1914 / 301 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Dec 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Nr, 4590 eine Bekannimachung, betreffend die Bewilligung von Zahlungsfristen bei Hypotheken und Grundschulden, vom 22. Dezember 1914.

Berlin W. 9, den 23. Dezember 1914.

Kaiserliches Postzeitungsamt. rüer.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 119 des Reich8gesezblatts enthält unter

Nr. 4591 eine Bekanntmachung über die Höchstpreise für Wolle und Wollwaren, vom 22. Dezember 1914, und unter

Nr. 4592 eine Bekanntmachung, betreffend das Verbot der Verwendung von Kartoffelmehl zur Herstellung von Seife, vom 22. Dezember 1914.

Berlin W. 9, den 23. Dezember 1914. Kaiserliches Postzeitungsamt. Krüer.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Geheimen Registrator Körke im Ministerium für La und Gewerbe den Charakter als Rechnungsrat zu ver- eihen.

Der Crostißer Kleinbahnaktiengesellschaft in Groß Crosftiß, der die Genehmigung zum Bau und Betriebe einér Kleinbahn von Crostiß nah Rack wiy erteilt worden ist, wird auf ihren Antrag das Enteignungsrecht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für diese Anlage in An- spruch zu nehmenden Grundeigentums hiermit verliehen.

Berlin, den 22. Dezember 1914.

Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Seiner Majestät des Königs. Das Staatsministerium. von Breitenbach.

Bektanntmachun g:

Die Zentralstelle zur Beschaffung der Heerès- verpflegung als Beauftragte des Königlih preußischen Kriegsministeriums (Reichsmilitärfiskus) zu Berlin wird er- mächtigt, die Besißer von Roggen, Weizen, Gerste oder Hafer aufzufordern, ihr bestimmte Mengen auh an unge- droschenem Getreide, das sich in Preußen befindet, zu über- lassen. Die Zentralstelle wird durh jeden ihrer Geschäfts- führer: Oekonomierat Burckhardt und Bankdirektor Hartmann * vertreten. Eine solche Auffordérung hat gemäß 8 2 Abs. 2 des Geseßes, betreffend Höchstpreise, vom 4. August 1914 in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1914 (R.-G.-Bl. S. 516) die Wirkung, daß Verfügungen über die von ihr betroffenen Gegen- stände nichtig sind; den rehtsgeshäftlichen Verfügungen stehen Verfügungen gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgen. Die Aufforderung wird unwirksam, wenn sie niht binnen einer Woche, nachdem sie dem von ihr Betroffenen zugegangen ist, durch Erlaß der zuständigen Be- hörde bestätigt wird. Zuständig sind die Landräte (in Hohen- zollern die Oberamtmänner) und die Polizeiverwaltungen der Stadtkreise, in deren Bezirk sih das Getreide befindet: im Landespolizeibezirk Berlin ist der Polizeipräsident von Berlin zuständig.

Dieselbe Ermächtigung wird der Kriegsgetreide-Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Berlin erteilt.

Berlin, den 23. Dezember 1914.

Der Minister Der Minister für Land- für Handel und wirtschaft, Domänen und

Gewerbe. Forsten. Dr. Sydow. Jn Vertretung: Küster.

Der Minister des Jnnern. Jn Vertretung : Drews.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Die auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangs- weise Verwaltung französisher Unternehmungen, vom 26. November 1914 (R. A. Bl. S. 487) über die Palast-Theater Aktien Gesellschaft in Berlin, Har- denbergstraße 29e, eingeleitete Zwangsverwaltung ist heute mangels Masse aufgehoben worden.

Berlin, den 21. Dezember 1914.

Der Minister für Handel und Gewerbe. J.-V,: Dr. Göpperlt.

Finanzministerium.

Die Rentmeisterstellen bei der Königlichen Kreiskasse in Uslar, Regierungsbezirk Hildesheim, und bei der König- lichen Kreisfafse in Uelzen, Regierungsbezirk Lüneburg, sind zu besegzen.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Der Kreistierarzt Dr. Johannes Peters ist in die Kreis- tierarztstelle des Landkreises Cöln verseßt. Dem bisherigen Polizeitierarzt Dr. Paul Heyden in Cöln ist die kommifsarishe Verwaltung der Kreistierarztstelle in Rheinbach übertragen worden.

Nichtamfliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Dezember 1914.

In der am 22. Dezember unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Vizepräsidenten des Staatsministeriums, Staats- sefretärs des Jnnern Dr. Delbrück abgehaltenen Plenar- sißung des Bundesrats wurde der Vorlage, betreffend Höchstpreise für Wolle und Wollwaren, die Zustimmung er- teilt. Zur Annahme gelangten ferner die Vorlage, Ron das Verbot der Verwendung von Kartoffelmehl zur Herstellung von Seife, der Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend die für eine auswärtige Bank im Betrieb einer inländischen

Niederlassung entstandenen Ansprüche, der Entwurf einer Be- kanntmachung über die Sicherheitsleistung mit Wertpapieren, der Entwurf einer Bekanntmachung über Verjährungsfristen und der Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend die Be- willigung von Zahlungsfristen bei Hypotheken und Grund- schulden. Demnächst wurde über verschiedene Eingaben Be- {luß gefaßt.

Der heutigen Nummer des „Neichs- und Staat3anzeiger3“ liegen die Ausgaben 285 und 286 der Deutschen Verlust- listen bei. Sie enthalten die 109. Verlu stliste der preußi- schen Armee, die 126. Verlustliste der bayerischen Armee und die 82. Verlustliste der württembergischen Armee.

Eine neue österreichische Verlustliste (Nr. 80) ist \o- eben erschienen und liegt, wie die übrigen bisher erschienenen Listen, in der Geschäftsstelle des Deutsch-Oesterrei chi}\ch- Ungarischen Wirtschaftsverbandes, Berlin W., Am Karlsbad 16, den Interessenten wochentäglih während der Zeit von 11 bis 1 Uhr Vormittags und 4 bis 6 Uhr Nach- mittags unentgeltlih zur Einsicht aus. :

Jnsterburg, 23. Dezember. Wie „Wolffs Telegraphen- bureau“ meldet, befinden sih die Kreiskassen der Kreise Angerburg, Darkehmen, Goldap, Gumbinnen, Oletko, Pill- fallen und Stallupönen in Jnsterburg, das Landratsamt des Kreises Goldap in Königsberg (Oberpräsidium), das des Kreises Oleßko inBerlin (Landeswasseramt, Unterwasserstraße 6), des Kreises Pillkallen in Stettin (Moltkestraße 15, 1) und des Kreises Stallupönen ebenfalls in Stettin (Moltkestraße 15, 1).

Hefsen. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nahmittag vom Kriegsschauplatz in Darmstadt eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn. Das ungarische Amtsblatt veröffentliht eine Verordnung des Ministeriums, wonach der Höch stpreis für Hafer für das gesamte Gebiet Ungarns mit 24 Kronen festgeseßt wird.

Großbritannien und Jrland.

Jn einer Unterredung des französischen Deputierten Louquet mit dem Kanzler des Schaßamts Lloyd George sagte dieser dem „Daily Chronicle“ zufolge, Englands Ausgaben be- trügen für Heer und Flotte monatlich 45 Millionen Pfund Sterling. England habe jeßt über 2 Millionen Soldaten und Seeleute unter den Waffen. Seit Anfang August habe man ohne Wehrpflicht etwa 11/4 Millionen Soldaten rekrutiert und man werde vielleicht auf 21/, Millionen kommen. Vor Beginn des Frühlings würden eine halbe Million vorzüglich ausgebildete und sehr begeisterte Soldaten das Erpeditionskorps

verstärkt haben. Frankreich.

Die gestrige Sißung der Deputiertenkammer, der sämtliche Botschafter und Gesandten der Verbündeten und der neutralen Mächte beiwohnten, eröffnete der Präsident Deschanel mit einer Ansprache, in der er die Vertreter Frankreichs auf- forderte, - der Helden zu gedenken, die seit fünf Monaten für das Vaterland kämpften, und sagte, daß Frankreih niemals größer gewesen sei und man niemals und nirgends herrlichere Tugenden gesehen habe. Nachdem Deschanel sodann der ver- storbenen Deputierten, namentlih der auf dem Schlachtfelde ge- fallenen Parlamentarier, gedacht hatte, verlas der Ministerpräsident Viviani die Regierungserklärung. Von den ersten Säßen an wurde er, wie „W. T. B.“ berichtet, durch Beifallsrufe unter- brochen. Die Deputierten hörten stehend die Erklärung an und brachen in Beifall aus, als Viviani erklärte, Frankreih werde bis zur endgültigen Befreiung Europas kämpfen. Als er von den Sympathiebezeugungen des Auslandes und dem Willen Frankreichs, das heldenmütige Belgien wieder herzustellen und den preußischen Militarismus zu zerbrechen, sprach, übertönten die Beifallsrufe und die Rufe „Es lebe Belgien!“ - die Stimme Vivianis, der ¡ange seine Rede unterbrechen mußte. Die Säßze über die Gewißheit des Erfolges, über den Generalissimus der Armee, die gefallenen Soldaten, die Festigkeit des Kredites und über die günstige Finanzlage fanden lebhaften Beifall. Eine Anzahl Geseßvorlagen wurden im Bureau der Kammer nieder- gelegt .und sollen heute erörtert werden.

Jm Senat eröffnete Dubost | die Sizung mit einer,

Ehrung für - die verstorbenen Senatoren, insbesondere den Senator Reymond (Departement Loire), der bei einem Er- fundungsflug in der Nähe von Toul vor dem Feinde gefallen ist. Er drückte sodann namens des Senates die Bewunderung für die Armee und ihre Führer und das Land aus.

Die sozialistische Kammergruppe hat nah einer Meldung des „W. T. B.“ einstimmig beschlossen, die Kriegs- kredite mit den sechs provisorischen Budgetzwölfteln anzunehmen.

Nuß land. Die Kaiserlihe Familie ist gestern in Moskau ein- getroffen. JFtalien. Der österreichish-ungarische Botschafter Baron Macchio ist gestern abend von Rom nah Wien abgereist.

Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, traf vorgestern der einer sizilianishen Gesellschaft gehörige Dampfer „Letimbro“ aus Tripolis eine Stunde später in dem Hafen von Malta ein, als dieser gewöhnlich für Handelsschiffe geschlossen wird. Während der Dampfer mit der Hafenbehörde Signale austauschte, wurde er von einem Schrapnellschuß getroffen. Auf Ersuchen des italienishen Konsuls schickte der Gouverneur unverzüglich einen Schiffskapitän mit einer Kommission an Bord, um den Schaden festzustellen und die Schuldfrage zu - prüfen. Der Dampfer „Letimbro“ ist nah Syrakus abgefahren.

Spanien.

Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge hatte ein englischer Kreuzer den spanischen, von Argentinien fommenden Dampfer „Leon XTIT.“ nah Gibraltar ein- gebracht unter der Behauptung, die aus Mais und Fellen be-

stehende Ladung gehöre einem deulshen Hause. Auf die Vors stellung der spanischen“ Regierung hat England die Freilassung des Dampfers verfügt.

Dänemark.

Mit Wirkung vom 22. Dezember hat die Regierung ein Ausfuhrverbot für verarbeiteten Kunstdünger, darunter Superphosphat, Blutdünger, Knochenmehl, \{chwefelsaures Ammoniak, sowie für Rohstoffe zur Verarbeitung von Dünge- mitteln, darunter rohe und gekohte Knochen, erlassen. Nicht einbegriffen ist roher pulverisierter Düngerkalk.

Türkei.

Amtlichen Nachrichten zufolge, die von den in der Kasa von Artwin im russischen Kaukasus neu eingesetzten Behörden bei der Pforte eingelaufen sind, wurde dort aus Anlaß der Einholung der Fahne des Hilfsregiments, das an den Kämpfen um Kars im Jahre 1877 teilgenommen hat, eine großartige Feier veranstaltet. Diese Fahne war damals dem Feinde niht ausgeliefert worden. Die Familie des damaligen Fahnenträgers, der im Kampfe fiel, bewahrte sie bis auf den heutigen Tag in der Erwartung der Stunde der Befreiung vom. russischen Joh. Tausende von Mo- hammedanern wohnten dem festlihen Schauspiele bei. Weitere authentishe Mitteilungen besagen, daß überall, wo die türkische Armee einrückt, die gesamte Bevölkerung die Truppen freudig begrüßt und jeder, der Waffen tragen kann, sich ihnen anschließt.

Afrika.

Das neue ägyptishe Kabinett ist bereits gebildet. Wie „W. T. B. mldet, bleibt Hussein Nuschdi Pascha Premier- minister und Minister des Junern, auch die übrigen Minister behalten ihre Portefeuilles.

Das südafrikanishe Parlament wird wahr- sheinlih Anfang Februar zusammentreten, um Ausnahme- verfügungen und die regelmäßigen Geschäfte zu. erledigen. Die Frage der Bestrafung der aufständishen Buren bildet den Gegenstand lebhaften Jnteresses der Oeffent- lichkeit. Zur Aburteilung der Leiter des Aufstandes wie Dewet und von Prädikanten wie Broekhuizen wird, der „Times“ zufolge, ein besonderer Gerichtshof aus drei Richtern mit Genehmigung des Parlaments ge- bildet werden. Die Generalstaatsanwälte von Transvaal und vom Oranjefreistaat werden sofort an die Vorbereitung der Fälle für den besonderen Gerichtshof herangehen, was bisher unmöglih war, da die Mehrzahl der wichtigen Zeugen im Felde war. Ferner soll eine besondere Kommission eingeseßt werden, die die Schadenersazansprüche der loyalen Bürger be- handeln wird. Jm Oranjefreistaat allein schäßt man den Schaden auf 200 000 Pfund Sterling.

Kriegsnahrihten.

Westlicher Kriegs\chauplas.

Großes Hauptquartier, 23. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Angriffe in den Dünen bei Lombartzyde und südlich Bixschote wiesen unsere Truppen leicht ab. Bei Rich8bourg l’Avoué wurden die Engländer gestern wieder aus ihren Stellungen geworfen ; troß verzweifelter Gegenangriffe wurden alle Stellungen, die zwischen Richsbourg und dem Kanal d’Aire à La Bassée den Engländern entrissen waren, gehalten und gefestigt. Seit 20. 12. fielen 750 Farbige und Engländer als Gefangene in unsere Hände, fünf Maschinengewehre und vier Minenwerfer wurden erbeutet. Jn der Umgegend des Lagers von Châlons entwitelte der Feind eine rege Tätigkeit. Angriffe nördlih Sillery süd- östlich Reims, bei Souain und Perthes wurden von uns zum Teil unter {weren Verlusten für die Franzosen ab- geschlagen. Oberste Heeresleitung.

ODestlicher Kriegsshauplaß8.

Großes Hauptquartier, 23. Dezember, Vormittags. (W. T. B.). Jn Ost- und Westpreußen blieb die Lage unverändert. Die Kämpfe um den Bzura- und Rawka-Abschnitt dauern fort; auf dem rechten Pilica- ufer ist die Lage unverändert. Oberste Heeresleitung.

Wien, 22. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird- gemeldet:

¿Jn den Karpathen wird nahe südlih des Gebirgskammes im

Gebiete der Flüsse Nagy-A g, Latorcza und Ung gekämpft. Jn Galizien gingen die Russen gestern wieder zum Angriff über, ohne jedoch durchdringen zu fönnen; namentlich am unteren Dunajec hatten sie \chwere Verluste. An der Nida und im Raume südlih Tomaszow entwickelten sih kleinere

Gefechte. Die - Kämpfe im Vorfelde von Przemys|

dauern fort. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes : von Hoefer, Feldmarschalleutnant.-

Der Krieg zur See.

Wien, 23. Dezember. (W. T. B.) Amtlih wird ge- meldet: Das französische Unterseeboot „Curie“ wurde, ohne zu einem Angriff gekommen zu sein, an unserer Küste von Strandbatterien und Wachfahrzeugen beschossen und zum Sinken gebracht. Der Kommandant und 26 Mann sind gerettet und gefangen genommen, nur der zweite Offizier wird vermißt.

Unser „Unterseeboot X11“ Kommandant Linien- \chiffsleutnant Egon Lerch hat am 21. laufenden Monats, Vormittags, in der Otranto-Straße eine aus 16 großen Schiffen bestehende französishe Flotte ange- griffen, das Flaggenschiff Typ Courbet zweimal anlanciert und beide Male getroffen. Die darauf in der feindlichen Flotte entstandene Verwirrung, die gefährliche Nähe einzelner Schiffe und der hohe Seegang bei unsichtigem Wetter verhinderten das Unterseeboot, über das weitere Schicksal

des betreffenden Schiffes Gewißheit zu erlangen. Flottenkommando.

London, 22. Dezember. (W. T. B.) „Central News“ meldet, daß ein Schiff der Verbündeten ein Boot genommen hat, das drei Offiziere und 14 Mann von der „Emden“ an Bord hatte.

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband. Konstantinopel, 22. Dezember. (W. T. B.) Das Hauptquarlier teilt mit: An der Kaukasusfront überraschten

unsere Truppen die - Russen durh einen Nachtangriff af deren Stellungen bei El Agös und Arhi, 30 km östlih von Köpriköj; der Feind erlitt {were Verluste an Toten und Verwundeten und ergriff die Flucht.

Konstantinopel, 22. Dezember. (W. T. B.) Wie die „Frankfurter Zeitung“ meldet, hat die türkishe Armee zur Befreiung Aegyptens vorgestern von Damaskus aus unter dem Oberbefehl von Dschemal Pasha den Vormarsch nach dem Suezkanal angetreten. Der Bruder des Scheiks der Senussi, Mehmed Senussi, der kurze Zeit in Konstantinopel weilte, befindet sih im Gefolge Dschemals. Einer Meldung

des Hauptquartiers zufolge, desertieren die indischen Be-

saßungstruppen von Aegypten massenweise und laufen mit den Waffen zu uns über.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist eine Denkschrift über die im Rech- nungsjahr 1913 aus Anleihemitteln geleisteten Ausgaben und die bis Ende September 1914 begebenen Anleihen zugegangen.

Die Vorstände der sozialdemokratishen Partei Deutschlands und der sozialdemokratishen Reichstagsfraktion veröffentlichen im „Vorwärts“ folgende Erklärung:

„Bon dem Ab„eordneten unserer Partei Dr. Georg Wetll haben wir seit Schluß der leßten Reickstagesession keine Nachricht erhalten. Au unjere Nachforschungen beben ohne jeden Erfolg. Bestättgen fi die dur die Presse gebrahten Mitteilungen, daß er in die französi\che Armee eingetreten ist, so hat er sich dur diese auf das \chârfste zu verurteilende Handlung selbstverständlich außerhalb der soztaldemokratishen Partei Deutschlands und der Neichstagss\raktion gestellt. Weitere Schritte werden der Partei vorbehalten.“

Das Mitglied des Hauses der Abgeordneten von Waldow (kons.), Rittergutsbesißer in Mehrenthin bei Woldenberg (Neumark), Vertreter der Kreise Arnswalde und Friedeberg im Regierungsbezirk Frankfurt, ist am 21. d. M. gestorben.

Koloniales.

Curovätshe Kolonisation in den Tropen.

In den „Naturwissenschaften" verbreitet sh Herr Fehlinger über dic Ursachen, warum die europäishe Kolonisation in den Tropen in der egel zu Mißerfolgen geführt hat. Tatsächlich haben die Euro- päer und ihre Nachkommen sich in größerer Zahl auf die Dauer in tropishen Ländern nicht halten können. So wird berichtet, daß in Niederländisch Ostindien, wo bereits seit 300 Jahren Kolonisation stattfindet, nur eine einzige Familie ermittelt wurde, die rasserein geblieben ist und bereits in der vierten Generation dort lebt. Im tropishen Mittel- und Südamerika nimmt die europäische Bevölkerung ab, während die eingeborene und Mischlingsbevölkerung zunimmt. Die Staaten, die eine Abnahme niht zeigen, Chile, Argentinien und Uruguay, liegen ganz oder zum überwiegenden Teil bereits in der gemäßtgten Zone. In Surinam halten #ich freilich portugtefisch. jüdische Familien |chon seit Jahrhunderten; doch auch dort fällt auf, daß die legitimen Kinder {wach und fräntklich sind, während die aus illegitimen Verbindungen mit Negerinnen und Mulattinnen hervorgegangenen kräftig und gesund sind. So ließen die Beispiele für das unbefriedigende Ergebnis europäischer Kolonisation si noch erheblih vermehren. Das Ergebnis ist verständlich, wenn man bedenkt, daß die verschiedenen M-nschenrassen örtliche Anpafsungsformen sind und daß im Laufe einer vieltausend- jährigen Gntwicklung entstandene Differenzierungen an körperlichen Cigenschaften nicht ohne weiteres rückgängia gemacht werden können. Schon die Masse des Körpers wird a!s eine wichtige A n- pafungsform angesprohen. Dte in den heißen Ländern wohnenden Menschen zeigen ein erheblih geringeres Durchschnittsgewicht als die Bewohner der gemäßigten Zone. Im spanish-amerikanishen Krtege fiel den bet der Rekrutierung beschäftigten Aerzten der Union auf, daß die Freiwilligen aus den Südostaaten geradezu \hwählich er- schienen gegenüber den starken, massigen Körpern der Leute aus den Felsengebtrgen und den nördlihen Präriestaaten. Es zeigte fih aber, daß die „starken“ Nordländer dem Klima in Westindien und au} den Philippinen lethter erlagen als dte „Schwächlinge“ aus den Südstaaten, die fich als widerstandsfähige Soldaten erwiesen. Für eine Anpassungsersheinung an das Tropen- flima wird aub die dunkle - Hautfarbe gehalten. Hafür, daß ursprünglich die Menschheit niht dunkel pigmentiert gewesen zu sein scheint, wird die Tatsache angeführt, d2ß die Negerkinder regelmäßig mit |chmußig fleischfarbener Haut zur Welt kommen und erft später nachdunkeln. Das dunkle Pigment {eint vor allem einen Schuß zu gewähren gegen die kurzwelligen blauen und ultravioletten Strahlen der Sonne, die in den Tropen von der Atmospäre niht so stark absorbiert werden, wie in nördliheren (bezw. |ütlicheren) Ländern, und unter denen die Europäer erheblich stärk:r leiden als die stark pigmentterten Neger, Südaraber, Australier usw. Durch die Haut der Neger gebt auch eine stärkere Verdunstung vor sih als turch die der Europäer, so daß fie sih im Gegensag zu der der. Europäer auch bei großer Sonnen- hie fühl anfühlt. Auch das Nervensystem des Europâäers wird in den Tropen ungünstig beeinfluß. So wirken viele Umstände zus sammen, die es nicht wahrscheinlich machen, daß Europäer in tropishen Ländern anders als zeitwetse tätig sein oder gar dorthin als seßhafte Bevölkerung verpflanzt werden können.

4“

Wohlfahrtspflege.

Von der Erlaubnis, Matertalgaben den gefanaenen Deutschen in Frankreich zu übersenden, hat das Note Kreuz sofort nah Abschluß der darauf bezüglihen Verhandlungen Gebrauch gemacht. Etn Eisenbahnwagen mit warmen Sachen, Lebens- und Genußmitteln is vorgestern Berlin über Stuttgart nah Genf abgegangen. Ein zweiter Wagen wird in Stuttgart vom württembergischen Landes- verein vom Roten Kreuz angehängt. Zwei Wagen sind aus München, je einer aus Dresden, Karléruhe und Darmstadt auf dem Wege nah Genf. Von dort werden die Gaben unter Begleitung

abend mit D - Zug von

etnes Deutsh-Schweizers nah Frankreich gebraht, wo die Aushändt-

ung unter der Aufsicht der amerikanishen Botschaft erfolgen wird. u die Provinzialvereine Preußens sind zur Teilnahme an dieser efangenenfürsorge aufgeboten worden. Etwaige Geld- oder Material- penden werden den Landeszentralstellen oder den Provinzialvorständen bom Noten Kreuz zuzuführen sein, in Berlin dem Zentralkomitee vom Noten Kreuz, Herrenhaus.

Statistik und Volkswirtschaft.

Entwicklung des Beschäftigungsgrades in Groß Berlin in der Zeit vom 5. bis 12. Dezember 1914.

Nah der vergleihenden Darstellung des gewerblihen und Industriellen Beschäst gungs8zrades in Groß Berlin am 5. und 12. De-

s

zember, die“ das Statistishe Amt der Stadt Berliù “veröffenliccht, nahm tun der Zeit zwi hen diesen beiden Stichtagen die Gesamtzahl der versiherungspflihtigen Mitglieder von 239 Kranken - kassen Groß Berlins von 1056 456 auf 1 063 470, d. i. um 7014 oder 0,66%/o zu. Die seit der Mitte vorigen Monats zu beobachtende stärkere Entwicklung des Beschäftigungsgrades für weiblihe Personen tritt besonders in der Berichtswoche hervor. Während die Zahl der männ- lichen Versicherungspflichtigen um 1124 zunahm, gewann das weibliche Geschlecht nicht wentger als 5890, so es die. verbältnismäßige Steigerung sich bier auf 1,259/0, dort nur auf 0 19 °/ beläuft.

„Bei den 28 allgemeinen Ortskrankenfkassen stieg die Zahl der Bersicherunaspflichtigen um 4221 oder 0,66 9/4, und zwar beim männlichen Geschlecht um 274 oder 0,09 9/0, beim wetblichen um 3947 oder 1,16%/0. Bet der größten, nämli der Berltnec allgemeinen Ortskrankenkasse betrug die Zunahme der Versicherungspflichtigen 0,36 9/0 (559) bei den Männern und 1,57 (2873) bei den Frauen, über- haupt 1,01 (3432).

Bet den an der Berichterstattung beteiligten 208 gewerblich gegliederten Krankenkassen findet man die stärkere Entwicklung zwar gleihfalls auf seiten des weiblichen Geschlehts mit —- 1951 oder 1,70% gegen + 857 oder 0,30% bei den Männern, doch ist der Unterschied sehr beträhtliÞ geringer als bet den allgemeinen Ortskrankenkassen, und zwar unter dem Einfluß zunähst der Metall» und Maschinenindustrie, die immerhin ein Mehr von 652 Männern aufweist, das damit freilih Hinter dem genau 1000 betragenden der Frauen zurüdck- bleibt. In der Papier- und Lederindustrie kam es sogar zu einer gegenüber den Frauen absolut größeren Zunahme der Männer (379 bezw. 355), ebenso in der chemishen Industrie (+ 117 bezw. 68), ferner bei den Gemeindebetrieben (+ 94 bezw 15), Wenn das Verkehrsgewerbe diesmal eine Abnahme um 274 oder 0,72 9/9 aufweist, so ist dies zum Teil die Folge davon, daß mit Beendigung der Versendung der weihnach!lihen Feldpost- vakete Aushilfspersonal bei der Post entbehrlich geworden ist, zum Teil auch die natürlihe Wirkung der militärischen Einberu?ungen, die bei der an verschiedenen Beispielen oben gezeigten {{chwächeren Entwicklung des männlihen Beschästigungsgrades überhaupt von be- siüimmender Bedeutung war.

Die Zahl der bei 41 Fahverbänden der freien Gewerks{hasten ermittelten Arbeitslosen sank in der Wohhe vom 7. bis 14. De- zember von 16954 auf 15669, d. t. um 1285 oder 7,58 9/6 herab. Sehr erheblich ist die Abnabme der Arbeits!ofenzahl mit 630 bei den Holzarbeitern, mit 314 bei den Transportarbeitern.

Nach dem Bericht des Verbandes mä!kisher Arbeit?nahwelse über die Lage des Arbeitsmarktes in der Zeit vom 6. bis 12. De- zember wurden tn dieser Woche von den größeren öf fentlichen Arbettsnahweisen Groß Berlins 6563 (in der Vorwoche 6934) Stellen für männlihe und 2369 (2384) für weiblihe Arbeitskräfte beseßt. Dffene Stellen wurden für männlihes Personal 7962 (8688) und für wetblihes 2892. (2797) gemeldet, während 7468 (7692) männ- lihe und 3867 (3828) weibliche Arbeitsuhende gezählt wurden. Noch gestiegen ist die Nachfrage nah Arbeitskräften namentlih tin der Metallindustrie: beim Arbeitsnachweis des Verbandes Berliner Metall- industriellen erhöhte sh die Zahl der gemeldeten offenen Stellen von 2349 auf 2528, während dte Zahl der Vermittlungen mitt 989 an- nähernd die gleihe blieb.

Handel und Gewerbe,

Jn der heutigen Sißung des Zentralausschusses der Reichsbank führte der Vorsißende, Präsident des Reichs- bankdirektoriums H avenstein im Anschluß an den Ausweis vom 15. und einen von ihm vorgetragenen Zwischenausweis vom 19. Dezember folgendes aus :

Das deutsche Wirtschaftsleben ist in den lezten Monaten immer mehr wieder in normale Bahnen eingelenkt, die wirtschaftlihe Arbeit hat sich immer weiter organisiert und den veränderten Verhältnissen angepaßt, der Beschäfti- gungsgrad hat im ganzen wie auch in den meisten Berufs- gruppen erheblich zugenommen und unterscheidet sich über- wiegend kaum noch von Friedenszeiten. Der Geldmarkt weist eine bereits seit längerer Zeit anhaltende Geldflüssig- leit auf, und die Depositen der Banken wie die Einlagen der Sparkassen sind troß der ihnen für die große Kriegs- anleihe entzogenen Beträge wieder in erfreulihem Wachstum begriffen. Das alles läßt im Verein mit den neuen Erfolgen unserer Heere, die die Sorge wegen der Möglichkeit eines vorübergehenden feindlihen Einbruhes in die deutschen Grenzlande hoffentlich endgültig gebannt haben, unsere Zuoersiht auf einen glücklihen Ausgang des Welt- krieges und die Ueberzeugung des deutschen Volkes, daß wir auch finanziell und wirtschaftlich für jede Dauer des Krieges gerüstet sind, nur immer sicherer und fester werden. Der Stand der Reichsbank ist durchaus befriedigend, ihre Altionskraft dank dem in immer weitere Kreise dringenden Verständnis für ihre Bedeutung und ihre Aufgabe und dank der durch unser ganzes Volk gehenden Mitarbeit an der Stärkung ihres Goldbestandes von Woche zu Woche und ohne jede Unterbrehung gewachsen, und bei den großen Goldmengen, die noch in Privathänden sind, und da der wöchentlihe Zustrom an Gold bisher noch nichts weniger

als abgenommen hat, dürfen wir die Hoffnung hegen, daß

diese Stärkung sich auch noch weiter fortseßen wird. Die Jnanspruchnahme der Reichsbank - durch den Verkehr auf Wechsel- und Lombardkonto ist niht höher und, wenn man die privaten fremden Gelder davon abrechnet, sogar niedriger, als wir sie in manchem der leßten zehn Jahre gesehen haben. Diese ganze Gestaltung der Verhältnisse läßt, zumal die Börse geschlossen ist, erwarten, daß auch die Ansprüche zum Ultimo sih innerhalb erträglicher Grenzen halten werden. Wir glauben deshalb, troß des ungewöhnlichen Zeit- punktes , der deutshen Wirtschaftsarbeit nunmehr eine Erleichterung und eine weitere Hilfe für die Ueberwindung der aus dem Kriege erwachsenen . Schwierigkeiten bieten zu dürfen, vertrauen aber, da die Dauer des Krieges - nicht zu übersehen und eine besonnene und zielbewußte Schonung und Zusammenhaltung unserer Kräfte vielleiht noch lange nötig sein wird, auch darauf, daß diese Maßnahme nur in diesem Sinne verstanden und niht zum Anlaß werden wird, irgendwie eine spekulative Ausnüßung der Mittel und des Kredites der Reichsbank zu versuchen. Für Geschäfte und Bestrebungen, die niht der wirtschaftlichen Arbeit des deutschen Volkes und dem Ziel dienen, alle Kraft für die rückhaltlose Durchführung des Krieges zusammenzufassen, ist heute und noch für lange Zeit kein Raum, und ihnen würde die Neichsbank sih unweigerlih versagen und mit allen Kräften entgegentreten. Aus diesen Erwägungen heraus hat das Reichsbankdirektorium beschlossen, den Banksag um 1 Prozent auf 5 Prozent herabzuseßen. i

Der Zentralaus\{huß erklärte O mit dieser Diskont- ermäßigung einstimmig einverstanden.

(Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe* f. i. d. Ersten Beilage.)

Land- und Forstwirtschaft, Saatcnstand in Bulgarien.

Ina der zweiten Hälfte des Monats November herrschte fast überall in Bulgarien bei einer mäßtgen Luftiemperatur andauernd trübes und regnerisches Wett-r. Jn den lezten Tagen des Monats segte dann plößlich im ganzen Lande eine starke Kälte ein, die an manchen Tagen 17° C. unter dem Gefrierpunkt erreihte und bis Mitte Dezember anhielt. Obgleich einige Tage vor Be- ginn der großen Kälte reihliße Schneemengen ntedergegangen waren, erwies fich doch die Schneedecke gegen den Ein- fluß des Frostes nicht überall als ausreihend. Ins- besondere war dies in den östlihen Teilen des Landes in den Kretsen von Nustshuk, Schumla und Varna der Fall, wo vtelfach über ein Gefrieren des Erdbodens geklagt wird, was besonders für die Spätherbstaussaat nacbteilige Wirkung haben wird. Vor Eintritt der Kälte konrte noch, insbesondere in den böher gelegenen Gegenden, die hie und da verspätete Winteraussaat beendet werden, sodaß nur an sehr wenigen Stellen diese Feldarbeit wegen der eingetretenen Kälte unterbrohen werden mußte. (Bericht des Kaiserlien Kon- sulats in Sofia vom 17. Dezember d. J.)

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Das Kaiserliße Gesundheitsamt meldet das Erlös\Gen der Maul- und Klauenseuche vom Sthlachtviehhof in Mainz atn 21. Dezember d. F.

In ter ,Avsftellmg für Verwundete und Krankenfürsorge im Kriege 1914" hielt am Montag im Plenarsitzungésaale des Nethstags der Wèarine-Generaloberarzt Dr. W eber einen Bortrag über „die Ver- wundetenfürsorge in der Marine“. Einleitend umgrenzte der Vortragerde unter Hinweis auf die Wandlungen, der die gesundheit- lihen Verhältnifse auf Kriegsschiffen im Laufe der Zeit erfahren haben, begrifflich das Gebiet der Verwundetenfürsorge an Bord. Im besonderen wurde dabei betont, daß auch vorbeugende Maßnahmen dazu ebören, nämli solche, die durch förperliche Stählung der Mannschaft fowie durh möglichste Freihaltung des Schiffes von krankmachenden Keimen einen günstigen Heilungsverlauf und eine Vermeidung bedenklicher Berunr-inigung der im Gefechte zu erwartenden Wunden anstreben. Eine Reihe derartiger Manahmen wurde kurz angeführt. Weiterhin wurden unterstüßt A S und unter Hinweis auf die - dieóbezüglihen Teile der usftellung, die Sanit1ätsein- rihtungen moderner Kriegsschiffe (Lazarett und Apotheke mit Nebenräumen, Gefehtêverbanoräume) nach Umfang, Art und Ausstattung erörtert. Dem Problem zweckmäßigen Transportes Berwundeter im Schiffstnnern über die engen, steilen, gewundenen Treppen, Schächt? und Gänge - war ein besonderer Abschnitt ge- widmet. Cine Rethe von Lichtbil»ern zeigte die für diesen Zweck erfundenen LZransportmittel threr ges{chichtlihen Entwicklung und ihrer Beschaffen- heit nah. Dann wurde die Organisation der Wundversorgun an Bord kurz gestreift. Ein großer Teil des Vortrags beschäftigte fd mit dem Lazarettschiffwesen. Die Gesichtspunkte, unter denen Lazarettsciffe geshaffen wurden, und die Gesicbtépunkte, unter denen sie ih nah verschtedenen Nichtung?n. entwickelt haben, wurden dargelegt. Im besonderen wurde auf die Untei scheidung zweter Hauptklafsen : der fast aus\{ließlich dem Verwundeten transport dienenden sog. Hilfs- lazanett\chiffe und der chwimmenden Krankenhäuser zu beliebig langer Behandlung und Pflege aller Arten von Kranken darstellenden Lazarett\chiffe im engeren Sinne hingewiesen. Fn Ergänzung der zablreihen diesbezüglichen uostellung8gegenstände wurden zur Veranschaulihung der Inneneinrihtung und usstattung von Lazarett- {ifen, Lichtbi1der in größerer Menge gezeigt. Düisen ist zu ent- nehmen, daß in planvoller Raumverteilung und -ausnußung alle Erfordernisse moderner Medizin (Operations- und Vorberettungs- râume, zabnärztlihe und Nöntgeneinrihtung, mediko - mechanische Apparate, Laboratorien u. v. a.) vorgesehen rb: Von besonderer Bedeutung sind die ebenfalls in Bildern dargestellte Vor- richtungen zur Kranken-Anbordrahme und -Vonbordgabe, sowie zur Nettung Schiffbrühiger. Zum Schlusse wurden an der Hand eines Vebersihtsplans die am Lande befindlihen Sanitätseinrich- tungen der Marine kurz ktesprocen, so die verschiedenen Arten der teils staatlihen, teils von Hilfegefellshajt:n und Privat- personen bereitgestellten Lazarette und Genesüngsheime, die Ver- wundetentranspo: tregelung uad endlich die organisfatori|che Gliederun der das Marinesanitätswesen leitenden Stellen, die ihren Zentral« punkt in der dem Generalstabsarzt der Marine unterstellten Medizinal abteilung des Neichsmarineamtes baben. Im Anschluß an diesen Vortrag set darauf bingewiesen, daß das Innere eines Kriegs \chiffs, soweit es Sanitätsräume enthält, in natürliher Größe in der „Ausstellung für Verwundeten- und Krankenfürsorge im Kriege“ aufgebaut ist.

Technik.

Die Wasserversorgung Aitwervens während der Belagerung wird vom Marinestabsarzt Or. Fürth in der Feld- ärztlichen Beilaae der „Münchener Medizinischen Wothenschrift* ge- schildert. Die Stadt bekommt ihr Wasser aus einem vor un efähr 39 Jahren von einer englischen Gesellshaft am Nethbefluß errihteten Pump- und Filterwerk, das etwa 15 km von der Stadt entfernt liegt. Von hier wird das Filterwasser den Reservoiren einer Zwischenstation in der Vorstadt Leuthaagen zugeführt, von wo es durch starke Pumpen in das städtishe Leitungsnez gebraht wird. Außer dem Leitungswasser kann Trinfkwasser dur Pumbpen in den S, der Altstadt beschaffft werden, die keineswegs einwandfreies Wasser aus geringer Tiefe liefern, ferner sind vereinzelte artesishe Brunnen vorhanden, angebli bis zu 200 m tief, deren Wasser jedo stark falzhaliig ist, und \{ließlid ein Süßwasserkanal, der überdeckt die Stadt durfließt, in den Anlagen einige Teiche \peißt und aus dem die Brauereien ihren Wasserbedarf decken. Als Ersaß für das Leitungswasser aus dem Werk im Bereich des feindlichen Auf- mars{hgebiets fonnte nur die Sg§elde in Frage kommen, dfe unter dem Einfluk von Ebbe und Flut stebt und daher salziges stark getrübtes Wasser führt. Es mußte also durch einen Sedimentierungsprozeß geklärt werden, bevor es dem städtischen Leitungsneß zugeführt werden fkonnte. Da erfahrung8gemäß das Scheldewasser zwei Stunden nach Beginn der - Flut den geringsten Salzgebalt hat, wurde ein großer Saugbagger auf der Schelde festgelegt, von wo das Wasser zu dieser Zeit na e einige hundert Meter entfernten Trokendock, das etwa 30 000 chm faßt, gepumpt wurde. Nachdem es hier eine erste Klärung und Sedimentierung erfahren, die dur Zusaß einer konzentrierten Alaun- [ösung gefördert wurde, wurde das Wasser durch die Pumpen kleiner Schleppdampfer, die sonst zu Feuerlös{zwecken im Hafen dienen, nah dret anderen Docks von zusammen 45000 ebn halt geschafft. ersten dieser Docks erbielt das Waffer einen utjaß von Cblorkal?k (3 kg auf 1000 cbm), um die Orvdation der organishen Stoffe und dadurch eine Verminderung der Fäulnis erregenden Stoffe zu erreihen. Aus dém legten Dock wurde es, wiederum Pumpen von kleinen Schleppdampfern, durch eine ober- irdisch gelegte Nohrleitung _în das -Leitungêneß der Stadt gedrüdt. Am 21. August bereits wurde diese Notwa rerversorgung8- etnrihtung in Anguiff genommen. Am 27. September mußte die Pumbpstation an der Nethe die Wasserlieferung ei: stellen und Notwass:rversorgung am Hafen in Betrieb genommen werden. Ge (fat sich, daß die Rohre, die die Verdinduna mit dem ees er Stadt herstellten, zu geringén Durchmesser h sodaß; der Druck nicht ausreihte, auch die Etagen der “Dauer zu sorgen. Man pumpte daher däs Wasser “in die roßen et nah Leuthaagen und führte cs von bier mittels der farken umpenanlagen des Zenttälwassertverkes mit g ndem ueck dem Stadtney zu, Die Legung eines neuen Rohrs