres wirthschaftliches Niveau zu heben. Und niht bloß dem Schnapêsteufel , sondern auch dem Bierteufel will man zu Leibe, auch der Flaschenbierhandel foll getroffen werden. Dieser hat si zu der heutigen Höhe entwidelt, weil das Bier immer mehr zum Lebensbedürfniß geworden ift und seinerseits den Schnaps verdrängt hat. Was die Droguen betrifft, fo fônnen wir au nit einsehen, warum die {on so bevorzugten Apotheken noch weitere Vorrechte erhalten sollen. Gründe für die Beschränkung des Droguenhandels liegen nicht vor; man will bloß den wirthshaftlih starken Apotheker noch weiter stärken aegen die Shwahen ! Daß die Beschränkung des Detailreisens zu weit geht, erkennt sogar eine Petition des Verbandes deutswer Schneiderinnungen, also die Blüthe der Zunftschwärmer, ausdrücklich an. Detailreisen lassen nicht die Großen, die Riesengeshäfte betreiben, die Hunderttausende jährlich für Inserate, Neklamen, Kataloge und Proben ausgeben fönnen; gerade die kleineren und mittleren Geshäitsleute sind es, die das Detailreisen niht entbehren können. Die Bestimmung des Artikels 8 wäre also ein fehr zweishnei iges Schwert ; sie is für uns unannehm- bar. Die großen Ge!häftshäuser würden dur dieje Vorschrift ledig- lich eine Konkurrenz los werden. Die gegen die Kolportage- literatur gerihteten beshränkenden Bestimmungen der Vorlage werden ihren Zweck, die Schundliteratur zu vernihten oder einzudämmen, gänzlih verfehlen und sih lediglich als eine Waffe in den Händen der Polizei gegen die Verbreitung der wissenschaft- lichen Literatur erweijen. Daß die Polizei schon heute die Gewerbe- ordnung dahin auslegt, daß fie z. B. das „Buch der Erfindungen“ verbietet, aber .NRinaldo Rinaldini", „Krauts, der Scharfrichter von Berlin“, „Schinderhannes“, „Die Bettelgräfin“ u. st. w. gestattet, sei hier nur nebenbei angeführt. Ungeheuerlich ift die Bestimmung, daß der Hausierer 25 ibe alt fein muß, wenn er das Gewerbe betreiben will. Aljo die jungen Leute sollen zu Hause bleiben, hinter dem Ofen hoden, die älteren aber sollen sich auf der Land- straße herumtreiben! Mit 19 Jahren darf der junge Mann Soldat sein, die Blutsteuer bezahlen; mit 19 Jahren kann Jemand Offizier und Spiße der Gesellschaft sein, aber ein Hausiergewerbe darf er nicht betreiben, dazu fehlt ihm die Fähigkeit nah Ansicht der Ver. fasser des Entwurfs. Wir find sonah gegen die Vorlage, haben aber gegen Kommissionsberathung nihts einzuwenden.

_ Abg. Dr. Bürklin (nl.): Es find auh heute die deutschen Bühnenverhältnisse besprochen worden. Die Anträge, welche die Sozialdemokraten im vorigen Jahre eingebracht hatten, Ins als folhe nicht von der Kommission angenommen worden, vielmehr bloß ihrer Tendenz nach gebilligt und der Regierung zur Kenntnißnahme über- wiesen worden. Die wohlwollende Tendenz berührt auch mich in hohem Grade angenehm. Einzelne Bestimmungen sind gerade vom Standpunkt der Bühnenmitglieder selbstmörderi]ch. Nach § 2 foll der Direktor das Necht haben, gegen Auszahlung einer Monatégage das Mitglied jeder Zeit zu entlassen, dasselbe soll jedem Bühnen- mitgliede zustehen. Solche Beftimmungen würden direkt zur Bühnen- anarchie fübren. Diese Verhältnisse sind so delikat und intrikat, daß auch sie die E:nsezung einer Kommission wünschenswerth machen. In den Ausführungen des Äbg. Reißhaus und im E des Abg. Schmidt: Berlin ist Wahres und Fal\ches gemischt. ewiß, in den Bühnenverhältnissen ist vieles zu bessern; aber ideale Zustände trifft man eben in dieser Welt nirgends an. Die Beschwerden über die Kündigung entspringen der Anschauung, daß sih das allgemeine Arbeit- geber- und Arbeitnehmerverhältniß ohne weiteres auf die Bühnenver- hältnifse übertragen ließe. Das geschieht sehr zu Unre(t: nicht dem Direktor, sondern dem Publikum muß das engagierte Mitglied gcfallen- dieser dritte Faktor ist souverän und unberechenbar, er fann gar rit übersehen werden. Deshalb die Kündigungsklausel und die Etritelung von Reserve. Selbstverständlih ift es großer Unfug, wenn eän halbes Dugzend Reservisten angestellt werden, von denen einer behalten werden soll; aber man darf ole Bor f niht generalisieren. Es follidieren bier zwei Arten von Zrütezeßien, welche niht ganz glei betrahtet werden dürfen. Das seher dür Mit- glieder vielfah auch ein, verlangen dann abrr au fir S das Kündigungéreht. Dieses ift ein gleihes vom Termir des Ablaufs der Probezeit ab, wenigstens nach der von dem Allgemeinen Deutschen Bühnenvercin aufgefteüten Regel. Namertli& bri drn kleineren Theatern würde dieses Recht für den Direktor rine Ouelle dauernder Schwierigkeiten, selbst des S@heiterns feines Unternehmens sein. Die einseitige Kündigungéklausel verträitè daber anch das Interesse der auspieler. Es ift au teinEwegs ungeheuer, wenn ciner

Tf M ard, B