1896 / 78 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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anstalt \tädtischen Patronats statutarisch ein Veto beansprucht hätten, nicht bekannt ift. Das muß auf einem Mißverständniß beruhen; ein solhes Veto des Direktors gegenüber der städtishen Verwaltung oder Behörde würde die Tendenz, von der wir bei der Schulaufsicht aus- gehen, vollständig verschieben. Was nun im allgemeinen die Schul- aufsiht betrifft, so gehen wir davon aus, daß die Gemeinden in der Hauptsache zunächst die Verwaltung der Schule haben, daß aber die Aufsicht über die Schulen bei dem Staate ruht und daß den Ge- meinden nah § 3 des Schulaufsichtsgeseßes eine Theilnahme an der Schulaussiht zusteht, wie sie ihnen bis dahin zugestanden batte. Die Organe, dur welche die Gemeinden ihre Verwaltung und auch das Recht, das sie bisher bei der Aufsicht gehabt haben, wahr- nehmen, sind im wesentlihen die Schuldeputationen. Es fällt uns gar nit ein, in die Rechte dieser Schuldeputationen einzugreifen. Allerdings wünschen wir aber, daß zu den Schuldeputationen auch der Königliche Aufsichtsbeamte hinzugezogen werde. Das geschieht auch durhweg, und bis jeßt hat sih überall, wo wir einen Königlichen Kreis- Schulinspektor in einer Stadt angestellt und ihm die Erlaubniß gegeben

- haben, gegen eine Remuneration als städtisher Schulinspektor, als Schul-

referent zu fungieren, dieses Verhältniß ausgezeichnet gestaltet. Ich habe also gar keinen Grund, über die Aufsichtérechte hinauszugreifen, die wir bis jeßt nah hergebrahter Praxis felbst wahrgenommen haben oder dur unsere Organe haben wahrnehmen lassen. Freilih würde ih mich nicht entschließen fönnen, ein Schulaufsichtsgeseß zu machen oder das jeßige in dem Sinne zu interpretieren, das wir in 8 1 sagten: „Die Aufsicht über die Schule steht dem Staat zu“, und im §2 bestimmten : „aber von dieser Aufsicht darf kein Gebrauch gemacht werden“. Es würde ja pflichtwidrig sein, wenn wir diejenigen Aufsichtsrechte, die im öffentlihen Interesse und auch im Snteresse einer gewissen einheitlihen Behandlung der Sache bestehen müssen, aufgeben würden. Das kann ih nit, das werde ih nit thun. Dagegen bin ih ganz einverstanden mit den Herren von den Städten, daß es darauf an- fommt, ibnen freundlih und taktvoll entgegenzukommen, und die Auf- ihtskcsugnisse mit Maß geltend zu mahen. Es mag sein, meine Herren, ih weiß es nicht, daß in einzelnen Fällen unsere Schul- aufsihtsbehörden, die Bezirksregicrungen und ihre Organe, den örtlichen Sculverhältnissen gegenüber etwas zu kleinli, zu peinlih, zu ängst- li, mit einem Wort: zu bureaukratisch vorgehen. Meine Herren, wenn solze Fälle vorkommen, wenn das rechte Maß von den Bezirk8- behörden und deren Organen überschritten wird, so kann ih die Herren von den Stadtgemeinden nur bitten, von diesen Fällen wenigstens den einen oder den anderen an mich heranzubringen; ich werde bemüht sein, den Fall woblwollend nach den Prinzipien, die ih vor- getragen habe, zu prüfen und Remedur zu \chafffen. Wenn aber sole Beschwerden gar nicht an mich herangebraht werden, fann ich nit eingreifen. Ih trage nohch Bedenken, den Weg zu beschreiten, der mir in der Kommission nahegelegt worden ist, näm- lich in allgemeinen Verfügungen den Regierungen zu fagen: Wir halten zwar an unseren Sculaufsichtsrehten fest und an den bisher getroffenen Anordnungen soll nichts geändert werden, aber Ihr dürft Ke nicht genau, nit \treng, nicht ordnungsmäßig ausführen, fondern Ihr müßt hie und da den Städten gegenüber ein Auge zudrüdcken. Meine Herren, eine solche Verfügung kann keine geordnete Verwal- tung erlassen. Wenn zu dem Ober-Bürgermeister als dem Vertreter der städtischen Polizeiverwaltung ein Bürger oder mehrere Bürger kämen und sih darüber beschwerten, daß der Polizei-Infpektor und die Polizeikommifsarien die einzelnen Bürger durch zu genaue Anwendung der erlassenen polizeilichen Anordnungen quälten oder belästigten, so würde der Ober-Bürgermeister auch nicht anders handeln können, als daß er jeden einzelnen Fall untersuht. Das Gleiche bin ich zu thun bereit; aber ih fann unmöglich meine Organe generell anweisen, daß sie die Anordnungen , die getroffen werden, niht s\trikte be- folgen sollen, fondern au hier und da ein Auge zudrücken follen. Meine Herren, damit fann eine ordentlihe Verwaltung nit bestehen. Wir können die einzelnen Uebelstände, Mißgriffe, Taktlosigkeiten, zu weit gehende bureaukratische Eingriffe abstellen. Und wenn mir an der Hand bestimmter Fälle der überzeugende Nach- weis erbraht wird, daß seitens der Behörden allgemein eine falsche Bahn eingeschlagen wird, so werde ih keinen Anstand nehmen, dem entgegenzutreten, bin vielmehr der erste, der bereit ist, Abhilfe zu hafen. Aber ih kann unmöglich meine Organe generell anweisen, die einmal getroffenen Anordnungen nicht \trikte zu befolgen. Durch derartige ungehörig lähmende, einschtänkende Verfügungen würde ih die ganze Wirksamkeit meiner Organe hemmen und eine geordnete Verwaltung unmöglih machen. :

Meine Herren, ih bin fest überzeugt, daß die Städte, nachdem die Sachen hier einmal zur Sprache gekommen sind, sich überzeugen werden, daß die Tendenz, die sie bei der Unterrichtsverwaltung ver- muthet haben, in bureaukratisher Weise mehr als bisher prinzipiell die Rechte der Städte in Bezug auf die Aufsicht einzushränken, nicht besteht. Und es is mein dringender Wunsch, daß die Herren, wo irgend ein Zuwiderhandelnder gegen diese prinzipielle Stellung der Unterrichtsverwaltung vorkommt, wo eine gerechte Beschwerde zu er- heben ist, sich an mi wenden. Ih werde mit Freuden bereit sein, berechtigte Beschwerden abzustellen, Ihnen entgegenzukommen, soweit es möglich ist, und das bisherige Zusammenwirken der Unterrichts- verwaltung mit den Gemeindeverwaltungen zum Heile und Segen unserer Schule fortzuseßen. Denn nur auf diesem Wege können wir weiter fommen. (Bravo!)

Ober - Bürgermeister Schneider-Magdeburg: Troß der Er- klärung des Ministers wird die Beunruhigung im Publikum und in den stadtischen Verwaltungen nicht ganz verschwinden. Ich habe unter drei verschiedenen Bezirksregierungen im kommunalen Dienst gearbeitet und habe überall gefunden, daß ewisse Klagen bestehen. Der Minister sollte vershiedene allgemeine unkte veüsen und dafür forgen, d diese Dinge nit so verschiedenartig behandelt werden; z. B. bezügli der Schulhausbauten werden in der Rheinprovinz die genauesten Pläne und Kostenanschläge gefordert, ehe den Gemeinden die Geneh- migung zu Schulbauten ertheilt wird. Dadurch sind oft monatelange Verzögerungen entftanden, troßdem ein Minifterialreskript vom Jahre 1859 den Regierungen untersagt , bezüglih der größeren Städte in dieser Beziehung störend einzugreifen.

Ober - Bürgermeister Möllmann - Osnabrück: Die Schul- gemeinden sind bei uns in Osnabrück d e ia Gemeinden; aber obwohl die evangelishen 60, die fatholishen 8509/4 sämmtlicher Staatéfteuern als Schulsteuern erheben, fönnen die Gemeinden doch nicht Alles bestreiten, was von ihnen gefordert wird. Bei der St. Iohannisschule sind die Schulklassen, troÿdem sie erst vor zwei Jahren neu errihtet wurden, o überfüllt, daß mehr als 100 Kinder vorhanden sind. Redner empfiehlt die St. Johannisgemeinde dem Wohlwollen des Ministers.

Ober - Bürgermeister Bender - Breslau: Wir alle ohne Unter- schied der Partei haben die Empfindung, daß die Stellungnahme der

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Staatsbehörde in der Schulverwaltung als ein {hwerer ODrudck, als ein Hinderniß empfunden wird. Die Art, wie die Frei der Selbst- verwaltungsorgane in den Gemeinden von der ftaatli%cen Aufsichts- behörde beschränkt wird, gereiht der Schule niht zum Segen. Wo die preußishe Schule zur Blüthe gelangt ift, ist das nur geschehen, wo sie mit der politischen Gemeinde in Verbindung tand. Wo sie losgelöft war von der politishen Gemeinde, konnte fie ih nicht so gut entwickeln; ein loser Verband nur zu Zwecken der Schule kann das nicht leisten, was die politische Gemeinde [eistet. Wenn die Gemeinde ftets für jeden Aft der selbstverwaltenden Thätigkeit die Einwilligung der Aufsichtsbehörde einholen muß, dann wird die Ge- meinde lahmgelegt in ihrer Wirksamkeit. Das bemerken wir befon- ders im inneren Schulleben; im äußeren niht so fehr, abgesehen von dem traurigen Geseß, welches jeßt vorgelegt ist. Das Schul- aufsihtsgeseß bestimmte doch nur, daß der Staat an Stelle des ge- borenen geistlichen Schulaufsichtsbeamten einen besonderen Beamten ernennen konnte. Im übrigen sollte es bei den bisherigen Be- stimmungen bleiben, also daß die Städte selbst die Schulaufsicht führen. Dabei sollte es auch bleiben, bis ein Sculgeseß erlassen wird. Wir leben in den Städten des Glaubens, daß, was 1872 geseß- li galt, au jeßt noch gilt; alles, was im Gegensaß dazu eingeführt ist, ist rechtswidrig eingeführt. Die Schuldeputation is zu wenig bekannt in ihrem Wirken; sie besteht unabhängig vom Ma istrat, sie besteht aus sacverständigen Mitgliedern und steht bard gewählte Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordneten im Zusammen- hange mit der Stadtverwaltung. Ein Votum der Sculdeputation ist faum zu umgehen. Kommen aber die Stadtverwaltungen auf den Gedanken, daß die Deputationen abhängig werden von der Staats- verwaltung, dann geht das Vertrauen zur Schuldeputation verloren. Es ist jeßt nicht ein einheitlihes Schulreht vorhanden, scndern wir haben in jeder Stadt ein anderes Schulrecht. Der Kreis-Schulinspektor befand {ih in der Schuldeputation vor 1872, um sich zu informieren; aber er hat niemals Anordnungen getroffen. Die Schuldeputation sollte die einzige Behörde für die chu!e sein. Jett haben wir zwei Behörden, wenn die Regierung ein besonderes Recht für den Schulinspektor in Anspruch nimmt. Der Minister scheint von all den unliebsamen Moe in diesec Frage keine Kenntniß ge- nommen zu haben. In Berlin sind die chulinspektoren vom ¡nas ernannt und stehen unter seiner Disciplin, sie find zugleich im Nebenamt vom Staat als Aufsichtsbeamte bestellt. Sie follten ein Vetoreht erbalten gegenüber den Bes&lüssen des Magistrats. Nachher wurde gesagt, sie sollten ein Votum haben auf Grund irgend einer alten Verfügung. QDas zeigt, wie unsicher die Lage in dieser frage ift. Die Schuldeputationen haben eine Instruktion erlassen ür die Rektoren bezüglih der Schulaufsicht. Diese sollte allein den Sqhulinspektoren zustehen. Wie können denn diese in großen Städten allein die Schulaufsiht durchführen? Ein solches Eingreifen der Unterrichtsverwaltung beklagen wir. Es ist doch wirklih nit zu viel verlangt, daß wir da, wo wir bezahlen, au selb verwalten wollen und nit allzu sehr belästigt werden mit der überflüssigen Be- rihterstattung an die Behörden des Staats. Solange wir das pxeußishe Schulwesen verwalten, müssen wir au eine selbständige, von der staatlihen Schulaufsicht loëgelöste Kompetenz haben.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Ich hoffe, daß ih auf die Ausführungen des Herrn Vorredners fürzer crwidern kann, als sie selber gewesen sind. (Bravo!)

In einigen Punkten bin ich mit ihm ganz einverstanden. Er hat gemeint, die politisbe Gemeinde sei eigentlih der rechte Träger der Sqhullasten. Ich stimme ihm darin im Ganzen und Großen bei. Wir haben aber bis jeßt noch niht das Gefeß, wodur der politischen Gemeinde die Scullasten auferlegt sind, wir haben noch Schulver- bände und müssen, soweit wir sie haben, auch mit ihnen rechnen. Daß das unter Umständen zu ret großen Unzuträglichkeiten führen kann, ift richtig, und der Fall, den vorhcr Herr Ober-Bürgermeister Msöllmann aus Osnabrück vorgebracht hat, ift ja ein sprehender Be- weis dafür.

Im wesentlichen lief der Vortrag des Herrn Ober-Bürgermeisters Bender hinaus auf eine Klage über den geseßlichen Zustand der ftaat- lichen Schulaufsiht nit über die Handhabung der Schulaufsicht, sondern über den Zustand, wie er ih durch Geseß und Praxis ge- bildet hat. Er hat ganz Recht, wenn er sagt, die Schuldeputationen haben ausgezeichnet gewirkt. Ih erkenne das in vollstem Maße an. Aber er sagt, sie können nur gut wirken, wenn die Städte das Be- wußtsein haben, das sind unsere Schuldeputationen. Nun, kein Mensch hat bisher jzmals bei uns behauptet, daß sie etwas Anderes seien. Ihre Schuldeputation in Breslau ift Fh r e Shuldeputation. Aber wir müssen und das fteht in der Instruktion von 1811 auédrücklich vorgeshrieben darauf halten, daß der Kreis-Schul- inspektor als Kommissarius der Regierung, der das staatlihe Auf- sichtsreht wahrzunehmen hat, in der]Schuldeputation mitsißt, und wir müssen beanspruchen, daß er auh das Recht hat, Beschlüsse der Deputation, welche etwa dem staatlihen Interesse zuwiderlaufen, zu beanstanden bis dahin, wo die Königliche Aufsichtsbehörde, die Regie- rung, darüber entschieden hat. Das ist das, was Herr Ober-Bürger- meister Bender als Veto bezeihnet hat. Der Ausdruck „Veto ist von uns nicht gebraucht; es kommt aber gar nicht darauf an; wollen Sie es als Veto bezcihnen, ih habe nichts dagegen. Aber verzichten können wir auf dieses Recht nit; denn, meine Herren, wenn wir die Schuldeputationen in allen Fällen madhen lassen, was sie wollen, dann fönnen Sie ih darauf verlassen, daß die Gefahr ret erheblicher Mißgriffe nicht ausgeschlossen ift. (Sehr richtig !) Exempla docent. Fch will hier auf keinen einzelnen Fall exemplifizieren, aber wir haben sehr bestimmte Grfahrungen, die, wenn ich sie hier vorführte, Ihnen Allen obne Auënahme die Ueberzeugung verschaffen würden, daß Miß- griffe auf diesem Gebiet sehr wohl mögli find. (Sehr richtig!) Und es muß auch ter Staat die Ordnung, die er einmal hat, aufrecht er- halten.

Nun, meine Herren, habe ich nur noch einen Punkt zu berühren : das ist der Anspruch, den Herr Ober-Bürgermeister Bender schon im vorigen Jahr hier erhoben hat, daß nämli ein Theil der ftaatliden Disciplinarbefugnifse auf die städtischen Drgane übertragen werden solle. Bisher hat der Staat die Disciplin über die Lehrer für \ih und seine Aufsichtsbeamten in Anspruch genommen : einen Theil davon abzulösen und den ftädtishen Schulbeamten zu geben, das, meine Herren, würde ich nicht für unbedenklich halten. Das ift eine Hâäufung von Dieciplinarinftanzen, die sehr leiht zur Verwirrung führt und namentlich sehr leiht dahin führt, daß die Disciplin über die Lehrer in deren Bewußtsein gelockert wird. Es ist aber nicht wohblgethan, das zu thun. Meine Herren, ih bin gewiß ein Freund, ein sehr großer und warmer Freund der Lehrer, und ih bin für sie eingetreten; aber das Korrelat dafür ist, daß au eine ftarke Hand die Disciplin über die Lehrer führen muß. Wir haben das heutzutage nöôthiger denn je. (Sehr rihtig!) Diese Diéciplin

kann ich nit aus der Hand geben. Fch würde dazu au gar nit befugt sein, selbst wenn ich Neigung dazu hätte. Deshalb habe ih den Antrag der Stadt Breslau, auch den \tädtishen Organen eine Dieciplin über die Lehrer zu übertragen, nicht gutheißen können. Das wäre eine Regelung einzig in ihrer Art in der ganzen Monarchie.

Ueberall haben die staatlichen Behörden die Disciplin über die Uhr und sie haben fie im allgemeinen sehr gut geführt. G

Nun, meine Herren, hat Herr Ober-Bürgermeister Bender s von der Beurlaubung gespcohen. Das Recht, Urlaub zu elan hat si in den verschiedenen Städten verschieden entwidckelt, Jg kit: gar nihchts dagegen, wenn die Breslauer Shhuldeputation den tba ertheilt, Mir kommt nicht viel darauf an, ob die Shuldeputat; oder die ftaatlihe Aufsichtsbehörde den Urlaub ertheilt. Wenn gh darüber Beschwerde geführt ift, daß die Regierung in einem Falle wo ein Lehrer längeren Urlaub erhalten und noch länger fortgebliehe, ist, sich hat Bericht erstatten lassen, so kann ih der Regierung daraus einen Vorwurf niht mahen. Ich will nur den Fall annehmen, dg ein Rektor von den \tädtischen Behörden auf ein Jahr beurlaubt wird und ein Jahr fortbleibt. Schon da hat die staatliche Auffichtsbehörd, ein lebhaftes Interesse daran, zu wissen, ob das nöthig ift und wie für die Vertretung des Mannes gesorgt ift. Das sind denn d Dinge, bei denen das öffentliche Interesse an dem Schulwesen sehr wesentli betheiligt ist, und wenn die Regierung fich darum kümmert und das in rechter Weise thut und nicht in verlezender Form, \o kann ih der Regierung keinen Vorwurf machen. Sie hat dann weite nihts als ihre Schuldigkeit gethan.

err von Helldorff-Bedra tadelt die im Regi ; Mersburg. neu O ffene L truttion bezüglih der ‘Shetertbei! welhe weit über das Bedürfniß und die Befugnisse der Bezirks: regierung binausgehe. Namentlich würden die den Schulpatronen zustehenden Rechte beschränft. i

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Diese Merseburger Angelegenheit ift zu meiner Ueberrashung, wie Herr von Helldorff-Bedra bemerkt hat, im vorigen Zahr im Abgeordnetenhause zur Sprache gekommen. Es ift ritiz, daß die Merseburger Regierung eine sehr umfassende und eingreifend neue Anweisung für die Schulvorstände erlafsen hat, und zwar obne daß die Zentralverwaltung etwas davon gewußt hat. Das erklärt s aus den ganz ähnlihen Vorgängen, die in anderen Regierungsbezirken stattgefunden haben, wenn auch dort nicht ganz fo tief eingreifende Anweisungen erlassen worden sind, so im Regierungsbezirk Magdeburg; da geht die Sache sehr gut, so auch im Regierungsbezirk Köslin, da ist nicht die leiseste Beshwerde hervorgetreten. Die Regierung in Merseburg hat fi wohl nah diesen Vorgängen zu ihrem Eingreifen für be, rehtigt gehalten. Die Tendenz ift ja auch gar keine böôs8artige; si ging dahin, den Gzmeinden, die zahlen mußten, auch eine gewisse Berechtigung bei dec Wahl der Schulvorstände und bei der Ver waltung der Schulangelegenheiten einzuräumen. Denn in fehr zahl: reihen Gemeinden des Regierungsbezirks Merseburg wurden sämmtlite Mitglieder des Schulvorstandes einfah von den „sogenannten“ Patronaten wie Herr von Helldorff ih ausdrückt ernanni, Da muß ih nun bemerken, daß das Kirchenpatronatsrecht dur diese Anweisung garniht berührt werden soll und auch nit berührt worden ist, soweit ih sehen kann. Richtig ist, wie mir scheint, daß die Regierung etwas zu eigenmächtig, etwas zu burcaufratisch in dec Sache vorgegangen is. Ich habe auf die Beschwerde, die im vorigen Jahre im Abgeordnetenhause erhoben wurde, sofort eine Revision der Anweisung verfügt, und es hat vor kurzem eine Konfecenz in Merse burg stattgefunden, zu der ih eine Kommission entsandt habe und zu der au eine Anzabl von Landräthen zugezogen worden sind. Diese Konferenz hat unter Zustimmung der Regierung und unter Leitun des Regierungs: Präsidenten beshlofsen, eine Revifion der Anweisung für die Sculvorstände eintreten zu lassen. Ueber die Richtung und den Umfang der Abänderungen, die dabei getroffen werden sollen, ist ein endgültiger abshließender Beschluß noch nicht gefaßt; wird auch nicht gefaßt werden, ohne daß die Zentralverwaltung von der Sache Kenntniß erhält. Es finden jeßt noch Ermittelungen statt über die rechtlihe Natur dessen, was der Herr von Helldorff als Schulpatronat bezeihnet und was in der That doch immer als Patronat bezeihnet worden ist. Die Regierung ist allerdings der Meinung, daf man ein eigentlihes Schulpatronat, überhaupt ein Patronat über die Schule den Gutsherren in ihrem Bezirk nicht zugestanden hat. 9% das Recht ist oder nicht, ob im altsächsishen Recht fich etwas finden läßt, um diese Patronate und den Begriff von Patronats-Sculen j! rechtfertigen, muß ich jeßt dabingestellt sein lassen; ich bin darüber noch nicht genügend informiert. Ich kann aber versichern, daß ih ti Behörde ausdrücklih angewiesen habe, au diesen Punkt sorgfältig i prüfen. Also die Sache is im Fluß, und ih hoffe, daß es gelingen wird, sie allseitig befriedigend zu regeln.

Ober-Bürgermeister Bender: Nicht wir erstreben eine Aenderuïs der bestehenden Verhältnisse, sondern die Regierung und die Aus sichtsbehörden wollen alles so ändern, daß alle selbständigen Ret: der Schuldeputationen wegfallen, Rechte, die auf guter Grundlaz? beruben. Wir \träuben uns nicht dagegen, daß staatliche Beamte n der Schuldeputation sißen. In Breslau sigen fünf ernannte Beamtt Meiter können wir doch nicht gehen. Aber der Punkt, wora es ankommt, ist das Veto, wodurh den staatlichen Beamten tir! Stellung über der Deputation eingeräumt wird. Früher war es den Ober-Bürgermeister einer großen Stadt eine hohe Ehre, D fißender der Schuldeputation zu sein; heute ist das eine Ausnabw denn wenn ih beute unter dem Schulinspektor ftehen soll, da: lehne ih es ab, Mitglied der Sculdeputation zu sein. /

Graf von Zieten-Schwerin: Ih würde es als einen groß Segen der Verhandlungen ansehen, wenn der Minister die Ueber! zeugung daraus gewinnen wollte, daß es ohne ein allgemeines Schulge!tf nicht mehr geht; denn jeßt herrsht ja Rechtlosigkeit auf vielen Ge bieten. Vor allgemeinen Anweisungen möchte ich den Minister warnt? denn eine allgemeine Neuordnung kann nur durch ein Geseß ers Die politischen Gemeinden haben für die Schule Vieles geleistet, 0A neben dem Königlichen Regiment verdankt die Schule ihren Aufshwuns der evangelischen oder überbaupt der riftlihen Kirche. :

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Die von dem Herrn Grafen Zieten-Shwe angeregte Frage nah dem Erlaß eines Schulgeseyzes ist ohne Zwei die auf dem Gebiete der Kultusverwaltung zur Zeit brennendfte heikelite. Es besteht auch über diese Frage zwischen uns und zwis" den Herren im anderen Hause, die schr stark auf die alsbaldig? nens legung eines solhen Schulgeseyes gedrängt haben, fein priniie” Gegensaß. Ich würde mih freuen, wenn wir ein Schulge!es b L und ih werde mich freuen, wenn wir es bekommen. Die Dise die zu Tage getreten sind, beziehen fich nur auf die E und nur auf den Zeitpunkt. Ih möchte diese Fragt, e vie d mch ja sehr ausführlich im anderen ausgelassen habe, mit Rücksicht auf die Geschäftslage dieses Ha doi hier nit vertiefen und auébreiten. Ich möchte nur vers! hene: mir nihts innerhalb meines ganzen Geschäftsbereihs #o a * h liegt, wie die criftlihe Schule, die wir haben, zu erhalten und |

möglich, fo bald als thunlih auch rechtlih durch Gese zu sichern.

avo! Bravo!)

Beim Titel 115 pNatzolse Bisthümer“ erklärt

Prinz zu Schöônaih-Carolath sein Einverständniß mit der Berlegung des Botanischen Gartens in Berlin, bedauert aber, daß der Hotanische Garten zu Baupläßen verwendet werden folle. Der

cten sei cinmal ein Erholungsplaß, und ferner enthalte er einige achaltenswerthe alte Bäume, namentlich auch fremdländishe. Die Zuht fremder Hölzer habe noch lange niht genügende Ausdehnung 5 Deutschland gefunden. In seinem Baumbestand solle der Bota- nische Garten wenigstens erhalten bleiben. Der Staat dürfe in dieser Beziehung nicht allein das fiskalishe Interesse vorwalten lafsen.

Vize-Präsident Becker weist darauf hin, daß diese Frage zum Tit. 16 der einmaligen Ausgaben gehöre, und bittet, die weitere De- vatte bis dahin zu verschieben.

Beim Titel „Elementarunterrihtswesen“ bemängelt

Ober-Bürgermeister Schneider - Magdeburg, daß die großen Städte den Ruhegehaltskafsen der Lehrer für den Regierungsbezirk angeschlossen seien. Magdeburg müsse infolge defsen 69 000 M. hlen, obgleich es für seine eigenen pensionierten Lehrer nur 29 000 Æ habe aufzubringen gehabt. Nicht auf 5% der Gehaltsbeträge be- liefen sich die Kosten der Ruhegehälter, sondern auf 10 bis 15 9/; wischen den einzelnen Regierungs ezirken beständen große Verschieden- heiten, und die Städte müßten meist sehr viel mehr bezahlen, als wenn sie ihre Lehrerpensionen felbst aufzubringen hätten. Nach der Verfassung solle der Staat den [eistungsunfähigen Gemeinden bei den Schullasten zu Hilfe kommen; hier müßten aber die großen Städte zu Gunsten der kleineren Gemeinden eintreten, und zwar in esner aufgezwungenen Sozietät, welhe im römischen Necht als eine ocietas leonina bezeihnet worden sei. Der Stadt Magdeburg werde dadurch für andere Leute eine Leistung zugemuthet, für die sie in Schulsyftem für eine kleine Stadt von 10 000 Einwohnern ein-

rihten könnte.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß in dem ersten Jahre nah dem Inkrafttreten des Ruhegehaltskassen-Gesetes für hrer die größeren Städte, wenigstens eine größere Anzahl derselben, ine recht erhebli stärkere Belastung gegen früher erfahren haben. gh erkenne das vollkommen an und bedaure das, obwohl ih fagen muß, daß wir bei der Berathung des Geseßes uns allseitig voll- fommen darüber im laren gewesen sind, daß in einzelnen Fällen terartige Schwankungen vorkommen müssen. Das immt bei jeder Versicherung vor. Bei jeder Versicherung kommt es vor, daß man Jahre lang mehr zahlt, als man an Ausgaben selbst ju leisten bätte, wenn man die Versicherung niht eingegangen wäre. Jher cinmal wird man doch einen Vortheil von der Versicherung haben. Einmal muß und wird auch für die großen Städte der Zeit- yunkt cintreten, wo das Gesey ihnen Vortheile bringt. Wie noth es war, diese Pensiorslast endlich einmal auf breitere Shultern zu legen, sehen wir gerade aus diesen Schwan- fungen. Darin irrt ih aber der Herr Vorredner, wenn er meint, in den ländlihen Gemeinden liege die Sache anders.

Auf dem Lande hatten die Gemeinden oft Jahre lang gar keine Pens- sion zu zahlen. Wenn sie sih nun jeßt beshwerten, daß sie früher fine Pension zu zahlen gehabt hätten, beute aber 100—200 M etwa blen müßten, so ift das ungefähr dasselbe Verhältniß, wie jet für die großen Städte. Also daß die ländlihen Gemeinden allein den Vortheil hätten und die Städte allein die Lasten, ist ausgeschlossen

dur) den ganzen Versicherungêgedanken, auf dem diese Gesetzgebung

beruht. Aber die großen Städte haben nah meiner Veberzeugung aud einen Fehler gemacht. Sie haben nämli vielfah die Frist niht benußt und sind mit den Lehrern der Mittelschulen innerhalb der geseßten Frist den Pensionskassen nicht beigetreten.

Ganz anders würde sih die Sache verhalten, wenn sie damals bei- getreten wären. Sie haben das nicht gethan, ich habe daran keine Kritik zu üben und will es auch niht; es wird aber cines Tages die Zeit kommen, wo auch die großen Städe si der BVortkeile dieses Geseßes bewußit werden werden.

_ Ober-Bürgermeister Bender: Der Minister befindet sich voll- ändig im Irrthum lber die Wirkung des Gesetzes; er faßt die Thatsachen unrichtig auf. Wie sollen denn den jetzigen Mehrleistungen später einmal Minderleistungen gegenüberstehen ? Wir werden immer und zwar wahsend und dauernd größere Lasten zu tragen haben. Das liegt in ver falshen Rehnung, auf welcher das Gese beruht. Das sind s{limme Dinge, die wir nicht einmal bekämpfen können, weil das Unrecht auf einem Geseg beruht. Die falsche Berehnung muß revidiert werden. Als einen Versicherungëverband kann man biese Einrichtung nicht betrachten. Für die Alterszulagen der Lehrer sollen auh besondere Kassen eingerihtet werden. Schließlich bleibt für die e at aigtait nihts weiter übrig, als Versicherungsbeiträge

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Jh kann doch die Behauptung nicht unwider- sprohen lassen, daß es ih um eine societas leonina handelt. Es it richtig, daß die Lehrergebälter in den Städten höher sind als auf dem Lande, und dementsprehend auch die Beiträge der Städte für die Ruhegehaltékafsen. Aber die Vertheilung if doch eine richtige proentuale, Nah Abzug der 800 4 vom Gehalt, für welche

t Staatsbeitrag zum RNuhegehalt vole Deckung für die Pensionskasse gewährt, wird von jedem Huntert der gejahlten Gehälter der gleihe Prozentsaß für die Nuhegehaltskafse erhoben. Nun stehen aber doh der größeren Beitragslast der Städte die höheren Pensionen gegenüber, welche auf die Städte fallen. Darin liegt doh ein Ausgleich, und der Ausgleich muß einmal kommen. Es istrihtig, daß die Städte in höchst dankenswerther Weise in den legten JVhren die Zahl der Lehrerstellen und die Gehälter erhöht haben vir können das nit hoh genug rühmen. Infolge dcssen aber if fegenwärtig die Beitragslast der Städte zu den Ruhegehaltskassen sehr gestiegen im Vergleich zu den Pensionen, die nah geringeren Ge- hâltern berehnet sind und deren Fälle, entsprehend der geringeren An- obl von Stellen, weniger zahlreich waren. Der Ausgleich wird aber Asen, fowie in einigen Jahren Pensionierungen in größerer Zahl L von den höheren Gehältern erfolgen. Dann wird der Vorwurs,

ß es sich hier um eine sociotas leonina handelt, ganz von selber verschwinden.

ies, Dber - Bürgermeister Schneider -Ma vestrei daf - agdeburg bestreitet, daß R ein Ausgleich kommen könne, denn die Berehnungen wider- man R allen versiherungstechnishen Grundfäßen. Mindestens müsse auf d le Klassen nicht auf den Regierungsbezirk beschränken, fondern it en ganzen Staat ausdehnen und den Gemeinden cin größeres "Akungôrecht geben. 0 Ausfü ber - Bürgermeister Shmieding- Dortmund {ließt sich den “eure des Vorredners an. Mi den einmaligen Ausgaben erklärt der f J inister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bos}e: Prin 4, meine Herren, ein paar Worte möchte ih doch Herrn jen Carolath erwidern. Allerdings hat er Recht, wenn er sagk:

die Verlegung des Botanischen Gartens hier is völlig unerläßlich ; das Institut kann niht mehr das erreichen und bieten, was es bieten muß für die hiesige Universität. Nun ift sein dringender Wunsch gewesen, es mödte doch dahin gewirkt werden, daß eine Ver- ständigung auch mit der Stadt zustande käme, damit ein Theil dieses Grundftücks der Stadt und dem öffentlihen Wohl erhalten bleiben möge. Ja, meine Herren, ih würde mi außerordentli freuen, wenn das geshähe; nur läßt sich das, wie der Herr Prinz Carolath selb {on angedeutet hat, nicht auf dem Wege erreichen, daß nun etwa der Stadt Berlin dieses hôchft werthvolle Grundftück gesenkt wird; denn wir brauen das Geld sehr nöthig, um andere, ebenso nöthige und wichtige Zwecke erfüllen zu können. Ih gestatte mir, darauf aufmerksam zu machen, daß zu einer Verständigung immer zwei gehören. Wenn also der Herr Prinz Carolath die große Güte haben wollte, auch bei dem anderen Theil ein gutes Wort zur Verständigung einzulegen (Heiter- keit), so würden wir ihm dafür sehr dankbar sein, und ich zweifle au gar nicht, daß die Möglichkeit vorliegt, daß da ein ganz gedeth- lihes Ergebniß herauskommt.

Damit ist die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten und des Staatshaushalts-Etats überhaupt beendigt.

__ Der General-Berichterstatter Herr von Pfuel spriht seine Be- friedigung darüber aus, daß dem Hause diesmal der nöthige Spiel- raum gelassen worden ist zu einer gründlihen Berathung des Etats.

Sodann wird das Etatsgesez und das Anleihegeseß und endlih der Etat im Ganzen angenommen.

Das Haus genehmigt hierauf auch die Novelle zum O von 1872 und den Entwurf eines Geseßes, betreffend die Aufhebung der im Geltungsbereih desRheinischen Rechts bestehenden Vorschriften über die Ankündigung von Geheimmitteln.

Auf eine Anregung des Grafen von Hutten-Czapsfi ertlärt der

Finanz-Minifter Dr. Miquel:

Meine Herren! Herr Graf von Hutten-Czapski hat eine allge- meine Bitte an die Regierung gerichtet, dafür zu sorgen, daß eine Reihe niht aufgehobener und niht in direktem Widerspruch mit anderen preußischen Gesetzen stehender alter Verordnungen und Gesetze aus der französishen, der westfälishen und der bergishen Zeit aufge- gehoben werden möchte. Ja, meine Herren, das ist eine große Frage, die damit angeshnitten wird. - Wir haben in allen Landestheilen eine große Menge von Geseßen gleiher Art, auch da, wo keine Fremdherrschaft bestanden hat; namentlih auh eine große Anzahl von Polizeiverordnungen, die niemals direkt aufgehoben find und die gelegentliß mal wieder hervorgesucht werden fönnen. Die Frage is schon früher ausführlih erörtert worden. Diejenigen Herren, die {hon im Landtag waren, werden sich erinnern, daß, als wir das Landesverfassungsgeseß beriethen , namentlich der Abg. Reichensperger im Landtag den Antrag geftellt hat, alle Polizeiverordnungen sollten nach 5 Jahren außer Kraft treten, wenn sie niht erneuert würden. Das hatte denselben Zwoeck. Aber auch dabei fand man so große Bedenken, daß man \chließlich nit darauf einging. Es ist wohl am besten, wenn diese alten Ver- ordnungen und Gefeß? \chlafen; sie erben \ich allerdings wie eine ew’ge Krankheit fort, aber sie shaden auch nicht viel. Stößt man auf eine Verordnung, die besonders hinderlih ift, so wird man besser thun, im einzelnen Fall zu fkurieren, als diese unendlich s{chwierige Aufgabe zu lösen: einen Katalog für alle diese alten Gefeße und Verordnungen, die möglicherweise noch zur Geltung fommen, zusammenzustellen und genau zu prüfen, ob sie aufgehoben werden müssen oder ob sie thatsählih in Widerspruch stehen mit anderen geseßlihen Bestimmungen. Ich glaube nicht, daß man sich dieser chwierigen Aufgabe unterziehen sollte, und ih glaube au nit, daß das durchaus nöthig ist.

Sodann erledigt das Haus noch eine Reihe von Petitionen.

Die Petition des Vorstandes des westpreußi chen Städte- tags um Aufhebung des Gemeindesteuerprivilegs der unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten wird der Regierung als Material überwiesen.

Ueber die Petitionen verschiedener Grundbesiß ervereine um geseßlihe Beseitigung der Grund- und Gebäude- steuer als Bruttosteuer und soweit sie auf Grund des Kommunalabgabengeseßes in den Gemeinden überhaupt noch erhoben werden darf Erhebung derselben vom Reingewinn des Haus- und Grundbesizes beantragt die Kommisfion für fommunale Angelegenheiten zur Tagesordnung überzugehen.

Ober-Bürgermeister Bender bezeichnet die Petition als einen berechtigten Nothschrei der Hausbesizer, die von der Steuerreform eine Entlastung erwartet hatten.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Fch kann doch diese Aeußerungen nicht ganz unwidersprochen lassen. Ich muß allerdings sagen, ih wundere mich, daß der Ober-Bürger- meister einer großen Stadt solhe Ansichten entwidelt. Man kann ja darüber ftlreiten, ob die Grund- und Gebäudesteuer überhaupt eine Rente ist; bei der Gebäudefteuer {hon kaum, denn fie wird alle 12 Jahre neu veranlagt, sie verändert ih mit den Erträgnissen und hat iedenfalls in den Städten den Charakter einer Rente gewiß niht. Darüber ist auch, glaube ih, weder in der Theorie noch in der Praxis jemals ein Zweifel gewesen. Aber wenn die Petenten hier verlangen, man soll die Besteuerung des Grund und Bodens dahin geht doch die Petition mittels einer Bruttosteuer in den Städten ausschließen, und meinen, daß das durh meine, von dem Herrn Referenten zitierten früheren Mußerungen motiviert werden fönnte, so befinden fle #ch{ch im Irrthum. Der Herr Ober-Bügermeister Bender irrt auch darin, daß der Zweck der Steuerreform gewesen ift, den Grund und Boten in den Kommunen vorzugsweise zu entlasten. Dann hätten wir allerdings ein ganz anderes Kommunalsteuergeseß machen müssen, dann hätten wir nicht die Realsteuern als Staats- steuern zu Gunsten der Kommunen außer Hebung seßen müssen, dann müßten wir in der Staats- und Kommunalbesteuerung über- haupt das Prinzip der Besteuerung nach Reinerträgen durch- führen. Nun, meine Herren, ist aber während der ganzen Debatten, an denen doch der Herr Ober-Bürgermeister Bender auch theilgenommen hat, immer als Hauptzweck bezeichnet worden, nit aus\{ließlich aber do wesentli auf denjenigen Objekten die Kommunal- steuer aufzubauen, welhe mit den Gemeinden auf Gedeihen und Verderb verbunden sind, welhe die Ausgaben der Gemeinden erhöhen, welhe von den Aufwendungen der Gemeinden den wesentlichsten

Vortheil haben. (Sehr rihtig!) Es war vielmehr der Zweck, die übermäßige Inanspruchnahme der Personalsteuer, der Ein- fommensteuer durch die Gemeinden zu vermindern, und zwar dadur, daß man ihnen neue Quellen eröffnete, ihr Steuer- system wesentlih auf den Realsteuern aufzubauen. (Sehr wahr!) Deswegen verzichtete der Staat seinerseits zu Gunsten der Gemeinden auf diese Steuern. Auf diesen Prinzipien sind die Konsequenzen auch in der Ausführung des Kommunalfteuer- Geseßzes aufgebaut. Aber diese Prinzipien sind bisher nicht überall vollständig durchgeführt; im Gegentheil, in einem größeren Maße, als man das seitens der Staatsregierung und bei beiden Häusern des Landtags beabsichtigt hat, find nicht die Einkommensteuerpflichtigen, sondern die Realitätenpflichtigen entlaftet worden, und in dieser Be- ziehung könnte man sich eber darüber beklagen, daß die eigentlichen Grundsäße und Tendenzen des Kommunalabgabengesetes und der ganzen Steuerreform noch nicht ganz zur Ausführung gekommen sind. Es war das aber auch nit anders zu erwarten, bei einer fo entschiedenen Umgestaltung des ganzen Kommunalsteuerwesens war das nicht anzuneh- men, daß man schon im erften Jahre damit zu Ende kommen würde. Meine Herren, fast sämmtliche Gründe, die Sie in der Praxis und der Theorie gegen die Bruttobesteuerung in der Staatssteuer anführen können, passen absolut niht auf die Besteuerung dieser Objekte in den Kom- munen. Das Verhältniß von Leistung und Gegenleistung, die un- mittelbare Einwirkung auf die Werthverhältnisse der Grundftücke ist in den Kommunen eine ganz andere wie im Staat. Wenn ein hoh vershuldetes Grundftück ein Nachbargrundstück hat, welches absolut unverschuldet is, und Sie vergleichen die Einwirkung einer Kanalisa- tion auf beide Grundstücke, so werden Sie finden, daß! der Werth des hoh vershuldeten Grundstücks in demselben Maße in die Höhe gegangen if wie der Werth des unvershuldeten Grundftücks. Wir haben hier die unmittelbare Rückwirkung der Verwendungen der Gemeinde auf den Werth der Grundstücke. Ein großer Theil der Gemeindeverwendungen wirkt als Grundstücksmelioration. Daß da nach anderen Gesichtspunkten verfahren werden muß als im Staat, liegt auf der Hand. Hier wird eine Nettobesteuerung, wie die Petenten sle - wünschen, nah meiner Ueberzeugung niht durhgeführt werden fönnen. Ich kenne auh kein Land der Welt, welches jemals folhen Versuch gemaht hätte. Wo die Finanzen der Städte bleiben würden, wenn ein solches System zur Durhführung käme, das möchte ih dem Herrn Ober - Bürgermeister auch für seine eigene Stadt zur Erwägung geben. Wenn diese Art der Besteuerung in Breslau durchgeführt würde, dann prophezeie ih ihm, daß in Breslau die Einkommensteuerzuschläge so hoch werden würden, daß jeder, der niht dort zu wohnen braucht, gewiß niht dort bleibt und keiner binzieht, der si klar macht, welche Steuern auf ihn fallen würden, und eine solhe Entblößung der Städte bon steuer- kräftigen Elementen würde am allerersten den Hausbesitzern zum Schaden gereihen, während andererseits eine stärkere Heranziehung der Realbesißer doh auch diese wieder entlastet in der Einkommensteuer, zu welcher sie mit beitragen. Ich kann daher den Gründen, die der Herr Berichterstatter angeführt hat, jedenfalls weit eher beitreten als den Gründen, die der Herr Ober-Bürgermeister Bender angeführt hat, und ih habe das Wort nur deswegen ergriffen, weil wir es ja noh mit einer großen Anzahl von Petitionen zu thun haben werden, die fih auf die kommunale Besteuerung des Grund und Bodens, namentlich der Gebäude, beziehen.

Zu demselben Gegenstand nimmt der Finanz - Minister Dr. Miquel noh einmal das Wort und erklärt:

Meine Herren! Ganzen if ja diese Besprehung, da kein Antrag vorliegt, eigentlich sehr doktrinärer Natur, aber ich möchte doh niht, daß die nah meiner Meinung unrichtige Auffassung des Herrn Ober-Bürgermeisters Bender irgend welchen Boden fände, namentlih da wir später auf diese Petitionen zurückkommen werden. Nichts ift unrihtiger, das wird fich bei den verschiedensten Gelegen- heiten finden, wenn namentlich von den großen Städten behauptet wird, sie wären eigentlich bei der ganzen Steuerreform sehr {lecht gefahren. Nein! Die Steuerquellen dieser Städte haben sih außer- ordentli vermehrt. Wenn in den Städten mehr Ein- fommensteuer auffommt als auf dem Lande nach der Kopf- zahl, 0 i das gar lein besonderes Verdienst, aud keine besondere Belastung der Städte, die Zensiten werden da be- steuert vom Staat, wo sie gerade wohnen; ob fo ein reicher oder armer Mann in der Stadt oder auf dem Lande wohnt, ift dem Staat absolut gleichgültig, und es gereicht den Städten gewiß nicht zum Naththeil, wenn sich das Kapital in den Städten nur allzu ftark kfonzentriert und wenn sie so kapitalkräftige Steuerzahler in der Ein- kommensteuer haben, wie sih das Land ganz gewiß sehr gern wünschen würde.

Meine Herren, wic werden in der Denkschrift, die dem Haufe boffentlih bei dem Wiederzusammentritt {hon vorliegen wird, den vollen Beweis führen, daß die eigentlihen Grundgedanken des Kommunalabgabengescßes nah der Richtung der Entlastung der Ein- kommensteuer in der Kommunalbesteuerung vielfah noch nit voll durchgeführt sind, daß aber kaum irgendwo diejenige Belastung der Realfteuern, welche auf Grund der jeßigen Kommunalbefteuerung in den Städten ftattfindet, gleihkommt der Summe der früheren Kom- munalbelastung der Gebäude- und der vom Staat erlassenen Real- steuer. Daß manche Ausgaben der Kommunen den Grund- und Gebäudebesitern, in den Städten namentli, besonders zu gute kommen, darüber kann man in einzelnen Fällen streiten ; aber soviel ist gewiß, daß man den Satz, wie Herr Ober-Bürgermeister Bender ihn aufstellt, daß die Ausgaben für Schul- und Armenlasten den Grund und Boden nit berühren und es sei unrihtig, wenn für Schullasten die Gebäude herangezogen werden fo allgemein nit für richtig halten kann. Wenn man weiß, wie namentli die Städte mittlerer Größe sich um die Verbesserung ihres Schulwesens, um die Erlangung von Gymnasien und Realschulen bemühen in dem vollen Bewußtsein, daß folhe Anstalten auch auf den Werth und Erträgnisse der Gebäude zurückwirken, so kann man folhe Anschauungen doch nicht acceptieren. Im allgemeinen kann man fagen, ganz ab- gesehen von der speziellen Verwendung für Kanalisation, Wasserleitung, Bewachung u. \. w., daß die steigende Einwohnerzahl einer Kommrne die Ausgaben der Kommune vermehrt und daß mit der Blüthe und dem Fortschreiten der wachsenden Bevölkerung in der Kommune die Ausgaben der Kommune gleichen Schritt halten. Schon vor langen Jahren, als ich noch Ober-Bürgermeister von Osnabrück war, habe ich einmal den Stadtverordneten, die ih darum bat, die

Grund- und Gebäudesteuer zu erhöhen, gesagt: wir wollen

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