1896 / 69 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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gabe des Vertragsrehts, friedlich durh die moralische Wirkung unserer Flagge, wenn es aber hart auf hart kommt, wenn uns Unbill und Gewalt entgegentreten, dann auch auf andere Weise, und dann muß das deutsche Scchwert auch zu Wasser ein sharfes sein. (Lebhafter Beifall.) Zur Erfüllung dieser Pflicht ift eine gute und starke Kreuzerflotte ein unentbebrlihes Werkzeug. Dieses Werkzeug müfsen wir im ftande balten, denn wenn wir es verrosten laffen, so werden wir wirthschaftlih zurüd- geben, und der politishe Rückgang wird auch nit ausbleiben. Im Laufe der lezten 2% Jahre haben si unsere überseeischen Interefsen in gewaltiger Weise entwidckelt, wir haben an friedliher Expanfion Alles geleistet, was eine junge aufftrebende Nation leisten kann, Vieles bleibt uns noch zu leisten. Wir müssen {üen die Deutschen im Auslande mit der Beschränkung, die der geehrte Herr Vorredner ganz ritig angedeutet hat. Auh ih s{wärme nicht für das civis Romanus sum, namenilich dann nicht, wenn es von Leuten ausgeht, die sich vielleicht Jahrzehnte lang gar nit um die Heimath gekümmert baben - (sehr richtig!)), aber in dem Augenblick, wo es ibnen let gebt, meinen, es müsse ein Kriegsschiff kommen und ihnen helfen. (Sehr richtig!) Die Grundsäße über den Schuß der Deut- schen habe ih im vorigen Jahre auéeinandergesezt und damit die Billigung des Reichstags gefunden. Ih habe nichts hinzuzuseßtzen. Wir müssen immer in den Grenzen, daß es sich nur um legitime Interessen handeln kann, unseren ausgedehnten Handel, unsere Schiff- fahrt ügen; wir müssen eingedenk sein, wie große Kapitalien in überseeischen Gebieten angelegt sind, und wir haben die Pflicht, au jener frommen Männer zu gedenken, die als Missionare hin- übergehen, um dort inmitten {werer Gefahren das Chriftenthum und die Kultur zu verbreiten. (Lebhafter Beifall in der Mitte.) Zu diesem Behufe müssen wir Stationen anlegen überall da, wo in weitem Umfange deutsche Interessen vorhanden find; wir müssen unsere Flagge bissen, wir müssen gewappnet sein, bei außerordentlihen Ereignissen auch mit Gewalt einzutreten in den Fällen von Bürgerkrieg, Anarchie, Kriegen zwischen anderen Staaten. Wollten wir traußen Konflikte suchen, so würden wir denjenigen den allerschlechteften Gefallen erweisen, die wir in erster Reibe s{hügen sollen: unsere Rheder, unsere Kaufleute, alle diejenigen, deren Erwerb nur gedeihen kann in friedlihen, normalen Zuständen. (Sebr richtig !) Wollten wir umgekehrt Konflikte um jeden Preis vermeiden, weil wir zu \{wach sind, fie durhzu- führen, dann würden unsere Interessen in den Augen fremder Macht- kaber bald zu solhen zweiter und dritter Gattung herabsinken und darnah behandelt werden. Es bat jüngst ein Abgeordneter der Linken, ih glaube, es war ein Herr aus Württemberg, dem Gedanken Auédruck gegeben: je mehr Schiffe wir brauchten, um fo weniger staats- männisches GeshiX bewiesen wir. (Heiterkeit.) Das heißt vom Oratorishen ins Deutshe überseßt (Heiterkeit): macht eure überseeisde Politik nicht mit Kreuzern, sondern mit Tinte und Feder. Ich fürchte, auf diese Politik würde das geflügelte Wort vassen: Billig, aber {chlecht. (Heiterkeit.) Wenn wir in folchen Ge- bieten, wo unsere Konkurrenten mit Kreuzern argumentieren, mit {ön gedrechselten Noten zu Felde ziehen, so würden wir sehr bald inë Hintertreffen kommen, wir würden am eignen Leibe den Schaden versvüren und ganz gewiß für den Spott niht zu sorgen haben. Insere überseeishen Interessen sind gewaltig gewachsen, aber unsere Kreuzerflotte ift in den leßten Jahren zurückgegangen. Die Schuß- bedürfnisse sind gestiegen, aber die Schußmittel haben fih verringert. Mir baben vor 11 Jahren 27 Kreuzer gehabt, jeßt haben wir nur no§ 20 (bört! bört! rechts), und die Unhaltbarkeit dieses Zustands wird an feiner Stelle tiefer empfunden, als beim Auêwärtigen Amt, und so gern ih anerkenne, daß die Marine alles thut, was in ibren Rréften ftebt, um unseren Forderungen nahzukommen, {ließli muß sie Halt machen vor der ultima ratio : es ift kein Schiff da. Als vor wenigen Monaten die Frage der zweiten Stationäre vor Konstantinopel aufgeworfen wurte, und man uns den Wunsch ausdrückte, daß wir, um politische Mißverständnifie zu vermeiden, auch einen zweiten Stationär dorthin hiden mödhten, so fiel uns die Entscheidung darüber außerordentlich den Hafenpläten Kleinasiens Hilferuf auf Hilferruf nah einem Schiff an uns erging seitens der Reichsangebörigen angesichts der Megßeleien, die damals stattfanden, war es uns lange unmögli, diesem Wunsche ftattzugeben; wir mußten s{ließlich ein Schulschiff binshicken, das an d

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itishen Missionen nit geeignet ist. Und als im Anfang jene bekannten Unruben auébrahen in der Süd- mußten wir das cinzige Schiff, welhes an

frifanishen Küste zum Schuß unserer Kolonien

elagoabai senten, um dort unsere Streitkräfte

eint ren. Ich könnte diese Beispiele beliebig vermehren. MWeit \cklimmer ift es aber, daß wir die Stationen, die wir früher ge- habt baben, wegen Mangels an Schiffen aufgeben mußten, fo in Süd- und Zentral-Amerika. Das ift jener Theil der Erde, in dem im größten Umfange deutshe Interefsen vertreten sind; ih glaube, an die Hunderttausend Reichsbürger, niht nur Reichëgebürtige, wohnen genden. Wir treiben in auégedehnteftem Maße Handel

it jenen Ländern, ih weise auf die zunehmende Schiffahrt hin, auf unsere Küstensbiffabrt, wir baben viele Millionen in Unternehmungen dort elegt, und von der Weftküfte herab bis zur Magelhaenéstraße f é ift kein deutshes Schiff mehr vor-

nd gerade jene Länder, in denen nah sebr bäufig innere Unruhen, Kriege, Revo-

auébrechen. In früheren Zeiten, zum Beispiel in

em Kriege zwishen Peru und Chile, Ende der fiebziger Jahre, war unsere deutsche Flotte, mit dem Panzerkreuzer „Hansa“, die damals 1 die fremden Interessen mit vertreten konnte. Wir würden beute einem ähnlichen Falle gezwungen sein, unsere Intereffen einem anderen Staat anzuvertrauen, und ih meine, das ift von dem Stand- Interessen und unserer Würde ein böchft unerfreulicher r wahr! sebr riétig! rechts, in der Mitte und bei den

D anallikerale Nationalliberalen.)

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Richt viel beffer liegt die Sache in der Südsee, wo zwei Kreuzer vierter Klafse, jeder mit einem Landungskorps von 40 bis 50 Mann, unsere Interessen in Samca, Tonga, den Marschallinseln und Neu- Guinea zu vertreten und zu s{chüten haben, und von denen einer ftets in Samoa bleiben mus, bäufig auch alle beide wegen der bekannten unerguidcklihen Verbältnifie, die dort befteben.

Ich komme nun zu jenem Gebiete, wo seit zwei Jahren eine

iu den oftasiatischen

größere deutshe Flottenmaht versammelt ift: Gewäfsern, und komme bier dem Wunsce, der mir in ter Budget-

kommission ausgesprohen wurde, einigen Aufs{luß über unsere politische Aktion des vorigen Jahres zu geben, um so lieber nah, weil man ja uns Vorwürfe in dieser Beziehung auch hier im Hause gema@ht hat, als stände unsere Intervention im vorigen Jahre entgegen der Zusage, die ih bier gegeben, als hätten wir einen ganz unvermuthet plöglichen Frontwechsel vorgenommen. Beide Vorwürfe sind durchaus unbegründet. Jch habe im vorigen Jahre hier erklärt: wir wollen während des Krieges zwishen China und Japan neutral bleiben. Getreu dieser Haltung, baben wir, so lange der Krieg andauerte, jeden Gedanken der Ein- mishung zurückgewiesen, weil wir der Ansicht waren, daß, so lange es keinen Sieger und keinen Besiegten gab, eine Intervention nußlos, ja sogar \{ädlich sei. Als dann aber die Wagschale definitiv zu Gunsten Japans sih gesenkt hatte und die ersten Nachrichten der vorauésihtlihen Friedensbedingungen nach Europa kamen, haben wir {on in den erften Tagen des März ‘vorigen Jahres, also 6 Wochen vor dem Friedens\{luß, die japanishe Regierung in freundshaftliher Weise darauf aufmerksam gemacht, daß eine Annektion von chine- sishem Festlandsgebiet voraussihtlich zu Interventionen europäischer Staaten führen würde. Wir sind dabei von der Ansicht ausge- gangen, daß eine Annektion der Halbinsel Liao-Tong mit Port Arthur, gleichzeitig mit der Annektion von Formosa und den Peêcadores- Snseln eine vollkommene Umwälzung ‘in den Machtverhältnissen Osft- Asiens herbeiführen würde, daß die Besißnahme dieser Punkte seitens Japans eine beständige Bedrohung Chinas enthalten würde, an seinen verwundbarsten Stellen, und daß dadur China in eine politische, ökonomische und militärishe Gefolgshaft von Japan kommen müsse, die für europäishe und speziell für deutsche Interessen nachtheilig sein und den Anlaß bieten würde zu neuen kriegerischen Konflikten in der Zukunft. Die japanishe Regierung hat diesen Rath nicht befolgt. Ich nehme an, aus zwingenden Gründen. Als daher nach dem Friedens{luß von Schimonoseki die rufsishe Regierung mit uns in Benehmen trat, und bezügli des Friedenêvertrages, insbesondere der Annektion von Liao-Tonga, Uebereinstimmung der Anschauungen \ih ergab, als Rußland ents{lofsen war, dies nicht zu dulden, fo kam es zu jener friedlihen Intervention, deren Ausgang allgemein bekannt ift. Die Tkâätigkeit, die wir bei den Verhandlungen mit Japan ent- wielt, baben wir vor niemandem zu terheimlihen, am allerwenigsten vor der japanishen Regierung, und es ist nicht nur Vermuthung, wenn i es bier aussprehe, daß man in den Kreisen der japanischen Regierung beute unsere ganze Haltung würdigt. (Bravo !) Wir baben Neutralität während des Krieges geübt, aber Neutralität während des Krieges ift nit identisch mit dem Entschluß, nah beendigtem Kriege die Ordnung der Dinge zu acceptieren, die der Sieger dem Be- siegten auferlegt. Ih erinnere Sie an den Vorgang nah dem letzten russisch - türkishen Kriege (sebr richtig!), und wenn man uns vorbäâlt, wir bätten dur diese Intervention die Geschäfte Ruß- lands und Frankreis geführt, so sage ich umgekehrt: nur dadur, daß wir an dieser Intervention theilnahmen, waren wir in der Lage, die deutsen Interessen wirksam zu vertreten. (Sehr wahr !) Wir baben jene politishe Haltung eingenommen nicht China zu Liebe, nit Japan zu Leide, sondern lediglich in Wahrung unserer Inter- essen. Ich wüßte niht, was uns veranlassen follte, dem befreundeten Japan gegenüber einen feindseligen Akt zu begeben. Eine kräftig aufblübende Nation wie die japanische, die in kurzer Zeit durch unermüdlihe Arbeit auf allen Gebieten erstaunenêswerthe Fort- schritte gemacht und gezeigt hat, daß sie ein scharfes Schwert zu Wasser und zu Lande besißt, darf immer auf die Sympathie der deutshen Nation rechnen (Bravo!), und ih glaube, der Hoffnung Ausdruck geben zu follen, daß es demnächst gelingen wird, au ursere kommerziellen Verhältnifse mit Japan auf eine feste und sichere Basis zu stellen. (Bravo!) Freilich, die Wogen, die jener Krieg in Ost-Asien aufgeregt hat, sie werden ih so bald nicht glätten; und wer wollte heute die Entwickelung voraussehen, welche die ostasiatishen Verbältnisse in der nächsten Zukunft nehmen werden? Wir haben \o große Interessen dort , daß wir auf der Wacht scin müssen, einmal die Interefsen , die wir beute \chon haben, zu schüßen : die Handelsinterefsen, die Scwiffahrtsinterefsen, die Interessen unserer Missionare; sodann aber müfsen wir ents{lofsen sein, an der zukünftigen Entwickelung der dortigen kommerziellen Verhältnisse pari paesu mit anderen Nationen theilzunehmen ; und zu dieser Aufgabe bedürfen wir einer starken Kreuzerflotte. Wenn Sie \ich erinnern, welche ernsten Befürchtungen bei dem Ausbruch des japanisch-chinesishen Krieges geknüpft wurden bezüglih des Swidîals der deutshen Interessen, und wenn Sie sehen, wie wenig diese Befürchtungen s verwirklicht haben, so danken wir das in erfter Reibe unserer Flotte, die au dort, wie überall, in unermüdlihem Eifer troß aller Strapazen für die deutschen Interessen eingetreten ift und die, wie ich glaube, auch dort sih den Dank der Nation in vollem Maße erworben hat. (Bravo!)

Damit, meine Herren, glaube ih, mit meinen Ausführungen zu Ende zu sein. Sie seben, “es handelt sich bier um fefte, bestimmte Ziele, die wir verfolgen, und do bin ih ehrlich genug zuzugeben : in dem Worte „uferlos“, ausgesprochen mit Bezug auf unsere Kreuzer- flotte, ift ein Körnhen Wahrheit, wenn au in einem anderen Sinne als dem landläufigen. Jede staatliche, man kann sagen: jede menshlihe Aufgabe is „uferlos* insoweit, als wir nie einen Punkt erreichen werden, wo wir sagen können: Hier ift Land, hier steigen wir aus, bier wollen wir der Ruhe pflegen. Dieser Punkt exiftiert in unserer werdenden und werbenden Welt nicht, nicht auf fittlihem, nit auf sozialpolitishem, am wenigsten auf materiellem Gebiet. Ueberall da gilt der Saß, daß Stillftand Rückschritt ist (sebr wahr!) und darum sage ih: solange deutsher Unter- nebmungégeist und deutsher Schaffenstrieb täglih neue Verbin- dungen anknüpfen in ferzen Ländern, solange wir den Uebershuß an mens&liher Kraft und an unseren Produkten binübergeben in jene Gebiete, so lange darf auch an unseren Werften der Kreuzer niht verschwinden, defsen Flagge bestimmt ift , jene Interessen nah NBölkerrechckt und Vertragérecht zu s{hüßen, und wenn jemand die Frage an uns rihtet: quousque tandem, wie lange wollt ihr denn die deutshen Steuerzabler noh belaften mit diesen Schiffsbauten? so werde ih ibm die Gegenfrage ftellen: wo ift denn die Grenze, an der die Entwidelung unserer übersecishen Interessen ein Ende nehmen wird? und ih glaube, wir Alle wünschen, daß auf diese Gegen- frage noch recht lange eine Antwort nicht gegeben werden fann. Dessen dürfen Sie sicher sein : wir werden so wenig wie heute, so wenig auch in der Zukunft an die Phantasie, an Shwärmerei und GCbauviniémus appellieren. Wir werden nur appellieren an ruhige sahlihe Erwägung auf dem Boden nahweisbarer Bedürfnifse und

an jenen gesunden nationalen Sinn, der sorgfältig prüft aber auc freudig die Opfer bringt, die er als nüßlich und als d wendig für die Gesammtheit erkennt.

Und, meine Herren, der Schuß der übersceishen Interessen hat doch auch eine ideale Seite. Gewiß giebt es, wie der S redner ausgeführt, unter den Deutschen draußen über dem Mee, manche Elemente, die weder unsere Theilnahme, noch unseren idi verdienen ; aber es giebt gar viele draußen, die wir dem Deutshtb,, erhalten können, wenn wir durch den Schuß, den wir R gewähren, zu ihrem Herzen sprehen und fie ermahnen, daß fie A getreu bleiben ihrer alten Heimath, und das ift auch eine Aufgabe c wir zu fördern und zu lösen haben. g

Alles in allem, meine Herren, au bei dem Schuß überseeis» änteressen in dem Sinn, wie ich ihn dargelegt habe, handelt ¿s f um gute deutsche Politik, und ih meine: für eine sol, Politik wird der Reichstag jederzeit die nöthigen Mittel gewähren. (Lebhafter Beifall.) : _ Abg. Bebel (Soz.): Das Wort von den „uferlosen Plänen ift doh niht vom Himmel gefallen, es entstand aus den Bestrebungen die gerade in den Parteien, welhe sont die Marine unterstü fen Beunruhigung erregten. Würden diese Pläne in bedeutunga[ f Kreisen entstanden sein, so wäre es lächerlich gewesen, ibnen e Bedeutung beizulegen. Aber das Gegentheil ift der Fall. Man sollte doch bier in diesen wichtigen Fragen nicht Verstecken spielen Am 18. Januar wurde eine Rede gehalten, in welcher es hieß daf Deutschland ein Weltreich geworden sei und eine Weltpolitik c, trieben werden müsse. Danach tauchten die uferlosen Pläne mit einen S(lage auf; die Agitation stügte sich auf diese Rede. Zur Ver, wirklihung dieser Pläne reiht das bei weitem niht aus, was jeßt als nothwendig bezeihnet wird; da müßte man weit darüber hinaus: gehen. In der Kolonialgefellshaft traten bekannte Herrcn dafür ein, in der Presse Graf Dürkheim, und Männer, die in der Marine eine gewisse Bedeutung haben, steckten binter dieser Agitation. Wenz der Berichterstatter davon gesprochen hat, daß cs eine Unverschämtheit sei, einen hohen Offizier der Marine mit diesen Dingen in Ver, bindung zu bringen, so hatte der Staatssekretär des Marineamtt das wobl nur in Bezug auf sein Ressort gesagt; aber der Chef des Marinekabinets, Herr von Senden-Bibran, ift in der Presse damit in Verbindung gebracht worden, und bisher wurde dagegen ein Wider- syruch niht erhoben. Was if das für ein Zustand, daß fol: Bestre“ungen auftreten können im Gegensaß zu den verantwortlichen Personen? Die uferlosen Pläne haben E IAE \o beeinflußt, daß es die gegenwärtigen Forderungen erfüllen will, und damit ist ja die Mehrheit dafür gesichert. Wenn es jegt an Kreuzern feblt, so muß eine seltsame Wirthschaft in der Marineder- waltung herrshen, denn die laufenden Ausgaben derselben baben si iu den leßien 10 Jahren um mehr als 5009/9 vermehrt; sie be- tragen in den 10 Jahren 693 Millionen Mark. Die Auswanderer e meistens in Gegenden, wo Deutschland ihnen mit Schiffen nitt elfen kann. Sind die Kreuzer vernahlässigt, so ift daran der über- triebene Bau von Panzerscchiffen \{uld. Deutschland ift eine Land- macht und muß auf das Landheer den größten Werth legen, für tai ja au in den leßten 10 Jahren 5 Milliarden ausgegeben worden find. Heute sind 48 Jahre verflossen seit dem Kawpf, der baupt- \ählih dem Militarismus galt, und seitdem hat fich der Mili- tarismus übermächtig entfaltet, sodaß der Widerstand dagegen \ih er- bebt, und es wird feine 48 Jahre mehr dauern, dann werden die Parlamente sih nicht mehr mit diesen Dingen zu befassen baben. In OÖst:Asien hat man die deutshen Interessen nit richtig vertreten denn jede Steigerung des russishen Einflusses s{hädigt alle übrigen Staaten. Man bat dabei nur die Interessen des Augenblicks, aber nirgends die der fernen Zukunft im Auge behalten.

Staatssekretär des Reichs-Marineamts, Hollmann:

Der Herr Abg. Bebel hat, wie in der Sitzung der Budgeikom- mission, so auch heute hier im Reichstage den Chef des Marine kabinets in die Debatte gezogen. Der Herr Abg. Bebel bat ke hauptet, daß dieser Herr in einem Zusammenhange ftehe mit dn Preßtreibereien, die auf die uferlosen Pläne abzielen. Er bat aud, wenn ich ihn recht verstanden habe, auf ihn hingewiesen als auf denjenigen Offizier, der mögliherweise dem Regierungs-Rath oder Regierungs - Affsefsor, von dem vorhin die Rede war, die l treffenden gegen die Regierung gerihteten Mittheilungen gemadt bätte. Meine Herren, ih habe {hon in der Kommission mi selbft- verständliG ganz entshieden gegen eine solche Annahme autg sprohen. Sie ist meiner Ansicht nah nicht haltbar. Es ift voll- fommen ausges{lossen, meine Herren, daß ein Offizier si mit ter Presse in Verbindung seßt, um gegen die Regierung zu arbeiten, Vor allem ift es aber ausgeschloffen bei einem Offizier, der ! in einer dienstlichen Stellung befindet, wie der Herr Che Marinekabinets. Ih muß das also ganz entschieden zurückweisen. ift auch durch nichts erwiesen.

Meine Herren, der Herr Abg. Bebel hat fernerhin die Frage geftellt, er wüßte niht, in welhem Subordinations- oder @ weitem Verhältniß dieses Kabinet zur Marineverwaltung steht. J9, meine Herren, ausgesprochen ist dieses Verbältniß durch den Titel und durch die Funktion. Der Chef dcs Marinekabinets steht der Aller- bôd& sten Person als Bureau-Chef zur Seite, er hat die Allerhöchften Befeble weiter zu geben. Meine Herren, daß ih auf einen sol Offizier keinen Einfluß und keine Kontrole habe, ist klar; es ift aber auch vollkommen ausgeschlossen, meine Herren, daß ih zu ihm in einen Widerspruch gerathe oder mih zu ihm in eine Steklung verseßt, die Reibungen zur Folge hat. Das ift deswegen ausgeschloffen, wei ich von allem, was der Chef des Marinekabinets thut, obne weiter voraussetze, daß es den Allerhöchsten Intentionen entspriht; un? diesen Intentionen gegenüber telle ich mih nit in Widerspru. Soweit, meine Herren, das was den Chef des Marinekabinets X trifft.

Der Herr Abg. Bebel hat, bezugnehmend auf die Aeußerung" meines Amtskollegen vom Auswärtigen Amt, darauf hingewiesen, daf der Marineverwaltung im Laufe der leßten 10 Jahre eine red erklecklihe Summe zur Verfügung ftand, um die Marine ¡u en wideln auf allen Gebieten. Die Summe, die gezogen war, wat zweifellcs rihtig, und wenn man die Summe im Ganzen betrat! so muß ih sagen, hat sie einen hübschen Klang. Ich geftebe au obne weiteres zu, meine Herren, daß die Forderungen der Marin! in den leßten 10 Jahren gewachsen sind. Nun schließt der H Abg. Bebel daraus, es können doch unmöglih die Versicherung" meines Herrn Amtskollegen rihtig sein, daß der Marine nit dab- jenige Kreuzermaterial zur Verfügung ftebt, welches für den ae wärtigen Dienst benöthigt wird. Ja, meine Herren, dem ift do 105 denn die Summe, die der Herr Abg. Bebel hier genannt hat, ift do nur zu einem sehr fleinen Theil für den Schiffsbau verwendet word und zu einem außerordentlich kleinen Theil zum Schiffsbau für Kreuir- Sie ift in der Hauptsache bewilligt worden für die E Entwidelung der Marine, die sich natürlih anschließt den dürfnifsen, in allererster Reihe den Bedürfnifsen der KüstenvertheidigW®-

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quf diesem Gebiete haben wir diejenigen Fortschritte gemaht, die i Einklang stehen mit den erhöhten Bewilligungen. Vir haben ¿1 der That höhere Forderungen für die Küstenvertheidigung wie júr die Freuzerthätigkeit gestellt. Das liegt sehr nahe, meine Herren, tas Hemd ist einem ja näher als der Rock! Wir werden zunächst dafür sorgen müssen, daß das Reich gesichert ift, und demnächst da- ir, daß die auswärtigen Bedürfnisse des Reichs befriedigt werden. Sie haben das Alle mit mir in den lezten sech8 Jahren erlebt, was auf dem Gebiete des Kreuzerbaues ges{ehen is. Solange ih die Ehre babe, die Marine vor dem - hohen Hause zu pertreten, haben wir die Flotte nur um 2 Kreuzer ver- mebrt, der cine 2. und der andere 3. Klasse. Wir haben sie ferner um 4 Kreuzer 4. Klasse vermehrt, die aber in der Hauptsahe für den stationären Dienst im Auslande verwendet werden. Vor meiner Zeit is auch sehr wenig auf dem Gebiete geschehen. Es sind 2 Kreuzer 2. Klasse gebaut, fodaß also in Summa in den leßten Fahren“ eine Zunahme von 4 Kreuzern 2. Klasse und 4 Kreuzern 4. Klafse zu verzeihnen ist. Das is immerhin eine sübshe Anzahl von Schiffen; sie bedeutet aber nihts gegen die Zahl, die wir als abgängig bei den Kreuzern betrahten müfsen. Innerhalb der lezten 10 Jahre haben die Kreuzer, die damals im Jahre 1885/86 neu waren, sehr wesentlih eingebüßt an Gefehtseigenshaft mnd an ihrer Verwendungsfähigkeit. Meine Herren, es bringt mi dies auf den Standpunkt, den ih dem hohen Hause gegenüber in der Vertretung der hier vorliegenden Marineforderungen einzunehmen habe. Es ift, wie mein Herr Amtskollege schon erwähnt hat, für mih außerordentlih s{wierig, Ihnen Rede und Antwort auf diejenigen Fragen zu stehen, die die Zukunft betreffen, und zwar aus dem ebr einfahen Grunde, weil über diese Fragen in feiner Weise Entscheidung getroffen ift und es ih augenblicklich lediglich um Vorarbeiten innerhalb des Marinerefsorts handelt. Meine Herren, aus den Erklärungen, die in der Kommissionssizung abgegeben find und die durch den Herrn Referenten in sehr dankenswerther Weise hier so ausführlich wiedergegeben wurden, werden ih die Herren «in Bild von den Verhandlungen machen können ; und durch die Er- fl¿rungen, die mein Herr Amtskollege vom Auswärtigen Amt hier abgegeben hat, ift hier wohl zur Genüge dargethan, daß es sich kier in der That niht um „uferlose Pläne“ handelt. Meine Herren, es ift bei den Erörterungen, die hier gepflogen worden sind, „Marine- liebbabereien“, „Treibereien“ u. \. w. positiv kein Raum zugebilligt worden. Es heißt wirkli, wenn ich mich eines Ausdrucks bedienen darf, der in früheren Jahren hier einmal gebrauht worden ift, \sich melanholisGen Betrahtungen hingeben, wenn man das annimmt. Andererseits, meine Herren, ift ja au kein Zweifel, daß das Material der Marine im beutigen Stande nicht voll den Anforderungen mebr entspricht, die geftellt werden müssen. Meine Herren, man würde sch wirkli jeder Erkenntniß verschließen, wenn man das nicht zugäbe! Sehr richtig !)

Menn wir einmal das prozentuale Verhältniß betrahten, welches in der Marine zwischen dem alten Schiffsmaterial und dem neuen besteht, so fällt dieser Vergleih sehr zu Ungunsten des neuen aus das alte ift weit überwiegend. Also, meine Herren, winn dieses alte überwiegend ift, so liegt es doch nabe, daß die Marineverwaltung i beshäftigen muß mit der Frage des Ersaßes des alten abgehenden und weiteres thun wir nit. Wir fragen uns: wie soll der Ab- zang, der in den allernähhsten Jahren an allen Stellen zu erwarten ift, erseßt werden und wie soll das abgebende erseßt werden in den fommenden Etats. Dies is die ganze Frage, mit der wir uns beschäftigen können. Bei der ganz zweifellos und unleugbar vor- handenen Minderzahl der Schiffe für unsere Bedürfnisse ist gar fein Zweifel vorhanden, daß, wenn es eines Tages einmal u einer Aktion fommt, wir alles beranziehen werden, was wir baben, alles, was auf der Flottenlifte steht. Aber unter diesen Schiffen aller Gattungen find doch sehr viele, die in der That nit in die erste Kampflinie hineingehören, die gar feinen Anspruch darauf erheben könnten, diese ehrenvolle Aufgabe auf ih ¡u nehmen. Also, meine Herren, wir müssen bedacht darauf sein, daß wir diescs alte Material durch neues erseßen, um niht im Falle eines Krieges mit alten Schiffen kämpfen zu müssen. Daß die Marine den Kampf aufnimmt, der ihr zweifellos angeboten werden wird, darüber darf wohl kein Zweifel bestehen, und ih bin überzeugt, daß au niemand im hohen Reichstag daran zweifeln wird. Wir werden den Kampf aufnehmen, der uns angeboten wird, und zwar ganz abgesehen davon, ob das heutige Material geeignet sein mag, den Kampf mit Erfolg aufzunehmen oder nit. Also, meine Herren, id meine: wenn die Marineverwaltung, beziehentlih die verbündeten Regierungen an den hohen Reichstag herantreten werden mit dem Wunsche der gemeinsamen Arbeit zur Auffrishung des Schiffsmaterials, ist das in keiner Weise verwunderlih.

Wir werden boffentlih im nächsten Jahre dem hohen Reichstage einen Plan vorlegen können, der ihm eine Uebersicht gewährt über das, was wir in Aussicht nehmen. Wir nebmen nichts in Aussicht, was Sie ershrecken wird, es sind keine sensationellen Maßnahmen irgend welcher Art ; ih habe das au in der Kommission ganz deutlich auêgesprochen, und der Herr Referent is so gütig gewesen, das hier wiederzugeben. Die Marine, wie sie heute ift, ist ein Produkt ver- shiedentliher Programme, die theils ganz, theils halb, theils gar niht zur Ausführung gekommen sind. Wir haben im Jahre 1874 das erste Programm vorgelegt, welches mit großer Mehrheit des Reichstags bewilligt ift ; wir haben dann im Laufe der 80er Jahre drei Programme vorgelegt und dann noch eins in den neunzigern. Die Kombination aller dieser Programme, Pläne und Denkschriften hat die Sache etwas verwickelt gemacht; es ist außerordentlich \chwer, heute zu sagen: was ift eigentlich von dem alten in das neue Programm übergegangen, was ift von dem neuen Programm auf Rechnung des alten zu stellen ? Kurz und gut, die Fragen sind so kompliziert, daß kaum jemand im stande sein würde, sie erschôpfend zu beantworten. Wir haben deshalb in Aussicht genommen, alles das zusammenzufassen und die Bedürfnisse, wie sie bisher aufgetreten find, zu vergleichen mit denen, welhe sih neu einstellen. Und der hohe Reichstag wird sehen, daß im allgemeinen das Programm, wie es im Jahre 1874 aufgestellt worden ift, auch heute noch zur Geltung kommen fann.

Meine Herren, wir haben quantitativ eine für unsere Bedürfnisse iweifellos sehr bescheidene Flotte, wir haben eine qualitativ noch besheidenere. Wenn man, wie wir, quantitativ bescheiden sein soll, dann ist die allererste Pflicht, daß man qualitativ voll befriedigt

wird, Je weniger wir haben, desto besser muß ¡das Wenige sein. !

Wenn wir eine große Flotte haben, laufen auch minderweribige Fahr-

‘zeuge mit- unter; baben wir eine kleine Flotte, so- muß jedes Schiff

seinen Mann ftehen, und wir können feines entbehren, wie ih vorhin chon gesagt habe.

Also, meine Herren, wenn ih alles das zusammenfafse, so gereicht es der Marineverwaltung zur großen Genugthuung, daß ihre Forde- rungen in der Kommission fast einstimmig bewilligt worden sind, und sie giebt sich der Hoffnung hin, daß ih dieselbe gute Stimmung auch hier auf den boben Reichstag übertragen wird. Meine Herren, ih kann Ihnen die Versicherung geben, daß Sie mit vollem Vertrauen in die Zukunft sehen dürfen. Sie brauen sich durh nihts s{chrecken zu laffen; es if gar nichts in Aussicht, was Sie erftaunen, was Sie überraschen wird.

Ich bitte um die volle Bewilligung der hier angeforderten Schiffe. (Bravo!)

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.): Wenn Herr Bebel die Verant- wortung hätte, würde er dann abrüsten? Er würde vielleicht auf die Schaffung eines Volksheeres verweisen, welhes noch mehr fkoftet. Die von ihm erwähnte 1848er Bewegung hat die Flotte geschaffen, welche {ih ruhig entwidelt hat, zunähst zum Zwecke der Küsten- vertheidigung. Mit England und Frankreich können wir niht wett- eifern, bei uns liegt die Entscheidung beim Landheer. Wir sind von einer Vertrauensseligkeit weit entfernt, aber wir warten auch ab, bis aus Projekten Etatsforderungen geworden sind. Wer begt denn solche Pläne? Herr Peters ift ein todter Mann! Die Kolonialkreise reiben nicht weit hinaus; der Reichskanzler hat den Traum von einer großen glänzenden Flotte aufgegeben wegen ibrer finanziellen Konsequenzen. Sobald man auf die Kostenfrage fommt, wird man die Pläne sofort einshränken müfsen. Neue Steuerquellen fließen niht, es wird also bald an die Stelle der Schwärmerei die rubige Üeberlegung treten. Namentlich bezüglich der Schlachtschiffe sind Erklärungen abgegeben, welche diejenigen binden, die sie ausgesprohen baben. Ueber die zwei Dugyend SchlaHtschiffe will man niht hinausgehen. In Bezug auf die Kreuzerflotie hat man freilih nicht erklärt, daß man eine Erweiterung nicht wünsht. Man will sie erweitern entsprehend der Erweiterung der überseeishen Interessen. Es ift aklerdings richtig, daß eine gute Politik und gute Handelsverträge befser find als Kreuzer; aber unfere Handelébeziehungen dehnen sich aus, und es können Verwiälungen entstehen, die mit der Feder allein nicht gelöst werden können. Auf die ostasiatishe Frage will ih nit eingehen, weil sich über die noch werdenden Dinge \chwer ein Bild gewinnen läßt. Wir können nur wünschen, daß wir zu den ostasialishen Mächten in freundliche Beziehungen treten und daß endlich der Handelsvertrag mit Japan zu stande kommt. Wir wollen in den biéherigen Bahnen bleiben, wir verlangen, daß die Kinanzkraft des Landes nicht außer Acht gelafsen wird, daß eine gleihmäßige Beschäftigung der Werften herbeigeführt und jede Ueberstürzung vermieden wird. Unbekannten, noch garnit feft umrissenen Plänen der Zukunft können wir jedenfalls keinen Ein- fluß einräumen auf die gegenwärtigen Forderungen, die lediglich einen Ersaß schaffen wollen für das abgehende Material.

Abg. Dr. von Bennigsen (nl.): Die Forderungen find in

der Budgetkommission mit einer großen Mehrheit bewilligt worden ; es ift wobl nit zweifelhaft, daß eine ähnlihe Mehrheit im Hause die Bewilligung aus\sprechen wird. Die Erläuterungen und näheren Be- ründungen der Vorlage baben die Nothwendigkeit der geforderten Bauten vollständig nachgewiesen. Es “ist hier bereits darauf hin- gewiesen, daß es sh niht um Abweichungen handelt von den Plänen des Jahres 1889/90 weder hinsichtlich der Panzer noch der Kreuzer. Bei den Kreuzern bleibt nach Ausführung der Bauten immer noch ein Rückstand. Bedeutende Interessen legen eine größere Verstärkung unserer Flotte nahe; das ist in der Kommission so ein- ehend nadgewiesen, daß ih nicht begreife, wie Herr Bebel hat be- Lauvlen fönnen, daß das Zentrum durch die Agitation für die „uferlosen Pläne“ zur Bewilligung bewogen worden el O it um so ungerechter, einen folchen Vorwurf dem Zentrum zu machen, weil Herr Bebel ganz genau weiß, daß {hon im vorigen Jahre die geforderten Bauten von der roßen Mehrheit des Zentrums bewilligt worden sind. Also deswegen Reaute die Agitation für die uferlosen Pläne niht herangezogen zu werden. Es ift anzuerkennen, daß eine Ünterbrehung, eine geringere Stetigkeit in der Unterhaltung und in dem Neubau der Flotte eingetreten i; wir brauchen eine

| ftetige Thâtiakeit, um die Etablissements regelmäßig zu beschäftigen.

Verschiedene Umstände haben darauf eingewi:ft, namentlich die wieder- bolte Veränderung in den Programmen der Marine und die Erfahrung mit den Bauten, die Veränderung in der Auffassung über die beste Form. Darüber ist jeßt eine Vereinbarung gefunden, und länger zu warten wäre fals. Die Möglichkeit, noh befsere Formen zu finden, ist nicht ausgeshlossen, aber eine Verzögerung würde unsere Nüftung ge- fährden. Herr Bebel hat es als unerträglich bezeichnet, derartige folofsale Summen auszugeben für die Marine und das Landheer. Er hat jeine Studien vorgetragen, und die angeführten Milliarden machen aller- dings einen ershreckenden Cindrud. Nber in diesen Summen fteckt eine viel größere Leistung als bei anderen Ländern. Wir verdanken die Nothwendigkeit dieser Last nicht dem Kriegsbedürfniß D:utsch- lands, niht dem Bedürfniß, unsere Grenzen auézudehnen und andere Nationen zu vergewaltigen. Wir leben nun einmal unter der Yerr- schaft des bewaffneten Friedens, und ih kann Herrn Bebel darin nicht folgen, daß wic nah einem Menschenalter uns nicht mehr damit zu beschäftigen haben. Ich fürchte das Gegentheil. Wenn seit 1870 ein Krieg abgewehrt worden ift, wenn wir auf die Erhaltung des Friedens für längere Zeit hoffen dürfen, so verdanken wir es dem friedlichen Sinne des deutshen Volkes und der deutschen Regierungen. Aber wodurch ist es dem Volke und der Regierung möglich, das Schwergewicht seiner Gesinnung zu Gunsten des Friedens în die Wagschale zu legen? Lediglich dur die großen , gewaltigen Rüstungen, welhe uns tüchtige und zuverlässige Bundesgenofsen er- worben und erhalten haben. Herr Bebel meint, wir haben das Landheer, wozu brauchen wir noh die Flotte ? Auf dem Kontinent von Europa liegen unsere größten Jnterefsen. Aber glauben denn die

erren ernsthaft, daß es unbedeutend ist, ob wir neben einem ftarken andheer noch eine Flotte nicht ersten, aber doch zweiten, mittleren Ranges haben? Wir haben ohnehin {hon eine lange Küstenstrecke ges habt; durch die Erwerbung von Schleswig-Holstein ist sie noh ver- größert worden. Wenn wir keine Flotte haben, sind die Küsten ge- fährdet, ih spreche garniht vom Handel und Verkehr. Zum Schuß der Küsten müßten wir ohne Flotte einen bedeutenden Theil des Heeres abgeben. Jemand, der von der Bedeutung der Flotte so gering denkt, der sollte doch niht vergessen das ist noch in der Erinnerung der älteren Herren —, welhe erbärmlihe Rolle der Deutsche Bund gespielt hat gegenüber Dänemark, weil wir keine Schiffe besaßen und Dänemark nicht da angreifen konnten, wo es verwundbar ist, in Seeland und Kopenhagen; der sollte sich lediglih vom militärischen Standpunkt aus überzeugen, daß eine leistungsfähige Flotte für uns auch vom militärischen Standpunkt aus von der größten I Lai ist. Die Hansestädte haben das eingesehen; sie haben sih gesagt, da

e niht mit der Diplomatie allein auskommen können; sie haben einen starken Schuß zur See gehabt. Eine einzige dieser Städte hat die Möglichkeit besessen, mit einem nordischen Königreich allein Krieg zu führen. Das Gefühl dafür wird auch bei uns immer mächtiger werden, und ih denke wir werden uns nicht immer bloß auf unser Landheer verlafsen. as die Flotte, wenn uug nicht die großen Panzer, die in den heimischen ewässern bleiben ollen, be- deutet für unsere auswärtige Politik, für unsere wirthschaftlichen Inter- eye für das ganze Gefühl, welches die Ange brigen einer großen

ation im Verhältniß zum Ausland haben müssen, st uns von dem Nertreter des Auswärtigen Amts nahgewtesen, sodaß es kaum nöthig ist, darüber T viel Worte zu verlieren. Es handelt sich nicht allein um die Leute, die im Ausland als Abenteurer ch umher- treiben ; es giebt auch Angesiedelte mit berechtigten wirthschaftlichen Interessen, welhe den Schuh der Hetmath verlangen können.

Nber |

das ift nicht das Wesentliche. Unsere Haide ets beruben auf der Heimath. Die großen Handelshäuser, welche die Schiffe aus- rüften, find in Deutschland etabliert. Unsere Interefsen erftrecken ih auf alle Gebiete, auf halb- und unzivilisierte Gegenden. Dafür müfsen wir unter Umständen auch den Schuß der Kreuzer haben, Es hat eine Zeit gegeben, wo unser Handel ein recht erhebliher war, und wo dieser Schuß niht vorhanden war; fragen Sie die Kauf- leute, welche Zustände damals herrschten. Im aflerhesten Falle mußten die deutshen Interefsen unterkriehen bei irgend einem anderen euro- päischen Lande, welches in jenen Gegenden Schiffe besaß und dadurch einen starken Einfluß ausübte. Es ift einer großen Nation unwürdig, auf die Dauer angewiesen zu sein für Lebensinteressen auf den guten Willen und den Shußtz einer anderen Nation. Wenn unsere Schiffe sid nit baben senden lassen, wenn wir uns dann an eine fremde Macht wenden, so können leiht Verftimmungen maßgebend fein. Jch wünsche, das wir mit England in guten und freundschaftlichßen Ver- hältnifsen bleiben. Aber neben diesen guten politishen Verbältniffen fann sehr wobl nebenbergeben, daß man die Entwickelung unserer Industrie mit \{eelen Augen ansieht. Deutschland is ein so bedeutender Kons- kurrent Englands geworden, daß wir es begreiflih finden werden, wenn wir bei den Engländern eine besondere Neigung, uns Hilfe zu leisten, niht mebr finden. In England hat man das „made in Germany“ erfunden, um unsere Industrie zu shädigen, und die Folge ift gewesen, daß diese Parole sich als gegen England gerichtet erwiesen hat. Das beweist, wie Ret England hat, eifersüchtig zu sein auf die shnell fich vollziehende Entwicklung unseres Handels und unserer Industrie. Eine große Nation muß die Kraft haben, ihre Interessen selbst zu \{üßzen zu Hause und vraußen, und wenn wir dazu eine Flotte gebrauchen bei den unruhigen und wechselnden Verhältnissen über dem Meere, dann werden wir uns die Flotte bewahren und schaffen müffen, die dazu erforderlich ist, innerbalb der Leistungsfähigkeit unserer Finanzen. Wir werden also im nächsten Jahr an die Er- örterung berantreten bei der angefündigten Vorlage wegen Vermehrun

der Kreuzerflotte. Jett eingehend mih darüber zu äußern, wäre do

unrichtig. Den Plan kennt niemand, auch die Regierung nicht; wir kennen nit die erforderlichen Geldmittel, wir wissen nit, in welcher Zeit der Plan durchgeführt werden soll. Das bedarf Alles noh der gründlichen Erwägung. Unter diefen Umständen kann ich namens meiner Freunde weiter nichts erklären, als daß, wenn folche Vorlagen gebraht werden, wir sie forgfältig und unbefangen prüfen und das bewilligen werden, was erforderlich ist und die Leistungsfähigkeit unserer Finanzen nicht übersteigt. Ich hoffe auch vom Reichstag, daß, soweit ein solher Nabweis geführt ift, der Reichstag sich den ver- bündeten Regierungen nicht verfagen wird.

Abg. Rickert (fr. Vag.): Ich habe {hon früber den Wunsch ausgesprochen , daß unsere Werften möglichst gleihmäßig beschäftigt werden, daß keine Sprünge gemaht werden in den Herftellungen. Fch mötie den Herrn Staatssekretär bitten, uns heute oder morgen eine Uebersicht über den Stand der Arbeiten auf den einzelnen Werften zu geben, wie das in früheren Iabren geschehen ist. Wie gedenkt ferner die Marineverwaltung die Bauten zu vertheilen auf die Privat- werften und die Kaiserlihen Werften? Jn Bezug auf den Flotten- plan fann id nur meine volle Zustimmung zu erkennen geben. Wir haben immer verlangt, daß wir nit ins Blaue hinein arbeiten sollen. Unter dem Regime Stosh wußten wir, woran wir waren, es bestand ein fester Plan. Dann kam eine Zeit lang alle Augen- blie eine Aenderung. Aenderungen der Technik müssen natürli berüdcksihtigt werden; da sind die augenblicklichen Berhäitnisse maß- gebend. Der jeßige Staatssekretär des Marineamts war Mitarbeiter des Herrn von Stosch; er kennt die damals befolgten Grundfäte. Fch wünsche, daß es dem Staatssekretär gelingen möge, einen Plan nicht bloß aufzustellen, sondern au durchzuführen innerhalb der cngen Grenzen, welche Herr von Stosch innegehalten hat.

Staatsekretär des Reichs - Marineamts Hollmann :

Der Herr Abg. Rickert hat an mich die Frage gerichtet, wie viel Arbeiter auf den Kaiserlihen Werften Beschäftigung finden. Es sind insgesammt augenblicklich rund 11909, wovon 5844 in Wilhelms- haven, 4389 in Kiel und 1628 in Danzig Beschäftigung finden. Ich nenne die Zahlen wie ih sie hier in meinen Notizen finde; sie werden natürli um einige differieren; in diefen kleinen Grenzen können wir uns natürli nit halten. Es ist also cin Arbeiterzuwahs gegen das Vorjahr zu verzeihnen. Wir haben ich weiß nicht, ob Herr Nickert darauf Bezug nimmt wir haben in den leßten Tagen einige Arbeiter von der Werft Kiel entlassen müssen, weil die MWinterarbeiten abgeshlossen sind. Diese bestehen aus Repara- turen, die an den Schiffen der Manöverflotie vorgenommen werden. Die Neubauten bieten uns noch niht Gelegenheit zur An- stellung von allen Arbeitern. Die Zahl ver zu entlassenden Arbeiter ift nur verhältnißmäßig gering; es sind bis jeyt einige 40, und es werden sch vielleiht noh einige anschließen.

Wir haben ein Abkommen getroffen mit der „Germaniawerft", die unsere Nachbarin in Kiel ist, und werden ihr 200 Arbeiter überlaffen, die wir wieder zurücknehmen, sobald der Bau, der „Ersaß Leipzig“, soweit vorgeschritten ist, daß wir mehr Arbeiter einstellen können.

Was nun die Vertheilung der in Aussicht genommenen Schiffs- bauten auf die Werften betrifft, so haben wir in Absicht, den „Ersaß Friedrih der Große“ auf der Kaiserlihen Werft in Wilhelmshaven im Bau zu geben. Dort wird shon der „Ersaß Preußen" gebaut, das gleihe Schiff wie „Friedrih der Große“. Wir erzielen dadurch eine Abkürzung der Bauzeit, weil es ja einfacher ist, einen Bau zu wiederholen als cinen ganz neuen zu beginnen. Ferner erzielen wir au hoffentlih dadurch eine Ersparniß, weil ja die vorhandenen Modelle aller Art in Gebrauch genommen werden können und die Borbereitungen, die für „Preußen“ getroffen waren, auch „Friedrich dem Großen" zu Gute kommen werden. Dann haben wir zwei Kreuzer zweiter Klasse in Antrag gebracht, die hoffentlih auch bewilligt werden, so wie die Sache verläuft, und wir werden den einen davon auf der Werft in Danzig in Bau geben, wo bereits ein Kreuzer zweiter Klasse in Bau ist, und den anderen einer Privatwerft übergeben, und zwar wahr- scheinlih einer derjenigen Werften, die einen derartigen Kreuzer {hon im Bau haben. Der Bau des Kreuzers vierter Klasse wird wahr- \{heinlich auch Privatwerften übergeben werden, ebenso wie der Bau der Torpedoboote.

Daß Herr Rikert unsere Absicht, den Plan vorzulegen, mit Freuden begrüßt, hat mih mi großer Genugthuung erfüllt und ih will ihm das Versprechen geben, daß, soweit mein Einfluß reicht, diejenigen Bausummen, die eingestellt werden müssen, nicht überschritten werden.

Darauf wird um 5 Uhr die weitere Berathung fauf Donnerstag 1 Uhr vertagt.

Vize - Admiral

e S T E Ee M A S N i K T e E R A PORÉIRE E S: D T R S S E A 5E