1896 / 93 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Apr 1896 18:00:01 GMT) scan diff

E E E Sai D H idre E ras

Aa E! E

Ki Cor R B A T E Z rir: s F

Dau ogt i. ai U agr in T R EO terr Q San a m

Sulstellen gewährt wird, jedo ohne Hinzuréchnung der nah dem

Inkrafttreten dieses Gesehes neu errichteten Stellen.

Die Abgg. Gothein, Kohlish und Ehlers (fr. Vg.) be- antragen einen Zusaß zu Nr. 11, wonach bei Eingemeindung be- stehender Gemeinden der diesen bisher gewährte Staatsbeitrag zum Diensteinkommen auf die inkommunalisierende Gemeinde übergeht; dasselbe soll für die Neubildung politisher Gemeinden durch Zu- fammenlegung gelten.

Die Abgg. Baensch, Schmidtlein (fr, kons.) und Genossen beantragen , den Antrag Groth dahin abzuändern, daß bei mehr als 45 vorhandenen Schulstellen der Staatsbeitrag R für die Hälfte. der 45 Schulstellen übersteigenden Zahl gewährt wird.

Die Nr. I wird ohne Debatte angenommen.

Bei Nr. Il in Verbindung mit Nr. IV a bemerkt

Abg. E e Msevurs (nl): Die durch diese Bestim- mungen benachtheiligten Städte fühlen ih vergewaltigt und können niht glauben, daß der Minister die Städte mit demselben Wohl- wollen betrachtet wie die anderen Schulunterhaltungspflihtigen. Zahl- reihe Petitionen beklagen diese Vertheilung der Leistungen des Staats innerhalb dieses sonst guten Geseßes. Die Städte haben die Entwie- lung ‘unsèrs Schulwesens gefördert, ihre Schulfreundlichkeit wird aber bard diese Bestimmungen gefährdet. Noch nie ift so sharf der Gegen- faß zwishen Stadt und Land hervorgehoben worden wie hier. Wäre die ganze Entwickelung unseres Landes, auch in Bezug auf Heer und Marine, mögli gewesen ohne die freudige Mitwirkung der Städte? Durch die Dotationsgeseze von 1888 und 1889 habe der Staat den Städten für die Schulen 26 Millionen gewährt, die Entziehung dieser Mittel i} in der Vorlage nicht genügend in rechtliher Beziehung begründet worden. Wenn nah der Verfassung nur leistungsunfähige Gemeinden Staatsbeiträge erhalten sollen, hätten diese 26 Millionen nie gegeben werden dürfen. Wir waren in ‘der Kommission zu Konzessionen in Bezug auf neue Lehrerstellen und auf die Alterszulagen bereit, wenn uns -der Finanz-Minister mit dem F amgbeitrag entgegenkommen wollte. Wir sind mit unserem Antrag in der Kommission niht durhgedrungen und bitten deshalb, ihn hier anzunehmen. In der offiziósen Presse ist unser Antrag ganz falsch ausgelegt worden. Die Geseße von 1888 und 1889 haben keinen tranfitorishen Charakter gehabt, sie sollten einen dauernden rechtlihen Anspruch ‘den Gemeinden gewähren. Dem platten Lande wollen wir nichts nehmen; wenn das Land noch mehr gebrauht, mag es der Staat ihm geben, aber nidt auf Kosten der Städte. Die Städte haben mit einem großen Theil ihrer Einnahmen für Kultur- aufgaben, für Kunst und Wissenschaft, einzutreten. Hier faßt man aber die Ben der Städte ganz falsch auf, dagegen müssen wir protestieren. an soll nit bloß mit Nücksicht auf Berlin ein Gesetz machen. Nehmen Sie unseren Antrag an!

Abg. Winkler (kons.): Wir sind für die Kommissionsfassung, in welcher keine Härte für manhe Gemeinden liegt. Die Fortdauer des jeßigen Rechtszustands würde zu einer immer mehr steigenden

Belastung des Staats führen. Es bekommen jept Gemeinden Staats- zusüsse, die selbst sehr leistungsfähig sind. Die Härten, welche die

egierungsvorlage für manhe Gemeinden mit fich führen konnte, hat dié Kommission beseitigt dur den besonderen Fonds für Zuschüsse an die betroffenen Gemeinden. Wir haben das Vertrauen zur Regie- rung, daß sie diesen Fonds richtig nah der Leistungsfähigkeit ver- theilen wird.

Finanz-Minister Dr. Miquel :

Es wird für das hohe Haus von Interesse sein, klare Zahlen vor sich zu haben, wie sich die Belastung des Staats gegenüber der Regierungsvorlage nah den Beschlüssen der Kommission stellen wird. Da ergiebt sih, daß, während die Regierungsvorlage eine dauernde Mehrauêgabe für das Elementarshulwesen von 3 Millionen Mark ins Auge faßte, nah den Beschlüssen der Kommission diese Ver- wendung des Staats auf 4603677 A steigen wird. Die Kom- missionsbeschlüsse haben also die Ausgaben der Staatskasse für die Durchführung dieses Geseßes um 1 603 000 6 rund erhöht. Würde der Antrag, den eben Herr Abg. Seyffardt vertreten hat, Annahme finden, so würde nicht, wie er irrthümlih anzunehmen scheint, den Städtén daëjenige nur verbleiben, was sie bisher beziehen, sondern es würde eine Steigerung gegen das, was die Städte, namentlich die Städte von 10 000 Einwohnern und darüber, bisher bezogen haben, um 896 395 M eintreten. (Hört! hört!) Also die ganze Grundlage der Ausführungen des Herrn Abg. Seyffardt, daß er eigentlich weiter nichts wolle, als daß die Städte das behalten, was sie gegenwärtig haben, ist mit dem Inhalt des Antrags garnicht ver- träglih. Ja, meine Herren, gerade die Städte von 10- bis 25 000 Einwohnern, welche dur die Regierungsvorlage es ging das nah dem ganzen System der Regierungsvorlage nicht anders \chon, man fann sagen, im Uebermaß gegen das Bisherige begünstigt werden, würden nun noch wiederum besonders begünstigt werden. Es würde ‘aber nicht stehen bleiben bei den Städten bis 25 000 Ein- wohnern, fondern der Vortheil, den der Antrag der Städte gegen das Bisherige zuweist, würde sogar bis zu Städten von 100 000 Einwohnern wachsen.

Ich habe dies nur zur Klarstellung ausführen wollen. Ich weiß nicht, ob das die Absicht der Herren Antragsteller überhaupt gewesen ist; aber die Rechnung, die im Finanz-Ministerium genau aufgestellt ist, wird wohl nicht angezweifelt werden können.

Meine Herren, unter diesen Umständen würde,'wenn die Kommissions- beschlüsse zur Annahme kämen und daneben oder statt derselben in dem einen Punkte wegen . der Gewährung dieses Aus- gleihsfonds der Antrag der Herren von der nationalliberalen Partei, die Gesammtmehrausgabe des Staats für das Elementarschulwesen si auf rund 7 Millionen steigern. So ist alfo die Lage.

Nun sagt man ja: warum soll denn der Staat diese einfahen 7 Millionen niht mehr zahlen, das ist ja eine Kleinigkeit ; bei einem Staat, der fast 2 Milliarden Einnabmen und Aus- gaben hat , kann das doch nicht in Betracht kommen, ob man 7 Millionen mehr auf die Staatskasse bringt oder nit. Meine Herren, wir haben auf Wunsch des hohen Hauses den Netto-Etat des preußt- schen Staats mit vorgelegt, und dadurch werden diese großen Ziffern, die ih eben genannt habe, wohl von selbst in dem Bewußtsein dieses hohen Hauses verschwinden. Jh fkann hier genauer auf die Lage der Staatsfinanzen niht eingehen. Es is ein ungemeiner Tadel ausgesprohen, als wir einen Etat vorlegten mit 15 Millionen Defizit; es ist gesagt worden: es is eine Kleinig- keit, diese 15 Millionen wegzuschaffen. Aber das Hohe Haus hat si vor dieser Kleinigkeit gehütet; der Etat is mit diesen & Millionen Defizit wieder aus dem hohen Hause hervorgegangen, an dem ganzen Etat ist weder ein Pfennig zugeseßt noch geändert; es muß also doch auch wohl das hohe Haus selbst diesen Etat für rihtig halten. Nun is ja vollkommen zutreffend, daß in diesem Etat Positionen find, die heraufgehen können in der Rehnung, aber auch herunter, und ich will zugeben, daß, wenn die heutigen wirths{aftlichen Verhältnisse noch das nächste Jahr fortdauern, es möglich ift, daß diese 15 Millionen veranschlagtes Defizit verschwinden werden. Aber damit wäre nur noch die Balance des Etats hergestellt; alle anderen Mehrforderungen, die an die Staatskafse herantreten, würden damit noch keine Deckung haben.

Und ih frage, meine Herren: wer kann neue Einnahmequellen nachweisen, die. eine dauernde, sichere Deckung für diese Ausgaben, wie sie hier verlangt werden, und für die anderen Ausgaben, die ih dem- nächst nennen werde, wer kann mir sie anzeigen? Man wird mich weder auf die unsiheren Uekershüsse aus dem Neih verweisen können, um so mehr, da man ja soeben im Reich angefangen hat, in dieser Beziehung die Uebershüsse eben für die Zwecke des Reichs selb zu verwenden; man wird mich ebensowenig verweisen können auf ungemessen steigende Ausgaben der Eisen- bahnen. Wir wissen ja aus Erfahrung schon genügend, wie {wankend fie find.

Fch führe dies nur an, um zu zeigen, daß nicht bloß der Finanz- Minister, niht bloß die Staatsregierung, sondern auch das hohe Haus in ausgleihender Weise die Mittel, die dem Staat über- haupt zur Disposition stehen, vertheilen muß nicht bloß für diesen einen hier vorliegenden Zweck, sondern für die Gesammtbedürfnisse, die zu befriedigen sind, und die theilweise mindestens so dringend sind wie die vorliegenden.

Fast allgenein besteht im ganzen Hause die Ueberzeugung, daß mit einer Aufbesserung der Beamtengehalte niht lange mehr gezögert werden soll (sehr richtig! links), wenn die Mittel es irgendwie gestatten. (Zuruf links: Konversion!) Nun, meine Herren, die Frage der Konversion berühre ih hier nicht, das wäre niht der Play, eine folhe Frage hier zu behandeln. Wenn ih sie aber selbs als vor- handen vorausfeßte, würden die Bedürfnisse, die Mehravsgaben, die ih {hon jeßt übersehen kann, die zweifellos der Staatskasse zur Last fallen, keineswegs hierdurch allein gedeckt werden. Daher ist es an- gezeigt bei dieser Sachlage, daß sowohl die Negierung als genau in demselben Maße das hohe Haus sich wohl überlegt: welhe Mittel können wir entbehren, welche Mittel sind zur Durchführung des Ge- seßes absolut nothwendig, wo können wir ersparen, ohne Druck und Ungerechtigkeit zu üben?

Diese Fragen hat sih die Regierung vorlegen müssen bei der Vorlage des Geseßes und bei der Stellungnahme gegenüber den Kommissionsbeshlüssen. Die Stellung der Regierung ist daher keine willkürliche, noch weniger eine gleihgültige gegen das Wohl und Wehe des Landes bezw. einzelner Theile desselben, namentlih niht der Städte. Alles, was der Herr Abg. Seyffardt über die kulturelle und wirthshaftlihe Bedeutung der Städte in unserem Staatsleben an- geführt hat, über die außerordentlichen Verdienste. die namentlich die Städte für die höhere Entwickelung des Schulwesens sich erworben haben, unterschreiben wir vollständig, und namentli ich kenne das ja zur Genüge aus der langjährigen Erfahrung, daß alle diese Dar- legungen des Abg. Seyffardt in dieser Beziehung vollständig be- gründet find. Jch komme nun zu anderen Konklusionen (Heiterkeit) vom Standpunkt des allgemeinen Staatsinteresses, und das allein haben wir gegenwärtig zu vertreten.

Meine Herren, der Herr Abg. Seyffarth hat gesprochen über die Bedeutung des Geseßes von 1880 und hat gewissermaßen die Sache so dargestellt, als wenn dies Geseß ein Kompromiß wäre, welches niht gebrohen werden dürfte. “Meine Herren, wenn es ein Kom- promiß ist, so ist es ein Kompromiß wohl nur in Beziehung auf die Frage, ob dies Gesey mit der Verfassung in Einklang war oder nicht; in anderer Beziehung ist es kein Kompromiß. Man konnte {si auf keinem anderen Wege dahin verständigen, daß das Gese mit der Verfassung in Einklang sei, als wenn man das Geseß, wie das damals auch geschehen ist, als ein Geseß zur Unterstüßung der Gemeinden hinstellte. Der damalige Finanz-Minister hat geradezu gesagt: die Verfassung kann uns do nicht hindern, den Gemeinden irgend welhe Summen hin- zugeben. ‘Das if vollkommen zutreffend. Es war dies kein Schul- gesey in dem Sinne, wie das vorliegende, auch kein Gesetz zur Auf- bringung der Lehrergehalte, sondern ein Gemeindeunterstützungsgeset. Darin liegt nach meiner Meinung keine Verfassungsänderung. Der Zweifel konnte nur entstehen, ob eine Verfassungéänderung in dem Geseß deswegen zu erblicken sei, weil diese Unterstüßung der Gémeinden anknüpfte an die Frage der Schullasten. Man braucht das Gefeß von 1880 nicht zu tadeln, man kann es nah den damaligen Verhältnissen als durhaus berechtigt annehmen, daraus würde doch in keiner Weise folgen, daß das Geseß heute noch ebenso berechtigt is, und ih werde, glaube ih, nochmals in Wiederholung meiner früheren Aeußerung darauf mit zwei Worten eingehen müssen.

Meine Herren, damals hatte man gar keinen anderen Maßstab, die Gemeinden zu unterstüßen, als den Maßstab wenn man die Unterstüßung der Gemeinden anknüpfen wollte an die Schullasten der Zahl der Schulstellen. Es war also ganz natürli, daß man darauf griff; das war das Nächstliegende. Heute haben wir nun in der Zwischenzeit eine ganz andere Form der Gemeindesubvention gefunden. Wir haben das System verlassen, ohne Rücksicht auf die Leistungs- fähigkeit der einzelnen Gemeinden, ohne Rücksicht auf ihre Bedürfnisse {wankende oder feste Geldsummen hinzugeben, wir haben statt dessen den Gemeinden Steuerquellen eröffnet, die sie nah Maßgabe ihrer Bedürfnisse verwenden können, und der Zwecke und Ziele, die sie verfolgen. Schon hieraus ergiebt #sich natur- gemäß, daß, wenn man nunmehr zu einem neuen Schullehrergehalts- gesey übergehen wollte, wenn neue Mittel vom Staate gefordert werden in Höhe von 3 Millionen Mark, man doch nothwendig die Frage aufwerfen müßte: - ist es - denn nun richtig, das alte Gesetz daneben ganz unverändert bestehen zu lassen? Meine Herren, der Antrag der nationalliberalen Partei geht ja im Grundsatz den- selben Weg, -er sagt auch: wir erkennen an, daß das un- gemessene und unbegrenzte Steigen der Ausgaben des Staats für die großen Städte unberehtigt ist; er will das Steigen auch be- schneiden. (Zuruf bei den Nationalliberalen.) Gewiß, das ist doch nur nach Jhrer eigenen Ueberzeugung gemacht; son würden Sie es doch nihcht gemaht haben. (Zuruf bei den Nationalliberalen : weil wir niht mehr kriegen können!) (Heiterkeit.)

Meine Herren, ih untersuche nach alter parlamentarischer Gewohn- heit keine Motive (große Heiterkeit), sondern ih halte mih an Thatsachen, und die Thatsache if jedenfalls rihtig, ebenso die Schlußfolgerung, die ih daraus ableite.

Meine Herren, Sie sagen: wir machen hier einen ganz willkür- lichen Schnitt mit 25 Schulstellen. Beseitigen wir denn aber nit gleidzeitig einen viel stärketen, und wenn man so sagen foll, willkür- lieren und shrofferen Schnitt, der in der jeßigen Art der Scul- dotation liegt? Haben Sie niht sämmtlich stets darüber geklagt, daß das Abschneiden der Alterszulagen bei der Einwohnerzahl von 10000 eine ganz kolossale Ungerechtig- keit involviere? daß gerade in der Klasse der Städte

zwishen 10000 und 20600 die Allerbedürftigsten sein können? Haben wir nit die Reden hier gehört, daß die hnell anwachsenden Industriestädte, die wesentlih aus Arbeitern bestehen, vielfa gerade ¿wischen 10 000 und 20 000 Einwohnern haben, und daß daher diese Grenze beseitigt werden müsse ?

Nun, meine Herren, diese Grenze beseitigen wir nun in diesem Geseß. Wir sind Ihnen in dieser Beziehung entgegengekommen, und Sie werden mir do zugeben, daß, wenn wir erst zu beschränken an- fangen bei 2% Stellen bezw. 25 000 Einwohnern, wir in dieser Be- ziehung gegenüber dem Bestehenden eine sehr große Verbesserung ein- treten lassen. Sie sagen: Wir schneiden hier Riemen aus anderer Leute Leder. (Zuruf links.) Der Staat bereichere \ih hier mit dem Eigenthum der Städte. Woher haben denn die Städte das Leder, aus welchem wir hier Riemen shneiden sollen ? (Heiterkeit.) Jh glaube doch, aus der Staatskasse. (Oh, Oh! links.) Meine Herren, diese 2 700 000 Æ, um wel%e és sih hier ursprünglih handelte, überweift do der Staat den Städten, und es wird daher wohl die Frage auf- zuwerfen berechtigt sein: bin ich dabei innerhalb der Stellung, die dem Staat überhaupt gebührt, gebe ih hier nicht Summen weg ohne Noth, handele ih hier einigermaßen im Geiste der Verfassung, die do den Grad der Hilfsbedürftigkeit jedenfalls nicht ganz preisgiebt ? Diese Frage muß der Staat aufwerfen. Die verwickelten und ver- schiedenartigen Rechnungen, die theilweise aus den auf Wunsch von uns der Kommission übergebenen Statistiken, theils aus den statistischen Berechnungen von anderer Seite hervorgehen, sind für mich und meine Entschließungen nicht so maßgebend. Jch erkenne vollständig an, daß {hon bisher der Staat, wenn man die Städte. und das Land mit einander vergleiht, für das Schulwesen auf dem Lande mehr Ver- wendungen gemacht hat. Jh finde aber daran nihts Besonderes; das war die offenbare Pfliht und Schuldigkeit bei einer gerechten Ver- theilung der \taatlichen Mittel und bei einer wahren Erfüllung der Staatsaufgabe. Ist es denn der staatlichen Aufgabe ent- sprehend, denen zu geben, die es nicht bedürfen, und es denen vorzuenthalten, bei denen das Bedürfniß vorhanden ist? Es liegt vollständig innerhalb der großen staatlichen Aufgabe, da zu helfen, wo die Selbsthilfe allein nit mögli ist, wo die Gesammt- heit eintreten muß für die weniger Bemittelten.

Meine Herren, wenn wir die Gesammtmittel des Staats wieder vertheilen wollten auf den Kopf der Bevölkerung glei in allen Ge- meinden, würden gewiß die Städte besser wegkommen; das wäre aber niht, wie ein Staat handeln darf. Meine Herren, auf die- jenige Statistik allerdings ist Gewiht zu legen, die ih fragt, wie verhält \sich die Sgullast in den einzelnen Gemeinden nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit der Ein- gesessenen in den Gemeinden, und diese Leistungsfähigkeit rihtig zu bemessen, haben wir keinen anderen Maßstab ‘als die Einkommen- steuer ; darüber kann gar kein Zweifel sein, daß, wenn Sie die Ein- kommensteuer zu Grunde legen und damit die Schullasten vergleichen in Stadt und Land, das Verhältniß zu Ungunsten des platten Landes bleiben wird, selbst wenn Sie diese Vorlage annehmen, geshweige denn, wie es bisher war —: das ist nah meiner Meinung allerdings ein entscheidender Gesichtspunkt.

Ein anderer Gesichtspunkt muß aber auch für den Staat allerdings der sein, daß er seine Lasten niht so vertheilt, selbs wenn der Grundsay der Vertheilungen der Zuwendungen theoretisch an si rihtig wäre, daß dadurch ein zu großer Bedruck, eine unerträgliche Last für ‘einzelne Theile des Staats entsteht. Nun frage ih, meine Herren, glauben Sie wirklih, daß diese großen Städte, wo wir den Nachweis geführt haben, um welche theilweise ganz minimalen Beträge sie bei der Einziehung der bisherigen Zu- wendung ihrer direkten Steuern ihr Einkommen allein zu erhöhen brauen, wirklich durch dieses Gesey in einen {weren Vermögensbedruck kommen würden. Davon kann doch garnicht die Rede sein; bei einzelnen Städten mag das allerdings zu- treffen, aber dafür haben wir au den Fonds schon in der Regierungs- vorlage, um in dieser Beziehung Härten auszugleichen. Nichtsdefto- weniger habe ih doch zugestimmt und selbst gefördert, daß in der Kommission der Beschluß gefaßt würde, noch einen besonderen Fonds auszuwerfen, der nah den verschiedenen Gesichtspunkten, die in den Kommissionsbeschlüssen enthalten sind, zur Vertheilung kommen soll. Nah meiner Meinung konnte man das nur tbun mit Rücksicht darauf, daß wir hier einen bestehenden Zustand ändern wollen. Ich habe {on in der ersten Lesung zugegeben, daß das ja immer Schwierigkeiten hat, daß das Mißstimmung erregt und auch das Gefühl einer ungerechten Behandlung bei einer allerdings sehr oberflählihen Betrachtung der Sache, und daß man daher eine gewisse Veranlassung hat, hier auszugleihen nament- lich für den Uebergang. JInfolgedessen habe ih zugestimmt, daß noch 1} Millionen aufgenommen würden, um mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten des Uebergangs gewisse Erleichterungen ein- treten zu lassen. Die Staatêregierung hat dabei nach allen Richtungen hin bewiesen, daß sie bemüht is, nach Recht und Gerechtigkeit ihre Zuwendungen zu vertheilen, aber doch überall bereit ift, wirkliche Härten zur billigen Ausgleichung zu bringen,

Wenn ausgerechnet wird, daß die städtishen Elementarshulen den Städten weit mehr Kosten verursahen als die Elementarschulen auf den Dörfern und auf dem Lande, so ist das ja zutreffend. Das beruht aber doh auf dem freien Willen der Städte, sie sind dazu geseßlich nicht gezwungen, und sie haben dafür auch besseren Schulunterriht. Das Steigen der Ausgaben, das Steigen der Zuschüsse zu den Stellenzulagen ist keineswegs allein durch das Steigen der Einwohnerzahl hervorgerufen, fondern auch durch die intensivere Klasseneintheilung in den Städten. Wenn auf dem Lande 80 bis 100 Kinder in einer Klasse sind und in Städten vielleiht nur bis zu 40 so ist die Schule allerdings besser, die nur 40 Kinder in der Klasse hat, aber die Kosten sind für den Staat auch in dieser Beziehung erhöht gegenüber denujentgen, die, durch ihre gesammten Verhältnisse gezwungen, sich mit geringer qualifizierten Schulen begnügen müssen.

Meine Herren, ebenso ist vollständig rihtig, daß die Städte auch für die höheren Schulen, namentli auf dem Fortbildungs- und Fach- schulwesen, sehr viel gethan haben; aber das kommt doch wesentlih den betreffenden Bevölkerungen selbst zu gute, und au in dieser Be- ziehung hat der Staat in den leßten Jahren in steigendem Maße die Unterstüßungsbeträge der Städte erhöht. Jh glaube, das hohe Haus kann seine Verpflichtung gegenüber den großen Städten mit den Beschlüssen der Kommission in vollem Maße erfüllt erachten.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

93.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Ich möchte aber s{ließlich noch darauf hinweisen, daß es do eine sehr einseitige Auffassung ist, wenn hier versuht wird, den [eidigen Gegensay zwischen Stadt und Land an diese Frage zu knüpfen. Bei mir haben Dber-Bügermeister auch von Städten aus der Heimath des Herrn Abg. Seyffardt in vollem Maße ihre Freude über dieses Geseß ausgedrüdckt. Die Zahl der Städte zwischen 10 000 und 25 000 Einwohnern ift weit größer als die Zahl der Städte, um die es ih hier handelt. Und gerade diese kleineren Städte, namentli die neu entstandenen, die kein althergebrahtes Vermögen und keine \onstigen eigenen Einkünfte baben, werden durh dieses Gese besonders ent- lastet. Daraus geht ganz klar hervor, daß der Regierung jeder Gegensaß zwishen Stadt und Land völlig ferngelegen hat; sonst könnte es uns nit beifallen, diese eben bezeihneten sehr zahlreichen Städte besonders gut gerade in diesem Gesetz zu stellen; dem Stand- punkt der Regierung liegt es ganz fern, die eine oder andere Gemeinde vor der anderen zu begünstigen; wir haben nur eine Absicht : die dem Staat zustchenden Mittel in gleihmäßiger und gerechter Weise zu vertheilen. (Bravo! rets.)

Abg. Krause (nl.): Die Vertheilung der Staatsleistungen in diesem Geseg ist ungerecht. Der Kultus-Minister sagte bei der ersten Lesung, die Städte hätten bisher zu Unrecht Zuschüsse be- kommen, und doch ist auch schon bisher das Land bevorzugt worden. Die Regierung sagt in den Motiven, die Schullasten betragen in den Städten 70 °/0, auf dem Lande aber über 200% der Ein- kommensfteuer. Das klingt sehr zu Ungunsten des Landes, aber diese Statistik ift fals, denn dabei sind auch die Beiträge des Staats mit berehnet ; man fann aber nur vergleichen, was die Gemeinden selbst für die Schulen verwenden. Noch andere Faktoren hat man bei dieser Berehuung außer Acht gelassen. Die Einkommenverhältnisse sind in Stadt und Land verschieden. Diese Statistik beweist also gar nichts. In der Kommission hat ein Regierungskommissar selbst aus- eführt, oh die Steuerverhältnisse allein niht einen Maßstab für die eistungsfähigkeit einer Gemeinde abgeben. Die Bevorzugung des platten Landes in der Gesetzgebung is erwiesen. Die Frage ist einfach die, ob der Staat die Hebung des Schulwesens und der Bildung des Volks will oder nicht. Durch die früheren Zuschüsse sollten gerade die Städte mehr ausgeben für die Schulen, und es ist ungerecht, ihnen diefe dauernd gegebenen Zuschüsse wieder zu nehmen. Das ist eine falsche Politik. Die Regierung weist auf die Veberweisung der Grund- und Gebäudesteuer an die Gemeinden hin. Diese Ueber- weisungen fanden damals zu dem Zweck statt, die Ausgaben für Wege- bau u. dergl. zu erleihtern, aber niht für die Shulen. Wer bringt denn den Ausfall an der staatlihen Grund- und Gebäudesteuer auf ?

Doch wieder hauptsächlich die Städte durch die Einkommensteuer. Gerichtskosten, Stemyelkosten 2c. werden au hauptsäcblich von den Städten getragen. Wenn hier einer nahgeben muß, fo ist es der Staat. Für die Kompromisse bei den Geseßen von 1888 und 1889 war doch hauptsächlich die Aufhebung des Schulgeldes die Grundlage. Das war doch auch Leistung und Gegenleistung. Der Finanz-Minister von Scholz fagte damals, daß diese Gesetze zur allgemeinen gleichmäßigen Gntlastung der Gemeinden dienen sollten. Und noch 1893 legte die Regierung eine Vorlage vor, wona gelegentlich der Steuerreform 3 Millionen für die Schullehrer verwendet werden follten, die allerdings abgelehnt wurde; damals kannte also die Regierung den gefährlichen mechanishen Charakter der Geseße von 1888 und 1889 noch niht. Die jetzige Vorlage is noch viel mechanischer, indem sie willkürlih einen Strih bei der Zahl von 2% Lehrern macht. Das is doch keine organishe Reform. Man sollte si doppelt besinuen, ehe man den Komrissionsantrag 1V a annimmt, der einen Dispositionsfonds bietet, den der Minister nah seinem Be- lieben verwenden kann. Mit Dispositionsfonds, namentli auf dem Schulgebiete, haben wir s{chon manches erlebt. Die Unzufrieden- heit nimmt mehr und mehr in den Städten zu; hüten Sie fich, Stoff zu neuer Unzufriedenheit zu geben!

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Bei der vorgerückten Zeit will ich auf die Aus- führungen des Herrn Abg. Krause nit eingehen, ih will bloß, damit nicht Mißverständnisse entstehen, auf eine Frage antworten. Er stelt die höchst sonderbare Frage, ob die Staatsregierung wünshe, daß die Entwickelung des städtishen Schulwesens stode. Das war der Sinn der Frage. Na, die Frage hätte der Abg. Dr. Rraufe wirkli nit zu stellen brauchen, (sehr rihtig! rets; oho! links), denn er hâtte sich die Antwort selber geben können. Meine Herren, er knüpfte diese Frage an meine Bemerkung, daß die Steigerung der Zuwendungen gerade an die großen Städte aus Staats- mitteln zum theil auch daher käme, weil das Schulwesen dort höher entwickelt wäre als auf dem Lande. Jch hatte das Beispiel angeführt, daß dort vielfach nah den bestehenden Vorschriften in den Städten, auf den Kopf der Bevölkerung berehnet, die Zahl der Schulstellen durch die geringere Bemessung der zulässigen Zahl der Kinder in den einzelnen Klassen größer verhältnißmäßig sei als auf dem Lande. (Sehr richtig! rechts.)

Nun, was i} denn eigentlich der Grund, warum der Staat ver- pflichtet ist, den Gemeinden zu Hilfe zu kommen bei Tragung der Schul- lasten? Der Grund liegt darin, weil dies keine freiwilligen Lasten sind, die die Gemeinden übernehmen, sondern cbligatocische Lasten auf Grund der Staatsgeseßgebung. Herr Abg. Hobreht hat mal mit vollem Recht aus- geführt, daß, wenn der Staat von der geringsten und ärmsten Ge- meinde eine bestimmte minimale Leistung fordert in Beziehung auf die Einrichtung ihrer Schule, ohne alle Rücksicht darauf, ob die Gemeinde [eistungsfähig sei, es sich von selbst ergebe, daß der Staat dann das- jenige ergänzen müsse, was durch seine Geseßgebung zwangsweise an Opfern der leistungsunfähigen Gemeinde auferlegt werde. Das ist eigentli der entsheidende Grund, meine Herren.

Daraus, aus diesem Gesichtspunkt erklärt sih au die Bestimmung der Verfassung. Führt nun dieser Gesichtspunkt dahin, daß, wenn eine reihe Stadt si erlaubt, vielleicht zu sagen: wir wollen nur 30 Kinder in der Klasse haben, wir wollen unsere Lehrer doppelt fo hoh bezahlen, wie anderswo daß der Staat dafür aufkommen muß? (Widerspruch links.) Hier is die Entscheidung, und diese Ent- scheidung {lägt Jhre ganze Deduktion gegen meine Bemerkungen. (Lebhafter Widerspruch links; sehr rihtig! rechts.)

Meine Herren, der Herr Abgeordnete Krause hat dann über das Gesey von 1888 gesprochen. Er sagte, dieses Geseß war ein gutes Geseß, und ih erkenne das an; ich habe {hon vorher gesagt, das Geseß kann man nah den damaligen Verhältnissen niht tadeln, denn

Berlin, Sounabend, den 18. April

1896.

wie ist das Geseß motiviert! Lesen Sie den ersten Absaß der Motive zu diesem Gesey, so sagt die Staatsregierung: wir haben 20 Millionen über, die können wir verwenden zuc Erleichterung der Germeinden. Allerdings hat man wohl dabei nicht bedacht, daß, wenn man eine geseßlihe Verpflihtung auf den Staat nähme, für jede, auch für alle zukünftigen Schulklassen bestimmte Zuschüsse zu leisten, das weit über die 20 Millionen hinauêgehen müßte, während nach der Er- klärung in den Motiven der Staat eigentlih nur 20 Millionen ver- wenden wollte. Jett ist die Summe fast um 7 bereits gestiegen und würde permanent weiter steigen, würde also gegen die eigentlichen damaligen Intentionen der Staatsregierung verstoßen.

Aber ih bleibe dabei stehen, daß in der Zwischenzeit allerdings eine sehr wesentlich andere, ganz neue Gesichtspunkte in die Frage tragende Thatsache dazwischen getreten ift, welhe gewiß, wenn sie schon im Jahre 1888 bestanden hätte, zum Geseß von 1888 nie ge- führt haben würde. Und diese Thatsache ist allerdings die inzwischen eingetretene Steuerreform.

Meine Herren, ih habe hier früher ausgeführt auf der Basis ge- nauer Statistik, die wir aufgenommen haben im Finanz-Ministerium, daß selbst, wenn lediglih die Grund- und Gebäudesteuer in Frage kommt, dur die Steuerreform auf den Kopf der städtischen Bevölkerung mehr entfallen ist, als auf den Kopf der ländlichen Bevölkerung. An und für sich ist diese Thatsache für mi allerdings nicht entscheidend; denn die bloßen Einnahmen können allerdings für die Gesammitlage einer Ge- meinde noch nit entscheidend sein, wenn man nicht zuzügli die Aus- gaben derselben mit in Betracht zieht.

Nun kommt aber neben dieser Ueberweisung von Grund- und Gebäudesteuer die Ueberweisung der Gewerbesteuer. Und das wird auch wohl nicht bestritten werden können, daß im großen Durchschnitt des Landes, abgesehen von einzelnen Industriedistrikten, die Gewerbe- steuer sehc viel mehr ausmaht für die Städte als für das Land. (Sehr richtig! rechts; Widerspru links.) Ja, meine Herren, ich glaube, das wird gar nit bestritten werden.

Endlich aber sage ih, daß eine Menge von Erleichterungen in der Perbeischaffung neuer Mittel, die durch das Kommunalabgabengesetz den Gemeinden gewährt ist, einträglih und nußbar eigentli wesentli

nur für die großen Städte ist. (Sehr richtig! rets.) Ich brauche das gar niht weiter auszuführen. Hieraus ergiebt \sich, meine Herren, daß die Stellung in Bezug auf die Zuwendungen des Staats zu den großen Städten wesentli verändert ist dur die Steuerreform. Und wenn Sie nun dabei hinzurehnen, daß wir es hier mit einem Gesetz zu thun haben, wo der Staat neue Mittel aufwenden soll, so können Sie es doch nicht als unbillig bezeihnen, daß nun die Frage der richtigen Vertheilung der Staatsmittel nah Maßgabe des Geseyzes von 1888 einer Revision unterzogen worden ist.

Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat auhch dann noch einen anderen Irrthum begangen... Er sagt: Noch im Jahre 1893, wo doch {on die Rede davon war, daß man die Realfteuern überweisen wollte, hat ja die Staatsregie- rung eine weitere Entwickelung des Gesezes von 1888 vorgeschlagen. Damals wurde aber uns eine Grhöhung der Dispositionsfonds um dret Millionen vorgeshlagen und zwar in Verbindung mit dem Antrag der Staatsregierung, die Kontrole der Selbstverwaltungskörper auf- zuheben. Das war eine ganz andere Frage als die, um die es sich im vorliegenden Fall handelt.

Ich will mi vorläufig hierauf beschränken, ich werde schon noch Gelegenheit haben, in der Diskussion zum Worte zu kommen. (Bravo! rechts.)

Abg. von Lieres und Wilkau (Hosp. der Kons.) spricht sih für die Kommisfionsfassung aus, ift ba wegen der Unruhe im Hause nur s{hwer verständlih. Die Summe von 1 250 000 4 sei vollständig ausreihend, um die Bedürfnisse der Städte zu decken. Eine ganze Anzahl dieser Städte seien selbst leistungsfähig genug für die Schullasten. Eine Disparität zwishen den Landgemeinden und den Städten sei ja vorhanden, aber die Städte bekämen dafür diese 1 250 000 e Die Geseße von 1888 und 1889 mögen ja als Definitivum angesehen worden sein, aber den Kreisen sei es mit der lex Huene ebenso ergangen, die ohne Entschädigung aufgehoben worden fei. Er timme für IVa, nicht weil er diese Bestimmung für gut und richtig halte, sondern weil sie auf der Vereinbarung wien der Regierung und der Kommission beruhe und er das Zustandekommen des Geseßes unter allen Umständen wünsche.

Um 3% Uhr vertagt das Haus die weitere Berathung auf Sonnabend 11 Uhr.

Statiftik und Volkswirthschaft. Hauptergebnisse der Statistik der Krankenversicherung für 1894.

Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistishen Amt.

Orts- |Betriebs- K. (Fabrik-) E Kr.-K.

Ge- meinde- Kr.-Ver- siherung

Bau- Kr.-K.

Einge- | Landes - |A1le Kassen] Im Vor-

zusammen 106)

Innungs- i „F, |chriebene|rechtliche E Hilfskassen

Kassenzahl 8 302 4 410 6 591

Mitgliederzahl im | Durchschnitt des Jahres . 1254058] 3326 333} 1 846 772 319 856} 1139 925 726 140

Erkrankungsfälle Krankheitstage 5 360 610] 20 697 934] 12 097 022 M. M.

M. Einnahmen 12 458 996] 61 639 188] 43 501 623 darunter Beiträge (der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Ein- trittsgelder u. Zusatz- beiträge) Ausgaben darunter :

9 581 589 51 958 351] 34 559 301 11 360 546] 58 565 629] 40 891 231

Arzt 2838 933} 9066 901] 8 006 380 Arznei 1811 243} 7806 478] 6261411 Krankengeld. . .. 3 052 583} 18 248 157] 13 913 607 Krankenanstalten 2c. 2051 3181 8530 200| 4959 520

31 878 17 367 276 540

M 919 161

729 917 833 901

186 848

84 261 248 796 205 663

1 876) 961

662697, 60144 32211| 237941| 18869 521 163| 4350344| 382827 M. Á Á 1774639] 14552 081/ 1265 612 j

21 226

7 106 804 2 794 027 46 199 436

M 132 137 396

21 552

7 282 609 2 492 309 43 686 440

M. 136 111 300

106 507 100 727

111 509 631 128 187 628

22 209 891 17 426 908 42 599 461 17 352 197

106 306 192 126 018 810

21 423 856 17 693 412 45 775 471 17 078 959

1490 893} 1 1664 402] 1

293 929 169 139

- oe 9

G

263| 971317 900 1179019

13 276) 144028 163 1466 131 230] 430 933| 6 222 761| 482664 316 559] 1 145 871| 143 066

2 3 1 1

zusammen Krankheitskosten | 9754 077] 43 651 736] 33 140 918

437 5741 33 039 779] 47 988 020 1 592 546] 29 051 3841 42 245 608

Vermögen davon Reservefonds

Erkrankungsfälle .. ¿ 0,3 Krantheitstade ¿ 6,2

M 13,12

rant beitsTofsten «s

Zur Arbeiterbewegung,

Aus Kottbus wird der Berliner „Volks-Ztg.“ zum Ausstand der Textilarbeiter weiter gemeldet: Die Kommission des Vereins zur Wahrnehmung der Interessen der Tuchfabrikanten zu Kottbus hat den Vertretern der Arbeiter folgendes vom 15. d. M. datierte Schriftstück überreichen lassen: „Die elfstündige Arbeitszeit wird von den Mitgliedern der Fabrikanten-Vereinigung, soweit dies früher niht der Fall war, eingeführt und foll nur in den dringendsten Fällen periodisch überschritten werden. Die 14 flündige Mittagspause ist ebenfalls in den Fabriken, wo sie noch nit bestand, eingeführt. Bei Neueröffnung der Betriebe in sämmtlichen der Vereinigung an- gehörigen Betrieben werden wir die vor dem Ausstand gezahlten Löhne nicht herunterseßen. Bei der Zusammenstellung der Lohnsäße der hiesigen Fabriken hat ih gezeigt, zah die Stundenarbeiter in einzelnen Fa- briken etwas niedriger gelohnt werden, als in der Mehrheit der hiesigen Fabriken. Die Fabrikanten, bei denen sih das leßtere heraus- gestellt hat, sind gewillt, ihren Stundenarbeitern eine entsprehende Lohnaufbesserung zukommen zu lassen, wenn diese einige Wochen ge- arbeitet haben werden. Es ist niht zu umgehen, daß eine Anzahl der früheren Arbeiter in den einzelnen gabe von der Wieder- aufnahme ausgeschlossen bleibt, jedo soll eine sogenannte „\chwarze Liste" niht verbreitet werden, falls die Arbeit in der nächsten Zeit wieder aufgenommen wird. Solange \ihch hierorts ein Mangel an Arbeitskräften niht fühlbar mat, werden wir auswärtige Arbeiter nicht heranziehen.“ - Dieses Schriftstük wurde einer Ver- sammlung unterbreitet. Mehrere Redner ersuhten, auf Grund dieser Vereinbarung Frieden zu {ließen ; andere sprachen sih gegen die Auf- nahme der Arbeit auf Grund dieser Vereinbarung aus. Schließlich wurde cin Antrag angenommen, wonach am gestrigen Freitag eine geheime Abstimmung darüber erfolgen sollte, ob die Arbeit auf Grund dieser Vereinbarung aufzunehmen set.

Aus Cassel wird dem „Hann. K.“ zum Maurerausstand (vgl. Nr. 90 d. Bl.) berichtet: Eine Versammlung der Bauunter- Seba und Maurermeister hat am Donnerstag bef tonen da eine Einigung mit den Gesellen nicht möglich war, die Arbeit an allen

725 928

289 100 120 358

Auf 1 Mitglied kommen:

TOT 971 698

83 811 959 75 983 032

99 588 157

94 305 642 83 792 433

1170 156] 10 245 0594| 900988

920 617] 10 469 584| 2036 116 767 9671 8 878 609| 1 175 961

0,3 0,4 0,3 0,3 0,4

9,2 6,6 6,4 6,0 6,5 / M | M M M 11,62 15,46] 14,98 13,67 14,35

Bauten auf unbestimmte Zeit einzustellen. Auch haben \ich die An- wesenden verbindlich gemacht, die Forderung der Gesellen in threr jeßigen Form abzulehnen.

Aus Eupen wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben, daß sämmtliche Weberinnen der Firma Sternickel u. Gülher am Donnerstag die Arbeit wieder aufgenommen haben.

Aus Beuthen (Oberschlesien) wird demselben Blatt gemeldet: Der Ausstand der Bergleute auf Godullahütte if beendet. Die Mehrzahl der Ausständigen hat die Arbeit wieder aufgenommen. (Val. Ny. 91 d. B)

In Fürth is einer Mittheilung der „Vof. Ztg zufolge der POLI arde Leg ug ans am Donnerstag dur einen Versammlungs- eschluß, der die Zugeständnisse der Fabrikanten annimmt, beendet worden. Die Arbeit wurde bereits wieder aufgenommen.

In Reichenbach i. V. haben, wie das „Dr. J.“ berichtet, gegen 300 Maurer und ein Theil der Zimmerleute am Mitt- woh den Ausstand begonnen. Auf verschiedenen Bauten ruhte die Arbeit ganz, während auf einigen Stellen noh gearbeitet wurde. Die Maurer verlangen bei elfftündiger Arbeitszeit für die Stunde einen Mindestlohn von 30 4. Diese Forderung is von den Arbeitgebern zurückgewiesen worden.

Pier in Berlin haben die Maurer Berlins und der Umgegend vorgestern in einer Versammlung beschlossen, in eine allgemeine Lohnbewegung einzutreten. Ihre Forderungen gipfeln, wie die Voss. Ztg." mittheilt, in der Einführung einer neunstündigen Arbeitszeit und eines Mindeststundenlohns von H. ie Lohnkommissién wurde beauftragt, sofort mit den Arbeitgebern in Verhandlung zn treten und am nächsten Montag einer neuen Ver- ammlung Bericht zu erstatten. Die Beamten der Berliner

S eT ae, Rer En Ne waren am 16. d. M. versam- melt, um über zu Mi ende Forderungen bgL Nr. 92 d. Bl. {luß zu fassen. ie Versammelten wählten eine K die der Direktion die Ren mit der Maßgabe unter- breiten soll, binnen drei ages escheid zu ertheilen. Die Ange- stellten fordern u. a. als Anfangsgehalt Fußschaffner 70 4

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