1896 / 106 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 May 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Ur TUndDE, betreffend die Errichtung einer zweiten Pfarrstelle an a Lis Lazarus-Kirche in Bethe

Mit Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen, Unter- richts- und Mediz Aut ün elegenheiten und des Evangelischen Ober- Kirchenraths, sowie nach Anhörung der Betheiligten wird von den unterzeihneten Behörden hierdurch Folgendes festgeseßt:

S1 Für die evangelische Lazarus - Kirhengemeinde zu Berlin wird eine zweite Pfarrstelle errichtet.

8 2,

Diese Urkunde tritt mit dem 1. Mai 1896 in Kraft.

Derlin, den pes 1999. Berlin, den 2: April 1696. Königliches Konsistorium (L. 8.)

der Provinz Brandenburg,

Abtheilung Berlin. Faber.

Der Königliche Polizei-Präsident. von Windheim.

ULrkTunde, betreffend die Errichtung einer zweiten Pfarrstelle an der evangelischen Auferstehungs-Kirche in Berlin.

Mit Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen, Unter- rihts- und Medizinal-Angelegenheiten und des Evangelischen Ober- Kirchenraths, sowie nach Anhörung der Betheiligten wird von den unterzeihneten Behörden hierdurch Folgendes festgeseßt :

Für die evangelische G A ira Siedéigeneinde zu Berlin wird eine zweite Pfarrstelle E Diese Urkunde tritt mit vent li ‘Mai 1896 in Kraft. Berlin, den E 1886. Serlin, den 22. April 1896. Königliches Konsistorium a der Son Brandenburg, R L Dea,

p "cid von Windheim.

Jn der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird eine Konzessions-Urkunde, betreffend den Bau und Betrieb einer Nebeneisenbahn von Lübben über Uckro und Alt-Herzberg nah Falken- berg durh die Niederlausißer Eisenbahn - Gesellschaft, ver- öffentlicht.

Nietamtliches.

Deutsches Neich,

Preußen. Berlin, 4. Mai.

Jhre Kaiserlihen und Königlihen Majestäten wohnten gestern Morgen dem Gottesdienst in den Communs des Neuen Palais bei und begaben Sih um 111// Uhr von der Wildparkstation nah dem Bahnhof Bellevue. Zhre Majestäten fuhren von dort nah dem Ausstellungspark am Lehrter Bahnhof und wohnten der Eröffnung der Jubiläums- Kunst-Ausstellung bei. Nach einem Rundgange dur die Aus- stellung fuhren Jhre Majestäten nah dem Königlichen Schlosse. Gegen 2 Uhr fand daselbst Frühstükstafel statt, zu welcher Seine Königliche Hoheit der Fürst von Bulgarien mit vier Herren seines Gefolges, darunter die Minister Stoilow und Petrow ge- laden war. Um 3 Uhr Nachmittags hatte der neuernannte amerikanishe Botschafter am hiesigen Hofe Uhl die Ehre, von Seiner Majestät dem Kaiser in Antrittsaudienz empfangen zu werden und sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen. Beru wurde dem neuernannten hanseatishen Gesandteen

r. Klügmann von Seiner Majestät die Antrittsaudienz ge- währt. Beide Herren hatten die Ehre, nah der Audienz auch von Jhrer Majestät empfangen zu werden. Nachmittags 4 Uhr 5 Minuten begaben Sih Jhre Majestäten von hier nah dem Neuen Palais zurück.

Heute früh hörten Seine Majestät der Kaiser von 61/z Uhr ab die Vorträge des Chefs des Aivilkabinets, Wirklichen Ge- heimen Nini Dr. von Lucanus und des Staatssekretärs, Staats-Ministers Freiherrn von Marschall. Um 8 Uhr 3 Mi- nuten begaben Seine Majestät Sih von der Wildparkstation nah dem Bahnhof Groß-Görschenstraße, stiegen dort zu Pferde und ritten nah dem Tempelhofer Felde zur Besichtigung der Bataillone des 2. Garde-Regiments z. F. und des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1. Nach der Be- sichtigung und den sih an dieselbe anschließenden Uebungen nahmen Seine Majestät der Kaiser im Kreise des Offizier- Korps des 2. Garde-Regiments z. F. das Frühstück ein.

Seine Königliche Fe der Fürst Ferdinand von

Bulgarien hat sich begeben.

eute früh von hier nach Coburg

Das Staats-Ministerium trat gestern Nachmittag

2 Uhr unter dem Vorsig des Minister-Präsidenten Fürsten

u Hohenlohe in der Dienstwohnung desselben zu einer ißung zusammen.

Der General der Kavallerie von Krosigk, Jaspekteur der 1. Kavallerie-Jnspektion, und der General der Artillerie Edler von der Planit, General-Jnspekteur der Fuß-Artillerie, sind von Berlin abgereist.

Der Königliche Gesandte in Weimar, Geheime Legations- Rath Rasch dau hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten.

Der Regierungs-Assessor von Lücken zu Liegniß ist mit der Aen Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Lubliniß, Regierungsbezirk Oppeln, beauftragt worden.

Die Regierungs-Referendare Freiherr von Spißemberg aus Merseburg trahl aus Münster, Kretshmann aus Danzig, Graf Finck von Finckenstein aus Frankfurt a. O. und R jur. Fleck aus Düsseldorf haben die zweite Staats- prüfung kür den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

Nach einer telegraphishen Meldung an das Ober- Kommando der Marine ist das 1. Geschwader, Chef Vize- Admiral Koester, mit S. M. S. S. „Kurfürst Friedri ch Wilhelm“ (Flaggschiff) „Brandenburg“, „Weißen- Ura, „Worth“, „Camen“, „Württemberg“ und Aviso „Jagd“ gestern von Nieuwediep (Niederlande) nach Wilhelmshaven in See gegangen; S. M. S. „rcoua, Kommandant Kapitän zur See Sarnow, ist at von Shanghai nach Nagasaki in See gegangen; S. M. S. „Jren e“, Kommandant Kapitän zur See von Dresky, ist am 2. Mai in Nagasaki angekommen.

Bonn, 3. Mai. Wie der „General-Anzeiger“ aus gene erfährt, war das Befinden Seiner Majestät des önigs von Schweden und Norwegen, Allerhöchst- welcher, wie gemeldet, Krankheits halber von Nizza nah Honnef urüdckgekehrt ist, gestern niht befriedigend. Heute befand fd Allerhöchstderselbe etwas besser. Zur Konsultation wurde der leitende Arzt der Heilanstalt Hohen-Honnef Dr. Meißen zugezogen. Aus Stockholm is ein Spezialarzt eingetroffen. Sachsen.

Are Majestäten der König und die Königin haben sih gestern Nachmittag von Dresden nah Sibyllenort begeben. Der Aufenthalt Jhrer Majestäten daselbst wird sih, dem „Dr. J.“ zufolge, voraussihtlih auf mehrere Wochen erstrecken, doch gedenken Allerhöchstdieselben am 8. Mai auf einige Tage nach Dresden zurückzukehren.

Baden.

Die Zweite Kammer hat in ihrer Sißzung vom 1. d. M. das Finanzgeseß, bei einigen Stimmenthaltungen, ein- stimmig angenommen.

Oesterreich-Ungarn.

Der vorgestric N des Königs durch die Ausstellung inBudape]t währte 3 Stunden. Allerhöchstderselbe war von demGesehenen äußerst befriedigt und sprach allen Betheiligten seine vollste Anerkennung aus. Nachmittags fand bei den Majestäten ein Familiendiner statt, an welhem alle in Budapest weilenden Mitglieder des Herrscherhauses theilnahmen. Abends wohnten der König und die Mitglieder des Herrscherhauses sowie das diplomatische Korps, die Minister und alle anderen Würden- träger der Vorstellung in der Königlichen Oper bei. Die Stadt war glänzend illuminiert.

Dem gestern in der Krönungskirhe abgehaltenen Tedeum wohnten der König, die Königin, sämmtlihe Erzherzoge und Erzherzoginnen, das gesammte diplomatishe Korps mit Gemahlinnen und die Aristokratie des Landes bei. Sämmtliche Damen, mit Ausnahme derjenigen des diplo- matishen Korps, waren in der alten nationalen Festtracht ershienen, wie sie bei den Krönungen der ungarischen Könige üblich war. Der Primas von Ungarn, Kardinal- Erzbishof| Vaszary, hielt die E worin er ausführte, daß der tausendjährige Bestand des ungarischen Staats auf Religiosität gepaart mit Verfassungs- und Vater- landsliebe beruhe. Troß der unübersehbaren Menschenmenge, welche die Straßen füllte, herrschte überall eine musterhäfte Ordnung. Gestern Abend fand die offizielle Jllumination statt. Abends erschienen der König und die Königin auf dem Ball bei dem Grafen Tassilo Festetitsch.

Der Fürst von Montenegro is gestern mit dem Prinzen Mirko von Wien nah Heidelberg abgereist.

Großbritannien und Frland.

Die Königin hat durch den Premier-Minister Lord Salisbury an den britishen Gesandten in Teheran die telegraphishe Weisung ergehen lassen, ihrem tiefgefühlten Beileid Über den Tod des Schahs Ausdruck zu geben.

Das Auswärtige Amt erhielt vorgestern ein Telegramm aus Teheran mit der Mittheilung, daß dort alles ruhig ist.

Frankreich.

Jn dem vorgestern abgehaltenen Ministerrath wurde beschlossen, dem Botschafter Herbette in Berlin das Groß- kreuz der Ehrenlegion zu verleihen. Der Minister des Aus- wärtigen Hanotaux theilte eine Depeshe mit, worin die Ermordung des Schah's von Persien gemeldet und über die in Teheran getroffenen Ordnungsmaßregeln berichtet wird. Der Finanz-Minister Cochery kündigte an, daß er eine Vor- lage über die Reform der direkten Steuern vorbereite.

Gestern fanden in ganz Frankreich die Gemeinderaths- wahlen statt. Die Betheiligung daran war, wie „W. T. B.“ berichtet, in Paris eine sehr bedeutende. Die Zahl der Wähler, welche den Wahlen fernblieben, war wesentlich eringer, als bei den früheren Wahlen ; irgend ein ernster

wischenfall ist niht vorgekommen. Gewählt wurden 8 pro- ressistishe Republikaner, 11 Konservative, 20 Sozialisten und 15 Radikale. Außerdem haben 26 Stichwahlen statt ufinden. Der neue Munizipalrath wird dem früheren völlig ent- sprehen. Jn den Departements verliefen die Wahlen ohne Ruhestörungen. Die vollständigen Resultate derselben werden erst heute bekannt werden. Nach den bis gestern Abend 111/, Uhr gemeldeten Resultaten siegten in Calais die Sozialisten über die gemäßigten Republikaner; in Marseille wurden die Sozialisten wiedergewählt; in Carmaux drang ebenfalls die Liste der Sozialisten durch, dagegen unterlagen in mehreren Gemeinden in der Umgegend von Carmauy die bisherigen sfozialistishen Mitglieder der Gemeinderäthe.

Nußland.

Li-Hung-Tschang empfing, wie „W. T. B.“ berichtet, A die Besuche des Ministers der auswärtigen An- elegenheiten Fürsten Lobanow - Rostowski und des inisters des Kaiserlihen Hofes Grafen Woronzow- Daschkow und gestern den Besuch des Finanz-Ministers Witte. Dem Vernehmen nah wird Li-Hung-Tschang morgen

von dem Kaiser in feierlicher Audienz empfangen werden. Zum Ehrendienst bei den zu den Krönungs - Feier- lichkeiten in Moskau eintreffenden Fürstlihkeiten sind be- stimmt: Bei dem Prinzen Heinrih von Preußen: General - Adjutant, General Graf Mussin - Puschkin, Kontre- Admiral Fürst Schakowskoi, der Militär - Attahé der russischen Botschaft in Berlin Oberst Prinz Enga- litshew;, bei der Deputation des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-RegimentsNr. 1: Hauptmann Lwowsky, bei der Deputation des Husaren-Regiments Kaiser

Nikolaus II. von Rußland (1. Westfälisches) Nr. 8: Lieutenant Plautin und Hauptmann Miller. Bei dem Groß- herzog von Hessen: General Graf Olssufjew, Flüúügel- Adjutant des Kaisers, Hauptmann Graf Woronßow- Daschkow und Unter-Lieutenant Evreinow. Bei dem Groß- herzog von Mecklenburg-Schwerin: General Graf Golenitshew - Kutuzow, Hauptmann Baron Korff. Bei dem Großherzog von Sachsen-Weimar: eneral- Adjutant Fürst Barclay de Tolly:Weimarn und Yann Timaschew. Bei dem Herzog von Sachhsen-Coburg und -Gotha: General-Adjutant Fürst Dolgoruky und Lieutenant

ürst Trubeßkoi. Bei dem Prinzen Ludwig von Bayern:

E inan Oberst Baron Korff und Lieutenant Wrangel.

ei der ilitär-Deputation des bayerishen Che- vauxlegers-Regiments: Hauptmann Bunking. Bei dem Erbgroßherzog von Baden: General Baron Meyen- dorf} und Hauptmann Knorring. Bei dem Pergos Albreht von Württemberg: Oberst Gilinsky. et dem Erbgroßherzog von Luxemburg: Kontre-Admiral Dubassow. Bei dem Erbgroßherzog von Oldenburg: Flügel-Adjutant Fürst Dolgoruky. Bei dem Prinzen Georg von Sachsen: Flügel-Adjutant Oberst Neutern und Unter- Lieutenant Swetchin. Bei dem Prinzen Albert von Sachsen- Altenburg: Oberst Gerngroß.

Schweiz.

Bei der gestrigen Volksabstimmung des Kantons Bern wurde der Antrag auf Proportionalwahl des gesezgebenden Körpers und Wahl der Regierung ebenso wie der Ständeräthe durch das Volk mit 32000 gegen 28 000 Stimmen abgelehnt.

Griechenland.

Die Kronprinzessin ist am Sonnabend von ciner Prinzessin entbunden worden. Jhre Königliche Hoheit und die neugeborene Prinzessin, welhe den Namen Helene erhielt, befinden sih wohl.

Die Königin und der Kronprinz werden am 11. d. M. die Neise nah Moskau antreten. Der Großfürst Geor von -Nußland ist am Sonnabend Abend von Athen is Brindisi abgereist.

Rumänien.

Die Session der Deputirtenkammer is} bis zum nächsten Sonnabend verlängert worden. Der Senat nahm ein Geseß an, durch welches die Spiritusabgabe auf 6 Centimes erhöht und eine Ausfuhrprämie bewilligt wird.

Serbien.

Zn Belgrad ist es vorgestern zu Excessen seitens der Studenten gekommen. Dieselben verbrannten, wie „W. T. B.“ meldet, Mittags vor dem Denkmal des Fürsten Michael eine von ihnen selbst an Fertegte UnN- garishe Fahne. Der Vorgang spielte f so shnell ab, daß die Polizei nicht Abends zog ein großer Haufe vor das Königlihe Palais, die französische und russishe Gesandtschaft. Sodann wollte derselbe das ungarische Handels-Museum angreifen, wurde aber an diesem Vorhaben durch Gewehrsalven ver- hindert. Einige Theilnehmer wurden verwundet, viele ver- haftet. Der Stadtpräfekt und der Kommandant der Gendarmerie sind anläßlich dieser Vorfälle abgeseßt worden.

Dänemark.

Wegen der sehr ernsten Nachrichten, welche in Kopenhagen über das Befinden des ältesten Sohnes des Herzogs von Cumberland eingetroffen sind, werden, dem „W. T. B.“ zufolge, der Hofball und die Theater-Festvorstellung, welche nläßli@ der Hochzeit der Prinzessin Luise für Mittwoch in Aussicht genommen waren, nicht stattfinden.

einschreiten konnte.

Amerika.

Der Präsident der Vereinigten Staaten Cleveland empfing vorgestern Herrn Jewe ll R E welcher das Ersuchen des Kongresses an den Präsidenten Krüger um Begnadigung des Amerikaners Hammond nach Süd-Afrika überbringen wird. Der Präsident sprach, dem „W. T. B.“ zufolge, seine Hohshäßung für den Präsidenten Krüger und sein Vertrauen in dessen Fähigkeit aus, die Transvaal-Angelegen- heit befriedigend zu erledigen.

Der Senat hat die Flottenverwendungs-Bill, betreffend den Bau von zwei Schlachtschiffen und 13 Torpcedo- booten, angenommen. i

Aus Havanna wird berichtet, daß zwischen den Regierungs- truppen und den Aufständishen zwei Treffen stattgefunden hätten, in denen 40 Jnsurgenten getödtet worden seien. Der General Jnelan habe 1500 Aufständische bei Cacarajuara in der Provinz Pinar del Rio geschlagen und sih cines Forts bemächtigt. Der Verlust der Ausständishen an Todten be- trage 200.

N Eine dem Madrider „Heraldo“ zugegangene Depesche aus Havanna meldet, daß man unter den Aufständischen im mittleren und östlihen Theile von Cuba eine Konzentra- tionsbewegung bemerke, deren Ziel es sei, Maceo zu Hilfe zu kommen. Die Aufständischen führen fort, die Zucker- pflanzungen dur CORLeg zu zerstören. Jn einem großen Theile von Cuba sei die Zuckerernte infolge der Drohungen der Vusfständischen noh nicht beendet worden. Die in Peru ansässigen Spanier sammelten Geldbeiträge, um Kriegsschiffe für Spanien anzuschaffen. ' L

Aus Managua (Nicaragua) wird New-Yorker Blättern berichtet, daß sich die Aufständischen in Leon bedingungslos unterworfen hätten. Die U AN ppen hätten Leon am Sonnabend beseßt. Der Präsident, die Minister und die Generale der Aufständischen hätten das Land verlassen. Der Minister der auswärtigen Nen habe die fremden Regierungen von der Wiederherstellung des Friedens in Kenntniß geseßt.

Asien.

Wie dem „Reuter'shen Bureau“ aus Teheran gemeldet wird, hat Musaffered-din den persischen Thron bestiegen. Die Leiche des verstorbenen Schahs wurde einbalsamiert und wird nah der Ankunft des Schahs vngrle t werden. Der Befehl, durh welhen der Schah dem Großvezir inzwischen die Führung der Staatsgeschäfte überträgt, wurde den

rinzen, Ministern und Beamten bekannt gegeben. Die Fel aid rap via ed-din's wurde in der Großen Moschee durch den Hauptpriester verkündet. Alle Prinzen, Gouverneure und Minister brahten dem Schah ihre Huldigungen dar. Musaffer ed-din antwortete in huldvollster Weise, besonders Masud Mirza, dem ältesten Sohn des verstorbenen Schah.

Der „Times“ wird aus Teheran berichtet, daß Groß - britannien, die Türkei und Rußland den neuen Schah bereits anerkannt hätten ; der leßtere werde binnen 10 Tagen von Täbris in Teheran erwartet.

Ueber das Attentat auf den Schah werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Der Schah hatte in Begleitung des Großvezirs und mehrerer Personen scines Gefolges den äußeren Hof des Wallfahrtsorts, wo er cinem Araber ein Almosen ge- reicht und an einen Wasserträger einige wohlwollende Worte ge- richtet hatte, durchshritten und auch die ersle der beiden Ketten, mit denen der innere Hof abgeschlossen ist, passiert, als der Mörder sich ihm näherte und aus eiter Entfernung von einigen Fuß einen Revolvershuß auf ihn abgab. Der Schah sank in die Kuie, erhob sich wieder, machte einige Schritie und fiel wiederum zu Boden. Der Mörder wurde verhaftet. Der Schah wurde bewußtlos in seinen Wagen getragen und nah dem Palast in Teheran ge- bracht, wo die Aerzte den inzwischen eingetretenen Tod fest- stellten. Nach dem ärztlihen Leichenbefund ist der Tod dem Umstande zuzuschreiben, daß die Kugel in der Herzbeutelgegend zwischen der sechsten und siebenten Rippe eingedrungen war.

Afrika.

Aus Massowah von gestern meldet die „Agenzia Stefani“: der General Baldissera sei mit dem ganzen Operationskorps am Sonnabend in Barachit angekommen. Am nämlichen Tage habe bei- den Vorposten ein Zusammenstoß mit dem Feinde M itgetunden; der für die Jtaliener einen günstigen Ausgang genommen habe. Der Major Salsa, welcher als Geisel den Negus bis in die Nähe des Ascianghi-Sees habe begleiten müssen, habe von dort seine Rückreise angetreten und unter dem 1. Mai Briefe von Amba Zion aus abgesandt, wo er von Nas Mangascha zurückgehalten werde. Ein Telegramm der „Tribuna“ aus Masfssowah von gestern besagt, das italienishe Operations - Korps, welches bei Senafe zusammengezogen war, habe sich in drei Ko- lonnen gegen den Feind in Bewegung gesezt. Die erste Kolonne werde von Barachit vorsichtig direkt gegen Adigrat hin vorgehen; die zweite Kolonne werde von Adiugri aus auf Adua marschieren, während die dritte, von Coatit kommend, die auf Adigrat zu marschicrende erste Kolonne verstärken solle. Der Feind sei bei dem Loe ada-Berge konzentriert, von wo aus er den Weg nach

digrat verlege. Die Haltung der italienishen Truppen sei vorzüglich.

Das Parlament des Kaplandes ist am 1. d. M. mit einer Rede des Gouverneurs Sir Herkules Robinson eröffnet worden, worin das Eindringen einer bewaffneten Macht in Transvaal als dem Völkerreht widersprehend be- eichnet wird; das Ereigniß werde von jedem ehrenhaften An-

Fiedler tief beklagt und habe die bedauerlihsten Folgen gehabt. -

Die Regierung des Kaplandes werde im Vertrauen auf die britishe Regierung Schritte thun, um eine Wieder- holung derartiger Vorgänge zu verhindern, durch welche die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der britischen Kolonie und den benachbarten Staaten stark gefährdet würden. Die Er- J im Matabeleland werde mit der größten Besorgniß etrachtet; er, der Gouverneur, hoffe, daß die Truppen, welche sih auf dem Marsche zum Entsag der belagerten Garnisonen befänden, zeitig genug eintreffen würden, um ernste Verluste an Leben und Eigenthum zu verhindern.

Eine in London eingetroffene amtlihe Depeshe aus Kapstadt meldet, daß die Matabeles sich aus der Nähe von Buluwayo zurückgezogen hätten. Man nehme an, daß sie des Kämpfens müde seien und sich zur Wanderung gegen Norden rüsteten. Eine Abtheilung aus Salisbury,

ei welcher sih Cecil Rhodes befunden, habe einen Trupp Matabeles bei Gwelo geshlagen und 30 derselben getödtet, auf britisher Seite sei kein Verlust zu verzeichnen.

Nach einer Meldung aus Bloemfontein hat der Volksraad des Oranje - Freistaats die Regierung auf- gefordert, den Ober-Kommissar der Kapkolonie zu benachrichtigen, daß der Oranje-Freistaat den mit der Chartered Company abgeschlossenen Auslieferungsvertrag aufkündige, da der Volksraad es ablehne, die Chartered Company als Regie- rung anzuerkennen.

Wie amtlih aus Boma berichtet wird, fand die erste Verhandlung gegen den Hauptmann Lothaire am 22. April statt. Lothaire erklärte, nah der Exekution gegen Ae habe er den Beweis von einem Bündniß Stokes' mit Kibonghe erhalten. Er habe einen Verhaftsbefehl gegen Stokes erlassen, welher in militärisher Eigenschaft wegen Aufregung zum ürgerkrieg an der Spiße einer organisierten Truppe verurtheilt worden sei. Das Verhör Henry's und vier Eingeborener habe ergeben, daß Pulver, Gewehre und Patronen in Kilongalonga vorge- funden und beshlagnahmt worden seien. Jn der Verhandlung am 27. April bestätigten dievernommenen Zeugen alle Erklärungen. Der Staatsanwalt erklärte, Stokes sci niht Soldat gewesen. Der Vertheidiger erinnerte an den Feldzug Englands am Congo. Die Strafbarkeit Stokes* gehe aus der ganzen Verbandlung hervor. Der Vertheidiger zitierte das Zeugniß Lugano’s, des Obersten Colville und des Missionars Pilkington, wies auf den früheren Fall Tyre und Nelson hin, in welchem unter den gleihen Umständen wie im Falle Lothaire die Frei- sprechung erfolgt sei, und beantragte die Freisprehung Lothaire's. Der Staatsanwalt zog die Anklage zurück, worauf die Frei- \sprehung erfolgte.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die Locgenrigen Sißungen des Reichstags und des Herrenhauses befinden si in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (83.) Sißung des e dag, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Pr. von Boetticher und der Staatssekretär des Reichs-Zustizamts Nieberding beiwohnten, stand zunächst gane Inter- pellation der Abgg. Auer (Soz.) und Genossen auf der Tagesordnung :

„Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß der Reichstags- Cgetele Bueb am 25. April 1896 Abends in Mülhausen i. E. verhaftet worden ist? Ist der Herr Reichskanzler geneigt, gegen actenen Beamten, welche die Verhaftung unter Verleßung des Artikels 31 der Reichsverfassung veranlaßt oder vorgenommen haben, die erforderliche \trafrechtlihe Verfolgung zu veranlassen ?*

„Nachdem der Staatssekretär T sih bereit

erklärt hatte, sofort zu antworten, erhielt der Abg. Stadt-

hagen (Soz.) das Wort zur Begründung der Interpellation. Bei Schluß des Blattes dauerte seine Rede noch fort.

Das Haus der Abgeordneten überwies in der heutigen (62.) Sigung, in welcher der Finanz-Minister Dr. Miquel zugegen war, zunächst die Rehnungen der Kasse der Ober-Rechnungskammer für 1894/95 der Rehnungskommission und ging dann gur N des Antrags der Abgg. Dr. Kruse und Dr. Martens (nl.) über: Die Staatsregierung zu ersuchen, in rauer Frist den seit langer Zeit in

ussiht gestellten Gesegentwurf über die Medizina l- reform vorzulegen, welher insbesondere das Verhältniß der Kreisplysiker dahin regelt, daß dieselben, unter Beschränkung ihrer Privatpraxis und entsprehender Erhöhung ihres als pensionsfähig festzuseßenden Gehalts in höherem Maße als bisher den Aufgaben der gerichtlihen Medizin und der öffent- lichen a sih widmen können.

(Schluß des Blattes.)

Kunst und Wissenschaft.

Jn die Zentral-Direktion des Kaiserlichen Archäo- logischen Jnstituts sind Seine Excellenz Herr Graf von und zu Lerchenfeld-Köfering, Königlih bayerisher Ge- sandter zu Berlin, und Ls Professor Dr. G. Körte in Rostock, derzeit Rektor der Großherzoglichen Universität daselbst, als Mitglieder eingetreten.

Die internationale Urheberrechts-Konferenz hat, wie dem „W. T. B.* aus Paris berihtet wird, am Freitag ihre dritte und leßte Plenarsizung abgehalten, bei deren Schluß die Mit- glieder von dem neuen Minister der auswärtigen Anaelegenheiten Hanotaux begrüßt wurden. Die Konferenz wollte heute die Unter- zeichnung der von ihr vereinbarten Zusatzakte zur Berner Konvention vornehmen. Am Sonnabend folgten die Theilnehmer einer Ein- ladung ihres Präsidenten de Freycinet zum Frühstück.

Literatur.

Der bekannte Dichter Julius Sturm is, wie „W.T. B.“ aus Gera meldet, am Sonnabend zu Köstrit, der Stadt, in welche er am 21. Juli 1816 geboren wurde, gestorben. Sturm hat in den Jahren 1837 bis 1841 in Jena Theologie f\tudiert und war ‘dann Jahre lang als Hauslehrer thätig, worauf er Erzieher Seiner Hoheit des Erbprinzen Heinrich X1V. Reuß wurde, den er auch auf das Gymnasium nach Meiningen begleitete. Seit 1851 wirkte Sturm als Pfarrer in dem Walddorf E ösdig bei Schleiz, von wo er 1857 in gleiher Cigenschaft nah Köstriß übersiedelte. Im Oktober 1885 legte er sein Amt nieder und erhielt den Titel als Geheimer Kiren-Rath. Seinen Ruhm verdankt er seinen lyrishen Dichtungen, die so allgemein bekannt sind, daß von einer Aufzählung derselben ab-

csehen werden kann. Noch im Jahre 1894 gab er einen neuen Band Gedichte heraus.

Handel und Gewerbe.

Bei den Abrehnungs stellen der Reichsbank wurden im Monat April d. J. 1 923 097 500 # abgerechnet gegen 1 850259500 4/4 im März d. J., 1809917500 im April 1895, 1 587 898 900 46 im April 1894, 1 683 206 600 im April 1893, 1448149800 # im April 1892 und 1 687 589 500 im April 1891.

Die Wochenübersicht der Neihsbank vom 30. April d. F. weist einen gesammten Kassenbestand von 931465 000 (1895 1 105 336 000) 4 nah, d. i. der Vorwoche gegenüber weniger 17 621 000 (1895 Ab- nahme 7 668 000) A; der Metallbestand allein hat sh um 18 864 000 (1895 Abnahme 3 933 000) A vermindert. Der Wechselbestand zeigt mit 648 445 000 (1895 525 293 000) 4 eine Zunahme um 26 534 000 (1895 Zunahme 30 920000) ( und der Bestand an Lombardforderungen mit 104 699 000 (1895 77 958 000) Æ eine solhe um 13 812 000 (1895 Zunahme 8 774 000) 4; auf diesen beiden Anlagekonten zusammen hat alfo ein Zugang um 40346 000 (1895 39 694 000) M ftatt- gefunden. Auf passiver Seite erscheint der Betrag der umlaufenden Noten mit 1119969 000 (1895 1095 735 000) 4 um 53 900 000 (1895 Zunahme 53 797 000) A höher als in der Vorwoche, und die sonstigen täglih fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) sind bei einem Betrage von 458 731 000 (1895 503 633 090) A um 31 251 000 (1895 Mbnalne 21 746 009) M zurüdgegangen.

Verdingungen im Auslande.

Belgien.

13. Mai, Mittags. Börse zu Brüssel: 60 Eisenbahubrüdcken- waagen mit Häuschen aus Eichenholz in 6 Loosen zu 10 Stück. Kaution : 3000 Fr. per Loos. -

Nächstens. Börse zu Brüssel: Eiserne Drehscheiben von 4,80 m Durchmesser : Loos Nr. 1 und 2 mit je 9 Drehscheiben mit verstärktem A Tages, L008 Nr. 3 und 4 mit je 9 Drehscheiben für Nebengleise. Kaution: 3000 Fr. für je eines der Loofe Nr. 1 und 2 und 2500 Fr. für je eines der Loose 3 und 4.

Egypten.

14. Mai. Finanz-Ministerium, Kairo: Lieferung von 22 000 Metkal (1 Metkal = 4,8 gr) Silberdraht (Gehalt 98), davon 15 000 Metkal vergoldet, zur Stickerei für den heiligen Teppich. Lastenheft und Proben an Ort und Stelle.

Verkehrs-Anstalten.

Dresden, 2. Mai. (W. T. B.) Heute tagte hier unter dem ors des Geheimen Regierungs-Raths Wittih-Berlin eine Ver- sammlung von Vorstandsmitgliedern der deutschen und öfster- reihishen Binnenschiffahrts-Vereine, unter denen \ih Vertreter des Zentralvereins für Hebun der Binnenschiffahrt in Berlin, des Donauvereins in ien, des bayerischen Kanalvereins in Nürnberg, des Kanalvereins für Nieder- hessen in Hannover, des Elbevereins in nus und des sächsishen Schiffervereins in Dresden befanden. Die Konferenz war zum Zweck der Erörterung der Frage anberaumt, das Bedürfniß für periodisch wiederkehrende größere Yann von Schiffahrts- Interessenten zur Besprehung mittelländisher Kanalprojekte (Donau, Oder, Elbe, Main) festzustellen. Nach eingehenden Be- rathungen wurde die Bedürfnißfrage bejaht und der Zusammentritt der betreffenden Vereine zu einem Verbande zur Förderung des Baues von Deutschland und Oesterreich verbindenden afser- straßen beshlossen. Für Ende September d. J. wurde die Abhaltung eines Verbandstages der betheiligten Vereine, sowie der übrigen Zweig- vereine und Schiffervereine des Zentralvereins, auch unter Betheiligung anderer Freunde der Wasserstraßen, beschlossen. Der Zentral- verein in Berlin ift zunähst mit der Leitung der Geschäfte des Ver- bandes beauftragt und Dresden als Tagungsort bestimmt roorden.

Bremen, 3. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Aachen" is am 1. Mai Nachmittags von

New-York nach der “ag abgegangen. Der Postdampfer ,Braun- chweig“ ift am 1. Ma Nacemittags in New- Vork angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Bayern“ hat am 2. Mai Nachmittags die Reise von Port-Said nah Neapel fortgeseßt. Der Damvfer „Wartburg“ hat am 1. Mai Abends Las Palmas passiert. Der NReichs-Postdampfer „Oldenburg“ is am 2. Mai Vormittags in Aden angekommen.

Kronstadt, 3. Mai. (W. T. B.) Der deutshe Dampfer „Wilhelm Oelßner* ist heute hier eingetroffen.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Geftern Abend ging die Komödie „Ein Staatsstreich", welche Axel Delmar frei nah Eugène Scribe's „Minister und Seidenhändler“ bearbeitet hat, mit freundlihem Erfolg in Scene. Der Gegenwart steht das fast vergessene Stück wie eine Novität gegenüber; das großz Publikum nahm es auch wie eine solche mit Erwartung und lautem Beifall auf. Der „Staatsstreich“ gehört zu den eigenartigen Intriguenkomödien, wie sie Scribe, der mehr über einen scharfen Geist und einen feinen, geschliffcnen Konversationston als über den Ausdru lebhafter Empfindungen und heftiger Leidenschaften verfügte, zu schaffen pflegte. Ein historisher Hintergrund kommt der Wirkung des Intriguenspiels besonders zu statten. Die politishen Unruhen in Dänemark, als Struensee auf dem Gipfel sciner Macht stand, bilden den Boden, auf dem mit den Waffen des Geistes und der List um die Herrschaft gekämpft wird. Jn die höfishen Intriguen, die ein feiner Kopf, der alte Graf Ranyau, sicher und überlegen lenkt, werden die Geschide des Seidenhändlers Burkenstaff und seines Sohnes hineingezogen ; den Alten drängen seine Eitelkeit und sein Verlangen, eine politische Rolle zu spielen, den Jungen seine heiße Liebe zur schönen Gräfin Christine in die politischen Händel. Die Wirkung des Stücks beruht mehr noch als im „Glas Wasscr“ auf dem geschickt angelegten und durchgeführten Dialog, und wie der Beifall bewies, erregte er that\ählich das Interesse und die frobsinnige Antheilnahme der Zu- schauer, solange Klugheit und List das Wort hatten. Die empfind- samen Epifoden klangen dagegen etwas gespreizt und erweckten deshalb fein rechtes Mitgefühl. Um die Darstellung machte sih besonders Herr Grube verdient, der als Graf Ranyau mit überlegenem Lächeln und leifer Ironie die Fäden aller lange vor- bereiteten oder von der Noth des Augenblicks geborenen Intriguen leitete. Herr Vollmer brate den Humor, der in der Nolle des eitlen Seidenhändlers steckt, fein und diskcet zur Wirkung. Als verständige Hausfrau und angsterfüllte Mutter fügte sih Frau Schramm dem Zufammenspiel erfreulich ein. Wie ein übermüthiger Kobold lief und sprang Fräulein Manner als Lehrjunge Johann, der nah lärmenden Thaten dürstet, über die Bühne. Dem fehr kärglih und konventionell gezeichneten Liebespaar suchten Frau von Hochen- burger und Herr Purschian wirkliches Leben einzuhauen.

: Deutsches Theater.

__ Zur Feier des fünfzigjährigen Künstler-Jubiläums des Schau- spielers Ludwig Menzel fand gestern eine Mittagévorstellung statt, an der sih fast sämmtlihe Mitglieder des Deutschen Theaters bes theiligten, und in welher Frau Lilli Lehmann-Kalish dur Gesangs- vorträge förderlih mitwirkte. Die Künstlershaar ging mit fröhlichem Cifer ans Werk, dem pflihttreuen und tüchtigen greisen Kollegen seinen N vershönen zu helfen. Zur Aufführang gelangte die alte Nestroy’ se Zauberposse mit Gesang „Lumpacivagabundus oder das liederliche Kleeblatt“ in einer künstlerishen Vollendung, wie sie nur aus der ungetrübten, pietätvollen Schaffensfreudigkeit hervorquellen konnte. Der Märchenzauber mit seinen guten und bösen Geistern, die in den Wolken thronen, wechselte fröhlih ab mit den irdischen Leiden und Freuden des kleinbürgerlihen Lebens, mit dem derben Humor der wandernden Gesellen und den anheimelnden, häus- lihen Scenen aus dem Volke. Der gesunde Geist und der biedere Sinn, die aus dem ganzen übermüthigen Treiben der alten Hand- werkerposse sprechen, üben auch gegenwärtig noch ihre unwiderstehliche

irkung aus. Der Jubilar Ludwig Menzel spielte den ewig durstigen Schuster des „liederlihen“ Kleeblatts, das von Herrn Nittner als derber und gefühlvoller Tishléèr und Herrn Kainz als windiger Schneider Zwirn glänzend vervollständigt wurde. Der große Tragöte Kainz sprang, wie ein Knabe übermüthig, über Tische und Bänke, sang mit lustigem Eifer Handwerker- und Volkslieder und trieb mit Wonne seine ausgelassenen Schneiderspäße ; ihm sekundierten ebenso eifrig alle andern Darsteller, sodaß man zweifelhaft wurde, ob die Freude und der Jubel auf der Bühne oder im Theaterraum größer und stürmischer sei. Die übershäumende Heiterkeit, welche gleih beim Beginn Herr Nissen dur seine burleske Komik in der Rolle des bösen Geistes Lumpacivagabundus geweckt hatte, bielt so während der ganzen Vorstellung ununterbrochen an und geftaltete den ad prwvdes Ludwig Menzel's nit nur für ihn, sondern auch für alle übrigen Theilnehmer zu einem Freudentag. Frau Lehmann- Kalisch sang mit quellender, jugendfrisher Stimme einige Lieder, die stürmischen Beifall hervorriefen. Dem greisen Jubilar wurden zahl- reiche Ovationen und BVlumenspenden dargebracht, für welche er am Schluß der Vorstellung in \{lichten, bewegten Worten seinen Dank

aussprach. f : ___ Lessing- Theater.

Die neue dreiaktige Operette „Waldmeister“ von Gustav Davis, zu welher Johann Strauß die Musik geschrieben hat, fand hier am Sonnabend bei ihrer ersten Aufführung unter der Leitung des Komponisten eine sehr freundlihe Aufnahme. Das Libretto entspric;t im Ganzen den bescheidenen Erwartungen, welche man an die Textbücher der Operetten zu stellen pflegt. Eine einheit- liche Handlung ist kaum vorhanden; dafür wird man dur episoden- hafte lustige Erlebnisse vieler Nebenfiguren entshädigt. Im Vorder- grunde der Handlung, wenn man so sagen darf, stehen die mannigfaltigen Verkleidungsscenen einer Sängerin, Pauline die in den verschiedenen Gestalten die klügsten Leute hinters Licht führt, und namentli einen gelehrten Profeffor der Botanik zu sc;erz- haften Mittheilungen verleitet, durch welche cin romantisher Forst- eleve seine Braut gewinnt, die an einen alten Ober-Forstrath ver- heirathet werden sollte. Dem Text sind zahlreiche Couplets eingefügt, die, wie manhe Wortspiele und witige scenische Wendungen die Lachlust und fröhlihe Stimmung der Zuschauer watriefen. Die Musik läßt den gewandte: und geistyollen Musiker ers kennen, der im „Waldmeister“ freilih mehr durch die zarte Orchestration als dur originellen Melodienreihthum seine Wirkungen erzielt. Das Beste bot, was die kompositorishe Arbeit anbetrifft, der zweite Akt mit einem zierlichen Terzett am Anfang und dem zu einem großen Finale ausgearbeiteten Waldmeisterliede am Schluß. Im leßten Akt herrs{chte das Couplet vor; mit großem tehnischen Gefcick sind die einzelnen Strophen des Couplcts von der Koketterie musikalisch in charakteristischer Stimmung durchgeführt. Die Darstellung konnte in allen Theilen befriedigen. Als Darstellerin der Hauptrolle, der Sängerin Pauline, erschien

rau Kopaczy - Karczag zum ersten Mal in Berlin. Das

igen der Sängerin besitzt keinen großen Umfang, aber einen sym- pathischen Woblklang und läßt erfolgreihe musika g Schulung er- kennen. Der Hauptreiz der Darstellerin liegt aber in ihrem pikanten und anmuthigen, zuweilen sharf pointierten Spiel, das befonders im Terzett des zweiten und im Couplet des dritten Akts stürmischen Beifall fand. Herr Steinberger belebte dur seine groteske, stets

eiterkeit wedckende Komik die Rolle eines ältlihen Pro-- effsors der Botanik. Ein romantisches Liebespaar wurde dur Fräulcin inhardt (Freda) und Herrn Max Monti angemessen vertreten. Dem mit Recht hohgeshäßten Komponisten wurden reiche Blumenspenden zu theil, und ein Tusch erklang ihm zu Ehren am Anfang und am Schluß des Abends.

Schilker-Theater.

Frau Clara Meyer, das Ehrenmitglied des Königlichen Schau- spielhauses, eröffnete am Sonnabend ein Gastspiel in der Titelrolle der Tragödie „Antigone" von Sophokles, die in der Bearbeitung von Wilbrandt und mit der Musik von Felix Weingartnex