1896 / 60 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Sachsen.

Seine Aae oheit der General-Feldmarschall Prinz Georg von achsen beging gestern die Feier seines 50 jährigen Dienstjubiläums. Aus dieser Veranlassung irugen sämmiliche Militär- sowie viele öffentlihe und private Gebäude Dresdens Flaggenshmuck. Jn dem Palais des Prinzen Georg brachten früh 8 Uhr die Kapellen des Jnfanterie- Regiments Nr. 106 und des Schüßen-Regiments Nr. 108, deren Chef der Prinz ist, eine Morgenmusik dar. Noch bevor die offizielle Beglückwünschungscour begann, brachten Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der ErzherzogOtto von Oesterreih und die Mitglieder der Königlichen Familie ihre Glückwünsche dar. Ersterer überreichte dabei ein Hanel Seiner Mazestät des Kaisers von Oesterrei t durch den General-Adjutanten, Kommandanten des Haupt- quartiers, General-Lieutenant von Plessen dem Prinzen gleich- falls ein Handschreiben überreichen. Seine Majestät der König hat den Beizen in Würdigung seiner großen Verdienste à la suite des Garde-Reiter-Regiments und des 1. Sächsischen uft cle Sée 08+ Nr. 12 gestellt. Der Kriegs-Minister, eneral-Lieutenant Edler von der Planiy überreichte im Namen der sähsishen Armee einen silbernen Tafel- aufsag. Um 9 Uhr begann die Beglückwünschung, welche bis nah 4 Uhr dauerte und nur durch den Kirchgang des Prinzen und Höchstdessen Theilnahme an der großen Narolenusgabè auf dem Theaterplaß unter- rohen wurde. Zur Paroleausgabe erschien der E Georg mit dem Erzherzog Otto; bei derselben brahte General- Lieutenant von Kirhbah ein Hoh auf Seine Königliche Poueit aus. Abends 51/4 Uhr war im Residenzschlosse alatafel, an welher 162 Personen theilnahmen. Um 81/7 Uhr Abends fand auf dem Königlichen Belvedere eine ge- sellige Vereinigung von etwa 300 Personen, meist Offizieren, statt, zu welher auch Secine Majestät der König erschien.

Braunschweig. Jhre Königlihen Hoheiten der Prinz Albrecht von E Regent des Herzogthums Braunschweig, und die rinzessin Albrecht sind, wie „W. T. B.“ berichtet, heute früh von Braunschweig zu mehrwöchigem Aufenthalt nah dem englishem Seebad Bournemouth abgereist.

Oesterreich-Ungarn.

Der Minister des Aeußern Graf Gol uchowski ist in Begleitung des Kabinetschefs von Merey heute früh 7 Uhr 40 Minuten von Wien über Oderberg nah Berlin abgereist.

Der Wahlreformausshuß des österreichischen Abgeordnetenhauses hat die Regierungsvorlage, betreffend die Abänderung des Staatsgrundgeseßes, angenommen, nahdem alle dazu gestellten Abänderungsanträge abgelehnt worden waren.

Großbritannien und Jrland.

Die Königin ist, wie „W. T. B.“ aus London berichtet, heute Vormittag nah Nizza abgereist.

Vor seiner am Sonnabend angetretenen Rückreise nah Prâätoria stattete der Staatssekretär der Südafrikanischen Republik Dr. Leyds in Begleitung des General-Konsuls White dem Staatssekretär der Kolonien Chamberlain im Kolonialamt einen Besuch ab.

Frankreich.

Der Präsident Faure hat gestern früh Marseille verlassen und ist heute früh in Paris eingetroffen. Unterwegs machte der Präsideni, außer in anderen Städten, auch in Aix Halt, woselbst er die Spißen der Behörden und den Erzbischof empfing. Jn feiner Ansprache versicherte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Erzbischof die Ergebenheit des französischen Klerus dem Vaterlande seenver; er gab dem Wunsche Ausdruck, der Präsident wolle, soweit es ihm mes sei, alles Böse ver- hindern und alles Gute thun, und {loß damit: die Mission desjenigen, der der Erste unter den Franzosen sei, sei die, der Diener aller Franzosen zu sein.

In der Budgetkommission erklärte vorgestern der Finanz-Minister Doumer, die Regierung beharre auf dem

inkommensteuer-Geseßentwurf. Sie werde keinen anderen Entwurf einbringen. Die Kammer müsse entscheiden. Die Kommission beschloß sodann, ihren Beschluß der Kammer heute vorzulegen.

Der Kriegs-Minister Cavaignac empfing am Sonn- abend den Boriihendei der Armee-Kommission, beharrte jedoch auf seiner Weigerung, die Ansicht des Obersten Kriegsraths über die Reorganisation des XIX. Armee-Korps mitzutheilen. Die Kommission beschloß, aus der Weigerung des Kriegs- Ministers feinen Streitfall zu machen, und wird diese That- sache in ihrem Bericht erwähnen. Ferner beschloß die Kom- mission, das XIX. Armee-Korps beizubehalten und dem Kriegs- Ministerium eine Kolonial-Armee mit gesonderter Verwaltung zu unterstellen.

Die Deputirtenkammer bewilligte in ihrer vor- gestrigen Sthunn einen Kredit von 315 Fr. zur Entschä- digung der Opfer aus den Unruhen zu Paris im Juli 1893 und zu Lyon im Juni 1894, sowie aus der Explosion im Restaurant Foyot.

Rußland.

Ein Kaiserlicher Ukas verfügt die Stiftung einer Gedenk- münze zur Erinnerung an Kaiser Alexander II. für alle Mitglieder der Geistlichkeit, Militärpersonen und Zivilbeamte, welche unter der Regierung Alexander's 1IT. ge- dient haben.

Der General Sourowzew ist, wie „W. T. B.“ erfährt, zum Gouverneur von Livland ernannt worden.

Die „Nowoje Wremja“ hat eine Subskription eröffnet zur Bestreitung der Kosten für die Entsendung einer Abthei- lung der Gesellschaft vom Rothen Kreuz an Menelik nach Abessinien.

Ftalien.

__ Eine von der „Agenzia Stefani“ veröffentlihte Note kündigt an, der König habe gestern Abend um 7 Uhr den Auftrag zur Kabinetsbildung dem General Rico tti ertheilt. Die „Agenzia Stefani“ fügt hinzu, Ricotti werde sih alsbald mit dem Marchese di Rudini ins Einvernehmen segen, welchem er die Präsidentschaft abtreten werde. an nimmt an, daß das Kabinet heute werde gebildet werden. Brin werde an der Bildung des Ministeriums theilnehmen.

. “Seine Majestät der Deutsche Kaiser ließ

Die „Agenzia Stefani“ veröffentlicht ferner eine Liste mit den Namen von 189 Offizieren, welhe in der Schlacht bei Adua am 1. März mit dem Leben davongekommen sind, außerdem die Namen von fünf gefangenen Offizieren, nämlich des Obersten Nava, des Oberst-Lieutenants Galliano, zweier Hauptleute und eines Lieutenants.

Spanien.

Die patriotischen Kundgebungen dauern, wie dem „W. T. B.“ aus Madrid berichtet wird, in ganz Spanien fort. Viele Personen bieten der Regierung für den Kriegsfall Geld an. Jn der Provinz ist eine Subskription eröffnet worden, um dem Staat den Betrag für ein neues Kriegs\chiff ur Verfügung zu stellen. Die Bischöfe Mineriia sih an der Bowegüne Seit der Schließung der Universität herrscht in Madrid vollständige Ruhe. : :

Aus Valencia, Barcelona und Cadix werden weitere gegen die Vereinigten Staaten gerichtete Demon- strationen gemeldet. Jn Valencia wollte gestern eine Volks- menge eine Manifestation vor dem amerikanischen Konsulat veranstalten, fand jedoch den Weg durch die Polizei versperrt. Es fam zu cinem Zusammenstoß, bei dem mehrere Personen, darunter ein Gendarm, verwundet wurden. Der Be- aner Fngers stand wurde proklamiert. Jn Barcelona fand am Freitag Abend in einem Theater eine größere Kundgebung statt: man rief: „Nieder mit den Vereinigten Staaten!“ Die Ruhestörer durGaogen hierauf die Straßen ; Polizei und Gen- darmerie stellten die Ordnung wieder her. Gestern Abend fand daselbst eine weitere Ruhestörung statt, als das Publikum das Theater verließ. Die Polizei griff die Menge auf dem Katalonishen Plaße an; mehrere Personen wurden leicht verwundet. Jn Cadix veranlaßten vorgestern die dortigen Studenten einige Ruhestörungen, sodaß die Polizei sih ver- anlaßt sah, einzuschreiten. Mehrere Leute wurden dabei verwundet.

Türkei.

Der frühere Minifter des Auswärtigen Turkhan

Pascha ist, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel meldet, zum Vali von Kreta und der Staatsanwalt des Staatsraths Zanko Effendi, ein Griehe, zu dessen Rath ernannt worden. _ Außer dem ehemaligen Botschafter Zia Pascha und Karatheodory Effendi wurden zu Mitgliedern der zu den Krönungsfeierlichkeiten nah Moskau zu entsendenden Mission auh der Chef der Militärkanzlei, Divisions-General Schakir Pascha, Kammerherr Faik Bey, cin Sekretär und ein Adjunkt designiert. Ì

Der frühere Oberst - Stallmeister und Divisions - General Jzzet Pascha, welcher dur kriegsgerichtlihes Urtheil im Dezember vorigen Jahres degradiert und nah Missal verbannt worden war, is begnadigt und zum Kommandanten der Kavallerie-Division in Aleppo ernannt worden.

Amerika.

Die „Times“ berichtet aus Washington, daß viele Senatoren jeßt erklärten, der Kongreß habe in der Cuba- Angelegenheit genug gethan; alles Weitere müsse dem Präsi- denten Cleveland überlassen werden.

Aus Havanna wird gemeldet, der Oberst Vienna habe die Aufständischen unter Maceo geschlagen ; 72 Insurgenten seien getödtet worden, die Spanier hätten 22 Verwundete gehabt.

Afrika,

Die „Agenzia Stefani“ erfährt aus Massowah vom 7. d. M,., der General Baldissera habe den Major Salsa zu dem Negus Meneslik gesandt, um von diesem die Erlaubniß u erbitten, die in dem Gefechte am 1. d. M. auf italienischer Seite Gefallenen beerdigen lassen und über die Zahl und die Namen der italienishen Gefangenen Erkundigungen einziehen zu dürfen. y L:

Eine in Rom eingetroffene Privatdepeshe aus Massowah meldet, der Major Prestinari, der Kommandant des Forts Adigrat, habe am 2. März telegraphiert, er sei entschlossen, das Fort bis zur leßten Möglichkeit zu halten, und hinzugefügt : er T Lebensmittel für einen Monat und hoffe, diese Frist noch verlängern zu können, indem er alsbald die Rationen vermindert habe. Wenn er am 1. d. M. Abends oder am 2. d. M. früh die Niederlage von Adua gekannt hätte, so würde sich von einem Rückzuge nah Mahio oder Aufila oder Zula haben reden lassen. Jeßt sei das jedoch unmöglich, und es seien mehr als 300 Kranke in Adigrat eingeschlossen. Die Rebellen befänden sich einige Kilometer von dort. Er habe reihlihe Munition. Die Nation brauche nicht besorgt zu sein, die Truppen würden ihre Pflicht thun bis zum Tode.

Ueber die Schlacht bei Adua werden römischen Blättern noch weitere Einzelheiten gemeldet. So berichtet der „Corriero della Serre”:

__ Die Brigade Dabormida, welche zum großen Theil bereits ver- nichtet gewesen sei, habe trozdem bis zum Abend Widerstand geleistet und so den Feind an weiterem Vordringen verhindert. Der General Dabormida sei inmitten seiner Soldaten, von Schüssen durhbohrt, efallen. Das Beispiel der italienischen Truppen habe den Muth der

sfaris belebt. Die Alpenjäger, welhe vom Obersten Nava komman- diert worden seien, hätten Wunder der Tapferkeit vollbraht. Der Oberst-Lieutenant Melini sei mit dem Ausruf gefallen: „Vorwärts, meine Alpenjäger !* Die Krieger von Amara, welhe grausam und diebisch seien, hätten die Verwundeten niedergeftohen und fie dann geplündert; den verwundeten Askaris seien Hände und Füße abgeschnitten worden. Die im Feuer stehenden Batterien seien vernihtet worden.

Alle Offiziere der Batterien der Brigade Arimor.di seien im Kampf efallen. Als die italienischen Truppen in Saganeiti angelangt, hätten ie ih in beklagenëwerthem Zustand befunden infolge des langen Nük- marsches, auf welhem sie dur die Reiter der Gallas bis Maimarat verfolgt wurden ; dort seien leßtere dur die Brigade di Broccard zurück- geshlagen worden. Die Gallas hätten darauf die Bagage in Mainer- gas angegriffen und fie untereinander getheilt. Man glaube, daß der General Arimondi todt oder gefangen sei. Andere Details betreffen die von dem General Albertone befehligte Eingeborenen- Brigade, welhe in das feindlihe Lager eindringen sollte, um die Abessinier vom Schlachtfelde abzuziehen. Die Brigade habe jedoch, von sehr starken feindlihen Kräften bedrängt, nach zweimaligem An- griff zurückzehen müssen. Bei diesem Rückzug sei die Brigade Alber- tone in einen Engpaß gerathen, wo die anderen zur Unterstüßung der Brigade vorgesandten italienishen Truppen aus Mangel an Play sich nicht hätten entwideln fönnen. Die Folge davon sei gewesen, daß die Höhen von den Schoanern beseßt worden seien. Hätten statt dessen die weißen Truppen die Stellungen rechtzeitig beseßt, so würden die Italiener siegreich gewesen jein. Man Habe geglaubt, vermöge der größeren Manövyrierfähigkeit und der besseren Ordnung zu siegen. 20 von den gefangenen Offizieren, darunter Oberst- Lieutenant Galliano, seien nach Schoa gebracht worden. Andere Depeschen melden, daß am Tage der Schlacht 113 Bagage- wagen von zwei Kompagnien Schoanern bei Sauriat geplündert worden seien, daß aber die Munition, welhe auf Maulthiere verpackt

war, gerettet worden sei. Die Schoaner hätten Feuer auf die Kranken- träger-Kolonnen abgegeben und auf Aerzte und Verwundete ges{ofsen. In der Schlacht habe die Stärke der Abessinier 100 000 Mann gegen 15 000 der Italiener betragen. Außer den Brigaden Albertone und Dabormida, welche sich ausgezeichnet geschlagen hätten, seien die zu sehr zusammengedrängten Truppen überrascht worden und mit Ausnahme der Alpenjäger des Obersten Nava unterlegen. Der Oberst-Lieutenant Galliano sei durch einen Säbelhieb verwundet worden. Prinz Chigi sei gefallen, als er den General Albertone habe s{üßen wollen.

Die „Trib una“ erfährt aus Massowah:

Es bestätige sib, daß die Brigade Dabormida und namentli das Regiment Ragni in der Schlacht am 1. M. heroishen Wider- stand geleistet habe. Die Brigade habe drei ungestüme Angriffe mit dem Bajonett gemaht. Ein Offizier, welher aus der Schlacht zu- rüdgekehrt sei, habe erzählt, daß bei dem leßten der erwähnten Bajonettangriffe die Brigade über die Stellung der Schoaner hinaus VOLIET Es sei und eine Menge das Feld bedeckender Leichen ge- funden habe, sodaß die Italiener nah dem Anfsturm an den Sieg geglaubt und die Soldaten in den eroberten Stellungen ihre Käpis und Taschen- tücher auf die blutigen Bajonette gesteckt hätten und in Hurrahrufe ausgebrochen seien. Der General Dabormida habe niht den Versuch machen föônnen, den errungenen Vortheil auszunugßen, weil die unter Befehl des Hauptquartiers stehenden Truppen sich hätten zurückziehen müssen. Die Artillerie des Generals Dabormida habe fast alle Munition ver- schossen gehabt, die für jedes OUSEE auf 130 Schuß berechnet gewesen sei. Als die Schoaner in stärkerer Zahl zurückgekehrt seien, sei die Artillerie vom Feinde umringt worden, während die italienischen Truppen die Kanonen auf die Maulesel geladen hätten. Die Jn- fanterie habe aufs neue Widerstand geleistet; da ihr aber Unterstüßung vom Zentrum gefehlt habe, sei fie von den an Zahl überlegenen feind- lihen Streitkräften umzingelt worden und habe furchtbare Verluste erlitten. Bis zum leßten Augenblick habe der General Dabormida bewundernêwerthe Festigkeit und Kaltblütigkeit gezeigt. Die Ueberlebenden seiner Brigade hätten sich nicht zerstreut, bis sie fast gänzlih niedergemacht gewesen seien. Nur wenige seien unverwundet geblieben ; die Offiziere seien von dem Feind besonders aufs Korn ge- nommen worden. Die Schoaner seien kriehend bis unter die Kanonen vorgerückt, hätten sih dann aufgerichtet und auf die Offiziere geschossen. Die Artillerie Aldertone’s habe über 1000 Schuß abgegeben. Die mit Sizilianern bemannten Batterien bätten sih ebenfalls äußerst muthig geschlagen, nur ein Offizier dieser Geshüße sei unverfehrt geblieben; ebenso habe sich von den drei einheimischen Batterien nur ein einziger, aber ebenfalls verwundeter Offizier retten können. Die Depesche der „Tribuna*“ fügt hinzu, die Schoaner seien seit dem 1. März nicht vorgerückt. Die Führer der Schoaner, namentlih Nas Alula und Ras Mangafcha, drängen in den Negus, den Krieg bis aufs äußerste fortzusezen, dagegen wünschten die Soldaten und die Unterführer, in die Heimath zurückzukehren. Von Kassala aus würden die gewöhnlihen Einfälle von Reiterei gemeldet; es scheine indessen, als ob das Korps Ghedaref’s Zuwachs erhal. Man glaube, daß General Baldifssera von Asmara aus im Anmarsch sei, um für Kafsala wie für Adigrat Vorsorge zu treffen.

Aus Prätoria berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß zwischen dem Präsidenten der Südafrikanischen Republik Krüger und dem Präsidenten des Oranje-Freistaats Steyn ein Austaush herzliher Begrüßungen stattgefunden habe. Der Präsident Krüger habe Steyn zu seiner Wahl zum Präsidenten des Oranje - Freistaats beglückwünsht und dabei die cngere Verbindung zwischen beiden Republiken g die sich in natürliher Weise aus den eßten Ereignissen entwickelt habe, und die Hoffnung aus-

esprochen, daß die zwischen beiden Ländern bestehenden Bande ih na enger shlingen möchten. Der Präsident Steyn habe sih in seiner Antwort den Wünschen des Präfidenten Krüger angeschlossen.

In Johannesburg ist am Freitag ein Mann, Namens Schuhmacher, der in dem Prozeß gegen das Reform- Comité als Zeuge auftreten sollte, sein Zeugniß aber ver- weigerte, verhaftet worden. Für seine Entlassung aus der Haft werden 2000 Pfd. Sterl. verlangt. Es verlaute, Schuh- macher beabsichtige, Transvaal. zu verlassen, um seine Ver- nehmung als Zeuge zu vermeiden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die vorgestrige Sißung des Reichstags und der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden fich in der Ersten Beilage.

In der Fung (55.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, fortgeseßt, und zwar bei der Frage der Konzessionspflichtigkeit des Kleinhandels mit Bier.

Abg. Dr. Schä dler (Zentr.) beantragte, den Kleinhandel mit Bier unter 8 33 der Gewerbeordnung zu stellen, d. b. ebenso wie die Gast- und Schankwirthschaften konzessions- pflichtig zu machen.

Nach der Vorlage sollte der Kleinhandel mit Bier glei dem Betrieb des Droguenhandels untersagt werden können, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Lever erei! des Gewerbetreibenden in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb darthun.

Abg. Noesicke (b. k. F.) beantragte, diese Vorschrift nur für den Kleinhandel mit Bier vom Faß zu erlassen.

Bis zum Schluß des Blattes nahmen hierzu das Wort die Abgg. von Holleuffer (dkons.) und Roesicke (b. k. F.).

__— Das Haus der Abgeordneten seßte in der heutigen (38.) Sizung, in welcher der ap ee Dr. Miquel und der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse zugegen waren, die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal - Angelegenheiten bei dem Kapitel „Elementar-Unterrichtswesen“ fort.

Abg. Herold (Zentr.) wiederholte seinen im vorigen Jahre ausgesprohenen Wunsch, daß im Münsfterland statt der beiden frei- elafsenen halben Schultage wieder wie früher der Mittwoch ganz reigegeben werde. Daß der Minister den Wünschen der Gemeinden nicht willfahren wolle, zeige die Omnipotenz des Staats auf dem Gebiet der Schule und beweise, daß die Schulverwaltung nah der reinen Staatsshule strebe. In der Gehaltéfrage der Lehrer be- stehe ein fortwährender Kampf zwischen den Gemeinden und der Staatéverwaltung; die Schule müsse in erster Linie eine Gemeinde- sache sein, das Eingreifen des Staats in die Rehte der Gemeinde errege nur Unzufriedenheit. Die Schullasten der Gemeinden feien groß, die Steuerreform habe den Gemeinden nicht den Vortheil ge- bracht, den man erwartete.

Geheimer Ober-Regierungs Rath Brandi: Die Regierung hat den sculfreien Mittwoh im Regierungsbezirk Münster aufgehoben, damit au dort dieselben Verhältnisse Pocri@ben: wie in der ganzen Monarchie. Wenn zwei Nachmittage frei bleiben, läßt sich die Zahl der Unterrichtéstunden in der Woche besser vertheilen. Ein besonderer Grund für eine andere Einrihtung im Münsterland besteht nicht.

. Brandenburg (Zentr.) «meinte, daß der s{hulfreie Mitt- woh A Münsterland als eine E Einrichtung dur lange Gewohnheit Existenzbere(tigung erlangt habe. :

Abg. Glattfelter (Zentr.) beklagte, daß den Seminarlehrern der Rücktritt in den Volksschuldienst dadurh ershwert werde, daß ibnen die Dienstzeit als Seminarlehrer nit angerechnet werde. Nur den Seminar - Hilfslehrern, welhe in die Stellen der ordentlichen Seminarlehrer aufgerückt seien, werde diese Dienstzeit von den Gemeinden angerehnet. ; N :

Ministerial-Direktor Dr. Küg ler erklärte, daß ih die bemän- gelten Verhältnisse schon mehr und mehr bessern, und wo eine be- sondere Härte vorgelegen, habe die Negierung immer durch Einwirkung auf die Gemeinde günstige Erfolge erzielt. /

Abg. Knörcke (fr. Volksp.) bemerkte, daß im Regierungsbezirk Cassel noch keine geregelten hulverhältnifse beständen. Lutheraner und Reformierte ständen \sih {rof gegenüber. Wenn ein Reformierter eine Lehrerstelle baben wolle, werde seine Anstellung von einer Er- flärung dahin abhängig gemacht, daß er seine Zugehërigkeit zur evan- elishen Kirche ausspreche, dabei aver nach wie vor reformiert bleibe. Es sollten dort Schulverhältnisse eingeführt werden nah dem Muster des 1817 erlassenen nassauishen Edifts, das vom Kaiser Friedrich warm empfohlen sei. Besonders mißlich_ sei auch die gegenwärtige Beseßung des Schulvorstandes, an dessen Spiße in den meisten Fällen der ohnehin shon überlastete Landrath stehe.

Ministerial-Direktor Dr. Kügler: Es wäre doh nicht zweck- mäßig, auf ganz andere Verhältnisse zugeshnittene Bestimmungen 10 ohne weiteres in dem Regierungsbezirk Caffel einzuführen. Beschwerden von Gemeinden oder Lebrern aus diesem Landestheil find nicht zu unserer Kenntniß gekommen. Die Entschädigungen der Lehrer für den Kircen- dienst sind zu gering, diesem Uebelstande soll aber durh das Lehrer- besoldungsgeseß abgeholfen werden. Die Beseßung der Schulvorstände is eine s{wierige Frage. Der Ober-Präfident ift jeßt mit ihrer sung in einer die Bevölkerung befriedigenden Weise beschäftigt.

Abg. Letocha (Zentr.) kam auf die Schulverhältnisse in Ober- {lesien zurück und bestritt, daß dort eine frehe und unvershämte großpolnishe Agitation vorhanden fei. Eine solhe Agitation könne doch nur auf die Errichtung eines selbständigen Polenreiches gerichtet sein; die oberschlesishe Bevölkerung fei aber gut deutsch und patriotisch.

Abg. von Eynern (nl.) bemängelte die Verschiedenheit der

Swulferien der Volkéshule in den westlichen Provinzen ; die Re- gierungsbezirke Köln und Koblenz hätten 63 Tage, Aachen 64, Düsseldorf aber nur 54 Tage; die Negierung möge auch für Düsseldorf eine längere Ferienzeit festseßen. Redner malte sodann auf die Disparität aufmerksam, daß in den leßten beiden Jahren von dem Fonds für Zuschüsse an unvermögende Ge- meinden zu Schulbauten 2235 000 auf die (Fvangelishen und 1716 000 M auf die Katholiken entfallen sind, das heißt pro Kopf der Bevölkerung 11 4 auf die Evangelischen, 17 „H auf die Katholiken. L

Abg. Neubauer (Pole) bemerkte, daß die Erklärung des Ministers rom Sonnabend Mißstimmung hervorgerufen habe. Die Mutter- sprache gehôre au zu den böchsten und heiligsten Gütern, deren Schuß und Pflege von Allerhöchster Stelle proklamiert worden sei. Der Religionsunterriht müsse in der Muttersprahe ertheilt und der polnishe Sprachunterriht auch auf den Seminarien und Präparanden- anstalten berücksichtigt werden. i i

Abg. Dr. Sattler (nl.): Ih habe {hon im vorigen Jahre auf Grund sachverständiger Mittheilungen nachgewiesen, daß in Ober- {lesien der Religionsunterriht der oberen Stufen in deutscher Sprache ertheilt werden muß. Ein Unterricht in polnisher Sprache würde hier denselben Werth haben, wie der in einer fremden Sprache. Diese Thatsache ist abgeleugnet, aber niht widerlegt worden. Wir er- flären wie im vorigen Jahre, daß wir die von der Regierung in Oberschlesien befolgte Schulpolitik für die richtige halten.

(Schluß des Blattes.)

Die Kommission des Reichstags zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Zuckersteuer, besteht aus folgenden Mitgliedern: Göß von lenhusen, Vorsißender; von Puttkamer - Plauth, Stellvertreter des Vorsißenden; Gerstenberger, Müller (Fulda), Rimpau, Schippel, Schrift- führer; Bock (Gotha), Graf von Carmer, Ehni, Hische, Klemm (Müblhausen), Klose, Dr. von Komierowski, Meyer (Danzig), Dr. Paasche, Pingen, Richter, Graf von Schwerin-Löwiy, von Staudy, Wattendorf und Zubeil.

Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Geseßes, betreffend die Aufhebung der im Geltungsbereih des Rheinischen Rechts bestehenden Vorschriften über die Ankündigung von Geheimmitteln, zugegangen.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Börsen-Zeitgeschäfte in erheblihem Umfange zwischen einem Banquier und einem in bescheidener Amtsstellung befindlichen Subalternbeamten sind, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1. Zivilsenats, vom 22. Januar 1896, als unklagbare Disfferenz- geshäfte zu erahten, wenn ein thatsähliher Anhalt für die An- nahme, _ der Beamte ein für Effektengeshäfte des erwähnten Um- fanges entsprehendes Vermögen besitzt, fehlt. Erfährt der Banquier erst während des Geschäftsverkehrs mit dem Beamten die Berufs- und Gehaltsverhältnisse desselben, so sind denno die vorher abgeshlofsenen Börsenzeitgeshäfte als Differenz- geschäfte zu erahten, wenn der Banquier troß der erlangten Kenntniß ohne Anstand den bisherigen Geschäftsverkehr mit dem Be- amten fortsezt. Der Ober-Telegraphen-Assistent W., welcher ein Monatsgehalt von 200 # bezog und ein gegen Sn besaß, äußerlih aber durch elegante Kleidung und gelegte ves Auftreten im Reitanzuge \sich den Schein eines wohlhabenden Mannes gab, trat mit einem Bankgeschäft in Berlin in Geschäftéverbindung, ohne zunächst seine Berufs- und Gehaltsverhältnisse dem Vertreter des Bankgeschäfts miizutheilen. Er deponierte 200 Pfd. Sterl. mexikanische Anleihe und noch einige Werthpapiere im Gesammtwerthe von etwa 4000 bei dem Bankgeshäft, und der Vertreter desselben ließ \ih mit W. in Börsen-Zeitgeshäfte im monatlihen Umfange von 100 000 A und mehr ein, ohne sich über die Vermögensver ältnisse des W. zu informieren. Nachdem dieser Geschäftsverkehr 3 bis 4 Wochen gedauert hatte, erhielt der Vertreter des Bankgeschäfts von der Stellung und dem Gehalt des W. Kenntniß, nichtsdestoweniger lepte jener in unveränderter Weise den Geschäftsverkehr mit W. fort.

. gerieth bei den Börsengeschäften in beträchtlichen, das Depot von etwa 4000 4 übersteigenden Verlust, und das Bankgeschäft mate sih aus dem Depot theilweise bezahlt, da W. gar nicht in der Lage war, seine Differenzen in anderer Weise zu decken. Nunmehr klagte W. gegen das Bankgeschäft auf Herausgabe der deponierten Effekten nebst Kupons, und er erstritt in der Berufungs- instanz ein obsiegendes Urtheil, indem diese sämmtliche Börsengeschäfte des W., auf die in den ersten 3 bis 4 Wochen, als reine Differenzgeshäfte erachtete. Die Revision des Beklagten wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Zwar ist die Möglichkeit zuzugeben, daß auch ein in be- sheidener Amtsstekllung befindliher Subalternbeamter ein erhebli Privatvermögen besitzen kann; allein eine thatsählihe Vermuthung das Vorhandensein eines solhen Vermögens in den Händen eines Beamten dieser Stellung besteht niht und kann auch nicht darauf gegründet werden, daß derselbe den Besiß von Werth- papieren im Gesammtwerth von 4000 dokumentiert, ih elegant leidet und gelegentlich im RMReitanzug zeigt. er Banquier, der sich mit einem Ober-Telegraphisten mit 200 46 Monats- gehalt in Zeitgeshäfte im monatlichen Umfange von 100 000 „e und mehr einläßt, ohne si darüber informiert zu haben, daß sein Gegen- kontrahent ein solhen Geschäften entsprehendes Vermögen besitze, kann dies nur in dem Bewußtsein thun, daß das, was er von den

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Verhältniffen seines Gegenkontrabenten weiß, die Erwartung effektiver

Grialeng e geiollenen ‘Gehäste, nit  rechtfertigen ae en beabsich i i ä

blicken IaMt e Ia/DE en {luß reiner Differenzgeschäfte

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

__ Dem Eigenthümer eines Forfstgrundftücks darf, na

einem Urtheil des Dber-Verwaltungégerihts, VI. Senats, S vom 19. September 1895, unter keinen Umständen als fteuerpflihtiges Einkommen der Werth oder Erlös solchen Holzes angerechnet werden, welhes gegen seinen Willen vom Stamm getrennt worden ist oder infolge Beshädigung dur Windbruch oder andere elementare Ereignisse zur Vermeidung weiterer Verluste ge - (ages werden muß. „Denn wenn die Bäume eines Forst- grundstücks in wirthschaftliher Beziehung ohne jeden Unterschied be- züglih ihres Alters und ihrer Größe so lange zur Substanz des Grundstücks gehören, bis sie durch einen Aft wirthschaftlicher Thätig- keit des Eigenthümers die Eigenschafi von Früchten des Grundstüdcks annehmen, so kann es feinem Zweifel unterliegen, daß eine Vernichtung oder Beschädigung der Bäume, welhe vor diesem Zeitpunkt eintritt, sie nicht als Früchte, sondern als Substanztheil des Grundstücks trifft. Der Erlös für Bäume insbesondere, die vor diesem Zeitpunkt infolge von Windbruh niedergelegt sind oder so be- schädigt waren, daß sie geschlagen werden mußten, stellt daher stets, seite, ob die Bäume nach forstwirthshaftlihen Grundsäßen chlagreif waren oder nicht, für den Eigenthümer ein Entgelt für einen Theil der Substanz des Grundstücks, bezw. des Holzbestand- kapitals, nicht aber cin folhes für geerntete Früchte dar. In dem vorliegenden Fall fehlt jeder Anhalt für die Annahme, daß der Be- „\chwerdeführer vor dem Sturm auch nur über einen Theil des Holzes auf den davon betroffenen Parzellen ha eine, deren Eigen- haft als Substanz des Grundstücks ausshließende Verfügung ge- troffen hätte. Es muß daher seiner Auffassung, daß kein Theil des aus dem Windbruch erzielten Erlöses seinem fteuerpflihtigen Ein- kommen hinzugerechnet werden darf, beigetreten werden“ (VI. A. 704.)

Zu den auf besonderen Nechtêtiteln beruhenden Lasten, welche nah § 913 des Einkommensteuergeseßes bei der Steuerveranlagung vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, gehört, nach einer Ent- scheidung des Ober-Verwaltungsgerihts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 17. Oktober 1895, das Ausgedinge, welhes mit seinem vollen Werthe nah Maßgabe der dem Steuerpflichtigen obliegenden Ver- pflihtung abgezogen werden kann, ohne Rüdcksiht darauf, ob einzelne Leistungen, mit oder ohne Zustimmung des Be- rechtigten, thatsächlich garniht oder in anderer, als der durch den maßgebenden Rechtstitel bestimmten Form gewährt werden. „Dies folgt {on mit Nothwendigkeit aus der Art der Berehnung für das Steuerjahr, also für die Zukunft. Wenn feststehende Einnahmen, z. B. Ztnsen und Miethen, regelmäßig mit dem vorbedungenen Betrage, ohne Rücksicht darauf, ob fie gefordert oder mit Sicherheit eingeben werden, in Ansaß zu bringen find, fo muß das Gleiche für die feststehenden Abzüge vom Gesammteinkommen gelten. Denn ebenso, wie bei den im Sinne des Gesepcs feststehen- den Einnahmen die Möglichkeit des thatsählihen Nicht- einganges ofen bleibt, kann au bei den feststehenden Ausgaben die Leistung nah der beftehenden rehtliben Verpflichtung gefordert werden, selbst wenn der Berechtigte früher thatsächlich auf einzelne Leistungen verzichtet hat oder eine andere Form sih hat gefallen lassen. Maßgebend kann immer nur der Umfang der bestehenden Berechtigung oder Verpflich- tung sein. Die hieraus im einzelnen Fall für den Fitkus oder den Steuerpflichtigen entstehenden Vor- oder Nachtheile sind lediglich eine Folge der vom Geseß vorgesehenen Berehnungsweise für die Zukunft, wodurch die Veranlagung nicht beeinflußt wird.“ (VI. C. 1968.)

Kunst und Wissenschaft.

Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe wird am Mitt- woh Herr Dr. O. von Falke, Direktor des Kunftgewerbe-Museums zu Köln, einen Vortrag halten über „altes und neues Zinn- geräth“. Anläßlih einer durch den Verein demnächst auszu- \hreibenden Konkurrenz wird Herr Profefsor E. Doepler d. J. über e Diplome* sprehen. Die T findet ftatt im großen Saal des Architektenhauses, Abends 84 Uhr.

Land- und Forstwirthschaft.

Der \chweizerishe Bundesrath hat wegen der Ausdebnung der Maul- und Klauenseuche in Oesterreih-Ungarn, und nachdem fürzlih ein Transport Rindvieh ungarischer Provenienz in St. Mar- garethen verseubt befunden worden is, die Einfuhr von Klauen- vieh aus Oesterreih-Ungarn in die Shweiz vom 4. d. M. ab verboten.

Theater und Musik,

Königliches Schauspielhaus.

„Die Höllenbrücke“, ein Schwank in drei Aufzügen von Richard Jaffé und Wilhelm Wolff, gelangte am Sonnabend zur Erstaufführung und errang einen freundlihen Erfolg. Es ist ein harmloses Werk, dessen einziger Zweck, zu erheitern, namentlih durch die vorzügliche Leistung des Trägers der Hauptrolle, Herrn Vollmer, vollauf erreiht wurde. Der Schauplay der in dem Stück behandelten lustigen Begebenheit is das Berner Oberland. Der erfte Aft führt den Zuschauer in die bunte Gesellschaft von Sommerfrischlern, Touristen und Bergsteigern aller Nationalitäten ein, die das „Hotel Steinadler“ im Angesicht des bis dahin unbestiegenen Göttli- horns bewohnen. Grcße Aufregung berrscht unter ihnen; denn es naht der Tag, da der berühmte Alpinist Herr F. Schwendemann die Besteigung des jungfräulichen Gipfels unternehmen will. Der Zufall fügt es, daß ein Anderer dieses Namens, Friy Schwendemann aus Berlin, der außer dem Kreuzberg, dem Brocken und der Schnee- foppe no nie einen Berg erklomm, ebenfalls den Ort besucht und für den bekannten Bergsteiger gehalten wird. Er gefällt fih in dieser Rolle und bricht wirkli an dem genannten Tage auf, um die gewagte Tour zu versuhen. Der zweite Akt spielt in einer

ohgebirgshütte am Fuße des gefürchteten Gipfels, dessen Be- E nur auf zwei Wegen überhaupt möglih erscheint. Der eine führt über die sogenannte „Höllenbrücke“, den einen tiefen Ab- rund überspannenden Theil eines Gletschers, dessen Tragfähigkeit ¿hst problematisher Natur ist, der andere dur einen steilen, wegen seiner Stein- und Schneelawinen gefürhteten Kamin. In der Alpen- hütte findet sih ein Theil der Gefellshaft aus dem „Steinadler“ zu- sammen, darunter auch der Pseudo-Alpinist Schwendemann. Zu seinem namenlosen Schrecken macht er die Wahrnehmung, daß auh der bekannte Bergsteiger eines Namens in der Hütte Nachtquartier bezogen hal. Um den unliebsamen Folgen dieser Entdeckung zu entgehen, brit er heimlich in der Nacht auf, um die nächste Eisenbahnstation zu erreihen und sich rechtzeitig aus dem Staube zu machen. Er verfehlt den Pfad, überschreitet ahnungslos die „Höllenbrüe“, die hinter thm zusammenstürzt, und ist nun gezwungen, feinen Weg über den Gipfel des Göttlihorns zu nehmen. Bei dem Versu, durch den Kamin abzusteigen, gleitet er aus und saust mit dem hinabfallenden Geröll, von einigen Shrammen ab- gesehen, unverleßt in das darunter liegende Schneefeld und erreicht ungesehen das Hotel, ehe die Anderen zurückgekehrt sind immer_ noch ohne das Bewußtsein, daß er aus Versehen jene gefährlihe Spiße erklommen habe. Im leßten Aft wird er în einer belustigenden Scene durch den wahren Schhwentemann, dem der Auffstieg nicht glüte, über seine kühne That aufgeklärt. Das Stück endet mit

einigen vorauszusehenden Verlobungen in _ konbentioneller ille Gespielt wurde flott und lebendig, und die Scenerie ließ ‘an Natur- wahrheit nihts zu wünshen. Außer Herrn Vollmer machten sich die Herren Molenar, Herßer, - Plashke, Eichholz und die Damen von Hochenburger, Hausner, Abih um die Darstellung verdient. Dem Schwank ging das einaktige Lustspiel von Olga Woblbrüdck, „Befonderer Umstände halber“, vorauf.

Deutsches Theater.

Hugo Lubliner's Lustspiel „Die junge Frau Arneck“, das vorgestern seine erste Aufführung erlebte, macht den Eindruck jener älteren Gattung dramatischer Produkte, in welchen die Dichter zu einem vorbedahten Grundgedanken eine Handlung und die sie tragen- den Personen erfanden. Die* Aufnahme, welche das neue Lustspiel fand, war ungleihmäßig; die beiden ersten Akte wurden ziemli woblwollend aufgenommen, nach dem dritten Akt machte sich einiger Widerspru bemerkbar, der sich nach dem leßten Aufzuge erheblich steigerte. Der Dichter variiert ein oft behandeltes Motiv : die Sehn- fut einer jungen Frau, aus dem Zustande fürsorgliher Bevormundung und Unfreiheit sch herauszuarbeiten, um mit eigenen Augen das Leben kennen zu lernen und zu genießen, während der Gatte, nachdem er das Leben mit seinen Aufregungen und Leidenschaften durh- kostet hat, in der Ebe in ruhiger und korrekter Häuelichkeit zu leben wünsht. Sardou hat in seiner „Cyprienne“ ein ähnlihes Problem mit so viel Geist und Wit, mit sprühender Laune und l’ebens- würdiger Anmuth dramatisch behandelt, daß jeder Nachfolgende auf diesem Gebiet Schwierigkeiten hat, um im Wettbewerb bestehen zu können. Lubliner zeihnet an Stelle der fapriziôsen Französin eine junge Frau, deren Launen dur einen erkfünstelten Schimmer ernsterer Gedanken verbrämt werden. Da aber wirklih ernste Ge- danken in dem Stücke fast völlig fehlen, sowohl in den Seelen und Köpfen der behäbigen Personen, von welchen kaum eine einen Lebens- beruf hat, als auch in der Berknüpfung der sehr leiht geshürzten Handlung, so muthen die Anläufe zu einer innerlihen Begründung der Borgänge mehr peinlich als überzeugend an. Der einzige Vorzug, der folhe Stücke sonst noch erträglich macht und ihnen eine gewisse Berechtigung verleiht: ein wißiger, heiterer Dialog, ist dem Dichter diesmal auch nicht recht gelungen. Die Darstellung bot nur tadellose Leistungen, wie man fie bei der Mitwirkung der Damen Sorma, Sandow, Eberty und der Herren Müller, Reicher, Rittner und Jarno erboffen durfte.

Neues Theater.

Der Wiener Hofburg-Schauspieler Bernhard Baumeister seßte am Sonnabend sein Gastspiel als „Hans Lange“ in Heyse?s gleihnamigem Schauspiel fort. Auch die biedere, kernige, gemüth- und humorvolle Gestalt dieses Bauern zeichnete der Künstler meisterhaft, sodaß sie bis in die kleinsten Züge ein echtes Gepräge trug. Das zahl- reihe Publikum wurde niht müde, den Gast nah jedem Afkti{luß immer wieder vor den Vorhang zu rufen. Die Gesammtaufführung darf man in diesem Fall nicht mit dem Maßstabe messen, den man an sorgfältiger vorbereitete Vorstellungen anzulegen berechtigt ift; sle hielt sh aber immerhin auf guter mittlerer Höhe. Eine feine Charafkterzeihnung {uf nur Herr Pagay in der Gpisodenrolle des Henoh. Herr Fricke konnte als Bugslaff vollauf befriedigen, ebenso Herr Werner als dessen Erzicher von Massow. Unter den Damen zeichneten sich Frau Carlsen als Gertrud und Fräulein Gabri als Dörte aus, während Frau Porroni, welche die Herzogin als Gast spielte, niht recht zu interessieren vermochte.

Konzerte.

Am Donnerstag voriger Woche hatten sich Fräulein Adelina Herms und Herr Eugen Sandow beide dur häufigeres Auftreten im Konzertsaal und dur ihre Lehrthätigkeit im Berliner Musikleben wohlbefkannt zu einem Konzert im Saal der Sing-Akademie vereinigt. Die Sängerin besißt ein um- fangreihes Organ, welhes besonders in den hohen Tönen der Kopfstimme gut ausgebildet und wohlklingend is und im Piano seinen größten Reiz entfaltet. Im orte fklingt die Stimme der Mittellage etwas forciert, wodurch die Klang- chönheit des Tons beeinträhtigt wird. Daher gelangen der Sängerin auch die kleinen, kurzen Lieder am besten, und fo erzielte sie mit dem „Es muß was Wunderbares sein“ von Nies und dem \chalkhaften „Nimm mich doch* von Bungert die größten Erfolge. Ihr Vortrag ist beseelt und die Aussprache so deutlich, daß sich der Gebrauch der gedrudten Liedertexte als unnöthig erwies. Herr Sandow spielte das Konzert für Violoncello von Hofmann und wußte befonders in dem „Adagio“ mit seinem ansprehenden Thema dem Instrument fingende Töne zu entlocken, während das „Vivace“ ihm Gelegenheit bot, seine Geläufigkeit glänzen zu laffen und Passagen, Sprünge und Doppelgriffe mit lockerem Handgelenk und großer Leichtigkeit auszus führen. Nach einem Adagio von J. S. Bach und zwei Piècen von H. Hermann verbanden \ich der Cellist und die Sängerin zu einer vortrefflih gelungenen Wiedergabe von Schumann's „Abendlied“ und Gounod’s „Serenade“. Herr Bake erwies sih wiederum als feins fühliger Begleiter. / 2 s

Zu derselben Zeit gab die junge Pianistin Hedwig Iwanowska- Zaleska im Saal Bechstein einen Klavierabend, in welchem sie mehrere bekannte Piècen von Chopin, Rubinstein, Paderewski, Statkowski und Anderen zum Vortrag brachte. Jhre technische Fähig- keit ist weit vorgeschritten, jedoh fehlt der Künstlerin noch die nöthige Ruhe in der Beherrshung des Inhalts der gewählten Piècen, deren Ausführung selbst dur manche Fehlgriffe beeinträchtigt wurde.

Das von Frau H. von Barby veranstaltete Wohblthätigkeits- Konzert zum Beften der Auguste Viktoria-Krippe in R und des Kaiser Friedrih-Kinderheims in Born- tedt, welhes am Freitag im Saal Bechstein stattfand, war sehr zahlreich besuht. Herr Professor Heinrich Barth be- gann dasselbe mit Beethooen’ss Sonate für Klavier (D-dur), op. 11, Nr. 3, die er mit der an ihm stets gerühmten “eE der Auffassung und tehnischen Sicherheit vortrug. Auh no in kleineren Stücken von Sgambati, A. Henselt und Strauß- Tausig brate der Künstler diese Vorzüge zur Geltung. Frau von Barby, die mit ihrer wohlklingenden und umfangreihen Sopranstimme zugleih temperamentvolle Ausdruckêweise vereinigt, erfreute dur den „Gesang an die Nacht“ aus „Donna Diana“ von H. Hofmann und dur Rossini’s Arie „Di piacer mi balza ilcor“ aus „Die diebishe Elster“. Diesen Arien sowie einigen Liedern von Thuille, M. von eds 4 W. Tappert und Bourgeois folgte rauschender Beifall und Hervorruf. Einen erfreulihen Kunstgenuß bot außerdem das lange n cht ehôrte Violinspiel der noch in bestem Andenken stehenden Virtuosin San Arma Senkrah-Hofmann, welches sih im Vortrag eines Konzerts von Godard und in Piòcen von Spohr und Lalo trefflich bewährte. Der Baritonist Herr Max Eschke erntete gleichfalls durch den Vortrag einiger Lieder und durch seine Betheiligung an zwei Duetten mit Frau von Barby wohlverdienten Beifall. Die Klavierbegleitung sämmtliher Solovorträge diefes Abends führte Frau H. Bielenberg lobenswerth aus. J hre Majestät dieKaiserin Friedrich wohnte dem Konzert bei. |

Eine eigenartige Erscheinung im Konzertsaal ift der s{hnell bekannt gewordene s{wedische Bildhauer Herr Sven S olan der, der sih am Freitag im Architektenhause zum ersten Male vor der Oeffentlichkeit hôren ließ. Die Kunft der italienishen BVolks- fänger, die er während seiner Studienzeit in Italien zu beobachten Gelegenheit hatte, hat er in fo vollkommener Weife sich anzueignen und zu verfeinern gewußt, daß es in der That einen hohen Genuß bietet, feinen musikalisch, deklamatorisch und mimisch bis ins feinste aus- gearbeiteten Vorträgen zu lauschen. Zur Begleitung bedient er ih einer Laute oder Guitarre mit erweitertem Griffbrett, die er nicht allein höheren Kunstanforderungen entsprechend beherrscht, sondern auch nach Art der musikalishen Clowns in allen möglichen, seiner mimischen Aufgabe entsprehenden Lagen zu spielen im stande is. Die Stimme würde, mit dem für den Konzertgesang üblichen Maßstabe gemessen, als unzureihend zu bezeihnea fein, ihr Reiz liegt aber im Vortrag, und dieser ist wieder von dem ausdrucksvollen Mienen- und Geberden- spiel, der die halb gesungenen, halb gesprohenen Vorgänge illuftriert, untrennbar; so entsteht ein Gesammteindruck, der als ein in hohem Maße künstlerischer bezeichnet zu werden verdient. Das Gebiet, aus

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