1896 / 42 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

dem Konzert batte der durch seine Jugendschriften bekannte Schrift- steller und Dichter Herr Dr. Julius Lohmeyer mit „Erinnerungen an 1870/71“ übernommen. Auch seinem Vortrag wurde lebhafter Beifall zu theil.

An demselben Abend gab im Saal der Sing-Akademie die junge Violin - A Marie O aus Frankfurt a. M. ibr erstes Konzert. Jhr Geigenton is zwar kein großer, doch besißt sie eine- anerkennenswerthe technische Fertigkeit, spielt sauber und trägt mit Empfindung vor. Dies machte sih in der A-dur-Sonate von

Der Leiter der zoologishen Station in Neapel, Geheime Regierungs-Rath Professor Dr. Dohrn beabsichtigt in Ralum eu-Pommern) eine A nette uns zu begründen. rofessor Dahl von der Universität zu Kiel wird, wie das «D. Kol.-BI.“ mittheilt, u diesem Zweck mit dem nächsten Post- dampfer sih nah NRalum begeben um sich zunächst einen umfassenden Veberblick über die Fauna der Gazellenhalbinsel zu verschaffen. Die nöthigen E Fischer sind bereits in Neapel vorgebildet worden; die Räumlichkeiten stellt der Plantagenbesißzer avfinfoi zur Verfügung. Das Unternehmen wird dur eine Beihilfe aus dem Fonds zur Förderung der Erschließung Afrikas und anderer Länder-

Im Konzerthause wird am Mittwoch, den 19. d. Professor Dr. Gar Y d. M

l Reinecke, der langjä fee M . Gewandhaußs-Kapelle in Leiptid, éine eue 4 A e nie tTigent der E r î c B ec T I d q E

e Mt N Ee aut di Mer fs zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

d eineg Berlin, Montag, den 17. Februar 1896,

bedeutenden Rufs als Mozart-Spieler erfreut, das Klavter-Konzert j B-dur von Mozart vortragen. Auch gelangt an diesem Abend neues Violin-Konzert von Major zum ersten Mal zur Aufführung,

Manuigfaltiges. M 42.

Berliner Gewerbe-Ausftellung 1896, B

Brahms für Klavier und Violine und in kleineren Piècen von Spohr,

Die

gebiete unterstüßt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs-

Maßzregelu.

Laut Bekanntmachung der Königlih \chwedischen Medizinal- verwaltung vom 3. Januar 1896 darf die Einfuhr seewärts ne es

Wiederkäuern und Schweinen, fowie von Thieren Pferdegeschlecht s bis auf weiteres nur nah den Städten lfingborg, Malmsös, ernöfand, Stockholm, Kongelf (via Eothenburg), Sundsyall, Landskrona, Söderhamm und Luleà, Umeà stattfinden.

Theater und Mufit.

Lessing- Theater.

Frau Hedwig Niemann trat am Sonnabend in der Titelrolle des Sardou’ schen Lustspiels „Madame Sans-Göône* auf. Ihre Auffassung der Rolle liet, wie zu erwarten war, mehr auf cine kraftvclle, naturwahre und lebendige Menschengestaltung hinaus, als auf èas Bemühen, die s{öône Form und das Gefällige ‘der Sardeou’shen Figur, wozu Kostüme und scenishe Umgebung verlocken, in den Vordergrund zu rücken. Die Sardou’she Madame Sans- Gôêne if so stark auf rein äußerliche, theatralishe Wirkungen egtündet, daß nur eine Darstellerin ersten Ranges darauf verzichten ann, si der geläufigen äußeren Mittel au thatsächlich zu bedienen. Die große schauspielerishe Kraft der Frau R Niemann, ihre sonnige Heiterkeit, ihr fröhlihes Lachen, ihre tiefe Empfindung ver- mochte sih fast in allen Scenen siegreich zu bewähren; aber auch ihrer klaren und reinen Erfassung der künstlerishen Aufgabe blieb ein Rest von dichterisden Hemmungen des einheitlichen Charakterbildes unüberwindbar. Herr Suske gestaltete den Napoleon durh seine sonderbar kurzen Bewegungen, die kleinen Laufschritte im Zimmer and ähnlihe Aeußerlichkeiten in der That zu ciner Lustspielfigur. Jn den übrigen Rollen hatten keine bemerkenëwerthen Neubeseßzungen stattgefunden. Der Beifall galt verdientermaßen zumeist der Gastin, die nach allen Akten wiederholt hervorgerufen wurde.

Vieuxtemps, ariha Hor und Anderen angenehm bemerkbar.

tanistin Martha Hornig, welche sich tüngst in einem eigenen onzert mit Erfolg hören ließ, unterstüßte die Vieolinspielerin in der obengenannten Sonate sowie dur den wohlklingenden Vortrag einiger bekannten Klavierstücke von Mentelsfohn, Chopin und Liszt. ___ Am Sonnabend ließ sih Fräulein Marianne Millde, eine junge Sängerin aus Stockholm, im Saal Bechstein zum ersten Mal hierselbst hören. Ihre wenn auch nur kleine Stimme is recht wohlflingend; eine größere Sicherheit im Tonansay muß die Künstlerin noch durch fortgeseßte Studien zu erreichen sich bemühen. Interessant war es, unter den gewählten Liedern au einige hier noch nicht bekannte sfandinavishe Gefänge zu hören. „l drömmen“ und „Jahrlang möcht’ ih so dih halten® von E. Sijögren, fowie „Mit jertes Dronning“ von Bacher Gröndai und ein {wedi|ches Volfslied „Pehr Svinaherde“ wurden mit besonders lebhaftem Beifall aufgenommen. Der Violinist Herr Alfred Meyer, Mitglied der „Neuen Berliner Symphonie- fapelle“, spielte mit weihem und vollem Ton, technischer Sicherheit und gutem Ausdruck einige Piòcen von Spohr, NRehfeld und Svendsen und erntete gleich der Sängerin reihen Beifall.

Zu derselben Zeit traten in der Sing-Akademie der Baritonist Alexander Heinemann und der Violoncelliit Joseph Horwiy auf. Beide haben ihre Studien am Stern’shen Kon]jervatorium ge- macht und zeidnen sih durch gediegenes Können aus. Der Sänger bewährte dieses in der Arie „Es ist genug“ aus Mendelsfohn's „Elias“ fowie in Liedern von Schubert und cinem Liede eigener Komposition. Der Violonccllist bekundete seine tehnische Fertigkeit und warme Empfindung in Kompositionen von Beethoven, Goltermann, Bach und Popper. Beethoven führte befriedigend aus.

ausschuß der

festgeseßt und

findenden „S

Herr G. Freudenberg seinen Klavierpart recht | Fn

Im Königlichen Opernhause werden morgen Rofsini's Oper „Der Barbier von Sevilla“ mit Herrn Bulß in der Titelrolle und das Ballet „Phantasien im Bremer NRathskeller“ gegeben. Am Donnerstag, dem Tage der Beiseßzung von Ambroise Thomas, wird des französishen Meisters Oper „Mignoa" aufgeführt. Das Werk geht an diesem Abend zum 103. Mal in Berlin in ‘Scene.

_Im Königlichen Schauspielhause ist die Aufführung von Friedrich Hebbel's „Judith" auf nächste Woche verschoben worden.

Leipzig 1897.

Handelsbeziehungen zu den Artikel aller Art; 2) Darstellung fonstiger Erzeugnisse aus Pflanzen- und Thierreih, der mineralishen Schäße aus den Kolonien Sammlungen zoologischer, ethnographisch-:r, botanischer, mineralogisher Art; 3) Darstellung des Lebens der Eingeborenen, ihrer Wohnungen Festungen, häuslichen Einrichtungen, ihrer Arbeit und Vergnügungen x theilweise dur l geborenen mit ihren Europäer in den Kolonien, ihrer häuslichen Einrichtungen ; 5) Dar, stellung der Ausrüstungen, Formation der Karawanen 2. für orshungs: reisen ins Innere Asfcikas; Neisewerke, kartographische und photographische Darstellungen, wissen, schaftlihe Instrumente u. a ; 7) Abtheilung für Tropenbygiene. Das Bureau befindet sich N D,

alle geshäftlihen Anfragen zu richten

dustrie-Ausf\tellung“ wee die Denias elte Pro L ta nehmen zu verbreiten. Dieselben sind von dem Professor M. Hon- In der zu Anfang gesptielten A-dur-Sonate ven | ne ger geschmackvoll entworfen und werdcn dur das typograpbishe

fttut von Gieseckeund Devrient in Leipzig und Berlin vertrieben, Ein Exemplar der Marke liegt uns vor. Goldgrund thront hoheitsvoll eize Lipsia ; ihr linker Arm }tüßt sh auf einen Schild mit dem Stadtwappen, der rechte hält Lorbeerkranz und Palme. Die unteren Ecken zeigen Attribute der Industrie und des Gewerbes; nah außen zu umschließt ein blauer Nand die Jy- schrift : Sähsish-Thüringishe Industrie- und Gewerbe- Ausstellung

Konzerte.

Im Saale der Königlichen Kriegs-Akademie fandam Freitag zu einem wohlthätigen Zweck ein „Musikalish-deklamatorischer Abend * statt, welchen die wohlbekannte Konzertsängerin Frau Anna Das Duett „Una sera d’amore“ welches die Damen Emmy Lampe und die

Goldbach veranstaltet hatte. von Campana,

Konzertgeberin vortrefflich wvortrugen, machte den Anfang. o Frau Ida Klee, deren Konzert- Vorträge in der Aula des Falk-Yealgymnasiums jüngst so großen Beifall fanden, brachte hierauf ihre fklangvolle Stimme und finnige Schattierungsweise in zwei Liedern von W. von Woikowsfki- Biedau und Franz sowie in Nubinstein's So der Vöglein“ wirksam

Barby (Sopran) und J (Violine) Schwarz (Bariton) durch wohl na i 20e, die von eifällig wurden. Die Klavierbegleitung befand sich in den geschickten Händen Die deklamatorishe Betheiligung an

Altistin und Gesanglehrerin

zur Geltung. Außerdem erfreuten Frau von

die Herren Soma ck - Steiner

erschienenen Publikum

dem zahlreich

der Frau Marie Neschke.

Matkowsky. Im März wird als 2. und 3. Abend des Cyclus Es „König Heinrich der Vierte“

ie

fein- | führung. Die ei ns lautet :

Königin : Fräulein Poppe ;

Und. Karl

aufgenommen

Außer dem Shwank „Die Höllenbrücke“ wird daselbst auch Georg Engel’s Schauspiel „Hadafa® zur Aufführung gelangen. Die Haupt- rollen befinden fich in den Händen des Fräulein Lindner und des Herrn

( in der BAR nous von Schlegel-Tieck, bearbeitet von Wilhelm Oechelhäuser, gege

Morgen gelangt Shake)peare's „König Richard der Zweite", über- seßt von Schlegel, bearbeitet von Wilhelm Oechelhäuser, zur Auf- König Richard: Herr Matkowsky ; ï e; Herzog von Lancaster: Herr Molenar ; Herzog von Vork: Herr Klein; Bolingbroke: Herr Ludwig. Hedwig Niemann wird auf besonderen Wunsh Ernst von Wilden- bruh's in der einaktigen Schauspiel-Novität „Jungfer Immergrün“, welhe am nähsten Sonnabend im Lessing-Theater zur ersten Aufführung gelangt, die weiblihe Hauptrolle spielen. Sans-Gône“ wird die Künstlerin nur noch zweimal auftreten, und ¿war am morgigen Dienstag sowie am Freitag.

mit vollständig neuer Ausstattung von Shakespeare's Königsdramen

Bestellung der en werden.

In „Madame

Der unter d

Vorsiß_ des Afrikaforschers Grafen von Schweini thätige Arbetz:

Sonderausfstellung deutscher

Kolonien

(Gruppe XX111 des Gefammwtunternehmens) hat jeßt sein Programm

folgende Eintheilung getroffen: 1) Darstellung der

Kolonien, Produkte, Maschinen, sowie dem

ufbau von Dörfern und Vorführung

von Eiy- Familien; 4) Darstellung s.

des Lebens der 6) Porträts hervorragender Forscher,

2 Treppen, wohin ind, au

Der Erfolg, den bier und anderwärts die Idee der Ausgabe von „Ausstellun gs8-Marken“ gehabt hat, hat auch den geschäfts, führenden Auss{huß der im nächsten Jahre zu Leipzig statt-

ächsisch-Thüringishen Gewerbe- und In: bewogen, Marken herstellen zu lassen haben, die Kunde von dem Unter,

Auf mosaikartig gehaltenem

Der untere freie Naum ist dem Aufdruck von Firmen-

namen vorbehalten.

Die bekannte Blumenhandlung von J. C. Schmidt in Erfurt, Hoflieferant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, ver, sendet zum herannahenden Frühjahr ihre geschmackvoll ausgeftatteten, umfangreihen Samen- und Pflanzenkataloge und ihr N und Baumschulen-Verzeichniß. Beide sind reich illustriert und so übersichtlich geordnet, daß den Kunden die Auswahl und

ofen:

gewünschten gärtnerischen Erzeugnisse so leit wie

méglih gemacht ist.

Friedeberg (Neum.). welche im hiesigen Kreise bestehen, werden, dem Beschlusse des Kreis- tages vom 10. Dezember v. J. gemäß, mit dem 1. April d. gehen, da ihr Weiterbestehen, nahdem die Stationen in den Nachbar- Treisen hon seit längerer Zeit aufgehoben find, zwecklos erscheint.

Die vier Verpflegungs stationen,

áI. ein-

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

E A A

om 17, Februar,

v 8 Uhr Morgens.

Wetterbericht hr

Stationen. Wind. Wetter.

Meeres\p.

red. in Millim in ? Celfius

Bar. auf 0 Gr. Temperatur 99 C. =4' R,

3 Ju. d.

SO SW WSW WNW

4 bedeckt 1 bededt 6 bededt 2/Dunst WNW 2 bededt |NNW 4wolkenlos [WNW ae

Belmullet. . Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stockholm . P arab x „Petersburg Moskau

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[SSW 3Schnee!1)

bedeckt halb bed. wolkig bededckt Nebel bedeckt Dunst beiter

Cork, Queens- R o Cherbourg .

08

mburg .. ienen M B Neufahrwasser Memel

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ünster. .. Karlsruhe . . Wiesbaden . München Chemniy Weil. ««« N 4 Breslau .…. | 775

wolkenlos wolkenlos wolkenlos wolkenl.2) wolfenl.3) heiter bededt Nebel Nebel

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Ile d'Airx .. | 771 |ONO ds[wolkenlos Nizza .... | 771 |ONO dswolkenlos R 4 E 1) 1 wolkenlos

1) Gestern und Nachts Schnee. 2) Reif, Dunst. 3) Nebel.

Vebersiht der Witterung.

Eine breite Zone hohen Luftdrucks erstreckt \ich von den Britishen Inseln ostsüdostwärts über Zentral-EGuropa hinaus nah derx Balkanhalbinsel, wogegen Nordost-Euroya ‘vou einer umfan iten Depression überdeckt wird, deren Kern am Mei en Meer liegt. In Deutschland is das Wetter im Norden bei {wachen Westwinden mild und trübe, im Süden bei {wacher östliher Luftströmung kalt und trübe; Niedershläge werden nicht ge- meldet. Chemniy und Bamberg melden 81, img A E F ae Save pl das anze Küstengebiet frostfrei. In rußland herrs{cht Fronge Kälte, Charkow minus 24 Grad. I8

Deutsche Seewarte.

(ENCSAGUSRÄDR E T KSNE O M ID E E E E R "C A Theater.

Königlihe Schauspiele. Dienstag: Opern- haus. 43. Vorstellung. Der Barbier von Sevilla. Komishe Oper in 2 Aufzügen von

U I O D O if s O p f i D i S m Ct O

D

Gioahimo Rossini. Dichtung nah Beaumarchais, von Cesar Sterbini, überseßt von Ignaz Kollmann. Dirigent: Kapellmeister - Sucher, Phan- tafien im Bremer Nathskeller. Phantastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musikdirektor Steinmann. Anfang 7+ Uhr. Schausptelhaus. 49. Vorstellung. König Richard der Zweite. Trauerspiel in 5 Aufzügen von William Shakespeare, überseßt von August Wilhelm von Schlegel. Für die deuts{e Bühne bearbeitet von Wilhelm OVecelhäuser. Jn Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober-Inspektor Brandt. Anfang 7F Uhr. Mittwoh: Opernhaus. 44. Vorstellung. ©Ca- valleria rusticana. (Bauern - Ehre.) Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nah dem Paen VBolks\tück von G. Verga. Bajazzi. Oper in 2 Akten und einem Prolog. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deuts von Ludwig Hartmann. Anfang 74 Uhr. Schauspielhaus. 50. Vorstellung. Ein Sommer- nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Musik von Feix Mendels\ohn-Bartholdy. Lanz von Emil raeb. Anfang 74 Uhr.

Deutsches Theater. Dienêtag: Liebelei. Vorher: Der zerbrochene Krug. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Neu einstudiert: König Heinrich der Vierte von Shakespeare. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Liebelei. Vorher: Der zer- brocheue Krug.

Berliner Theater. Dienstag: König Hein- rich. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Donnerstag: König Heinrich.

Lessing -Theater. Dienstag: Zweites Gast- spiel von Hedwig Niemann. Madame Sans- Gêne. Anfang 7F Uhr.

Mittwoch: Comtesse Guckerl.

Donnerstag: Der Thron seiner Väter.

Residenz - Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Hotel zum Freihafen. (L’EÆôtel du Libre Echangze.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, überseßt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 74 Uhr. 6 O und folgende Tage: Hotel zum Frei-

afen.

Friedrich - Wilhelmslädtisches Theater. / Chausseestraße 25—26. Dienstag: Mit großartiger Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und NReqguisiten: Der Hungerleider, Ausstattungs-Komödre mit Gesang

und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und

Louis Herrmann, mit theilweiser Benußung einer

Idee des Mark Twain. Mußk von Louis Noth.

In Scene gesept von Julius Fritsche. Dirigent:

Herr Kapellmeister Winné. Anfang 74 Uhr. Mittwoch: Der Hungerleider.

Ueues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Dienstag: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl-Theater in Wien. Der Herr Direktor (Monsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und E Carré. ODeutsch von Ferdinand Groß. n Scene gefeßt von Sigmund Lautenburg. Vorher: Ein Zündhölzchen zwischen zwei Feuern. Schwank in 1 Aufzug nah dem Sani Pie des H. Honors von Georg Hiltl. Anfang r

Mittwoch, Donnerstag und Freitag: Der Herr Direktor. Vorher: Ein Zündhölzcheu zwischen zwei Feuern.

Sonntag Nachmittag: Zu halben Preisen: Der Militärstaat.

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Dienstag: Letter Ball in dieser Saison. roßer Fastnachts- Maskenball. Vier Musikkorps (200 Musiker): Das Theater-Orchester, die russische Hauskapelle des Hotel Monopol, die vollständige Kapelle des Kaiser Franz-Garde-Grena- dier-Regiments Nr. 1, Musik-Dirigent : Herr John, das vollständige Korps des 1. Garde-Dragoner- Regiments Königin von England, Musik-Dirigent: Ser Voigt. Zum ersten Male: Walzer-:Reigen.

roßes Ballabile, arcrangiert vom Balletmeister F, Neisinger.

Mittwoch: Gastspiel der Frau Pettersou- Norrie. Die \chöne Helena. Hierauf: Musikalische Scherze.

Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Char- ley’s Taute. Schwank in 3 Akten von Thomas Brandon. Repertoirestück des Globe-Theaters in London. In Scene geseßt von Adolph Ernst: Vorher: Die Bajazzi. Parodistishe Posse mit Gesang und Tanz in 1 Akt von Ed. Jacobson und Benno Jacobson. Musik von F. Roth. Anfang

74 Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Bentral-Theater. Alte Iakobstraße Nr. 50,

Dienstag: Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. roi a ee mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund, Musik - von Julius Einödshofer. Ln Scene geseßt vom Direktor Richard Schult.

ie Tanz-Arrangements vom Balletmeister Gund- lach. Anfang 7# Uhr.

Mittwoch: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert-Haus. Dienstag, den 18. Februar: Fastuachts-Subskriptions8-BVall. Karten à 3 4 im Bureau des Hauses.

Mittwoch, den 19. Februar: Großes Extra- Symphonie-Konzert, unter gütiger Mitwirkung der Herren Professor Major, Lauboeck (Violine), Lingen (Gesang, Alt), Professor Dr. Reinecke.

Sing-Akademie. Dienstag, Anfang 8 Uhr: JTT. Klavier-Abend von Ferruccio B. Busoni.

Saal BLKechstein. Liakstraße 42. Dienêta Anfang 73 Uhr : Ax. leßte Abounements-Soirét des Böhmischen Streich-Quartetts.

Pirkus Renz. Karlstraße. Dienétag, Abends 74 Uhr: Außerordentliche Vorstellung. Groß- artiger Erfolg! Ein Künstlerfest, Auf das Glänzendste infceniert vom Direktor Fr. Renz. Außerdem: Auftreten von nur Künstler-Spezialitäten allerersten Ranges. Vorführung der berühmtei Original-Drefsuren des Direktors Fr. Renz Auftreten sämmtliher Clowns und des. beliebten Original-August Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten ersichtlich.

Mittwoch: Ein Künstlerfest. /

Seit 5 Monaten befindet \sich in Einstudierung und scenisher Vorbereitung: Lustige Blätter!

rie

Familien-Nachrichten.

Verlobt: gr Margarethe Wittmack mit Hm. Dr. phil. Friedri Krüger (Berlin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Regierungs-Bal- meister Golds{chmidt (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Pfarrer Ernst Heffter (Rohrbeck b. Jüterbog). Hrn. Lieut. Ernst von Eickstedt (Stargard i. Pomm.). Hrn. Regierungs-Affsessor Dr. von Oberniß (Liegniß).

Gestorben: Hr. Rittmeister a. D. Hans Gebhard Dräseko von Kröcher (Charlottenburg). Pr Bürgermeister Ludwi Hr. Oekonomie-Direktor a. Oswald Sudet (Breslau). Hr. Rektor a. D. Wilhelm Kittel, (Breslau). Fr. Postsekretär Johanna Altmann geb. Posner (Breslau).

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Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. ODruck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Acht Beilagen

(einschließlich Börsen-Beilage), (286)

C C G R E O C E N E L VO E RIEAIR E Sit E L tp tai 6 E

Mas (Schönlanke). j

Deutscher Reichstag. 41. Sißung vom 15. Februar 1896, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sißung wurde in der Nummer d. Bl.

vom Sonnabend berichtet. : Tagesordnung: Fortsezung der Berathung des Reichs- haushalts-Etats, und zwar des MilitärEtats beim Titel: „Gehalt des E E Abg. Bebel (Soz.): er Kriegs-Minister hat gestern in längerer Ausführung mi zu widerlegen gesucht, gelungen is es ihm nicht. Er sagte in Bezug auf die Soldatenmißhandlungen : Herr Bebel hat wohl selbs den Eindruck gewonnen , daß dieses Repertoire nit mehr die nöthige Zugkraft hat. Für mi is es gleichgültig, wie stark das Haus hier beseyt ist im Saal und auf den Tribünen. Mir haben zu sprechen, wenn der Gegenstand auf der Tagesordnung steht, und bei den Millionen draußen finden meine Ausführungen mehr Anklang wie hier im Hause. Der Kriegs-Minister hat mich für seihtgläubig gehalten. Das bin ih keineswegs. Es handelt fich hei den Mißständen, deren Abstellung wir verlangen, garniht um gzialdemokratishe Forderungen ; alles, was wir wollen, kann auf dem Wen der jeßigen Gesellshaftsordnung geschehen, und wenn Sie die ver- morschte Ordnung noch aufrechterhalten wollen, müssen Sie die Klagen ab- stellen, die wir vorbringen. Was ist mir denn Falsches nachge- wiesen? I habe Briefe verlesen von einem jungen Mann, der ih wegen Mißhandlungen das Leben nehmen wollte. Der junge ann hat sih aber nahher das Leben niht genommen. Dafür bin ih doch niht verantwortlich. Die Sauvtiade ist, daß der unge Mann überhaupt zu diesem Entschluß kommen konnte. Uebrigens hat der Kriegs-Minister bei diesem Fall zugestanden, daß die Kameraden einen Mann, den man besonders peinigen will, überfallen und miß- handeln. Das kann doch von der Behörde nicht gebilligt werden, aber der Kriegs-Minister \heint das ganz in der Ordnung zu finden. Dur solche Thatsachen {lagen Sie ja fortwährend der Religion, der Moral, der sittlihen Ordnung ins Gesicht. In einem andern Fall foll der Rücken nicht vereitert gewesen fein. Ich habe gegen militärärztlihe Zeugnisse ein großes Mißtrauen; wenn die Militärärzte alles das, was sie P fetdaeu müssen, beim jüngsten Gericht vertreten sollen, dann wird es ihnen {lecht gehen. Der Mann soll bestraft jn, weil er die Mißhandlungen zuerst abgeleugnet hatte. Karum hat er denn gelogen? Weil er fürchtete, bei Jussage der Wahrheit noch schlimmer behandelt zu werden. Nan fkann sfolhen Aussagen, wie ih an einzelnen ällen beweisen kann, nicht immer trauen, felbst wenn sie beeidigt f. (Präsident Freiherr von Buol: Ich nehme an, daß der Redner niht im allgemeinen von militärishen Eiden \priht, sondern nur von einzelnen Fällen.) Jch bitte den Herrn Präsidenten, vom \teno- graphishen Bericht Kenntniß zu nehmen, derselbe wird ergeben, daß ih nicht das gesagt habe, was einzelne Herren gehört zu haben ver- meinen. Im Fall von Strombeck ist allerdings der Mann, der die Behauptung aufgestellt hatte, wegen Verleumdung angeklagt, aber er ist doch nicht verurtheilt worden. Im Hamburger Fall sprach der Kriegs-Minister von einem Denkzettel. Darin lag eine gewisse Ge- nugthuung. Das Kriegsgericht hat anders geurtheilt; es hat den Major von S{hulze-Klosterfelde zu zwei Monaten Gefängniß ver- urtheilt. Jn Bezug auf die Duelle hat der Kriegs-Minister ge|chwiegen. G ist seltsam, daß alle bürgerlihen Parteien, troßdem fie doch das Quell nit vertheidigen, \{chweigen, wo sie sprechen sollten. Das ist «in Zustand, der auf die Untergrabung der Moral hinwirkt, umentlih wenn von der höchsten Stelle ein sol gemein- xfährliher Unfug geduldet wird. Leider hat Lassalle die Tummheit gemacht, sih in ein Duell einzulassen. Kein Sozial- demokrat wird bas entschuldigen. Wenn Lassalle heute noch lebte, würde er wahrscheinlich anders denken. Die Ordens- vrleihungen sollen wegen der militärishen Stellung erfolgt und des- halb der militärishe Rang dem bürgerlißhen Beruf vorangestellt sin, Es war jedenfalls ein Novum, daß dies bei den diesjährigen Mdensverleihungen zum ersten Mal geschah. Vielleicht is es nur ine Nachahmung der Sucht, den Neferve-Lieutenant auch_im bürger- lihen Leben hervorzukehren. Eigentlih geht uns die Sache nichts an, denn wir Sozialdemokraten kommen nicht in die Lage, uns wegen Drdenéverleihungen Kopfshmerzen zu machen; das wäre Sache der bürgerlihen Parteien gewesen, aber ih wußte, daß es von dieser Seite nicht gerügt werden würde. Die Presse ist manchmal noch tpfer, in den Landesvertretungen aber \priht man nicht von solchen Sachen. Die Broschüren, die mir der Kriegs-Minister anbot, besiße h längst; ich könnte dem Kriegs-Minister vielleiht manche aus teinem Vorrath anbieten. Die Verfasser der Broshüren haben do manhe Erfahrungen gemaht, die man sehr gut verwerthen lann, Daß ein Tauf- und Trauzwang geübt wird, findet der Kriegs - Minister ganz begreiflih. Er schreibt den Verzicht auf die kirchlihen Akte einer \{lechten Erziehung und verderb- lihen Einwirkung zu. Es handelt si darum, ob die Militärbehörde überhaupt eine Befugniß zu einem solhen Zwang hat. Der Kriegs- Minister scheint garniht zu wissen, daß wir ein Zivilstandsge]eß haben. Die Statistik weist na, daß die Kriminalität bei den Dissi- denten am geringsten ist, daß sie also sittlich am höchsten, minde- stens denen, die fih Christen nennen, gleichstehen. Luther betrachtete die Che als ein rein weltlihes Ding, in welches die Kirche nit eingreifen soll. Mit den wissenschaftlichen Vorträgen in den Jünglings- bereinen ist es nicht weit her; es wird mit der Wissenschaft fehr viel Unfug getrieben. Jn den Jünglingsvereinen wird fehr viel über öfentlihe Angelegenheiten gesprohen und Politik getrieben. In erster Linie wird natürlich die Sozialdemokratie bekämpft. Die ommandierung von Soldaten in eine Gerberei entschuldigt der Kriegs-Minister mit einem Nothstand; einen solhen Nothstand

des Unternehmers benußten die Arbeiter, um ihre Forderungen durch- M segen. Das ist auch jeßt beim Ausstand der Konfektionsarbeiter

der Fall; sie wissen, daß die Unternehmer Bestellungen haben. Venn das Angebot von Arbeitskräften groß is, dann drücken die Unternehmer die Löhne. Dabei darf ein Eingriff der Behörden niht vorkommen; am allerwenigsten seitens der tmee. Der Kollege Schall hat meine Rede sehr ernsthaft genommen; denn er hat zur Widerlegung die längste Rede ehalten, die er bisher je gehalten hat. Pola streng objektiv zu sprechen versuht habe, wird mir allgemein bestätigt werden. Herr all hat sich in seinem Urtheil über meine Rede Uebertreibungen

u Schulden kommen lassen. ch bin allerdings nicht Soldat ewesen, aber ih bin Soldatenkind, in der Kasematte geboren und abe Lee ein lebhaftes Interesse für militärishe Dinge gehabt. abe nit gesagt, daß Herr Schall das Duell vertheidigt hat,

tr hat es aber gerechtfertigt im Jahre 1894 am 5. März und zwar [o, daß der Abg. Lieber dagegen Protest erhob. Wenn er und seine intskollegen das Duell verurtheilen, dann ist ihr Einfluß in der Armee ein außerordentlih shwacher. Die Sozialdemokraten sind Geer Armee ebenso gute Soldaten das hat der Reichskanzler raf Caprivi anerkannt wie sie gute Arbeiter sind. Herr Schall

rah von der religiösen Gesinnung des Heeres, von seiner sittlichen

altung. Jch wollte darauf nicht eingehen, weil ih ohnehin shon böses Blut genug erregt habe. Jch weise nur auf einen Vortrag des Pastors Wagner bält dem Kongreß der Sittlichkeitsvereine über die de er- L msse auf dem Lande hin; danach ist der Ausdruck „Unschuld vom a e ein durhaus unzütreffender. Es wird in diefem Vortrag Heer als eine Schule der Unzucht bezeichnet ; die Soldaten würden

durch das Beispiel der Vorgeseßten verleitet. Wenn es \o \{limm in der Armee aussieht, dann kann man \ich nicht wundern, daß die

Folgen \ich im bürgerlihen Leben zeigen. Pastor von Bodelshwingh erging, daß

schildert die traurigen Feste dec Kriegervereine, wo es so h er sih sagte: Einmal und nicht wieder habe er \ich daran betheiligt. Sehen Sie die Programme der Herrenabende der Kriegervereine ! Wenn das am dürren Holze, den älteren Leuten, passiert, wie wird es dann erst beim grünen Holze aussehen? Wenn ih einmal Zeit habe, eine Broschüre zu schreiben, dann werde ih nicht den von Herrn Schall mir angerathenen Titel wählen, sondern den folgenden : Kapi- talismus und Militarismus, die Zwillingskinder einer untergehenden Gesfellshaft. Und das Material dazu werden mir Herr Schall und seine Genossen geben.

Kriegs-Minister Bronsart von Schellendorff:

Meine Herren! Wenn ich s\echs oder sieben Mal dem Herrn Abg. Bebel nachgewiesen habe, daß er \ih geirrt hat, daß er Un- recht hat, dann behauptet er aht oder zehn Mal, er habe Recht. Auf mich macht das absolut keinen Eindruck. Ich glaube, es macht auch keinen Eindruck auf die nichtsozialdemokratischen Mitglieder des hohen Hauses, die gewohnt sind, sich ihr Urtheil selbt zu bilden und nicht auf unbeglaubigte Angaben des Herrn Bebel hin. (Sehr richtig! rechts.) Im übrigen muß ih sagen, es besteht im ganzen Lande auch nicht der allergeringste Zweifel darüber, daß von der Allerhöchsten Stelle herab bis in die unterste Instanz unserer Vorgeseßten die Mißhandlungen aufs s{ärfte verurtheilt werden und daß sie, dank der forgsamen und scharfen Einwirkung der Kommandobehörden, von Jahr zu Jahr mehr abnehmen. Welchen Zweck hat es, daß der Herr Abg. Bebel hier einige Fälle alljährlih vorträgt, sie breit tritt und sie so darzustellen sucht, als wären sie der s{chlagende Beweis dafür, daß in der Armee ganz verrottete Zustände herrshen? Der Zweck ist: zu agitieren nah bekannten Rezepten gegen die Armee. (Sehr richtig! rechts.) Väter und Mütter der Wehrpflichtigen \ollen mit Haß und Verachtung gegen das Heer erfüllt, den Wehrpflichtigen selbst soll noch, bevor sie in den Dienst treten, der Dienst verleidet werden. (Sehr richtig!) Das is der ganze Zweck der Sache. Ih will hier nicht näher auf Details eingehen , die der Herr Abgeordnete vorgebracht hat; mir kam feine lange Rede wie ein langsamer Nückzug vor, bei dem er nur mit den Heckgeshüßzen feuerte. Im übrigen muß ih bemerken, der Herr Abgeordnete be- findet sih zuweilen in großem Irrthum, wenn er, ohne den Zusammen- hang zu kennen, Argumente vorbringt und denkt, die haben ganz erschütternd gewirkt. Jh habe gestern nämli vergessen, hervor- zuheben, daß auch die von ihm ganz haltlos aufgestellte Behaup- tung, Mißhandlungen und \{lechte Behandlung von Soldaten bei dem Regiment in Aachen hätten zahlreihe Desertionen daselbst zur Folge gehabt mit diesen Desertionen verhält es ih wieder, wie mit dem Musketier in Lübeck. (Heiterkeit rets.) Die Leute, die dort desertiert find, gehören der Klasse der unsicheren Heerespflichtigen an, die man, meiner Ansicht nah, allerdings nicht in einer Grenzgarnison hätte einstellen sollen; diese unsicheren Heerespflihtigen sind in der Regel Landstreiher, sogenannte Stromer, die einen sehr scharf ausgebildeten Wandertrieb besißen und im Nichtsthun die angenehmste Beschäftigung suchen. (Zuruf links.) Diese unsicheren Heerespflihtigen, auch unsichere Kantonisten genannt, werden natürlich in der Nähe der Grenzgarnison es fehr verlockend finden, einmal hinüberzugehen,; um inkognito längere Zeit dem Natur- genuß und der Bettelei zu leben. (Heiterkeit.) Seitdem in dem Orte die unsicheren Heerespflihtigen nicht mehr eingestellt werden, haben wir dort auch keine Fahnenflüchtigen mehr in besonders großer

ahl. Y Der Herr Abgeordnete hat weiter von den militärärztlihen Zeugnissen abfällig gesprohen, anknüpfend an einen Fall, in dem ihm nachgewiesen ist, daß er eine unrihtige Behauptung aufgestellt hatte. Nun, ih muß sagen, die militärärztlihen Zeugnisse halte ih für glaubwürdiger und prafktisch weit bedeutender als alle Reden, die der Herr Abg. Bebel gehalten hat und noch halten wird, und seine sämmtlichen Kollegen mit inbegriffen. (Heiterkeit rechts, Zuruf links.) Was er ferner noch über den Werth des Eides hier ge- sprochen hat, so hat schon der Herr Präsident die nöthige Korrektur eintreten lassen, deshalb versage ih es mir, weiter darauf einzugehen.

Von Ferdinand Lassalle hat er au gesprochen. Der Herr Abg. Bebel sagt, es wäre eine große Dummheit von ihm gewesen, daß er si ges{lagen hätte. Meine Herren, wer Dummheiten von Ihren Führern begeht, müssen Sie selbst am besten beurtheilen , darüber maße ih mir ein’Urtheil hier auch garnicht an. (Heiterkeit.) Jeden- falls habe ih stets die Auffassung gehabt, daß Ferdinand Laffalle der Meinung war, er sei es seiner Manneswürde und Mannesehre \chuldig, mit seiner Person einzutreten. (Sehr rihtig!) Der ganze Unterschied ist bei Ihnen der, daß Sie anderer Meinung sind und das für eine Dummheit halten! Ich glaube, das hohe Haus wird es gern sehen, wenn ih weiter darauf verzichte, die 16 bis 17 Nummern, die der Herr Abgeordnete nochmals vorgebraht hat, heute von neuem zu widerlegen (sehr richtig!), sonst würde die Sache endlos werden und wir könnten bis übermorgen uns bloß mit der einen Rede des Herrn Abg. Bebel beschäftigen. Es sind noch mehr Kollegen von ihm vorhanden, die noch reden wollen, denen darf man ‘die Zeit niht weg-

nehmen. (Bravo ! Heiterkeit.)

Abg. Stadthagen (Soz.): Ich bin doch zweifelhaft, ob der Kriegs « Minister für -den Ernstfall die Stellung aus- füllen kann, für die er 36000 M erhält, wenn er ernsthafte Dinge in so scherzhafter Form behandelt. Redner geht bann auf den Fall des Hauptmanns von Strombeck ein, in welchem jeßt der Bde Dommaßsh wegen Verleumdung verklagt sei; dem Beklagten sei es gelungen, nahdem bisher nur Zeugen benannt waren, welhe im militärischen Dienstverhältnisse stehen, andere Zeugen zu finden, welhe nicht mehr im Dienste seien. Der Abgeordnete könne nur für das eintreten, was ihm mitgetheilt ist E Bebel habe in diesem Fall seinen Gewährsmann genannt. Redner weist auf einen Fall hin, wo ein Ulan in Saarburg, wie seine Angehörigen glaubten, infolge einer Mißhandlung ums Leben gekonimen sei. Der Rittmeister habe bestritten, eine Mißhandlung s\tatt- efunden hätte. Aus den Privatbriefen des Verstorbenen gehe aber fewer, daß er mißhandelt worden sei, daß er verhindert worden sei, in das Lazareth zu gehen, und als er es doch gethan, wiederum miß-

handelt worden sei. Redner verliest die Briefe, wobei er mehrfah durch Gelächter unterbrohen wird. Er bemerkt: Wenn es Ihnen lächerlich ist, daß ein Vater sich darüber beschwert, daß sein Sohn beim Militär umgekommen ist, so bitte ih, sagen Sie das bei den Wahlen. Der Fall zeigt, wie die Dg Mißhandlungen nicht verhindern können und s{ließlich an die Mißhandlungen nicht lauben wollen. Die Militärverwaltung {eint keine Mittel zur Ver- Kinbenins zu haben, deshalb stellt man es etwas scherzhaft dar. Der Nedner führt einen anderen Fall eines zum Krüppel gewordenen Klempners Kümmert an, der beim 2. Westfälishen Infanterie- Regiment Nr. 15 gedient habe und nach zwei Jahren als absolut unheilbar entlassen worden sei. Er wurde, fährt Redner fort, dem Landarmenhause zu Geseke überwiesen, da thn seine Heimaths- emeinde nicht übernehmen wollte. Erst auf Betreiben des Landes- Bauviwinne von Westfalen wurde eine kriegsgerihtlihe Untersuchung angestellt und der mißhandelnde Sergeant verurtheilt, aber es wurde die Mißhandlung nicht als die Ursache des Siechthums festgestellt. Dem Manne sind 15 #4 monatlich im Gnadenwege bewilligt; aber er will nicht Gnade, er will sein Recht haben. Die Liste der Mißhandlungen ließe sich ins Ungeheuere steigern. Die Be- hauptungen meines Freundes Bebel sind ja zum übergroßen Theile bewiesen. Jch hatte erwartet, daß der Minister anerkennen würde, daß das System nicht beibehalten werden könne. Wenn er aber annahm, daß wir Haß und Verachtung gegen die Armee haben, so irrt er sich. Haß und Verachtung gegen die Armee müssen die- jenigen haben, welhe solche Pne dulden. Für jeden Denkenden ist offensichtlih, daß der Zweck ist: Abstellung der Mängel und auf den Kriegs-Minister und die anderen Parteien einzuwirken, daß die Mißstände abgestellt werden. Redner beantragt \chließlich, dem Kriegs-Minister das Gehalt zu streichen.

Preußischer General-Lieutenant von Spitz: Es ist der Militär- verwaltung nicht möglih, auf die einzelnen Fälle, die der Herr Vorredner angeführt hat, einzugehen, weil die Akten nicht zur Stelle find. Auch über den lehten, der wohl der Hauptbeweis des Herrn Vorredners gewesen ist, haben wir die Akten nicht hier. Zu den Anführungen möchte ih doch einiges bemerken. Ein Soldat, der in- folge der Mißhandlungen eines Vorgeseßten invalide wird, ift ver- sorgungsberehtigt. Er hat eine Dienstbeshädigung erlitten. Das ist begründet durch die militärischen Einrichtungen; der Mann ift wehrlos dem Vorgeseßten gegenüber. Es if also allgemein anerkannt, daß das eine Dienstbeshädigung ist. Wenn es dem Herrn Vorredner nun lediglih darum zu thun gewesen wäre, dem Manne zu seinem Rechte zu verhelfen, so wäre es meiner Ansicht nah rihtig gewesen, wenn er die Klagen des Mannes oder des Vaters an die Petitions- kommission des Reichstags geleitet hätte. Wie die Erfahrung zeigt, stellen fich dort diese Sachen ganz anders heraus, als sie hier ohne Gegenbeweis ins Land hinausgeworfen werden. Die Sache steht mir als einem Sachkenner von solchen Verhältnissen ziemlich klar vor Augen. Die Verforgungsansprühe des Mannes find untersucht worden, gewissenhaft, wie ih überzeugt bin, und wenn die Angelegenheit noch an die Petitionskommission gelangen sollte, wird es \ih dort bestätigen. Ih bin überzeugt, es if auf das genaueste reherhiert worden, ob der Mann in der That invalide geworden ist, d. h. ob er in den leidenden Zustand gerathen ist dur die Mißhandlungen des Vorgeseßten. Hätte sich dies heraus- gestellt, so würde er feine geseßlihe Pension bekommen haben. Es wird fsih dies aber niht herausgestellt haben durch die ärztlichen Atteste, durch die Vernehmung der Zeugen, das Alles wird in den Akten sein, daran zweifle ich nicht. Der Mann hat auch nit auf dem Gnadenwege, wie der Herr Vorredner meinte, eine Beihilfe erhalten. Wenn der Herr Vorredner das Pensionsgeseß ansehen will, nämlih den § 110, fo wird er finden, wie es im Geseß vorgesehen ist, daß, wenn eine Dienstbeshädigung sih nicht nahweisen läßt, der Mann aber aus irgend einem Grunde, der mit dem Dienst niht zusammenhängt, krank oder erwerbsunfähig geworden ift und entlaffen wird und in bedürftiger Lage ist, daß es dann gestattet ist fakultativ, ist es dort ausgedrückt —, ihm eine Ÿ bie l auf Zeit zu gewähren. Das ist hier der Fall gewesen, und ih bin überzeugt, wenn die Akten durchgesehen werden, wird es \sich ganz anders herausftellen, als es der Herr Vorredner hier vorgetragen hat.

Abg. Graf Roon (d. kons.): Der heroische Entschluß des Herrn Stadthagen, das Gehalt des. Ministers niht zu bewilligen, wird auf das Haus und den Kriegs-Minister keinen Eindruck maden. Wir sind das ja gewohnt, die Herren langweilen uns mit ihren Reden beim Etat, und ließlich lehnen fie den ganzen Etat ab. Die Herren haben ja allerdings das Recht, über den Etat zu reden, aber eigent- N das ungehörig, da sie ja von dem ganzen Etat nihts wissen wollen.

Vize-Präsident Schmidt - Elberfeld : err Abgeordneter, ih muß Sie ersuchen, niht in das Amt des Präsidenten einzugreifen. Welche Reden hier ungehörig sind und welche nicht, unterliegt ganz aus\{chließlich meiner Beurtheilung. i

Abg. Graf Noon (loettaurenDs: Ich füge mich dem bemerke aber, daß die gestrigen Ausführungen des Abg. einen abgehenden Oberst auch ungehörig waren. |

Vize-Präsident Schmidt -Elberfeld: Es ist ein Unterschied, ob ein solcher Ausdruck gebrauht wird gegen einen Abwesenden oder gegen ein Mitglied dieses E

Abg. Graf Roon: Ih muß das anerkennen; s{ön ist es aber auch niht, wenn man gegen einen abwesenden Obersten der Armee \olhe Aeußerungen fallen läßt. Die S des Abg. Bebel sind auch als Mißhandlungsreden diefes Hauses zu betrachten. Ich kann mich niht ganz zu dem Humor des Kriegs-Ministers auf- \hwingen; ich muß es doppelt bewundern, daß ein so viel be- lasteter N wie der Kriegs-Minister noch die Möglichkeit und Frische hat, auf solche Dinge mit solhem Gleihmuth zu antworten. Ih denke daran, daß solche Agitation dem Vaterlande und der Armee \{chädlich ist. Herr Bebel hat davon gesprochen, daß die Soldaten sektionsweise in den Verein junger Männer geführt werden, wo Politik getrieben wird. Wir wollen keine Politik in der Armee; ih würde der leßte sein, der das billigt. Aber womit beweist er denn, da im ristlihen Verein junger Männer Politik getrieben wird ? All- monatli giebt der Verein einen Anzeiger mit seinem Programm beraus. Der Verein bietet den jungen Leuten ohne via ienanhang ein Ges Heim, in welhem Vereinszimmer, Kegelbahnen 2c. vorhanden find. Jedermann hat Zutritt, Anhänger jeder Partei und jeder Konfession, auch die Juden haben E ie Herren thun ein gutes Werk, die dazu Beiträge liefern; von allen guten Christen sind Beiträge willkommen, auf die der Heiden und Juden verzihten wir. (Redner verliest das Drogen des Vereins

ebruar, in welhem von fkeiner O die Rede sei.) ie oldaten find noch niemals hingeführt worden; höchstens können sie einmal in großen Trupps zusammen hingegangen sein. Namentlih gehen die zahlreihen Burschen der hierher kommandierten Offiziere in diesen Verein. Herr Stöcker hat mit ihm nichts zu thun f abt; er hat nur G Vorträge dort gehalten über kirchliche Dinge und Missionen. Der Vorsißende des Vereins ift ein Oberförster a. D. von Rothkirh, stellvertretender Vorsigender is unser Ko heit vie orgfalt

räsidenten, ebel gegen

Bernstorff. Herr Bebel glaubt, daß die zweijährige Dien Selbstmorde vermindert habe; ih \chreibe es der größeren der Vorgeseßten zu. Uebrigens sind doch mit der eia gen

Dienstzeit auch \{chlechte Erfahrungen gemaht worden. Die verständigen 4a der Meinung, daß wir zu der Organisation