1914 / 282 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 Dec 1914 18:00:01 GMT) scan diff

sind auch den unehelichen mit in die Che gebrachten Ktndern der “Ebefrau die Unterstüßungen zu gewäbren, auch wenn der Ehemann

Wir haben es vielmehr mit einem der Fälle zu denen opferbereiter Uebereifer die unvermeidliche teil- lkommenheit jeder Hilfsieistung niht wahr häben d in denen angesichts folher besonderen Notstände, einer großanlegten allgemeinen Hilfsaktión etwa noch t werden fonnten, das mitleidvolle Gemüt die Urteils- bt. Nur weil diese mehr psychologischen Motive gelten wurdèn, hat man den Versuchen, die öffentliche Mei- ‘verwirren, bisher freien Lauf gelassen. Aber es gibt lih eine Grenze. Nochmals sei bei dieser Gelegenheit betont, daß der Preu- e Staat es von Anfang an für seine selbstverständliche gehalten hat, füt die zur Flucht gezroungenen Ostpreußen lsten Umfange zu sorgen. Die staatliche Hilfsaktion hat t mit Beginn der Abwanderung aus Ostpreußen eingeseßt. Oberpräsidenten der Provinzen, in denen ostpreußische htlinge Aufnahme fanden, find fortlaufend bedeutende el für Unterbringung und Unterhalt ihrer Gäste in der rovinz zur Verfügung gestellt worden. Gegenwärtig zahlt der Staat \häßzungsweise täglih etwa 150000 s für die Fürsorge außerhalb der Provinz Ostpreußen. “Jn Berlin halten sih gegenwärtig niht viel mehr als Proz. allec Flüchtigen auf. Die Gründe, aus denen es dckmäßig erscheint, in dieser Kriegszeit die Reichshauptstadt uf Kosten der Provinz zu entlasten, sind mehrfah erörtert worden. Sie erschetnen der Regierung bindend. Gleichviel, ob ‘nun ganz vereinzelt eine andere Auffassung vertreten wird oder niht. So wertvoll Rat und Tat einzelner hilfsbereiter Männer und Frauen immer ist, so muß ein so umfassendes Unternehmen wie die Unterbringung der flüchtigen Ost- ‘preußen doch von einer Stelle nach festen Grundsäßen “geleitet werden. Und diese Stelle ist die Regierung. i Menn immer wieder gesagt wird, daß die ostpreußischen Städter in der Stadt, nicht auf dem Lande untergebracht werden müsen, und in diesem Zusammenhange Berlin als “allein geeignet bezeichnet wird, jo soll doch betont werden, daß es auch in den Provinzen noch ganz schöne Städte gibt, als da sind: Danzig, Stettin, Greifswald, Lüneburg u. a. m. n ihnen leben allenthalben in großer Zahl ostpreußische Flücht- linge aus ostpreußischen! Städten auf Staatskosten in einer ufriedenheit, wie sie nah der traurigen Lage der Dinge eben möglih sein kann. Es gibt aber immer noch Groß- städter, die sih unter dem „flachen Lande“ nichts anderes als einen Kartoffelacker, einen Heuhaufen und eine Hütte vorstellen können und darum die Ofipreußen davor bewahren wollen, in solch dürftige Lebensverhältnisse verschleppt zu werden. Gerode unser Reichtum an blühenden Provinzstädten ist der besondere Stolz Preußens und Deutschlands, und dieser Reich- tum ist gerade jeßt ein Segen, besonders für die geflüchteten ostpreußischen Städter.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ kündigt folgende Erweiterung des Personenkreises für die Familien- unterstüßzungen an:

Die Reichsregierung hat neuerdings weitere Nichtlinien bezüglich der Anwendung des Ge)ezes vom 28. Februar 1888 in der Fassung des Geießes vom 4. August 1914, betreffend Familienunterstützungen, ‘aufgestellt und den Bundesregterungen zur Beachtung emp1ohlen. Es handelt ih dabei um eir e reckt bedeutende Erweiterung des Personen- freises der An\pruchsberechtigten. Ueber weitere Ergänzungen {weben zurzeit no@ Verhandlungen mit den heteiligten amtlihen Stellen. ien jeien aus dem Nundschreiben folgende Punkte hervor- gehoben:

1) Im Falle der Bedürftigkeit find auch den Stiefeltern, Stief- eschwistern und Stie}kindern des in den Dienst Eingetretenen amilienunterslüßungen zu gewähren, insofern sie von ihm unterhalten worden oder das Unterhaltungsbedürfnis erst nah erfolgtem Dienstein- tritt deéselben hervorgetreten ist. . Unter denselben Voraus|eßungen

nit ihr: Vater ist. Eltecnlose Enkel des Einberufenen sind den ehelichen Kindern des Eingetretenen gleichzustellen. 2) Nicht nur den Familien der Mannschaften des Beurlaubten- standes, sondern auch denjenigen aller übrtgen im wehrpflichtigen Alter stehenden Mannschaften, welche infolge der kriegerishen Gr- eignisse niht mehr tn der Lage waren, in die Heimat zurückzukehren, find im Falle der Bedürftigkeit Unterstüßungen zu gewähren, sofern o! gema@t wird, daß sie als Getangene im jeindlihen Aus- and zurückgehalten werden, wobei kein Unter1hied zu machen ist, ob fie vom Feinde als Krieg8gefangene oder Zivilgefangene behandelt werden. Das gleiche gilt bezüglih folher Véann|chaften, von denen laubhaft gemacht wird, daß sie im Aueland bei einem Marine- oder E rupyenteile zur Einstellung gelangt sind.

3) Gemäß § 10 Absag 5 a. a. O. werden die Unterstützungen, falls der in den Dienst Eingetretene vor feiner Nückkehr verstirbt oder vermißt wird, solange gewährt, bis die Formation, welcher er angehörte, auf den Friedensfuß zurückgeführt oder aufgelöst wird; insoweit jedech den Hinterbliebenen auf Grund des Geseßes vom 17. Mai 1907 Be- willigungen gewährt werden, fallen dic dur das Gefeß geregelten Unterstüßungen fort. Die Bestimmung ift so auszulegen, daß zwischen dem Fortfall der Familienunterstüßung und dem wirklichen Bezuge der Hinterbliebenenrente eine Unterbrehung nicht eintreten oll. Die Worte „gewährt werden“ find alfo gleihbedeutend mit den Worten „tatsächlich zur Auszahlung gelangen“. Von einer Anrechnung der bis zu diesem Zeitpunkt gewährten Familienunterstüßungen auf die Hinterbliebenenbezüge wird wegen der Schwierigkeit der Durch- führung des Verfahrens abzusehen sein. Das gleiche gilt, wenn der in den. Dienst Eingetretene infolge einer Verwundung oder Krankheit als felddienst- oder garnisondienstunfähig zur Entlassung kommt und ‘hm eine Kciegsinvalidenrente zuge! prochen wird. :

Wenn auch die unter Z'ffer 1 bis 3 erwähnten Bewilligungen nit ausdrücklich im Gesey aufgeführt sind, fo wird doch bei Erlaß des im § 12 a. a. O. vorgetehenen Spezialgeseßes dafür Sorge ge- tragen werden, daß die Bewilligungen in der Höhe der in § 5 fest- gesezten Mindestjsäße den Lieferungsverbänden vom MNeiche erstattet WwerTDeNn. En

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“

en die Ausgaben 238, 239 und 240 der Deutschen Verlusft- s bei. Sie enthalten die 90. Verluftliste der preußischen Armee, die 81., S2., 83. und 84. Verlust- liste der bayerishen Armee und die 68. Verlustliste dexr württembergischen Armee.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser Franz Joseph hat an den Generalfeld- marschall von Hindenburg und dessen Generalstabschef, Seneralleutnant Ludendorff aus Anlaß ihrer Beförderung

Fwunschtelegramme gesandt. Das Telegramm an den teren lautet, wie „W. T. B.“ meldet :

‘Ueber Generalfeldmarschall von Hinbenburg! :

erfreut, Sie zu Ihrer Beförderung in die höchste

Jhrer rubmvollen Führung des unvergleihlich tapferen Ost- deeres seitens Seiner Majestät Ihres erhabenen Kriegs» herrn verdanken, wärmstens ‘beglückwünshen zu können, ist es Mir Bedürfnis, Ihnen zu bekunden, wel? viel be- gründete Hochhäßung Ih und Meine Wehrmaht Fhnen zollen. Klar, fest und treu wirkten Sie in |hwersten Kämpfen in steter U. bereinstimmung mit Meinem Heere, und dieses wird stolz sein, c je enger mit Ihnen verbunden zu wissen. áúIhren glänzenden Feldherrnnamen Meiner Wehrmacht zum leuhtenden Sinnbilde Friegerisher Höchstleistungen zu erhalten, ernenne Ich Sie zum Oberstinhaber Vteines Infanterie-Regiments Nr. 69. Möge es der unershütterlihen Waffenbrüdershaft Meiner und der deutschen MWehrmacht beschieden sein, der gemeinsamen gerechten Sache in

beharrlihem Kampfe den Steg zu erringen. Franz Joseph.

Das Telegramm an den Generalleutnant Ludendorff lautet :

Lieber Generalleutnant Ludendorff !

Zu Ihrer Besörderung, durh welche die höchste Anerkennung Shrer glänzenden Leistungen seitens Seiner Majestät, Meines teuren Freundes und Verbündeten, zu weithin sihtbarem Ausdruck kommt, beglüdwünsche Jh Ste auf das herzlihste Es sci Ihnen vom Allmächtigen vergönnt, auch wiiterhin in gleich vorbildlicher Weise und in bewährtem Einklang mit Meinem Generalstabe an der Seite Jhres ruhmreihhen Feldherrn ‘zu wirken.

Franz Joseph.

Die „Wiener Zeitung“ und das „Reichsgeseßblatt“ veröffentlichen eine Verordnung des Gesamtministeriums, die bestimmt, daß tilitärpersonen des verbündeten kriegführenden Staats den österreihisch-ungari- \hen Militärpersonen gleihzuhalten sind. Diese Gleichstellung gilt unter der Vorausseßung der Gegen- seitigkeit. Die Verordnung bietet eine Grundlage dafür, den Angehörigen der deutschen Wehrmacht Begünstigungen des Schußes gegen Mechtsnachteile einzuräumen, die ihnen auf dem Gebiete eines Verfahrens in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten, eines Verfahrens in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts usw. daraus erwachsen können, daß sie infolge ihrer militärischen Dienstleistung an der Wahr- nehmung ihrer Rechte gehindert werden. Die österreichisch- ungarischen Militärpersonen sollen dafür durch die im Deutschen Reiche für Militärpersonen bestehenden entsprechenden Be- günstigungen gesichert werden. |

- Im ungarishen Abgeordnetenhause wurde gestern bei Beginn der Sizung das Antworttelegramm des Kaisers Franz Joseph auf das Huldigungstelegramm des Abgeordnetenhauses verlesen. Es lautet obiger Quelle zufolge:

Die durch Sie unterbreitete Huldioung des Abgeordnetenhauses nehme Ich mit herz;lich-m Dank an. Mit besonderer Genugtuung erfüllt Mich die Veisicherung der Anteilnahme und Opferwilligkeit des Abgeordnetenhau)es in der. gegenwärtigen Zeit, in der die ganze ungarishe Natton im heldenmüttgen Kampfe gegen die Feinde des Baterlandes den glänzenden Bewets ibrer von den Ahnen ererbten patriotischen und kriegerishen Tugenden liefert.

Franz Joseph.

Verlesen wurde ferner die Antwortdepeshe des Ober- komman danten Erzherzogs Friedrich, in der der Dank für das Vertrauen zur Armee ausgesprochen wird, die Antwort des Reichstagspräsidenten Dr. Kaempf, I Der namens des Deutschen Reichstags für die zum Aus- druck gebrahten Gefühle der Bundestreue gedankt und die Ueberzeugung ausgedrücktt wird, in fester Waffen- brüdershaft der vereinigten Heere einen solchen Sieg zu erringen, daß den Staaten ein gerechter und dauernder Friede gesichert sein wird, und das Telegramm des Präsidenten der türkishen Kammer Halil, der erklärt, er habe mit stolzer Freude das Begrüßungstelegramm erhalten und hege den unerschütterlichen Glauben, daß die Türkei und die Zentral- mächte aus dem gerechten Kampfe gegen Rußland und die Ver- bündeten siegreich hervorgehen werden.

Bei der nun folgenden Beratung des Berichts, betreffend die Verwendung der Honveds und des Landsturms außerhalb des Staatsgebiets, ergriff der Miinister- präsident Graf Tisza das Wort und führte aus:

Man könne jeßt auf Grund der Cifahrungen der leßten Monate sagen, daß der Krieg absolut unvermeidlich gewesen sei. Cinzelne Staaten hätten Deutschland seine großartige wirtschaftlide Ent- wicklung geneidet, andererseits sei die Fctedensliebe Oesterreich- Ungarns als Schwäche gedeutet und darauf zurückgeführt worden, daß die Monarchie unfähig und {wah sei, während tatsächlich ihre Politik von der . Friedensliebe aller leitenden Faktoren der Monarchie zumal des friedliebendsten unter allen Monarchen der Welt diktiert worden sei. Der Krieg sei heute mehr als jemals nicht b'oß ein Ringen der Armeen, sondern der Völker und Nationen. Fn diesem Ningen hätten die ungarishen Truppen und die ungarische Nation Außerordentlihes geleistet, wie dies auch der Höchst- kommandierende Erzherzog Friedri ausdrücklih bezeugt habe. Der Meinisterpräsident saate darauf, er sei glücklich, auf Grund unmittelbarer Eindrücke sagen zu können, daß auch die leitenden Faktoren der großen deutschen Nation von Anerkennung und Vertrauen für die ungarische Armee erfüllt seien. Der jeßige Krieg set auch der erste unter dualistishem Regime. Der Dualismus habe nunmehr die Feuerprobe bestanden, und es sci durch die Wahrheit erhärtet, daß nur folhe Gestaltung der Monarchie imstande sei, die höchste Leistungsfähigkeit zu be- währen, die Ungarns berechtiaten Selbständigkeitsbe|trebungen Nech- nung trage und denno die Einbeit der Gesühle und Bestrebungen verbürge. Graf Tisza erklärte schließlich, er glaube, den Gefühlen aller Ausdru zu geben, wenn er sage, das in Strömen vergossene Blut werde für die ungarishe Nation Früchte tragen und der Kampf werde obne Ermatten und ohne Kleinmüttakeit fortgeseßt werden müssen, bis die Bedingungen der künftigen Sicherheit für die ungarische Nation geschaffen worden eten.

Nah dem Mtinisterpräsidenten Grafen Tisza ergriff der Abg. Graf Michael Karol yi das Wort zu dem zur Beratung slehenden Bericht und führte aus: Die Unabhängigkeitspartei, in deren Namen er sprehe, seße für die Dauer des Krieges die inner politischen Kämpfe aus, doch bedeute die Haltung der Partei nicht, daß sie thren“ Standpunkt. geändert habe, sondern nur, daß Ke in dieser ge\hihtlihen Zeit alles vermeiden wolle, was die Kraftanspannung der Nation stören könne. Die Partei stimme dem vorliegenden Bericht zu mit stolzem Gefühl der Freude, daß der Honved und der Landsturm nicht nur den Erwartungen entspreche, fondern diese noch übertreffe Seine Partei entbiete den für das Vaterland heldenhaft kämpfenden Soldaten bewundernden, liebevollen Gruß. Der Abg. Gra} Julius Andrassy erklärte namen der Berfassungspartei, daß er si der Feststellung des Grafen Tisza anshließe, daß dieser Krieg unausweihlich gewesen jei. Kein Ungar dürfe heute an etwas anderes denken, als an das ge- fährdete Vaterland. Die Verfassungspartei seye alle cppositionellen Gesichtspunkte beiseite, wenn es die Unterslüßung des helden- mütigen Heeres gelte. Ohne die Leistungen irgend eines Volks beei- S zu wollen, wolle er besonders darauf hinroeisen, wte das ungarische Volk sich in diesem Kampfe hervorgetan habe. Graf An- drafiy rief: „Jh bin stolz, daß ih ein Ungar bin, weil ih sehe, was Ungarn jegt auf vem Schlachtfelde leistet." Der Abg. Smonyît Sémadan erklärte namens der Volkspartei, ebenfalls ven Bericht der

Das Haus nahm sodann» die Vorlage, betreffend eine der Kriegshilfe gewidmete Sondersteuer von Einkommen über 20 000 Kronen, an.

Ftalien. E

An der gestrigen Trauerfeier für den Marchese Visconti Venosta nahmen als Vertreter des Königs der General Brusati, der Ministerpräsident Salandra, der Minister des Aeußern Sonnino, alle anderen Minister, das gesamte diplomatische Korps, zahlreiche Parlamentier, Vertreter der Behörden und angesehene Persönlichkeiten teil. Die sterbliche Hülle wird nah Grosio übergeführt und im Familienbegräbnis beigeseßt werden.

Norwegen.

Der von einem englischen Kriegsschiff bei Fleetwood auf- gebrachte norwegishe Fischdampfer Net, dêr Ve- huldigt wird, unter neutraler Flagge nördlih von Jrland deutsche Minen ausgelegt zu haben, ist Eigentum einer nor- wegischen Reederei, deren Kapital aber zum großen Teil in englishen Händen is. Wie „T. T. B.“ meldet, war der Dampfer von der Firma Frank Barret in Grimsby gechartert. JInfolgedessen kann nicht die Rede davon sein, daß er Minen für Deutschland ausgelegt hat.

Griechenland.

Wie „Taswir-i-Efkiar“ erfährt, hat die griechische Regierung alle Anerbietungen und Bemühungen des Drei- verbandes, mit ihm zu gehen und der Türkei den Krieg zu erflären, zurückgewiesen und findet es ihren Jnteressen ent- sprechender, alle Meinungsverschiedenheiten mit der Türkei in freundschaftliher Weise zu regeln.

Numänien.

Die Kammer hat Michael Pherkyde einstimmig zum Präsidenten wiedergewählt. Die „Agence Roumaine“ bemerkt dazu, die Cinmütigkeit der Wahl habe die Einigkeit aller Rumänen in diesem Augenblicke bekräftigt. /

Der Senat hat den früyeren Präsidenten Basil Missir wiedergewählt.

Albanien.

Die vorläufige Regierung für Epirus hat an das Volk von Oberepirus eine Proklamation erlassen, in der es der „Albanischen Korrespondenz“ zufolge heißt: „Unsere Kämpfe haben mit einem Triumph geendet. Alle unsere Wünsche haben sich verwirklicht. Jhr tretet endgültig in die hellenische Familie ein.“ Die vorläufige Regierung spricht sodann in der Proklamation allen Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten, die heldenhaft unter dem epirotischen Banner gekämpft hätten, herzlichsten Dank aus, erklärt ihre Mission für beendet und schließt: „Lebet immer glücklich, Jhr und Eure Nachïommen im Schoß unserer Mutter Griechenland,“

Asien.

Die „Agence Ottomane“ erfährt aus Medina, daß 30000 Muselmanen , darunter Sajids, Ulemas und Scherifs der Beduinen, sich um die heilige Fahne, „Sandschak-i-Scherif“, geschart haben, die unter Entfaltung großen Pompes von der heiligen Stätte her eingeholt wurde. Die Begeisterung der Bevölkerung sei groß. Tausend Mann, darunter der (5 Jahre alte Mufti der Schafiiten, hätten sich als Freiwillige ein- chreiben lassen und am Grabe Mohammeds geschworen, die Waffen nicht früher niederzulegen, als bis die Nechte des Vaterlandes und des Khalifats anerkannt würden.

Afrika.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ wird aus Nalut (Tripolis) berichtet, daß am 28. v. M. zwischen dorthin entsandten Truppen und einer starken Abteilung von Räubern jener Gegend ein Kampf stattgefunden hat. Genauere Nadch- richten liegen infolge der großen Entfernung nodh) niht vor. Anscheinend wurde der Angriff gegen eine auf. Nalut marschierende Proviantkolonne begonnen, in den zur reien Zet éme Truppenabteilung eîn- griff. Die Ausständishen wurden zurückgeworfen und verfolgt, teils nah den Dörfern Amuhd und Aulad Mohamed, teils nah Gefara, andere nah Westen. Unsere Verluste be- trugen: 7 Mann tot, unter ihnen 4 Jialiener und 3 Libyer, 10 Mann verwundet, davon ein Offizier, 6 Angehörige der italienishen Truppen und 3 Libyer. Der Gouverneur hat An- weisungen gegeben für die unverzügliche Verhängung des Be- lagerungszustandes in der Gegend Gebel und Nefusa.

Kriegsnahrithten.

Westlicher Kriegsschaupla ÿ. §roßes Hauptquartier, 1. Dezember, Vormittags. Auf dem westlihen Kriegsschauplaße Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Kriegsschauplaß.

Großes Hauptquartier, 1. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Jn Ostpreußen und Südpolen herrschte im allgemeïhen Ruhe. In Nordpolen, südlih der Weichsel, steigerte sich die Kriegsbeute in Ausnußung der gestern ge- meldeten Erfolge. Die Zahl der Gefangenen vermehrte sich um etwa 9500, die der genommenen Geschüße um 18. Außerdem fielen 26 Maschinengewehre und gahl- reiche Munitionswagen in unsere Hände.

Oberste Heeresleitung.

Wien, 30. November. (W. T. B.) Amtlich wird ge? meldet: Im Norden hat sich gestern an unserer Front nichts Wesentliches ereignet.

Budapest, 30. November. (W. T. B.) Nach Berichten, die hier an amtlichen Stellen eingetroffen sind, ist die Nieder - lage der Russen in dem Gefecht bei Homonna noch viel größer gewesen, als anfänglih angenommen worden ist. Unsere Truppen hatten die russishe Stellung an

beiden Flügeln umfaßt und einen doppelten Flankenangriff gegen sie gerichte. Das Feuer unserer Artillerie bracÿite

angriff der Fußtruppen war so- unwider tehlich, daß der Feind eiligst den Rückzug antreten mußte. Während. des Rückzuges

Würde, die Sie der huldvollen Anerkennung 1 2 #

| Negierung anzunehmen,

den Russen \chrecklihe Verluste, und der tapfere Sturm:

] wurden die Russen pon unseren Geschüßen mit einem Hagel

von Schrapnellschüssen verfolgt. Neben 1500 Gefangenen Haben die Russen Tausende von Toten und Verwundeten in diesem Kampfe verloren, Jm Komitat Ung sind die Russen nur wenig über die Grenze gedrungen, da sih ihnen sofort eine überlegene Gruppe unse Kräfte entgegenstellte, der es sogleich beim ersten Zusammenstoß gelang, den Feind zurückzuwerfen. Die Verfolgung des Feindes jenseits der Landesgrenze ist im Zuge. Von der Front langen unausgeseßzt russische Ge- fangenentransporte an.

Südlicher Kriegsschauplaß.

Wien, 30, November. (W. T. B.) Amtlih wird ge- meldet : Auf dem südlichen Kriegsschauplaß finden Hridalièinde Kämpfe statt. Gestern wurde der hartnäckig verteidigte Su- vobor, Sattelpunkt ‘der Straße Valjevo—Cacak, nach heftigen Kämpfen erstürmt. Gestern wurden insgesamt 1254 Mann gefangen und 14 Maschinengewehre er- beutet, in Uzice viel Waffen und Munition vorgefunden.

Parlamentarische Nachrichten,

Im Reichstage trat heute vormittag die sogenannte freie Kommission zur Vorbereitung der neu angeforderten Kri egskredite zusammen. Von der Regierung erschienen, wie „W. T. B.“ meldet, der Reichskanzler Dr. von Beth- mann Hollweg, fast alle Staatssekretäre der Reihsämter und mehrere preußische Minister. Auch außerpreußische Vertreter der Bundesstaaten waren anwesend, darunter der bayerische Minister- prästdent Graf von Hertling. Der Vorsizende der Budget- ommission Dr. Spahn leitete die Verhandlungen, deren strenge Vertraulichkeit die Kommission beschloß.

Kunst und Wissenschaft.

A. F. Dem Lessing-Museum in der Brüderstraße 13 einen Besuch abzustatten, unternahm die E os Gesell- schaft für Hetmatkunde, an einem der lezten Novemberfonntage in den Bormittagésstunden. Die geweihte Stätte war ihr bei einem Besuch vor m'hreren Jahren schon bekannt geworden, bald nachdem in fehr beshränkten Näumen im Erdgeschoß des Nicolaihauses die wertvollen Sammlungen Aufnahme gefunden, die vorher in Le|sings einstiaer Wohnung am Köntgsgraben Nr. 10, auß în recht engen Gelafsen, thren Platz gehabt hatten. Da inzwish-n dem Museum die neu eingerihteten Ÿäume des ersten Stoctwerks im Nicolathause einzeräumt und dur teilweisen Umbau auch ein stattliher Vortrags- faal gewonnen, eleftrisie Licbtanlagen, Hetzungsvorrihtungen und mancheriet Verbesserungen beshaft worden waren, sien es erwünscht, nunmehr au dies neue, wesentlich vershönte Heim der Sammlungen Tennen zu lernen. Hierzu trat noch ein anderes: Es war in der Zwischenzeit von der „Geselischaft zur Erhaltung des Lessing- Museums in Berlin“ der erfreultche Beschluß ge1aßt worden, die Lessing- ehrung mit einer zweiten, einem anderen hochgefeierten vaterländischen Dichter geltenden, nämlih einer Theodor Körner-Sammiung, zu vereinigen, für die seit lange {hon pietätvoll Beit1äge gestiftet und herbeigebraht worden waren, und der jeßt eine sihere Heimat gegeben werden sollte, auf die sie sogar eine Art Anspcuch erheben durfte. Denn, war Lessing in der Brüderstraße im Hause Nicolais, mit dem er eng befreundet war, häufiger Gast gewesen, so war Theodor Körner niht minder ein gern gesebener Gast im Hause des Qofrgis Daniel Friedri Parthey gewesen, des Schwiegersohnes von Nicolat, auf den nah Nicolais Tode der Besiß von Buchhandluúg und Haus übergegangen war. Ja, Theodor Körner war noch in den leßten Monaten setnes allzu früh geendeten Lebens als Gast Part1heys längere Zeit Bewohner dieses Hauses gewesen, und bis vor wenigen Jahren wies man im Garten noch den Plaß an einem seitdem eingegangenen alten Nußbaum, unter dem der Dichter Perlen seines Liederkranzes „Leyer und Schwerdt“ gedihtet haben soll. So ergab sich der vorgedachte Beschiuß gewissermaßen au als eine Pietätspflicht gegen die beiden Dichter, die, zeitlih etwa um zwei Menschenalter getrennt, dem „Nicolai-Körner-Haus*, wie es jeßt heißt, das bekannte N von der „für alle Zeiten geweihten Stätte“ aufgeprägt Herr Georg Richard Kruse, Schriftiührer und Direktor des Museums, hatte es liebenswürdigerwei\e übernommen, die zahlreich erschienenen Mitglieder der „Biandenburgia“ durch das Museum zu führen und willkommene Erläuterungen zu geben. Er geleitete sie zu- nächst in jenen \{ön ausgestatteten, neuen Vortragssaal und erfreute hier dur einen Vortrag, der, dem Doppelzweck des Museums ent)prechend, sih zunächst mit Lessing und in seinem zweiten Teile mit Körner beschäftigte und beider Männer engere Beziehungen zu Berlin in den Vordergrund der Betrachtungen stellte: Als „Vogel auf dem Dach“, fo begann der Redner, hat Lessing sich einmal selbst und domit zugleih die Unstetigkeit seines Lebens bezeihnet. Auf den Wanderflügen des Genius wurde Berlin für thn eine wichtige, immer wieder aufges ute Statton, ein Nuhepunkt, wo dauernd heimisch zu werden, wie es sein Wunsch war, ihm doch niht gelang. Dennoch find es rund 10 Jahre, dte er bei viermaligem Aufenthalt in Berlin verlebt hat, und sein berübmtestes Lustspiel ist ein Berliner Lokalstück Grund genug, daß Berlin sein Andenken tin Ehren halte, zumal er der einzige unterer Klassiter ist, den nähere persönliche Beziebungen an die Stadt knüpfen. Lessings Jugendjahre hatten den in Kamenz in Sachsen Geborenen aus seinem engeren Heimatlande Sachsen nicht herausgeführt; denn nah furzem Schulaufenthalt in Pußkau und Bischosswerda war er für 5 Jahre auf die Fürstenshule St. Afra in Meißen gekowmen, die er 17 jährig verließ, um in Leivzig Theologie zu studieren: ein eigenartiger Student der Gottesgelahriheit, der in der Erkenntnis der Einseit'gkeit seines bisherigen Bildungsganges, sh feines Mangels an Lebensart und Umgan/sformen shämend, feht-n, tanzen, voltigieren lernte, si von. den Büchern ab und dem Leben zuwendete. Seine Neigung zog thn bald zum Theater; ein kleines von thm verfaßtes Lujtspiel hatte Erfolg, doch seines Bleibens in Leipzig war nicht lange. Gründe höchst prosaisher Natur, Bürgschaften, die er für einige leicht- finnige Schauspieler der Neuberinsch-n Truppe gutgläubig ein- gegangen, ließen ihn, nah dem Fehlshlag von Hoffnungen auf eine Stellung in Berlin, im August 1748 Wittenberg zur Fortsetzung feiner Studien wählen. Hier waren es neben Altertums- kunde und Philosophie die politishén Verhältnisse und die öffentlichen Zuskände, die thn lebhaft beschäftigten, letztere in solchem Grade, daß er sih {on nach wenig Monaten dem ihm von Leipzig her bekannten, av verwandten Nedafkteur der „Vossi'chen Zeitung“ Mylius als Gehilfen anbot und, seine Studien in Wittenberg jäh abbrehend kurzer Hand na Berlin übersiedelte, das nah dem siegreich durhgeführten zweiten schlesischen „Kriege anfing, der Mittelpunkt des politishen und Gegen Lebens in Deutsland zu werden, Leising nahm damals Winter 1749) im Hause Spandauer Straße 68 Wohnung, in dem sväter auch Friedrich Nicolai und Moses Mendelsfohn wohnten. Auf Guifehlung L Mylius wurde Lessing vom Besitzer der „Vo)sischen Zeitung ' VLUDIger, beauftragt, feine große Bibliothek zu ordnen: ein Auftrag, den der Zwanzigjährige mit Freuden übernahm. Der Auf- enthait in Berlin, uen lo gefährlichen Orte, wo er allen Zers streuungen und BVerführungen aus esezt set“, sowie die Unterbrehung und ger A des Studiums seines Sohnes, war jedoch sehr gegen Wunsch und y in M Lessings Vater, dem Kamenzer Pfarrer. Es gab peuiliche brieslihe Auveinandersezungen zwischen Vater und Sohn,

die erst zugunsten der Wünsche des "eßteren ein Ende nahmen, als er durch literarishe Arbeiten, fkuitishe Berlchte, namentli für die „Vossische Zeitung“, sein großes Können und die Fähigkeit, sein Brot, wenn auch mühsam, zu verdienen, bewiesen hatte. Seine Gltern trôstete der Sohn über sein Ergeben belspielsweise durch die Mi:teilung, daß er „für 13 gute Groschen eine starke Mahlzeit tun tônne“. Es lag Lessing vor allem daxan, in Freiheit zu hafen. Deshalb lehnte er, diesem Wunsch jede andere Rücksiht unterordnend, ebenso die ihm angebotene Stellung als politisher WMe- dakteur der „Vossishen Zeitung“, wie den Posten eines Auktionskommissars mit festem Sabresgehalt von 400 Talkern dankend ab und blieb mit einzelnen Arbeiten beschäftigt, u. a. mit der Unterstüßung eines Barons v. d. Gol in Polen in einem Nechts\treite, den er mit jo gutem Erfolge durchzuführen verstand, daß fich ihm weitere Aussichten eröffneten. Für Leisings Denkart ist bezeichnend, daß er ein „gemächlihes Leben“ nennt, was andere vielleicht „zur Not“ nennen würden. „Allein, was tut mir das, ob ich in Fülle lebe oder nicht, wenn i{ch nvr lebe“. Anfangs 1751 wurde Lessing aber -doh Redakteur an der „Vossishen Zeitung“, als man hier setnen Wunsch erfüllte, -allmonatltch der Zeitung eine kritishe Beilage selbständig beizufügen, mit dem Namen „Das Neueste aus dem Reich: des Wißzes“. Seine, der Zen)ur nicht gleich dem politish?n Keil der Zeitung unterworfenen Kritiken durchzieht. welches Gebiet sie immer behandeln, der einheitliche Gedanke „Kampf gegen Hoßlheit und Pedanterte“. Dogmatische und sittlihe Fragen werden mit großer Ernsthaftigkeit behandelt, was in dem Berlin jener Tage, mit seinen lockeren Sitten, immerhin einen starken Mut erforderte. Als a ein roter Faden läuft die aufrichtige Begeisterung für Friedriß den Großen hindur, „den die Natur zum Weltweisen wachen mußte, weil fie ihn zu einem Urbilde der Könige machen wollte“. Fast unnüy zu sagen, daß der Toleranz- gedanke, der seinen vollendeten Ausdruck später in „Nathan“ finden sollte, s{chcn diese Monatekritiken, wie die zu dieser Zeit ent- standenen Dramen „Die Juden" und „Der Freigeist“, beherrscht. Jedenfalls war diese Zeit des ersten Aufenthalts Lessings in Berlin ganz außerordentiih fruGtbar auch in dem Sinne seiner eigenen Wetterbildung, u. a. seiner eifrigen Beschäftigung mit fremden Sprachen. Doch Lessing erinnerte sich hierbei, daß er seiner Untversitätsbildung noch einen focrmalen Abschluß zu geben babe. So unterbrach er, unter Vorbebalt feiner Beziehungen zur „Vossischen Zeitung“, seinen Berliner Aufenthalt für das Jahr 1752, das er in Wittenberg zu- brachte, Um bier seine Untversitätsstubien durch Piomotion zum Magister der treien Künste abzuschließen. Anfang De- zember 1752 nach Berlin zurückgekehrt, bezog er eine Wohnung im Hause Nikolai - Kirhhof Nr. 10. In dieser Zeit suchte und fand Lessing lebhaftere geistige Anregung im „Montagklub“, dem er bis 1761 angehörte. Hter knüpften fi die engeren freund\chaftlichen Beziehungen zu Friedrich Nicolai an, der bald na dieser Zeit das Haus Brüderstraße 13 erbaut und die vom Bater (7 1752) ererbte Buchhandlung aus der Poststraße dorthin ver- legt hatte. Auch der gkleihaltrige Moses Mendelssohn gehörte zu den Bekanntschaften des Montagk.ubs. Lessing lernte ihn zunächst beim Schachspiel kennen und trat ihm in philosophischen Gejprächen näher. Aus dem Verkehr entwidelte sich innige Freund|caft. Yeendelsfohn gilt mit Neht wohl als das Urbild des Nathan. Der diitte von Lefsings Freunden aus dieser Zeit, der auch mit den beiden vorgenannten am Denkmal im Tiergarten vereinigt ist, war Christian Ewald Kleist, der Dichter des vielbewunderten Gedichtes „Der Frühling®. Was Leising kn Oktober 1755 veranlaßte, seinen Berliner Aufenthalt abzubrehen und nah Leipzig zu über- fledeln, war vermutich der s\{chwere Aerger, der an ihm bohrte, Berlin dauernd ohne eine deulsHe Scchaubühne zu sehen, troß des guten Kampfes, den er unau®geseßzt diesem Zweck widmete Es war thm persönlich nahegegangen, daß sein Drama „Miß Sarah Sampson”, das um diese Zeit entstanden und in dem er mit Vorbedacht fast zum ersten Male in der deutschen dramati’chen Literatur das Bürgerhaus an Stelle des Palastes als Schauplatz der Tragödie gewäblt hatte, in Berlin nur eine Schau- bude zur Aufführung gefunden haite, die zu betreten die sogenannte feine Welt Anstand nahm. Der Autenthalt in Leipzia, den Leising später in einem Briefe an Vêendels}ohn als allen seinen Absichten und Neigungen zuwider bezeihnet hat, brachte ihm anfangs die Auesiht auf eine große MNeise nah Holland, England, Frankreich und Italien, als Begleiter des jungen Kaufmanns Winkler. Die Neise wurde au angetreten, fand aber bereits in Amsterdam ihr unerwartetes Ende dur den Ausbruch des Siebenjährigen Krieges, der zur Heimkehr nötfigte. Ein siebenjähriger Prozeß ' mit Winkler um dite Lesfing vor- enthaltene Ent\hädigung war die zweite unliebsame Folge. „Ich sehne mich mehr, als Ste glauben können, wieder in Berlin zu sein“, \ch{rieb Lesfing an Mendelssohn, und am 4. Vai 1758 kehrte er nah Berlin zurü. Wo er damals Wohnung nahm, hat bisher noch niht sicher féstgestellt werden können. Entweder war es das Haus Heiligegeiststraße Nr. 52 oder Alte Leipzigerstraße Nr. 1, das gegenwärtig aud dem Abbruch verfallende, ehemalige Branden- burgisch - preußtishe Marineministerium. In einem Gartenhause Blumenstraße 17/18 traf sich dec literarishe Freundeskcets, oder au in der fogenannten „Baumanns - Höhle“, dem später Maurer u. Brachtshena Weinkeller, Bxrüderstraße 27, den die YNelteren unter uns noch in setner ursprünglichen Beschaffen- heit gesehen haben. In die Zeit dieses dritten Berliner Aufenthalts fällt die in Gemeinshaft mit Mendelssohn und Nicolai erfolgende Herausgabe der „Briefe, die neueste Literatur be- treffend", welde als erstes großes kritisches Drgan ungeheuren Ein- fluß erlangten. Sie bedeuten den Beginn der Würdigung Shakespeares in Deutschland gegenüber den Franzosen. Reiche Früchte mannig- fachster Art waren das Ergebnis dieses Lebensabschnitts Le!sings. Eifersüchtig auf seine Unabhängigkeit und Freiheit, lehnte er cs ab, ih um ein Amt zu bewerben. Als sich thm auf Betreiben seiner Freunde, namentlich Kleists, aber ein Amt anbot, das ihm mit seiner Eigenart verträglich schien, nahm er es an, wurde Goubernementssekretär des Geaerals von Tauenzien und überfiedelte im Herbst 1760 nah Breslau, doch nicht ohne auf der Durchreise das Grab Ewald von Kleists aufzusuchen, der kurz vorher in der Schlacht bei Kunersdorf gefallen war. In den leßten Wochen seines Berliner Aufenthalts war er ohne einen Antrag seiner- seits noh zum außerordentlichen Mitgliede der Akademte ernannt worden. Bald nach dem Hubertusburger Frieden nahm Lesfing, dem eine von thm nahgejuhte Beförderung versagt worden war, und den das Soidaten- leben na dem Kriege niht mehr fefselte, seinen Ab'cied, kehrte von Breslau über Kamenz, wo er feine Eltern besuchte, und Leivzig nach Berlin zurück und nahm hier im Mai 1765 seinen vierten Aufenthalt, jetzt im Hau!e Königsgraben Nr. 10 beim Kupjersteher Schleum wohnend. Diesmal langte ihm die früher ftets aus einem einzigen Zimmer be- stehende JunggeseUenwohnung nicht mehr; denn Lessing brachte eine meist in Breslau erworrene Bibliothek von etwa 6000 Bänden mit. So verhältnismäßig kurz Lessings Abwesenheit von Berlin aewesen war, fand er sich jeyt nicht mehr wie früher angeheimelt. Der Partiku- larismus, den er in seiner Heimai Sachsen so tadelnêwert gefunden, war in Preußen nah dem Kriege, gevaart mit über- hebendem Seibt1tgefühl, fiark ins Kraut geschossen. Lessings warmer Enthusiasmus für des großen Friedrih Hauptstadt kTühlte sich immer mehr ab, zumal setne ökonomische Lage zu wünschen übrig Uieß. Nichtsdestoweniger reisten in dieser Zeit hervorragende Produkte des Lessingschen Geistes: „Laokoon“ und „Minna von Barnhelm“. Leider erwies sich die Hoffnung, in die Bibliothekarstelle beim König berufen zu werden, als tiügerts{. Obwohl Winckelmann, der diese ihm angebotene Stelle abgelehnt, Lesfing als den geeigneten Mann warm empfohlen hatte, und Gleiches auch durch Oberst Guichard gesehen war, entschied sich der König für den Franzosen Pernetty. Es ist bezeichnend für den Menschen Lessing, daß ‘gerade in dieser Zeit, da er“ den gerechten Verdruß über jeine Ablehnung empfand, von ihm die legte Hand aa sein gut vreugisches Lustspiel „Minna von Barnhelm“ gelegt wurde, wobei Ramler ihn freund\caftlih und

\fachkundig beriet. Das Werk sollte seine 1 in Berlin vollendete größere Arbeit bleiben; denn shon am 21. ‘Mrz 1767 folgte Lessing J

einer Einladung als Kritiker des in Hamburg neu begründeten „Deutschen Nationaltheaters* und übersiedelte dorthin. Wenn Nicolai recht hat, dürste seinem Freunde der Abschied von Berlin nit allzu {wer geworden sein. Jm August 1769 \hreibi Nicolai nämli: „Die ehemalige Vorliebe für Beriin verwan

ih \päter bet Lessing in völlige Abne‘gung“. Tatsächlih ist Lessing in der Folgezeit nur noch zu fürzerem oder längerem Besuch in Berlin gewe'en: 1771 in geshäftlicher Angelegenheit, als eine Ausgabe der Vermishten Schriften erscheinen follte, 1775 auf der _Netse nah Wien vom 1. bis 15. März, 1776 nach der Rückkehr von 8talien vom 26. Januar bis Mitte Februar. Wohnung nahm er in diesen Fällen bei seinem Bruder Karl, der als Beamter an der Münze Alte Leipziger Straße 1 wohnte. Lessing starb 1781. Lange, allzu lange hat es gedauert, bis Berlin ich darauf besann, welche Bedeutung in der Geschichte der Stadt Lessing zukomme. Die erste öfentlihe Ehrung warde ihm hier zuteil, als Nauh den Dichter am D-akmal Friedrichs des Großen, enthüllt 1851, verewigte. Mebr als 100 Jahre nach seinèm Tode erst, 1890, erfolgte die Ercichtung des L-\singdenkmals von Otto L-\fing, einem Urgroß- néffen des Dichters, im Tiergarten, und vor 5 Jahren endlich wurde von der Stadt Berlin auch eine bescheidene Gedenktafel für den Neubau in der Spandauer Straße 68 gesltstet, daran erinnernd, baß an dieser Stelle einst Lessing aewohnt hatte.

Fn weniger Worten ais von seinem sächsischen Land?mann Lessing ist von den Beziehungen Theodor Körners zu Berlin und seinem Aufenthalt hier zu berihten. Das älteste Ze“gnis, daß er hier verweilte, is ein lusliges Stammbuchblatt, datiert Berlin, den 16. April 1811, das au gleich darüber autf- flärt, warum der Studiosus Körner jeinen Aufenthalt von Leipzig nach der preußischen Hauptstadt verlegt hatte. MReibereien und Naufereten zwischen den Landsmann|schaften, den Lausigern und den Thüringern, deren Senior Körner war, hatten Vater Körner des Sohne raten lassen, ih von den Verbindungen zu lôfen und an die neu gegründete Friedri Wilhelm-Universität zu Üübersiedeln. In diesem Sinne hatte der Vater auch {hon mit dem ihm von Dresdeu bekannt-n Hofrat Parthey Briete gewechselt. Am 8. März 1811 teilt Körner senior dem Sohn mit, Parthey verlange, daz er zuerit bei ihm in der Brüderstraße 13 Wohnung nehmen folle ehe er si selbst ein Quartier suche. Die Einladung sei fo freuntschaftlich und man scheine sich so sehr auf des Sohnes Ankunft zu freuen, daß er sie unbedenklich annehmen möge. Es verging indessen aus wichtigen (Gründen Ausfehtung einer Mensur in Leipzig mit dabet er- haltenem derben Shmiß noch einige Zeit, ehe Theodor Körner dem väterli(en Nat entsyra, und \Hließlich war es nur die Be- sorgnis, zu einer Karzerstcafe verurteilt zu werden, die thn das von ihm bevorzuate Leipzig zu verlassen antcieb. Am 26. März teilte er den Eltern sein Eintreffen „in der langweilig großen Stadt Berlin“ mit, am 27. März sah er sich als Stud. phil. an der Universität immatiikuliert. Obne bei Parthey auch nux vorzu- sprechen, mietete sich Körner soglei eine niht ganz billige Wohnung Taubenstraße 33, eine Treppe hoh. Auf E:mahnuyg dzr Schwester holte Körner indessen den Besuch bei Parthey bald nah; denn {hon am 4. April beantwortet der Bater einen Brief des Sohnes mit den Worten: „Daß es Dir bet Parthey gefallen, freut mi; er hat wirfk- lih viel A-hänglichkeit an Lich, und ein soihes Haus wird Dir in manchen Fällen recht lieb werden“. In der Tat war der junge Student dort bald wie K.nd im Hause. Er 1as, wie Partheys Sohn, damals 13 Fahre alt, später berichtet hat, mit \{öner, klargvoller Baßslimme eigene und fremde Gedichte vor, sang zur Gitar:e und gefiel all- gemein troy des s{warzen Pflasters, das er auf der noh nicht ganz vernarbten Wunde seines Schmisses trug und über das er, um es zu verbergen, eine die Lode seines prächtig shwarzen Haares zog, die auch das ganze Auge verdeckte. Leider nahm der Berliner Aufenthalt, so große Anregung und Befriedigung Körner das Studium gab er börte u. a. bet Shleiermacher, Fichte, Niebuhr und so wertvoll ih thm der Umgang mit dem Turnvater Jahn und Friesen gestaltete, ein jäbes Ende. Körner war aus den oben erwähnten Ursachen von der Leipziger Universität relegiert worden, und da Berlin zu den mit Leipzig in Vérirag tebenden Universitäten gebörte, wurde er Ende des Sommersfemesters au von der Be liner Universität ausgeschlossen. Nachdem er von Freunden und Bekannten Abschied genommen, reiste er am 4 Juni 1811 von Berlin ab. Zu den Ledichten, die in der Zeit seines Berliner Aufenthalts und zum Teil in der Siille des Parthevyscken Gartens unterm Nußbaum entstanten, zählt z. B, das Frau Hofräâtin Parthey gewidmete „Lied der Rose“. Daß sich Körners Meinung über Berlin sehr gewandelt, beweist ein wenige Tage nah feiner Ankunft in. Dreöden an Parthey gerichteter Brief, worin er behauptet, daß Dresden ihm nie so fkleinstädtisch vor- gekommen sei und daß er deshalb um fo lieber an Berlin denke. Der zweite und leßte Aufenthalt Körners in Berlin fiel in die Tage vom 4. August bis zum 9. August 1813, also in die Zeit kurz vor Wiederbeginn der Feindseligkeiten nach dem ahtwöh!igen Waffen- \tilstande Diesmal mußte er, von Partheys, die an seiner Verwun- dung beim Ueberfall von Kißzen den lebhafiesten Anteil genommen, mit größter Freundlichkeit empfangen, im Partheyshen Hau'!e Quartier nehmen. Er wohnte also fünf Tage in der Buüderstraße, befuchte aber Parthey3, die in ihrèr großen Gartenwohnung Blumenstraße ihren Sommeraufenthalt aufgeschlagen, täglih. Abends faß er in traulichem Gespräche am Partheyshen Famtilientish oder er las von setnen Gedichten aus einem fleinen Quartheft vor. Das Sonett „Die Wunde brennt, die bleichen Lippen beben“ machte tiefen Cindruck und alles schwiea, als er es vorgelesen. Vom Gitarrespielen ivar diess mal keine Nede; do sezte Körner die Hörer in Erstaunen dur sein mufikalisches Gedächtnis, als er eines Abends alle 24 Hornfizgnale der Kavallerie vortrug. Am Morgen des 9 August kxm Köcnec, um Abschied zu nehmen, nah der Blumenstraße, um sein hier eingestalites Pferd, einen tüchtigen SYBimmel, zu holen, padckdte feinen Mantelsäck und nahm von den Eltern und Kindern Parthey kurzen, herzlichen Abschied. Alle sahen dem- die lange Straße Hezurunterreitenden ergriffen nach. Ein kurzer Gruß mit dem TUaschentuh, ebe er um die Gdcke bog, und der teure Mann war den Blicken entschwunden. Schon am 26. August 1813 fiel Körner bei Rosenberg, und in den Jubel der Berliner über den Steg von Großbeeren mischte sich die Trauer über den Heldentod des gefeierten Dichters. Als wenige Jahre später (1815) die Familie Körner von Dresden nah Berl übersiedelte, wo Vater Körner als Staatsrat in das Sultusministerium unter Altenstein eingetreten war, mietete fie das zweite Stodck- werk des Partheyshen Hauses. Sebr zurückgezogen und in freundschaftlihem Zusammen!ein mit Partheys lebend, bewohnte sie das Haus 13 Jahre genügender Grund, es im Hinhlick auf diese Erinnerungen jeizt das Nicolai-Körner-Haus zu nennen. Direktor Georg Richard Kruse endete hiermit seinen sehr beifällig aufgenommenen Vortrag, nit, obne in dem leßten Teil noch im einzelnen auf die s{öônen Körner-Erinnerungen hinzuweisen, mit denen die Wände des Vortragssaales geziert find: 8 Bilder von Friedrich Martersteig in Weimar, die zu den Shmudftüden des Museums gehören. Auch war es ein freundlicher Gedanke des Redners, in diesen Teil noch den Vortrag einiger Körner-Lieder einzu- flehten. Es waren die Körnershen Dichtungen: „Bergmanns Leben", „Abschied vom Leben“ und „Du Schwert an meiner Linken“ n ihren besten Vertonungen von Himmel und Karl Maria von Weber und vorgetragen mit ansprehendem, flangvellem Bariton "von Herrn Friß Sturm. Die Zubörerschaft empfänd, daß es fehr verwandte Stimmungen find, von denen in diesem Augenblick eines furchtbaren a E E en E ist, mit denen, die vor gerade 100 Jahren unseren Vorfahren Trost und eisterung A gute und gerechte Sache gaben. 4 R Ait

Bei der sib nun anschließenden Wanderung dur und eingehenden Kenntnienahme von den des Museums, sonderheit des Körner-Zimm-rs, das den en Erschienenen noŸ unbekannt war, gab fih die allgememe Ansicht kund, dah Bier Wabrheit ein Stay Sedvatibiingini angesammelt 4 den Berlin nicht dankbar genug sein kany. A

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