1896 / 53 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

wie dies im Gesetzentwurf, betreffend das Anerbenreht bei Renten-

“Und An siedelungóg rn, Taelis vorgesehen ist. x

stei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- Cn,

Meine Herren! Die gegenwärtige Vorlage beschäftigt Sie zum zweiten Male. Die. Staatsregierung hat in diesem Jahre mit Ein- bringung der Vorlage einen anderen Weg eingeschlagen als im vorigen Jahre. - Im vorigen Jahre wurde die Vorlage zuerst .an das Abgeordnetenhaus gebraht. Dort fand eine sehr eingehende Be- rathung statt, auf die ich näher eingehen werde. Das Abgeordneten- haus erklärte - sh für die. Vorlage, gewährte auh im Budget diejeniger Mittel, dié für die Ausführung der Vorlage erfordérlich waren. Dann gelangte die Vorlage an das Herrenhaus, und im Herrenhause wurde sie - abgelehnt. Dieselben Gründe, meine Herren, welche. heute hier vorgebracht sind, welche ‘bei der Behandlung der Vorlage im vorigen Jahre im Herrenhause dargelegt wurden, sind auch Gegenstand sehr eingehender Prüfung und Verhandlungen im Abgeordnetenhause gewesen. Das Abgeordnetenhaus verlangte an- fänglih in seiner Kommission: die Regierung solle zusihern, im nächsten Jahre eine Geseßesvorlage zu: machen, durch welche die Zu- ständigkeit der General-Kommission eingeshränkt, die Zuständigkeit der Selbstyerwaltungsorgane bei der - Ausgebung von Nenten- gütern verstärkt würde, und machte die Zustimmung zu - der Gesetzesvorlage,. betreffend Herstellung einer General-Kommission in Königsberg, von der vorerwähnten, von der Staatsregierung geforderten Zusicherung abhängig. Nachdem inder Kommission des Abgeordneten- hauses aber eingehend sowohl der \taatsrechtliche Standpunkt zu einem olhen Beschluß des Abgeordnetenhauses wie auch die materiellen Bedenken gegen solchen Beschluß Gegenstand eingehendfter Verhand- lungen gewesen waren, überzeugte sih das Abgeordnetenhaus, daß es nicht richtig sei, die Zustimmung zu einem Gesetzentwurf, der eine ganz andere Frage betraf, abhängig zu machen von einer Zusicherung der Staatsregierung, welhe auf einem ganz anderen Gebiet lag. Also aus diesem Grunde ließ das Abgeordnetenhaus seine ursprünglich beabsichtigten Bedingungen fallen und erklärte, nahdem die Königliche Staatsregierung gesagt hatte, wir sind in der Lage und gewillt, Eure Wünsche rücksihtlich dieser Dinge im Verwaltungswege zur Geltung zu bringen, ‘seine Zustimmung zum Geseßentwurf. Das Herrenhaus lehnte indessen die Vorlage ab, behielt und beharrte auf der Stellung, welche ursprüngliß im Abgeordnetenhaus einge- nommen worden war, und machte seine Zustimmung zum Geseßentwurf davon ‘abhängig, daß die Königliche Staatsregierung zusichern folle, im Verlauf des nähstcn Jahres eine Geseßvorlage, betreffend die Aus- gebung von Rentengütern, vorzulegen, durch welche geseßlich den Selkbst- verwaltungéorganen eine weitgehende Mitwirkung bei Ausgebung von Rentengütern eingeräumt werde. /

Inzwischen hat \sich die Sachlage vollständig verändert. Die Königliche Staatsregierung hat einestheils diejenigen Bedenken, welche hier und im anderen Hause bezüglih der Ausführung der Rentenguts- gesezgebung vorgebracht sind, widerlegt. Ich werde auf das betreffende statiftishe Material noch näher eingehen. Die Königliche Staats- regierung hat die Zusage, die sie ‘ertheilte, daß sie das, was das Herrenhaus und Abgeordnetenhaus wünschte, im . Ver- waltungsweg ausführen werde, im vollsten Maße erfüllt. Durch eine Verfügung, die nit einseitig vom. Land- wirthschafts-Minister ergangen ist, sondern auf einem Beschluß des Staats-Ministeriums beruht, ift den ausgesprochenen Forderungen voll- {ständig Rechnung getragen. Es ift also unrichtig, daß der Landwirth- \hafts-Minister ohne Zustimmung des Königlichen Staats-Ministe- riums diese Verfügung wieder aufheben könne. Durch diese Ver- fügung sind nach allen Richtungen die materiellen Wünsche, welche in diesem Hause ausgesprochen wurden, erfüllt. Es ist unrichtig, wenn der Herr Referent gesagt hat, nah einer Richtung sei dies zwar ge- schehen, nach der anderen Richtung nicht. Meine Herren, die erste Ziffer der Verfügung vom 25. Juli v. J. bezieht sich auf die wirthschaftlichen Fragen bei der Rentengutsbildung. Es heißt da, die Vorbedingungen für die Lebensfähigkeit der Rentengüter sollen mit größerer Beachtung der örtlihen Verhältnisse geprüft werden, und es wird angeordnet, die General-Kommissionen sollen si bezüglich dieser wirthschaftlichen Fragen stets mit den Selbstverwaltungsorganen ins Benehmen seßen, deren Gutachten einholen und nach deren Gutachten verfahren, wenn sie nicht überzeugt feien, daß den Gutachten die sahliche Begründung fehle. - Referent verlangt aber viel weiter Gehendes, er will nicht nur die Anhörung der Selbstverwaltungsorgane in den zur Zuständig- keit der General-Kommission gehörenden Entscheidungen vor deren Abgabe, er fordert, daß, wenn die Zustimmung der Selbstverwaltungs- organe nicht erfolgt, die Zuständigkeit der General-Kommisfion zur Entscheidung aufhören foll. Mit anderen Worten, was ih im Vorjahre s{chon ausgeführt habe: die Entscheidung über die Bildung der Rentengüter nah der wirthschaftlichen Richtung hin f\oll in zwei Instanzen gelegt werden. Einer- seits ‘sollen die Selbstyerwaltungéorgane, andererfeits die General- Kommissionen darüber entscheiden Das würde bedeuten, daß man Pferde vor und hinter den Wagen spannt. Dabei kann etwas Ver- nümnftiiges niht herauskommen. Nach meiner Auffassung is, wenn das: Butachten der Selbstverwaltungsorgane eine sahlihe Bedeutung hat, von unseren Behörden mit Sicherheit zu erwarten, besonders von quasì rihterlihen Behörden, und das sind die Generäl-Kommissionen, daß Ke folche sachlich begründete Gutachten in vollem Umfang beahten. Von der gegentheiligen Vorausseßung geht aker der Referent aus, wenn er sagt, die Anhörung der Selbstverwaltungsorgane genüge nicht.

Meine Herren, der zweite in der Verfügung ausgesprochene Punkt bezieht ih auf eine Frage, bezüglich deren auch der Herr Referent an- erkennt, daß durch die ergangene Anweisung den vorjährigen Forde- rungen des Herrenhauses Genüge geschehen sei, es betrifft besonders die Bildung von Kolonien. Darauf tiefer einzugehen, ist wohl nicht er- forderlih. Meine Herren, wenn der Herr -NReferent anerkennt, daß in dieser Beziehung durchaus das Richtige angeordnet sei, so ist nach meiner Auffassung in beiden Richtungen

den Forderungen des Herrcnhauses! sahlihe Genüge geleistet, aller- dings im Verwaltungéwege, während das Herrenhaus geseßliche Regelung fordert. Wenn begründete Wünsche des Selbstverwaltungs- organs von den General-Kommissionen unbeachtet gelassen werden sollten, so steht ja jedem Betheiligten jederzeit das Recht zu, bei der vorgeseßten Behörde sein Beschwerdeverfahren, sei es beim Land- wirthshafts-Minister, sei es bei dem Landeskulturgeriht, die zugelassenen Rechtsmittel geltend zu madhen. Ich glaube, meine Herren, mit dieser Darlegung bewiesen zu haben, daß die Lage, in der Sie gegenwärtig die Vor

in dessen

ia.

lage berathen, eine wesentlich andere ist, als wie sie im vorigen Jahr vorlag. Im vorigen Jahr wurde ein Versprehen von der Staatsregierung gegeben; in diesem Jahre is das Versprehen von der Staats- regierung bereits eingelöst, nur is das Versprehen der Staats- regierung niht im Wege der Geseßgebung, sondern im Verwaltungs- wege erfüllt. - i Ï

Nun, meine Herren, halte ich aber \taatsrechtlich für zweifellos, daß die Staatsregierung das, was, sie im Verwaltungswege machen kann, -niht-gezwungen werden- kann oder darf dafür -den Weg der Gesepgebung zu beschreiten. Das würde eine Einschränkung des Ver- waltungsrechts der Staatsregierung bedeuten. Am wenigsten, meine Herren, follte das Herrenhaus Veranlassung nehmen, in diefer Richtung in die Verwaltungsrehte der Staatsregierung eingreifen zu wollen.

Meine Herren, worum handelt es sih? Es handelt \sich darum, daß thatsächlih feststeht, und es ist dies im vorigen Jahre und in diesem Jahre vom Abgeordnetenhaus und Herrenhaus bezw. von den* Kommissionen dieser Häuser anerkannt, daß die sachlihe Ueber- bürdung der Gener«l-Kommission in Bromberg und zwar nicht allein mit Rentengutsgeschäften, sondern auch mit den übrigen zu ihrer Zuständigkeit gehörenden Geschäften so groß ist, daß es im Interesse der räshen und sahgemäßen Geschäftserledigung geboten ist, entweder cine Theilung der General-Kommission in Bromberg vorzunehmen und eine zweite General-Kommission - in Königsberg zu errihten, oder die Zahl der Beamten bei der Bromberger Kommission so zu vermehren, daß die Geschäfte der General-Kommission nit ins Stocken gerathen. Die Staatsregierung ist nun übereinstimmend mit den Herren Ihrer Kommission sowohl in diesem wie im vorigen Fahre der Ansicht, daß es besser und richtiger sei, eine zweite General-Kommission in Königs- berg zu errichten, anstatt die {hon an sich sehr große General- Kommission in Bromberg um eine Zahl ven Beamten zu vermehren. Nun werden gegen solhe Maßnahmen aber zunächst Gesichtspunkte persönlicher Natur geltend gemacht, auf welhe näher einzugehen ih ablehnen muß, weil solhe Erörterungen persönlicher Natur überall für die in Frage stehende Entscheidung nihcht in Betracht kommen. Darüber besteht jedenfalls Uebereinstimmung aller Herren, daß es nothwendig sei, eine Vermehrung der Bromberger Beamten herbeizuführen, wenn die Geschäfte rehtzeitig erledigt werden sollen ; daß von den beiden Wegen, die da zu betreten sind, der zweck- mäßigere der einer Errichtung einer General-Kommission in Königs- berg ist, ist mit Recht nicht zu bestreiten. Unrichtig ist, was der Herr Referent vorher gesagt hat: daß ich in der Kommission gesagt habe, es fehle an Beamten, um eine zweite General-Kommission zu errichten. Jh habe nur erklärt, daß hin und wieder Mangel an Feldmessern eingetreten sei; aber Beamte, um eine zweite General- Kommission in Königsberg zu errihten, stehen uns in vollem Umfange zur Verfügung, und die Zahl der Feldmesser vermehrt \sih von Jahr zu Jahr. Daraus sind also Gründe gegen die Errichtung einer zweiten Kommission nicht zu entnehmen. Während nun in dieser Richtung zwischen Staatsregierung und Landtag vollständiges Einverständniß besteht, während feststeht, daß es den Wünschen der Anfässigen des Verwal- tungsbezirks und allen Verwaltungsorganen im Königsberger Bezirk entspricht, daß eine zweite Kommission in Königsberg errichtet werde, wird beantragt, aus Gründen, welche zu dieser Frage überall nicht in direkter Beziehung - stehen, diese Errichtung abzulehnen. Von der Mehrheit Ihrer Kommission ift der Grund der Ablehnung ausdrück- lih dahin ‘präzifiert : man wolle die General-Kommission in Königs- berg ablehnen, um damit zu erklären, daß man mit dem Rentengesehß, mit dessen Folgen und mit der Handhabung des Rentengutsgeseßzes nit mehr einverstanden sei.

Meine Herren, daß man damit doch total heterogene Fragen mit einander unzulässiger Weise verquickt, habe zu beweisen in der Kom- mission ich mich leider vergeblih bemüht. Jch habe den Herren, die diesen Standpunkt vertraten, klar zu maden gesucht, daß, wenn fie glauben, daß in der Handhabung des Rentengut8geseßes Fehler gemacht werden, oder wenn sie annehmen, daß an si der Erlaß dieses Gesehes ein Fehler gewesen sei, da werde Abhilfe nah dieser Richtung dadurch nicht erreiht, daß man eine Behörde niht genehmige, welche auch mit der Ausführung des Rentengutêgesetes betraut ist. Ich habe där- gelegt, daß, wenn man in der Beziehung seine Ziele verfolgen wolle, man Beseitigung bezw. Aenderung des Rentengutsgeseßzes zu beantragen habe. Nach meiner Auffassung is das doch so klar, daß mit Recht dagegen nichts einzuwenden is, aber, meine Herren, das war vergeblich.

Nun, meine Herren, führt mich das aber zu der Frage, die auch heute von dem Herrn Referenten gestreift ist: „Ist denn die Be- bauptung, daß das Rentengutsgeseß cin verfehltes Geseh sei oder daß Ausführung große Fehler gemacht seien, oder daß s{chon jeyt die bedenkli{sten Folgen des Geseßzes hervor- getreten scien, an sh oder etwa zum theil ¿zutreffend ?* Der Herr Graf von der Squlenburg hat au gestern bei Berathung des Anerbengesetzes solhe Behauptung aufgestellt.

Meine Herren, vorab will ih Folgendes bemerken : Im vorigen Fahre wurde hier und im anderen Hause der Wunsch zu erkennen ge- geben, daß, da es ih um völlig neue Maßnahmen handle, bezüglich deren es sich empfehle, Erfahrungen zu sammeln, fo möge doch Bedacht darauf genommen werden, mit der Ausführung des Gesetzes ein langsameres Tempo einzuschlagen. Die Staatsregierung hat diesem Wunsche vollständig Rech- nung getragen. Während im Jahre 1894 in Bromberg 1419 Renten- güter ausgewiesen wurden, ist infolge ciner Weisung von der Staat®s- regierung die Ausweisung in diesem Jahre auf 836 zurückgegangen, und während in der ganzen Monarchie im Jahre 1894 1902 Renten- güter ausgewiesen wurden, sind in diesem Jahre in der ganzen Mon- arie nur 1287 ausgewiesen. Also dem Wunsche beider Häuser ist vollständig Rechnung getragen. Im leyten Jahre ist die Zahl der in Bromberg erfolgten Ausweisungen von Rentengütern auf die Hälste zurückgegangen.

Nun wird ferner, und das geschah auch im vorigen Jahre, die Behauptung aufgestellt, die Erfolge der Ausweisung von NRentengütern seien in hohem Grade bedenklih. Dabei werden Zahlen vorgeführt, die sih als fals erweisen, ‘die aber, weil sie von den Betheiligten aus solchen Provinzen vorgetragen wurden, welhe von der „Rentengutsgeseßgebung besonders berührt sind, in der öffent- lihen Meinung und bei der Staatsregieung sehr erhebliche Besorgniß hervorrufen müßten. Ih habe . infolge dessen

Veranlassung genommen, auf das allersorgfältigste festzustellen, wie

* ; U

| Shulenburg gestern gesagt hat, es feien-800 Rentengutsbesiger mit

ihren Renten rückständig und haben! Stundungen erhalten, so hat ih der Herr Graf leider um eine Null geirrt. Es find nur 82 Rentengutsnehmer mit ihren Renten rückständig und haben Stundung erhalten. Nah dem Stand vom 1. Dezember 1895 waren es 4521 Rentengutsbesizer, die nah Ablauf des Frühjahrs bereits Renten zu zahlen haben, mit einer Rentenbelastung im Betrage von 1105 627 \ Von diesen 4521 Rentengutsbesißern haben nur 82, nicht wie Herr Graf Schulenburg gestern sagte 800 Stundung beantragt. Es ist das 14/5% der Gesammtzahl. Die gestundeten Beträge belaufen sih auf 25 651 gegenüber der Ge- sammtsumme von 1 105 726 4, das sind 24/0. Die Anzahl . der unter Zwangsverwaltung gestellten Güter ist 17, aïfo 2/5 0/0. Die Kosten, die auf die Zwangsverwaltung verwendet find, betragen 1800 A Die Zwangsverwaltang besteht noch in 11 Fällen, also ca. 4% der Gesammtzahl. Die ist beantragt, aber noch nicht eingeleitet, in 6 Fällen. In den Zwangsversteigerungen hat der Fiskus bei Ueber- nahme von Rentengütern im Bromberger Bezirk, auf den immer exemplifiziert wird, “nur 7398 4, dagegen im Frankfurter Bezirk 17 400 M vorgelegt. Im Ganzen sind 29 Güter zur Zwangs-

bei diesen Zwangsversteigerungen betragen 24 798 M

Unter Hinweis auf meine gestrigen Ausführungen, daß die ersten Jahre für die Rentengutnehmer zweifellos die \{chwierigsten sind, weil sie meistens mit unmeltioriertem Aker arbeiten, Gebäude, Inventar u. st. w. zu beschaffen haben, dürften die mitgetheilten, auf forgfältigster Ermittelung beruhenden Zahlen beweisen, daß die Behauptungen derjenigen, welche sagen, die Erfolge der Rentengutsausweisung feien finanziell und wirthschaftlih in hohem Grade bedenklich, das Gese sei in scinen finanziellen und wirthschaft- lihen Folgen gefährlich, man fei mit Nentengutsausweisungen un- vorsichtig vorgegangen, vollständig widerlegt sind. Ich kann den Vorwurf nit zurückhalten, daß man mit unrichtigen Darstellungen eine nicht berechtigte Beunruhigung bezüglich des Rentengutsgesezes und dessen Folgen erzeugt hat. Die mitgetheilten Zahlen beweisen das Gegen- theil, und dieselben- sind mit der'größten Sorgfalt aufgestellt worden. Abgesehen davon, daß, um die behaupteten, aber völlig widerlegten Ausführungen über die nachtheilige Wirkung des Rentengutsgeseßes und um die mit diesen Autführungen verfolgten Ziele zu erreichen, der eingeshlagene Weg: die General-Kommission in Königsberg abzulehnen, ein nah jeder Richtung hin falscher Weg iit, so würden auch die Thatsachen, auf welhe man dabei sich stützt, wie ih darlegte, in jeder Beziehung falsch dargestellt sein. Die Zahlen beweisen im Gegen- theil, daß der wirthschaftliße und finanzielle Erfolg bisher ein durchaus günstiger war.

Nun, meine Herren, möchte ih noh auf einen anderen Gesichts- punkt hinweisen. Zweifellos fällt die Ausführung des Renten- gutsgesezes in cine zur Zeit besonders ungünstige Periode. Bestände zur Zeit ein Aufshwung in der Landwirthschaft, so wäre der Erfolg der Gesehgebung viel mehr ' gesichert als jeßt, wo die Landwirthschast in |o ungünstiger Lage ih befindet. Von dem Niedergang werden zweifellos die Rentengutsbesißer mit betroffen wie alle übrigen Landwoirthe.

Wenn ih diese Darlegungen zusammenfasse und mi Turz resumiere, so is meine Behauptung, die Kommission verquide Fragen heterogener Art mit einander, berechtigt. Ferner ist niht zutreffend, daß die Staatsregierung , lediglih um mit Aus führung des Rentengutsgeseßes rasher vorzugehen, die Errich- tung einer General-Kommission in Königsberg beantragt habe. Vielmehr liegt das Bedürfniß vor, die Geschäfte der General - Kom- mission in Bromberg rascher und sicherer zu erledigen, als das jeßt möglich ist, und um dies Ziel zu erreichen, foll eine zweite Behörde in Königsberg errihtei werden. Diese Behörde wird von dem Be: zirk, für welchen sie errichtet werden soll, von allen Betheiligten ge- wünscht. Die Errichtung is nothwendig, wenn die Landwirthschaft im betreffenden Bezirk, nicht Nachtheile erleiden soll. Troßdem beantragt die Mehrheit Ihrer Kommission die Annahme der Vorlage, und zwar aus dem Grunde, weil erhofft wird, wenn die General-Kommission in Königs- berg abgelehnt werde, so habe das zur Folge, daß das Rentengutsgeseßz nicht oder_doch langsamer ausgeführt werde. Darin irrt man aber voll- ständig. Die Staatsregierung steht vor zwei Alternativen: entweder sie errichtet die General-Kommission in Königsberg oder fie vermehrt das Personal der General-Kommission in Bromberg, soweit als es erforderlich ist, um alle Geschäfte, also auch die Rentengutsau®- weisungen, ordnungsmäßig und rasch zu bewältigen. Das Abgeord- netenhaus hat bereits die für beide Alternativen erforderlichen - Mittel bewilligt. Jh habe in der Kommission bereits darauf hingewiesen, daß das Herrenhaus nach geltendem Staatsrecht das Budget nur im Ganzen ablehnen oder bewilligen kann. Das Herrenhaus kann die hier in Frage stehenden Mittel alfo nur dur Ablehnung des Gesammtbudgets versagen, Die Entscheidung hier im Hause bezieht ih nur darauf, welche der

beiden Alternativen Sie wollen, und zwar entweder: Errichtung einer zwciten General-Kommission in Königsberg, oder: Verstärkung der General-Kommission in Bromberg. Lehnen Sie die erste und zweckmäßigere Alternative ab, so ist die Staatsregierung gezwungen, die zweite Alternative auszuführen, nämlich der Bromberger General- Kommission soviel Beamten mehr zuzuweisen, wie zur ordnungê- mäßigen Erledigung der Geschäfte erforderlih sind. Daß das nit zweckmäßig und nicht vortheilhaft ist, is auch in Ihrer Kommission anerkannt. Denn man erkannte an, daß es nicht richtig sei, alle Betheiligten des Königsberger Bezirks nah Bromberg hinzuweisen, sie damit zu weiten Reisen und Auslagen aller Art zu zwingen, die Geschäfte zu erschweren. Es werden auch dadur Mehrkosten ent- stehen, daß die Beamten von Bromberg häufige theure und weite Reisen in den Königsberger Bezirk zu machen haben. Wahrscheinli werden an Reise- und sonstigen Geschäftsunkosten der Bromberger General-Kommission mehr Kosten erwachsen, als die Mehrkosten der Errichtung einer selbständigen Kommission in Köaigsberg gegenüber den Kosten der Beamtenvermehrung bei der Nromberger Kommission betragen.

Endlich, meine Herren, für Errichtung der Kommission in Königsberg in #Fragf stehen? Ih habe wiederholt das hier und im andern Hause dargelegt. Von den im Gan;en 1306 Geschäftsgegenständen, die die General-Kommission in Bromberg jeyt hat, bilden nur 403 Rentew- gutsausweisungen, die übrigen betreffen Konsolidationen, Theilungen

um welche Geschäfte handelt es sich, die

thatsählich die Verhältnisse liegen. Wenn Herr Graf von der

u. \. w. Meine Herren, Sie wissen alle Sie sind ja der großen

“Méhrzahl nah Landwirthe —, daß für den Landwirth nichts folgen-

«abgiebt, melioriert nicht mehr, ackert \chlecht, in der Regel geht

Zwangsverwaltung -

versteigerung gestellt, also § %/o. Die Aufwendungen der Staatskasse

Len

\chwerer und unbequemer i}, als wenn eine Konsolidation unnöthig ‘lange hinges{hleppt wird. Der, welcher seine Felder voraussihtlich

“während des Konsolidationsverfahrens der Wirthschaftsbetrieb im Konfolidationsobjekt allgemein zurü. Um so mehr muß im Interesse der Landwirthschaft die möglichste Beschleunigung des Konsolidationésverfahrens erstrebt werden. Und das, meine Herren, ist auch mit der Zweck dieser Vorlage. Der - Herr Referent Ihrer Kommission bezieht die Vorlage lediglih äuf die Rentengutsausweisungen, welche erst in zweiter Linie mit in -. Betracht kommen. ; : Und nun zum Schluß, meine Herren, noch eine Bemerkung. Das Organifationsreht der Regierung an sih kann nicht bestritten werden. Wenn es sich um Errichtung von Verwaltungsbehörden handelt, hat die Staatsregierung nur insoweit mit dem Landtage der Monarchie zu ‘verhandeln, als sie für die Ausübung ihres Organi- fationsrechts Mittel vom Landtage beanspruht. Anders liegt aller- dings die Frage im vorliegerden Fall. Die General - Kommissionen find keine reine Verwaltungöbehörde, se find quasi richter- lie Behbörden, und ihr Zuständigkeitsgebiet i durch die Gesetzgebung festgelegt. Daraus iff zu erklären, daß in diesem besonderen Falle die Staatsregierung gezwungen i}, auch rüdck- sihtlih der Bildung der General-Kommission, also au bezügli der Organifationsfrage die beiden Häuser des Landtags anzugehen. Han- delte es sih um die Bildung einer reinen Verwaltungsbehörde, fo würde, nahdem die Mittel für diese Bildung im Abgeordnetenßaus bewilligt sind, und Sie, meine Herren, niht in der Lage sind, die- selben abzulehnen, die Frage der Bildung der Behörde allein zur Zuständigkeit der Staatsregierung gehören. Nur weil es sich hier um eine General - Kommission, eine rihterliße Be- hörde, handelt, nur darin liegt der Grund, weshalb hier ein Akt der Geseßgebung zur Bildung der Behörde erforderlich ist. Meine Herren, bei dieser Lage der Verhältnisse, wo Ihnen aus- nahmsweise das Necht der Zustimmung zur Bildung der Behörde zusteht, wollen Sie dies Recht gebrauhen, um etwas ganz Anderes von der Regierung zu erzwingen, als das, was mit der Bildung der Behörde zusammenhängt? Ob das mit der Stellung, welhe das Herrenhaus zur Staatsregierung \tets eingenommen hat, vereinbar ift, darüber will ich mich nicht weiter äußern. Wie die liberale Presse darüber denkt, haben Sie ja, meine Herren, wennn Sie die Zeitungen in den leßten Tagen gelesen, sehen können. Diese Presse folgert, daß das Herrenhaus wegen seiner Stellungnahme zur vorliegenden Frage einer Umgestaltung bedürfe.

Meine Herren, zu dieser Vorlage liegt ein Antrag vor, welcher lautet: das Herrenhaus \priht den Wunsch und die Erwartung aus, daß Folgendes geschehen foll u. st. w., daß also im Wege der Gesetz- gebung möglichst das gewährt und festgelegt würde, was, wie ih dar- gelegt habe, im Verwaltungswege bereits gewährt ist. Auch in diejer Beziehung, meine Herren, habe ih in der Kommission namens der Staatsregierung, soweit ih dazu in der Lage war, das weitgehendste Entgegenkommen ausgesprohen. In der Kommission i} bereits mitgetheilt, daß zweifellos wegen einer ganzen Reihe von Fragen an die Aenderung der Rentengut8gesegebung berangetreten werden müsse. Die Staatsregierung ift gewillt, bei der Gelegenheit auch die Frage zu erwägen, ob und wie weit es sich empfiehlt, die Mitwirkung von Selbstverwaltungsorganen bei der Thätigkeit der General-Kom- missionea im Wege der Gesetzgebung zu ordnen. Der Ge- danke, einer quasií rihterlihen Behörde Laienelemente zur Prüfung rein wirthscaftliher Fragen beizuordnen, ist mir persönli ein durchaus sympathischer. Die Frage, ob das zweckmäßig, wird vom Staats- Ministerium zweifellos in ernste, sorgfältige Erwägung genommen werden. Aber, meine Herren, ih habe bereits in Ihrer Kommission dargelegt, welche Schwierigkeiten bei solcher Aenderung der bestehenden Gesetzgebung zu überwinden sind. Das Zuständigkeitsgebiet der ver- shiedensten Verwaltungsbehörden wird dabei berührt werden bezw. vielleiht grundlegend geändert werden müssen. Sie wissen alle, wie verwickelt dies Gebiet, wie {chwierig es ist, darin ändernd einzugreifen. Es wird besonders {chwierig sein, auf diesem Gebiet grundlegende Aenderungen eintreten zu lassen. Es sind dies Fragen, welche fast alle Ressorts berühren, die außer- ordentli komplizierter Natur sind, und die der forgfältigsten Prüfung bedürfen. Jch habe bereits im vorigen Jahre ausgesprohen und sprehe es auh in diesem Jahre - wieder aus: der Staatsregierung muß Zeit und Muße gewährt werden, in eine sorgsame Prüfung auh nach der Nichtung einzutreten, ob denn die Be- deutung der Sache eine so erbeblihe is, daß man lediglich wegen dieser Fragen, die man entsprechend im Verwaltungswege ge- ordnet hat, den Weg der Geseßgebung betreten foll. Jn der Kom- mission wurde auch gesagt, die General-Kommissionen haben \ich überlebt, fie hätten in einzelnen Theilen der Monarchie ihre Geschäfte bereits vollständig durchgeführt, für sie liege kein genügendes Thâtigkeitsgebiet mehr vor; diesen niht der Gunst der Be- völkerung \ich erfreuenden Behörden eine neue Thätigkeit zuzuweisen, sei weder erwünscht noch zweckmäßig. E3 ift auch geltend gemacht, die General-Kommissionen seien andere Be- hörden geworden, als sie ursprünglih gedacht seien. Meine Herren, alle diese Gesichtspunkte sind gewiß zweckmäßig zu prüfen und zu er- wägen, nur nicht bei diesem Anlaß. Diese Fragen werden richtiger erwogen, wenn die Frage einer veränderten wasserroirthschaftlichen Organisation beziehungsweise der Emanierung eines neuen Wasser- rechts oder ähnliher Geseze in Angriff genommen wird. Bei folcher Sachlage können Sie niht wohl von der Staats- regierung die bestimmte Zusicherung fordern, daß sie {hon etwa im nächsten Jahre, oder in kurzer Frist im Wege der Geseßz- gebung die von Ihnen angeregten Fragen“ regelt. Das

fordert aber die vorliegende Resolution auch nicht. Dem aus8gesprochenen Wunshe wird die Staatsregierung möglichst nachkommen.

Ich bitte um Entschuldigung, meine Ihre Zeit zu lange in Anspru nahm, aber es handelte sh um eine prinzipiell und sahlich wichtige Frage, ih habe deshalb eingehender und länger mich zu ter Frage geäußert. Zum Schluß, meine Herren, bitte ih Sie, gewähren Sie das, was die Regierung kraft ihres Rechts und im Interesse der Unterthanen beanspruchen zu müssen glaubt. (Bravo!)

Herren, wenn ich

4 Mein Standpunkt ist

.

{on verbessert worden. Man glaubte, daß die General-Kommi onen allmählih auf den Ausfterbeetat gesetzt A Fönnten ; Ta in den östlihen Provinzen sind sie wegen der Menge der Gemein- heitstheilungen noch niht entbehrlih. Es Handelt \sich bei dieser Eee lediglih um eine Erleichterung der General-Kommission in Bromberg, und das ift entscheidend für die sahlihe Beurtheilung und die Bewilligung der Vorlage. Die Resolution verlangt ein Gesetz, aber auf keinem Gebiete ist der Verordnungsweg fo angemessen, wie. e A ggr in Die E E an diesem d e-

en zum Fortschreiten mit den Ansiedelungen. es halb empfehle ih lediglich die Annahme der M A iecunamiorlaae:

Graf von Mirbach: Der Minister meinte, wir sollten auch die e euernugen der liberalen Presse über das Herrenhaus berüdck- sichtigen. ir legen auf diese Aeußerungen gar kein Gewicht. - l enau derselbe wie im vorigen “Jahre, ih lehne die Vorlage wieder ab. Die Regierung hätte unsere Wünsche in die Vorlage aufnehmen müssen, die Perfügun vom Juli v. J. hat sie nur theilweise erfüllt. Das bloße Anhören der Selbstverwaltungsbehörden genügt nicht, gegebenen Falls werden die General-Kommissionen deren Gutachten einfach ignorieren. Wir haben das Vertrauen zu dem jetzigen Minister, daß er der Landwirth- schaft helfen wird, aber wir haben nicht das Vertrauen, daß wir einer starken Db Mat gegenüberstehen, und zwar seit 1890. Das zeigte das Zurücckweihen der Regierung vor dem ‘liberalen Ansturm e Lie Le M L E l Sab: wis Tebuca f ige orlage ist genau dieselbe wie im vorigen

Finanz-Minister Dr. Miquel :

Ich möŸte, da im übrigen die Sache fo klar ist, daß es wirklich nicht nöthig ist, wieder aufs neue alle Gründe für und wider zu ent- wieln, uur an eine Bemerkung, die. ih {on mehrmals gehört habe seitens des Herrn Grafen von Mirbach, anknüpfen. Er vergißt bei dieser Bemerkung die ganze Geschichte der Geseßgebung, um die es sich handelt. Denn wie ift die Sache gegangen? Diese Rentenguts- geseßgebung, das erste und zweite Gesetz, ist zuerst und am entschiedensten in diesem hohen Hause (sehr richtig!) von dem damaligen Führer der rechten Seite dieses Hauses, dem verstorbenen Geheimrath von Kleist-Retßow vertreten, ‘und noch heute sind die links\tehenden Parteien Gegner dieser Gesetzgebung. (Sehr richtig !)

‘Man braucht nur Tag für Tag möchte ih sagen die „Frei- sinnige Zeitung“ in die Hand zu nehmen, die diese Gesetzgebung unaufhörlich angreift. Man brauchßt sich nur zu erinnern, wie auch im Landtage bei der Berathung dieser Gesetzgebung die links\tehenden Parteien gegen fie gestimmt haben. Also die Sache so darzustellen, daß die Bildung von Rentengütern eigentlich dem Programm dieses hohen Hauses nicht entsprähe, das würde durchaus irrig sein. Dies hohe Haus und gerade die rehte Seite hat immer den Grundgedanken vertreten, daß der Bauernstand erhalten werden müsse, und daß es wünschenswerth wäre, da, wo die jeßige Bodenauftheilung genügenden Raum für die Entwickelung des Bauernstandes nit bietet, die Anzahl der kleineren und mittleren Güter zu vermehren, und lediglih diefen Zweck hat die Nentengutsgesezgebung. Nun kann man sich ja gewiß von einem eingenommenen Standpunkt fortbewegen, wenn man sieht, man hat sich geirrt, die Erfahrungen haben das nicht be- stätigt, was man annahm. Gegenüber den Zahlen aber, die der Landwirthschafts - Minister angeführt hat der Herr Staats-Minister Freiherr von Lucius hat {hon darauf hin- gewiesen —, kann man doch unmöglih behaupten, daß wir mit diesen Bildungen ungünstige Erfahrungen gemacht haben. Es if darauf hingewiesen worden, daß ein Bauernstand niht künstlich geschaffen werden könne. Ja, künstlih gewiß nicht, es müssen in den betreffenden Gegenden die Verhältnisse danach liegen. Ich möchte gerade Herrn Grafen von der Schulenburg auf die geshickchtlichen Verhältnisse in seiner eigenen Heimathsprovinz hinweisen. Wenn er die Sache histo- ris studieren will, wird er finden, daß alle die Dörfer um den ganzen Harz herum, die das Schlußwort „rode“ haben, sämmtlich folche Kolonien, und die das Schlußwort „leben“ haben, #die alten Urdörfer sind. Gerade anm Harz zeigt fih das Gegentheil einer solchen Ansicht, und wir haben feine noch fo uralte Provinz, wo nicht zwischen den alten Dörfern Koloniedörfer liegen, die heute in demselben Zustand fich befinden, wie die ältesten Uransiedelungen. Man kann doh au nit behaupten, daß die gewaltige Thätigkeit unserer alten Könige in Beziehung auf die Fortentwickelung des mittleren und kleinen Grund- besißes vergeblich gewesen ist. Friedrich der Große hat die Ein- wohnerzahl in der Mark von 750 auf 1500 pro Quadratmeile ver- mehrt, und wenn man nah dem Oderbruch geht, kann man doch nicht sagen, daß dort der blühende Bauernstand wieder verschwinden würde. Ich theile ganz die Auffassung des Herrn Grafen von Mirbach, daß man nit zu schnell vorgehen muß, und ih glaube, daß man ih in der ersten Zeit etwas überstürzt hat, daß manche Fehler“ gemacht worden sind; das liègt auch in der Natur der Sache, denn es war ja eine ganz neue Aufgabe, die an die Behörde gestellt wurde, und daß da mal Mißgriffe vorkommen, das läßt sih niht vermeiden. Materiell find wir also ganz einig. Wie die von dem Herrn Minister ange- gegebenen Zahlen beweisen, sind die Wünsche des Herrn Grafen von Mirbach genauere Prüfung und größere Vorsicht, Einholung von Gutachten u. || w. thatsäh- lih befriedigt. Herr Graf von Mirbach kann mit Reht ein Miß- trauen gegen die Königlie Staatsregierung nicht haben, daß sie in der Beziehung leichtsinnig sei, daß sie von den gémachten Erfahrungen keinen Gebrauch machen wolle. Die Staatsregierung hat ja doch ein großes Interesse daran, einmal nah der finanziellen Seite hin, daß mit Vorsicht verfahren wird und die finanzielle Seite ist doch in der preußischen Verwaltung stets eine sehr ftarke (Heiterkeit), wie mir Herr Graf von Mirbach wohl zugeben wird —, däánn auch im Interesse der Ansiedler selbs. Wenn viele kleine Leute rerführt würden, in unangemessener Weise Kapitalien und Ersparnisse zu risfieren, so ist das doch eine chwere Verantwortung für die Staatsregie- rung und die Behörden, die die Sache ausführen. Nun ift es merk- würdigerweise gerade die General-Kommission in Bromberg, die das Mißfallen mehrfah erregt hat, und merkwürdigerweise diese General- Kommission will man nicht nur konservieren, sondern verstärken und entwickeln. (Heiterkeit.) Jch sollte umgekehrt glauben, wenn man der Meinung ist, daß die General-Kommission in Bromberg die ja hon den Fehler hat, so weit von Preußen entfernt zu sein, was bei dieser Sache, wo cs auf lokale Verhältnisse ankommt, ein großer Mißstand ist bisher Fehler gemaht hat, der natürlihe Schluß wäre: nun, dann wollen wir lieber von dieser General-Kommission weg und in Preußen eine neue Kommission bilden. Das wäre na meiner Meinung viel rihtiger und würde die Wünsche der Herren viel mehr befriedigen. Jch kann mir auh nicht

. Freiherr Lucius von Ballhausen: Die General-Kommis sind allerdings wenig populär, ihre Geschäftsgebahrung ift e

denken, daß die Provinz Preußen ih habe auch aus Preußen

Stimmen gehört allgemein * eine solche General-Komw _nich haben möchte. Jch glaube, wenn man in Preußen mal abstimmen lassen könnte, ob die General-Kommission in Königsberg errihtet werden soll, so wird die überwiegende" Mehrkbeit der Provinz in ihrem Inter- effe sih dafür erklären. Einzelne werden gewiß dagegen sein, aber die Mehrheit das kann ih mir gar nicht anders denken wird : dafür stimmen. Í

Wenn einer anderen Provinz eine besondere Kömmission geboten wird in der Hauptstadt dieser Provinz, so wird die Provinz si sagen: diese General-Kommission wird unsere Verhältnisse viel“ genauer kennen lernen als eine entferntere, sie wird viel s{hneller * arbeiten, unsere Eingesessenen werden viel weniger Wege und Kosten haben, sie wird das mit Freuden begrüßen, und ich kann mir unmöglih denken, daß es in der Provinz Preußen anders is. Jch bin über- zeugt: wenn das hohe Haus, da allerdings die Lage der Dinge nah den klaren Ausführungen des Herrn Ministers für Landwirthschaft heute eine andere ist als damals wenn das hohe Haus tem Antrage der Regierung jeßt zustimmt, dann werden Sie der Provinz ein ange- nehmes Geschenk mit nah Hause bringen. (Lebhaftes Bravo !)

Graf zu Eulenbur ält die Erri i - Kommission in Königsberg S L für C o O E

Jahre habe er fich seiner Stimme enthalten, um die Zirk

j I sei politishen Freunde nicht zu \tören ; in seiner Heimath habe s ih

aber gewundert, daß ein Dstpreuße niht dafür gestimmt habe. Di Situation fei jeßt eine andere, denn die Verfügung der Mere sei den Wünschen des Herrenhauses entgegengekommen, und er stimme jeßt für die Vorlage.

ftei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- ein:

Meine Herren! Nur drei kurze Bemerkungen ! Erstens: Wenn ih Herrn Graf Mirbach rihtig verstanden habe, so meinte er, die Forde- rung einer geseßlihen Regelung der angeregten Fragen habe in der vorliegenden Geseßesvorlage Aufnahme finden können. Meine Herren, das war doch nicht möglih. Es handelt sich hier um ein Gesetz, betreffend Errichtung einer Behörde. Daß in einem solchen Gesetz die Fragen nicht geregelt werden könnten, um die es ich hier handelt, wird doch unbedingt zugegeben werden müssen.

Zweitens hat der Herr Graf gesagt, er befürchte, daß, wenn die gegenwärtige Staatsregierung bezw. der gegenwärtige Landwirthschafts- Minister auch ehrlich gewillt wäre, die Anordnung vom 24. Juli d. F. aufrecht zu erhalten, ein späterer Minister das niht thue. Meine Herren, wenn einmal angeordnet ist, daß in gewissen Fragen die Selbstverwaltungsorgane gehört werden müssen, so halte ih es für unmöglich, daß man dieses Anhörungêreht zurückzieht, das beweist die rückliegende Erfahrung. Dabei kommt die Frage der starken oder {wachen Regierung, wie der Herr Graf das ausführt, überall niht in Betracht.

Nun hat Herr Graf drittens: die Befürchtung ausgesprochen, daß man die Gutachten der Selbstverwaltungsorgane nicht beachten werde. Darauf habe ih zu erwidern: einer \solhen Behauptung fehlt jede thatsähliche Unterlage, während ih in der Lage bin, das Gegen- theil zu beweisen. Die Anordnung vom 24. Juli v. F, besteht jeßt aht Monate, und in diesen acht Monaten sind die Selbstverwaltungs- organe, soweit sie bei der Auslegung von Rentengütern betheiligt waren, stets gutachtlich gehört. Noch kein einziger Fall ift aber vor- gekommen, wo die Wünsche der Selbstverwaltungsorgane unberück- sichtigt geblieben wären, geschweige denn ist eine Beschwerde darüber, daß dies nicht gesehen an mi gelangt. Damit ist erwiesen, daß bisber solche Gutachten stets volle Beachtung fanden, während Herr Graf Mirbach eine Vermuthung aufstellt, ohne irgendwie den Beweis dafür antreten zu können.

__ Die Debatte wird geschlossen und in namentlicher Ab- stimmung die Vorlage mit 77 gegen 57 Stimmen angenommen

Die Resolution von Wiedebah wird abgelehnt. :

Stluß 51/ Uhr. Nächste Sißung Sonnabend, 12 Uhr.

(Geseh über die Taxordnung für Aerzte, Zahnä ; Vorlagen, Petitionen.) g î zte, Zahnärzte 2c. kleinere

Haus der Abgeordneten.

Á 30. Sißung vom 28. Februar 1896. ie zweite Berathung des Staatshaushalts- und zwar des Etats des MiKifterinms dae E lihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegen- Je O fortgesest. ; ach der gestern mitgetheilten Re - zewski (Pole) Ritt 0A Wort g E Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse: Meine Herren! Jch habe der Rede des Abg. Dr. von Jazdzewski sehr aufmerksam zugehört, wie ih überhaupt gern mit ihm diskutiere. Aber ih habe den Eindruck empfangen, daß ihm die Antwort auf diese Rede eigentlich bereits gestern in vollstem Umfange ertheilt ift. (Sehr rihtig! bei den Nationalliberalen und rechts; Zuruf des Abg. Dr. von Jazdzewski: Leider!) Jch will mich deshalb darauf beschränken, in einigen Punkten der Behauptung des Herrn Dr. von Jazdzewski zu begegnen, als ob ich mich zu antworten sheute. Ih fürchte mih niht weder vor dem Abg. von Jazdzewski, noch vor den Polen über- haupt (Lachen bei den Polen ; Heiterkeit); ih habe auch keine Ursache, mi zu fürchten. : Was den Erlaß vom Februar 1876 anlangt, so habe ih gestern aus dem Grunde nit geantwortet, weil ich mich neulich über diesen Erlaß ausführlich ausgesprohen habe (fehr richtig! bei den Nationalliberalen) und üter meine Stellung dazu. Meine Herren, der Streit über diesen Erlaß if nah meiner Ueberzeugung in diesem Augenblick ein rein theoretisher. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Auf dem ganzen Gebiet, den dieser Erlaß berührt, auf dem Gebiete der Leitung des Religionsunterrichts besteht augen- blicklich mit keinem einzigen katholishen Oberen ein Streit, der in einem konkreten Fall zum Ausdruck käme. (Hört! hört! rechts.) Also, meine Herren, warum foll ich mich darauf einlassen! i Ich will Ihnen sagen, weshalb ih den Erlaß niht ändern kann. Jch kann der katholischen Kirche, und will es, mit Gerechtigkeit und Billigkeit entgegenkommen bis zur äußersten Grenze ; aber diese Grenze wird gebildet durch ein unübersteiglihes Hinderniß : das ist die Staats- hoheit. Meine Herren, sobald die prinzipiellen Ansprüche der katho- lishen Kirche dahin führen, irgend einen Eingriff in die Staatshoheit zu verlangen, fo kann und darf ih das niht zugeben, und ich will es auch nicht. (Bravo! bei den Nationalliberalen.) Deshalb flehe ih

auf dem Punkte: lassen wir den theoretishen, doktrinären und x zipiellen Streit und suchen wir im Interesse des Vaterlandes