1896 / 43 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 18 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

__—-*” ih am allerwenigsten von der Partei des Herrn von Gültlingen unter-

damit eine Vertagung ad calondas Graecas erfolgt sei, scheint si i M llen; denn der Bundesrath hat den Antrag S Li ie Finanzlage seine Ausführung nicht gestatte. Die finanzielle

Seite allein kann nicht entscheidend sein. Da die Frage so alt ist, wie der Militär-Etat selbst, und da es in der C enheit auch günstige Finanzlagen gegeben hat, ohne daß in dieser Ste etwas

ines en e so müßte man auf die Befriedigung dieses Bedürfnisses

ringen, ohne Rücksicht auf die Finanzlage, zumal die Mannschaften dur die zweijährige Dienstzeit mehr angestrengt werden als dur die dreijährige. Die Kosten könnten zum theil gedeckt werden dur die Ueberschüsse der Kantinen, die man in eigener Verwaltung behalten und nicht an Pächter überlassen sollte, Jch beantrage daher : den Reichskanzler zu ersuchen, dafür zu sorgen, daß den Mann- schaften warme Abendkost verabreiht wird und die Mittel dafür flüssig gemaht werden. Sollten die Mittel nicht anders aufzubringen ein, so empfiehlt \ich- eine Wehrsteuer, und zwar eine progressive ehrsteuer für diejenigen, welhe vom Militärdienst frei geblieben sind. Preußischer General-Major Freiherr von Gemmin gen: Meine

Herren! Die Militärverwaltung kann nur lebhaft dankbar sein für die Anregung, die hier gegeben ift. Jch fasse allerdings die Angelegen- heit ein lein wenig anders auf als der Herr Vorredner. Es ist son wiederholentlih betont worden, daß es sich weniger um die Gewährung einer Abendkost handelt, als darum, dem Manne eine Verpflegung zu gewähren, die für seinen Unterhalt au in Anbetracht der ihm aufzuerlegenden Anstrengungen ausreichend is. Die Ver- theilung auf eine Früh-, Mittags- und Abendkost wird si dann von selbst ergeben. - Diese Verpflegung wird bisher in ausreichendem

aße nur an den Tagen gewährt, an welchen der Soldat die Gar- nison verlassen hat ; in der Garnison ist sie keine folche, daß sie nach den wissenschaftlihen und Erfahrungssäten zur vollen rnährung des Mannes ausreiht. Die Militärverwaltung würde aufs äußerste dankbar sein, wenn fie in ihrem Bestreben, das Fehlende zu gewähren und die volle Verpflegung der Soldaten zu geben, die Unterstüßung fände, die auf finanziellem Gebiet unentbehrlih ist. Die Nesolution, die im vorigen abre vom hohen Hause gefaßt worden it, hat eine praktische Bedeutung kaum finden können; denn um folche Versuche anzustellen, gehört Geld, und das ist nicht vorhanden gewesen.

Die Abendkost ist gewährt worden in demselben Umfange wie bisher, d. h. aus den Ersparnissen der Menage; die Kantinen dazu heranzuziehen, ist wohl nur in den feltensten Fällen ungen, Man kann auh kaum sagen, daß die Gewährung aus

rsparnissen erfolgt ist; denn es is den Leuten nicht dasjenige zu

Mittag gewährt worden, was ihnen eigentlih bestimmungsgemäß zu- stand. an hat nur versucht, das an sih nit ganz Ausreichende, besonders in der Rekrutenzeit, in mehrere Portionen zu vertheilen. Was die einzelnen Angaben des Herrn Abg. Freiherrn von Gültlingen anbetrifft, so bin ih nit in der Lage, sie in allen Einzelheiten zu kontrolieren. Die Angabe, daß die Verpflegung unserer Armee in der Garnison nicht ganz so hoch sei wie bei anderen Armeen, glaube ih als rihtig bezeihnen zu fönnen. Was aber den diesseits be- rechneten Geldbetrag zur Beschaffung der Abendkost betrifft, der von dem Herrn Abgeordneten als zu hoch bezeichnet wurde, so möchte ih bemerken, daß im vorigen Jahre bei meiner übershläglichen Angabe in der Budgetkommission von seiten eines Mitgliedes der|elben ausgeführt ift daß der Betrag erheblich zu niedrig angeseßt sei. Jedenfalls würde si über die Art und Weise, wie dies zu berechnen ist, wohl noch eine nähere Verständigung erzielen lassen, wenn überhaupt erft die Mittel flüssig gemacht werden können, die für die ganze Sache erforderlih sind. Das ist bisher leider noch nicht möglih gewesen, und auf seiten der Militärverwaltung kann das nur aufrihtig bedauert werden; es wird zweifellos jede Bestrebung nah diefer Nichtung bei ihr die wirksamste Unterstüßung finden.

__ Abg. Richter (fr. Volksp.): Schon am Donnerstag habe ih von dieser Forderung gesprochen. Jch habe glei erklärt, daß diese Forderung von den Sympathicen aller Parteien getragen würde; ih knüpfte daran die Nußanwendung, daß man um so sparsamer fein müsse gegenüber den Marineplänen. Mit der Forderung selbst find wir einverstanden; etwas Anderes aber ist die Deckungsfrage, die der Vorredpér nur sehr nebenhin berührt hat. Wenn es nach mir ginge, würze der gegenwärtige Etat erheblich günstiger gestaltet werden Æürh Abstrihe und anderweitige Veranschlagung. Aber darin werde

stüßt. Die Anregung desfelben ist daher überaus naiv. Wie würde den Württembergern eine Erhöhung der Matrikularbeiträge ge- fallen? So harmlos wie von Herrn von Gültlingen ift niemals eine neue Steuer präfentiert worden, dieselbe wird durhaus nicht mit großer Freude aufgenommen werden. Eine Wehrsteuervorlage ist {on einmal ziemlich kflanglos im Reichstage verschwunden ; die Regierung hat keine weiteren Versuhe mehr gemaht. Als Kopfsteuer bringt die Wehrsteuer wenig ein; die Familien, welche belastet sind dadurch, daß die Söhne dienen, sollen dann auch für die niht dienenden eine Steuer bezahlen. Viele der Nichtdienenden sind \{chwählich. Wenn der Antrag mehr fein soll, als eine Empfehlung in gewissen Kreisen, so müßte er nit so improvisiert, sondern tiefer begründet werden. So wie sie vorgelegt ist, hat die Resolution weniger Werth als die vorjährige.

Abg. Gröber (Zentr.): Der Antrag foll wohl nur eine An- regung geben für die Militärverwaltung. Die Resolution geht zu weit; man müßte Mittel in den Etat einstellen, um Versuche an- wis zu können. Dadurch behalten wir uns die Hauptentschei- ung vor.

Abg. Dr. von Freege (kons.) {ließt sich dem Vorredner an, weil nur auf diesem Wege das erreiht werden könne, was vom ganzen Hause erstrebt werde. Neue Steuerprojekte sollte man mit dieser Frage nicht verquicken. Gegenüber der Höhe der Matrikular- beiträge fämen doch die Kosten dieser Sache niht in Betracht. Seine Partei wünsche die Reichs-Finanzreform. Wenn man Steuern in Betracht ziehe, könnte man auch an eine Junggesellensteuer denken.

__ Abg. Freiherr von Gültlingen (Rp.) erklärt ih bereit, um einen Entschluß des Reichstags herbeizuführen, seinen eigenen Antrag zurüzuziehen.

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Der Antrag Gröber ift jedenfalls vorsihtiger als der des Herrn von Gültlingen; über diesen Antrag wird man sihch verständigen können.

Abg. Richter: Die Deckungsfrage ist die Hauptsace; billiger als mit 8 Millionen wird man nicht wegkommen. Mit 3,2 Millionen Mark, also 600 _- für das Jahr oder 1,2 pro Tag kann man keine Abendkoft beschaffen. Die Reichs-Finanzreform bat hiermit garnichts zu thun; sie bringt fein Geld, fondern kostet etwas. Wenn man neue Steuern sucht, dann sollte man an die einträglihen Steuern auf die

Eitelkeit denken; eine Steuer auf Titel und Adelsverleihungen würde eine hübsche Summe einbringen. Zur Anstellung von Ver}uchen hat die Regierung doch die Dispositionsfonds. Sollte das aber nit der Fall sein, so hâtte ih gegen die Annahme des Antrags Gröber nichts einzuwenden.

Abg. Bebel (Soz.): Wir sind der Meinung, daß der Staat verpflichtet ist, die Soldaten, die in die Kasernen gezwungen werden, auch rihtig zu ernähren, damit nit die Familien noch größere Opfer bringen müssen für die Ernährung ihrer Söhne. Aber wir müssen ver- langen, daß uns mitgetheilt wird, was die Sache kostet und wie die Mittel aufgebracht werden. 8—9 Millionen reihen nit, wenn die Abendkost gewährt wird, die das Reichs-Gesundheitsamt dafür beanspruht. Es waren in dem Gesundhbeitsbüchlein 15 dafür angeseßt, also wöchentlich 1 6, im Jahre 52 4 Wenn auch die Truppe eine Reihe von Wochen schon En verpflegt wird, so würden immerhin nah meiner Rechnung 29 Millionen Mark nothwendig fein. Für die Bewilligung indirekter Steuern zu diesem Zweke sind wir nicht zu

en. Damit {ließt die Diskussion; die Abstimmung wird bei

der dritten Lesung erfolgen.

Beim Kapitel: „Bekleidung und Ausrüstung der

Truppen“ weist der Referent

Abg. von Podbielsfi darauf hin, daß die Budgetkommission

Lederring verhandelt habe. Jn Bezug auf den ie se gestellt worden, daß jeder Gerber dem Ringe bei-

Abg. Bebel (Soz.): Ih habe bei der Diskussion nicht an- erkannt, daß die Gerbervereinigung so zweifellos unanfechtbar sei, niht die außerhalb derselben stehenden Gerber und die verwaltung geschädigt werden. 1894 hat das Kriegs-Ministerium Verordnung an die Gerbervereinigungen erlassen, welhe einen Wink mit dem Zaunpfahl enthielt. Es waren höhere Preise für Leder gezahlt worden, als sie den Marktpreisen entsprahen. Die frei- händigen Einkäufe haben billigere Preise für dieselbe Qualität Leder ergeben, als die Einkäufe von der Gerbereivereinigun verständigen wird behauptet, daß die kleinen Gerber i dem an der Qualität nihts auszuseßen war, man vermuthete allerhand Durchstechereien dabei. Zeitung“ hat \sich mit dieser hauptungen des

Von Sach-° Leder, troßtz- nicht absegzen konnten; Die „Frankfurter Frage beschäftigt und hat die Be- n dieser Angelegenheit widerlegt. des X. Armee-Korps gelobt und und fieben andere Be- von den Kon- Man wird also wieder zum frei- händigen Einkauf zurückehren müssen, der keine Nachtheile im Gefolge gehabt hat, während die Gerbervereinigung bedenklich wirkt. Ich werde bei anderer Gelegenheit nahweisen, wie die der Ausbeutung gewisser Unternehmerkreise verfällt.

General-Major Freiherr von Gemmingen: Korps arbeiten mit Gerbereivereinigungen und zwar hauptsächlich die sten liegen, entfernt von den Stätten, Der Erlaß von 1894 hatte den Zweck, eine mißbräuhlihe Steigerung der Preise zu verhindern, und dieser Zweck ist auch erreiht worden. Transporte in Betracht für das Sohlleder, welches dort nicht pro- duziert wird. Es haben bezahlt die mit Gerbereivereinigungen arbei- tenden Korps für Sohlleder 3,18 M, Brandfohlleder 2,43

Herrn Möller i Herr Möller hat das Verfahren gerade der Vorsteher der Gerbereivereinigun theiligte sollen wegen Bestehun kurrenzen ausgeschlossen sein.

Militärverwaltung

Armee-Korps, welhe im O welhe das Sohlleder produ

Für den Osten kommen die

für Fahlleder 3,26 M, für i; die anderen Armee-Korps haben bei frei- bändigem Einkauf bezahlt 3,11 (A bezw. 3,29 und 2,41 4 Früher waren nur 87 Firmen bei der Lederlieferung thätig, davon haben aber 9 Firmen für 250 Truppentheile geliefert; da kann man von einem Firmen gehören jeßt der Gerbereivereinigung sind weiter betheiligt; es hat also Namentlih sind auch kleine g ist stets bemüht ge- en worden ist; wenn das Statut der Gerbervereinigung etwas Undeutliches darüber enthält, so wird das ab- In Hannover ist wegen Bestehung eines Unteroffiziers, emeinen Hallunken, der Gerbervere eiligten Fabrikanten gekündigt wor Unteroffizier hatte gar keine Macht, Gerbervereinigung hat gute Wirkung gehabt rath vorhanden und in Bezug auf die Güte Der Artikel i

Ning sprechen. an und 30 einzeln steh eine größere Konkurrenz stattgefunde Firmen herangezogen. wesen, daß niemand zurückgewies

ende Firmen

Die Militärverwaltun

gestellt werden. inigung und einigen Der bestochene den Fabrikanten zu helfen. ; es ist ein großer Vor- haben wir keine {lehten st von einem Lederagenten, nicht sehr begreiflih; denn es sind mehr er Branche vollständig versGwunden.

ehe die Sache jeßt weniger günstig an, als abe mi unterrihten lassen von einem emals an Lieferungen betheiligt hat. Es an will den Zwischenhandel be- nten in Verbindung treten. | und man hat sich künstlichß eine die den Zwischenhandel vertritt. chaffen und einen Geschäftsleiter dafür, der ber dafür die Unkosten zu tragen hat. Ein oßen Firmen früher niht vorhanden, sie Necht und konnten jeden Augenblick durch ß jeder Gerber ih der Ver- Aber die vor-

Erfahrungen gemacht. von einem Fabrikanten und daher als 30 Agenten dies Abg. Richter: Jch in der Kommission. Sachverständigen, der sich ni ist ein eigenartiger Vorgar kämpfen, man will mit den Produze hat fih als unmögli ergeben, Zwischenstation geschaffen, die Gerbervereinigungen ges 4 9/6 Provision bekommt, a Monopol war für die gr hatten kein aus\chließlihes andere Lieferanten erseßt w einigung anschließen fann, ist theoretisch bandenen Mitglieder können ihn weggraulen, und wenn er au Zulassung besteht, so hat der Leiter der V allerhand Möglichkeiten, ihn zurückzuhalten. bereit, fih erst lange mit feinen Konkurrenten um die Sache niht musterhaft funkti und der Vorgang in Hannover. g unterstüßen in dem Bestreben, preis sind einverstanden damit, daß die Be- Aber ob die Vereinigung bestehen _la Da die den Bekleidungsämtern Offiziere von der Sache nichts verstehen, so nehmen die ster Einfluß auf die Entschei- ziere einstellen, welche längere ändiger werden. Es handelt sih niht um solche ereien vorkommen; da muß der ofort abgebrochen werden, fondern um den dauern- den Verkehr, und die Einrichtungen haben sh doch als fo wiesen, daß man der Militärverwaltung nicht in die Daß man in

\chlechtes L

sehr \chön.

ereinigung immer noch ist niht jeder die Zulassung oniert, beweist

Wir wollen

herumzustreiten. Zirkular von 1894 die Militärverwaltun Waaren zu erhalten kleidungsämter die Einkäufe m bleiben soll, das lasse ih dahingestellt. vorstehenden

Lieferanten an dung haben.

, daß die betheiligten Mei Jett will man aktive Offi Zeit dabei bleiben und dadur sachverst Abg. Dr. Hammacher (nl.):

Eventualitäten, daß einmal Durchsteh Verkehr natürli \of

Arme fallen Hannover durch Bestehung eines Unteroffiziers zu bringen versucht hat, beweist, wie Der hier angeführte er er bietet die größten reinigung ordentlich alls jeßt noch nit

eder an den Mann naiv und ungeschickt die Unterr Herr Möller ist niht unser früherer Kollege; ab Garantien dafür, daß die hannovershe G geleitet wird. Eine tadelnde Kritik ist jedenf angebrat.

Generalmajor Freiherr v

: 21 : on Gemmingen : Der Unteroffizier ist ein Meister, aber nit der

Meist Meister, welcher Einfluß hat. zier ist umhergereist und hat die Leute in den Glaube er TÉönnte ibnen helfen, und hat dadur verwaltung hofft, da solche Waarenkenntniß garniht mehr dabei b

Der Unter- , un! adurch Geld erpreßt. Die Militär- ÿ die Offiziere der Bekleidungsämter sich eine aneignen werden, daß untergeordnete Personen etheiligt zu werden brauchen.

Bei den Ausgaben für Servis bemängelt

__ Abg. Dr. Hammacher, offiziere sih selb Wohnungen Servisbetrag erhielten, geforgt werden, daß Fonds vorhanden wären, den Unteroffizieren einen Zushuß zu geben. in der dritten Lesung einen Ersparniß aufweise, General-Major Frei Unteroffiziere sind 1893 Mannschaften Naum zu werden, denn es liegt hier ein Mißstand vor, lange nicht ausreicht, hat Ersparnisse und di Vorredners dankbar an Abg. Richter:

weil man wo Wohnung vom Servis lagen aus f\tädti ist auf die Ve Lücke jollte ausg kostspielige Woh

daß in Minden verheirathete Unter- miethen müßten, wofür sie nur einen der die Miethe nit deckte. Es müsse dafür um in folhen Fällen Redner behält ih vor, l Antrag einzubringen, diesen Titel, der eine hierzu zu verwenden.

herr von Gemmingen: Die verheiratheten aus den Kasernen ausgezogen, um für die soll wieder umgeändert i daß der Servisbetrag die Wohnung zu bezahlen. Der Servisfonds e Militärverwaltung nimmt die Anregung des

Einige Bezirks-Feldwebel erhalten hl Mitleid mit ihnen hatte, allein nit bestreiten konnten. hen Mitteln sollten niht gestattet sein. hältnisse der Unverheiratheten zugeschnitten. efüllt werden, damit nicht der ngebäude zu bauen.

_ Abg. Gröber (Zentr.): heiratheter Unteroffiziere is v , troydem sie zusammenhängt mit der Kasernierung. General-Major besteht nicht bloß in

da sie ihre Solche Zu- Der Servis

Drang größer wird,

Die Frage der Unterbringung ver- om Reichstage noch nicht

ganzen Frage der

Freiherr von Gemmingen: Das Bedür in Minden, sondern auch an anderen Orten. Neubauten sind für jede Kompagnie oder S wohnungen vorgesehen. Beschaffung einer Wohn halt handelt.

Beim Kapitel Abg. Richter

| chwadron drei Familien- Der Servis is derselbe, ob es fich

ung oder um einen vorübergehenden Aufent-

„Militär-Medizinal wesen“ führt die Absicht,

an dieser Stelle über die Unterbringung der Bekleidungsämter und

L ; Gewährun Prämien an die Studierenden die Vakanzen unter den Mili

é

ärzten zu befeitigen , verfehlt sei, und fährt fort: Die rämi 660 M jährli betragen. Man sollte sie lieber S ui 1 besserung der Gehälter. Denn wenn die Gehälter so niedrig bleiben, dann wird sih der Zuzug aus den nicht auf den militärärztlichen Bildungsanstalten ausgebildeten Zivilärzten vermindern. Je mehr Assistentenstellen beseßt werden im Verhältniß zu den höheren tellen, um so mehr verlangsamt \sich das Avancement, und durch wird der Reiz, Militärarzt zu werden, noch geringer. Zu wenig Aerzte haben wir nit; es besteht {on in den größeren.

Städten ein ärztliches Proletariat. Ist es da überhaupt richtig,

dur Prämien zum Studium der Medizin anzuregen ? Die Avanee- mentsverhältnisse sind fo \{lecht, daß man erst mit 45 Jahren Stabsarzt erster Klasse wird, also Hauptmann während der Hauptmann erster Klasse gewöhnlich mit dem 41. Jabre pensioniert wird. Aus der Zivilpraxis können die Militär ärzte hon wegen der häufigen Verseßungen wenig Nebeneinkommen

erzielen. Die militärärztlihen Institute haben vor kurzem ihr:

100 jähriges Jubiläum gefeiert, aber in 100 Jahren ändert f manches; es könnte wohl die frage aufgeworfen werden, ob diese Institute jeßt noch berechtigt sind, da \ich der Ersaß der Aerzte niht mehr aus Barbieren und Chirurgen rekrutiert. Ich kann daher nur beantragen, die Mehrforderung für die Prämien abzulehnen,

Major Wachs: Die Lücken in den Reihen der Assistenz-Aerzte welche jeßt 66,7% betragen, follen ausgefüllt werden, damit wir in, Frieden und im Kriege nit in Verlegenheit kommen. Deshalh kann eine Erhöhung der Gehälter bei den höheren Stellen das Be. dürfniß nicht deen. Es handelt sich bei den Aufbesserungen um zwei Kategorien: die Schüler des Friedrich Wilhelms - Instituts und die Schüler der Chirurgischen Akademie, welch leßtere bisher s{chlechter gestellt waren. Es soll eine Gleichstellung erfolgen.

Abg. Richter: Schon vor 50 Jahren haben militärärztliche Sachverständige \ich für die Aufhebung der besonderen Institute ausgesprohen. Wenn es gelänge, die Zahl der Assistenz-Aerzte von 300 auf 900 zu vermehren, so würde es dreimal länger dauern die höheren Stellen zu erringen. Das würde jeden Arzt, der dazu nicht verpflichtet ist, abhalten, Militärarzt zu werden.

Beim Kapitel „Reisekosten u. s. w.“ fragt der Abg. Me wie es mit der Revision der Reisekosten-Reglements

ehe.

Ein Negierun gs- tommissar vom Neichs-Schaßamt erklärt, daß die Militärverwaltung wegen dieser Revision vorstellig geworden sei. Es sei aber wünschenswerth, daß in Uebereinstimmung mit Preußen vorgegangen werde. Preußen wolle aber niht vorgehen, che nicht die Gehaltsaufbesserung für die Beamten eingetreten sei und die Eisenbahntarife neu geordnet seien. Eine Minderausgabe werde wohl nicht entstehen, sondern eher eine Mehrausgabe, denn wenn die Reisekosten vermindert würden, so bestehe man auf einer Erhöhung der Tagegelder.

Abg. Bebel: Diese Antwort hatte ih erwartet; die Sache steht alfo auf dem alten Fle. Warum sollen wir uns denn nach Preußen richten; dieses kann sih ja einmal nach dem Neiche rihten. Jh werde nächstes Jahr, wenn die Sache niht auf ein anderes Gleis kommt, einen bestimmten Antrag stellen.

ZU diesem Titel liegt ein Antrag von Podbielski vor:

„den Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß die nah 89 Biffer 1 des Geseges über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Februar 1875 und vom 21, Juni 1887 vom Bundesrath „von Zeit zu Zeit festzustellenden Vorspann- vergütungssäße zukünftig so hoh bemessen werden, daß für diese Säâvue die nah § 3 des angeführten Gesetzes in erster Linie Vorge- \chriebene Sicherstellung des Vorspanns für die auf Märschen, in Lagern oder in Kantonnierungen befindlihen Theile der bewaffneten Macht durch Ermiethung ermöglicht wird, was bei der jeyigen Höhe der Vorspannvergütungssäße ausgeschlossen ist.“

Abg. von Podbielski (dkonf.): Wie andere Naturalleistungen,

¿. B, die Quartiere, so ‘werden au die Vorspannkosten noch nit richtig bezahlt. Ich glaube, daß für die vom Bundesrath angeseßten Preife niemals eine Fuhre gemiethet werden könnte. Wenn nament- lih zur Zeit der gehäuften landwirthschaftlihen Arbeiten für folche Fuhren nicht die richtigen Entschädigungssäte gezahlt werden, so tritt direkt eine Schädigung der Landwirtbe ein.

Der Antrag wird angenommen. Um 91/4 Uhr wird die Berathung abgebrochen. Nächste Sißung Dienstag 1 Uhr. (Anträge, betr. das

Vereinsreht.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 21. Sißung vom 17. Februar 1896.

Ueber den Beginn der Sigzung is gestern berichtet worden.

Das Haus seßt die zweite Berathung des Staatshaus-

halts-Etats für 1896/97 beim Etat der Bauverwal- tung fort.

Abg. Gothein (fr. Vag.) beruft sih auf den früheren Minister

Delbrü dafür, daß man bei dem Erlaß der Verfassung beabsichtigt habe, auch den Verkehr auf Kanälen abgabenfrei zu lassen. Ein nationalliberaler Kanalfreund sagte mir einmal, man sollte si, wenn man einen Kanal wünsche, ruhig zu hohen Abgaben bereit erklären ; später würden die Gebühren son heruntergeseßt werden, wenn der Verkehr unter der Höhe derselben leide. Di

landkanal nicht ohne Konzessionen für sie selbst zustimmen; der {{lesishe Provinzialausshuß hat dafür einen Kanal von Maltsch nah der Elbe zur Verbindung mit dem Oder-Spree-Kanal. Der Verkehr darf nit ershwert, er muß möglichst erleichtert werden.

ie Provinz Schlesien könnte dem Mittel-

Ministerial-Direktor Sh ul: Die Regierung steh1 nicht auf

dem Standpunkt Delbrück's. Es wird eine Monographie über diese Fragen erscheinen, welhe man abwarten solle.

Abg. Sch mieding (nl.) erklärt, si den Kanalfreund, den ihm

Herr Gothein an die Nockshöße gehängt habe, abshütteln zu müssen.

Abg. Wallbrecht (nl.) protestiert gegen eine Unterstellung des

Abg. Gothein, daß die Nationalliberalen Gegner des Mitelland- Kanals gewesen feien.

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. von

Pappenheim, Gothein und Wallbreht werden die Ein- nahmen aus Brücengeldern, Strom- und Kanalgefällen be-

willigt.

Veher die Petition des Kreis-Ausshusses des Landkreises Koblenz um Beseitigung bezw. Ermäßigung des Brüdcken- geldes für die Schiffbrücke zwishen Koblenz und Ehrenbreit- bil v git die Budgetkommission zur Tagesordnung über- zugehen.

Abg. Stöß el (Zentr.) befürwortet unter eingehender Darlegung

der dortigen lokalen Verhältnisse, die Petition der Negierung zur Be- rücksichtigung zu überweisen.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen: : Es liegt nah meiner Auffassung gar kein Grund vor, die

Koblenzer Brücke anders zu behandeln als alle anderen. Es wird hier eine besondere Leistung seitens des Staats den Uferbewohnert gemacht, für die zweckmäßigerweise auch eine besondere Vergütung zu beanspruchen is, @Es kommt noch hinzu, daß der Staal durh das Brückengeld nicht einmal zu seinen Selbst- kosten kommt; er würde erheblich zuschießen müssen, wen das Brückengeld aufgehoben würde. Ferner is in Betracht zu ziehen, daß die Aufhebung des Brückengeldes nicht einzig und allein sich auf die Koblenzer Brücke erstrecken würde, sondern zunächst auf alle

Tien Rheinbrücken und wahrscheinlich auch auf die Brücken über

hie anderen \{iffbaren Flüsse. Nun ist neuerdings gerade von großen Stadtgemeinden der Antrag

estellt worden, daß, um die Erbauung weiterer Brücken über

i hein zu ermöglichen, der Staat sih bereit erklären möge, auf 7 e längere Zeit hinaus die Erhebung des Brükengeldes sicher zu stellen ;

denn nur dadur, daß die Erhebung eines angemessenen Brücengeldes auf längere Zeit zugesichert wird, wird es z. B. für die Städte Köln, Bonn, Düsseldorf u. |. w. möglich sein, ihrerseits eine stehende Brücke 1 errihten. Es kommt ferner in Betracht, daß es si hier nicht U um eine Schiffsbrücke handelt, sondern au, wie der Herr Abg. Stöpgel weiß, um die stehende Brücke, die, ursprünglich zu Eisenbahn- weden erbaut, nunmehr ebenfalls für den Landverkehr freigegeben ift. (s muß also bei der Berehnung der Betriebskosten des Staats die stehende Brücke ebenfalls in Betracht gezogen werden, und, wenn das geshicht, so kann davon gar nit die Rede scin, daß durh das Krükengeld, welhes erhoben wird, die Ausgabe des Staats gedeckt wird. Ih möchte daher dringend bitten, daß das hohe Haus si dem Antrag der Budgetkommission anschließt.

Das Haus beschließt nah dem Antrage der Budget- fommission. O

Bei den Einnahmen aus Baupol izeigebühren bemerkt

Abg. Haußmann (nl.), daß für einige ländliche Gemeinden in den Provinzen Hannover und Posen diese Gebühren neu „eingeführt werden sollen. Man könne diese Bitton nit eher bewilligen, als his mitgetheilt sei, wie hoh die Gebühren im einzelnen sein sollen; die von der Regierung gegebene Versicherung, daß die Gebühren die Selbstkosten des Staates für baupolizeilihe Genchmigungen und jechnishe Beaufsichtigung nicht überschreiten sollen, genüge n!cht.

Ein NRegierungskommissar theilt mit, daß die Gebühren nur sehr gering seien und nur 1 9/00 der Bausfumme betragen sollen. Ohne Erhebung einer Gebühr sei die tehnische Beaufsichtigung der Bauten niht möglich. l j

Abg. Dr. Sattler (nl.) äußert ebenfalls große Bedenken gegen diefe Gebühren in kleinen ländlihen Gemeinden. Es sei nicht angängig, daß jede kleine baulihe Reparatur einem Baukonsens unterliege. Qamit lege man den Grund zu großer Unzufriedenheit auf dem Lande. Nur für große Bauten könne ein Baukonsens zugelassen werden.

Der Negierungskommissar bemerkt, daß kleinlihe Gründe hei der Konzessionierung der Bauten nicht gelten werden. Dasselbe Yerfahren habe sih in den Provinzen bereits bewährt. /

Abg. Wallbrecht spricht si gleichfalls dagegen aus, daß die fleinen Bauten auf dem Lande einer besonderen bautechnischen Prüfung mnd Genehmigung unterliegen; höchstens rößere Gebäude von einer stimmten, niht zu niedrigen Bausumme aufwärts könnten diefer Bestimmung unterworfen werden, \onfst sei diese eine große Belästigung.

Der Regierungskommissar bemerkt, daß kleinere Bauten, wie Aborte und kleine Ställe, ausgenommen sein sollen. :

Abg. Gerlich (fr. konf.) erklärt sich im Interesse der Provinz Yosen mit den Vorrednern einverstanden. Bei den kleinen Leuten auf dem Lande werden überhaupt keine Zeichnungen gemacht, die ein- gesandt werden könnten. Die Leute können gar nicht zeichnen, sie bauen einfa) darauf los.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich glaube die Herren Vorredner sehen Ge- spenster (Heiterkeit), die in der Wirklichkeit gar niht in die Erschei- nung treten werden, und gerade die Ausführungen des Herrn Vor- redners müssen meines Erachtens das hohe Haus zu der Erwägung führen, daß es doch dringend nothwendig ift, in dieser Beziehung auf dem Lande etwas mehr Ordnung einzuführen und Schädlichkeiten fernzuhalten, die jeßt vielfah empfunden werden. Es kommen n erheblider Anzahl gerade aus der Provinz Posen Anregungen an die Zentralstelle, bessere Zustände in dieser Hinsicht uf dem Lande zu schaffen. Wenn das wirklih der Fall ist, daß in der Provinz: Posen die Leute auf dem Lande so aus freier Hand ohne Risse und Zeichnungen und ohne irgendwie \ih tehnisch dazu befähigt zu fühlen, Häuser bauen, so ist das meines Erachtens ein Zustand, der nit weiter geduldet werden kann. Dahingegen gebe ih vollständig preis, daß diese Bestimmungen niht dazu führen dürfen, eine unnüge Belästigung der Landbevölkerung herbeizuführen.

Reine Herren, das ist aber Ausführungésahe. Im Prinzip, glaube ih, ist das, was wir vorschlagen, durchaus gerecht und auch im Inter- ese des Landes.

Abg. Dr. Sattler (nl.) beantragt, den Einnahmetitel folgender- mam zu fassen: Baupolizeigebühren in Städten mit Königlicher Polizeiverwaltung. e i _ Der Negierungskommissar betont nohmals, daß gering- fügige Bauten nah wie vor nur der polizeilihen Genehmigung, nicht einer besonderen technischen Prüfung unterliegen sollen.

Abg. Gerlich (fr. kon}.) befürwortet die Zurückverweisung des Titels an die Budgetkommission. ] i

Abg. Dr. Sattler (nl.) hebt hervor, daß in anderen Provinzen nur die Genehmigung der Amtsvorsteher nöthig sei. Eine strengere baupolizeilihe Kontrole fei niht zu verwerfen, lein Antrag ziehe aber eine rihtige Grenze; denn die ländlihen Gemeinden müßten aus- genommen sein. j

Der Negierungskommissar erklärt ih gegen den Antrag Sattler. Der Staat beanspruche nur dasselbe Recht, was die Ge- meinden hon haben; die Gebühren sollten nur so hoch sein, daß sie die Selbstkosten decken. a /

Abg. Schröder (Pole) befürchtet von dieser Maßregel eine Vermehrung des bureaukratischen Schreibwerks und spricht sich da- gegen aus, ist aber mit der nochmaligen Ueberweisung an die Kom- mission einverstanden. A a 5 0. Wallbrecht is ebenfalls für nohmalige Kommissions- erathung.

Abg. von Bockelberg (konf.) hält den Antrag Sattler für unverständlich ; der Titel habe nur eine etatsrehtlihe, keine prinzipielle

edeutung; denn das bisherige Verfahren bleibe bestehen, die Bau- dolizeiordnung werde niht geändert. Gegen eine neue Kommissions- erathung habe er aber nihts einzuwenden. : ,

Abg. Im Walle hält weitere Aufklärungen in der Kommission dur die Regierung für wünschenswerth. : :

Das Haus beschließt die Zurückverweisung an die Budget- fommission.

Vei den dauernden Ausgaben und zwar. dem Gehalt des Ministers bemerkt :

_ Abg. Wallbreht (nul.): Die Verbindung der Bauverwaltung mit dem Eisenbahn-Ministerium is heute nit mehr ange- braht. Der Minister müßte ein Gott sein, wenn er die damit verbundenen Aufgaben alle übersehen wollte. Jn der Bau- verwaltung haben sich viele Uebelstände eingeshlihen. Die Technische Dohsule in Hannover ist in Bezug auf die Façade ganz verfehlt, er Aesthetik is dabei keine Rechnung getragen. Eine große erkehröbrüde in eina ist Monate lang einfah gesperrt orden, Die Kanali erung der Fulda hat man so gemacht, als ob Ten ein Treppenhaus von oben anfange und dann die unteren eirePpen nicht baue. Ueber die neue Weserbrücke bei Hameln durfte Ne Dampfwalze erst nit hinüberfahren, dann nur des Morgens bl, und jeßt neuerdings i} sie ganz freigegeben. Wo liegt der hler dabei in der Verwaltung? Bei der Safénaklage im Frischen bei Königsberg sind bedeutende Etatsübershreitungen vorge* E) man hat \sich dabei mit Bohrungen entschuldigt. der großen Weserkorrektion sind keine Etatsüberschrei-

tungen vorgekommen, weil da ein tüchtiger tehnisher Leiter war. Der Fehler liegt in der Verwaltung, es sind zu viele Instanzen vorhanden; die tehnishen Beamten müssen ere Fühlung mit dem Chef der Verwaltung erhalten. Die Bauverwaltung muß vom Eisenbahn - Ministerium abgezweigt werden, sie kann vielleicht «an das Handels - Ministerium angeldloffch werden, wo nicht soviel zu thun ist. Diese wichtige Frage muß endlich einmal gelöst werden.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Der Herr Abg. Wallbrecht hat seine Ausführungen begonnen mit dem Saß: daß das Arbeits-Ministerium zershlagen werden müßte und zwar in ein Bauten-Ministerium und in ein Eisenbahn- Ministerium, und er hat auch mit diesem Sah geschlossen. Was aber zwischen Anfang und Schluß von ihm ausgeführt ist, bringt meines Erachtens für diesen Say keine Beweisgründe. Die Beispiele, die er dafür gegeben hat, daß die Bauverwaltung nah seiner Auffassung oft ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist, find meines Erachtens auch unglücklich gewählt. Jh gebe von vornherein zu und alle meine Herren Kollegen aus der Bauverwaltung werden dem zustimmen, daß Fehler und Irrthümer auch in der Technik vorkommen, wie sie überhaupt in der menshlihen Natur tief begründet sind und niemals ganz vermieden werden können. Aber, meine Herren, wie diese Fehler vermieden werden follen, wenn die Ressortverhältnisse geändert werden, das ist mir unerfindlih; denn es würden, ob nun die Bauverwaltung dem Arbeits-Ministerium oder irgend einem anderen Ministerium unterstellt wird, doch \ch{ließlich im Großen und Ganzen dieselben Organisationen Plat greifen müssen, die auch heutigen Tages maßgebend sind.

Wenn ich mich nun zu den einzelnen Ausführungen des Herrn Abg. Wallbreht wenden darf, so hat er zunächst sehr \harf getadelt den Anbau, der für die Technishe Hochschule in Hannover ausge- führt worden is. Meine Herren, die Auffassungen darüber, was ästhetisch gelungen und was ästhetisch nit gelungen ist in der Architektur, sind bekanntlih sehr verschieden. Die Hannoveraner haben einen ganz besonderen Geschmack, der manchmal von anderen Leuten nicht getheilt wird (Heiterkeit). und da gerade ein Hannoveraner den Anbau nicht ausgeführt hat, so finde ih es sehr begreiflih, daß die Kritik in Hannover ziemli scharf gewesen ist. Jh kann dem Herrn Abg. Wallbrecht die Be- ruhigung geben, daß dieser Bau projektiert und ausgeführt ist von Architekten, deren Ruf als Künstler und Techniker unantastbar ist. Das zweite Beispiel für die angebliche Unvollkommenheit der Bauverwaltung ist die sogenannte Friederiken-Brücke über die Leine in Hannover. In- wiefern die Bauverwaltung in ihrer Organisation {huld daran sein soll, daß diese Brücke plöplih ihre Thätigkeit hat einstellen müssen, ist mir ebensowenig erklärlih. Es kommt ja leider nicht selten vor, daß eine Brücke gesperrt werden muß, weil die Baupolizei zu der Ansicht gelangt ist, daß die Brücke nicht mehr die nöthige Sicherheit bietet; daß das Unbequemlichkeiten herbeigeführt Vat. in anaer. L mr sebr beareisliO, und B habe meinerseits das Mögliche gethan, um dieselben rasch zu beseitigen. Es ist, wie Herr Wallbreßt \chon hervorgehoben hat, ein Abkommen getroffen worden zwishen den betheiligten Ressorts das ist nicht bloß das Ministerium der öffentlihen Arbeiten, son- dern auch das Kriegs-Ministerium is daran betheiligt —, wonach die Brücke in Zukunft der Stadt übertragen wird. Jch kann daher au dieses Beispiel nicht als geeignet erahten, um daraus eine allgemein abfällige Kritik gegen die Bauverwaltung, insbesondere gegen die Organisation derselben hex1zuleiten.

Das dritte Beispiel is die Kanalisation der Fulda. Dieses Thema ift hier bereits wiederholentlih sehr eingehend berührt worden. Es ist der Bauverwaltung, namentlich der Wasserbauwaltung, speziel der Vorwurf gemacht, daß sie bei der Kanalisation der Fulda dem Fuldakanal eine größere Tiefe gegeben hat, als z. Zt. noch die Oberweser bei niedrigen Wasserständen hat. Ich glaube, wenn das Umgekehrte der Fall gewesen wäre, so würde mit viel größerem Nechte der Bauverwaltung ein Vorwurf gemaht werden können; denn eine Regulierung, oder vielleiht au eine Kanalisierung der Oberweser wird ja zweifellos mit der Zeit wohl noch einmal erfolgen, (hört! hört!) wenn auch augenblicklich dafür ein Bedürfniß noch niht anerkannt wird; aber Sie wißen ja, bei den Verhandlungen über den sogenannten Mittellandkanal is auch die Forderung mit besonderer Lebhaftigkeit erhoben worden, die Ober- bezw. die Mittelweser zu regulieren und womöglich zu kanalifieren. Es war daker durchaus richtig, daß wir bei der Fuldakanalisation der Fulda sofort die Tiefe gegeben haben, die ausreichend ist, wenn demnächst im Laufe der Zeit auch die Oberweser reguliert oder kanalisiert wird.

Das vierte Beispiel ist die Brücke bei Hameln. Von den speziellen Vorgängen bezüglih des Verbots des Passierens eines Dampfpfluges ist mir nihts bekannt; das scheint in der Provinzialinstanz sich abge- spielt zu haben. Der Fall ist ja abex auch {hon erledigt, wie der Herr Abg. Wallbreht ausgeführt hat, der Dampfpflug darf jeßt die Brücke passieren. Jm übrigen wird allgemein anerkannt, daß die Weserbrüde bei Hameln, wie sie jeßt hergestellt ist, sowohl ästhetisch wie tehnisch ein durhaus gelungenes Bauwerk is. Ueberdies ift sie für dieselbe Summe ausgeführt worden, die das ursprünglihe Projekt erfordert haben würde.

Dann kommt fünftens die Brücke in Rintelen. Diese Brücke foll ers 15 Jahre stehen. Jch kann das nicht be- streiten, mir ist das Geburtsjahr nicht genau bekannt. Es ift richtig, daß sie umgebaut wird, und zwar ist das eine Folge der Ver- besserung der Schiffahrtsverhältnisse auf der Weser. Auf der Weser Eönnen jeßt große-Schleppzüge verkehren und die Durchfahrt an der Brücke in Rintelên war für diesen Verkehr zu eng; deshalb war es dringend erwünscht, den Neubau der Brücke vorzunehmen. Daraus kann man aber ebenso wenig der Bauverwaltung einen Vorwurf machen, man kann auch nicht einmal sagen: es war fals daß sie niht bereits vor 15 Jahren eingesehen hat, daß die Schiffahrt auf der Weser Dimensionen annehmen würde, wie dies heute der Fall ist. Derartige Fülle werden immer wieder vor- kommen, daß das Verkehrsbedürfniß in verhältnißmäßig kurzer Zeit die ursprünglihen Annahmen überholt. (Zuruf.)

Dann wird als warnendes Beispiel angeführt der Fischereihafen in Geestemünde. Dort werden ja allerdings Ueberschreitungen unver- meidlih sein; sie sind aber im wesentlichen dur elementare Ereig- nisse herbeigeführt worden, deren die Bauverwaltung ebensowenig Herr ist, wie irgend eine andere Verwaltung. Bekanntlich haben die s{chweren Sturmfluthen, die im Winter 1894/95 an der Nord- und

Osftseeküste so verderbliße Verheerungen angerihtet haben, dem in

Ausführung begriffenen Fischereihafen von Geestemünde auch s{chwere Schäden zugefügt und einen Theil der Dämme und der Bekleidung der Dämme weggerissen, das muß nun nachträglich wieder erseyt werden.

Endlich werden die großen Mehrlasten, die leider die Herstellung

der Schiffahrtsrinne von Königsberg nah Pillau verursacht, in Höhe von vier- Millionen Mark, als Vorwurf gegen die Bauverwaltung von Herrn Abg. Wallbrecht hingestellt. Meine Herren, wer mit den Ver- hältnissen des Wasserbaues und namentlich mit den Verhältnissen des Seewasserbaues einigermaßen vertraut ist, weiß genau, wie unsicher die Grundlagen sind, auf denen \ich derartige Projekte aufbauen. (Sehr rihtig!) Wer das noch nicht weiß, der kann sih darüber unterrichten, wenn er die Berichte über die holländishen See- und Hafen- bauten in dieser Beziehung einmal auf einige Jahre nachblättert. Leider hat man sich über den Untergrund getäuscht; die Bohrungen, die angestellt worden sind, sind auf Stellen gekommen, die ein weit günstigeres Bild ‘geben, als naher bei der Ausführung si heraus\tellte. Es sind noch andere Momente hinzu- gekommen; man hat sich über die Gewalt der Fluth wohl nicht das richtige Bild gemacht, und es sind im Laufe der Zeiten neue Bedürf- nisse hinzugetreten alles Momente, die eben leider die ganz außer- gewöhnlich hohe Ueberschreitung des ursprünglichen Projekts zur Folge gehabt haben. Es wird ja noch Gelegenheit fein, auf diesen Punkt befonders zurückzukommen, wenn wir zu dem betreffenden Passus in den außergewöhnlichen Ausgaben kommen.

Meine Herren, der Herr Abg. Wallbreht hat \{chließlich gesagt :

die Mißstände in der Bauverwaltung gipfeln darin, daß man bestrekt ist, alles zu zentralisieren in der Bauverwaltung. Berlin beherrscht das ganze Land, die kleinsten Projekte werden, nachdem sie bei der Lokal-Behörde aufgestellt, zunähst unter den Blaustift der Provinzialverwaltung genommen und kommen \{chließlich nach Berlin und werden dort so zugestußt, daß kein Mensch mehr Freude an dem Projekt hat, was er mit seinem besten Wissen und Können aufgestellt hat. Das is nit rihtig, absolut nicht richtig. Die Zentralverwaltung weiß sh gerade bezüglih der Bauverwaltung durhaus frei von jeder bureaufkratishen Anwandlung. Es müssen

aber aus tehnischen und aus finanziellen Rücksihhten allerdings eine große Zahl von Projekten, die in der Provinzialinstanz aufgestellt sind, hier einer Revision unterzogen werden. Diese Revision, wie sie sich in den eigentlichen tehnischen Bureaux der Zentral- verwaltung, in den technishen Konferenzen und in der Akademie des Bauwesens vollzieht, i absolut unentbehrlih. Meine Herren, es würde ein außerordentlih s{chwerer Schlag für die gesammte Ent- wickelung unserer Bauverwaltung sein, wenn in dieser Beziehung etwas geändert würde. Es ist für das Gedeihen des Bauwesens, für die tehnishe und künstlerische Entwickelung derjenigen Männer, die in unserem Bauwesen thätig sind, sowobl im ftaatlihen wie im privaten, außerordentlich erwünscht, daß an der bisherigen Organi- sation, welche die lebendige Bewährung aller Zweige der Bautechnik, den Austausch ihrer Erfahrungen vermittelt, festgehalten wird. Es wird daneben zur Zeit {hon in der Provinzialverwaltung und zwar was das Wasserbauwesen in den großen Stromgebieten anbetrifft, unter der Leitung des Ober-Präsidenten, in den übrigen Zweigen der Bauverwaltung vom NRegierungs-Präsidenten ein großer Theil der Angelegenheiten selbständig erledigt. Der Herr Abg. Wallbrecht ist offenbar in Unkenntniß der Einzelheiten unserer Organisation ; sonst würde er die Behauptung nit aufgestellt haben. Es wird in der Zentralinstanz ebenso, wie der Abg. Wallbreht es ausgesprochen hat, an dem Grundsaß festgehalten, daß die Berufsfreudigkeit der Männer, welche die Bauwerke projektieren und ausführen, möglichst gefördert und nit eingeshränkt werden darf.

Abg. von Puttkamer-Plauth (kons.) wünscht eine Weiter- führung der Arbeiten an der Nogat,- die zum Schuß der Niederung erforderlih sei, und fragt an, wie weit die Vorarbeiten dazu im Gange seien.

Ministerial-Direktor Schult theilt mit, daß die Pläne in Bearbeitung seien und demnähst die Finanzverwaltung um die Gewährung der Mittel angegangen werden würde.

Abg. _Wallbrecht bleibt dabei, daß die Bauverwaltung bei anderer Organifation mehr leisten könne. An der Sperrung der Brücke in Hannover sei die Bauverwaltung {uld. Einen so sheuß- lihen Bau, wie an der Technishen Hochschule in Hannover, hätte man in Berlin niht gemacht.

Abg. Jürgensen (nl.) bedauert, daß bis zum Angriff der Ar- beiten, für welde der Etat die Mittel auswerfe, nah Bewilligung des Etats immer längere Zeit vergehe. Damit gebe die für Erdarbeiten besonders günstige Frühjahrszeit nußlos verloren, dur die Verlegung auf den Herbst werden die Arbeiten vertheuert. Nicht sehr dringende Arbeiten solle man daher auf das nächste Jahr verschieben.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Das Arbeits-Ministerium hat mit den Austern leider nihts zu thun. (Heiterkeit.) Diese Arbeiten find außerhalb meines Ressorts ausgeführt worden. Im übrigen möthte ih be- merken, daß ih ebenso wie jeder andere Minister innerhalb meines Ressorts an die Etatsbestimmungen gebunden bin. Indessen werden diejenigen im Etat vorgesehenen Bauausführungen, die dringender Natur sind, vor Genehmigung des Etats bereits vollständig vor- bercitet, zum theil sogar bereits verdungen alles natürlih unter dem Vorbehalt, daß die verfassungsmäßige Genehmigung der betreffenden Position stattfindet, sodaß wir, sobald der Etat genehmigt ift, sofort mit der Arbeit beginnen können. Es ist das jedenfalls viel zweck- mäßiger, als nach dem Vorschlage des Herrn Abg. Jürgensen die Sache bis ins nähste Jahr hinauszushieben. (Sehr richtig!) Er wird immer theurer durch die Verzögerung und deshalb gebe ih innerhalb meines Ressorts, \sokvohl bei der Eisenbahnverwaltung wie bei der allgemeinen Bauverwaltung dem ersteren Modus den Vorzug.

Abg. Wurmbach (nl.) fragt an, wie es mit der Weiterführung der Mainkanalisation von Frankfurt a. M. nah Offenbach a. M. stehe. Neben anderen Interessen handle es ih I um die Wieder- belebung und Konsfolidierung des Frankfurter Holzhandels, für dên ein Floßhafen oberhalb der Stadt zwishen Main und Ostbahnhof angelegt werden müsse.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! J kann dem Abg. Wurmbach die berubigende Erklärung abgeben, daß die Verhandlungen mit der Großherzoglich hessishen Staatsregierung wieder aufgenommen sind und einen baldigen gedeihlihen Abs{luß erwarten lassen.

Abg. Schmidt - Warburg (Zentr.) empfiehlt dringend die Schiffbarmachung der Weser dur Kanalisierung und die Anlage eines Verkehrs- und Schußhafens bei Höxter.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Das is ja gar keine Frage, daß die Zustände auf der Weser sih außerordentli verbessern würden, wenn man die