1896 / 77 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

-irgend - ein Mißtrauensvotum gegen die Gewissenhaftigkeit der be-

do gewifsermaßen ein Mißtrauensvotum gegen die Gewissenhaftigkeit des Deklaranten. Die Herren werden si erinnern, daß bei der Be- rathung des Einkommensteuergesetes diese Frage im Vordergrund ftand. Es waren damals eine ganze Menge Mitglieder, dié wollten, daß wir uns einfa an die Deklaration halten sollten, wie das früher in Bremen der Fall war, daß jemand eine Summe Geld nahm und unter ein Tuch legte und sagte: das ist die Steuer, die ih zahle. Ich babe damals erklärt, wenn das Recht der Beanstandung der Dekla- ration dem Staate nicht zugestanden würde, würde ih die ganze Steuervorlage zurückziehen, und die Erfahrungen, die wir in dieser Beziehung gemacht haben, haben mich nur in dieser Ueberzeugung vollständig bestärkt. (Sehr richtig!) Meine Herren, es ist durchaus unrihtig und ih habe neuerdings ein anderes Formular der Be- anftandung vorgeschrieben, um in dieser Beziehung jeden Irrthum und jede unrihtige und veinlihe Auffassung der Beanstandung einer Deklaration aurch in der äußeren Form noh mehr auszuschließen es ist durhaus unrichtig, wenn in der Beanstandung einer Deklaration

treffeuden Deklaranten gefunden wird.

Die Rechtsfragen, die bei der Deklaration in Betracht kommen, sind so zahlreih und fo \{chwierig, es stellt sih bei der Beanstandung fo häufig heraus, daß der Deklarant in der besten Absicht und in der größten Ehrlichkeit seine Deklaration hat aufstellen wollen, daß er ih aber vollständig über die Grundlage bei der Berehnung seines Ein- kommens geirrt hat.

Es liegt also in der Beanstandung einer Deklaration nicht ent- fernt ein Mißtrauensvotum gegen die Gewissenhaftigkeit und den guten Glauben des Deklaranten. Meine Herren, ih habe hier eine Liste, woraus ih Ihnen Einzelheiten aufführen könnte, die das be- weisen. Ih will nur darauf hinweisen, daß hier z. B. in Berlin im Fahre 1893/94 von 10 533 Steuerdeklarationen 4181 beanstandet wurden und daß davon 709/69 begründet waren. (Hört! hört !) Ja, meine Herren, wenn wir uns einfah bei der Deklaration beruhigten, würden wir dann nicht durch das System der Deklaration noch eine viel größere Ungleichheit der Steuerveranlagung bekommen (fehr richtig !), als wenn die Veranlagung rein auf Schäßung beruhte, wie früher? Welche kolossalen Klagen waren früher über die ungleiche Einschätzung zur Einkommensteuer? Es hat sich herausgestellt, daß nah Einführung der Deklaration und dieses vorliegenden Verfahrens 40 Millionen Mark in einem Jahre mehr aufkamen. Wenn wir aber jeßt, wo der Staat allein auf diese direkten Steuern angewiesen ist, wo wir die einfah zu veranlagenden und zum theil unveränderlichen Realsteuern preisgegeben haben, wenn wir da lax werden und die Behörden in einer gewissen Gleichgültigkeit unterstützen wollten, fo würden wir bald wieder in dasselbe System der Ungleichheit der Steuer hineingerathen, in dem wir früher \steckten. (Sehr richtig!) In anderen Bezirken ist das Verbältniß noch ungünstiger. Ich kann hnen Regierungsbezirke nennen, wo es auch zwishen 60 und 7092/9 mit Erfolg beanstandete Deklarationen giebt. Also darauf könnte ih mi nit einlassen, den Behörden den Rath zu ertheilen, mit der Sache etwas gleichgültig zu verfahren, und um so weniger da, wo es #ch um große Vermögen handelt. Darin bin ich allerdings voll- ständig der Meinung des Herrn Grafen von Kleist, daß es fehr wünschenswerth ist, wenn jeder einzelne Beamte im ftande wäre, rihtig nah der Belegenheit des einzelnen Falls zu unterscheiden, um Kleinigkeiten keine großen Weiterungen zu machen und über Lappalien hin- wegzugehen. Aber die Grenze ist da shwer zu halten, namentlich bei der do unzweifelhaft großen Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue unserer Beamten. Mo ist nun die Grenze? Wo fängt die Kleinigkeit an und wo beginnt das Wichtige? Daß man nicht jedem Beamten den Takt, der auch hier erforderlich ift, gewissermaßen eintrihtern kann, liegt doch ganz flar auf der Hand; Sie können dafür jedenfalls die Regierung nicht verantwortlih machen; ih habe es nit im Sinn, die Dinge klein- lid aufzufassen und unnöthige Belästigungen zu machen. Auf die materiellen Entscheidungen der Veranlagungs- und der Berufungs- fommission aber kann ih überhaupt niht einwirken; nach dem Ver-

fahren hat in dieser Beziehung der Finanz-Minister gar keine Kom- petenz. Werden mir begründete Beschwerden vorgebracht, die fich auf das Verfahren selbst beziehen, auf die Art und Weise, wie die Sache namentlich von den in Betraht kommenden Staatsbeamten gehand- habt ist, so bin ich immer bereit und habe es in sehr zahlreichen Fällen gethan, Remedur zu schaffen. Sie müssen doch auch erwägen, daß wir es hier mit verhältnißmäßig neuen Geseyen zu thun haben, die si ers allmählich sowobl bei den Zensiten wie bei den Beamten einleben müssen. Wenn wir in Preußen einen Schritt gethan haben, den jetzt, allerdings zögernd, einige deutshe Staaten uns nachmachen, für welchen aber kein Vorbild in der ganzen Welt war, wenn wir diesen Schritt, die gesammten Realsteuern aufzugeben und die ge“ sammten direkten Steuern des Staats auf das Reineinkommen und die Leistungsfähigkeit zu basieren, mit Zustimmung beider Häuser des Landtags gethan haben auf Grund langjähriger Klagen wegen der Ueberlastung des Grund und Bodens und der Beseitigung der Doppel- bcsteuerung, fo ist ganz klar, daß, nachdem der Staat einmal auf diese Steuern allein angewiesen ift, auch mit fester Hand und konse- quenter Korrektheit verfahren werden muß.

Meine Herren, ih kann mich bier auf Einzelheiten und einzelne Klagen in dieser Beziehung eigentlih garniht einlassen. Wie sollte ih au im stande sein, alle die Tausende und Hunderttausende von einzelnen Klagen und Fällen, die da vorkommen können, zu untersuchen ! Wo i es in einzelnen Fällen gethan habe, babe ih meistens ge- funden, daß die Zensiten im Unreht waren, und sie haben es \{ließlich auch selbst oft gern anerkannt. (Große Heiterkeit.) Ja, infofern sage ih: gern anerkannt, weil sie ih selbst überzeugt hatten, daß sie gänzlich im Irrthum waren.

Meine Herren, Herr Graf von Kleist hat - von seinem eigenen Fall gesprohen. Ih möchte darauf nicht eingehen, halte mich dazu au nicht für berehtigt. Aber wenn dieser Fall in allen Einzelheiten hier vorgelegt würde, so glaube ih doch nicht, daß die Klagen, die von ibm angedeutet sind, sih dem hohen Hause gegenüber als begründet herausstellen würden. (Heiterkeit.)

Meine Herren, ih habe früher ein etwas größeres Vertrauen in die allgemeine Redlichkeit der Zensiten gehabt; aber ih muß doch sagen, daß, nahdem vom 1. Oftober 1893 bis zum 30. September 1894 allein 2500 Untersuhungen wegen wissentlich unrihtiger An- gaben (hört, hört !) über das fteuerpflihtige Einkommen vorgekommen sind, ih mein Vertrauen doch etwas herabseze. Ich glaube, es ist auch eine Aufgabe der Veranlagungsbehörden, nach den Persönlih-

man zweifellos von vornherein annehmen kann, daß sie im beften

guten Glauben handeln, wird man namentlich in der Form möglichft

entgegenkommend zu verfahren haben, Das sind aber Sachen, die sie

niht in Paragraphen fassen können. Das if} eben das Taktgefühl,

die richtige Beurtheilung des einzelnen Falles durch die betreffenden

Beamten. Wenn man sieht, daß 1906 Steuerpflichtige fh einfach

der Strafverfügung unterwarfen, eine gerihtlihe Entscheidung gar-

nicht wünshten und vielleiht zufrieden waren, daß sie fo billig

davonkamen (Heiterkeit), so deutet das alles darauf hin, daß

die hohen Häuser des Landtags die Staatsregierung im

Interesse des Staats nicht zu sehr drängen dürfen, in dieser

Beziehung die Zügel allzu {la} hängen zu lassen. Daß

da auch in einzelnen Fällen von den Behörden einmal fehl ge-

griffen wird, kann ih ja nicht bestreiten. Ich habe eine Menge der-

artiger Fälle selbst gesehen und, soweit ich kompetent war, Korrektur

eintreten lassen. Aber im großen Ganzen, glaube ich, kann man

sagen, daß diese kolofsal shwierige Aufgabe, das Reineinkommen auf

Grund der Deklarationen und Einshäßungen richtig festzustellen, das

Gesamnitvermögen des Landes, soweit es produktive Kraft hat, richtig

einzushäßen, im großen Ganzen über alle Erwartung gelungen ift.

Wenn Sie einmal Vertreter anderer Länder hörten, die jetzt in großer

Zahl hierherkommen, um unfer System zu \tudieren und die Ergebnisse

unserer Steuergesezgebung und Steuerveranlagung zu betraten, und

die Urtheile, die sie darüber fällen, dann würden Sie wahrscheinlich

doh nicht zu dem alten, leider eingewurzelten deutschen Saß zurüd-

kommen, daß es überall anders gut ist und bei uns in Preußen \hlecht

ift. (Bravo.)

Herr von Wiede ba ch bemängelt die Veranlagung der Vermögen8-

steuer, die vielfa zu shablonenmäßig erfolge.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Wie wenig - wir bei der ersten Veranlagung der Ergänzungssteuer fiskalish verfahren sind, können Sie daraus erseben,

daß wir ja vom rein fiskalischen Standpunkt aus ein Interesse daran hatten, daß die Steuer möglichst niedrig wurde. Denn wenn die 35 Millionen abzüglich der 34 Millionen Zinfen, die damals in Abzug gebracht waren, niht erreiht würden, würde ja nah dem Gesetz ein Zuschlag zu dem è °/oo gemacht, und wir hätten also dauernd, wenn in der ersten Einshäßung der Betrag nicht erreiht war, eine höhere Steuer bekommen. Aber auch wenn das Gegentheil der Fall gewesen wäre, würden wir nicht anders verfahren und nicht entfernt darauf gedrängt haben, hohe Eins{äßungen zu erzielen. Das hat sih au

im großen Ganzen in der Monarie ergeben.

Wir haben Kreise, wo die Schätzungsausshüsse und die Ver- anlagungskommissionen, die doch aus der freien Wahl der Selbstver- waltungskörper hervorgehen, über die Vorschläge der Katasterbeamten, die das Material liefern, erheblich hinausgegangen sind; wir haben aber auch andere Kreise, wo sie durhweg heruntergegangen sind. Die Auffassungen sind natürli verschieden. Aber im allgemeinen kann man sagen, daß das Material, das in dieser Beziehung vorgelegt ift, von den Einshäßzungskommissionen und Veranlagungskommissionen als rihtig betrahtet wurde. Wir haben bier in Berlin sogar Fälle ge- habt, wo, nachdem den Kommissionen die Grundsätze der Einshäßung der Gebäude klar gemaht worden waren und sie das Erempel gezogen hatten, bei einzelnen Gebäuden ganze Bezirke en bloc angenommen wurden. Kehnlih if es aber auch felbst in vershiedenen Bezirken auf dem Lande gegangen. Aber daß ein Unternehmen, den Werth des Grund und Bodens und des Vermögens an Kapital und gewerblihem Anlagekapital in der ganzen Monarchie einzuschäßen, das erste Mal fein vollkommenes Resultat liefern kann, darüber kann doch wohl niemand von Ihnen zweifelhaft sein, ich wenigstens niht. Gerade deswegen haben wir angeordnet, daß diese Einshäzungen

in diesem Jahr wiederholt werden können, sodaß eben Ge- legenheit gegeben ist, ofenbar hervorgetretenen Frrthümern

und Verkehrtheiten abhelfen zu können. In Zukunft wird es ja nit erforderli sein, alle Jahre diese Veranlagung der Ergänzungssieuer zu wiederholen, man wird da längere Perioden wählen. Aber wir haben gerade im Interesse der Zensiten, um Irrthümer und Miß- griffe, die da stattgefunden haben, heilen zu können, veranlaßt, daß in diesem Jahre die ganze Veranlagung der Ergänzungssteuer noch einmal vorgenommen wird. Mir find au Fälle bekannt, wo auch nah meiner Auffassung einzelne Einshäßungen zu boch sind, die ih zufällig genau habe prüfen können. Ich selbs bin in der Lage, als Hausbesiger nach meiner Ueberzeugung zu boch eingeshäßt zu sein (Heiterkeit), es geht mir gerade fo, wie Herrn von Wiedebach, ih kann auch nihts dagegen machen ; denn beweisen, daß das Grandstück nicht so viel werth ist, kann ih nicht. Ih würde es wahrscheinli viel billiger verkaufen, als es eingeschäßt ist. Doch das muß man si gefallen lassen, das \{lägt aber bei der Ergänzungssteuer doch nicht so sehr zu Buche. Dieses #4 2/00 ist doch nicht so entscheidend, als wenn solhe Irr- thümer bei der Einkommensteuer vorkommen. Also Herr von Wiede- bach wird ja bei der jeßigen Veranlagung Gelegenheit haben, nochmals der Kommission alles vorzustellen und den Nachweis zu führen, daß fie sich das erste Mal geirrt hat.

Graf von Mirbach stellt zunächst fest, daß er gestern in Bezug auf die „vernichteten Existenzen“, wie der fenogeapge Bes- richt ergebe, genau }o gesprochen babe, wie er es nachher richtig ge: stellt; der Minister-Präsident habe ihn also falsch verstanden. Redner bemängelt die Veranlagung der Vermögent steuer ; die Behauptung des Grafen Kanitz, daß die Städte nur 47, das Land aber 63 9/0 der Ergänzungésteuer zahlten, sei rictig._ Der Gewährsmann des Redners behaupte, daß das daher rühre, daß der Finanz-Minister fein Ernennungsreht für die Veranlagungs- und Berufungskommissionen mißbrauche und dadurch das Land mehr belastet werde. In Königsberg seien in der Berufungsfkommission 9 bis 10 Städte und 5 bis 6 Grundbesitzer. Die Städte zahlten 0,47 9/9 des Einkommens, das Land 0,63 9/9 des Einkommens als Ergänzungésteuer. Ein Guts- bezirk sei aber mit 1,95 °/o des Einkommens eingesck. äßt, und andere Gutsbezirke zahlten mehr, als ihre Einkommensteuer betrage, an Ber- mögenssteuer. In den Städten würden meist nicht mehr als 150 9/9 des Grunkdsteuer-Reinertrags gezahlt, auf tem platten Lande aber 500 bis 8009/9. Der Finanz-Minister \prede von dem Segen der Steuer- reform. Aber er theile das Gefühl durchaus niht. Es werde eine vershärfte Einkommensteuer und die Ergänzungssteuer erhoben; dazu trete die Last der Invaliditätsve1 sicherung und die Kommunal- besteuerung. Man zahle jeyt {on in den Kreisen 100 9/4 Ein- kommen-, Gewerbe- und Grundsteuer. Dazu träten noch die Na- turalleistungea für die fleineren Kommunalverbände. Diese Ber- hältnisse solle die Regierung einer sehr ernsten Prüfung unterziehen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Was die lezten Bemerkungen betrifft, daß die Königlihe Staats- regierung die Sache nicht leiht nehmen möchte, so glaube ich, war

tungen ihre Pflicht und Schuldigkeit. Im übrigen habe ih folgende Bemerkungen zu machen: Der Herr Berichterftatter des Grafen Mi aus Ostpreußen hätte sih die publizierte Statistik genau ansehe können, dann würde er nit so verkehrte Behauptungen aufgeftes haben. (Unruhe.) .

Wir haben die Statistik dem Landtage mitgetheilt; sie ift aut sonst genug publiziert ; also wenn der Mann so gründlich \fih inftruiert so hätte er diese Dokumente sih ansehen follen. Der Unterschied, ba ih ergiebt im Verhältniß der Einkommensteuer zur Ergänzungösteyer in Stadt und Land, erklärt si allerdings, wie der Mann mit Unrett bestreitet, dadur, daß der Betrag der Einkommensteuer aus gewinn, bringender Beschäftigung in den Städten ein ganz anderer ift als ay: dem Lande. Wir baben hier diese Zahlen ; ih werde sie dem Grafen Mirbach zur Disposition stellen. Es heißt da: aus gewinnbringender Beschäftigung ergiebt sich ein Einkommen in den Städten don 554 Millionen ich will die Tausende niht nennen und auf dem platten Lande von 105 Millionen. Daraus folgt von selbft, daß daz Verhältniß der Einkommensteuer zur Ergänzungssteuer auf dem platten Lande ein ganz anderes sein muß wie in den Städten.

Meine Herren, was die Richtigkeit der Einshäßung des Boderz auf dem Lande betrifft, so kann ih nur das Vorgesagte wiederholen. Wir hatten absolut kein Interesse, die Einshäßung möglihft ho zu machen, wir haben auch keinen Schritt nach dieser Nihtung gethan: die Einshäßzung ist doch zu einem großen Theil von Sahkundigen, gewählten Männern der Landwirtbschaft selbs geschehen; wenn der Herr Graf von Mirbah und sein Berichterstatter \sich über die Zusammensezung der Kommission beklagt und namentlich die Be hauptung wiederholt, daß der Minister das Ernennungsrecht miß, braucht habe, so kann ich ihm darauf erwidern, daß der Minister überhaupt die Ernennung nicht vornimmt, sondern die Regierung. Also auch in dieser Beziehung isr der Mann fals unterrihtet. Wenn übrigens die Ernennung in einem Kreise wie Königsberg auh zum erheblichen Theil auf Mitglieder, die in der Stadt Königsberg wohnen, fällt, so ift das einigermafen do auch bere{chtigt, insofern der Haupt- steuerzahler in diesem Bezirk do die Stadt Königsberg ift. (Obo!) Ganz gewiß!

Nun sagt Herr Graf von Mirbach, die Shwärmerei für diese Einkommensteuer sei doch ganz unberechtigt. Der Herr Graf Mirba§ hat aber seit Jahren als Führer der Wirthschaftsreformer die Doppel, besteuerung des Grund und Bodens durch die Grund- und Boder- steuer auf das heftigste angegriffen ; er ift es gewesen, der fortwährend verlangt hat die Beseitigung dieser Doppelbesteuerung, die Einführung der Einkommensteuer auf Deklarationen. (Graf von Mirbach: Nie, nie!) Dann bat es wenigstens der Verein gethan (Zuruf: auch ni@t!). das glaube ich doch beweisen zu können. Jedenfalls war der allge- meine Ruf im Lante, daß die Einkommensteuer auf das unglei{hfte veranlagt werde, und die Erfahrung hat diese Klagen als vollstäudia berechtigt erwiesen. Wenn ih hervorhebe, daß 40 Millionen, wie id {on vorhin sagte, im ersten Jahre der Einkommensteuer mehr detla: riert wurden, wenn Sie vergleihen, welhe Beträge da auf die Städte, auf die Kapitalisten, das mobile Kapital und daë Einkommen aus mobilem Kapital überhaupt gekommen sind, fo werden Sie sh nicht beklagen können, daß der Grund und Boden dabei be- sonders s{chlecht weggekommen sei. Herr Graf von Mirbach wird sid do darüber nicht beklagen, daß er nah seinem Einkommen jeßt rihtia steuert, ebenso wenig wie irgend ein Anderer, der in der Stadt wohnt der Industrie oder Handel treibt oder Kapitalien besitzt, sich darüber beklagen kinn. Gewiß find eine Reibe von Personen auch auf dew Lande in der Einkommensteuer höher gekommen, ebenso gut wie in den Städten. Das war der Zweck dieser neuen Gesetzgebung, daf gleichmäßig und gerecht jeder na seinem Einkommen besteuert werde: das ist kein Fehler, sondern ein Vorzug. Ich gebe auch zu, daß di: unvershuldeten Grundbefißer durch die Aufhebung der Grund- unè Gebäudesteuer weniger Vortheil gehabt haben als die verschuldeten denn die Ungerechtigkeit der Grund- und Gebäudesteuer als Staats steuer liegt wesentli darin, daß auf die Vershuldung gar feine Rücksicht genommen ist, daß hochvershuldete Grundeigenthümer genaz so viel bezahlen müssen wie \{uldenfreie. Das war der Zwedck det Gesetzes, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, und wenn Sie die hod- vers&uldeten Grundeigenthümer fragen, wie sie vor und nah de Steuerreform stehen, diejenigen die ein geringes Einkommt- haben, ihre hohen Schulden von dem Werth des Gru? und Bodens abziehen bei der Einkommensteuer und dabe: von der Grund- und Gebäudefteuer befreit find, so werder wir ganz andere Urtheile hören. Die Statistik schreitet in diese Richtung fort, und wir werden auch darüber einmal Materialien bringen können, die unwiderleglih sind. Die Leistung? unfähigen sind gerade die hohvershuldeten Grundbesitzer, und da leide: Gottes ein großer Theil des Grundbesißes nur zu \chwer vershuldt ift, so ist gerade nah diefer Richtung hin die ganze Art der Bet- steuerung nah wirklihen Reinerträgen und niht nach Bruttoerträg? dem Grund und Boden besonders zu gute gekommen. Das wird 28 fein Mensch bestreiten können. Gestern ift {on darauf hingewle worden, wie für einen Kreis, den Kreis Harburg in Hannover, ?& durchaus nicht zu den \{lechteren gehört, wo die Verschuldung wesen lid durh das bestehende Anerbenrecht, dur die alte Sitte Bauernstand noch ein niedriger ist, wie da doch, wenn man die vor der Steuerreform mit der Zeit nah der Reform vergleit, nad gewiesen ist, daß, während vor der Steuerreform der Kreis, wenn F die Zahlen rihtig im Kopfe habe, 51000 mehr an den Cu

O G Sf

zahlte, als er vom Staat in Form von Zuschüften Schulen und Gendarmerien empfing, nach der Stutt

reform umgekehrt in diesen Kreis der Staat 15000 F

mebr bineinzablt, als er empfängt. Ih führe dieses Beispiel e drüdlih an, um den Einwand, die Deduktion, die an diese Statt

die man ja noch fortseßen kann und, wenn fie rihtig ift, in nc s höherem Maße im Often zutrifft, knüpft, den Einwand gegen s Steuerreform, daß sie einen lediglich agratischen Charakter bâttt,

selbe Rehnung könnten wir für eine große Zahl namentli d Städte auch machen, und sie würde ebenso gut zutreffen. Ein

Erzebniß is nur verständlih, wenn Sie erwägen, daß in Pre fast 4/s aller Staatsauëgaben aus dem Staatsvermögen und aus S Betricbsverwaltungen bezahlt werden und nur zwischen L dur Steuern. Wenn wir sehen, daß unsere Steuern im Lante

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etwa 6 M pro Kopf betragen, so kann man wirklih, wenn n mit allen anderen Ländern der Welt vergleichen, ih nur gs

dieser Wunsch durchaus unnöthig; denn die Königliche Staatsregierung

keiten in dieser Rihtung zu unterscheiden. Bei Perfonen, von denen

nimmt derartige Fragen niht leiht, sondern thut nah allen Rich-

schäßen, in einem solchen Lande zu wohnen. (Sehr richtig !) I 7

ich in der Presse viel gelesen habe, gleih zu widerlegen. Denn

fein Bedenken dabei, daß die hößeren- Vermögen etwas \chärfer

gezogen sind als früher. Das ift ja gar keine Frage; aber das ht namentlih auf den Beschlüssen des Landtags. Der Landtag

F in Bezug auf die Degression und die Steigerung nah oben weiter gegangen als die Staatsregierung, und ich halte das auch nicht für 4 Unglüdck, wie die Sathe ih jeßt herausgestellt hat. Ich bin über- zugt, wenn Sie nah Oestereih, nah Italien, nah England si ver- seen und fh einmal flar machen, was Sie dann zu zahlen hätten genüber den Leistungen, die Sie an den Staat in Preußen präftieren gússen, so würden Sie sagen müssen: in Preußen sind wir in dieser Beziehung noch ganz außerordentlich gut situiert. Ich balte es sogar, wie ih oft genug ausgesprochen habe, auf die Dauer für den Staat fúr eine gewisse Gefahr, in dem Maße auf die Betriebêverwaltungen qngewiesen zu sein, wie wir es find.

Menn bei der Aufrechnung der Zustände vor und nah der Steuer- ceform Herr Graf Mirbach die Beiträge zu der Invaliditäts-Ver- sicherung erwähnte, so wird er mir zugeben, daß diese hätten gezahlt werden müssen, ob Steuerreform kam oder niht. Es ist freilich Herr Graf Mirbach einer derjenigen gewesen, die damals {on mit Recht hervorgehoben haben, daß darin gewissermaßen eine neue Grundsteuer dem Erfolg nah läge. Aber diese Neichsgeseßgebung hat mit unserer Steuerreform nihts zu thun. Die Kommunallasten kann man auch nicht aufrehnen. Sie hängen mit der Steuerreform nur so weit zusammen, als jegt die Kreisfteuern höher werden mußten durch die Beseitigung der jox Huene. Ich habe aber {on früher nahgewiesen, daß, wenn Sie den Ertrag der lex Huene im dauernden Durchschnitt zu 30 Millionen annehmen, jeder Kreis etwa 2 4 pro Kopf in Ostpreußen gewonnen hat. Ich habe diese Zahl noch genau im Kopfe. Wie unsicher aber die lex Huene war, weil sie von den Kornzöllen abhing, das haben wir bei den Handelsverträgen gesehen, als auf einmal die Getreidezölle von 5 auf 34 M herabgeseßt wurden, während jeßt das, was den Gemeinden an Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer überwiesen norden ift, definitiver Besiß dieser Verbände geworden ift.

Meine Herren, das war ja vorauszusehen, und darauf mußte sch der Minifter, der in der Hauptfache die Verantwortung dafür trägt, gefaßt machen, daß eine so radikale Umwälzung des gesammten Steuersystems in Staat und Gemeinde an einzelnen Stellen hart empfunden wird, und daß sh da Klagen und Beshwerden in der Presse, in Versammlungen und Eingaben aller Art geltend machen würden. Ih habe mich aber immer damit getröftet, und ih glaube, die beiden Häuser des Landtags, die diese Geseze doh mit votiert haben, können fich auch damit trôsten, daß die größere Zahl aller derer, die bei dieser Reform besser weggekommen sind, \{chweigen, und daß diejenigen, die mehr zahlen, wenn au niht mit Unrecht, klagen. So if das aber überhaupt im menschlichen Leben immer. Bei jeder Reform werden wir solhe Folgen sehen.

Meine Herren, nun komme ich zu einem dritten Punkt, wo der Herichterstatter des Herrn Grafen Mirbach si irrt. Er klagt über die verschiedene Behandlung, die das fiskalische Eigenthum in der Besteuerung exführe. Der Berichterstatter des Herrn Grafen Mirbach bat nun den § 44 des Kommunalabgabengeseßes nicht gekannt, wo es heißt:

„Das Reineinkommen aus fiskalischea Domänen und Forsten ift für die einzelnen Liegenschaften aus dem Grundsteuerreintrage nah dem Verhältniß zu berehnen, in welchem der in der betreffenden Provinz aus den Domänen und Forstgrundstücken erzielte etatsmäßige Ueber- der Einnahmen über die Ausgaben unter Berücksichtigung der auf denselben ruhenden Verbindlichkeiten und Verwaltungskosten zum Grundfteuerreinertrage steht.“

Die Herren, die.das Kommunalabgabengeseß hiermit votiert haben, werden wissen, daß unter dieser Vorausfezung die Domänen si der Kommunalbesteuerung unterworfen haben, und daß die Domänen, die ein großes Ganze bilden, wo man die Generalunkosten nur auf das Ganze verrechnen fann, anders auch gar nicht zu veranlagen waren. Wenn nach diesem § 44 so verfahren worden ist, fo kann weder der n Graf Mirbach noch sein Berichterstatter sich beklagen. (Sehr rihtig !)

Graf von Pückler-Burghauß tadelt es, daß die Kataster- beamten bei der Veranlagung der Vermögenss\teuer betheiligt sind, und führt einzelne Fälle zu hoher Einshäßgung des Grundbesitzes an, namentlih aus Oberschlesien. Die Landwirthschaft kranke an der Ver- besserung der Kommunikationêmittel, die feit 50 Fahren entstanden

sien, Lediglih Zölle könnten helfen, alle anderen vorgeschlagenen Mittel würden nihts helfen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

: Meine Herren! Ich kann nur wiederholen, der Herr Graf von Pückler irrt sich. Das Material, welches die Katasterbeamten ge- sammelt baben und den Kommissionen vorlegen, ist weiter nichts als dieses; die Kommissionen sind absolut nicht daran gebunden; sie können ganz frei einshäßen, aber wenn sie fo gutes Material haben, so werden ja die Kommissionen in der Regel auf dieses Material, wenn sie es nit als unrichtig ansehen, Gewicht legen. Es ist dies ausdrücklih ausgesprochen in allen meinen Anschriften. Es heißt in den Erläuterungen zu den allgemeinen Schäßungsmerkmalen :

„Vorauszuschicken ist, daß alle Schätungsmerkmale grundsäßzlih nur dle in dem betreffenden Bezirk obwaltenden mittleren gemein- gewöhnlichen Verhältnisse zur Anschauung bringen können und sollen. Mit ihrer Anwendung auf den einzelnen Fall wird der

Werth des Grundstücks oder Inventars geändert, nur in ganz roher

Annäherung gefunden, und es bleibt jederzeit noch zu prüfen, ob

und inwieweit die besonderen Umstände des Falles eine Abänderung

bedingen, die der Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse über- lassen bleiben muß. In diesem Sinne sind die Merkmale lediglich als Hilfêmittel der Schäßung aufzufassen, die den Zweck haben, die gleihmäßige Schäßung je nah dem Werthe der Grundstücke fowohl

im Eanzen für die verschiedenen Landestheile als auch im Einzelnen

von Besizung zu Besigzung gegen grobe Mißgriffe zu sichern."

Also weiter bedeuten diese „Merkmale“ nichts, es ist bloß

j Material, welhes wir der Kommission zur Disposition stellen. Die

ommission selb hat aber ein freies Ermessen in Bezug auf die tag: des Werths, wir sind niemals weiter gegangen, wir haben fle Instruktionen, ertheilt auch nit an unsere eigenen Beamten, Volen E an diese Merkmale binden sollten. Jch kann nur wieder- E 14 von mie nicht bestzjlten werden kann —, daß Miß- b of unrichtige Schägungen mit untergelaufen sein mögen, und bei der 8 sie sich noch wesentlich vermindern werden, wenigstens stellen ( eiten Veranlagung. Aber das kann ih nicht in Aussicht aus dir L überall das Ideal erreiht wird. Die Herren kennen ja

raxis, wie s{hwer es ist, den Werth von Grund und Boden

zu taxieren das Ideal, daß wirklich jedes einzelne Grundstück richtig gemäß seinem Werth eingeschäßt wird, das is nah meiner Meinung garniht zu erwarten. Jedenfalls kann Herr Graf von Pütler ih versihect halten, daß ich nur ein Ziel verfolg?, sowohl die Einkommens steuer als au die Grgänzungésteuer gleihmäßig und gerecht zu ver- anlagen. Daß dies Ziel nicht vollkommen erreiht wird, habe ih schon zugegeben. Das liegt in der Natur der menschlichen Verhältniffe. Darüber wird kein Minister und kein Geseg hinweghelfen können. Aber der Finanz-Minister hat die vornehmliche Aufgabe, niht möglihft viel aus der Steuer herauszuschlagen, sondern nah Maßgabe des Gesetzes gleihmäßig und gerecht zu handeln. Das ift auch mein ehr- lies Bestreben, und Sie werden keinen Fall nennen können, wo vom Minister aus Verfügungen ergangen find, die irgend ein anderes Ziel verfolgen.

Aber zu den allgemeinen Bemerkungen will ich noch eins hinzufügen. Wie lag denn vor der Steuerreform die Vertheilung unserer Staatslasten? Im Jahre 1820, von wo an doch im wesentlichen die preußischen direkten Steuern datieren, war das mobile Eigenthum und das Einkommen aus demselben minimal gegen das Einkommen aus Grund und Boden, und infolgedessen war unser Steuersystem, nachdem fih das mobile Eigenthum weit über den Ge- sammtwerth des Grund und Bodens erhoben hatte, namentlich des ländlihen Grund und Bodens, ein ungerechtes geworden, weil die Last vorzugsweise auf dem ländlihen Grund und Boden liegen geblieben und man der modernen Entwickelung niht gefolgt war. Das Ziel, welches die Steuerreform verfolgt hat, ist erreicht : hier Wandel zu hafen und das mobile Eigenthum und auch das in eminentem Maße gestiegene Einkommen aus persönlichen Dienstleistungen entsprehend der beutigen Entwickelung heranzuziehen und demgemäß den Grund und Boden zu entlasten.

Meine Herren, dies Ziel ist nit bloß auf diesem Gebiete, sondern auch auf dem Gebiete der Verkehrs\teuer erstrebt. Es ift gewiß eine Ungerechtigkeit gewesen, daß die verhältnißmäßig hohen Stempel auf dem Umsaße von Grund und Boden allein hafteten und die Umsätze im mobilen Kapital davon freiblieben. Auch in dieser Beziehung ift Wandel geschaffen. Sehen Sie sh die Stempelfteuer für Wechsel und aus dem Umsay von Werthpapieren an, fo finden Sie, daß die- selbe heute hon über die Beträge der Stempel für Umsäße von Grund und Boden hinausgeht. Nun wird die Regierung von beiden Seiten angegriffen. Der Grund und Boden ist nicht zufrieden, und das mobile Kapital it erst recht niht zufrieden. (Sehr richtig !)

Aus dieser Thatsache \chöpfe ih, meine Herren, daß die beiden Häuser des Landtags und die Regierung niht nah einseitigen Auf- fassungen der Interessenten und nah deren Interessen, sondern nah der Gerechtigkeit die Geseße gemacht haben.

Herr von Woyrsch bemängelt ebenfalls die Veranlagung zur Vermögenssteuer, und zwar bezügli eines ihm gehörtgen Grundstücks in Breslau, welches als Bauland eingeshäßt sei.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ih kann ja den einzelnen Fall, den Herr von Woyrsh angeführt hat, nicht beurtheilen. Aber wenn es ihm angenehm ist, will ih ihm erklären, daß ih persönlih eine Wiese, die in einer städtishen Gemarkung liegt, aber keine Zugänge hat, über welche Baulinien nicht führen, nit als Bauplaß ansehen würde, und ebenso wenig würde ih glauben, daß es zulässig ist, daß die Berufungs8- fommission in peius reformiert, wenn nicht der Vorsitzende felbst seinerseits Berufung eingelegt hat. (von Woyrsch: die hat er nicht! Heiterkeit.) Ja, dann würde die Berufungskommission nah meiner Meinung zu weit gegangen sein. Dann darf fie niht in peius ceformieren.

Ueber die Frage der Werthshäßung der Musik will ih mich mit Herrn von Woyrsch nicht in einen Streit einlassen; denn ich bin dazu zu unmusikalish. (Heiterkeit)

Graf von Kleist-Schmenzin hält [feine Klage über die zu weitgehende Berücksihtigung des Fiskus seitens der Cinschäßungs- behörden aufrecht und bittet den Minister, die Behörden zur Milde zu ermahnen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Fa, meine Herren, wenn Herr von Kleist Zeit und Lust hätte, meine Akten einzusehen, meine Korrespondenz mit den Veranlagungs- behörden, so würde er diesen Wunsch nicht bloß in seiner Rede aus- gesprochen und ihn mir für die Zukunft ans Herz gelegt haben, sondern er würde anerkennen, daß dieser Wunsch in der Vergangenheit {on längst erfüllt ift. Aber ih bitte ihn, auch die außerordentlichen Schwierigkeiten zu berücksihtigen, die auf diesem Gebiete vorliegen, fowohl für die eigentli leitenden Behörden als auch für das ge- sammte Beamtenpersonal, bas bei der Veranlagung thätig ist, um zu begreifen, daß da einige Mißgriffe garnicht verhindert werden fönnen.

Wenn ih vorhin von einer harten Hand (Zuruf : festen!) festen Hand gesprochen babe, so babe ih natürlich damit die Behörde durchaus nit auffordern wollen, in rüdcksihtsloser Weise vorzugehen, fondern ih habe nur gesagt : dur die Klagen und durch die Miß- griffe, die in einzelnen Fällen vorgekommen sind, darf der Minister ih nicht bewegen lassen, den Behörden eine gewisse Gleichgültigkeit bei der Veranlagung im Uebersehen vorhandener Verkehrtheiten an die Hand zu geben; denn fon würden wir bald wieder auf ein folch laxes Veranlagungssyftem zurückfommen, daß von einer Gleihmäßigkeit der Veranlagung garniht mehr die Rede sein kann.

Wenn Herr Graf von Kleist-Schmenzin geglaubt hat, meine Zahlen bedeuteten nicht viel, denn es wäre do nur ein geringer Pro- zentsa von der gesammten mit über 3000 A Einkommen veranlagten Zahl der Zensiten, so hat er dabei doch übersehen, daß es sih hier um Fälle handelt, niht wo unrichtig deklariert ist, sondern wo wissent- li unrichtig defklariert ist. Ich habe nicht geglaubt, daß der Prozent- sa so hoh sein würde, und ih hoffe, daß er fich nach und nach herabmindern wird. Aber daß zur Verminderung wissentlih falscher Deklarationen doch auch ein festes, geordnetes Verfahren beitragen wird und die Ueberzeugung der Zensiten, die etwa dazu geneigt fein sollten, daß die Behörden genau zusehen und doch niht einfach leiht über die Dinge weggehen, das werden mir doh die Herren auch

zugeben. i Graf von Mirbach hält seine Behauptungen aufrecht und

erklärt sih noch heute für die Beseitigung der Grund- und Gebäude- steuer, aber er erahtet die Beseitigung der lex Huene für eine Ungerechtigkeit. Er habe die Steuerreform si anders gedacht, und dabei habe er sih in der Gesellschaft des Fürsten Biósmarck befunden. Er müsse dabei bleiben, daß die stärkste Fiskalität herrscht, vielleicht gegen den Willen des Finanz-Ministers, seitens der Veranlagungs-

fommissionen. , i Ober-Bürgermeister Struckmann „Hildesheim protestiert gegen

den Vorwurf, den Graf Mirbach gegen die Veranlagungskommissionen

emacht hat; er sei seit langen Fahren Vorsißender einer solchem

ommission gewesen. i, Graf von Mirbach: Ih habe von ländlihen Verhältnissen

gesprochen; da heißt es: Ja, Bauer, das is ganz was Anderes. Ober-Bürgermeister Bender verwahrt ih dagegen, daß hier ein Gegensaß zwishen Stadt und Land konstruiert werde. Herr von Woyrsh beschwert si, führt Redner aus, über die Einshäßung eines in Breslau belegenen Grundstücks. Aber in Breslau wird alles Land gleih hoh geschäßt, freilich etwas höher als auf dem Lande. Wenn man behauptet, daß eine verschiedenartige Einshägung flattgefunden hat, dann follte man doch die Entscheidung des Ober- Nerwaltungsgerihts anrufen, welches doch feine Ursahe hat, mit zweierlei D, zu messen. Die Mehrbelastung des platten Landes ist doch wirklich nur eine fable convenuse. Die Städte haben von der Steuerreform keinen Vortheil gehabt, das Land fast überall. Warum also die Vorwürfe gegen die Kommissionen? Graf Mirbach sollte sich wirklich etwas Zügel anlegen, wenn er mit solhen Vor- würfen fortfahren will.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Fh bin dem Grafen Mirbach dankbar, wenn er mich ausnimmt und sagt, der Finanz-Minister will das nicht ; aber ih protestiere dagegen, daß er generell die gesammten Veranlagungsbehörden des Landes be- huldigt, rüdcksihtslos ledigli fisfalische Interessen zu vertreten. Der Herr Graf Mirbach sollte bedenken, was er damit den Landräthen fagt. (Zuruf des Grafen Mirbach : Ih sprach nur von der Ergänzungs- steuer.) Da sind auch Landräthe die Vorsitzenden. Was soll es bedeuten, \olhe Vorwürfe gegen die Königlichen Beamten zu machen ? Man fann darauf kaum antworten; es sind unerwiesene Behauptungen, daß man ganz wehrlos dagegen ist, man fann bloß dagegen Ver- wahrung einlegen. Bisher haben die Landräthe, die das Leben auf dem Lande und die Verhältnisse auf dem Lande ganz genau kennen, doch niht in dem Rufe gestanden, übermäßig fiskalisch zu sein. Ich könnte Ihnen manche Beispiele anführen, wo das Gegentheil der Fall ift, aber ich will darauf nicht kommen, es sind das immer ein- zelne Fälle. Nun meint Herr Graf von Mirbach, die Ergänzungs- steuer wäre auf dem Lande verhältnißmäßig viel höher wie in den Städten. Wenn der Herr Graf die Güte gehabt hätte, die veröffent- lihte Statistik anzusehen, so würde er das ganz natürlich finden, denn die Schuldenzinsen, die in den Städten zum Abzug gekommen sind, betragen 263 Millionen und die Schuldenzinsen, die auf dem platten Lande zum Abzug gekommen sind, 133 Millionen; da nun die Ergänzungssteuer eine Steuer auf das Reinvermögen ist, so müßten natürlih die Gebäude in den Städten, weil sie stärker verschuldet sind, verhältnißmäßig geringer eingeshäßt werden zur Ergänzungssteuer. Diese Dinge beruhen wirklich auf Mißverständniß. Da greift einer eine Zahl heraus, die ihm auffällt, er kennt den ganzen Zusammen- hang nicht und kommt dann zu ganz falshen Schlüssen. Es ift eine Thatsache, jeder, der die Sache studiert hat, weiß das, daß die Ver- \{uldung der Gebäude in den Städten im Verhältniß zu dem Werth der Gebäude überwiegend weit höher ift wie auf dem Lande. Nach denselben Prinzipien ist in den Städten verfahren wie auf dem Lande, dieselben Instruktionen sind für die Städte gegeben wie für das Land, auf dem Lande sind die Landräthe die Vorsißenden, die die Verhâlt- nisse doch gewiß genau kennen, denn wir haben doch beinahe gar keine besonderen Kommissare auf dem Lande ernannt; (obo!), das find nur ganz wenige in besonderen Fällen und wesentlich in den Industrie- bezirken, im übrigen ift der Landrath der Vorsißende geblieben, von dem man doch nicht erwarten kann, daß er die Interessen seiner Kreis- eingesessenen absichtlich rücksihtslos behandelt im Interesse der Staats- finanzen. Also ih kann diese Behauptung in keiner Weise als be- gründet anerkennen.

Meine Herren, erwägen Sie nur, daß die Städte jeßt heran- gezogen werden aus Kapitalvermögen mit 726 Millionen Steuer- einkommen, das platte Land mit 177 Millionen, aus Grundvermögen ein Einkommen in den Städten von 408 Millionen, auf dem platten Lande von 330 Millionen, daß aus Handel und Gewerbe in den Städten 846 Millionen Einkommen veranlagt sind, auf dem platten Lande 118 Millionen, aus gewinnbringender Beschäftigung in den Städten 554 Millionen, auf dem platten Lande 105 Millionen, fo werden Sie, glaube ih, doch das Gefühl haben, daß die Städte genau nah denselben Grundsäßen und Prinzipien zur Besteuerung herangezogen find nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit wie das Land. Ja, meine Herren, wo die Werthverhältnifse so \{chwierig zu ermitteln sind, wird man die Erfahrung machen, daß durh- schnittlich untershäßt wird ; dunkle, unklare Verhältnisse führen in der Regel, von Ausnahmen abgesehen, zur Untershäßzung. Aber es i fehr schwierig, den Reinertrag und das Neineinkommen von Grund und Boden zu \{chäßen und ebenso den Werth desselben, und ih glaube daher, im Großen und Ganzen wird man nicht sagen können, daß es übershäßt ist. Allerdings gebe ih zu, daß auf der anderen Seite das Kapitalvermögen niht überall rihtig gefunden wird, aber das ist auf dem Lande ebenso der Fall wie in den Städten. Nur eins kann man wohl annehmen, und das bat Herr Graf von Mirbach gerade niht behauptet, daß das gewerbliche Anlage- und Betriebskapital wohl bei der Ergänzungssteuer niht überall ge- nügend herangezogen is. Das ist wenigstens unsere Ueberzeugung, und das ist eine Folge davon, daß man die Deklaration ge- strihen hat. Der Grund und Boden, ob bebaut oder nicht, liegt flar vor Augen, kann nicht verbeimliht werden er wird also leiht einzushäßen sein, wenigstens kann seine Gristenz nicht verheimliht werden. Bei dem gewerblichen Anlage- und Be- triebskavital, das man nicht sieht, invisibls property ist, glauben wir, daß bei der ersten Veranlagung die Gewerbetreibenden im Großen und Ganzen zu niedrig veranlagt sind, und es wird Aufgabe der Zukunft sein, allmählih der Wahrheit näher zu kommen. Aber aus der ganzen Entwicklung, die sowohl die Geseße, und die Durchführung derselben als die Ergebnisse der Einshäßung und Veranlagung in Stadt und Land gezeitigt haben, kann nah meiner Meinung niemand, der die Verhältnisse wirklih kennt und zu beurtheilen im stande ist, her- leiten, daÿ das platte Land prägraviert sei, (Bravo!)

Graf von Mirbach: Die Zusammenseßung der Berufungs- kommission in Königsberg läßt vermuthen, daß die Herren von den ländlichen Verhältnissen nicht viel verstehen.

Bei den Ausgaben des Etats der direkten Steuern tritt

Ober-Bürgermeister Struckmann für eine Vermehrung der Katasterämter ein. i:

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich habe hier ja anerkannt, daß allerdings eine Reihe von Katasterämtern überlastet war und daß ein Mangel an Feldmessern längere Zeit vorhanden gewesen ist Wir baben demge- mäß in jedem Etat die Zahl der Katasterämter vermehrt; man muß

aber do, wenn man solche Positionen einstelt und etatömäkige

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