1915 / 28 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 03 Feb 1915 18:00:01 GMT) scan diff

Der Abschnitt C (Kranken-, Juvaliden- und Hinter- bliebenenversicherung) enthält:

die Bekanntmachungen des Reichskanzlers vom 26. November 1914 und 3. Dezember 1914, betreffend Erhaltung von Anwartschaften aus der Krankenversicherung, die Anrechnung militärischer Dienftleistungen in der Arbeiterversiherung und Wochenhilfe während des Kcieges. Fn einem Verzeichnis sind die 64 vom Reichéversicherungsamt auf Grund des § 514 Abs. 1 der Neichsversiherungsordnung zugelassenen Ersatkafsen aufgeführt.

Den Revisionsentscheidungen 1931 bis 1941 find folgende Grund- sätze vorangestellt : 4

Die Vorschrift des § 78 a Abs\. 2 des Krankenversiherung8ge|eßes findet auf die Berechnung der Dauer der Krankenuntersiüßung au dann Anwendung, wenn das Krankengeld satzungsgemäß für mehr als 26 Wochen zu gewähren ist [1931] *);

Soweit ein Holzkäufer, der bei der Holzabfuhr im Walde einen Unfall erlitten hat, gegenüber der Berufêgenossenshaft als Arbeiter im Betriebe des Foritbesitzers gilt, ist er als solher auch im Ver- bâltnis zu der nah § 27 des Unfallversiherung8gescßes für Land- E ONION entshädigungépflihtigen Gemeinde anzusehen

321;

Der Anspruch eines Dienstboten auf die Regelleistungen der Krankenkasse sett dem 1. Januar 1914 wird nicht ohne weiteres da- dur ausgeschlossen, daß der Dienstbote an jenem Tage {on krank und arbeit8unfähig war [1933];

1) Krankengeld kann nit beanspyrucht werden, wenn bei Fort- bestehen derselben Krankheit Arbeitsunfähigkeit erst nah Ablauf von 26 Wodten, während welher Krankenpflege gewährt ift, eingetreten ist 183 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung).

9) Hat ein Oberoersicherungsamt nah § 1693 Ab. 1 der Neichs- versicherungsordnung eine Sache an- das Reichsversiherungs8amt zur Entscheidung abgegeben, fo ist § 1803 der Neichsversiherungéordnung, wonach dem unterliegenden Teil eine Gebühr aufzuerlegen ist, nicht añzuwenden [1934];

Fine Krankenkafe kann im Spruverfahren nicht zu Gewährung von Krankenbauspflege verurteilt werden [1935];

1) Die im § 189 der Neichsversiherung8ordnung vorgeschriebene Kürzung des von einer Krankenkasse zu gewährenden Krankengelde8 sezt nicht voraus, daß der Versicherte etnen Nehtsanspruch auf das Krankengeld aus der anderen Versicherung hat. ;

9) Für Rüdckstände von Versiherungsleistungen find auch auf dem Gebiete der Krankenverßiherung Zinsen niht zu zahlen [1936];

Die Vorschrift des § 198 der Neichsversiherungsordnuna seßt niht voraus, daß die dort bezeihnet-n Personen zur Zeit der Nieder- kunft versiherungs8pflihtig find [1937] ;

Die Vorschrift des § 211 der Neichsversiherungsordnung ist nicht anwendbar bei Saßungsänderungen, die bereits am 1. Januar 1914 in Kraft getreten find [1938]; ;

Der Anspruch auf Witwengeld ist unbegründet, wenn die Witwe erst nach dem Tode des Chemanns dur nachträglihe freiwillige Beitragsleistung innerhalb der durch § 1443 der Neichsversicherungs- ordnung gezogenen Grenze die Wartezeit erfüllt und die Anwartschast aufrechterhalten hat [1939];

Hat das Oberversiherungs8amt im Berufungsverfahren dem Kläger für eine Zett. für die die Versiherungéanstalt ein Heilverfahren gewährt hat, die Rente zugesprochen, so ist die Versiherungsanstait nicht gehindert, zu der vom Oberversicherung8amte nicht erörterten Rentenversagung nach § 1271 der Neichsversiherungs8ordnung im Be- \{lußverfahren Stellung zu nchmen [1940]:

Für das Gutachten im Sinne des § 1623 der Neichsversicherung®- ordnung ist es nit erforderlih, daß für eine der vershiedenen An- sichten eine Mehrheit gegeben tft [19141];

Unter der Ueberschrift „Entscheidungen der Beschlußsenate“ find folgende Grundsäße veröffentlicht :

Eine jährlih fünf Monate dauernde auswärtige Beschäftigung eines Dienstboten begründet einen Beschäftigungsort im Sinne des § 153 Abs. 1 der Neichsversiherungsordnung an dem Orte, an dem die Beschäftigung während djeser Z-it «ausgeübt wird [1942];

Ein Kraftwagenführer, /der nit bei teinem Arbeitgeber wobnt und auch fonst regelmäßig /niht in difda Haushalt eintritt, gehört nit zu den Dienstboten im Sinne der Preußi!hen Gesindeordnung vom 8. November 1910 und somit für deren Geltungsbereich in die Ortskranfenkasse [1943]: ;

Ein im Dienste eines Bundesstaats bes{chäftigter Lohnschreiber ist nicht deshalÿ nach § 169 der Neichsversiherungeordnung versicherung®- frei, weil er aus Neichsmitteln auf Grund früherer Beschäftigung Nuhbegeld im anderthalbfahen Betrage des Krankengeldes bezieht [1944];

1) Für die Zugehörigkeit eines Betriebs zu ‘einer besonderen Ortskrankenkasse ist in allen Fällen die zahlenmäßige Mehrheit der in thm beschäftigten Versiherungépfl:htigen maßgebend 244 Abs. 1 der Reich: vzrsiherung8ordnung). |

2) § 244 Abs. 1 der Reichsversiherungsordnung ift auch anzu- wenden, wenn für die Zuweisung eines Betriebs lediglih „besondere“ Ortskcankenkafen in Frage kommen [1945];

1) Bei der Auseinandersezung zwischen zwei Krankenkassen nad der Bekanntmahung des Reichskanzlers vom 21. November 1913 (Amt- lihe Nachrihten des NVA. 1913 S. 804) ist nicht lediglich der Vermögenszuwahs, der während der Mitgliedschaft der übergegangenen Betriebe bei der b!sherigen Kasse entstanden ist, sondern deren ge- samtes Rei vermögen zur Zeit des Ueberganges zugrunde zu legen.

9) Die Rüdlage der bisherigen Kasse ist zwar bei der Aufstellung der Bilanz unter die Passiva aufzunehmen, für die Ermittlung des Neinvermögens aber d-m aus der Bilanz fh ergebenden Saldo wieder zuzuzählen [1946];

Der Vorsitzende des Aus\{Gufsses einer Krankenkasse kann ledigli für die Dauer einer Sitzung gewählt werden [1947];

Die Vorschrift des § 334 Abîf. 2 der Neichsversicherungsordnung (Wahl nach Bezirken oder Berufsgruppen bei der Ausîshuß- wabl) ist nit finnagemäß für die Vorstandswahl anwendbar [1948];

In einer Enticheidung auf Grund des § 1459 der Neichsver- fiherungêordnung ift folgender Grundsaß aufgestellt worden: d

: L

Die Fraae, ob ein Anerkenntnis

nicht

J im Sinne des § 1445 Say 2 der Reichéversicherungsordnung vorliegt, kann au im Ver- fabren nah § 1459 der ReichéversiherungSordnung nachgeprüft und zum Gegenstande der Entsbeidung gemaht werden [1949];

Endlich hat das Reichsvesiherungsamt auf die Anfrage einer Landeéversiherungsanstalt den Bescheid [1950] erteilt, daß der Na-

weis des Todes von steilnehmern auch auf andere Weise als durch standesamtlihe Sterbeurkunde geführt werden könne.

Den Schluß der Nummer bilden die Uebersichten über Zahlungen aus Jnvaliden-, Kranken-, Alters- und Zusfazrenten der 31 Versicherungsanstalten und über deren Leistungen an Hinterbliebene im Monat Oktober 1914 sowie über den Erlös aus Beitragsmarken im Monat November 1914.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 351 und 352 der „Deutschen Verluft- listen“ bei. Sie enthalten die 140. Verlustliste der preußischen Armee, die 147. Verlustliste der bayerishen Armee, die 102. Verlustliste der sächsishen Armee und die 17. Verlustliste der Kaiserlichen Marine.

Bayern. Seine Majestät der König Ludwig hat, „W. T. B.“ meldet, im Felde den Reichskanzler Dr. Bethmann Hollweg in Audienz empfangen.

Württemberg.

Die Zweite Kammer trat gestern nachmittag zu einer furzen Kriegstagung zusammen. Der Ministerpräfident Dr. von Weizsäcker führte laut Bericht des „W. T B. U de Hauptsache aus: ; L Der König hat mich beauftragt, in seinem Namen den Ständen auszusprechen, was sein landesväterliches Herz tief und unablä!sig bewegt. Sih von dem Geiste der tapferen Württemberger, dite in einer noch nie dagewesenen Zahl hinausaezogen find zur Ver- teidigung des deut|chen Vaterlandes, zu überzeugen und aus be- rufenstem Munde das Lob ihrer Tapferkeit zu vernehmen, war dem Könige eine freudige und volste Genugtuung. Jeder fühlt bis ins Innerste die Gerechtigkeit der deutshen Sace, den Kampf um Sein oder Nichtsein. Uns alle, so dürfen wir fagen, pakt ein heiliger Zorn, denn wir wissen, daß die deutsche Politik eine Politik des Friedens war. Der Deulsche erstrebt nihts als seine frete Weiterentwitlung zum Schutz des Friedens. Auch zu Hause wollen und müssen mir bis zum guten Endziel durchalten. Dazu gehört eine besondere vaterländishe Pflicht, diejenige ents{lofsener wirt- {chaftliœer Sparsamkeit, die uns auch auf diefem Gebiet der Zukunft ohne Sorge entgegensehen läßt. Hier bedarf es aach der öffeniliden Hilfe. Der Geseßentwurf, der ein Nachtrag zum Finanzgeseß ist, ist dazu bestimmt, den finanziellen Anforderungen, die an den Staat ges stellt wurden, zu genügen. Die Staatsregierung zweifelt nicht an der einmütigen Haltung der Stände, ihrerfeits zu tun, was ihre Pflicht ist. Ein Volksfkcieg ist es, den wir mit der Wucht unserer ganzen Kraft führen. Die Früchte werden reifen für alle Teile unseres glänzend bewährten Volkes zum Heile der jugendfrisch aufstrebenden deutschen Nation.

Oesterreich-Ungarn.

Zur Widerlegung der fortdauernden Meldungen Der Ententepresse von dem angeblichen wirtschaftlichen N iedergang Oesterreichs wird, wie „W. T. B.“ mitteilt, festgestellt, daß die Zentralsparkafse der "Gemeinde Wien einen Zuwachs an Einlagen von 3,7 Millionen Kronen, das ijt um 1,7 Millionen Kronen mehr als im gleihen Monat des Vor- jahres, erfahren hat, und daß die Einlagen der Ersten Oester- reichishen Sparfasfe und Kommunalsparkasse in diesem Monat um 8,2 Millionen die Rückzahlungen überstiegen haben. Jm Posisparkassenverkehr wurden 8,6 Millionen eingelegt, 5,2 Mil- lionen zurücgezahlt; im Scheckverkehr 2,098 Millionen Kronen eingelegt und 2,074 Millionen Kronen zurückgezahlt. -

Auch der ungarische Finanzminister. Teleszky erklärte einem Vertreter der „Neuen Freien Yöhrae“, daß die wirt- \shaftlihe Kraft und Stärke dér- Monarchie, die früher untershäßt worden sei, eine glänzende Probe bestanden habe. Jn den meisten Jndustriezweigen zeige fih erhöhte Be- schäftigung, ja sogar Arbeitermangel. Die Versorgung der Monarchie mit Getreide und Mehl sei nah seiner Meinung selbst über die nächste Ernte hinaus gesichert.

„Die Wirtschaftslage des Landes“, tagte der Minister, „ist kon- solidiert, die Steuereingänge sind günstig. Der Krieg hat unjerer Volkewirtschaft in den bitherigen sc{ch3 Monaten n!cht viel anhaben können : er wtrd ibren soliden, festgefügten Bau nicht zu ershüttern vermögen, auch wenn der Friede, was wir allerdings nicht wünschen, noch lange auf fih warten läßt. Die Nachrichten, die in der leßten Zeit von allen Kriegs\haupläßen eingelauten find, sind erfreulicher- weise geeignet, unsere feste Zuversicht zu stärken. Die Volkswirischaft der Monarchie wird auch den nach dem Kriege threr harrenden \{wierigen Aufgaben in voller Kraft gegenüberstehen."

Großbritannien und Frland.

Im Oberhaus teilte «ct -n Kord Crewe mit, daß die Regierung ht beab t 1% Sens einzubringen, die im 7 S O o s D 0 Gr L 2 c e , , Zeichen des * arteigegenfiBßes {iè A, sobern nh aus\{ließlich auf Arbeiten zu beschränken, {die die Fortseßung des Krieges betreffen. E

Das Unterhaus ist gestern zur Wiederaufnahme der ordentlichen Session zusammengetreten.

Im Verlauf der Sigung erklärte Bonar Law laut Bericht des .W. T. B.“: obwohl die Vecantwortung für die Kriegführung bei der Regierung licgen müsse und obwohl es der Opposition freistehe, Kritik zu üben oder sid) der Kritik zu enthalten, werde die Opposition si nur durch nationale Nücksihten und nicht durch das Partetintere!se leiten lassen, wenn sie Kritik übe. Der Ministerpräsident A8gquith führte aus, die Regierung übernehme die alletnige Verantwortung für die Kriegführung, aber mache nahezu täglich der Opposition Mitteilungen über diplomattshe und andere Fragen. Die Opposition habe der Regierung unschätzbare, patriotische Mitwirkung geleistet.

Mit Rücksicht auf den Angriff deutscher Unterseeboote er- höhen Lloyds die Versicherungsrate um 20 bis 100 Proz. für Fahrten nah allen Richtungen.

Frankreich.

Amtlich wird mitgeteilt, daß den leßten Nachrichten zu- folge die deutschen Unterscebote, die am 30. Januar englische Handelsschiffe in der Jrishen See anhielten, diese erst versenkt haben, nachdem sie von der Besaßung ver- lassen worden waren.

Der russishe Finanzminister Bark und der englische Schaßkanzler Lloyd George sind vorgestern in Paris ein- getroffen und haben ihre Unterredungen mit dem Finanz- minister Ribot und anderen Mitgliedern der Regierung gestern begonnen.

Nach Nachrichten aus Le Havre hat die englische Truppenauss\chiffung dortselbst am 15. Januar begonnen und dauert ununterbrochen fort. Die bisherigen Angaben, die von Hunderttausenden sprechen, sind den „Hamburger Nach- rihlen“ zufolge zweifellos übertrieben, da täglich nur etwa drei- bis viertausend Mann gelandet werden. Eine förmliche Sperrung des Hafens von Le Havre wegen dieser Truppen- landung is nicht beabsichtigt, aber jeder Handelsverkehr stockt, weil alle Bassins fortwährend voll englisher Transport-

chiffe sind. Rußland.

Wie der „Warschawski Dnewnik“ berichtet, ist von dem russishen Oberkommandierenden eine Verfügung getroffen, daß alle deutshen Kolonisten aus dem Gouvernement Plozk ausgewiesen werden. Die Deutschen erhielten Be- fehl, in sechs Tagen nah Empfang der Benachrichtigung das Land zu verlaffen.

Ftalien.

Der Papst hat Blättermeldungen zufolge den Vorschlag aemacht, die Zivilgefangenen auszutauschen, und zwar Frauen und Kinder sowie Männer über 55 Jahre. Die Mächte, die dem Vorschlag eine günstige Antwort gegeben haben, sind Deutschland, Oesterreih-Ungarn und England. Nach der „Tribuna“ dauern die Verhandlungen zwishen dem Heiligen Stuhl und den europäishen Kabinetten zur Durchführung des Austausches der dienstuntauglihen Gefangenen fort, doch scheint die Frage Schwierigkeiten zu begegnen.

Spanien.

Der spanisch - amerikanische Schiedsgerichts vertrag, dessen Worilaut jeßt veröffentlicht wird, bestimmt dem „New York Herald“ zufolge, daß im Falle von Unstimmig- keiten zwischen beiden Staaten die strittige Angelegenheit einem besonderen Ausschusse unterbreitet werden soll. Beide Regie- rungen verpflichten sich, keinerlei Feindseligkeiten zu unterz nehmen, bevor ein Bericht des Ausschusses vorliegt.

Portugal. Die Regierung wird nah einer Meldung des „W. T. B.“ die Landesverweisung, -die über mehrere Personen unter ungeseßzlihen Bedingungen verhängt worden ist, rückgängig machen. i Amerika.

Der amerikanische Senat hat die Debaite über die Schiffsankaufsbill vertagt, nahdem der. Senator Clarke (Demokrat) beantragt hatte, daß die Bill an die Handelskom- mission zur nohmaligen Beratung zurückverwiesen werde. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, haben fich neun demokratische Senatoren mit den Republikanern vereinigt und unterstüßen den Antrag, die Bill an die Kommission zurückzuverweisen, um eine Revision vorzunehmen. Es wird erklärt, daß sie das Fallenlassen der Bill verlangen. :

Der Staatssekretär Bryan bezeichnet es formell als un- richtig, daß irgend eine Regierung gegen die Bill über die Schiffsankäufe Einspruch erhoben hätte, und betont, daß es auch unwahrscheinlich sei, daß eine Regierung protestieren würde, da das Gesez niht notwendig diplomatishe Fragen zur Folge haben müsse. Der Präsident Wilson will, wie das genannte Bureau mitteilt, den Kampf für die Bill fortseßen, hat aber nichts gegen Abänderungsanträge, um dem Standpunkt der Gegner entgegenzukommen, obwohl nichts in dem Regierungs- entwurf enthalten sei, was internationale Verwicklungen herbei- führen müßte, wenn der Entwurf Geseg würde.

- Jn Washington ist von Vertretern deutsch-amerikanischer Vereine eine amerikanische Neutralitätsliga gegründet worden, deren erstes Ziel der „Times“ zufolge ist, „eine wirkliche amerifanische Neutralität herzustellen und die Neutralität von der Dienstbarkeit gegenüber den Forderungen fremder Mächte zu befreien“. Als weiteres Ziel hat sich die Liga gesteckt, die freie und offene See für den amerikanischen Handel und un- behinderten Handel für solhe Güter zu erlangen, die nah dem Völkerrechte keine Konterbande sind. Die Liga tritt ferner für die sofortige Annahme der Geseßentwürfe, durch die die Ausfuhr von Kriegsvorräten verboten wird, sowie für die Genehmigung des Geseßes über den Ankauf von Handelsschiffen ein, und fordert weiter, daß Unterseekabel zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland gelegt werden. Der Korrespondent der „Times“ fügt seiner Meldung hinzu, daß in politischen Kreisen Entrüstung über die Neutralitätsliga herrsche, daß aber diese Entrüstung mit Besorgnis gemischt fei. i

Nach einer Meldung des „Daily Chronicle“ ist der Dampfer „Dacia““ vorgestern von Galveston nah Rotterdam mit einer Ladung Baumwolle im Werte von 175 000 Pfd. Sterl., die für Bremen bestimmt is, abgefahren. Das frühere deutshe Schiff „Pionier“, das von der Standard Oil Company angekauft und in das amerikanische Schiffsregister eingetragen worden ist, ist mit einer Ladung Petroleum ab- gefahren.

Einem Berichte des „Daily Telegraph“ zufolge zeigt der Handels8ausweis der Vereinigten Staaten für Dezember gegen den gleihen Monat des Vorjahres eine Ab- nahme der Einfuhr aus Großbritannien um 13 500 000 Dollar, aus Frankreich um 11 Millionen Dollar, aus Deutschland um 10 Millionen Dollar, aus Rußland, Jtalien und Belgien um je 5 Millionen Dollar. Die Ausfuhr stieg im selben Monat nach Großbritannien um 20, nach Jtalien um 17, nach Holland um 2 Millionen Dollar, sie fiel dagegen im Vergleich zum Vorjahr nah Deutschland um 31 Millionen, nah Belgien um 5 Millionen, nah Oesterreih-Ungarn um 3 Millionen und nah Nußland um 4 Millionen Dollar.

Die argen tinische Regierung hat der „Agence Havas“ zufolge beschlossen, die Fregatte „Sarmier.to“ nach Europa zu senden, um das in den argentinischen Gesandt- schaften hinterlegte Gold an Bord zu vehmen. Diese Summen betragen mehrere zehn Millionen Piaster.

Afrika.

Die Sueztanalgesellshaft gibt nah einer Meldung des „W. T. B.“ bekannt, daß der Kanal für die Schiffahrt offen bleibe, wie auch aus der täglichen Veröffentlihung des Schiffahrtsvertehrs hervorgehe. Der Verkehr findet tagsüber statt.

- Das Londoner „Preßbureau“ meldet, daß viele N ädels- führer des Eingeborenenaufstandes in Nyajsaland gefangen genommen worden seien. Man dürfe annehmen, daß der Aufstand unterdrückt sei.

__— Wie das „Reutershe Bureau“ meldet, wird gegen Piet Drobler, Enkel des Präsidenten Krüger und Parlaments- mitglied der Partei Herßogs, das Hauptverfahren wegen Verrats eröffnet werden. Der Geistlihe Steenkamp ist wegen Verrats zu sechs Monaten Gefängnis ohne Zwangs- arbeit verurteilt worden.

Kriegsnatrihhten.

Westlicher Kriegsschauplaß. _ Großes Hauptquartier, 3. Februar. (W. T. B.) ¿ranzösishe Angriffe gegen unsere Stellungen bei Perthes wurden abgewiesen. Auf der übrigen Front fanden nur Artilleriekämpfe statt. i Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Kriegsschauplat.

Großes Hauptquartier, 3. Februar. (W. T. B.) Von der ostpreußischen Grenze nichts Neues. Jn Polen nördlich der Weichsel haben die Kavalleriekämpse mit dem Zurückwerfen der Russen geendet. Südlich der Weichsel führte unser Angriff} östlich Bolimow zur Eroberung des Dorfes Humin; um Wola—Szydlowiecka wird noch gekämpft. Seit dem 1. Februar sind hier über 4000 Gefangene gemacht und 6 Maschinengewehre erbeutet worden. Russische Nachtangriffe gegen unsere Stellungen an der Bzura wurden abgéèwäiesen.

Oberste Heeresleitung.

Fund Maschinenindustrie zurückzuführen, ; rwodhi nur das weiblide Ge\{lecht ein Mehr aufzuweisen hatte, während

Wien, 2. Februar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die allgemeine Lage hat sich nicht geändert. Ein vereinzelter russisher Vorstoß an der mittleren Pilica in Polen wurde abgewiesen. Jn den Karpathen dauern die Kämpfe im westlichen Frontabschnitt an. Jun der Mitte der Front kämpfen deutse und unsere Truppen mit Erfolg.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Konstantinopel, 2. Februar. (W. T. B.) Aus dem (Großen Hauptquartier wird gemeldet : Derilich beschränkte Zusammenstöße der leßten Tage auf der kaukasischen Front hatien einen für unsere Truppen erfolgreichen Aus- ang. Eine feindlihe Abteilung, die unsere Truppen hei Artwin angegriffen hatte, wurde mit {weren Ver- [usten zurückgeschlagen und ließ, als sie verfolgt wurde, viel Krieg8material in unseren Händen.

Jn der Gégend von Korna überraschte in der Nacht vom 30. Januar eine kleine Abteilung zwei hinter Stacheldraht vershanzte feindliche Bataillone und brachte ihnen be- deutende Verluste bei... Am nächsten Tage versuchte der Feind unter dem Schuße von Kanonenbooten in der Um- gebung zu landen, wurde aber unter Zurücklassung zahlreicher Toter, darunter eines Hauptmanns und eines Unteroffiziers,

Zurüdgeworfen.

apurmarnean

Parlamentarische Nachrichteu.

Bei der Neich8tagsersaßwahl am 29. Januar 1915 im Wahlkreis Hamburg IIl sind nah amtlihen Er- mittlungen bei 212403 Wahlberechtigten 41 651 gültige Stimmen abgegeben. Hiervon entfielen auf den Parteisekretär Heinrih S tubbe- Hamburg (Sozialdemokrat) 41 583 Stimmen. Zersplittert waren 68 Stimmen.

Statistik und Volkswirtschaft.

Entwicklung des Beschäftigungsgrades in Groß Berlin in der Zeit vom 16. bis 23. Januar 1915.

Nach der vergleihenden Darstellung des gewerblihen und in- dustriellen Beschäftigungsgrades in Groß Berlin am 16. und 23. Ja- nuar, die das Statijtishe Amt der Stadt Berltn veröffentlicht, flieg in der Zeit zwischen diesen beiden Stichtagen die Gesamtzabl der versiherungtp}lihtigen Mitglieder von 238 Kranken- fassen Groß Berlins von 1 060734 auf 1 067 519, d. t. um 6785 oder 0,64 9/0. Auch diesmal weist die Zahl der weiblißen Mitglieder mit etnem ‘Mehr von 5020 oder 1,04% eine wesentlich stärkere Ent- widtlung als die der männlichen auf, bet der fie durch eine Zunahme um 1765 oder 0,30 %/69 bezeichnet ist.

Die 28 allgemeinen Ortskrankenkassen zeigen für das weiblihe Geschlecht eine vezrbhältnismäßig noch größere Steigerung, als sie mit der Ziffer von 1,049/9 für den Gesamtdurchschnitt fest- gestellt worden ist. Ste beträgt beim weiblichen Geschlecht 4547 Ver- siherungêpflihtige oder 1,31 %/ aegen 651 oder 0,22°%/o beim männ- lien Geshlecht, im ganzen 95198 oder 0,81 °%/9. Bet der Berliner allgemeinen Ortskrankenkafse intbesondere trat eine Zunahme um 9809 oder 1,48 9/0 Frauen und 906 oder 0,57% Männer, im ganzen um 3715 Beschättigte oder 1 07 9/5 ein.

Bei den 207 gewerblich gegliederten Krankenkassen hat die Zahl der versicherungsopflihtigen Männer um 1112 oder 0.39 9/6, die der Frauen um 358 oder 0 30/0, die der Versichherungs- pflichtigen beider Geschlehter um 1470 oder 0,36% zugenommen. Hierbei ist die im Gegensaß zur Gesam1heit aller 238 Kassen wie aud der allgemetnen Ortskrankenkassen festzustellende Ulebhaitere Gnt- wicklung des Beschäftigungsgrades für das männlihe Geschlecht be- sonders beachtenswert. Ste ist wesentlich auf die Weetall- bei der in der Vorwoche

diesmal beide Geschlehter gewannen und die nit nur ab}folut, sondern au verhältnismäßig größere Zunahme mit 0,91 % bei den Männern (gegen 0.62 9/9 bei den Frauen) anzutreffen ist. Im ganzen betrug hier die Steigerung 1545 Beschästigte oder 0,83 9/9. Ver- hältnismäßig noch größer war sie u. a. in der Papier- und Leder- industrie mit 2,87 9/9 (absolut 422 Beschäftigte mehr), in der chemishen Jndustrie mit 1,73 2/0 (251), bei der Holzbearbeitung usw. mit 1,26 9/9 (188). Nur 5 von den 16 unterschiedenen Geweibe- gruppen “zeigen diesmal eine Abnahme der Zahl der Versicherungs®- pflihtigen, und ledigli bei 2 diejer Gruppeu war es in nennens- wertem Umfange der Fall. Bei der Jndustrie der Nahrungs- und Genußmittel ist die 451 oder 1,89 9/9 betragende Abnahme wesentli auf den \chon in der Vorwothe festgestellten Etnfluß der Entlassungen von Frauen, die Gebäck ausgetragen haben, zurüczufübren. Vie er- heblihe Abnahme beim Baugewerbe um 788 Beschäftigte oder 7,91% war wesentlih durch das eingetrêtene Frostrvetter bedingt.

Bet 39 Fachverbänden der freien Gewerkschaften fank die Zahl der Arbejtslosen in der Woche vom 18. bis zum 25. Ja- nuar von 13 410 auf 12 818, d. i. um 592 oder 4,41 °9/, Im ein- zelnen betrug die Abnahme u. a. bei den Holzarbeitern 469, bet den Metallarbeitern 200, bei den Buchdruckern und den Hilfsarbeitern des Buchdruckgewerbes sowie bei den Lithographen 2c. zusammen 33. Dagegen zeigt \sich eine Zunahme der Arbeitslosen bei den 6 Ver-

"”

Fbänden der Bauarbeiter um 125, bei den Buchbindern um bd,

bet den Kürschnern um 57, bei den Bäckern und Konditoren um 38.

Nach dem si auf die Zeit vom 17. bis 23. Januar beziehenden Bericht des Verbandes märkisher Arbeitsnachweise über die Lage des Arbeitsmarktes wurden von den größeren öffentlihen A rbeits- nachwe is en Groß Berlins 4956 (in der Vorwoche 5427) Stellen

Mfür männlihe und 2968 (2768) für weiblich? Arbeitskräfte beseßt.

Offene Stellen waren für männliche Personen 6464 (7124) und für weiblihe Personen 3926 (3510) gemeldet, während 6127 (6557) männliche und. 4582 (4603) weiblihe Arbeitsuhende gezählt wurden. Andauernd gut war au nach diesem Bericht die Metallindustcte be- häftigt. Beim Arbeitsnachwets der Berliner Metallindustriellen wurden 1590 (1771) ofene Stellen und 369 (371) Stellensuchende gemeldet, während 1852 (1811) Stellen beseßt wurden. Befonders lebhaft war die Tätigkeit in der Automobilindustrie, wo teilweise Veberstunden erforderli waren. Während die Beton- und Eisen- betonindustrie der Jahreszeit entsprehend cine Verschlehterung der Lage aufwies, war die Eisenkonstruktionsindustrie in befriedigendem Umfange beschäftigt. Auf dem Arbeltsmarkt für wetbliche Perfonen herrschte mehr oder minder Nachfrage nah Näherinnen, Metall-, Teder- und Tabakarbeiterinnen.

Die Gebürtigkeit der Bevölkerung der Großstädte im rheinisch-westfälischen Industriebezirk.

Die Frage der Binnenwanderungen is neuerdings eine der am meisten besprochenen der Bevölkerungswissenshaft geworden. Die gewaltige Entwicklung unserer großen Städte hat zu Bewegungen innerhalb des Volkekörpers geführt, von denen man si noch vor einigen Jahrzehnten nihts haite träumen lassen. Die Bolks- dählungen haben dur planmäßigen Ausbau der Gehürtigkeitss\tatistik hier Schlaglichter auf Bevölkerungsvorgänge geworfen, die in threr

Ausdehnung wie ïn ihrer Bedeutung für das Volksganze niht hoch genug veranschlagt werden fönnen. Wenn in einer Stadt wie Düfseldorf nicht die Hälfte der ortéanwejenden Bevölkerung im Orte selbst geboren ist und über ein Viertel seine Wiege fogar außerhalb der Provinz hat, so sagt dies um fo mebr, als gerade Düsseidorf einen verbältnismäßig bohen Prozentsaß derjenigen zu halten weiß, die einmal dort Beschäftigung gefunden haben. Nach der lezten Zählung im Jahre 1910 waren, einer Veröffentlichung des Statisti)chen Amts der Stadt Düsseldorf über die - Gebürtigkeit der Bevölkerung der Groß- städte im rheinisch-westfälishen Industriegebtet zufolge, von je 1000 Einwohnern der Stadt Düsseldorf 453 geborene Düsseldorfer: dies bedeutet eine Steigerung der Orts8gebürtigkeit gegenüber 1900 und 1905, da bei den Zählungen dieser Jahre nur 448 bezw. 440 vom Tausend als in Düsseldorf geboren ermittelt worden sind. Das Ansteigen der Ortsgebürtigenziffer von 1905 auf 1910 if wohl * zu einem Tell auf die in der Zeit zwischen beiden Zählungen vorgenommenen Eingemeindungen zurückzu- führen, infelge deren zablreihe Personen, die bei den früheren Zählungen als auswäris Géborene gebucht werden mußten, jegt als im Stadtgebiet felbst Geborene zu zählen sind. Umgekehrt wirkt dieser Umstand naturaemäß vermindernd auf die Zahl der außerhalb Düfseldorfs aus der Nheinprovinz Gebürtigen. Während 1900 304 und 1905 295 vom Tausend der Bevölkerung außerhalb Düsseldorfs in den Nheinlanden das Licht der Welt erblickt haiten, sank diese Ziffer 1910 auf 276. Aus den übrigen preußishen Provinzen waren nach der Erhebung von 1900 177, nach der von 1905 186 und nah der leßten 189 vom Tausend der Bevölkerung gekommen, sodaß von 1000 Düsseldorfern im Jabre 1900 929, 1905 921 und 1910 918 in Preußen geboren waren. Aus anderen deut\chen Staaten waren 44 5 bezw. 49,5 und 50,7 vom Tausend der Düsseldorfer Einwohnerschaft gebürtig, denen 26,3 bezw. 294 und 313 vom Tausend im Ausland Geborene gegenüberstanden. Nächst der Rheinprovinz stellte den er- heblihsten Teil der Düsseldorfer preußischer Herkunft Westfalen, das unter je 1000 Einwohnern durch 75,2 Köpfe vertreten ist, was freilich einen Nückgang des: westfälishen Ein1hlags in Düsseldorf bedeutet, da 1900 und 1905 78,7 und 81,1 vom Tausend der Bevölkerung west- fälisher Herkunft waren. Jn Hessen-Nassau sind 20,8 vom Tausend der Bewohnerschaft nah ihrer Geburt zu Hause, ein Prozent)az, der gegen die_ lezten Zählurgen weder eine Zu- noch eine Abnahme beisischer Zuwanderung darstellt, ganz im Gegensatz zu den Provinzen Westpreußen und Poien, dié nach der jüngsten Erhebung ungleich stärker in Düsseldorf vertreten find als noch 10 Jahre vorher. Während 1900 no& nicht 6 und 1905 7,4 vom Tausend der Be- vö.ferung geborene Westpreußen waren, stieg diese Ziffer 1910 auf über 12. Wenn an dieser Steigerung auh die eingemeindeten Vor- orte gleihwte béi der Ziffer für Posen ihren guten Anteil haben, fo steht doch eine vermeh!te Zuwanderung aus diesen Gebieten außer Frage. Posen, weist einen Saß von 11 s auf gegen 7,7 und 6,1 in den Jahren 1905 und 1900. MNecht erbeblich is auch die Bet- mishung ofipreußishen Blutes, da diese Provinz mit über 15 dort Geborenen unier je 1000 Einwohnern vertreten ist; doch zeugt diese Ziffer niht wie bet den beiden vorgenannten Provinzen für etne be- jondere Entrcicklung in jüngster Zeit. Oftpreußen ist vielmehr {on 1900 mit 126 vom Tausend nachgewiesen. Auch die Provinzen Sachsen und Hannover sind nah der leßten Zählung nicht stärker vertreten als zu Anfang des Jahrhunder!s. Etne Gruppierung der Provinzen nah der Stärke des Zusiroms aus den betreffenden Ge- Zen soweit es fih um dort Geborene handelt, ergibt folgendes Bild: Nheinprovinz ohne Düssel- Do Do N « « 99:020| Sleésieñ. Westfalen . « + 26 985 | Brandenburg 2 269 Hessen-Nassau «T4481 Pommer 1 616 Ostpreußen . 0404 Dn 1 289

4 246 3 921

Sachsen . : . 4748 | Slhleswig-Holstein . 918 Hannover . . é i Go Do, 76. Westpreußen C A4

In Düsseldorf felbst sind 162 404 Einwohner aeboren, während die außerpreußischen Bundeéstaaten mit rund 18000 dort Gebürtigen * in der Düsseldorfer Bevölkerung vertreter find. Außerhalb Deuischlands geboren oder unbekannter Herkunft waren 11 218 Köpfe von den ins- gesamt am 1. Dezember 1910 in Düsseldorf gezählten 358 728 orts- anwesendzn Personen.

Unter den übrigen Großstädten des rheintis{-westfälishen In- dufiriegebiets stehen Crefeld, Barmen und Elberfeld nah dem Anteil der Ortsgebürtigen an der orttanwesenden Bevölkerung an erster Sielle. In diesen dret Städten, die eine weniger sprunghafte EGntwicklung erlebten als die Mebrzahl ihrer Schwestergemeinden, machen die am Orte geborenen Personen 62, 61 und 58 vom Hundert der Bevölkerung aus. Etwas über die Hälfte der Einwohnerschaft ist ferner noh ortsgebürtig tn Mülheim und Duis3burg, während in Essen 48, in Bochum 46, in Gelsenkirchen gleich Düfsel- dorf 45 und in Dortmund 43 vom Hundert der Bevöikerung am Orte geboren sind. Daß das beispiellos aüffirebende Hamborn nur 19 vom Hundert seiner Bewohner als avs der Gemeinde seibst gebürug zu verzeihnen hat, nimmt nicht wunder, ebenso- wenig wie der starke ausländische Einshlag der B ner|chaft. Es kommen in Hamborn auf je 1000 der Bevölkerung nit weniger als 162 Personen, die außerhalb der \@warzweißtoten Pfäble geboren sind oder deren Geburteort nit fcstzustellen ijt. Die lebhaste Zu- wanderung aus dem deulshen Osten hai dabin gefübrt, daß Hamborn u. a. 107 geborene Pojener, 64 Sclesier und 47 Westpreußen unter 1000 jeiner Einwohner zählt. Nächst Hamborn i Dutsburg mit verbältniêmäßtg viel Auélandgeborenen durh}tt, da 64 auf je 1000 Seelen thre Wiege außerhalb Deutscblants hatten. Im übrigen fallen die Städte Gelsenkirchen, Bochum, Essen und Dort- mund dur starken ostpreufischen Zuzug auf, da in diesen Geméinden 162, 82, 77 und 49 von je 1000 Einwohnern ihrer Geburt nach aus Ostpreußen stammen. Westpreußen sind außer in Hamborn besonders zahlreih in Dortmund (52 vom Tausend) und Gelsenkirchen (47 vom Tausend) anzutreffen, ebenso wie die Bofener nächst Hams- born die betden genarnten Städte vor den anderen beobahtcten Ge- meinden bi vorzugen.

Woßhlfahrtspflege.

Wie \chon in Friedenszeiten vorgesehen, begannen die Abnahtm e- stellenfür Liebesgaben, die demstellvertretenden Militärinspekteur der freiwilltgen Krankenpflege Fürsten von Haßfeldt, Herzog zu Trachen- berg, unterstehen, bei Krieg8ausbruch thre segentreiche Tätigkeit zu ents falten. Der Aufbau und die Organisation dieser Stellen wurden für Berlin den Delegieiten des Kaiserlichen Kommissars und Militär- inspekteur3 der freiwilliaen Krankenpflege Vehse (Abnahmestelle T, Invalidenstraße 42, Gebäude der Landwirtschaftlihen Hochschule) und Michaelis (Abnahmestelle 11, Karlstraße 12, Ererzier- halle ,des 2, Garderegiments zu“ Fuß) übertragen. Die betden Abnahmestellen haben den Zweck, die Liebeëgabenabteilungen der Sanitätssammeldepots an den Etappenhauptorten, die ihrerseits bestimmte Heeresteile und Lazarette mit Liebesgaben versehen, auf- zufüllen. Die diesen Depots vorstehenden Delegierten des Kaiserlihen Kommissars können die Bedürfnisse der ihnen zugewiesenen Heeresformationen genau ermessen und geben nötigenfalls die Anforderungen an die Dientistelle des stell- vertretenden Militärinspekteurs weiter, der sie seinerseits den Abnahmestellen überweist. Dieser Geschäftszang sichert aufs beste eine zielsihere und zuverlässige Versorgung unserer tavferen Krieger. Den Abnahmestellen ist es gelungen, der gestellten Aufgabe bisher gerecht zu werden. Davon zeugen die mündlichen und \chrift- lihen Aeußerungen der Spender sowte die Tatsache, daß die Abnahmestellen imstande waren, in der Weihnachtszeit große Mengen von Liebesgaben zu befördern, zugleih etn erhebendes Zeichen der Gebefreudigkeit und Opferwilligkeit weiter Kreise. Doch Weihnachten sind vorüber, die Lager sind jusammengeschmolzen, und unaufhörlich treten von neuem an die Abnahmestellen Bitten und Wünsche der im Felde Befindlihen heran. So telegraphierte vor

Tagen der Depotdeklegtierte einer Liebesgabenabteilung im Often: „Señdet umgehend T&bak, Kognak, Rum, Zigarren, da großer Mangel.* Diesem Wunsche hat nech nit gewillfahrt werden Tönnen. Därum heißt es: Weiter sammeln! Die Bedeutung dieser VUebeötätiakeit kann gar nicht hoh genug veranshlagt werden. Solange es gelingt, die Gabèn an die Front zu bringen, die dazu dienen, den Truppen im Felde sowie den Kranken über das von der Heeresverwaltung gewährte Maß hinaus Lebensbedürfnifse zu befriedigen, fo lange tragen wir ein gut Teil dazu bei, unsere Truppen widerstandsfähig zu erhalien und unwidersteblch zu machen, umsomehr, wenn diese Gaben mit den Tranéportführern, die den Soldaten Grüße und Nachrichten aus der Heimat bringen und solche zurü- nehmen, ganz nach vorn gelangen können. Die Gaben für die Lazarette foll die Abnahmestelke 1, die Gaben für das Feldbheer die Abnahmestelle Il annehmen; auß Samms- lungen kleinerer privater Sammelzentralen werden von den Abnahmestellen gery zur allgemeinen Verwendung angenommen. Wer den Abnahmestellen Liebeëgaben zur Vermittelung fei es für Feld- truppen, sei es für Lazarette übergibt, darf die volle Zuversicht begen, daß setne edle Absicht am s{chnellsten, am } am ge»

einigen

chersten, rehtesten verwirfliht wird. Außer Barbeträgen sind als dringendste Bedürfnisse für den Augenblick Lichte, kleine Handtücher, Tabak, Zigarren und Zigaretten, Num, Arrak, Kognak, Kakao, Butter, Honig, Schmalz, Marmelade 2c. zu bezeichnen. i

_In den ersien 6 Monaten des Krieges hat die Deutsche Dichter-Gedächtnis8-Stiftung in Hamburg-Großborstel an 893 deutsche Lazaretteund Truppentetle sowie an 46 deute Kriegsgefangenenlager im Auslande insgesamt 74141 Bücher und 91175 Zeitschrijten 1owie 2664 Bilder, eine Anzahl von Musik- instrumenten und Spielen und eine größere Menge Postkarten un- entgeltlih verteilt. Die Stiftung, die sich {on tn Friedenszeiten der Begründung und Ausgestaltung vcn Mannschaftsbüchereien im Oeer, in der Flotte und in der Lutftfloite gewidmet hatte, arbeitet Seite an Seite mit den aroßen Körperschaften, die fi seit Autbruch des Krieges ebenfalls die Aufgabe der Verteilung guten Lesestofes an unsere Truppen zum Ziel gesetzt haben. So hat sie fch für Hamburg mit vielen anderen Vereinen un1ec Führung des Noten Kreuzes zu dem „Hamburgishen Ausschuß für Krieaëbüchereien" zusammen- ges{lossen. Auch mit dem „Gesamtauss{uß zur Verteilung von Lesestof im Felde und in den Lazaretten“ in Berlin arbeitet sie Hand in Hand. Von einer Abnahme der notwendigen Arbeit ist noch nichts zu bemerken. Im Gegenteil scheint das Bedürfnis nah Lsestoff insbe\ondere bet den Truppen im Felde noch zuzu- nehmen. BVteles von dem, was die Stiftung verteilte, war ibr zu diesem Zweck aus den Kreisen ihrer Mitglieder und Freunde geschenkt worden. Außerdem hat sie jedem Lazarett, das sich darum bewarb, ihre eigene „Lazarettbücherei“ zum Geschenk gemacht, die aus je 35 Bänden literarisch sorgfältig ausgewählter, für Verwundete besonders geetgneter Werke besteht, die in einen hellgrauen, mit Wasser abwaschbaren, {önen und gediegenen Einband gebunden sind. Der Einband ist biegsam und läßt sih über den Rücken utns{lagen, sodaß der Verwundete das Buch mit einer Hand halten kann. Diese „Lazarettbücherei", die bereits an Hunderte von WLazaretten ge: schenkt wurde, ift auch auf der „Ausstellung für Verwundeten- und Kranken-Fürjorge im Kriege" zu sehen, die zunächst tin Berlin gezeigt wurde und nun ihre Wanderung ducch Deutschland angetreten hat.

Kunst und Wissenschaft.

In Berlin ist der Senior der Medizinishen Fakuliät der eFriedrih Wilhelms-Universität, Geheimer Medizinalrat, Professor Dr. von Olshaujen, Mitglied der Wissenschaftlihhen Deputation für das Medizinalwesen, wie hiesige Blätter melden, im 80. Lebens- jahre verstorben. In Kiel geboren, \tudierte er in seiner Vaterstadt und in Königsberg und war dann an verschiedenen Kliniken als Assistenzarzt tätig; im Jahre 1862 habilitierte er \ch in Halle als Privatdozent für Geburtshilfe und Frauenheilkunde und wurde noch in demselben Jahre zum außerordentlihen Professor ernannt. Von 1864 bis 1887 bekleidete er das Ordinartat für fein Fach an derselben Universität, um dann einem Ruf nah Berlin zu folgen, wo er den bis dahin von Karl Schröder versehenen Lehrstuhl bis 1910 tnne hatte. Als akademtscher Lehrer und Leiter der Unt- versitäts- Frauenklinik hat er auf den Gebieten der operativen Gynäko=- logie und der Geschwulstlehre bahnbrehend gewirkt und zahlreiche Schüler herangebildet, zugleih auch eine umfassende wissenschaftliche \chriftstellerishe Tätigkeit entfaltet.

Im niglihen Kunstgewerbemuseum sind von dem Maler Hans Geh, einem Schüler der Anstalt, der zurzeit verwundet als Jägerlèutnant wieder in Berlin weilt, Neise|kizzen ausgestellt. Es find Pinselzeihnungen in Tusche auf Iapanpapter zumeiit aus den Vogesen.

Die Gesellschaft für Erdkunde hält eine allgemeine Sitzung am 6. d. M., Abends 7 Uhr, im großen Saal des Architekten- bauses, Wilhelmstraße 92. Der Geheime Regierungsrat Professor Dr. A. Penck wird über Reisen in Australien vor und während des Krieges sprechen. (Mit Uchtbildern.)

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Das Kaiserliche Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Os und Klauenseuche vom Schlachtviehhof in Leipzig am . «e T E

__ Sofia, 2. Februar. (Meldung der „Agence Bulgare“.) Nah- richten aus siherer Quelle zufolge rihtet der Typhus untec den in der mazedonishen Stadt Js\chtip zusammengezogenen serbischen Rekruten große Verbeerungen an. Täglth iben durchs{chnittlich dreißig an dieser Krankheit. Der serbishe Bürgermeister 1 aus Furcht vor dieser Gpidemie nah Verzicht auf seine Stellung mit seiner Familie nah Uesfküb gereist.

Verkehrswesen.

Errichtung einer Dampferverbindung Raumo— Sundsvall. Nah einer Meldung des Kalserlihen Konfulats- verwesers in Sundsvall hat die „Uman*-Neederei die Errichtung einer Dampferverbintung zwishen Naumo und Sundsvall beschlossen. Der erste Dampfer der neuen Linie foll Raumo bereits Ende dieser Woche verlassen. Es hat sih bisher nit feststellen lassen, auf welche Arten Ladung die Schiffsgesellsha|t rechnet. Von dem Bestehen der neuen Schiffsverbindung ist nur den s{hwedtschen Cinfuhrhändlern Mitteilung gemaht worden. (Bericht des Kaiserlichen General- Tonsulats in Stockholm vom 5. Januar 1915.)

Theater und Musik.

Köntgliches Opernhaus.

Der hier gern gesehene Gast vom Königlihen Hoftheater fn Stocholm, Herc John Forsell eröffnete gestern fein Gast)piel, das er shon am Sonntag als Telramund im „Lohengrin® hatte beginnen wollen, in der Rolle des Grafen in „F igaros Hochzeit“. Als Mozarlsänger hat wan ihn in der Partie des „Don Juan“, als deren vornehmster Vertreter ex feit d’Andrade anzusehen ist, früher bereits kenven gelernt. Sein Graf Almaviva |(st eine nicht minder fesselnde Gestalt, ob- wohl sie andere Wesenszüge hat als der dämonische Frauenverführer. Beiden Schöpfungen des Künstlers gemeinsam find aber das vollendet