1896 / 40 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Jn der heutigen (19.) Sigung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz-Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Staatshaus- halts-Etats für 1896 97 fortgeseßt.

Den Etat des Kriegs8-Ministeriums bewilligte das Haus ohne Debatte.

Beim Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten bemerkte

Abg. von Eynern (nl.): Als einen Beitrag zur Paritätsfrage möchte ih mittheilen, daß von den höchsten Beamten des Auswärtigen Amts, den 8 Botschaftern, 4 katholis sind. Preußen unterhält noch eine Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl. Diese wurde 1882 durch Beschluß dieses Hauses eingeseßt. Damals versprach \sich der Reichs- kanzler Fürst Bismarck von dieser Gesandtschaft, daß durch die direkten Beziehungen der preußischen Negierung zu der Kurie manhe Mißverständnisse und Schwierigkeiten sich leichter würden beseitigen lassen und daß die ganze Einrihtung den Frieden fördern würde. Wenn das Zentrum uns nöthigt, zu fragen, ob diefe Einrichtung wirklih zum Frieden gedient hat, und wenn diese Frage vom Auswärtigen Amt verneint wird, so würden wir beantragen müssen, daß diese shwere Last, die dem preußishen Volk auferlegt ift, beseitigt wird. S

Ès folgte der Etat der direkten Steuern.

Die Einnahme aus der Einkommensteuer is auf 122 000 000 /& 600000 /6 mehr als im Vorjahre veranschlagt.

Abs. Krause (nl.) protestierte gegen die Heranziehung der Aktiengesellshaften zur Einkommensteuer. Die Aktiengesellschaften seien überhaupt in leßter Zeit zu scharf mit Lasten belegt worden, z. B. auh beim Notariatsgeseß, Stempelsteuergeseß 2c. Die Einkommensteuer sei eine B baaticuer, und nur die Person sei für die Leistungsfähigkeit maßgebend, nah welcher die Steuer bemessen werden solle. Diese Doppelbesteuerung der Aktiengesellshaften müsse beseitigt werden. Medner beschwerte sich dann über die Heranziehung einer autwärtigen Aktien- esellschaft zur Einkommensteuer, ohne dieselbe zu nennen. Es fei niht das Einkommen des inländishen Zweiggeshäftes be- \teuert worden, sondern einfa ein Zehntel des Gesammteinkommens der Gesellschaft als auf Preußen entfallend angenommen worden. Die Begründung des Ober-Berwaltungsgerichts in diefer Sache entziehe den Steuerpflichtigen den sicheren Rechtsboden. Redner bemängelte auch das Verhalten des Vorsitzenden der Berufungsinstanz in dieser Sace. Solche Dinge verschaffen dem neuen Einkommensteuergeseß nicht Freunde, sondern Gegner. Jn dem genannten Falle handle es sih um eine Differenz des Steuerbetrags von 35 800 46 Ein Zensit, der auf Heller und Pfennig sein Einkommen richtig dekloriert zu haben si bewußt war, wurde zur \trafrehtlihen Untersuchung gezogen, weil auf ihn als Testamentsvollstrecker eine Hypothek von 102000 M ein- getragen war, die ihn persönlich garnihts anging. Hier liege ein pes des Amtsgerichts vor. Der Vorsitzende der Veranlagungs- ommission habe dieses Strafverfahren eingeleitet, er sei aber dazu überhaupt nit berehtigt. Alle solhe Beshwerden müsse der Finanz- Minister aus der Welt schaffen.

Finanz-Minister Dr. Miquel: Ueber irgend eine beliebige Be- \{werde, die aus der ganzen großen Masse der Veranlagungen heraus- gelesen wird, kann ih mich unmögli ohne weiteres ganz bestimmt äußern. In dem ersteren Fall is die Frage: ob die Verufungs- fommission sich auch für die folgenden Jahre an die im Vorjahr ergangene Entscheidung des Ober - Verwaltungs- gerihts halte, von der Berufungskommission selbst zu entscheiden. Das ganze Veranlagungsoversahren wird von einer geseßlich eingeseßten Kommission verwaltet , auf deren einzelne Ent- scheidungen der Finanz-Minister gar nicht einwirken kann. Wenn die Berufungskommission meinte, daß das Ober-Verwaltungsgericht sich

eirrt habe, so war sie geseßliGß berechtigt, von der einmaligen und für ein Jahr gefällten Entscheidung abzugehen. In dem zweiten Fall wäre eine Beschwerde besser direkt an mich gerihtet worden; ih werde den Fall untersuchen und dem Beamten eventuell noch nachträglih eine Rektifikation zu theil werden lassen, wie ih in hundert derartigen mr aat wenn sie dur die Presse mir bekannt wurden, sofort einschreite. :

Abg. Graf von Kanit (kons.): Ob es nah der Isteinnahme des laufenden Jahres A, war, diesmal 500 000 4A mehr ein- zustellen, lasse ih dahingestellt. Das gesammte besteuerte Einkommen beträgt 5937 Millionen Mark, davon entfallen auf die Städte 4060 Millionen oder 684%, auf das platte Land 1827 Millionen oder 31,4%/0; bei der Ergänzungssteuer versteuern die Städte 90209 Millionen oder 61%, das Land 11 873 oder 38,109/0. Im Durchschnitt zahlt der Städter von feinem Einkommen 0,47 9/0, der Bewohner des Landes 0,63 %/. Die Ergäazungssteuer ist auf dem A Lande schärfer veranlagt als in den Städten; man legt der Berechnung des Grundbesißes eben nicht den gemeinen Werth zu Grunde, sondern einen angev ommenen Ver- faufswerth, ohne Rücksiht auf den wirklihen Reinertrag. Der Grundbesiß ist damit benachtheiligt gegen das mobile Kapital. Die Einkommensteuer is seit vier Jahren von 124 800 000 auf 123433000 A im Jahre 1895/96 gefallen. Die Ein- kfommensteuer is \ymptomatish für den Wohlstand der verschiedenen Landestheile. Der Städter zahlt durchs{hnittlich 6,94 4, der ländliche Bewohner nur 1.64 M, letzterer ist also nur etwa ein Viertel so wohl- habend als der Städter. Noch viel niedriger sind die Durhschnitts- säße in den östlihen Provinzen, nämlich 70—87 H in den Be- zirken Marienwerder, Posen, Bromberg, Köslin, Gumbinnen. Die Schuldenzinsen sind ebenfalls auf dem Lande weit mehr gestiegen als in den Städten, damit geht Hand in Hand die Zunahme der Subhastationen. Die Verarmung schreitet besonders in Bezirken mit kleinem Grundbesiß fort. Der Reichskanzler meinte, nur vier Millionen hätten einen Vortheil von der Hebung der Getreidepreise, erfreulicher Weise hat der Landwirthschafts-Minister dies hier etwas ergänzt. Die Steuertabellen beweisen, wie sich das Vermögen immer mehr in den Händen einzelner Weniger konzentriert. Die Sparkassen zeigen ebenfalls die Verarmung des Ostens und der ländlihen Bevölkerung. Von den 4000 Millionen, die in Sparkassen angelegt sind, entfallen 26,4 auf Westfalen, nur 1,6 0/6 auf Ostpreußen, das erklärt die Zunahme der Auswanderung aus den östlichen Pro- vinzen. In den leßten vier Jahren sind aus dem Bezirk Königsberg 15 253, aus Gumbinnen 25 943 Perfonen ausgewandert. So verliert ver Osten mehr und mehr seine Arbeitskräfte, Berlin dagegen hat sich bei Mit- rechnung der Vororte wieder bedeutend vergrößert, wie die legte Volks- zäblung erweist. Die sozialpolitishe Geseßgebung lastet wegen des Abzugs der Arbeiter aus dem Osten doppelt shwer auf der dortigen Landwirthschaft, die Zahl der Unterstüßgungsbedürftigen ift dort bedeu- tend höher. Wir wollen und müssen den kleinen Bauernstand erhalten. Wir s\tehen tagtäglich vor der brennenden Frage, mit welchen Mitteln dem Rückgang der Landwirthschaft Ein- halt zu thun ist. Die Wirthschasts- und Handelspolitik hat die Großindustrie gefördert auf Kosten der Landwirthschaft. Der Landwirthschafts-Minister hat anerkannt, daß die Nothlage in manchen Bezirken {hon einen gefahrdrohenden Charakter angenommen hat. Was kann die Sozialdemokratie mehr fördern als diesen Zustand, die Konzentrierung des Vermögens auf der einen und die Proletari- sierung des Bauernstandes auf der andern Seite? Möge die Regie- rung bald Maßregeln ergreifen, welche das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung wieder herstellen können.

(Schluß des Blattes.)

Dem Herrenhause ist der von dem Hause der Abgeord- neten unverändert genehmigte Entwurf eines Gesetzes, betreffend eine Ermäßigung der Gebühren bei der ersten Anlegung

der Register für Binnenschiffe, zugegangen.

Theater und Musik.

Neues Theater.

Dem Lustspiel „Der Herr Direktor“ von Bisfon y Carrée, in welchem Herr Franz Tewele allabendlich seit Erôffnetd seines Gastspiels die Titelrolle spielt, wurde gestern Abend ein Fein. Schwank „Ein Zündhölzchen zwischen zwei Feuern“ voraug, geshickt, den Georg Hiltl dem Französischen des H. Honors nad, gearbeitet hat. Herr Tewele fand auch in diesem kleine, Theaterstück, das literarisch von keiner Bedeutung ist, rei lih Gelegenheit, seine trefflihen Eigenschaften als Komite, zu entfalten. Mit großer Beweglichkeit gab er dem durch ia Frauenauge \chnell entflammten Gemüth des leichtherzigen Bajazet Nuêdruck, der zwischen zwei jungen, {önen Näherinnen die Wahl treffen soll. Der kleine dramatishe Scherz, in dem außer dem Gast die Damen Förster und Schwendemann mitwirkten, fand bei dem trefflihen Spiel eine beifällige Aufnahme.

Konzerte.

Das Böhmische Streihquartett der Herren C. Hoff, mann, I. Suk, O. Nedbal und Professor H Wihan ex öffnete seine zweite Abonnements-Soirée im Saal Bechstein (ay Dienstag) mit einem Sextett von Dvorak, an dessen Ausführung f außer den Konzertgebern uoch die Herren Rychlik (Viola) und Burian (Violoncello) betheiligten. Diesem mit musterhafter Präzision der Zusammenwirkung und Feinheit der Schattierungêweise ausgeführten Werke folgte Schubert’s Streichquintett in C-dur, dag unter Mitwirkung des Herrn Burian gespielt, gleihfalls einen so günstigen Eindruck hervorrief, daß stürmisher Beifall der zahlreichen Zuhörerschaft darnach erfolgte. ?

Zu gleicher Zeit licßen sich in dem Konzertsaal, Potsdamer, straße 9, die Damen Agnes Flügel (Gesang) und Emma Thiel (Klavier) zum ersten Mal hierselbst hören. Viel Erfreuliches ist aller, dings über beide Konzertgeberinnen niht zu melden. Die Sängerin (Mezzosopran) zeigte besonders in der Höhe einen etwas \{wankenden Tonansaß; Intonation und Deutlichkeit der Aussprache sowie die Vortragsweise in der Arie aus „Josua* von Händel wie in Liedern von Schubert, Schumann und Anderen liefen viel zu wünschen. Aug über das Spiel der Pianistin ist nicht besonders Nühmendes zu be, richten, da manche Ünebenheiten den Eindruck der Beethoven's{hen Sonate op. 31 Nr. 2 und der übrigen Klavierstücke störten.

Gestern gab die Klaviervirtuosin Harriet von Müthel in Saale der Sing-Akademie cin Konzert mit dem von Professor Mannstaedt geleiteten Philharmonischen Orchester. Mi weihem Anschlag, jedoh nicht genügender technischer Sicherheit spielt fie das Beethoven’sche C-mo1l-Konzert, Nr. 3, bei dessen Ausführun fogar das Zusammenspiel mit dem ODichester durch- unrhythmischs Veberhasten des Tempos gefährdet wurde. Die Solo- Vorträge, wel aus Werken von Bach, Schumann, Henselt bestanden, sowie das j letzter Zeit öfter gespielte Konzert Nr. 1, B-mo1l, von Tschaïkowtk gelangen der Künftlerin besser, sodaß gegen den Schluß des Abend der Beifall des zahlreih ershienenen Publikums sich steigerte.

m Königlihen Opernhause wird morgen Rica Wagner’s „Lobengrin“ unter Kapellmeister Sucher's Leitung gegeben, Herr Emil Göße gastiert als Lohengrin.

Sm Königlihen Schauspielhause wird morgen Dth von der Pfordten’'s Schauspiel „1812“ in folgender Beseßung gegeben: Napoleon: Herr Kahle; General York: Herr Molenar; Sobura

seine Frau: Frau Seebach; Luise: Fräulein Lindner; Freiherr boa Ÿ

Stein: Herr Klein ; Rittmeister Hertling: Herr Matkowsky.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Wetterbericht vom 14. Februar, K Uhr Morgens. E E C

Kapellmeister

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Bar. auf 0 Gr.| u. d. Meeres\p.

red. in Millim.

5 O V

Stationen. Wetter.

Anfang 7+ Ubr.

Temperatur in 9 Celfius 59 C. =4 R

Oper in »ededckt bedeckt vedeckt bedeckt wolkenlos |—10

Belmullet . . 3 WSW Aberdeen .… . [W Christiansund 39 |DSO Kopenhagen . 9 [NNW Stockholm . |[NW Haparanda . |NNW St. Petersburg |NNW Moskau . |NNW Cork, Queens- 0) E Cherbourg

f e Sylt amburg ..

winemünde Neufahrwroasser Memel

einem Prolog. cavallo, Phantasien

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[18 E S | Zeit.

edeckt Schnee_

Anfang 7# Uhr.

0s N N N

¡SSO SO [NNW [SW NW NNW NNW Schnee 1) 3 [NNW dshalb- bed.2?) Marie N |NOD 2|bededckt Peunster . . 2 [W 2\bedeckt Karlsruhe . . (SW 2/Dunst 3) Wiesbadcn . | 773 |NW 1swolk1g München .| 772 |W 4 wolkig Ghemniß .. | 772 |W 3 Schnee Berlin... . | 769 |WNW 3|wolkig Mien, (10 MNW 2lleiter Breölau . 4Schnee

Fle d'Aix 3 | —_ 4\wolfenlos Ma 4, [C06 | itill|wolkenlos e ua O0

till wolkenlos 1) Schnecböen. 2) Böig. ?) Gestern Regen. Nebersiht der Witterung.

Unter der Wechselwirkung des Se im Westen und der Depression über Rußland, deren Kern östlih von Moékau liegt, wehen im Ostsee- ebiete noh lebhafte, stellenweise stürmische nördliche inde, während in den übrigen Gebietstheilen das Wetter ruhig ist. Der höchste Luftdruck liegt über dem Kanal und scheint sih südostwärts fortzupflanzen. In Deutschland is das Wetter bei vorwiegend nördlicher bis westlicher Luftströinung noch ziemlich trübe und fast überall kälter, sodaß die Temperatur sich wieder ihren Durchschnittswerthen nähert; stellenweise ift etwas Regen oder Schnee gefallen. Jn Rußland hat der Frost wieder erheblih zugenommen. Weitere Abkühlung für unsere Gegenden wahrscheinli. eutshe Seewarte.

wolkig | zalh bed. | wolkig | bedeckt bededckt heiter

der lügt! Sonntag,

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Heinrich.

Ut

Gêne.

lien Preisen :

Lautenburg.

hafen.

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- haus. 40. Vorstellung. Lohengrin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. In Scene esest vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober-Inspektor Brandt. Dirigent :

Kostümen, Hungerleider.

Sucher. L Königlicher Kammersänger, als Gast.) Anfang

Ei

Schauspielhaus. 46. Vorstellung, TS12. Schau- spiel in 5 Aufzügen von Otto von der Pfordten. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube.

Sonntag: Opernhaus. 1 Akt von Ferdinand Hummel. Axcl Delmar. Bajazzi. Musik und Dichtung von R. Leon- deutsch im Bremer Rathskeller. tastishes Tanzbild, frei / wolkenlos |—17 von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann.

Schauspielhaus. Lustspiel Skowronnek. Anfang 77 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Weh dem,

Anfang 73 Uhr. Nachmittags 2F Uhr:

von Toledo. Abends 7# Uhr:

Vorher : Der zerbrochene Krug. Montag: Die Weber.

Perliner Theater. Sonnabend: König Heiu- Anfang 7 Uhr.

Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: von Kirchfeld.

Montag: Des Meeres und der Liebe Wellen.

Lessing - Theater. Sonnabend: Erstes Gast- spiel von Hedwig Niemann. Anfang 7F Uhr. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr:

Comtesse Guckeerl. Montag: Comtesse Guckerl.

Residenz - Theater. Sonnabend: Hotel zum Freihafen. (L’HWôtel du Libre Echanze.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, überseßt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 7 Uhr. Sonntag und folgende Tage: Hotel zum Frei-

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chausseestraße 25—26.

Sonnabend: Mit großartiger Ausftattung an

Dekorationen und

und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und

Louis Herrmann, mit theilweiser Benuyung einer

Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth.

In Scene geseßt von Julius FrielSe-

Herr Kapellmeister Winnó. An Sonntag: Der Hungerleider.

Hr. Emil

(Lohengrin : Neues Theater.

Fabrice Mara In Scene ara. |— Vorher: Oper in 2 Akten und | Feuern.

Carró.

geseßt von

41. Vorstellung.

L Ludwig Hartmann. 4 Uhr. Phan-

Hauff,

von

nach Wilhelm Liebe.

47. Vorstellung. in 4 Aufzügen

Die fkrauke von Nichard

Petterson - Norrie. Die

i QUdin mann Hierauf Liebelei. | mann. i : E Großes Ballabile, F, Neisinger. Anfang 73 Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3

von F. Zell und R. Genée.

Petterson - Norrie.

Der Pfarrer | Hierauf: Musikalische Scherze.

Abends 75 Uhr: König Saison.

ley’s Tante.

Madame Sans? | Brandon.

Zu volksthüm-

h er: i : 7 Abends 74 Uhr: Vorher: Die Bajazzi

Benno Jacobson. 74 Uhr.

Direktion :

Sigmund

Nacht. Tanz Julius Freund.

la. Anfang 74 Uhr. Sonntag: Eine tolle Nacht.

Schiffbauerdamm 4 a. / 9.

Sonnabend: Gastspiel des Herrn Franz Tewecle vom K. u. K. priv. Carl. Theater in Wien. Herr Direktor (WMonsieur le DBirecteur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und Deutsh von Ferdinand Groß. Sigmund Lautenburg. Ein Zündhölzchen zwischen zwei Schwank in 1 Aufzug nah dem Fran- zösischen des H. Honoré von Georg Hiltl.

“Sonntag: Der Herr Direktor. Vorher: Ein Zündhölzchen zwischen zwei Feuern. Sonntag, Nachmittags 24 Uhr:

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Frische. Sonnabend: Gastspiel der Frau

schöne Komische Operctte in 3 Akten von Meilhac und Halévy, deutsch von J. Hopp. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: Herr Kapellmeister Feder- Musikalische arrangiert vom

Uhr: Preisen: Der Bettelstudent. Operette in 3 Akten Musik von Carl Millöcker. Abends 74 Uhr: Gastspiel der Frau Die schöne Helena.

Dienstag, den 18. Februar: Leßter Ball in dieser Großer Fastuachts- Maskenball.

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Char- Schwank in 3 Akten von Thomas Nepertoirestück des Globe-Theaters in London. Ju Scene geseßt von Adolph Ernst. Parodistishe Posse mit Gesang und Tanz in 1 Akt von Ed. Jacobson und Musik von F. Noth.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Bentral-Theater. Alte Jakobftcaße Nr. 30. Sonnabend: Emil Thomas a. G. Eine tolle

Große Ausstattungspofse mit Gesang und in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesezt vom Direktor Richard Schulß. Die Tanz-Arrangements vom Balletmeister Gund-

Dienstag, den 18. Februar: Fastuachts - E} \skriptions-Ball. Karten à 3 46 im Bureau ||

Der Hauses. S

Saal Bechstein. Linkftraße 42. Sonnabei Anfang 7F Uhr: Lieder-Abeud von Marian Millde. Mitw.: Herr Alfr. H. Meyer (Vio.

Anfang | Yirkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abe!

74 Uhr: Parade-Gala-Vorstellung. Auf vit seitiges Verlangen: Aufführung des großen mili tärishen Ausftattungsstücks 1870/71 mit Tünt Gruppierungen, Gefechten 2c. vom Direktor st Renz. Außerdem: Joujou hippique mit 7 ft heitspferden. 1) Bagdad, arab. Vollblut-Schinz bengst. 2) Die Spazierfahrt eines Jagdherrn, # geführt von 5 Napphengsten. 3) Der Fw Donner, das Non plus ultra der Pferde Sämmtliche Pferde dressiert und vorgeführi 18 Direktor Fr. Renz. Auftreten des anerkannt Schulreiters der Welt Mr. James Fillis mit set Sculpferde Germinal. Die Schulreiterin fu! Nobert Renz mit ihrem Schulpferde Cyd. Hic Phänomenaler Baguettespruug. uftrettn \ämmtliher Clowns und des beliebten Au Mr. Lavater Lee. j

Sonntag: Zwei Vorstellungen : Nachmitta 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahre 4 1870/71. Abends 74 Uhr: Ein Künstler eft.

Kabale und

Helena.

Scherze. Balletmeister

Bei halben

Familien-Nachrichten.

Verehbelicht: Hr. Pastor Ludwig Gottwald mi Marie Freiin von Seherr-Thoß (Berlin). ]

Geboren: Ein Sohn: Hry. von Gottbet (pr Wilten). Hrn. Eisenbahn-Bau- u? Betriebs-Inspektor W. Schilling (Stettin). Eine Tohter: Hrn. Professor Dr. Staigmüllt (Stuttgart). Hrn. Korvetten-Kapitän s: 7 von Bg s (Bornzin). Hrn. Hauptmann d ' Franz Frhrn. von Hövel (Cassel). Hrn. Kilb meister Gerhard von Glasenapp (Brandenbur()

Gestorben: Frl Irma von Frankenberg (Riesen burg). Verw. Fr. Geheime Ober-Regierungb Rath Rose Gol, geb. Reimers (Potsdam). / Hr. Sec.-Lieut. Adolf Ritter von Deines (Düss dorf). Fr. Baronin Marie von Wigleben, A von Normann (Baden-Baden). Ÿr. tehnung?® Nath und Lieut. a. D. Gustav Linke (Berlin). L Hauptlehrer und Kantor Georg Junk (Ske eifersdorf).

Anfang

E

Verantwortliher Redakteur: Siemenr oth

Requisiten: Der

Ausftattungs-Komödie mit Gesang Konzerte

Konzert -Haus. Dirigent :

ang 74 Uhr. unter freundlicher

Karl WMeyder - Konzert.

Sonnabend: Operetten- und Walzer-Abend, ler Mitwirkung der Sängerinnen Fräulein Josephine, Rosa und Antonie Spit.

in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin,

; p Druck der Norddeutshen Buchdrukerei und Verlaÿ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32,

Sieben Beilagen (einschließli Börsen-Beilage).

Ì ernstlich mit der Prüfung der Frage beschäftigt hat,

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 40.

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Deutscher Reichstag. 39. Sißung vom 13. Februar, 1 Uhr.

Tagesordnung: Fortseßung der zweiten Berathung des Neichshaushalts-Etats für 1896/97 beim Etat des A us-

wärtigen Amts. i : | Ueber den Anfang der Sißung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet. Nach dem Abg. Prinzen von Arenberg nahm das Wort der : | : Abg. Dr. Hammacher (nl.): Die Budgetkommission hat die volitishe Lage Deutschlands diesmal im Zusammenhange mit den Nachrichten behandelt, daß die verbündeten Regierungen die Absicht verfolgen, die deutshe Flotte in großartigem Stile zu vermehren. Nicht um diesen Gegenstand jeßt zu approfondieren das geschieht ¡weckmäßiger bei Berathung des Marine-Etats —, sondern damit hon heute die Vertreter der politischen Parteien Anlaß nehmen würden, ihre Haltung in dieser Frage darzulegen, halte ih mi für verpflichtet, auszuführen, welhe Stellung meine politischen Freunde zu der Frage der Flottenvermehrung einnehmen. Mir begrüßen die Erklärung des Herrn Staatssekretärs Freiherrn von Marschall, daß die verbündeten Regierungen nicht beabsichtigen, dem Reichstag eine Vorlage zu machen, welche auf eine Vermehrung der Flotte über die im Marine-Etat ausgeworfene Position hinaus ausgeht. Mit besonderer Genugthuung hat es uns erfüllt, daß Herr von Marschall erklärte, daß die verbündeten Re- gierungen fi nit identifizieren mit jenen uferlofen Plänen, die in leßter Zeit in der Presse besprohen und befürwortet sind; derartige Vorlagen würden in dem hohen Hause den lebhaftesten _Widerspruch finden und die Thätigkeit lähmen, welche unbedingt erforderlich ift, diese Fragen einer glücklihen Lösung entgegenzuführen. Wenn Herr von Marschall erklärt hat, daß die Regierung, ohne eine Aenderung in unserer auswärtigen Pclitik eintreten zu lassen, fich ob die gegen- wärtige Rüstung zur See ausreiht zur Wahrung der deutschen Interessen, so erkennen meine politishen Freunde darin nur den Ausdruck des historishen Verantwortlihkeits-Bewußtseins, welches der deutschen Regierung immer eigen war. Nicht bloß bei der Regierung, sonden auch in den Kreisen ernst nachdenkender politischer Männer verdient es eine sehr reiflihe Erwägung, ob unsere Flotte in ihrem gegenwärtigen Zustand ausreicht, die deutshen überseeisden Interessen genügend zu s{chützen, ob auch insvesondere die Nothwendigkeit vorliegt, die Zahl unserer Kreuzer zu vermehren. Welches aber auch immer das Ergebniß der Er- wägungen der Regierungen und des Bundesraths sein möge ge- langt eine darauf bezüglihe Vorlage an den Neichstag, so werden wir ebenso wic früher niht allein mit dem nöthigen lebhaften Patriotismus, sondern auch mit nüchterner Erwägung sie einer Prüfung unterziehen, ob sie in den geforderten Mitteln gerecht- fertigt ist. Damit i} diese Frage für uns zur Zeit parlamen- tarish erledigt. Das geslern dem Reichstag über die neueren Vor- gânge in Süd-Afrika vorgelegte Weißbuh enthält nur in einem Punkt etwas Neues und eine Aufklärung von einer gewissen Be- deutung. Durch englische Blätter wurde die Nachricht verbreitet, daß Deutschland bereits, um dem Präsidenten Krüger und der süd- afrikanishen Republik in ihrem Kampfe gegen die „Rhodesia“ zu Hilfe zu kommen, Verhandlungen mit Portugal wegen Entsendung von Truppen nach der Delagoa-Bai angeknüpft habe. Diese Nachricht entspriht nah dem Weißbuh der Wahrbeit niht. Es bestand die Absicht, einen Theil der Mannschaft des „Seeadler“ in der Delagoa- Bai zu landen und dann, auf den Wunsch des Konsuls von Herff, nah Johannesburg zu \chicken, um das deutsche Konsulat und die deutshen Interessen zu hüten. Herr von Herff hatte die Regierung über eine bevorstehende revolutionäre Bewegung in Johannesburg unterrihtet, und es war deshalb Pflicht der deutshen Regierung, den Weg zu beschreiten, den sie beshritten hat. Durch die glücklihe Niederschlagung der in die südafrikanishe Nes vublik eingedrungenen Freibeuterbande ist, glücklicherweise die Veranlassung entfallen, an eine ‘Landung von Lruppen in der Delagoa-Bai zu denken. Sie werden Alle aus dem Weiß- bu die Ueberzeugung gewonnen haben, daß unser Auswärtiges Amt mit Entschiedenheit und Energie, aber auch mit Umsicht und in ftreng abgegrenzten Formen die Rechte Deutschlands in der gefährdeten südafrikanishen Republik zu wahren verstanden hat. Jch glaube, der Reichstag shuldet dafür dem Auswärtigen Amt einen lebhaften und aufrichtigen Dank. Schon im vorigen Jahre hat die deutsche Regierung dem Forcign Office darüber keinen Zweifel gela)}en, von welhen Gesichtspunkten die Politik Deutschlands gegenüber der süd- afrikanischen Republik geleitet wird. Es ist werthvoll, zu konstatieren, daß bereits in dem Erlaß an den Kaiferlichen Botschafter Grafen Haßfeldt vom 1. Februar 1895 demselben die Anweisung ertheilt wurde, der englishen Regierung mitzutheilen, daß der Auëgangs- und Endpunkt der deutschen Politik der Schuß der deutschen Interessen und die Aufrechterhaltung der Selbständigkeit der südafrikani]chen Ne- publik, sowie die Aufrehterhaltung des zwischen dieser und England ge- chlossenen Vertrages sei. Wenn wir wissen, daß _nach dem Be- riht des Grafen Haßfeldt vom 25. Oktober Lord Salisbury erklärt hat, daß der Zielpunkt der englischen Politik lediglih auf die Erhal- tung des status quo gerichtet sei, so erscheint es faum erklärlich, wie eine Differenz zwischen dem Foreign Office in London und dem Aus- wärtigen Amt entstehen konnte. Unser Auswärtiges Amt befand sich leider sogar in der Nothwendigkeit, den Mißdeutungen entgegentreten zu müssen, welhe der Kaiserlihe Glückwunsh an den Präsidenten Krüger in England hervorgerufen hat. Wir alle, glaube id, dürfen mit Stolz in dieser Enunziative Seiner Majestät des Deutschen Kaisers einen Akt des deutshen Selbstbewußtscins, einen Ausdruck der Ge- fühle des deutshen Volks erkennen. Die englishe Bevölkerung bezw. die englische Presse haben sih sogar zu Feindseligkeiten gegen den Deutschen Kaiser und die deutsche Nation veranlaßt gesehen. Wir beklagen das aufs tiefste und weisen es mit der größten Ent- rüstung als unberehtigt zurück. Wir Alle haben das Gefühl, daß die Erweiterung der Kluft, welche jeßt zwischen der englishen und der deutschen Nation zu beitehen scheint, auch für uns etwas Ernstes und Bedenkliches ist. Möge es der deutschen Diplomatie gelingen, lene Kluft allmählih auszufüllen. Möge es infolge der erwachenden Einsicht und des erwachenden Gerechtigkeitsgefühls in dem zivilisierten olfe Englands gelingen, unsere deutschen Ziele mit Energie und Besonnenheit unter Achtung der bestehenden Verträge im Interesse der deutschen Nation zu verfolgen, ohne daß dadur Feindseligkeiten zwishen England und Deutschland herbeigeführt werden ; hoffen wir, daß das Zusammenwirken der zivilisatorishen und gewerblichen Kräfte von England und Deutschland bald wieder einen besseren status herbeiführen wird, als er zur Zeit zu existieren heint. Diese wenigen orte mögen den Herrn Staatssekretär von Marschall zu einer weiteren eußerung über unsere politishe Lage veranlassen!

„_ Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Hreihèrr Marschall von Bieberstein:

Um die Anfrage des Herrn Vorredners, wie sih auf Grund der jüngsten Vorgänge im Transvaalgebiete unser Verhältniß zu England gestaltet habe, zu beantworten, muß ih cinen furzen Rükblick werfen auf die Entwicklung, welhe unsere Beziehungen

Berlin, Freitag, den 14. Februar

zum einstigen Transvaalstaat, der heutigen Südafrikanischen Republik, von Beginn an bis heute genommen haben. Die rechtliche Stellung jener Republik ist festgelegt in der Konvention, welche sie mit England im Jahre 1884 geschlossen hat. Fn der- selben ist der Republik bezüglih der inneren Angelegenheiten un- bedingte Selbständigkeit gewahrt, dagegen hat sich England bezüglich der auswärtigen Angelegenheiten, obgleich auch hier gegenüber dem früheren Zustand eine erheblihe Erweiterung der Befugnisse der Republik eingetreten ist, eine Kontrole insofern vorbehalten, als nah Art. 4 der Konvention Verträge und Vereinbarungen mit anderen Staaten mit Ausnahme des Oranje-Freistaates der Genehmigung der Negierung Jhrer Majestät dec Königin unterliegen. An diese Kon- vention knüpfen zeitlich und auch ursählich die Beziehungen an, die wir seitdem mit der Südafrikanishen Republik unterhalten haben. Bereits im Sommer 1884 trat die Republik mit uns in Verhandlungen ein, die am 22. Januar 1885 zum Abschluß eines Handelsvertrages führten. Dieser Vertrag hat nah Art. 4 der genannten Konvention die Ge- nehmigung der englishen Regierung erhalten, bildet also eine unan- fechtbare Grundlage für unsere Beziehungen. In jenem Vertrag ist uns die Freiheit der Niederlassung, die Handelsfreiheit, die Freiheit des Gewerbebetriebs in der Südafrikanischen Republik gewährt, gleih- zeitig die unbedingte Meistbegünstigung. Wir haben demnach in allen diesen Beziehungen hinter keinem Staat, auch nicht hinter England, zurüczutreten. (Sehr gut!) Wenn also jemand uns die Frage stellen wollte, was habt ihr Deutsche eigentli in der Südafrikanischen Republik zu suhen? so würden wir in aller Nuhe antworten, wir wollen dort die Rechte ausüben, welche jene Republik mit Genehmigung der Ne- gierung Ihrer britishen Majestät uns vertragsmäßig eingeräumt hat. (Bravo!) Wir wollen nicht, daß dort staatsre{chtlich und faktish eine Veränderung eintrete, welhe uns die Ausführung dieser Rechte ershweren oder illusorish machen könnte. (Leb- haftes Bravo!) Was in den legten 10 Jahren von deutscher Seite zur gedeihlichen Entwicklung jener Beziehungen geschehen ist, das hat sih alles am hellen lihten Tage vollzogen; wir haben in der Be- ziehung nichts zu vershweigen, nihts zu beschönigen und nichts zu rechtfertigen. Wir haben vor Jahren {hon eine subvyentionierte Dampferlinie nah Delagoa-Bai errichtet, der natürlihen Einbruchs- stelle für unseren Verkehr; vornehmlich mit deutshem Geld ist die Bahn von der portugiesishen Landeëgrenze nah Prätoria erbaut worden; deutshe Fabriken sind im Transvaalstaat entstanden, Reichs- angehörige haben \ich dort niedergelassen; deutshe Kapitalien find in industriellen Unternehmungen dort betheiligt; unser Handel be- findet sich in erfreulihem Aufshwung. Diese legitimen Interessen zu {ügen und nah Maßgabe des staatlichen Könnens diese Bezie- hungen zu pflegen und zu fördern im friedlichen Wettkampfe mit anderen Nationen, dieser Pfliht kann und wird das Deutsche Reich sih nicht entziehen. (Bravo!) Schon vor Fahr und Tag und das ist vielleiht etwas Neues, was aus dem Weißbuch hervorgeht haben wir der englischen Regierung gegenüber die Linie unserer Politik gezogen, und wir haben um so weniger Anlaß, davon abzuweichen, als wir nichts weiter wünschen, als die Erhaltung des bestehenden Rechtszustandes. Wir wollen den status quo in Delagoa-Bai insbesondere bezüglich der territorialen Hoheit, dasselbe wollen wir bezüglih des Besiystandes unserer Eisenbahnen, und wir wünschen die Erhaltung der Selbsiüändigkeit der Süd- afrikanishen Republik, wie sie vertragsmäßig gewährleistet ist. Mit diesen durchaus konservativen Wünschen treten wir nach unserer Kenntniß weder mit England, noch mit irgend einer anderen Macht in Widerspru, wohl aber treten wir in einen ganz \harfen Gegensatz zu jenen Bestrebungen, welhe in Süd-Afrika ganze Arbeit machen wollen, welhe aufräumen wollen mit den fselb- ständigen Staatengebilden und dem Besitstand anderer euro“ päter Mächte, welhe ganz Süd-Afrika vereinigen wollen zu einem einheitlihen Wirthschafts- und Staaten“ gebiete, unter einer Staatsform, über die man ih heute noch niht ausgesprochen hat. Jn dem Siege diefer Bestrebungen wür- den wir allerdings eine schwere Schädigung unserer &Futeressen erblicken (sehr rihtig!), und da auch wir Kolonial- besiz in Süd-Afrika haben, würde es sich nicht ausshließlich um wirth- \haftlihe Interefsen handeln.

Man hat uns vorgehalten: wir werben um die Gunst der Buren. Es ist in diesem Zusammenhang auch einmal das Wort „kokettieren " gefallen; es werde dadur ein mit der staatsrechtlichen Stellung der Republik nicht verträgliher Geist geschaffen. Jch bin der Ansicht, daß Sympathien ter Völker sich nicht regulieren und nicht kon- trolieren lassen. Wenn man aber weiter angedeutet hat, daß wir dort politischen Einfluß oder gar politishe Präponderanz suchen, fo bin ih der Ansicht, daß die beiden Vorwürfe \sich gegenseitig aus- schließen; denn ich wüßte kein sihereres Mittel, soweit ih die Buren kenne, mit dem wir bei ihnen alle Sympathien für Deutschland yon Grund aus zerstören und ausrotten könnten, als eine Haltung unferer- seits, die dort den Verdacht rege machen könnte, daß wir uns in ihre inneren Angelegenheiten mishen wollen, und daß wir ein moralishes oder ein rechtliches Protektorat erstreben. (Bravo! bei den Nationalliberalen und in der Mitte.) Daran denken wir nicht, dort so wenig wie anderwärts! Wir haben bei uns im Innern fo manche Schwierigkeiten zu lösen (Heiterkeit), daß ih nit wüßte, woher uns die Lust kommen sollte, auch noch die Verantwortlichkeit für die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu übernehmen. (Heiter- feit und sehr gut!) Wir hoffen, daß die Reihsangehörigen, die {ih dort niedergelassen haben, ein Element der Ordnung und Ruhe bilden, daß sie den Geseßen des Landes gehorsam sind, dessen Gast- freundschaft sie genießen. Wenn wir dadurch und dur unseren Verkehr uns Sympathien im Ausland erwerben, so wird dadur niemand verlegt, zumal es jedem freisteht, auf dem gleichen Wege das gleiche Ziel zu erreichen. (Sehr richtig ) Wenn umgekehrt die Bestrebungen, von denen ih vorhin sprach, den gegentheiligen Effekt haben und weithin Mißtrauen hervorrufen, fo sind niht wir dafür verantwortlih, sondern die Urheber und Förderer jener Bestrebungen,

1896.

von denen wir heute wissen, daß sie auch vor Gewalt niht zurüd- \hrecken.

Und damit komme ih zum Zuge des Dr. Jameson. Es liegt mir fern, die subjektive Seite zu berühren; das wird von berufener Seite geschehen. Objektiv betrachtet, war jener Einfall ein völkerrechtswidriger Akt (sehr rihtig rets, bei den Nationalliberalen und in der Mitte), der auch unsere Interessen bedrohte und damit für uns das Recht und die Pflicht \{chuf, zu handeln. (Sehr richtig!) Wenn da behauptet wurde, daß Präsident Krüger unsere Intervention angerufen habe, so ist das ein Irrthum; mir ist davon nihts bekannt. Sofort nah Eingang der betreffenden Nachricht habe ich auf Weisung des Herrn Reichskanzlers mih an die englishe Regierung mit der Anfrage gewandt , welche Maßregeln dieselbe zu ergreifen gedenke, um die Gefahren zu be- \{chwören, die durch den Einfall des Dr. Jameson entstanden waren. Mit dieser Anfrage haben wir einmal unser Interesse gewahrt und gleichzeitig der Sonderstellung Englands Rechnung getragen. Die englishe Regierung hat uns in der bereitwilligten Weise mitgetheilt, welhe Maßregeln sie hon vorher getroffen hatte, um Dr. Jameson zur Rückehr zu bewegen und Blutvergießen zu vermeiden, und ich muß in vollem Maße anerkennen, daß die englishe Regierung von ihrer Seite aus mit aller Energie und Umsicht alle Schritte gethan hat, um dieses Ziel zu erreihen, und daß, wenn troßdem Blutvergießen eintrat, die englische Regierung keinerlei Verantwortung treffen fann.

Wir haben dann einen weitern Schritt gethan. Nach den Be- richten unseres Konsuls konnte darüber kein Zweifel bestehen, daß der Einfall des Dr. Jameson in Verbindung mit der Bewegung der fogenannten nationalen Partei in Johannesburg stand, daß jener Einfall das Signal zu einer revolutionären Bewegung in der genannten Stadt fein sollte, wo man sich bereits mit Waffen versehen hatte, Wäre der Swhlag gelungen, so \tanden zunächst anarhishe Zustände zu befürchten, und die Gefahr für die Deutshen war um so nahe- liegender und um fo größer, als in Johannesburg doch Elemente von ganz verschiedener Art vorhanden find, und die deutschen NReichs- angehörigen in entschiedener Gegnerschaft zu jener Nationalpartei es mit der bestehenden Regierung hielten.

Es hätten ih dort bei der bestehenden Erregung Dinge ereignen fönnen, die uns der vorwurfsvollen Frage ausgeseßt hätten : wie war es mögli, daß auf eine relativ mäßige Entfernung von 20 Stunden Eisenbahnfahrt ein deutsches Kriegs\{hiff} lag, ohne daß auch nur ein Versu gemacht wurde, den bedrängten Deutschen in Prätoria zu Hilfe zu kommen? (Sehr richtig !)

Aus diesen Erwägungen heraus habe ih auf Weisung des Herrn Reichskanzlers dem Antrag des Herrn Konsuls von Herff stattgegeben und ihn ermäthtigt, im Nothfall zum Schuß des Konsulats und der Deutschen, die darin Zuflucht suchten, das Landungskorps S. M. S. „Seeadler“ zu requirieren. Es handelt sich hier um 45 bis 50 Mann, die ausreihend waren, um das Konsulat mit den Deutschen, die es enthielt, zu beshüßen, die aber in keiner Weise zu irgend welchen anderen Zielen ausreihend waren. Jch habe gleichzeitig an die portu- giesishe Regierung die Bitte gerichtet, die Landung und den Durch- marsch dieser Leute zu genehmigen, weil diese Genehmigung völker- rechtlih unumgänglich war. Bevor eine Antwort von Lissabon ein- traf, war die Gefahr für die Deutschen beseitigt und damit die Angelegenheit erledigt. Das ist die einfahe Sachlage.

Die weiteren Vorgänge sind Ihnen bekannt. Wir haben bei den Verhandlungen, die sich an die Festnahme des Dr. Jameson knüpften, eine absolute Zurückhaltung beobachtet, getreu der Politik, die wir von Anfang an dort verfolgten. Wir thun in diesem Augenblick dasselbe angesihts der Erwägungen, mit denen sih die Regierung in Prätoria beshäftigt nah der Richtung, ob und in wie weit mit Rücksicht auf das rapide Anwachsen von Johannesburg eine Erweiterung der Rechte der Uitlanders nothwendig sei.

Aus dem Weißbuch, meine Herren, haben Sie entnommen, was wir verhandelt haben. Man pflegt solhen Publikationen den Vorwurf zu machen, daß sie sich über das, was bereits bekannt ist, in größter Breite ergehen, dagegen die eigentlich interessanten Dinge ver- schweigen. Ih will nicht sagen, daß dieser Vorwurf im all- gemeinen unbegründet sei (Heiterkeit), ih kann Sie nur amtlich ver- sichern, daß er in diesem Falle niht zutrifft, und daß das Weißbuch, welhes Ihnen vorliegt, vollständig die Verhandlungen enthält, die wir insbesondere mit der englishen Regierung gehabt haken. (Hört, hört!) Es mag ja Manchem wunderbar erscheinen, daß eine An- gelegenheit, die zu fo lebhafter Erregung und zu fo lebhaftem Streit, man kann sagen, in der ganzen Welt geführt hat, einen so geringen Niederschlag von amtlihen Dokumenten geschaffen hat (Heiterkeit), und troßdem is es richtig, wir haben mit der englishen Re- gierung nichts Anderes verhandelt. Wir haben es wohlweislih unterlassen, akademishe Fragen mit dem Londoner Kabinet zu erörtern. (Sehr gut!) Wir haben insbesondere die Frage nicht disfkutiert, die ja für Juristen außerordentlich interessant sein mag, wie die Beschränkung der Souveränetät der Südafrikanischen Republik, die ja zweifellos der Artikel 4 der erwähnten Konvention enthält, im einzelnen wirkt und unter welche juristishe Normen sie zu subsumieren sei. Akademishe Fragen unter Regierungen zu er- örtern, ist nicht üblih und niht nüßlich. Somit kann ich die An- frage des Herrn Vorredners, soweit es sich um das Verhältniß von Regierung zu Regierung handelt, dahin beantworten, daß unsere Be- ziehungen mit der englishen Regierung keinen Augenblick auf- gehört haben, gute, normale und freundliche zu sein. (Hört! hört!) Ich weiß freilih, daß heutzutage die Beziehungen der Regierungen niht durhaus maßgebend find für diejenigen der Völker, und niemand wird beabreden können, daß in England aus Anlaß der jüngsten Vorgänge eine hochgradige Erregung gegen Deutschland Play gegriffen hat, die in Wort, Schrift und Bild einen schr scharfen Ausdruck findet. Jch unterlasse den aussichtslosen Versuch, gegen Stimmungen mit Argumenten zu kämpfen, Ih will mi auch hüten, ein Wort zu sprechen, welches Oel ins Feuer gießen könnte. Ih beshränke mi darauf, die Thatsachen,