1914 / 295 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Dec 1914 18:00:01 GMT) scan diff

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eresies der Nation nit verlegt würden. Italien könte keine seligkeiten gegen Nattonen unternehmen, mit denen es fo lange verbunden gewesen sei, und auch nit gegen andere Nationen, mit denen es Bande der Rassenverwandtschaft eine. Es sei daher nit \{öôn, wenn von einigen dex. Gedanke vertreten werde, daß Stalien \ich vorbehalte, îin den Kampf einzutreten, um dem Besiegten den Gnadenstoß zu geben. Es sei nit s{ôön, wenn Italien feine Hilfe verschahere und nicht vor s{chändlihem Verrat zurücksheue. In der Regierungserklärung hätten die Worte, die \sih auf die Be- \trebungen Jtaliens bezögen, niht weniger den Ortent als den Okzident im Auge, troßdem hätten einige Redner nur nah etner Richtung ge- blickt. Man dürfe hoffen, daß einige Städte, wo man italieni|ch tete, niht immer von Italien getrennt blieben; aber das sei eine

rwägung, die Italien mit anderen Nationen gemein habe. Heute sei es wünschenswert, E die Völker national geeint seien, aber der Wunsh, eine Saße zu besigen, rechtfertige noch niht eine gewaltsame Aktion, um sh ihrer zu bemächtigen. Der Senator Chimirri drückte sein Vertrauen zur Regierung aus, billigte die Erklärung der Neutralität und sagte, das wiedererstandene Stalien werde sein Blut nur für die Vertetdigung seiner Unver- letlihkeit, Unabhängigkeit und Ghre vergießen. Morandi brachte eine Tagesordnung ein, die den Wun) ausspricht, daß Italien bet der Löfung der gegenwärtigen Krisis den Grundsay der Verminderung der Rüstungen zur Wèürksamkeit bringe. Molmenti bes] tonte, man müsse wachsam und stark sein und seine Zuflucht zu den Waffen nehmen, wenn Verhandlungen nicht aus- reihten; je stärker man sei, um fo größer sei die Wahrschein- lichkeit, mit Verhandlungen zum Ziel zu kommen. Pedotti legte folgende Tagesordnung vor: „Der Senat hat die Erklärungen ‘der Regierung zur Kenntnis genommen und billigt sie; er erklärt seine Zustimmung zu der Erklärung der Neutralität. Aber für den Fall, daß die Neutralität ihrem Zwecke niht genügen sollte, war es das Recht der Regierung, für die vollständige Vorbereitung von Armee und Marine vorzusorgen." Heute können wir versichern, daß Armee und Marine mit entshlossenem Mut und fester Treue für alle Opfer bereit sind. Wenn es nôtig t, wird das Vaterland alles bis zum leßten Groschen und leßten Mann hergeben.

Unter gespannter Aufmerksamkeit ‘des Hauses erklärte der Ministerpräsident Salandra, daß die einmüttge oder beinahe etn- mütige Suftimmung der Nedner, die sih in der Diskussion mit so großer Autorität hätten vernehmen lassen und die von der Regte- rung befolgten Richtlinien und die Art, wie sie sie wirksam gent bâtte, gebilligt hâtten, für ihn eine große Stärkung bedeute, ebenso wie die Ratshläge des Senats ihm als Leitfaden dienen würden. Troß der verschiedenartigen Auslegungen, die die Res gierungserklärungen erfahren bätten, seten sie doch sehr klar, wie mehrere Redner ausdrücklich anerkannt hätten, unter anderem au Chimirri mit seiner kräftigen Beredsamkeit. Er sage, wie jener alte französishe Dichter: „Wo der Buchstabe klar ift, ist ein dunkler Kommentar werilos.* Der Ministerpräsident fuhr fort: „Wir wissen wobl, daß in Italien und im Auslande das Wort der Regierung mit patriotisher Besorgnis und mit Vorurxteilen verschiedenster Art . erwartet worden t. Es trat ader kein Ereignis ein, däs unsere Haltung ändern konnte. Wir wissen, däß unsere Verantwortlichkeit sebr groß ist, weil man uns völlige Handlungs- freiheit gewährt. Wenn es ein Glück war, daß wir uns unter den gegenwärtigen Umständen an der Regierung befinden, fo boffen wir, daß es dies nicht für uns ist, die wir nichts sind, sondern für das Vaterland, das alles ist! Wir stehen an unserem Playe mit dem tiefen Gefühl für die hohen Pflichten, die uns die völlige Handlungsfreiheit, die uns gelassen wird, auferlegt. Tatsäch- fäcblich bedeutet Jhr Vertrauen die andlungsfreiheit. Was werden wir tun? Der Senator di San Martino hat uns darüber in seiner Rede die Formel aufgestellt: Wir werden nur italienishe Politik treiben. Ohne den Wert der Nationen, oder die Gruppen der Nationen, die gegenwärtig kämpfen, berabzuseßen, bat Italien in seiner Vergangenheit so großen Ruhm erworben, bat so viel für die allgemeine Zivilisation getan und hat so viel Interessen und Ansprüche für sich selbst, daß die Aufgabe der Regierung \ich erschôöpft in der Bewahrung des Namens und der Zukunft unseres Landes. Barzelotti hat etnige Vermutungen über den Verlauf des Krieges angestellt. An uns ist es nicht, dazu daß mit philosopbischer, geshicht- lier und geograpbisher Phantasie gearbeitet wird, weil ein mögliher Irrtum nicht von uns, fondern von dem Lande be- zablt werden muß. Wir müssen den Ereignissen vom Standpunkt Italiens aus folgen und danach unsere Handlungêweise bestimmen. Die Senatorea haben einstimmig, und unter ihnen der frühere Minister des Aeußern Canevaro, der durch fein einstiges Amt zu seinem Urteil vorzüglich befähigt ist, versichert, daß wir richtig vorgegangen sind. Heute hat nun der Senator Molmentt ge- meint, wir bätten unsere Neutralität nach zweckentsprechenden Verhandlungen erklären follen. Aber wenn wir untere Neu- tralität vershahert hätten, so hätten wir sie auch entehrt. Der Senat bat von der Regierung keine weiteren Erklärungen verlangt, und Maragliano hat gesagt: Wir brauchen kein Wort weiter. Das Programm ist: Schweigen und Handeln. Danach werde ih mi riten. Die Regterung wird in dem Augenblick, wo die Geschicke des Landes ibr anvertraut find, nah ihrem Gewifsen handeln, und sie bedarf des vollen und bedtngungslosen Vertrauens des Landes dur Vermittlung der Volkëvertretung. Wie es die Regierung bereits von der Kammer erhalten hat, erwarte i es heute auch vom Senat. Jh bitte die Senatoren, die TageZordnungen eingebraht baben, fih zu einigen auf die Tagesordnung Pedotti, die tin einer flaren und einfahen Form die Erflärungen der Regierung vorbebaltlos billigt. Jch danke endlih Pedotti für seine begeisterte Rede und für seine patriotishen Aus- führungen über die Schöpfer der nationalen Wiedergeburt, die alle Herzen bewegt hat.

Die von Salandra genehmigte Tagesordnung Pedotti wurde einstimmig angenommen und das Ergebnis der Abstimmung mit sehr lebhaftem und langanhaltendem Beifall begrüßt. Hierauf vertagte sih das Haus.

Portugal.

In einer Regierungserklärung führte gestern der Minijterpräfident Coutinho im Parlament laut Bericht des „W. T. B.“ aus:

Um die Abwesenheit aller Partciabfichten bervoriubeben, ift die Negierung jederzeit bereit, jede Aenderung in ibrer Orgautsation an- zunehmen, deren Einführung unter den obwaltenden Umständen mit dem Zusammenwi1ken der anderen Parteien für gut befunden werden jollie. Das nationale Programm ichließt die Ausführung der Maß

ein, die durcch die Abstimmungen im Parlament am 23. No- vember besdhlofen worben find, nämli die Verteitigung des Landes mud möglichst bald stattfindende Wahlen. Ohne die Verteidigung der Kolonien aufer adt zu lassen, ift die Regierung -entshlossen, zu fien, um dem Vaterlande die Garantie der Unabbängigfeit zu er- werben, wenn fie überzeugt if, daß die Zukunft des Vaterlandes auf tem Spiele steht.

In der Abgeordnetenkammer wurde ein Ver- irauenévotum für die Regierung mit 63 gegen 39 Stimmen, im Senat dageoen ein Mißtrauensvotum mit 27 gegen

26 angenommen. Schweiz.

Das schweizerishe Handelsdepartement veröffentlicht o Tabelle, die zeigt, es sehr die Muse, be den a

Krüegemonatien zurüdckgqegangen ift. Die Ziffern weisen, mie „W T. B“ meldet, überzeugend nah, daß bie Schweiz ihre ei : Bedürfnisse nichi Habe deten können und daß daher mg, fie bezôge Waren für an/zere Staaten, gümzlidh ist. Die Tabelle weist auch hurauf hin,

unsere Zustimmung zu geben,

\{hwer die \{chweizerishe Volkswirtschaft unter den Ein] shwierigkeiten leidet, die bei Fortdauer zur Arbeitseinstel in den verschiedensten Jndustrien führen würden.

Türkei.

Jn der Kammer teilte gestern der Präsident unter leb- haftem Beifall Telegramme mit, die mit dem Deutschen Reichs- tag und dem ungarischen Abgeordnetenhause ausgetauscht worden sind, worauf die Kammer beschloß, den Präsidenten zu ermächtigen, den beiden Volksvertretungen von neuem den Dank und die Wünsche der türkishen Kammer telegraphisch auszusprechen.

Unter den Geseßentwürfen, die von der Regierung ein- gebracht worden sind, ist derjenige besonders wichtig, der eine Abänderung der Artikel 1 und 43 der Verfassung vorschlägt. Der Artikel 1 betrifft die gegenwärtige Zusammenseßung des Reiches, von dem kein Teil abgetrennt werden darf, und der Artikel 43 den Sturz desjenigen Ministeriums, dessen Antwort auf eine Jnterpellation von der Kammer als ungenügend an- gesehen wird.

Amerika.

Jn einem Bericht des Staatssekretärs des amerikanishen Marineamts heißt es einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge:

Die jüngsten Ereignisse im Seekriege baben dos Vertrauen in die Unterseeboote gekräftigt. Das Marincamt s{chlägt deshalb eine erhöhte Zahl von Unterseebooten und einen ausgiebigzien Gebrauch dieser Waffe vor. Die amerikanischen Marinefachleute glauben jedoch, daß der Dreadnought nah wie vor den hauptsächlihsten Bestandteil etner guten Flotte bilden muß. Die Vereinigten Staaten stehen in bezug auf Unterseeboote nah einer Aufstellung vom Juli dieses Jahres an dritter Stelle. Deutschland, das eine nd 6s Flotte befißt als die Ver- einigten Staaten, hat weniger Unterseeboote, Japan nur halb so viele. Was die Vereinigten Staaten auf dem Gebiete des Baues von Unterseebooten getan haben, ist jedoch noch nicht ausreichend. Wenn die Vereinigten Staaten eine Division von Unterseebooten fertig haben werden, wird der Schlachtschiffflotte eine starke Waffe hinzugefügt sein, die in zukünftigen Ueberseeoperationen eine große Rolle spielen wird.

Der Staatssekretär betont ferner nahdrücklichst die Not- wendigkeit des Ausbaues der Luftflotte, die bisher ver- ns! wurde, und fordert dafür mindestens fünf Millionen Dollar.

Wie das „Reutershe Bureau“ meldet, erklärt der General Carranza, daß die Anwendung von Gewalt durch die Vereinigten Staaten infolge der Zustände an der Grenze als ein unfreundliher Akt betrachtet werden würde troß der freundschaftlihen Motive, in die ein solcher Akt gehüllt wäre. Diese Erklärung stellt die Antwort Carranzas auf eine vom Staatsdepartement in Washington an ihn ergangene Ver- warnung dar.

Asien.

Die Regierung des Pundshabs hat einer Meldung des „W. T. B.“ aus Delhi zufolge im Einvernehmen mit der indischen Regierung das Ausmaß der Kolonien für pensionierte indishe Soldaten auf 178000 Acres erhöht; 103000 Acres werden für Dienste im gegenwärtigen Kriege ausgegeben, 75 000 Acres für Judier reserviert, die sich besonders au8gezeichuet haben.

Kriegsnahrihten.

Westliher Kriegsschaupla ÿ.

Großes Hauptquartier, 16. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Jm Westen versuhte der Gegner erneut etnen Vorstoß über Nieuport, der durh Feuer seiner Schiffe von See her unterstüßt wurde. Das Feuer blieb gänzlih wirkungslos. Der Angriff wurde abgewiesen, 450 Franzosen wurden zu Gefangenen gemacht. Auf der übrigen Front ijt nur die Erstürmung. einer vom Feinde seit vorgestern zäh g e- haltenen Höhe westlich Sennheim erwähnenswert.

4 - Oberste Heeresleitung.

Oestliher Kriegsschauplaß.

Großes Hauptquartier, 16. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Von der ostpreußischen Grenze ist nichts Neues zu melden. Jn Nordpo len verlaufen unsere Angriffs- bewegungen normal. Es wurden mehrere starke Stüß- punkte des Feindes genommen und dabei etwa drei- tausend Gefangene gemacht und vier Maschinengewehre erbeutet. Jn Südpolen gewannen unsere dort im Verein

mit den Verbündeten kämpfenden Truppen Boden. i Oberste Heeresleitung.

Wien, 15. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge- meldet: Die Offensive unserer Armeen in Westgalizien hat hier den Feind zum Rückzug gezwungen und auch die russishe Front in Südpolen zum Wanken gebracht. Unsere den Feind in Westgalizien von Süden her unermüdlih verfolgenden Truppen gelangten gelten bis in die Linie Jaslo——Rajbrot. Bei dieser Verfolgung und in der leßten Schlahzt wurden nah den bisherigen Meldungen 31000 Russen gefangen genommen. gene liegen Nachrichten über rücfgängige Bewegungen des Gegners an der gesamten Front Najbrot—Niepolomice—Wolbr om— Nomoradomsk—Piotrkow vor. Jn dem farpathischen Waldgebirge wurden gegen das Vordringen feindlicher Kräfte in dem Latorcza-Tal entsprehende Maßnahmen ge- troffen. Der Stelloertreter des Chefs des Generalstabes : von Hoefer, Generalmajor.

Südlicher Kriegsschauplaß.

Wien, 15. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge- meldet: Die dur das notwendig gewordene Zurücknehmen des eigenen rechten Flügels geshaffene operative Lage ließ es ratsam erscheinen, au Belgrad zunächst aufzu geben. Die Stadt wurde fampflos geräumt. Die Truppen haben dur die überstandenen Strapazen und Kämpfe wohl gelitten, find aber vom besten Geiste beseelt,

Statistik und Volkswirtschaft.

Entwicklung des Beshäftigungsgrades in Groß Berlin in der Zeit vom 28, November bis 5. Dezember 1914.

Nah der vergleihenden Darstellung des gewerblihen und industriellen Beschäftigungsgrades in Groß Berlin am 28. November und b. Dezember, die das Statistishe Amt der Stadt Berlin ver- öffentliht, nahm in der Zeit zwishen diesen beiden Stichtagen die Gesamtzahl der versiherungspflichtigen Mitglieder von 242 Krankenkassen Groß Berlins von 1056 776 auf 1 063 525, d. i. um 6749 oder 0,649%/0, zu. Hervorzuheben is die sehr viel stärkere Entwicklung des Be|chäftigungsgrades für weibliche Personen, die durch eine Zunahme um 5174 Versicherungsöpflichtige oder 1,10 9/69 gegen eine solhe der Männer von 1575 oder 0,27°/9 gekennzeichnet ift,

Bet den 28 allgemeinen Ortskrankenka}sen ergibt si für die männlichen Versicherungspflichtigen eine Steigerung um nur 420 oder 0,14 9/0, für die weiblihen aber eine folche von 2554 odec 0,76 9/0, für beide Geschlehter zusammen eine Steigerung um 2974 Versicherungspflichtige oder 0,47 9/6, ganz wesentlich unter dem Einfluß der beiden größten allgemeinen E: der Berliner und der Niederbarnimer. et der Berliner ist eine Zunahme um 2107 Ld zu verzeichnen, die fast aus\cließlich dem weiblichen Ge|\{leht zu verdanken ist, das allein ein Mehr von 1957 aufweist. Anders bei der Niederbarnimer Krankenkasse, wo die Gesamtzunahme von 956 Versiwherungspflihtigen zu über zwei Dritteln auf das männliche Geschleht entfällt. /

* Bei den 211 gewerblich gegliederten Krankenkassen, für welche die Angaben für Anfang und Ende der Berichtswoche vor- liegen, stieg die Zahl der Versicherungépflichtigen von 404 059 auf 407 803, d. t. um 3744 oder 0,989%/0. Der Zunahme um 1157 oder 0,40 9/9 beim männlihen Geschleht steht die sehr viel größere von 2587 oder 2,24 9% beim weiblihen gegenüber. Besonders hervor- gehoben zu werden verdient die Zunahme der männlihen Vez1siche- rungspflihtigen bei der Metall- und Maschinentndustrte um 1020 oder 0,77 9/0, zumal da thr auch beim wetblihen Geshlecht ein Mehr von 1071 oder 2,449/6 an die Seite tritt, so daß sich die Gesamtzunahme auf 2091 oder 1,189%/9 beläuft. A die größte Zunahme weisen unter dem Einfluß des Wethnachtsge|chäfts die Waren- und Kaufhäuser mit + 5,54 9/6 (1068) auf, ferner unter der Wirkung des Kriegsbedarfs die Papier- und Lederindustrie mit 4 5,26 (641), die chemische Jndustrie mit + 2,16 (283). Die 1,84%/o (682) betragende Zunahme bei den Verkehrsanstalten und -betrieben ist wiederum ganz wesentlich auf Neueinstellungen bei der Post zurückzuführen. Eine Abnahme des Be'\chäftigungsgrades ist in erhebliherem Umfange nur beim Baugewerbe festzustellen. |

Bei 41 Sr De on der freien Gewerkschaften sank die Zahl der Arbeitslosen von 19442 am 30. November auf 16 954 am 7. Dezember, d. i. um 2488 oder 12,80%/,, Im einzelnen set hervorgehoben die Abnahme der Arbeitslosenzahl bei den Transport- arbeitern um 518, bei den Holzarbeitern um 466, bei den Buch» bindern um 324, bei den Buchdruckern um 250, bei den Metal- arbeitern um 245, bei den Bäckern und Konditoren um 132, bet den Pugern und Stukkateuren um 114, bei den Bildhauern um 109 usw., Beränderungen, bet denen auch die militärishen Einziehungen natur- gemäß nicht ganz ohne Einfluß geblieben sein konnten.

Auch nah dem Bericht des Verbandes märckisher Arbeits- nachw etse war die Lage des Arbeitsmarktes in Groß Berlin in der Zeit vom 30. November bis 5. Dezember andauernd verbhältnismäßig günstig. Bei den öffentlihen Arbeitsnahweisen Groß Berlins wurden 6934 (in der Vorwoche 7068) Stellen für männliche und 2384 (2843) für weibliche Arbeitskräfte beseßt. Offene Siellen wurden für männliches Personal 8688 (7831), für weiblihes 2797 (3191) gemeldet, während 7692 (7872) männlihe und 3828 (4468) weibliche Arbeitjuchende ge- zählt wurden. Andauernd hat die Metallindustrie einen starken Be- darf an Arbeitskräften, vor allem herrscht Mangel an Schmieden, Schirrmeistern und Drehern. Beim Arbeitsnahweis des Verbandes Berliner Metalindustriellen waren 2349 (in der Vorwoche 1964) offene Stellen gemeldet, während 992 (882) Stellen vermittelt wurden und 379 (413) Stellensuhende gezähtt- wurden. Bei wetb- lihem Personak ist andauernd lebhaft die Nachfrage nach Nähertnnen jeder Art, Löterinnen, Leder- und Zigareitenarbeiterinnen.

Ueber die Wohnungsverhältnisse von Beamtenfamiltien mit einem Jahreseinkommen von 3000 bis 4000 #4 in einer östlichen Mittelstadt Preußens im Jahre 1914

hat das Köntgliche Statistishe Landesamt Untersuhungen angestellt, deren Ergebnisse es tn der „Stat. Korr.“ veröffentliht. Von 46 be- fragten Familien der Einkommensgruppe von 3000 bis 4000 „6 hatten 3 eigenen Hausbesiy; von leßteren bewohnten 2 die ihnen ge- hörigen Mietshäujer, 1 eine eigene Billa; 6 Familten waren Dienst- wohnungen zugewiesen. s Von den verbleibenden 37 in Mietshäusern wohnenden Familien hatten nur 10 seit 1909 die Wohnung nicht gewechselt. Bei 3 dieser Familien, an deren Wohnräumen, Wohnhause oder sonstigen Wohn- verhältnissen keinerlet Verbesserungen oder Veränderungen seit diefer Zeit vorgenommen waren, war eine sog. retne Mietsprets- erhöhung um 1, 9/0 eingetreten; bei den übrigen 7 Familien da- gegen war die festgestellte Mietspreiserhöhung u m 5,4%/o seit 1909 dur bauliche Veränderungen und Verbesserungen bedingt. Für sämt- lihe 37 Familien ergibt sich das Verhältnis des Cinkommens zur Miete aus folgender Uebersicht : j Es kostete Pu e

; D . Miete in °/

Familien- Cas h des Ein- das qm liche Wohnflähe Wohnfläche

100,0 qm

ERPPE fommen kommens Familien mit

0 Kind 3274 15,8 9/0 5,00

amilien mit 5a Kind ¿4 3515 16,9 9/0 G OE L Familien mit l

2 Kindern . 3407 14,5 9/0 40.5 103.0 L Familten mit

3 Kindern . 3551 15,2 9/0 Ao 0E e

Die Angaben dieser Uebersiht weisen das {hon bei früheren

Untersuchungen beobachtete Merkmal eines Wohnungskomforts der Familien mit einem Kinde von neuem nah. Diese Familien geben egenüber den Familien mit mehr und weniger Ktndern den hôchsten rozentsay thrcs Einkommens für Miete aus; sie bezahlen das Quadratmeter Wohnflähe am teuersten, erwerben jedoch nur die geringste Ge\amtwohnflähe. Die Bevorzugung besserer Stadtgegenden und besie ausgestatteter Häuser ergibt sich daraus. Die folgende Uebersicht läßt dies in anderer Weise nochmals deutli erkennen. Es entfallen : auf eine Zimmer | Küche ¡Dmer Korridor Bad

amilie mit Zahl| gm |Zahl| qm |Zahl| qm |Zahl| qm |Zahl| qm. a s ns 300 dn 9 10.46 | A du 0,86 | 5,99 | 0,14 | 0,69 1 Kind ... 3,6 |76,61| 1 [10,68 0,71 | 4,17 | 0,86 | 5,68 | 0,71 | 3,11 2 Kindern . 3,8 |77,10| 1 [10,68 | 0,00 | 4,37 | 0,91 | 5,72 |/0,60 | 3,27 3 Kindern . 3,9 73,96) 1 | 9,88 || 1,14| 5.66 | 0,88 | 5,60 || 0,66 | 2,06-

Der B eines Bades is also vornehmlich bei den Familien mik einem Boe zu finden. Das erheblihe Anshwellen der Zahl und Fläche der Kammern bei den Familten mit 3 Kindern ohne merk- lihes Ansteigen der Zahl der Wohnräume, das noch dazu mit einem bedenklichen Sinken der Fläche zusammenfällt, läßt das Bestreben der amiliea, mit- größerer Kinderzahl erkennen, ohne erheblid höhere Mietsausgaben mehr und genügend Näume für die Familienangehörigen und die Trennung der Geschlechter zu besien, Die Angaben U L die Familien mit Íc und nor S A M unvollständig, um die Bewegung der Zahlen weiter verfolgen zu können. Trenut T2 in den etnzelneèn Kindergruppen die Familien mit unter und bie mit über 18 Zahre alten Kindern in der Berechnuna, so zeigt si, daß ber Prozentsaß der Wohnungsmieisausgabe der

leyteren (vergl, bie folgende Uebeisiht) geringer ais ber bs Gesamt« /

d haitts der Gruppen (vergl. die erste Uebersicht), damit also erheblich ntiedriaer ist als der Ausgabesayß der Familien mit unter 18 JAahre alten Kindern. Es betrugen bei den Familien mit über 18 Jahre alten Kindern

in den die Miete in 9/9 die Kosten eines die durch\chn. Familiengruppen des Einkommens qm Flähe Wohnflähhe

Familte mit 1 Kind. . 15 6% 5,40 6 105,8 qm amilie mit 2 Kindern 11,89% 4,00 y 107.0. 2 Lemilie mit 3 Kindern 12,79% 4,10 10600

Hieraus läßt sih \{ließen, daß die über 18 Jahre alten Kinder der Familiengruppen mit 1—3 Kindern noch niht etwerbstätig sind, fondern die Knaben als Gymnasiasten, Studenten usw. noch in der Vor- und Ausbildung stehen müssen und die Mädchen sich in der Hauswirtschaft betätigen. Diese auf dem Familienvater als einzigem Perdiener allein ruhende Mietslast, verbunden mit dem größeren Raumbedürfnis so vieler erwahsener Menschen, muß zu einem Verzicht auf Wohnungskomfort zugunsten größerer Näumlichketten und zur Bevorzugung billigerer Gegenden und Häuser führen. Die Nichtig- keit dieser Behauptung erweist wieder die vorstehende Uebersicht ; denn troß der unter dem Gesamtdurchschnitt der Familien mit 1 bis zu 3 Kindern liegenden Prozentsäße für Mietsausgaben konnten die Familien mit über 18 Jahre alten Kindern dieser drei Gruppen doch wesentlih mehr Wohnfläche damit erwerben und bewohnen. Unter Ausscheidung der Fläche der Badezimmer ergaben sich an

Wohnfläche auf den Kopf des Familiengliedes bet den Familien mit 0 Kind . . , 4116 qm bei den S E L O B bei den Familien mit 2 Kindern . . 2358 , bei den Familien mit 3 Kindern. . 18,40 „«

Die Höhe der Wohnräume kn den von den 37 Beamtenfamilten bewohnten Häusern lag zwischen 2,62 und 5,60 m. 8 Fämilien wohnten in Häusern zu 4 Wohngeschossen, 7 Familten in folhen zu 2 Wohn- geschossen. Sämtliche Familien wohnten in Vorderhäusern, keine einzige mit mehr als noch etner Familie in demselben Stockwerk. Die nicht erhebliche Zabl von 8 Dienstmädchen in 37. Familien dieser Ein- Tommentgruppe ist aus dem hohen Durchschnittsalter der Töchter in den befragten Beamtenfamilien zu erklären. Nur 4 Familien be- herbergten noch je einen Anverwandten.

(Weitere „Statistishe Nachrichten" \. i. d. Ersten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Die von dem preußischen Evangelischen Oberkirhenrat angeordnete und am diesjährigen Erntedankfest zur Linderung der durch den Krieg hervorgerufenen Notstände in Ostpreußen ein- geleitete Kollekte hat nah einer Meldung von „W. T. B.* allein in den älteren Provinzen Mr die stattlihe Summe von etwa 420 000 # ergeben. Der Betrag der Sammlungen für den gleihen Zweck in den neueren Provinzen und den übrigen deutshen Staaten steht zahlenmäßig noch nicht fest, darf jedo als reich bezeihnet werden.

In überaus erfreuliher Weise mehren si die Spenden, die den verschiedenen deuten Htlfsfonds aus dem Auslande zugehen. So wurden neuerdings der Nationalstiftung für die Hinterblie- benen der im Kriege Gefallenen u. a, 36 000 #4 als Spende des Deutschen Unterstüßungskomitees von Readina tn Pennsylvania (Vereinigte Staaten von Amerika) und 1430 4 als Spende der deutschen Kolonie in Paraguay überwie|en. Diese Spenden find ein Beweis dafür, daß auch die Deutschen im Auslande ihrer Brüder in der Hetmat gedenken. Aus dem JInland wurden der Nationalstistung an neuen Spenden u. a. überwiesen von Herrn Kommerzienrat Kaul Scchmöle in Menden 10 000 46 in Konsols, im Sinne des verstorbenen Herrn Karl Robra in Ascheröleben von dessen beiden Kindern 5000 , von Herrn Ernst Mayer in Hetlbronn 5000 46 in 4%igen Wert- papieren, von der Deutschen Ammoniakverkaufsvereintgung zu Bochum 3000 #. Weitere Geldspenden werden dringend er- beten; es werden auch gute Staatêpapiere und Obligationen ent- gegengenommen von den bekannten Zahlstellen sowie dem Bureau, Berlin NW. 40, Alsenstraße 11.

Der Zentralaus\chuß der Gesellshaft für Ver- breitung von Vo1|ksbildung hielt am 12. d. M. unter dem Vorsiy des Prinzen Heinrih zu Schoenaich-Carolath im Reichstage eine Sißung ab, in der über die Kriegsarbeit der Gesellschatt eingehend berihtet wurde. Die Gesellschaft hat sich an der Versorgung der Lazarette und der Etappen- und Truppenlager mit Büchereien und Zeitschriften, soweit es ihre etgenen Miittel und die ihr zur Ver- fügung gestellten Büchergaben und Barmittel gestatteten, beteiligt. Bis Anfang Dezember wurden 43 980 Bücher und 41 080 Bände und Hefte von Zeitschriften, zu gut ausgewählten Büchereien zusammen- gestellt, verjandt. Eine große Zahl von Büchern wurde aber auch an kleinere Truppenteile Legt und einzelnen Kriegern zur Weiter- gabe an ihre Kameraden überlafsen. Die Veranstaltung von vaterlän- dishenVortragsabenden ist von der Gesellschaft in allen Teilen des Reiches angeregt worden und wird durch Aussendung von Vortragenden und Lieferung von Lichtbilderserien und Vorträgen, die die Kriegs- ereignisse behandeln, fortgeseßt unterstüßt. Jn Berlin veranstaltete die Gejellschaft selbst seit Beginn des Krieges 70 vaterländishe Vor- trag8abende, die von über 50 000 Personen besuht waren. Es wurde beschlossen, diese Arbeit in größerem Umfange fortzuseßen, und die erforderlihen Mittel wurden zur Verfügung gestellt.

Kunst und Wissenschaft.

In Würzburg, an dessen Universität er länger als vier Jahr- zehnte gelehrt hatte, ist der ordentlihe Professor der klassishen Philo- logie, Geheimer Rat Dr. Nitter Martin von Schanz im (2. Lebensjahre gestorben. Auf dem Gebiete der griehischen Philo- logie galt sein Studium vornehmlich den platonishen Schriften ; eine kritische aure und die erklärende Ausgabe einiger Dialoge, leßtere für den Schulgebrauch, waren die Früchte dieser Forshungen. Auf dem Gebiete der römischen Literatur verdankt die Wissenschaft Schanz sechs Bände einer „Geschichte der römischen Literatur bis zur Ge ebgebung Justintans“. Vor zwet Jahren ließ der Gelehrte ih von seinen Lehrverpfltchtungen entbinden.

Bevölkerungsbewegung in Indien. Probleme, dle Indien berühren, erregen gegenwärtig naturgemäß in besonderem Maße unser Interesse, werfen sie doch stets ein Licht auf die Ver- hältnisse dieses grô ten englisdhen Kolonialreihs und hängen daher eng mit der Weltmachts\tellung Englands zusammen. Indien umfaßt 1a den dreißigsten Teil der festen Erdoberflähe und beherbergt fast ein Fünftel der gesamten Bevölkerung der Erde und nahezu dret Viertel aller englischen Untertanen. Jn einem hbe- fonderen Maße erfordert eine Studie über die' Bevölkerungs- bewegung in Indien, die in der Zeitshrift dec Gesell- schaft für Erdkunde erschienen ist, unser Interesse als leite Arbeit des Dr. Michaelsen, der fich in dem Kampf für das Vaterland das Eiserne Sreu erwarb und bald darauf, am 28. Oktober in Belgien den ( hrentod ial dem Schlachtfelde fand. Er hat die Bewegung der Bevölkerung in Indien in den Jahren von 18372 bis 1911 untersuckt. In dieser Zeit wuchs sie von 206 auf 315 Millionen an, um rund

fassen, 59 Millionen oder 32 v. *H. entfallen, ‘auf die Ein- geborenenstaaten rund 50 Millionen. Jn die Zuverlässigkeit dieser leßten Zahlenangabe darf man allerdings erhebliche Zweifel seßen; sie kommt dadurch zustande, daß die Bevölkerung in den Eingeborenenstaaten im Jahre 1872 auf 20 Millionen angegeben wird, im Jahre 1881 auf 55 Millionen, was einer Zunahme um 34 Millionen oder 162 v. H. in 10 Jahren ent- jprehen würde. In den wetteren Ab1chnitten von 10 zu 10 Jahren finden wir aber nur eine Zunahme von 20, 5, 13 v. H. verzeichnet, sodaß die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß die Zählung von 1872 sehr mangelhaft war und etn viel zu geringes Resultat ergab. In dieser Annahme werden wir bestärkt, wenn wir sehen, daß in der ersten Zählungsperiode die Bevölkerungêvermehrung fast fünfmal so groß war wie in Deutschland e gegen 5 v. H.), während sie in der Periode von 1901 bis 1911 in Deutschland bereits größer ist (7,3 gegen 7,1 v. H.). Eine merkwürdige Erscheinung ist, daß in Indien im Gegensaß zu Mitteleuropa der männlihe Teil der Be- völferung überwiegt. Während in Deutschland aur 1000 Männer im Jahre 1901 1032 Frauen, im Jahre 1911 1026 kamen, sehen wir in Indien nur 963 bezw. 953. In Amerika und Australien, wo man ebenfalls einen Ueberschuß an Männern bat, erklärt er sich durch die europäische Zuwanderung, die in den Vereinigten Staaten z. B. zu fast zwei Dritteln aus Männern besteht. Zur Erklärung der Tatsache in Indien führt man an, . die Kinderheiraten das weibliche Geshleht chwähen, und daß au die Entbindungen im indishen Klima besonders viele Opfer fordern. Auh wird der Frau der größte Teil der Arbeit aufgebürdet, sodaß fie körperlich überlastet ist. Wenn solche Faktoren auch mitsprehen, so steht ihrer besonders starken Einwirkung doch die auffällige Tatsache gegenüber, daß die Sterblichkeit des weiblihen Geschlechts ebenso wie in Europa geringer ist als die des männlihen. Auf 1000 männlihe Tote kommen nur 926 weib- lihe. Deshalb vermutet Michaelsen, daß bet der Zählung der Frauen in Indien erhebliche Fehler unterlaufen sind. Das erklärt sich aus dem Umstande, daß die Frauen in Indien sich im allgemeinen fo ge- ringer Wertschäßung erfreuen, daß die Haushaltungsvorstände nah den Berichten der Aufnahmebeamten \ich oft gar nichts dabei denken, wenn fie die zum Haushalt gehörigen Frauen niht sämtlih mit- anaeben. Dazu kommt auch noch eine absihilihe Wegs lassung der Frauen. Die Mohammedaner empfinden eine Nachfrage nach ihren Frauen als ein ungehöriges Cin- dringen in ihre häusliben Angelegenbeiten und geben in ihrem Unwillen darüber absibtlich falsche Antworten. Auch die Hindu vershweigen einen Teil der zu ihrem Haushalt gehörigen rauen aus sozialen und religiösen Gründen. So gilt es z. B. als dhande, Töchter zu haben, die nah den Landessitten eigentlich ver- heiratet sein müßten. Unverhetratete Töchter in heiratsfähigem Alter werden daher häufig den Zählungsbeamten niht mit an- egeben. Merkwürdig ist die große Verbreitung der Blind- eit în Indien. In Westeuropa und Nordamerika haben wir nicht mehr als 8 bis 9 Blinde auf 10000 Ein- wohner, in Indien dagegen finden wir deren 14. Michaelsen bringt diese Tatsahe in Beziehung zur Temperatur und zur Niedershlagsmenge. Es zeigt sich nämlich, daß regenarme Gebiete fowie Länderstrihe mit großer Winterkälte unyerhältnismäßig mehr Blinde haben als andere Gegenden. Im ersten Falle ist die Pflanzen- e weniger ausgebildet und der reihlihe Staub und das blendende Licht greifen die Augen der Bevölkerung stark an. Dasselbe tritt da ein, wo heftige Wintezkälte die Menschen zwingt, sich in ihren niedrigen \{chlecht gelüfteten Lehmhäusern aufzuhalten, aus denen der die beißende Nauch der Feuerstellen niht abziehen kann. Nachläfsig- keit und Shmuß bewirken dann die häufige Erkrankung der Augen und die Erblindung. Während wir in Europa, insbefond-re in Deutsch!and eine stetige Zunahme der Bevölkerung haben, finden wir in Indien ganz außerordentliche Schwankungen, die in den Eingeborenenstaaten noch größer find als in den englis{en Provinzen. So finden wir im Jahre 1901 eine gegen das vorangegangene Jahr- zehnt geringere Zunahme der Bevölkerung, in den englishen Pro- vinzen um 9 v. H., in den Eingeborenenstaaten gar um 15 v. H. Diese roten Schwankungen hängen zweifellos mit den Hungers- nöten zusammen, von denen Indien heimgesuht wurde und die in den Eingeborenenstaaten noch erheblich mehr Opfer fordern als in den englishen Provinzen. Betrachtet man die Bevölkerungsbewegung in den großen englishen Städten Indiens, so findet man, daß hier die Hungers- nôte nicht in die Erscheinung treten; hier ist eben die Mög- lihkeit der Hunger83not zu steuern, am größten, die ibre Opfer bvornehmlich auf dem flachen Lande fordert. Dagegen werden die indischen Städte von s{chweren Pestep idemien heimgesuht; die Zahl der Opfer dieser Seube im Jahre 1896 wird von der Zensusbehörde auf mehr als 1 Million ge\chäßt, in Bombay starben damals allein 114 000 Menschen an der Pest. Doch kommen auch diese Verluste in einer Statistik der Bevölkerung der gesamten Städte Indiens kaum zum Ausdruck; ein vermindertes Wachstum der indischen Städte ist vielmehr darauf zurückzuführen, daß die indi\he Industrie fih nit in einem der Zunahme der gesamten indis{en Bevölkerung entsprehendem Verhältnis entwickelt. Während im Jahre 1891 nur 64,5 v. H. der indishen Bevölkerung im Ackerbau beschäftigt war, A Zahl 1901 auf 67,5 uv. H. und im Jahre 1911 auf 71 v. H. gestiegen.

Literatur.

Im Verlag von Gerhard Stalling in Oldenburg sind zwei [grasan ausaeführte Heliogravüren nach Bildern des Warinemalers

rofessors W. Stöwer erschienen, deren eine den Kreuzer „Emden“ auf hoher See, die andere unser Unterseeboot U 9 bei \chwerem Seegang auf Vorposten in der Nordsee darstellt. Die \timmungsvollen Blätter sind in Folioform zu je 2,60 46 und in Imperialform zu je 6 4 zu haben.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Das Kaiserlilße Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche vom Viehhofe in Zwickau und vom. S{hlachtviehhofe in Dresden am 14. d. M.

Der Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom Schlacßtviehhof in Leipzig am selben Tage.

Verkehrswesen.

Den Paketen nah dem Auslande müssen bekanntlich neuerdings zwei besondere grüne Zollinhaltserklärungen (Aus- fuhrerklärungen) beigefügt werden, die für die zollamtliche Prüfung darüber erforderlich sind, ob die Sendungen keine zur Ausfuhr verbotene Waren oder unzulässige schriftliche Mit- teilungen enthalten. Die f\orgfältige Ausfertigung dieser Ausfuhrerklärungen liegt im dringenden Jnteresse der Absender, da die Zollbehörden alle ungenügend ausgefüllten Formulare zur Vervollständigung zurückgeben und die Pakete daher Ver- Pgerungen in der Beförderung erleiden. Nach den bisherigen 4 “4 vil wird hauptsächlih gegen folgende Bestimmungen verstoßen: a. auf den grünen Zollinhaltserklärungen fehlt die Ueberschrift e R rers (Für Zwecke der deutshen Zollabfertigung)" : b. die Waren sind in Spalte 2 nit so genau bezeihnet, daß beurtetlt werden kann, ob sie unter die Ätfubrverdote fallen; ce. in der Spalte „Béêmerkungen® feblt die Erklärung des Ab. senders „Enthält außer Ge)chäftspapieren keinerlei \{hriftliche

Mit1eilungen“ ; d. die Absender unterlassen és, die Ausfubrerklärungen bands

\chriftlich zu vollzteßen. Der Abdruck eines Stempels mit

109 Millionen oder I „wovon auf die engli , vinzen, die fast zwei Drittel deo gesamten Freie A

[ Den Paketen an deutsche Kríie Ag efaugele im Aus# lande brauchen, da sie Waren v rt enthalten dürfen us

besonders behandelt werden, die zwei grünen Ausfuhr-

erklärungen nicht beigefügt zu werden, j

Hinsichtlih der Rückgabe unbestellbarer Feldpost- sendungen, deren Empsinger vermißt oder tot sind, besteht bei der Reichspostverwaltung seit jeher die Bestimmung, daß die Postbesteller sie den Absendern in rücsichtsvoller Weise auszuhändigen haben und daß, wenn der Absender nicht in einem Postorte, sondern auf dem Lande lebt, der Land- briefträger derartige Feldpostsendungen an die Ortsbehörde oder den Ortsgeistlichen ausliefern foll, damit die Angehörigen auf diesem Wege schonend vorbereitet werden können. Ver- schiedene seit Ausbruch des jeßigen Krieges angestellte Ver- suche haben „W. T. B.“ zufolge ergeben, daß sich dieses leßtere Verfahren auch in größeren Orten hat durchführen lassen. Die Reichspostverwaltung hat deshalb die bisherigen Be- stimmungen dahin erweitert, daß Feldpostsendungen, deren Empfänger tot oder vermißt sind, auch in Postorten ohne Mitwirkung des Postbestellpersonals den Absendern in ge- eigneter Weise zurückgegeben werden können. Das hierbei einzushlagende Verfahren soll den örtlihen Verhältnissen an- gepaßt, au soll auf besondere Wünsche der Ortsbehörden und der Geistlichkeit, soweit sie sich mit den sonstigen postalishen Vorschriften vertragen, Rücksiht genommen werden. Den Truppenteilen im Felde ist im übrigen neuerdings höheren Orts empfohlen worden, auf unbestellbaren Feldpostsendungen an Gefallene fortan, statt des kurzen Vermerks „tot“ oder „gefallen“, die Fassung anzuwenden „gefallen fürs Vaterland“ oder „gefallen auf dem Felde der Ehre.“

Nr. 100 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerlum der öffentlihen Arbeiten, vom 16, Dezember 1914 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Rund- erlaß vom 26. November 1914, betr. Kriegsehrentafeln. Diensts nachrihten. Nichtamtliches: Verfügbare preußtsche Wasserkräfte. Alberk Blanck +{. Vermischtes: Ehrentatel für die im Kriegsjabr 1914 gefallenen und ausgezeihneten Beamten, Angestellten und Ar- beiter der preußishen Staatêbauverwaltung. Uebungspläte für die ?örperlihe Ausbildung der Jugend. Wettbewerb für Entwürfe zur Umgestaltung des Hauptpostgebäudes in Efsen a. d. Ruhr. Bücher|\hau.

Theater und Musik.

Lessingtheater.

Ludwig _Fuldas altes Lustspiel „Jugendfreunde“, das von seinen Aufführungen im Deutschen und im Sghillertheater her wohlbekannt ist, hat nun auch feinen Weg in das Lessingtheater ge- funden, wo es gestern bei frischer Darstellung ungemein erheiternd wirkte. So achtete man denn der allzu deutlich erfennbaren Fäden nicht, an denen Fulda hier seine Puppen tanzen läßt. Das vier- blâttrige Kleeblatt der Cbefeinde, die alle allmählich ihrem Grundsaß untreu werden, fand in den Herren Abel, Göy, Tiedtke und Adalbert Vertreter, wie man sie sih nicht besser bätte wünschen können. In ibrem belustigenden Spiel kam die unverkennbare Absicht des Ver- fassers, bier eine Verkörperung der vier Temperamente zu geben, auf das wirksamste zum Ausdruck. Nicht minder gut waren die weib- lihen Rollen mit den Damen Grüning, von Hansen, Dumdte- Carlsen und Lossen beseßt. An dem tadellos ineinander greifenden Zusammenspiel konnte man seine Freude haben. Lebhafter, wohl- verdienter Beifall lohnte allen Mitwirkenden.

Theater in der Königgräßer Straße.

_, eKönigin Christine“, das vieraktige Schauspiel Augus Strindbergs, das vor zwei Jahren, mit Jrene Triesh in der Titelrolle, im Theater in der Königgräger Straße aufgeführt wurde, erstand gestern in einer Neueinstudierung auf der gleiden Bühne, deren aufgehender Stern Maria Oreka die geshihtlih durhaus nit unbedeutende, im Strinddergshen Drama aber mit allen Feblern launenhafter Weiblichkeit behafteze Tochter Guftav Adolfs spielte. Während Irene Triesh bemüht war, dieser Königin nah Möglichkeit den großen Zug zu geben, der ihr troy alledem nit abzusprehen ift, entgleiste Fräulein Oréka allzusehr in2 Strint- bergfhe, sodaß die Königlichen Worte Chriftinens bet ihrer ihlizilidhen Abdankung und ihre ahnungtvolle Andeutung, daß dereinst der Kampf um die Weltherrschaft nit in StoXtolm, sondern in der Residenz an der Spree entshieden werde, aus ibrem Munde wenig überzeugend Uen Im übrigen ist sie aver zweifellos eine sehr begabte iunge Darstellerin, von der gewiß noch Bedeutendes zu erwarten ift. Neben der Hauptrolle treten die anderen wenig hervor, fiz waren aber sämtlich gut besezt. Besonders Anerkennenäwertes [eistetzn die Herren Hartau, Lettinger, rih, Teubler und Zeinik. Das Publikum kargte mit seinem Beifall nicht.

Morgen, Donnerstag, wird im Königlichen Opernbause Leo Blechs neueinstudierte komishe Ore: S Serien "tes der persönlihen Leitung des Komponisten aufgerührt merten. Die Gertrud singt Fräulein Artôt de Dadilla, die Elfe- Fram Engell, die Frau Willmers: Frau ven Seßeele-Mäüller. dem Bertel: Herr Henke, den Braun: Herr Bronsgeest, dem Lampe- n Hey als Gast, den Schügenkênig: Herr Krasa. Den Abend eröffnet eine Aufführung ton „Cavalleria ruzticana“ in folgender Besezuna : Santuzza: Frau Mizkley-Kempy, Lucia: Fran von Scheele-Müller, Lola: Fräulein Herwig, Turidtw: Herr Semmer, Alfio Al: Hadich. Dirigent ift der Kapellmeister rem Straus. | Königlihen SHauspielßaufe wird UTOTTET j Richter von Zultnnea® gegeden. Jn den Hauptrelienr Mgen 2s O Heile van der A und die Herren Kraußmed, immerer, Geisendörfer, Eggelirg, Vallentin, Werra und Boettiher deshäftigt. Spielleiter ist Dr. Bru. M

Das auf den 4. Januar in der Philharmonie anges Konzert des Philharmonisher Chors (Dirigent: L Siegfried Os) muß auf Dounerêtag, den 14. Januar. Ab verlegt werden. Die vur den Mitgli des Vereins zagärgiiche, nit dffentliGe Hauptprobe findet am Dienstag, ten 12. Ja- nuar, Nachmittags 3 Ubr, im der Phitbarmmonie

E der Paul SGerkdardt«Kirte un der Organist Professor Egidîi qu Me aae vao Ae f Berner (Gesang, Laute, Vi ) Gerbardt-Kirderhor. Der Eintritt ke Der Reio wird für

kir de (Alte Iakodftraße ) eia BeiduaStekonzert)

Gors (Dirigent: i u R

Gintritt ist frei. Guv

dem Namen des Absenders oder der Firma genügt nicht.

Volkwmauns Cher „Er if per nagen. Ver m Freitag, Abends § m der Staädtmissi