1896 / 61 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

XIV. Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe.

a. Wäsche, Kleidung, Kopfbedeckung, Puß. 1) Näherei. 2) Schneidereï. : N A 3) Herstellung fertiger Kleider und Wäsche (Konfektion). Ñ ußmacherei. 5) Fertigstellung, Bekleidung und Ausstattung von Puppen. 6) Verfertigung von künstlichen Blumen und Federschmuck. 7) Hutmaterei, Verfertigung von Filzwaaren. _ : 8 üßenmacherei (auch wenn verbunden mit Hutmaherei). 9) Kürschnerei. :

10) Hany dmsder (auch wenn zuglei Kravattenmacher).

11) Verfertigung von Kravatten und Hosenträgern.

12) Verfertigung von Korsets.

b. Schuhmadcherei. : :

c. Barbieren, Frisieren, Perrücckenmaherarbeit.

1) Barbiere (auch wenn zuglei Friseure).

9) Friseure und Perrückenmacher.

d. Baden und Waschen.

1) Badeanstalten. E n

2) Waschanstalten, Wäscherinnen, Plätterinnen. : 3) Fleckenausmaqer, Kleiderreiniger, Stiefelwichser, Kammer-

jäger. XV. Baugewerbe.

a. Bauunternehmung und Bauunterhaltung (Hoe, Eisenbahn-, MWeg- und Wasserbau), soweit nicht zu den folgenden Klassen b bis n zu blen. ;

1) ann ns

2) Baggereibetrieb. :

3 Privatarchitekten, Zivilingenieure, Bautechniker und bau- technishe Bureaux. e ;

b. Feldmesser, Geometer , Markscheider, Kulturtechniker und Wiesenbauer.

. Maurer.

immerer.

. Glaser. i : L A

Stubenmaler, Sitaffierer, Anstreicher, Tüncher, Stubenbohner. . Stucktateure. 2 6

Datdecker (Ziegel-, Schicfer-, Schindel-, Stroß-). ¡, Steinseßer, Pflasterec und Aëphaltierer.

. Brunnenmager. Ï j

1. Einrichter von Gas- und Wasseranlagen (Gas- und Wasser-

inftallateure). e E m. Ri (auch wenn zugleich Töpfer, vergl. 1V d 3). n. Schorsteinfeger. XVI. Polygraphische Gewerbe.

a. Sóriftschneiderei und -Gießerei, Holzschnitt. _

b. A aud Stein- und Metall-, sowie Farbendruck. 1) Buchdruckerei. : 2) Stein- und Zinkdruckerei. 3) Kupfer- und Stahldruckerei. 4) Farbendruckerei.

. Photographische Anstalten.

XVIL. Künstlerische Gewerbe.

. Maler und Bildhauer (Künstler).

Graveure, Steinschneider, Ziseleure, Modelleure. . Musterzeichner, Kalligraphen.

. Sonstige künftleris&e Gewerbe.

X VIIIL. SHandelsgewerbe.

. Waarenhbandel. 1) Handel mit Thieren Handel mit landwirthschaftlichen Produkten. 3) Handel mit Brennmaterialien. Handel mit Baumaterialien. ; Handel mit Metallen und Metallwaaren! : i Handel mit Maschinen und Apparaten (Nähmaschinen, Fahrrädern 2c.?. L ) Handel mit Droguen, Chemikalien und Farbwaaren. ) Handel mit Kolonial-, Eß- und Trinkwaaren. i; ) Handel mit Wein. i Handel mit Taback und Zigarren.? Handel mit Leder, Wolle, Baumwolle. S Handel mit Manufaktur- (Schnitt-) Waaren.!] j S B Zandel mit Kurz- und Galanteriewaaren. 5 14) Handel mit verschiedenen und anderen als vorstehend benannten Waaren. 15) Trödelhandel. - b. Geld- und Kredithandel. c. Spedition und Kommission. : d. Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, au Zeitungsverlag-und dition. E E 1) Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, eins{ließli4 Verlag und Aa Ta 2) Leibbibliotheten. L 3) Zeitungsverlag und -Spedition (auch -Expedition). e. Hausierhandel. e f. Handelévermittelung (Makler, Kommilhionaäre, Agenten [aus- genommen Versicherungsagenten)). _ 2 . Hilfsgewerbe des Handels (Stauer, Schauerleute, Taxatoren, Markthelfer, Messer, Wäger, Packer, Saträger 2c.). h. Versteigerung, Verleihung, Aufbewahrung, Annoncenvermittelung, Auskunftsbureaurx. Auktion®( in ae und Aufktionatoren. fandleihanftalten. E e S Da ibun gSgesäfte, eins{ließlich Maschinen-Lohndrefcherei. ) Aufbewahrungsanstalten. 5) Stellenvermittelung. 6) Inseratenvermittelung und Auskunftsbureaur.

XIX. Versicherungsgewerbe.

. Lebens: und Rentenversicherung.

. Unfallversicherung. Feuerversicherung. Hagelverticherung.

j Biebversiherung. / f. Sonstige Versicherungszweige (Transpork-, Glas-, Wasser-

\{chädenversicherung 2c.) und Betrieb mehrerer Versicherungszweige.

XXK. Verkehrsgewerbe. a. Landtranéport. : 1) Posthalterei und Personenfuhrwerk. 2) Siraßenbahnbetrieb. _ 2 E 3) Fraht- (auch Roll-) Fuhrwerk, Güterbestätter. þ. Wafszrtransport (Rheterei, Schiffahrt ünd Flößerei). 1) See- nee Ren c ages, 2) Binnenschiffahrt L C, Ó fen- und Lootsendienft, E und -Beleuchtungs- wesen, Schleusen- und Kanalwacht. h i d. Dienstmannsinftitute uno DiensimEnnen Lohndiener, Boten- gfinger, Kofferträger, Fremdenführer und dergleien. e. Leichenbestattung, einschließli Todtengräber.

XXL, Beherbergungê- und Erquicéungsgewerbe.

a. Beherbergung (Gasthöfe und Hotelsgarnis). b. Erquidung (Shank- und Speisewirthschaften).

Stellen- und

Abänderung der Gewerbeordn zwar bei der Frage der Konzess Kleinhandels mit Bier.

Gast- und Schankwirthschaften konzession

wenn Thatsachen vorliegen, welche

Aba. von Holleuffer (dkonf.): wirthsaften zu unterdrüden. die runa das Spiel fördern? Wie

händler mit Bier braucht gar kein dürfnißfrage geprüft werden ?

"S Abg: NoeIrde: über die Vorlage hinausgehend. Jede Einzelstaaten ein Bedürfniß für die handels mit Bier vor. Für Preuß solhe Befugniß der Regierung nicht.

lashenbierverbrauchbs hat den

davon, daß es Schwierigkeiten mat, händler Bierausshank betreibt. Bie 1500 bis 2000 Millionen Flaschen einmal eine Flashe beim Händler das nicht {limm. Man die leinen Materialistean und soll dean bei einer kleinen Uebertretung

Süddeutschland.

D

es nicht o.

Man wird sehr bald in Bayern vor d

Sie sollten ihre Lage nicht noch_ Maßregeln. Wenn das Bier nicht in

verkaufe weitaus das größte Quantum jede andere Braucrei; meine Abnehmer vielleibt auch gewünscht, daß eine B handels durgeführt wird. Aber. ih die Verbältnisse und weiß, daß dur

auf diese Weise ein paar Konkurrenten geordneten sind dann bereit, unter der helfen, in den Kampf einzutreten.

Herrn von Strombeck hin, daß, um

ein Theil des Mittelstandes geschädigt Geheimer Regierungs - Rath G

möchte. Der Kleinhandel mit Bier in Gelegenkbeit, das Bier zum sofortigen Antrag Schädler geht allerdings

Interesse fordert. Die Vorschriften die Prüfung der i / passen für den Kleinhandel mit Bier

abschwächen. i Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Schädler wohl niht gemacht haven ; er

ständig zu verhindern. Die Aufsicht

einer Flasche jer, die ist d nicht gefährlich- und etwas mehr Bequemlichkeit liebt. die Denunziationen der man follte dieses Denunziantenwesen man auf diese : beim Bier treffen will, inzustrie der Polizei unterftellen.

füllen. Das i} Förderung der Vöôlle dient niht der Sittlichkeit. Wenn d vorwärts kommen, dann follen sie zum und diesen nebenbei betreiben. Wenn wird das Kartenspiel gefördert.

fommt gerade den ärmsten Leuten zu wein greifen. man ih nickcht.

bekfümmert man sich nicht. Schnapsteufels. } Redner, beim Bier zu bleiben!) Wer will, der darf den Biergeuns nicht bes Mißbrauch mit dem Konze

Lust verspüren, dasselbe auszudehnen. Bestimmung zu ftreihen und alle Antr abzulehnen.

einmal ein Fehler vorgekomnien sein weg im Vecwaltungéstreitverfahren. Thatsachen vorgebraht würden, s{huldigungen zurückweisen.

Abg. Dr. H

stellung der Konsequenzen aus §33,

Deutscher Reichstag. 55. Sißung vom 9. März 1896, 1 Uhr. Die zweite Berathung des Gef eßentwurfs, betreffend die

Abg. Dr. Schädler (Zentr.) beantragt, den Kleinhandel mit Bier unter § 33 der R zu stellen, d. h. ebenso wie die

Nach der Vorlage sollte der Kleinhandel mit Bier gleich dem Betrieb des Droguenhandels untersagt werden können,

Gewerbetreibenden in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb darthun. Abg. Roesicke (b. k. F.) beaniragt, diese Vorschrift nur für den Kleinhandel mit Bier vom Faß zu erlassen.

etwas Bestehendes, weil es scheint, daß er gecguet ist, die Winkel- Aber wie foll ¿ r mi Bier konzessionspflihtig gemacht werden ? Wie kaun er die Völlerei,

; stimmten Bedingungen unterworfen werden? Der Klein- E L Bier i S E Lokal. Und wie foll die Be- Der Kleinhändler mit Bier soll bestraft werden, wenn er unbefugter Weise Bierausschank betreibt. Aber dazu bietet die Gewerbeordnung keine Haudbabe; denn darin fann noch nicht ein Grund zur Entziehung der Konzession liegen. Deshalb sollte man sich begnügen mit der Bestimmung, daß bei wiederboltem unerlaubten Aus\hank die Genehmicung zum Klein-

andel mit Bier zurückgenoinmen werden könne. , j M fie Fch halte den Antrag Schädler für bedenflih

Scchnapskonsum vermindert. Die egierung sheint felbst nur gedrängt zu sein zu diefer Bestimmung; denn von Mißständen if in der Begründung keine Rede, fondern nur

ausgetrunfken wird, so ist trifft durch solde 2 Lebensmittelverkäufer.

Gewerbebetrieb entzogen werden? Die Bestimmungen über die Kon- zessionierung von Schankwirthschaften passen garnicht für den Klein- handel mit Bier, weil die Bedürfnißfrage dabei garniht in Betracht gezogen werden kann. Die Gastwirthe haben in ihren Versammlungen ih gegen den Flasenbierhandel ausgesprochen, aber lediglich aus Gründen der Konkurrenz. Die Gastwirthe haben in Norddeutschland allerdings troy der ohen Preise cine _s{wierigere Stellung als in Aker dur die Beseitigung des Flaschenbierhandels können die Gastwirthe ihre wirthschaftlihe Lage “nit bessern ; denn das Publikum hat fi an den Genuß des Flaschenbiers gewöbnt. Solche Beschränkungen, wie Herr Scädler fie vorgefchlagen, \ühren zur Kon zentration und Monopo!lisierung des Betriebes. In Süddeutschland bringt man das halbe Leben in der Bierstube zu; bei uns in Norddeuts{land ist Die kleinen Brauereien in Bayern franfen nicht_ unter der Konkurrenz des Flaschenbiers, sondern unter der hoben Steuer.

diese kolofsal hohe Biersteuer noch aufre{cht erhalten werden kann. Den norddeutschen Brauereien wird wv ge Ren der E

äftig uddeutsche brauereten das Leben {hon |chwer gemaMt; kräftigen süddeutschen Groß E Eren e eir bub” folte

verkauft wird, so lieat die Gefahr des MWinkelshanks viel näher.

fenne aus eigener Erfahrung

Großbrauer, sondern nur der kleine geichädigt wird.

Fch weise auf die Worte des

\{ränkungen niht vermehren, fondern vermindern.

Winkelausschanks ift doch eine größere, als der Vorredner zugeben

etwas weiter, als es das Lokalverbältnisse, die

Roesicke würde die Vorlage ter verbündeten Regierungen außerordentli

efsenten haben. Aber ih habe die Sache als Rechtsanwalt studiert, und ih weiß , daß die Strafmittel ausreichen, um den Winkclausschank voll-

eine fo strenge, daß ein Winkelscank höchstens noch möglich ift, wenn jemand seinen großen Durst befriedigt dur

H er beim Spezereihändler j und fördert nicht die Völlerei, welche Auf diesem Gebiet herrschen Konkurrenten in

MWeife Vergehen gegen das Nahrungsmittelgeseß dann müßte J itte Aber die Vorschrift hat lediglich den Zweck, den Hausêtrunk zu crschweren und die Wirthsräume zu

Der Flaschenbierhandel begünstigt den Haustrunk und leert die Wirthshäufer.

An das Getränk des reihen Mannes, den Wein, wagt

Gegen die Bier- un S me: P a E um die Weinkasinos, wo vielleiht noch Schlimmeres getrieven wird, m ; Der Biergenuß i der beste Geguer des (Präsident Freiherr von Buol:

fionswesen getrieben wird, der dürfte keine

Ministerial-Direktor von Woedtke bestreitet, daß ein Miß- brauch des Konzessionswesens vorgekommen fei.

müsse L): Es handelt si hier nicht um den Gegensatz

asse (n l S von Woblhabend und Tia um den Ge ensay von Bier und Scnap®, von Flashenbierhandel und Gasiwirthschaf

ung, wird fortgeseßt und ionspflichtigteit des

pflichtig zu machen.

die Unzuverlässigkeit des

Der Anirag Schädler hat der Kleinhändler mit

kann er in Bezug auf die

nfalls liegt nicht für alle

Beschränkung des Klein- en felbff wünsche ich eine Gerade die Ausdehnung des

feitzustellen, ob cin Klein- r in Flashen wird in abgeseut; wenn da wirkli

Maßregeln nur Warum glei die Genehmigung zum

ie Frage gestellt werden, ob

Flaschen, sondern vom Faß ir S6 von Flas(enbier mehr als unter den Gastrirthen hätten eschränkung des Flaschenbier-

jede Beschränkung nicht der i Jeder hofft los zu werden, und die Ab- Devise, dem Mittelstande zu

dem Mittelstande zu helfen, wird. Man follte die Be- runer: Die Gefahr des

Flaschen oder vom Faß giebt Genuß zu verkaufen. Der

über die Schankwirthschaft, Bedürfnißfrage u. \. w.

durchaus nicht. Dec Antrag

Spezielle Studien wird Herr

wird seine Angaben von Inter-

vnd die- Rechtsprechung ist

das Hinunterstürzen fauft. Das

Weise;

übermäßiger Wenn

nicht noch verstärken.

man jede Nahrungsmittel-

rei. Wer dafür eintritt, der ie fleinen Schankwirthe nit Flashenbierhandel übergehen die Bierstuben gefülßt werden,

Der billige Haustrunk gute, die sonst zum Brannt-

Ich bitte den den Schnapsgenuß beschränken ränken. Wer da weiß, welcher

Redner empfiehlt, die ganze äge, auch den Antrag Roesicke,

Es könne ja wobl , aber da gebe cs den Rechtê- Solange nicht bestimmte er solhe allgemeinen An-

{t fondern um die Sicher-

die, wenn sie eine Konzession niht crhalten haben, den Versu maten, auf einem Umwege das Schankgewtrbe auszuüben. glaube nicht, daß irgend einer meiner politischen Freunde für den Än- trag Schädler stimmen wird. Der Kleinhandel mit Bier paßt nit in den § 33. Mir scheint der Antrag Holleuffer annehmbar, nah weldem der Gewerbebetrieb untersagt werden kann, wenn Kontra- ventionen vorgekommen sind. Der Antrag Roesike würde die ganze Sache überflüssig machen, denn es wird wenig vorkommen, daß das Bier vom Faß verkauft wird. :

Abg. Shmidt-Berlin (Soz.): Man spricht von der Hebun der Moral und Sitilichkeit; da follte man erst, dafür sorgen, da die Schulen befser werden und die wirthschaftlichen Verhältnisse fi so heben, daß die Bevölkerung niht auf den Schnapskensum an- gewiesen is. Der Schnapskonsum hat in ganz Deutschland nicht zugenommen. Aber in Bayern hat der Konsum von Bier etwas ab- genommen; ob dort eine Zunahme - des Schnapskonsums stattgefunden hat, is nicht festzustellen. Daß Mißbrauch mit der Konzefsions- ertbeilung getrieben wird, wissen wir am allerersten. Wenn ein Gast- wirth seine Versamml!ungsräurne den Sozialdemokraten zur Verfügung st-llt, dann wird ihm die Polizeistunde beshränkt; anderen Leuten wird sie verlängert. MRedncr behauptet, daß in Adlershof ein Lokal vom Amtévorsteher in dieser Weise benactheiligt werde; das sei ein großes Sommerlokal, niht ein Lokal, in welchem hauptsählich Branntwein geschäukt werde. Die Sozialdemokraten, welhe sich mit dem Flaichenbierhandel befassen wollten, würden wahrscheinli ebenso chifanös behandelt weiden, wie die Gastwirthe. Der Denunziation würde Thür“ und Ther geöffnet werden. Für eine folhe weitere Chikanierung der gewerblihen Kreise liege durchaus kein Grund vor. y E Ministerial-Direktor von Woedtke: Selbst wenn es in den einzelnen Fällen der Konzessionsertheilung niht_ ganz objektiv. zuge- gangen sein sollte, so paßt das nicht auf den Kleinhandel mit Bier, der nit der Konzessionspfliht unterworfen wird, wo die Genehmigung zum Gewerbebetrieb nur zurückgenommen werden kann, und zwar im Rechtêwege, wo keine Willkür entscheidet. E

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Wir überzeugen ur8 doh nicht, sondern vertrödeln nur die Zeit. Daß das die Absiht fein solite, habe ih nit gesagt. Sie (links) finden alles Heil in der freien Kon- kurrenz, wir nicht. Die Ausdehnung des Bierkonsums hat Herr Roesicke aelobt. Danach bâtte der Reichstag also zu Unrecht die Fraze des Bedürfnisses in den Vordergrund gestellt; das ist aber gescehea. It es denn wunderbar, daß die Gastwirthe sih wehren gegen die Fonkurrenz des Flaschenbierhandels? Herr Lenzmann hat Herrn Sedlmayr vorgeworfen, daß er sih zum Vormund der kleinen Brauer gemacht hat; das hat Herr Nöside ebenfalls gethan. Wenn man in diesem Hause etwas durhsezen will, dann spricht inan immer von den kleinen Leuten. Es handelt sich nicht um die Großen oder um die Kleinen, sondern darum, daß die Trunksucht eingeschränkt wir, Wenn Herr Lenzmann behauptet : der Bierkonsum in den Wirth: schaften habe abgenommen, da der Haustrunk zugenommen hat, so ist das nicht rihtia; an beiden Stellen ist der Konsum gestiegen. Die Trunksucht in Bier ist in Süddeutschland ebenso groß wie in Nord- deutschland beim Schnaps. Der Bierkonsum hat auch seine physischen Nactheile. Wenn wir in Norddeutshland den Flaschenbierhandel nit konzessionspflihtig machen wollen, warum follen wir den Wünschen der Herren im Süden nicht nachfommen ? Wenn der Kleinhandel mit Branntwein der Konzessionspfliht unterstellt werden fell, warum nicht auch der Flashenbandel mit Bier ? Ich werde für den Antrag Schädler und für die Regierungsvorlage stimmen. _

Abg. B irk (Soz.) bestreitet, daß die Trunksucht zugenommen habe. ÎÏn München habe vor einigen Jahren der Flaschenbierhandel angefangen, und der erste Anfänger habe damit ein riesiges Geschäft gemacht, sodaß das Publikum die großen Brauer gezwungen habe, ebenfalls zum Flaschenbierhandel übeczugehen: Wer mit dem Kcn- zessionswesen Erfahrungen gemacht habe, dem graue vor einer Erieite- rung der Konzession. Trotzdem das Bedürfniß und ein geeignetes Lokal vorhanden gewesen wäre, sei die Konzession abgelehnt worden, während ein beim Magistrat beliebter Herr fogar auf einem Bauplaß eine Konzession bekommen habe. i

Abg. von Salisch (d.konf.): Herr Lenzmann meinte, dem Wein sollte man nicht zu Leibe gehen. Wer hat denn gegen die Wein- steuer gestimmt? Daß es vortkbeilhafter ist, Bier zu Hause zu trinfen als in der Kneipe, ist doch kein Standpuntt, den man ernftlih ver- treten kann. Bei den Droguisten sollten die Zahlen aus Berlin nicht maßgebend sein, und jeßt werden zwei Fâlle angeführt, in denen Kon- zessionen nah Gunst ertheilt sind, und das soll nun für uns maß- gebend sein. Die Gastwirthe werden als Denunzianten hingestellt; was ist es aber anders, wenn man gegen cinen Stand von Beamten den Vorwurf erhebt, daß sie chikanös verfahren ! Dagegen muß i auf das entschiedenste protestieren. ;

Abg. Dr. Schädler: Die Bedenken gegen meinen Antrag werden wobl am besten dur die Regierungen im Wege der Landes: geseßzgebungen beseitigt werden können, Herr Lenzmann mat mi zu einem Apostel der Völlerei, der die Wirths\stuben füllen wolle. Das hat auch in einer Berliner Zeitung gestanden , aus welcher es Herr Lenzmann vielleicht entnommen hat; die Zeitung hat au mit einem gewissen Augenverdrehen davon geschrieben, daß es derselbe Abg. Schädler gewesen, der für die Beschränkung der Theater eingetrten sei. Behbalten Sie in Norddeutschland, was Sie haben, vnd geben Sie uns, was wir wollen! (Zuruf des Abg. Richter: Und wo bleibt das Deutsche Reich?) Das Deutsche Reich ist nicht auf der Grund- lage des Flaschenbierhandels aufgebaut. (Zuruf des Abg. Richter: Geben Sie uns do die Biersteuer !) Kommen Sie doch mit JZhren Anträgen, wir wissen ja längst, was Sie wollen! Wir treten für den schaft gewordenen Gewerbestand der Scankwirthe ein.

Damit ließt die Debatte. :

In der Abstimmung wird beschlossen, die Konsumvereine nah dem Antrag Gröber derselben Konzessionspflicht zu unter- werfen, wie die Gast- und Schankwirthschaften; der Antrag Schädler wegen der Konzessionspflichtigkeit des Kleinhandels mit Bier wird abgelehnt ; dafür stimmen die-«Konservativen, ein Theil des Zentrums und einige Nationalliberale.

Bezüglih des Artikels 4 wird beschlossen, nach dem Antrag von Holleuffer für den Kleinhandel mit Bier die Untersagung eintreten zu lassen, wenn der Gewerbetreibende wiederholt wegen undefugten Betriebs der Schankwirthschaft bestraft ist; ferner wird nah dem Anirag Gröber der Handel mit Loosen von Lotterien und abre ed) org unter die Vor- chrift des § 35 gesiellt. Bezüglih der Droguen und Prâ- parate wird ebenfalls der ntrag Gröber E paraten wonach der Handel mit Droguen und chemischen räparaten untersagt werden kann, sofern die Handhabung des Gemwerbe- betricbes Leben und e der Menschen P eritel i

In namentlicher Abstimmung wird darau Artikel 4 mit 137 gegen 78 Stimmen angenommen. E

Nach Artikel 5 kann, wenn in den Fällen des Z 99 die Untersagung eines Gewerbebetriebes erfolgt ist, durch die Landes Zentralbehörde oder cine andere von ihr zu bestim, mende Behörde die Wiederaufnahme des Gewerbes gestatte! werden, sofern seit der Untersagung mindesiens 1 Jahr ver: flossen ist. /

Artikel 5 wird ohne Debatte angenommen. /

Darauf wird um 51/4 Uhr die weitere Berathung bis Dienstag 1 Uhr vertagt.

Gs giebt sehr viele Leute,

diese Verhältnisse im Bezirk Erfurt aber untersuht werden.

¿ G4.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. #3. Sizung vom 9. März 1896, 11 Uhr.

S den Beginn der Sißung is gestern berichtet worden. Das Haus sezt dic zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geisilihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten beidem Kapitel,„Elementa r- Na en: fort.

g. Szmula (Zentr.) erklärt, daß der Abg. Sattler die obershlesischen Verhältnisse niht richtig fenne. Free und unve shäâmte Behauptungen über die Katholiken habe die „Kölnische peiuna aufgestellt, sie behaupte, ein Geistliher habe zu seiner ( emeinde gesagt : Wenn Ihr ein einziges Wort deuts \precht, so ifft das eine fo {were Sünde, daß ih Euch davon nicht los\prehen fann; das Habe Fürstbishef Kopp an einer Tafel erzählt. Das sei die gemeinste Lüge, die seit Erschaffung der Welt vorgekommen sei, der Minister Xöônne eine Million ausseßen für dea Geistlichen, der das gesagt habe. Die Regierung wolle die polnishe Sprache nur ver- drängen, alles andere sei Flunkerei. 1 Abg. Dr. Sattler (nl.): Seine Erregung halte ih dem Abg. Szmula zu gute. Nicht alle Oberschlesier \tehen auf der Seite des Herrn Szmula; Herr von Gilgenheimb, der selbst aus Oberschlesien ist, hat sih neulich zu unserem Standpunkt bekannt. Wir können uns niht so auf die Zeitungsstimmen verlassen, wie auf die Berichte der Beamten. Die fürstbishöflichen Kommissare haben sich mit den Er- folgen des NReligionsunterrichts in Oberschlesien völlig befriedigt erklärt. Soken wir denen auch nicht glauben, weil Herr Szmula es will ? M Mans befindet sich mit ihrer Schulpolitik auf dem

Ag. Gerlich (frfons.) vertkeidigt die Politik der Regierung

gegen die Angriffe des Zentrums und der Polen. Die Polen strebten dana, daß die Kinder, sobald fie die Schule verlassen haben, das Deutsche wieder verlernen. Daß ein Geistlicher das Polnische als die allein zulässige Sprache bezeichne, komme tagtäglih vor. Es sei in den Ostprovinzen anerkannt worden, daß der Minister mit den Polen einmal ein Wort deuts gesprochen habe. i

„Abg. Wolczyk (Zentx.) tritt nohmals für die Ertheilung des Religionsunterrichts in polnisher Sprache ein.

Abg. Schröder (Pole) führt aus, daß die Schule ohne Berück- sibtigung der Muttersprache ihre Aufgabe, zu erziehen, nit erfüllen

Abg. Dr. Porsch (Zentr.) bestreitet, daß die fürstbishöflihen Kommissare mit den Resultaten des Religionsunterrichts G Den {lesien überall zufrieden gewesen seien. Die Frage der Muttersprache dürfe nicht nah politishen Gesichtspunkten entshieden werden. Die Paritätsklage des Abg. von Eynern sei gänzlich unbegründet, dieser habe dem Zentrum immer das Verlangen einer mechanischen Parität vorgehalten und operiere nun selbst damit. Es handle sih um Zuschüsse an unvermögende Gemeinden, und wenn die Regierung mehr katholische Gemeinden em genn gefunden habe, fo ja die Sache einfach er- flärt. Aber die meisten Summen für die katholishen Gemeinden ent- fielen auf die Ostprovinzen und dienten der Germanisierungspolitik, niht dem Katholizismus an sich.

Abg. Dr.Sattler: Herr von Eynern hat gewiß nur die mechanische und fkalkulatorishe Art der Bachem’shen Aufstellung mit seinem heutigen Beispiel ad absurdum führen wollen. Wir haben garnichts dagegen, daß die oberschlesishen und sonstigen katbolishen Gemeinden des Dstens den Zuschuß erhalten; von einem Germanisierungszwecke kann aber nit die Rede sein.

Abg. Dr. Porsch: Ich freue mi, daß Herr Sattler die Be- hauptung des Herrn von Eynern eingeschränkt hat. Dieser meinte es heute ebenso ernît wie neulich mit der Beunruhigung der evangelischen Sms durch die angeblihe Bevorzugung der katholischen

en.

Auf eine Anfrage des Abg. Dauzenberg (Zentr.) erklärt Ministerial-Direktor Dr. Kuegler, daß zur Errichtung s Präpa- andenanstalt in der Rheinprovinz kein Bedürfniß fei.

Bei den Ausgaben für die Schulaufsicht erklärt uf eine Ra des Abg. Tamoschus Hanf.)

Ministerial-Direktor Dr. Ku egler, daß in Ostpreußen in der Unter-

fiufe und Mittelstufe das Littauische beim Religionsunterricht berück- sichtigt werde; in der Oberstufe werde der Religionsunterriht mit sehr gutem Erfolge deuts ertheilt. _ Abg. Schnaubert (konf.) tritt für die Erhaltung der littauishen Sprache und Eigenart ein; einer Germanisierungspolitik bedürfe es in Littauen niht, weil da kein nationaler Gegensaß vorhanden sei; die Littauer wollten selbst, daß ihre Kinder auch Deutsch lernen.

Abg. Dauzenberg (Zentr.) beklagt, daß das Schulaufsichtsgeseß bon 1872 die Schulaufsicht gänzlich in die Hände des Staates gelegt babe; die Schulaufsiht müsse den Geistlichen übertragen werden. Der Minister meine, die Schulaufsicht sei eine rein shultechnische Frage und müsse von Fachmännern_ auégeübt werden; aber Fach- männer würden leicht einseitig. Die Schule sei troß allem nicht eine Veranstaltung des Staates, sondern der Gemeinde, urd die Eltern und die Kirhe haben dabei auch ein Wort mitzusprechen. Von 1872 bis 1880 habe man die Sculaufsicht e Pw È um den Religionsunterriht zu kürzen und fatholisch- kirh- pies Leben niht aufkommen zu lassen. Die evangelishe Kirche ha e man nit berührt. Unter den jeyigen Verhältnissen müßten die Katholiken unversöhnlihe Gegner der Kreis-Schulinspektion bleiben ; denn hier werde am meisten mit zweierlei Mf gemessen; die katho- lischen Geistlichen seien aus der Kreis-Schulinspektion beinahe ver- drängt. Herr Stöcker habe dem Staat die Konzession der Kreis- Schulinspektion machen wollen, damit der Geistliche sih aus\{chließlich einem firhlihen Amt widmen könne, aber die Aufsiht über die Erziehung gehöre mit zu den vornebmsten Balonen der Geistlichkeit. Die Bestimmungen des Falk’s{hen Erlasses über die Lokal - Schul- inspektion müßten geändert werden. Man müsse die Schule überhaupt mehr in Ruhe laffen und nicht so viel reglementieren. In Bezug auf Schulsachen lafse man sich von einem gewissen Größenwahn leiten; wir müßten wieder zu der früheren {önen Cinfachheit zurück- kehren. Die Schule solle eine Unterrihts- und Erziehungsanstalt in Yristlihem Sinne fein.

Ministerial-Direktor Dr. Kuegler erklärt, daß er die leßten Wen- dungen von Größenwahn_ und s{chöner Einfachheit nicht verstehe. Gott sei Dank, sei die Schule eine christlihe Unterrichts- und Er- ziehungs8anstalt. Ueber 7139 Schulen haben die Geistlichen die Orts- [hulcaufsicht, unter den Kreis-Schulinspektoren seien 95 katholische Geistliche. Herr Dauz?nberg solle die Dinge mehr praktisch ansehen.

Abg. von Strombeck (Zentr.) beshwect sich über die Polizei- Verordnungen wegen der Verwaltung des Schulvermögens im Erfurter Lezirk und wegen der Entschuldigungen bei Schulversäumnifsen ; die Strafen für Schulversäumnisse seien so hoch, daß sie die kleinen Leute Auf dem Lande ruinierten.

Ministerial-Direktor Dr. Kuegler erwidert, daß die Polizei- eerordnungen über die Bestrafung wegen Schulversäumnisses dur die balt le für ungültig erklärt seien; die Versäumnißstrafen seien des- alb neu geregelt, eine Beschwerde über die Höhe derselben sei noch

Dritte Beilage

Berlin, Dienstag, den 10, März

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1896.

seine Rede aber für unumgänglih nothwendi ä ie S

| é | d g erflärt. Die Schul- inspektion sei Sache von SFahmännern, und Geistlihe könne E nit eo ipso als Fabmänner auf diesem Gebiete ansehen. Die Aus- führungen des Abg. Dauzenberg seien bereits in jedem Jahre wider-

Herr Dauzenberg lieber an sih und seine Freunde rihten, und wenn

Zentrum nicht täglich nah dem Schulgeseß à 1a Zedlitz rufen. __ Abg. Neubauer (Pole) wünscht die bea der Schul- inspettion auf Geistliche und beklagt es besonders, daß in seiner Heimath in Westpreußen die Orts-Schul!nspektion fast durchweg dem Kreis- Squlinspektor übertragen sei; wollten die Eltern ihre Kinder vom Schulbesuch diépensiert haben, so müßten sie erst zwei, drei Stunden Weges zum Sculinspektor zurücklegen. L Die Debatte über die Schulaufsiht wird durch einen Schlußantrag geschlossen. _ Bei den Besoldungen der Kreis-Schulinspektoren wün 8 Abg. Gerlich (fr. fonf.), daß man die Lokalinspekti j Kreis-Schulinspektoren übertrage, und daß mehr S Son anu! pes Er freue sich, daß diese rrière den Seminarlehrern eröffnet sei, und , daß Gebrauch davon gemacht werde. 1E, BAN NOIe A9 O MENE Abg. Dasbach (Zentr.) {ließt sich dem Wunsche des Abg. Neubauer nah Ernennung fkatholisher Kreis. Schulinspektoren in A an An, N die Geistlihen am meisten für die Schul- ion für geeignet. Regierungs- und Schulrath Böck ab auch au ar Sort vuggts gestellt. x E E N : inisterial-Direktor Dr. Kuegler erwidert, daß dieser Fall du die Mittheilung des Wortlauts der Rede des Perl Böckler in der Berliner Korrespondenz aufgeklärt sei; derselbe habe A He ‘legen Mes E A 0e vendeh walde die Entchristlihung der olle. eminarlehrer würden mehr und is- O Aben Goa s 0 ain _ Vel dem Fonds von 28 800 000 # für allgemeine Er- leichterung der_ Lar olcaulazen spricht Z Abg. von Detten (Zentr.) die Hoffnung aus, daß mit Hilfe des Staats die katholishe Schule in Nachod bei Altena zu pri öffentlichen Schule erhoben werden könne, und wünscht die Gündung einer fatholishen Schule in Saarstedt. : Ministerial-Direktor Dr. Kuegler seßt die Schwierigkeiten aus- einander, welche der Erfüllung des leßteren Wunsches entgegenstehen, und theilt mit, daß die Schule in Nachod vom 1. April ab eine öffentliche sein werde.

Abg. Kircher (Zentr.) wünscht die Gründung einer katholischen Schule in Eckenheim bei Fulda und erörtert die Frage, was p ae: öffentlihe Scule sei: ein Begriff, der juriftisch nicht feststehe. Ministerial-Direktor Dr. Kuegler erwidert, daß die Regierung bemüht gewesen sei, die Gründung einer fkatholishen Schule in Eckenheim zu eran afen, diese aber an dem Widerstand der politischen Gemeinde gescheitert fei.

Um 4 Uhr wird die Verhandlung abgebrochen und Abends 71/2 Uhr vertagt. ? E E

Abendsizung vom 9. März, 71/2 Uhr Abends.

s Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-An- gelegenheiten nimmt ihren Fortgang.

Ès folgen die Titel: Beihilfen an Schulverbände wegen Unvermögens für die Schulunterhaltung 7 399 120 4, behufs Errichtung neuer Schulstellen 127 768 #4, zur Unterstüßung von Schulverbänden wegen Unvermögens bei Elementarschul- bauten 1 000 000

Die Budgetkommission beantragt: die Regierung auf- zufordern, hinsichtlih der Vertheilung dieser Fonds folgende Maßnahmen zu treffen: 1) Die Grundsäße, nach welchen aus diesen Fonds Beihilfen zu geben sind, werden vom Kultus- Minister gemeinschaftlich mit den Ministern des Jnnern und der Finanzen festgestellt. 2) Die Fonds selbst werden von den genannten Ressort-Ministern pl die Regierungsbezirke ver- theilt. 3) Die Regierungs-Präsidenten bewilligen felbständig nach den ad 1 festgestellten Grundsäßen die einzelnen Beihilfen nah Anhörung dér Selbstverwaltungskörper.

Die Abgg. von der Acht (Zentr.) und Genossen bean- tragen dazu folgende Abänderungen: I. ad 1 nach dem Worte „festgestellt“ beizufügen „und veröffentlicht“; T. ad 3 am Schlusse an Stelle des Wortes „Selbstverwaltungskörper“ zu seßen „Kreisausshüfsse“; TII. folgendes als Nr. 4 zu seßen : 4) win ddo wird dem Landtage eine Nachweisung der Bei- hilfen vorgelegt, welhe aus diesen Fonds an politishe Ge- meinden und Schulverbände gewährt worden sind.

Die Abgg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (fr. kons.) und Genossen beantragen statt des Kommissionsantrags folgende Fassung: Die Regierung aufzufordern: die Bewilligung der einzelnen Beihilfen aus dieten Fonds durch Organe der aaen Landesverwaltung nah Anhörung von Selbstver- waltungskörpern zu ermöglichen, und zwar durch eine geseß- lihe Neuordnung der Haailichen Schulverwaltung in der Provinzialinstanz dahin, daß die Geschäfte der Schulabthei- lungen der Bezirksregierungen auf Behörden der allgemeinen Landesverwaltung unter geordneter Mitwirkung von Selbst- verwaltungsorganen übertragen werden, insbesondere eine Dejentralisation an die Kreise stattfindet.

Der Abg. Graf von Strachwiß beantragt, die Nr. TI wie folgt zu fassen: ad 3 am Schlusse hinter dem Wort A P zuzuseßen: (Kreisausshüsse, Stadt- ausschüfse).

Abg. von Bodckelberg (kons.) empfiehlt namens der kon- servativen Partei den Antrag der Budgetkommission im Interesse einer größeren Dezentralisation.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Wenn es mir, wie der Herr Vorredner gesagt hat, gelingen sollte, auf dem Gebiet der Vertheilung dieser großen Dispositions- fonds allgemeine Zufriedenheit herzustellen im Sinne des Herrn Vor- redners und auch wohl des Antrags, der Ihnen jetzt vorliegt, so würde mih das sehr glücklich machen, und ih werde es an keiner Arbeit und an keiner Mühe fehlen lassen, um dieses Ziel zu erreichen. Ich bin mit dem Herrn Vorredner darin vollkommen einverstanden, daß diese

nit eingegangen; nah der Anregung des Abg. von Strombeck sollen

Abg. Knörcke (fr. Vgg.) tbeilt mit, daß er Herrn D

N ; ; x auzenber im Interesse des Fortgangs der Etatsberathung zu veranlassen nefutit habe, seine Rede über die Schulaufsicbt, die dersel:e nun schon feit 20 Jabren wiederhole, diesmal zu unterlassen ; Herr Dauzenberg habe

legt worden; der Staat werde hoffentlih sein Recht auf die Sch i Staat werde hoffe B f die Schule niemals aufgeben. Die Mahnung, der Schule Ruhe zu lasen, folle

es ihm damit ernst sei, daß die Schule Ruhe habe, so solle das

abzunehmen.

Nun ist aber bereits in der Budgetkommission hervorgehoben Ihr Herr Berichterstatter bat Sie ja in seinem ausgiebigen und flaren Vortrag über die Verhandlungen der Kommission darüber orientiert und ebenso ift bei den Verhandlungen in der Kommission für das Lehrerbesoldungsgeseß wieder- bolt zur Sprahe gekommen, wie ungeheuer s{chwer es ist, hier Grundfäye in dem Sinne zu finden, daß sie einen festen, sicheren Maßstab bilden, den man nur an die Verhältnisse einer Gemeinde anzulegen brauht, um ganz genau zu wissen, was dieser Gemeinde E was ihr gewährt werden muß und was ihr gewährt werden

ann.

Meine Herren, wir haben es versucht. Ih habe in durchaus loyaler Verfolgung des von Ihnen im vorigen Jahre angenommenen An- trags unmittelbar nah Schluß des Landtags kommissarische Verhandlungen zwischen den betheiligten Refsorts herbeigeführt. Diese Verhandlungen haben eminente Schwierigkeiten ergeben. Wir würden vielleicht weiter sein, wenn nit, wie ja heute wohl auch {on erwähnt ift, der Ministerwechsel im Ministerium des Innern dazwischen gekommen wäre. Dadurch sind diese Verhandlungen ins Stocken gerathen; sie werden aber wieder aufgenommen und würden au selbst ohne diesen Antrag unmittelbar nah Schluß der Etatsberathungen wieder auf- genommen worden sein. Das würde unsere Pflicht sein, selbs wenn Sie diesen Antrag nit annehmen sollten. Ich glaube, daß wir {on sehr dankbar sein müssen, wenn es bei gutem Willen und ernster Arbeit gelingt, einigermaßen klare, sichere und gerechte Anhalte- punkte zu finden für die Vertheilung dieser Fonds. Das ift, glaube ih, das Höchste, was wir überhaupt erlangen können; und das wäre hon sehr viel.

Nun, meine Herren, es soll an uns dabei nit fehlen, um das

herbeizuführen, was Sie hier namentlih unter Ziffer I des von der konservativen Seite gestellten Antrags verlangen. Der Herr Vorredner hat gesagt, er wünsWe auf diesem Gebiet eine gründlihe Dezentralisation. Ja, meine Herren, damit sind wir ganz einverstanden; aber ih muß doch hervorheben, daß wir bereits eine Dezentralisation haben, daß wir auch jeßt {on diese Fonds nicht von hier aus an die einzelnen Gemeinden, sondern daß wir sie auf die Regierungsbezirke vertheilen. Diese Dezentrali- sation ist bereits herbeigeführt: au jeßt geshieht die Vertheilung im einzelnen durch die Bezirksinftanz. Nun ift freilich darüber geklagt worden und so glaube ih auch den Herrn Vorredner verstanden zu haben —, daß infolge der Direktiven von der Zentralinstanz aus bei der Einzelvertheilung ein viel zu mechanisches und deshalb zu unzutreffenden Ergebnissen führendes Verfahren beobahtet werde. Meine Herren, ih will es ja nicht leugnen, daß gewiß Fälle vorkommen, wo die Regierungen auhch einmal fehlgreifen in der Vertheilung dieser Fonds; aber die An- nahme, daß wir ganz mehanisch den Saß von 75 %% der Staats- steuerbelastung als einen unter allen Umständen abfolut anzuwendenden Maßstab hingestellt und damit eine mechanishe Vertheilung herbei- geführt hätten, diese Annahme ist niht zutreffend. Ich darf mir wohl gestatten, Ihnen eine Verfügung theilweise mitzutheilen, die in diefer Frage im vorigen Jahre ergangen i. Es heißt in der Verfügung, die ich wohl mit Erlaubniß des Herrn Präsidenten verlesen darf :

In den Erlassen vom 21. Juni vorigen Jahres und 15. Fe- bruar dieses Jahres d. h. 1895 ist eine Belastung mit Volksshulabgaben in Höhe von 75% der NReal- und Einkommensteuern lediglich deshalb als Regel oder durchschnittlize Belastung bezeihnet, weil der derzeitige Umfang des Fonds Kap. 121 Tit. 34 des Staatshaushalts- Etats zu Staatsbeihilfen für unvermögende Schulverbände eine allgemeine Ermäßigung der Volksschullasten unter diesen Say niht gestatte. Es if indessen zugleiß ausdrücklich betont, daß neben den Schullasten auch auf die anderen öffentlichen Abgaben, sowie auf die besonderen wirth- \chaftlihen und Erwerbsverhältnisse der Gemeinden billige Nücksiht zu nehmen ist. Demgemäß is auch nach- gelassen, daß in denjenigen Fällen, in denen die Gemeinden sich in be- sonders ungünstigen Verhältnissen befinden, die Schullasten bis auf 50 9/6 der genannten Steuern und ausnahmsweise auch dar- unter ermäßigt werden können, während in anderen Fällen, in denen die Steuerkraft der Gemeinden eine besonders hohe ift, eine Belastung für die Zwecke der Volksschule bis zu 100 9% der Staatssteuern gefordert werden muß.

Ja, meine Herren, hiernah wird man uns das wenigstens niht vor- werfen dürfen, daß wir einen rein mechanishen Maßstab hingestellt hätten.

Nun fragt es sich: wie wird denn die Sahe in der Bezirks8- instanz gemacht? Ja, das macht nicht etwa bloß der Schulrath in der Schulabtheilung, sondern das macht die Schulabtheilung im Einvernehmen mit der Finanzabtheilung; dabei werden alle die konkreten Verhältnisse, auf die der Herr Vorredner sehr richtig hin- gewiesen hat: die gesammte wirthschaftlihe Lage der Gemeinde, das Verhältniß der Kirchenlasten, der Kommunallasten, der bereits feste stehenden sowohl wie der für längere Jahre bevorstehenden, kurz es werden alle wirthshaftlihen Verhältnisse der Gesammtgemeinde ge- prüft, und diese Prüfung erfolgt seitens der Schulabtheilung gemeinsam mit der Finanzabtheilung der Regierung. Also, meine Herren, fo mechanisch, wie der Herr Vorredner es angenommen hat, ist das jeßige Verfahren in der That keineswegs.

Nun habe ih mit Rücksicht auf den Beschluß des vorigen Jahres und unsere dazu abgegebene Erklärung nichts dagegen einzuwenden, daß Sie den

großen Dispositionsfonds eine schwere Last für das Kultus-Ministerium

Antrag unter Ziffer T annehmen; er ruft der Staatsregierung ihre

sind, und daß ich nur dankbar sein kann, wenn es gelingt, feste Grundsäße aufzustellen, nah denen sie zu vertheilen sind, und die geeignet sind, einen großen Theil der {weren Verantwortlichkeit, die wir jeßt in Bezug auf diese Fonds tragen, uns zu erleichtern oder

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