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wären fo höflich gewesen und hätten den anderen Staaten in der Er- mäßioung der Prämie den Vortritt gelassen. (Heiterkeit.) Der Herr Abg. von Staudy ist auch unangenehm berührt gewesen von der Kritik, die ih an dem unter seiner Leitung aufgestellten Programm geübt habe. Ja, Herr von Staudy, Sie haben an dem Gese von 1891 und an dem vorliegenden Gesetzentwurf eine so \ccharfe Kritik geübt, daß Sie der Regierung als gleihberech- tigtem Faktor gegenüber dem Reichstage doch auch das Recht zugestehen müssen, einen Vorschlag unter die Sonde zu nehmen, der von Jhnen ausgeht; und wenn man im Stenogramm meine Aus- führungen bei der Einführung des Gesetzes gegenüber Ihrem Programm und I h r e Gegenausführungen vergleicht, so ist mir niht zweifelhaft, von wem man annehmen wird, er hat einen sanfteren Charakter. (Heiterkeit.) Herr von Staudy empfiehlt als einziges Ziel die Nück- kehr zur Materialsteuer; das ift sein „ceterum censeo“. Wenn Herr von Staudy die Arbeit einsehen wollte, die ih in dieser Be- ziehung habe: anfertigen lassen, so würde er, glaube i, sich felbst so- fort überzeugen, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Materials\teuer . absolut unausführbar ift. Hier bin ich allerdings der Ueberzeugung, daß \sich kaum eine Stimme in diesem hohen Hause dafür finden würde, selbs nicht unter seiner Fraktion. Wo würde das Materialsteuersystem hinführen, wenn wir das Durchschnittskontingent annehmen, wie es thatsächlich ift, d. h. 1 Doppelzentner Zuckter aus 8 Doppelzentnern Rüben ? Wenn unter diesen Verhältnissen beispiels- weise in der Provinz Posen der Doppelzentner Zucker mit 12,44 M, in den Rheinlanden mit 15,35 , in Thüringen mit 15,74 und in Elsaß-Lothringen mit 18,56 4 steuerlih belastet wäre, fo sind das Steuerdifferenzen, die man hier garnicht vertreten Tönnte und die dazu führen würden, was der Herr Abg. von Staudy mit Energie von si gewiesen hat : daß si der Zuckerrübenbau in einzelnen Landestheilen monopolisieren würde und. in anderen Landestheilen unzweifelhaft zum Erliegen käme. Nun sagte Herr von Staudy: Dann mögen die Leute bessere Zuckerrüben bauen! — Das würde die Sache niht wesentli ändern, denn ein Durchschnittsertrag muß immer genommen werden, und die Materialsteuer ift eben unerträglich für alle Leute, die noch unter dem Durchschnitt arbeiten ; wenn die Materialfteuer bei uns so lange bestanden hat, fo konnte sie nur bestehen, weil wir die gefeßliche Ausbeute noh niedriger griffen, wie die Ausbeute der am \chlechtesten arbeitenden Fabriken. Alle Parteien des Reichstags haben erklärt, an der Einnahme des Reichs an der Zuckersteuer wollten sie nichts abbröckeln lafffn. Will man also diese Einnahme in der bisherigen Höhe erhalten, so bleibe ich dabei, daß die Materialsteuer nicht anwendbar if. Wenn der Herr Abg. von Staudy sih davon nit überzeugt hat, so stelle ih ihm anheim, einen Antrag einzubringen; id will ihm ausdrüdcklich einen technishen Beamten zuweisen, der ibm bei der Ausarbeitung dieses Antrages mit Rath und That zur Seite steht. Ih bin fes überzeugt, er wird sih bei den erften Vor- arbeiten überzeugen, daß der Weg, den er vors{chlägt, absolut un- gangbar ift.
Der Herr Abg. von Staudy hat s{ließlich noch versucht, es so darzustellen, als ob ih gegenüber dem Osten bei dieser Frage eine niht freundlihe Haltung eingenommen hätte. Ich kann das Herrn von Staudy niht zugestehen; wenn er eine Aeußerung aus der früheren Zuderdebatte von mir verlesen hat, so bitte ich ihn doch, sich daran zu erinnern, daß bereits ein Antrag Paasche mit einer Staffelsteuer auf der Are — war mit einer Staffelsteuer, die in den böten Stufen gerade doppelt so stark wirkte wie die Staffelsteuer, die die verbündeten Regierungen vorgeshlagen haben. Wern ih da- mals ausführte: die Staffelsteuer wäre zwar ein gangbarer Weg, man dürfe sie aber nicht so {arf greifen, daß unter Umständen der Osten zum Erliegen käme, so habe ih niht gegen die Interessen des Ostens plädieren wollen, sondern dafür; mir ist genau bekannt, daß durch den 2wang der Verhältnisse im Often gerade sih die größten Aktienfabriken gegründet haben, weil der Einzelne dort nicht kapitalkräftig genug ift, cine folhe Fabrik allein zu bauen, und daß deshalb eine zu arf gegriffene Staffelsteuer allerdings für den Osten perniciós wäre.
Der Herr Abgeordnete von Staudy hat es ferner auch übel ver- merkt, daß ich gesagt habe: wenn man Gedanken photographieren könnte, würde man vielleiht finden, daß es im Osten Personen giebt, die den Zuckerrübenbau dort monopolisieren wollen. Ich bitte do aber, au zu erwägen, daß ich ausdrüdcklich erklärt habe: gegen die Absiht würde an und für sich niht das geringste einzuwenden sein, denn im wirthschaftlihen Leben sei niht Selbftlosigkeit , sondern zur Selbsterhaltungstrieb maßgebend, und wenn eine solhe Ent- wickelung der Rübeninduftrie zur Erstarkung des Ostens beitrüge , so wäre das in gewissen Grenzen vielleiht eine durchaus erfreulihe Er- \heinung; auch die Motive erklären, daß es als eine erfreulihe Gr- scheinung begrüßt werden müfse, daß sich auf Grund des Gesetzes von 1891 die Zuckerindustrie im Osten fo kräftig entwickelt habe. Ich glaube also, der Beweis is 1c Herrn Abg. von Staudy nicht ge- lungen, daß ih von dieser Stelle aus die Interessen des Ostens nicht vollkommen erkannt und auch vertreten hätte.
SJFch kann mich weiter auf eine Kleinigkeit beshränken. Herr von Staudy suchte auch auszuführen, wie falsch es wäre, die Kontingentierung in demselben Jahre vorzunehmen, wo fie bereits in Wirksamkeit treten sollte, und, wie ich mir den Zwischenruf erlaubte, diese Bestimmung wäre anders, erklärte er, dann müßte die Bestimmung im Gesehentwurf nicht klar sein. Sie gestatten mir, die Bestimmung zu verlesen. Dieselbe heißt:
„Die späteren Kontingentierungen finden in der ersten Hälfte eines jeden Betriebsjahres für das darauf folgende Betriebs- jahr ftatt.“
F glaube, meine Herren, das ist eine so klare geseßlihe Sprache, wie sie überhaupt nur mögli ist. Jh gebe mih der Hoffnung hin, daß auch Herr von Staudy — und ih bedauere, daß er als Mitglied der konservativen Partei hier als Gegner dieses Geseßentwurfs auf- getreten ift — bereit sein wird, bei der weiteren Berathung do der Erwägung Rechnung zu tragen, daß die Zuckerindustrie vor der Frage steht, entweder den überwiegenden Theil ihrer Produktion in einem erhöhten Maße prämiiert zu erhalten und nur eine kleine Quote: ohne Prämie verwerthen zu müssen, oder ob sie ganz ohne Prämien arbeiten muß. Meines Erachtens kann für jeden, der ein Freund der Landwirthschaft i — und mir ift ja bekannt, daß Herr von Staudy es {hon durch seinen Beruf in arin Maße ift — die Entscheidung nicht zweifelhaft sein. (Bravo! rechts.
Abg. Rösicke (b. k. F.): Herr Paasche hat sich direkt an mich ge- wendet und gemeint, ich müßte doch die Verhältnifse des “Herzog- thums Anbalt kennen und würde deshalb nicht gegen die Vorlage stimmen. In Bezug auf volkswirthschaftlihe Kenntnisse mag Herr Paasche mir über sein, aber in kaufmännischen. Dingen glaube ih etwas mehr zu verstehen, und ih weiß, wie man Bilanzen beurtheilen muß; sie können weiß und auch {warz gemalt, sein ohne daß man mit der Wahrheit in Widerspru geräth. Die Bilanz des nächsten Jahres dürfte so günstig sein, daß von einem Verlust überhaupt keine Rede fein kann. Der Nothstand der Zuckerindustrie soll in der Hauptsahe hervorgerufen sein durch die Gesetzgebung von 1891. Allerdings bestand 1894—95 ein niedriger Preis, aber es ist Niemandem gelungen nahzuweisen, daß noch in einem anderen Jahre so niedrige Preise gewesen sind. Der niedrigste Preis von 19,75 #4 war immer noch um 55 4 höher als der durch\{chnittlihe Herstellungs- preis von 19,20 4, der in der Begründung berechnet wird. Der Minister von Hammerstein hat gesagt, eine Fabrik koste 1 Million Mark. Wenn die Regierung 23 4 als den richtigen Zuckerpreis bezeihnet, also einen Gewinn von 4 # für den Doppel- zentner, so giebt das für die einzelne Fabrik 180 000 M oder 18 9% Verzinsung und den Fabriken , welche diese Verzinsung niht erreihen, follen wir eine Unterftüßung zuwenden! Welche andere Industrie stellt denn eine ähnliche Forderung an das Reih? Die anderen Fabrikanten tragen ihre Ver- luste selbst. Von einem Preisgeben der Industrie dem Weltmarkt emr fann man beim besten Willen nicht reden, wenn der
rport immer noG 8 Millionen Doppelzentner beträgt. 1891 wurden von der Regierung zwingende Gründe beigebracht, welche dar- legten, daß hon damals die Industrie so gestärkt fei, daß sie Prämien nit mehr brauht. Diesen Standpunkt vertreten ja au der Staats- sekretär und der preußische Landwirthschafts-Minister, aber etwas platonisch. Dur die Erhöhung unserer Prämien werden wir die Nachbarstaaten nit veranlassen, ihre Prämien zu ermäßigen. Herr Paaine ift der Meinung, dos die Prämien den Erfolg Loben und aben müssen, daß sie die Zuckerpreise auf dem Weltmarkt drüdten. Er will dadur die Nohrzuckerfabrikation zurückdrängen, um die NRübenzuckerindustrie der anderen Staaten kümmert er ih nicht.- Ein praktisher Mann, ein Zuckerfabrikant, hat Herrn Paasche in einer Versammlung darauf bemerkt, daß man jemand doch nur bekämpfen kann mit Mitteln, die der Gegner nicht hat. Dagegen meinte Herr Paasche, daß es s{lechter als jeßt niht werden könnte. Dann würde also die Vorlage lediglich die Folge haben, Deutschland jähr- lih um einige Millionen ärmer zu machen. Es ist davon gesprochen worden, daß das Geseß nur auf Frist gegeben werden folle. Dafür würde aber die Zuckerindustrie sich nicht begeistern, sie will Ruhe haben und nit alle paar Jahre ein neues Gesey. Das avs: hat sih gegen eine Prämie von 4 M ausgesprochen. Jch hoffe, daß es nit eine Prämie von 3,20 A bewilligt, die doch der Prämie von 4 4 sehr nahe steht. Wenn au dur die Erhöhung der Ver- brauhsabgabe ein Konsumrüdckgang nicht entsteht, fo tritt doch eine Belastung des deutschen Volkes ein zu Gunsten einer der am besten fundierten Industrien. Wenn die Belastung auch nit überall stark empfunden werden follte, fo wird ihr Vorhandensein hon genügen, um z. B. den Sozialdemokraten als Agitationsobjekt zu dienen. Bei einem Preise ¿von 500—55 Á# für den Doppelzentner beträgt eine Preiserhöhung um 9 #4 eine Mehrbelastung von 20/0. Eine der- artige S muß die Reihen der Sozialdemokraten ver- stärken auch aus den fleinbürgerlihen Kreisen heraus. Das Bedauerlichste ift, daß die Anregung zu. dieser Geseßgebung von einer liberalen Partei ausgegangen ist. Die Absicht des Gefeßes, wie jedes Schußzolles, ist, die Preise zu fteigern, fonst hätte ja das Gesey gar feinen Zweck und brächte nur den - ausländishen Konsumenten Vortheile. Redner weist auf die soeben eingelaufene Eingabe des Schlesishen landwirthschaftlichen Vereins, welche denselben Gedanken vertritt, hin und fährt dann fort: Die Kontingentierung soll eine planmäßige Produktion herbei- führen. Das wollen die Sozialdemokraten auch; aber sie wollen au eine planmäßige Vertheilung der Konsumtion. Die Kontin- gee wird fehr verschieden in den verschiedenen Landestheilen wirken, besonders nachtheilig aber für den Osten. Der Minister hat gemeint, die Zuckerindustrie sei noch ein landwirthschaftlihes Gewerbe. Das ist doch nit ganz zutreffend. Schon 1890 hat der Staatssekretär von Malßahn hervorgehoben, daß die Verhältnifse sfih so entwickeli haben, daß die Landwirthschaft neben der Zuder- industrie faft als Nebengewerbe erscheint. Die Regierung bestreitet, daß die Kontingentierung die Kaufrüben benachtheiligen würde. Die Ueberschreitung des Kontingents wäre doch nur möglih, wenn die Fabrikanten die Rüben billiger erhalten, um sich vor Schaden zu be- wahren. Das wäre bei der Brauerei, wenn sie kontingentiert werden follte, was gar kein so übler Gedanke wäre, bezüglich der Gerste ebenso. Herr Ruprecht - Rausern, ein bekannter Agrarier, führt in der „Deutschen Tageszeitung“ ebenfalls aus, daß die Landwirthe ihre Kaufrüben behalten werden, weil die Fabriken ihr Kontingent ander- weitig deen würden, denn es be niemand mehr für eine Waare aus, als er zu geben brauche. enn eine folhe getheilte Meinung im Bunde der Landwirthe ift, dann follte doch der Vorsißende des Bundes sich zurückhalten bei dieser Frage. So wie es vorgelegt ift, stellt das Gese nichts weiter dar, als ein Geseyß zur Bildung von Ringen mit Staatshilfe gegen die Rübenbauer. Wir sollten doch unser Wohlwollen für die Landwirthschaft bethätigen dadur, daß wir eine solche Vorlage verwerfen. enn die neuen Fabriken erft nach mehreren Jahren ein Kontingent bekommen, fo if damit im Großen und Ganzen die Erbauung neuer Fabriken, namentlih kleinerer Fabriken ausgeschlossen. Wir wollen gern jede Ver- fehrserleihterung für die Nübenbauern gewähren. Man kann auh vielleicht noch etwas Anderes thun. von Hammerstein hat von einem fünfjährigen Turnus des Rübenbaues gesprochen. Der Durchschnitt ift wohl 3éjährig, aber es giebt auch Gegenden, wo man in jedem zweiten Jahre Rüben baut. an sollte diese Aus- beutung guter Böden zum Schaden \{lechterer verhindern. Ferner fönnte man die Verbrauchsabgabe herabseßen, um den Konsum zu steigern. Eine Staffelsteuer auf den Betrieb wäre für die Brauereien wohl anwendbar, weil wir dort eine Materialsteuer haben. Aber bei der Zuckerindustrie- haben wir keine Materialsteuer mehr. Bei solhen Staffelsteuern soll man sich aber nit ein einzelnes Gewerbe heraussuhen. Die Melafseentzuckerung if eine der bedeutendsten Erfindungen der Jeßtzeit; es würde eine Besteuerung des tehnischen Fortschritts sein, wenn man diese Fabriken einer Gelenk Steuer untecwirft. Der Landwirtbschafts-Minister soll den Wunsch haben, daß überhaupt Feine Melasse auf Zucker verarbeitet wird. Die besonderen Maßregeln gegen die Melasse haben ja deren Preis von 8 auf 2 #Æ herabgedrückt. Der Staatsfekretär Graf von Posadowsky hat gemeint, die landwirthschaftliche Opposition sei eine kleine, geführt von den technischen Leitern der Zuckerfabriken. Darin \chien ein Vorreurf zu liegen; es wird auch wohl umgekehrt sein, daß die Deo ür die R gewirkt haben. Aber von einer Einigkeit if weder bei der Beer ndvstrie noch bei der Landwirthschaft die Rede. In Pofen,
randenburg, Pommern u. \. w. haben sich in den Versammlungen entweder die Mehrheiten oder doch große Minderheiten gegen die Vorlage erklärt. Gin Brief, den mir Herr Rickert zur Verfügung estellt hat, bekundet ähnliche Anschauungen bei Landwirthen im Wabl- reise des Grafen Bismarck. In den Versammlungen, die sih für die Vorlage erklärt haben, hat man immer den Versuch ge- macht, die Minderheiten zu beshwichtigen. Daran hat sich auch unser Kollege Paasche betheiligt , z. B. in Pee, damit nicht in die Welt telegraphiert werde, der ganze Osten habe fich gegen die Zuckersteuervorlage erklärt, Er hat die Landwirthe und Zudcker- fabrikanten als kfluger Geschäftsmann ermahnt, ihren Vortheil wahr- zunehmen. Da kann er eigentlich den Börsenleuten nicht gram sein, die auch nichts Anderes wollen. Wir aber müssen uns auf den Standpunkt stellen, ob nicht der Vortheil, der dem Einen zuge- wendet wird, dem Andern zum Schaden gereicht.
Abg. von Plöht (d. kons.) wendet nd gegen den ey V4 von
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Olenbusen, der den Bund Landwirthe angegriffen n der
Tonart, wie es in freisinnigen und sozialdemokratischen Blättern geschehe. Er mag sih, fährt Redner fort, mit diesen Gefinnungs- genofsen auseinanderseßzen. Sein Angriff if ihm leicht geworden, nahdem wir hier als gemeingefährlih bezeihnet worden find. Er hat ja auh für seine Rede einen Händedruck echalten; ob für die Zu- stimmung zur Vorlage oder für den Angriff auf den Bund der Land- wirthe, weiß ih nicht. Wir find den ngriffen gegenüber etwas dickfällig geworden und sagen: Schwamm drüber! Wenn er uns aber undeutshe Art aae so hâtte er nur einmal nach Braun- \chweig oder Hannover kommen sollen; es wäre ihm nihts geschehen, aber ein Hohnlahhen wäre entstanden. Die preußishen Bauern sind treu wie Gold, wenn sie auch manchmal räsonnieren und klagen. Wir sind auch treu wie Gold. Das muß ih mir verbitten, uns für undeuts zu erklären. Ich verzichte darauf, an dic Welfenlegion in Frankrei zu erinnern. Ich erwähne nur, f die Agitation des Bundes #i niemals gegen die Welfen gewendet hat. Diese Worte des Herrn Göß von Olenhbujen werden wohl auh in Hannover zünden, und bei den nächsten Wahlen wird man es merken. Daran wird er selber \{uld sein. Wir sind dankbar, daß die Vorlage Aar ift als eine Grundlage für die Sicherung des Rübenbaues; aber wie sie jeßt lautet, können wir sie nicht annehmen. Die Betriebssteuer müßte gus wegfallen, dadur würden wir viele Zustimmende gewinnen.
er Zuckerpreis wird, wenn er nicht steigt, wenigstens auf einer Höbe erhalten, daß die Nübenbauer noch einen annehmbaren Preis erhalten können. Auch die Kontingentierung ist eine chwer umstrittene Frage, ih würde is auch gern befeitigen, aber ich weiß niht, wie es gemacht werden foll, wenn wir nicht ins Uferlose kommen oder eine fo niedrige B festseßen wollen, die gar nihchts nügt.: Meine endgültige Ab: timmung behalte ih mir vor. Ich möchte bitten, daß in der Kom- mission das gemeinsame Ziel vor Augen behalten wird, damit eine Verständigung erzielt werden kann, die ohne Konzessionen niht er- reihbar sein wird. Wenn die Konsumsteuer nicht erhöht. wird, dann brauchen wir das ganze Geseß nit, denn ohne Geld könnte es nicht durchgeführt werden. Die Belastung is doch feine so große, wenn etwa 3 4 auf das Pfund kommen. Die arme Arbeiterfamilie braucht in der Woche doch kaum ein Pfund Zucker, das macht für den Tag # Pfennig. Aber die Arbeiterlöhne der Zuerfabriken sind doch ein Vortheil für die Arbeiter. Mit der Einführung des Nübenbaues sind die Löhne überall gestiegen; sie würden wieder sinken, wenn die Zuckerindustrie ges{chwächt wird. In- direkt kommen dabei die Maschinenfabriken und der Kohlenbau in Betracht. Herr Richter beliebt zu sagen, daß mit der steigenden Kultur die Preise der landwirthshaftlihen Produkte sinken müssen. Dann müßten wir ja in Asien und Rußland die größte Kultur baben, weil dort die niedrigsten Preise sind. errscht in England die größte Kultur? Vor ‘den Thoren Londons sieht man meilenweit feinen Pflug mehr arbeiten, nicht einmal Viehherden siebt man. England geht zu Grunde in feiner Landwirthschaft, Ueber die Konsumsteuer mache ich mir nicht die geringsten Sorgen. Nothwendig ist aber, daß denjenigen Landwirthen, welhe bisher niht zum Rüben- bau gekommen find, der Rübenbau niht allzu sehr ershwert wird, Der Landwirtbschafts-Minister hat die Wichtigkeit des Nübenbaues betont; das Rüdlgrat der Landwirthschaft ist er aber nicht; dem sons würden Schleswig-Holstein und Ostpreußen gar kein Rückgrat haben. Selbst die unbetheiligten Fabriken würden dem Zucker- steuergeseß zustimmen, wenn ihre Intereffen niht in den Hinter- grund gedrängt werden, wenn die Entstehung neuer Fabriken erleich- tert würde. Das würde die Annahme des Geseßes ermöglihen. Es ist wieder von der Liebesgabe gefprohen worden; warum hat man denn aber noh niemals von Liebesgaben gesprohen, wenn der Staat die Kohlen und Schienen theurer bezahlt als auf dem freien Markte? Redner spriht nochmals die Hoffnung aus, daß die Kommissions- berathung zur Ot (E führen möge.
_ Abg. Schippel (Soz.): Die Regierung hatte den Plan, die Prämien durch internationale Vereinbarung abzuschaffen, das ist bisher nit gel Feen, Wie kommt die Regierung jeßt auf den Gedanken, daß wir durch Erhöhung unserer Prämien die anderen Staaten zur Ermäßigung ihrer Prämien veranlassen können? Der österreihishe Zuckerverein kündigt s{chon Erhöhungen der österreichischen Prämien an. Aus Frankrei liegen ähnlihe Nachrichten vor. Hat die Regierung irgend welche Zusicherung von seiten anderer Staaten erhalten, daß die Prämien ermäßigt werden sollen ? Es handelt sich bei der Vorlage um ein Kampfgeseß, um einen Kampf des vor- handenen Rübenbaues gegen die Distrikte, welhe noch dazu übergehen könnten. Dur die Vorlage wird eine ganze Menge neuer Interessen- konflifte geschaffen. Die Raffinerien lehnen \sich auf gegen die Melasseentzuckerer. Die Chokoladen- und Dauermil{fabrikanten lehnen sih auf gegen die Vertheuerung eines Robstoffs u. \. w. Dur die Hineintragung folher Konflikte in den Reihstag wird dessen Ansehen nicht erhöht. Die Agrarier und die übrigen Jn- ies nehmen gern Staatsfubventionen, aber sie gönnen sie keinem Anderen.
Abg. Dr. Paasche (nl.): Bezüglih des Weltmarktpreises hat Herr Barth es fich fehr leiht gemacht ; er meinte, Gerte was er kriegen kann; aber bei überfülltem Weltmarkt muß sich Jeder mit dem niedrigsten Preis begnügen. Für e ist der Weltmarkt überfüllt, und da bestimmt derjenige den Preis, welher die Anderer unterbieten kann. Das sieht man auf dem Getreidemarkt bezügli Argentiniens, weil es seinen Weizen unter allen Umständen los werden muß. Wir verlangen keine Prämien; forgen Sie nur dafür, daf die anderen Staaten ihre Prämien beseitigen; solange das nicht ge|hehen ift, können wir auf die Prämien nit verzichten. Weshalb haben andere Länder Prämien? Weil sie ohne dieselben auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren können. Herr Barth hat bemängelt, dh ih von den Steuerzablern nichts gesagt hätte. Wenn die Prämien auf den Preis keinen Einfluß haben, dann fühlt man die Steuern niht. Wie soll die Vorlage dazu beitragen, einen Ring von Fabri- kanten zur Ausbeutung der Nübenbauer zu bilden? Ein Widerspruch zwischen diesen Interessentengruppen besteht thatsählich nicht. Herr Roesicke meinte, ein Börsenmann würde nicht fo dumm sein, sih ein folhes Gese anhängen zu laffen. Daß die Börse mich für ihren Feind hält, merke ih allerdings; aber ich glaube, mit Unrecht; denn ih denke nicht daran, die Börse in ihren berechtigten Interessen zu schädigen. Es liegen aber Mißgriffe und Mißbräuche vor, und wenn man diese beseitigen will, dann is man der beste Freund der Ee: Aus meiner Rede in Bromberg hat Herr Roesidte einzelne Säße herausgegriffen. Im politishen Leben muß man handeln und bieten. Mataté Einigkeit erreiht man in diesem Hause niht und in der Landwirthschaft auch nit; praktishe Politik ist, das zu? nehmen, was man fkriegen kann, und nicht, des mant dann unentwegt „nein“ sagt. In Bromberg soll mir ein sahver- {Suiger Mann entgegengetreten sein. Der Mann war ein Mühlen-
esiter, der eine einzige Aktie einer Zuckerfabrik hatte. Das war seine Sachverständigkeit. Jch habe in Mecklenburg Zuckerfabriken ins Leben gerufen und mehrere Aktien gehabt. Das wird man mir doch nicht zum Vorwurf machen. Ich rühme mich dessen, daß ih den Rübenbau in Mecklenburg een habe. Der Kampf auf dem Weltmarkt muß eführt werden, bis einer siegt oder unterliegt. Ich hoffe, daß wir den
ieg davon tragen werden, wenn wir auch vorerst eine {were Zeit zu überwinden haben werden. Das wird ein großer Erfolg sein für unsere Zuckerindustrie.
L Dr. Barth (fr. Vg.): Daß die Prämie den Weltmarktpreis drüdckt, ift mögli, aber es handelt ih um die Verbraucsabgabe, die um 6 4 für den Doppelzentner erhöht wird. Das macht 32 Millionen Mark für den deutshen Konsum. Dieses Geld muß bezahlt werden, auch wenn die Prämie niht um einen Pfennig den Preis erhöht. Wenn die Steuerzabler diese Steuer nicht tragen follen, dann müßte der Preis auf dem Weltmarkt nicht bloß um die Prämie, sondern auh um die 6 4 Verbrauchssteuerzushlag gedrückt werden. HUr die Preisbildung ist das Angebot und die Nachfrage entscheidend, n cht wer am billigsten produzieren kann. (Zuruf des Abg. Paasche: Veberproduktion !) Das ift ganz Nebensahe. Wer billiger produziert, nimmt doch die Preise, die er bekommen kann. Der Herr Scha sekretär fragt, wie die Einnahmen aus den Schußzöllen anderweitig gedeckt werden „sollen; er hat dabei die indirekten Steuern mit dem
Sqcugzoll verwechselt, denn die Schuhzölle sind die beften, wenn sie ar feine Einnahmen bringen. England hat gar keine Schutzölle, aber ehr hohe Einnahmen aus indirekten Steuern. Was Graf Posadowsky aus einer Rede des Lord Salisbury mitgetheilt hat, waren doch nur allgemeine Wendungen und Vertröftungen, aber Lord Salisbury hat nirgends zu erkennen gegeben, - daß er durch irgend welche protektio- niftishen Mittel der Landwirthschaft beispringen will ! bg. von Staudy (d.kons.): Meine Bedenken bezüglich der
Kontingentierung hat der Staatssekretär niht widerlegt. Er hat es bemängelt, daß ich den Ausdruck „erbärmlih“ von dem Zucker- steuergescß gebrauht habe. Es war mir nicht erinnerlich, daß ih den Ausdruck gebraucht habe, . aber ih gebe zu, daß es möglich ift, und ih bedauere das. _ Í
Damit schließt die Diskussion.
Die Vorlage wird einer Kommission von 21 Mitgliedern
überwiesen. : Schluß 41/4 Uhr. Nächste ne Freitag 1 Uhr. (Zweite N eordnung.)
Berathung der Novelle zur Gewer
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
35. Sißung vom 5. März 1896.
aver den ersten Theil der Sißung ift gestern berichtet worDen.
Die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal- Angelegenheiten nimmt ihren Fortgang. :
Auf die zu dem Titel „Altkatholisher Bischof“ ge- machten Bemerkungen des . Abg. Grafen von Strachwiß (Zentr.) erwidert der
Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Nach den Einwendungen, die der Herr Abg. Graf Strahwitz gegen das Kap. 116a und seine Bewilligung hier soeben erhoben hat, vleibt mir wohl nichts Anderes übrig, als gegen die bisherige Gepflogenheit doch einige Worte zu dem Kapitel zu sagen.
Zunächst kann ich den Herrn Grafen Strahwiß darüber voll- fommen beruhigen, als wenn irgend ein Einfluß von irgend einer Seite zu Gunsten der Altkatholiken auf die Königlihe Staatsregie- rung ausgeübt worden wäre. Das ift nicht geshehen. Im wefent- ligen möhfe ich mich auf die kurze Erklärung beschränken, daß die Königlihe Staatsregierung sich in den kirchlihen Konflikt zwischen der rômisch-katholischen Kirhe und den Altkatholiken heute so wenig ein- zumishen gedenkt, als sie es bisher gethan hat (Bewegung im Zentrum): fle hat dazu weder einen Anlaß noch ein Ret. Wenn die rômisch-katholishe Kirche den Altkatholiziémus, weil er sich dog- matisch von ihr getrennt hat, unter ihre Zensur nimmt, so if das eine rein firchlihe Frage, die den Staat als solchen nichts angeht. Für den Staat kann es sich nur darum handeln, ob inzwischen etwa Nova eingetreten sind, die seine Interessen berühren und ihn nöthigen oder doch wenigstens bestimmen, sein bisheriges Verhältniß zu den Altkatholiken zu ändern. Diese Frage wird von der Königlichen Staatsregierung durchaus verneint. Der rein zufällige Um- stand, daß der Bischof Reinkens gestorben i, ändert, ftaat- li angesehen, an der bisherigen Sachlage auch nicht das Mindeste. Meine Herren, wir haben ja ein Staatsgese, das den altkatholishen Gemeinden gewisse staatliche Rechte, insbesondere au Korporationsrehte gewährt. Wir haben nun den altkatholischen Organisationen durch Kap. 116 a bisher eine Unterstüßung gewährt. Entziehen Sie denselben diese Unterstüßung, fo werden sie nah ge- wissen Seiten hin nahezu vis-à-vis de rien gestellt. Auf diese Weise würde die im guten Glauben, mit Rücksicht auf die alljährlih erfolgten Wiederbewilligungen vorgenommene Organisation vom Staat preisgegeben, und das scheint mir nicht recht, das scheint mir cine Unbilligkeit gegen die Leute zu sein. Mag man sie firchlih, vom Standpunkt der römischen Kirhe aus, beurtheilen, wie man will. Vom Standpunkt des Staats
aus, meine Herren, das muß ih hervorheben, haben die Altkatholiken bisher eine vollkommen forrefte Stellung eingenommen; man kann ihnen niht nasagen, daß sie fih in irgend einer Beziehung nicht als loyale und treue und den Geseßen gehorsame Staatsbürger gezeigt hätten.
Nun handelt es fh hier ganz allein um die Budgetfrage, und die ift, wie ih glaube, durch die jeyige Gestaltung des Kap. 116 a in einem für die römisch-katholishe Kirche vollkommen unanstößigen Sinne gelöst; denn zwishen dem Kap. 116 mit der Ueberschrift „Katholische Geistlihe und Kirchen“ und dem Kap. 116a mit der Ueberschrift „Bedürfnißzushüsse und einmalige Unterstüßungen, insbesondere für einen Bischof“ befindet {ich ein dicker Strich im Etat (Bewegung im Zentrum) — meine Herren, ein dicker Strich, der auf Veranlassung eínes der Mitglieder der Zentrums- fraktion gezogen worden. (Hört, hört! links.) Also ih kann über- haupt nicht abfehen, was für Bedenken auf Ihrer Seite nach dieser Seite bin für die Budgetfrage, immer nur für die Budgetfrage geltend zu machen sind. Mir scheint die Sache vollkommen auf der- selben Linie zu stehen, wie die Bewilligung des Kap. 113 — für evangelishe Geistlihe und Kirchen. Meine Herren, ih glaube daher, daß man den Altkatholiken, wenn man ihnen die Subvention des Kap. 116a ohne weitere, für das Staatsinterefse entscheidend ins Gewicht fallende Ursache jeßt entziehen wollte, bitteres und von ihnen in keiner Weise verschuldetes Unrecht thun würde. Jch glaube auch nicht, daß das hohe Haus geneigt sein wird, dieses Unreht den Leuten zuzufügen, denen keine Schuld beizumessen ift.
Dazu kommt, daß, wenn man eine Versagung des Kap. 116 a eintreten laffen wollte, ftaatsrehtlihe Schwierigkeiten herbeigeführt werden können, deren Umfang augenblicklich gar niht zu übersehen ist. Ih will hierauf gar niht näher eingehen und will anheimgeben, die Entwickelung der altkatholishen Gemeinschaft doch ganz ruhig der Geschichte zu überlassen. Wenn der Altkatholizismus lebensfähig ift, so werden Sie ihn mit der Versagung der 48 000 6 auch nit tôdten, und wenn er nit lebensfähig if, wird er sich selbst verzehren, und die 48 000 M, die für den großen Staatshaushalt eine verschwindende Summe sind, werden ihn nicht erhalten. Für den Staat fehlt es aber an jedem plausiblen Grund, in diesen Prozeß einzugreifen. — Ih kann deshalb den Herren nur anheimstellen: bewilligen Sie, wie es in jedem Jahre geschehen ift, diesen Titel. * Sie werden damit niemand s{chädigen, aber Sie werden einen großen, \{chweren Schaden und ein Unrecht von einer Gemeinschaft abwenden, die gegen den Staat sich in keiner Weise vergangen hat. (Bravo!)
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Wir stehen auf dem Standpunkt der Mehrheit der ete fen für die Bewilligung. Die Stellung des Zeatrums zeugt von Intoleranz gegen eine andere NReligions- gem Aa Selbst wenn keine rehtlihe Verpflihtung des Staats vorliegt, so doch mindestens eine moralishe, und wir bitten, die e zu A G g. Por entr.): Ne dieser Position besteht auch n
das Altkatholikengesez, das auf dem für uns beleidigenden B os punkt steht, daß die Altkatholiken noch Glieder der katholischen Kirche sind. Bei der Begründung dieser Position hat sich der Staat in den firchlihen Konflift eingemischt. Der Staat sieht den alt- katholischen Bischof immer n als fatholischen Bischof an, und dieser leistet den katholischen Bischofseid, in dem auch von der päpstlichen Autorität die Rede ift. Diesen Eid kann doch der gestern neugewählte altkatholishe Bischof nicht leisten. Die Regierung muß bei dieser Gelegenheit Wandlung schaffen. Nöômisch-katholisches Kirchen- vermögen ift dazu hergegeben worden vom Staat, um die Alt- katholiken zu unterstüßen. Wenn der Staat seine Stellung nicht aufgiebt, sollte er wenigstens das Altkatholikengesez ftrift ausführen, in Breslau hat man aber eine katbolische Kirche den Altkatholiken eingeräumt, und in Sagan ist dasselbe geschehen.
Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Ich habe nur in ein paar Punkten die Anfüh- rungen des Herrn Abg. Dr. Porsch zu beantworten.
Die Gerichte, nit in erster Linie die Staatsregierung, fondern die Gerichte haben in allen Instanzen wiederholt anerkannt, daß die Altkatholiken vom staatlihen Standpunkt aus als Katholiken zu be- zeichnen sind. (Unruhe im Zentrum.) — Meine Herren, nit als rômische Katholiken, sondern als Katholiken. Ih möchte aber über- haupt rathen, diese Frage hier gar nicht zu vertiefen; das ist eine Frage des Rechts, die hier mit dieser Budgetfrage absolut nihts zu thun hat.
Dann hat der Herr Abg. Dr. Porsch gebeten, wir möchten uns bemühen, das Altkatholikengeseß in einer Weise zur Anwendung zu bringen, die für die rômish-katholishe Kirche nicht verleßend sei. Ja, meine Herren, ich glaube, daß mir kaum ein einziger Fall nahgewiesen werden kann, in dem dies von seiten der Staatsregierung nicht erstrebt wäre. Bei dem Breslauer Fall sind wir ebenso, wie an allen anderen Orten, wo ähnlihe Verhältnisse bestanden haben, auf das äußerste bemüht gewesen, eine friedlihe Auseinanderseßzung herbeizuführen; es ist uns aber bis jeßt nicht gelungen, für die Altkatholiken ein geeig- netes anderes fkirhliches Lokal zu gewinnen. Das weiß auch Herr Dr. Porsch, daß wir uns die äußerste Mühe gegeben haben — und zwar alle Behörden —, und daß diese Bemühungen noch nicht auf- gehört haberi.
Der Fall in Sagan is mir nicht in gleihem Maße bekannt, aber ich zweifle niht, daß dort die Sache ebenso liegt; denn wir haben ganz gewiß fein Interefse daran, daß an einzelnen Orten ein akuter Streit zwischen rôömishen Katholiken und den Altkatholiken besteht. Im Gegentheil: wo wir etwa eine friedlihe Scheidung herbeiführen können, da werden wir ganz gewiß gern die Hand dazu
bieten.
Dann nur noch ein Wort über dén Eid. Der Eid, den der Bischof Reinkens geleistet hat, ftammt allerdings aus der heftigsten Kulturkampfe periode. Es war darin der Gehorsam gegen die Staatsgeseße in ganz runder Weise aufgenommen. Bischof Reinkers hat ihn abgelegt. Vorher bestand ein 1867 normierter Eid, der dieses Anerkenntniß der Staatsgeseze in einer etwas milderen Form und unter glei{h- zeitiger Hervorhebung des von den Bischöfen dem Papst zu leistenden Gehorsams enthielt. Der Eid von 1873 if von einem rômis{- katholishen Bischof niemals geleistet worden; er ift stets davon dis- pensiert worden. Dagegen is 1887 ein neuer Eid normiert unter beiderseitigem Einverständniß, der im wesentlihen die mildere Form von 1867 hergestellt hat. Dieser Eid kommt jeßt zur Anwendung, fann aber von dem altkatholishen Bischof nicht ge- leistet werden (Hört, bört! im Zentrum), weil darin ausdrülih der Gehorsam gegen Seine Päpstliche Heiligkeit hervorgehoben wird. Es wäre ja geradezu ein Gewissenszwang, wenn wir von ihm die Leistung dieses Eides verlangen wollten. (Unruhe im Zentrum.)
Abg. Graf zu Limburg-Stirum (fkonf.): Wir stehen auf unserm alten Standpunkt. Mit der Bewilligung dieses Kapitels treten wir den Rechten und Gefühlen unserer katholishen Mitbürger in keiner Weise entgegen. Vielleiht kann dem Etatstitel, um den Wünschen des Zentrums entgegenzukommen, das nächste Mal eine andere Ueberschrift gegeben werden. 4
Abg. Porsch bittet den Minister um eine s{leunige Aenderung des Breslauer Falles und macht darauf aufmerksam, daß in Wiesbaden ein ähnlicher firhliher Nothstand bestehe. Wenn der altkatholische Bischof den katholischen Bischofseid nicht leisten könne, fo sei er eben kein katholisher Bischof. Er acceptiere gern dieses Anerkenntniß des Ministers. : : -
Nachdem durch die Annahme eines Schlußantrags dem Abg. von Eynern das Wort abgeschnitten ist, wird die Po- sition gegen die Stimmen des Zentrums, der Polen und einiger Konservativen angenommen. /
Beim Kapitel „Provinzial-Schulkollegien“ regt
Aba. Krawinkel (nl.) eine Aufbesserung der Gehälter der Provinzial-Schulräthe und Li Eten der Stellen derselben an, damit auch die gehobenen Stadtshulen im Rheinland und in Westfalen den Provinzial-Schulkollegien unterstellt werden könnten. Redner schildert eingehend die Entwickelung der genannten Anstalten, denen eine sahgemäße Aufsicht fehle. a.
Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Stauder warnt davor, in den alten Fehler zu verfallen, immer mehr Schulen in die Schablone der Berechtigung für das einjährige Zeugniß zu zwängen. Die Unterstellung dieser Schulen unter die Aufsicht der Provinzial-Schul- follegien würde nicht nur eine Vermehrung der Schulrätbe, sondern auch der unteren Beamten bedingen. Die Thâtigkeit der Provinzial- Schulkollegien könne niemand mehr anerkennen als der Minister, aber eine Aufbesserung derselben, nachdem ihr Anfangsgehalt vor einigen Jahren erhöht sei, wäre, losgelöst von der allgemeinen Er- höhung der Beamtengehälter, zur Zeit nicht zu erreichen.
Aba, von Eynern (nl.) wünscht keine Aenderung in der Orga- nisation der gehobenen Stadtshulen und tritt ebenfalls für die Auf- besserung der Provinzial-Schulräthe ein. /
Geheimer Ober-Finanz-Rath Dr. Germar erwidert, daß au auf andere Beamtenkategorien Rüksiht genommen werden müsse; es sei bisher gesehen, was geschehen konnte, die Beamten müßten sich be- scheiden, bis alle Beamten aufgebessert werden könnten.
Das Kapitel wird bewilligt.
Beim Kapitel „Universitäten“ bemerkt
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Die Einführung der Alterézulagen für die Professoren ist von der g {on vor längerer Zeit in Aussicht gestellt worden und follte beschleunigt werden. So hohe Honorare wie in Berlin sind nur ausnahmêweise vorhanden, an anderen Üniversitäten kommen \olhe Honorare nicht vor. Die Kuratoren- frage könnte auch schneller gelöft werden. Auf die Privatdozenten- frage gehe ih niht ein, weil uns ein Geseßentwurf über die rechtliche Stellung der Privatdozenten zugehèn foll. Es sollen in der theo- logischen Fakultät alle Richtungen vertreten sein. Jn Bonn war es
niht nöthig, eine neue Professur einzurichten, um einer Richtung zu ihrem Rechte zu verhelfen. Zwei Profefsoren in Bonn hatten einen
Ferienkursus für Geistliche eingerihtet; deren Lehre über das Abend- mahl gefiel den Geistlichen niht, es entstand Erregung ; der Minifter nahm aber die freie Lehrthätigkeit nicht in E A fondern suchte die Erregung durch Berufung eines orthodoxen Professors nach Bonn zu beschwichtigen. Das war eine bedanerliche Schwäbe. Es wurde dem einen Profefsor ein anderer als Konkurrent an die Seite gestellt. Eine Berufung in Marburg ist ebenso merkwürdig. Dort ist ein Pfarrer eines kleinen Orts berufen worden unter Umgehung sämmtlicher
rivatdozenten. Das is der vierte Fall, wo ein Professor ohne Zustimmung der Fakultät berufen wird. Dabei ift die Marburger
akultät reformiert, der Berufene dagegen ist streng lutherisch. Es sollen alle Richtungen vertreten sein. Will der Minister daraus die Konsequenzen ziehen und an orthodoxen Universitäten, wie z. B. Greifs- wald, auch andere Richtungen zulassen? Es hat den Anschein, als würde die orthodoxe Richtung bevorzugt. Jch bitte den Minifter bezüglih der Strafprofessuren um eine befriedigendere Erklärung, als der Regierungskommifsar in der Kommission gab.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Ih muß zugeben, daß die Dinge, die der Herr Abg. Dr. Friedberg hier sceben zur Sprache gebracht hat, Dinge von großer Wichtigkeit sind, die auf das Leben unserer Universitäten einen tiefgreifenden Einfluß haben, und die wohl geeignet sind, die öffent- lihe Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ih fühle mih deshalb au verpflichtet, etwas näher auf die Beschwerde, die Herr Abg. Dr. Friedberg hier zum Ausdruck gebracht hat, einzugehen. Jh will nur im voraus bemerken : die Bemerkungen über die Alterszulagen der Professoren und über die Kuratorenfrage werde ih, sofern es nöthig fein ollte, meinem Herrn Kommissarius überlassen.
Der Kernpunkt der Beschwerde des Herrn Abg. Friedberg lag, wenn ih ihm ret gefolgt bin, in den sogenannten Strafprofessuren, wie er sie genannt hat. In dieser Beziehung bemerke ih vorweg: Strafprofessuren giebt es bei uns überhaupt nicht. Es ift ein höchft unglücklicher Ausdruck, und ih bedaure, daß Professoren selbft zu diesem Ausdruck gegriffen haben. Ich vermuthe, sie werden das noh einmal sehr bedauern, denn sie können für sich selbs garnichts Un- günstigeres und Ungeschickteres thun, als irgend einen Profeffor in Preußen als Strafprofessor zu bezeihnen. Meine Herren, diese sogenannten Strafprofessuren existieren niht: alle Professuren werden von der Unterrichtsverwaltung aus beseßt auss{ließlich nach dem Gesichtspunkt des wissenschaftlihen Bedürfnisses. So ist es auch in Bonn und in Marburg der Fall gewesen, wie ich das noch näher beweisen werde. Aber in welche Lage wird ein Professor, der in eine Fakultät berufen wird, gebraht, wenn man ihm sofort mit diesem Ausdruck „Strafprofessor“ ins Gesicht springt! Meine Herren, man erschwert damit die Stellung des Mannes, man beeinträchtigt seine Wirksamkeit von vornherein, und man wirft au ein höchst bedenk- lihes Licht auf diejenigen Professoren, welhe der Universität bis dahin {on angehört haber,
Ich lehne es durhaus ab, daß die Berufung, von der hier Herr Abg. Dr. Friedberg in Bezug auf Bonn und auc in Bezug auf Mar- burg gesprohen hat, irgendwie einer bedauerliten Schwäche auf meiner Seite entsprungen wäre. Sie ift überhaupt niht aus Shwäche entsprungen, sondern aus einem ganz ftarken ausgeprägten Pflicht- bewußtsein ; sie ift niht eine Mißachtung der Wissenschaft gewesen, au nicht ein Eingriff in die akademische Lehrfreiheit, sondern der Grund dieser Berufung war die nothwendige Berücksichtigung des Ver- bältnifses, in welhem die theologish-evangelishen Fakultäten unserer Universitäten auch zu der evangelischen Landeskirche steben, deren theologi- {hen Nachwuchs sie vorzubilden haben, und ih muß darauf halten, daß auch diese Pflicht und diese Aufgabe unserer evangelish-theologischen Fakultäten von ihnen nicht aus dem Auge geseßt wird. (Sehr richtig! rets.)
Meine Herren, ich bin ein ausgesprochener Vertreter der aka- demischen Lehrfreiheit au für die theologischen Fakultäten. Ich habe mich durch wiederholte Prüfung davon überzeugt: es giebt keine Formel auf dem Gebiete der Wissenschaft, wodurch man etnen Lehr- ¡wang rechtfertigen könnte. Ih brauße dabei niht zu bemerken, daß i die theologisch-katholishen Fakultäten hier völlig aué\cließe. Die katholische Kirche steht anders, sie hat die Lehr- autorität in ihr Dogma genommen, und damit ist diese Frage für sie ein für alle Mal ausgeschlossen.
Nun ist es ganz anders auf dem Gebiete der Reformation ; das fann gar keinem Zweifel unterliegen, daß eine der tiefsten Differenzen der Reformation gegenüber der Lehranschauung der katholischen Kirche davon ausging, daß auf evangelishem Gebiete dem Einzelnen eine Gewissensprüfung der Dinge, die er glauben und auf die er sein zeit- lihes und ewiges Heil stellen will, überlassen worden ift, und daß das eines unserer größten Rehte und na evangelisher Auffassung auch eines der größten Güter ift, welhes wir haben, und dafür werde ih au eintreten.
Meine Herren, der Abg. Dr. Friedberg hat ganz rihtig hervot- gehoben, daß der leitende Gesichtspunkt der Unterrihtsverwaltung bei der Beseßung der theologisch - evangelischen Professuren der ift, die vershiedenen Richtungeu innerhalb der evangelischen Theologie — nota bene soweit fie überhaupt wissenschaftlich legitimiert find — zur Geltung zu bringen und eine justitia distributiva zu üben, \o- daß an den Universitäten nit nur die eine Richtung vertreten ift, fondern daß die Studierenden in die Lage gebraht werden, auch die anderen Richtungen zu hören und selb zu prüfen und \sich zu ent- scheiden, wohin sie sih stellen wollen. Meine Herren, das ift nit ein Eingriff in die Lehrfreiheit, sondern es ift die nothwendige Grgänzung der Lehrfreiheit. Wenn ih einseitig und lediglich nach dem Willen der überwiegend von einer Richtung beherrshten theologishen Fakul- täten die Professuren beseßen wollte, so würde ih buchstäblih einen Lehrzwang an den einzelnen Universitäten herstellen, und das will ich nit ; deshalb habe ich diese Maßregel ergriffen und habe da, wo es nöthig ist, unter Umständen au unter dem Widerspruch der Fakultät, eine Kraft anderer Richtung hingestellt — allerdings, nahdem ih mi überzeugt habe, daß sie wissenshaftlih vollkommen legitimiert if und daß die Einwendungen, die die Fakultät gemacht hat, unbegründet sind.
Nun, meine Herren, es ift thatsächlich so bei uns, daß einzelne Fakultäten wesentlich für das Bedürfniß der Landeskirche, in deren Bezirk sie liegen, zu sorgen haben, Bonn unter anderem für das Bedürfniß an Geistlihen der Provinzialkirhe von Rheinland und Westfalen. Nun hatte \sich in Rheinland und Westfalen heraus gestellt, daß man nicht bloß in geiftlihen Kreisen, sondern überhaupt in der Provinz nah gewissen Personalveränderungen, die in der Bonner theologischen Fakultät vorgekommen waren, nicht mehr das Vertrauen zur Fakultät hatte, wie es wünschenswerth ist, niht mehr das Vertrauen, um foviel Studenten der Theologie nah Bonn zu
shicken, wie für die Provinzialkirhe wünschenswerth (war. Jn Bonn