1896 / 108 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 May 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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E S na M er A M A

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__ Meine Herren, wenn (es ein anderes Mittel gäbe, den großen Andrang von Aspiranten, unter dem die Justizverwaltung zu leiden hat, zu beseitigen, dann würde ja die Staatsregierung von der Vorlage möglicherweise haben Abstand nehmen können. Ein solhes durh- greifendes Mittel is aber von keiner Seite vorgeschlagen worden, insbesondere niht von seiten der grundsäßlihen Opposition des Hauses. Im wesentlihen kommt hier alles hinaus auf eine Negation, und viel mehr als diese Bedeutung kann ich auch niht dem Antrag Schmieding zuerkennen, der in seiner Jsolierung s\cheinbar einer Verstümmelung des nun zurückgegangenen Antrags Hofmann seine Entstehung verdankt, der aber der Regierung das nicht bietet, was sie nothwendig haben zu müssen glaubt. Jn Verbindung mit dem Antrag Busch würde der Antrag vorausfichtlich der Staats- regierung annehmbar sein. (Heiterkeit links.) Obgleich ih niht in der Lage bin, mich über die heute gestellten Anträge namens der Staats- regierung aussprechen zu können, fo glaube ih do wiederholen zu können, was ich schon in der Kommission gesagt habe, daß die Regierung keineswegs Werth darauf legt, daß § 8 in der vorgeschlagenen Fassung Geseß wird, daß sie aber glaubt, den Gedanken der Vorlage in

anderer Form, die nah jeder Richtung hin alles Kränkende, alle

Spitzen vermeidet, verkörpert zu sehen müssen, wenn die Vorlage an- nehmbar sein - soll. Eine solche andere Gestaltung des Gedankens würde sie, wie ih glaube, in dem von jener (der rechten) Seite ge- ftellten Antrag zu erblicken in der Lage fein.

Die Justizverwaltung ist au fernerhin, wie bisher, bereit, fich der Ausbildung aller derjenigen Herren, welhe das Bedürfniß haben, ih mit Hilfe der Justizbehörden eine abgeschlossen praktisch-juristische Bildung zu verschaffen, zu unterziehen. Wenn aber daraus die Ver- pflihtung der Justizverwaltung erwachsen soll, daß fie alle diese Herren, die vielleiht zu Anfang garnicht in der - Iustiz das Endziel ihrer Laufbahn erblickt, sondern an alle möglichen anderen Verwendungen im Staatsdienst, im Gemeindedienst oder sonst im öffentlihen Leben gedaht haben, wenn aus dieser Erziehung, dur die sie den jungen Herren eine Wohlthat zu erweisen glaubt, für die Justizverwaltung die Verpflichtung hergeleitet werden soll, die Fürsorge für alle diese Herren zu übernehmen, die anderswo nit übernommen werden, dann geht das über das hinaus, was sie zu leisten vermag; einer solhen Verpflihtung wird sie sich dauernd nicht unterziehen können. (Lebhafter Beifall rechts. ' Zischen links.)

Abg. von Tiedemann-Bomst polemisiert gegen den Abg.

Roeren, bleibt aber bei der großen Unruhe des Hauses im einzelnen unverständlih; er empfiehlt {ließlich die Annahme des Antrags

Krause.

Nba. Dr. Dzioro bek (Pole) erklärt sich geaen die Vorlage, bleibt aber im einzelnen infolge der übergroßen Unruhe im Hause unverständlih; er scheint zu bedauern, daß der Minister nichts auf die Angriffe aus dem Anwaltsstande erwidert hat.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Jch habe nur die Schlußworte des Herrn Vor- redners verstanden in dem großen Geräush und daraus entnommen, daß mir der Vorwurf gemacht wird, mi nicht geäußert zu haben über die Bedenken, die aus den Kreisen der Anwalte gegen den § 8 vorgebraht werden. Jch erkenne diesen Vorwurf als begründet an; ih habe versäumt, darüber mih zu äußern, und will das nahhholen.

Ich begreife an sich die Bewegung, die in den Kreisen der An- walte gegen den § 8 entstanden ift. Es ließ sich aus dem Wortlaut desselben und aus der Begründung immerhin in gewissem Grade die Befürchtung herleiten, daß minderwerthige Assessoren in niht er- wünschter Zahl dem Anwaltsstande zuströmen würden. Aber, meine Herren, diese Befürchtung is doch, wie ih glaube, ftark übertrieben, insoweit, als immer nur von der Minderwerthigkeit die Nede ift (sehr richtig! rechts), während das Gefeß davon auêgegangen ift, daß die entbehrlichen und darunter auch die minderwerthigen Afsefsoren von der Berwendung als Richter ausgeshlossen werden sollen. Hier- bei würde voraussichtlich der Durchschnitt der zur Anwaltschaft über- tretenden Assessoren niht viel unter dem Durchschnitte derjenigen stehen, die in dem höheren Justizdienstt bleiben. Aber ic halte überhaupt die Befürhtung für unbegründet, wenn, wie ih hoffe, das Geseg seinen eigentlichen Zweck auf indirektem Wege erreiht, und das ift der, daß die bloße Existenz einer solhen Bestimmung den Andrang zum höheren Justiz- dienst dergestalt mindern wird, daß auch der Anwalts\tand sogar in eine bessere Situation kommt als jeßt. Es wird eine strengere Selbst- prüfung bei der Wahl des Berufes bei jedem Einzelnen eintreten, ob er in der That glaubt, die Eigenschaften in sih zu vereinigen, die ihm die Anwartschaft geben können, .in den Justizdiens aufgenommen zu werden, und voraussihtlich wird eine solhe Prüfung manchen abhalten, fih dem höheren. Justizdienste zuzuwenden, der jeßt meint, er werde das gewünschte Ziel ohne Schwierigkeit erreihen. Das würde auch der Nechtéanwaltshaft nach meiner Meinung zu gute ommen.

Im übrigen werden, wenn die Interessen des eigentlichen Justiz- dienstes mit denen der Rehtsanwaltschaft konkurrieren, für die Rechts- anwaltshaft auf anderem Wege Schußmittel gesucht werden müssen. Es könnte in Frage kommen, ob etwa im Wege der Reichsgesezgebung die Befugniß der Organe des Anwalts\standes zur Zurückweisung un- geeigneter Glemente zu erweitern oder der Zulassung zur Anwaltschaft gewisse Schranken zu ziehen wären. Es ift ja {hon ein Versuch vor- bereitet gewesen nach dieser Nichtung hin, und er is hauptsächlih ge- scheitert an dem Widerstande der überwiegenden Mehrheit des An- waltstandes, die bis dahin jeder Beschränkung der Freiheit der An- waltschaft entgegentrat. Es scheint, als wenn die Stimmung in den Kreisen der Anwalte nah dieser Richtung hin im Laufe der Zeit \sich einigermaßen geändert hätte; ih habe wenigstens Aeußerungen in diesem Sinne von ver- schiedenen Seiten gehört. Es würde aber, wie ich glaube, jeßt zu- nächst Aufgabe der Vertreter der Anwaltschaft sein, geseßgeberische Aenderungen in der angedeuteten Richtung in Anregung zu bringen. Im übrigen, würde, worauf {on Herr Dr. Oswalt hingewiesen hat, auch eine strengere Handhabung der Befugnisse der Ehrengerichte dahin wirken können, daß unlautere Elemente unter allen Umständen vom Anwaltsf\tande ferngehalten würden ; daß hieran auch die Justiz- verwaltung das allergrößte Interesse hat, darüber is kein Zweifel, und daß sie ihrerseits alles thun wird, was dazu beitragen kann, das Eindringen unlauterer Elemente in den Anwaltsftand zu verhindern, das, meine Herren, brauche ich wohl kaum ausdrüdlih zu versichern.

Die Diskussion wird geschlossen.

Es findet nunmehr nt namentlihe Abstimmung über

«

bestimmungen werden vom Minister im Wege des Regulativs erlassen“ streihen und durch den ebenfalls oben erwähnten Antrag Busch erseßen will.

erselbe wird mit 179 gegen 166 Stimmen abgelehnt. Drei Abgeordnete haben sich der Abstimmung enthalten.

Abgelehnt wird ebenfalls der Antrag Schmieding, e welchen allein die Nationalliberalen stimmen; ebenso der Antrag Busch, für welchen die Konservativen und Vie konservativen stimmen, und schließlich auch gegen dieselbe Minorität der § 8 der Regierungsvorlage.

Der Rest des Gesehes wird ohne Debatte angenommen, mit Ausnahme des § 11, dessen Streihung die Kommission beantragt Wi und der nah der Ablehnung des § 8 hinfällig geworden ijt.

Es folgt die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Geseßes, betreffend die Errich- tung einer Zentralanstalt zur Förderung des ge: nossenschaftlihen Personalkredits. Derselbe wird ohne Debatte angenommen.

Schluß gegen 4 Uhr. Nächste Sißung Mittwoch 11 Uhr. (Sekundärbahnvorlage.)

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Nuhr sind am 5. d. M. gestellt 11 681, niht rechtzeitig geftellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 4. d. M. gestellt 4280, nicht recht:- zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs8-Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 4. und 5. Mai die nahbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Quizowstraße 116, dem Bauunternehmer August Kunow ge- hörig; Fläche 3,27 a; mit dem Gebot von 72 000 Æ blieb der Rentier Ed. Rickmann, Siemensstraße 4, Meistbietender. Lieben - walderstraße 39, dem Tischlermeister Ful. Grunow gehörig; lähe 12,25 a; Nutungswerth 14550 (A; Meistbietender blieb der Rentier Carl Lippelt, Marienburgerstraße 1, mit dem Gebot von 152 900 A Soldinerstraße, Parzelle 16, dem Maurermeister Ferdinand Gräbendorff gehörig; nee 10,20 a; Nußungs- werth 11 990 4; Meistbietender blieb der Kausmann Max Mübdlen- thal, Schiffbauerdamm 29, mit dem Gebot von 172 400 M Beim Ks niglichen Amtsgericht 11 Berlin ist das Ver- fahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Tegel, Band 9 Blatt Nr. 280, auf den Namen des Architekten Witt zu Berlin eingetragenen, zu Tegel angeblih an der Brunowstraße 22 belegenen Grundstücks aufgehoben worden. Der auf den 15. Mai d. F. anberaumte Versteigerungstermin sowie der auf den 20, Mai d. J. anberaumte Termin zur Ertheilung des Zuschlags sind auf- gehoben. Das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grund- buche von Friedenau, Band 8 Blatt Nr. 714, auf den Namen des Gastwirths Wilhelm Grube eingetragenen, zu Friedenau, Stubenrau(hstraße 20, belegenen Grundstücks ift aufg ¿V oben Die Termine am 5. Mai und 9. Mai d. I. fallen fort.

Ihn der heutigen ordentlichen Generalversammlung der Aktien- gesellshaft für Montanindustrie wurden die Anträge der Verwaltung genehmigt, die Dividende auf 89/9 festgeseßt und die Mitglieder des Aufsichtsraths wiedergewählt.

Die gestern in Dortmund abgehaltene Generalversammlun der Aplerbecker Bergbau-Gesellshaft (Zeche Müärgaréthn) elte, wie die „B. B.-Z.* berichtet, die fofort zahlbare Dividende auf 5 9/0 fest und wählte die ausscheidenden Mitglieder des Verwal- tungsraths wieder. :

Das 4. (April-) Heft der „Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes 1896", welche unter der Redaktion des Professors Dr. A. Slaby im Verlage von Leonhard Simion in Berlin erscheinen, bringt folgende Abhandluug: Die Unfall- versiherung des Deutschen Reichs in ihrer Ginwirkung auf die deutsche Industrie. Von Professor Konrad Hartmaun, Regierungs - Rath im NReichs-Versicherungsamt. Dem Heft beigelegt is der Sißungs- beriht vom 13. April 1896 mit folgendem Inhalt: Vereinsnachrichten. Ueber Brände im preußishen Staat, ihre Ursachen und Abwehr. Nachtrag zum Bericht über die Sißung vom 2. März 1896.

Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“, welches von der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart herausgegeben wird, hat in der Nr. 18 vom 2. Mai d. J. folgenden Inhalt: Dienstnachriht. Bestellung eines neuen Verwalters der Steinbeis-Stiftung. Ergebnisse der Verwaltung der Steinbeis- Stiftung. Ergebnisse der Verwaltung des gewerblichen Stiftungs- fonds. Berlegung des Zeichenunterrihts auf Werktage. Ueber Sanurge Handel und Verkehr im Jahre 1895. Verschtedene

ittheilungen. Gewerbliche 2c. Rezepte. Ausftellungswesen. Mittheilungen aus dem Vereinsleben. Neues im Lesezimmer. Gebrauchsmuster. Neue Erwerbungen für die Bibliothek der Kgl. entralstelle für Gewerbe und Handel. Aus dem Lesezimmer der

gl. Zentralstelle.

Königsberg, 5. Mai. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen träge. Roggen unverändert, pr. 2000 Pfd. Zollgewiht 105—106. Gerste ruhig. Hafer behauptet, do. loko pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 112. Weiße Erbsen pr. 2000 Pfd. Zollgewiht 108,00. Spiritus pr. Ee 100 9/9 loko 32,10, do. pr. Mai 32,40, do. pr. Herbst

Danzig, 9. Mai. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen [oko unverändert, Umsay 150 t, do. inländ. hohbunt und weiß 151, do. inländ. hellbunt 149, do. Transit hohbunt und weiß 115, do. hellbunt 113, do. Termin zu freiem Verkehr pr. Mai-Juni 144,50, do. Transit pr. Mai-Juni 110,50, Regulierungspreis zu freiem Verkehr 151. Roggen loko s{wächcer, inländischer 107 do. russischer und polnischer zum Transit 72, do. Termin pr. Mai-Juní 110,50, do. Termin Transit pr. Mai - Juni 76,50, do. Negu- lierungspreis zum freien Verkehr 108. Gerste, große (660—700 Gramm) 114. Gerste, kleine (625—660 Gramm) 105,00. fer, inländischer 104,00. Erbsen, inländishe 108,00. Spiritus loko kontingentiert. 52,00, nit kontingentiert 32,50.

Breslau, 5. Mai. (W. T. B.) Getreide- unt

Mats Spiritus pr. 100 1 1009/6 exkl. 50 4 Ver- rauhsabgaben pr. April 51,30, do. do. 70 4A Verhbrauchsabgaben pr. April 31,50. Ae IUrG 5. Mai (W. T. B.) Zuckerbericht. Korn- zuder exkl, von 92% —,—, Kornzucker exkl. 889% Rendement —,—, Nachprodukte exkl., 7159/9 Rendement 10,00—10,70. Ruhig. Brotraffinade T 25,25. Brotraffinade II1 25,00. Gem. Raffinade mit Faß 24,75—25,25. Melis 1 mit Faß 24,50. Ruhig. Rohzucker 1. Produft Transito f. a. B. s pr. Mai 12,45 Gd., 12,47è Br., pr. Juni 12,62x bez. und Br., pr. Juli 12,72} Gd., 12,75 Br., pr August 12,825 Gd., 12,85 Br., pr. Oktober-Dezember 11,85 Gd., 11,874 Br. Nud eng,

Leipzig, 5. Mai. G T Kammzug-Terminhandel. La Plata. Grundmuster B. pr. Mai 3,225 #4, pr. Juni 3,274 X, pr. Se 3,274 4, pr. August 3,30 6, pr. September 3,30 , pr. Oktober 3,30 4, pr. November 3,324 4, pr. Dezember 3,324 4, pr. Januar 3,35 , pr. Februar 3,35 4, pr. März 3,374 s, pr. April 3,377 4 Umsay : 40 000 kg. Ruhig.

Bremen, 5. Mai. (W. T. B.) Börsen -Schluß- Bericht. Raffiniertes Petroleu m. (Offizielle Notierung der Bremer etroleum-Börse.) Ruhig. Loko 5,70 Br. Rufsisches Petroleum.

den Antrag Krause statt, der von dem oben erwähnten Antrag

oto 5,50 Br. chmalz. Fest. Wilcox 274 H F, Armour shield

Schmieding die leßte I Die i Ausführungs- 13

264 .§, Cudahy 274 A4, Choice Grocery 274 „4, White label 27 clrioato 25 A. Sve. . Short 4e middling loko Á : eis. Abgeber zurückhaltend. Kaffee fest. Baumwolle anziehend.

Upland middl, loko 413 4. Wolle. Umsay 189 Ballen. Taback..

206 Seronen Carmen, 540 Packen Sumatra.

Hamburg, 5. Mai. (W. T.

Weizen loko ruhig, holsteinisher loko neuer 153—154. Roggen loko rubig hiesiger —, mecklenburger loko neuer 127—130 russischer loko ruhig, 80—82. Hafer ruhig. Gerste ruhig. Rübsl (unverzollt) fest, loko 473. Spiritus fehr till, pr. Mai-Juni 164 Br., pr. Juni-Juli 167 Br., per August-September 174 Br., per September- Oktober 172 Br. Kaffee fest. Umsay . 4000 Sack. Petroleum till, Standard white loko 5,70.

Kaffee. (Nachmittagsberiht.) Good average Santos yr. Mai 683, pr. September 644, pr. Dezember 60, yr. März 594, Behauptet. Zudckermarkt. D; o U Rüben - Rohzucker I. Produkt Basis 88 9/0 Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Mai 12,423, pr. Juni 12,55, pr. Auguît 12,75, pr. Oktober 11,92, pr. Dezember 11,874, pr. März 12,06. Matt. j

London, 5. Mai. (W. T. B.) Wollauktion. Preise un- verändert. j

96 % Javazucker 14 ruhig, Rüben-Rohzudter loko 127/16 ruhig. Chile-Kupfer 453, pr. 3 Monat 451/16.

London, ò. Mai. (W.T. B.) Naeh einer Depesche des „R. B.“ aus Shanghai wird sich M Ras nah der Moskauer Krönungs- feier an die Höfe der Vertragsmächte begeben, um die Regierungen zu veranlassen, in einè fünf bis achtprozentige Erhöhung der ad valorem-Sölle in den Vertragshäfen Chinas zu willigen.

6. Mai. (W. T. B) Wie die „Times“ meldet, werden Freitag ungefähr vier Millionen Pfund Sterling von der chinesischen O auf das Konto Japans bei der Bank von England eingezahlt. /

Liverpool, 5. Mai. (W. T. B.) Baumwolle. Minas 10000 B., davon für Spekulation und Export 500 B. Fest. Amerikaner 1/32 höher, Egypter brown good fair 61/16. Middl. amerikanishe Lieferungen: Sehr stetig. Mai-Juni 41/32—4%8/64 Verkäuferpreis, Juni-Juli 45/16—42/64 do, Juli-August 41/4 Käuferpreis, August-September 44 do., September-Oktober 49/64 Ver- fäuferpreis, Oktober-November 43/64 do., November-Dezember 41/64 do., Dezember- Januar 41/64 do., Januar-Februar 4!/64—41/32 do., Februar- März 41/33—43/64 d. do.

Manchester, 5. Mai. (W. T. B.) 12r Water Taylor öt, 30r Water Taylor 7}, 20r Water Leigh 64, 30r Water Clayton 7#, 32r Mock Brooke 7, 40r Mayoll 7#, 40r Medio Wilkinson 8, 32r Warpcops Lees 62, 36r Warpcops Rowland 7, 36 Warpcorps Wellington 78, 40r Double Weston 8F, 60r Double courante Qualität 118, 32" 116 yards 16 X 16 grey Printers aus 32r/46r 159, Stramm.

Paris, 5. Mai. (W. T. B.) (Schluß.) Rohzucker ruhig, 8809/6 loko 324 à 324. Weißer Zucker ruhig, Nr. 3, pr. 100 kg, pr. Mai 322, pr. Juni 323, pr. Juli-August 33F, pr. Oktober: Januar 32}.

St. Petersburg, 5. Mai. (W. T. B.) Von der General- versammlung der Aktionäre der Wolga-Kama-Kommerzbank wurde die Abrechnung für 1895 genehmigt. Der Reingewinn beträgt 4 009 474 Rbl. Nach statutenmäßiger Vertheilung der Tantiömen verbleiben zu Gunsten der Aktionäre 3 052 192 Rbl. Hiervon kommen zur Vertheilung 2 720 000 Rbl., d. h. 68 Rbl. Dividende gui die Aktien. 332 192 Rbl. werden der Reserve - Dividende zugeschlagen. Die Gründerantheile nehmen am Gewinn mit 83 056 Rbl. theil. Hiernach erreiht das Reservekapital den Betrag von 3 947 508, die Reserve-Dividende von 2 007 095, das Amortisationskapital der Im- mobilien von 584093, die Gesammtsumme der Reserven von

6 538 696 Rbl. ¿ Amsterdam, 5. Mai. (W. T. B.) Java-Kaffee good Einnahmen der

ordinary 514. Bancazinn 363. :

Duell, 9 Dia V. C 2) Die l Prinz Heinrih-Bahn betrugen in der dritten April - Dekade: aus dem Bahnbetriebe 93 991 Fr., aus den Minen 10915 Fr., Ge- sammteinnahmen 104 906 Fr.,, Mindereinnahme gegen die vor- Be E im entsprehenden Zeitraum des vorigen Jahres

T

Icew-York, 5. Mai. (W. T. B.) Die Börje eröffnete träge und {loß nah Beibehaltung der trägen Stimmung ruhig. Der Umsay in Aktien betrug 102000 Stü.

Zur Ausfuhr am Donnerstag, den 7. d. M., find 1 500 000 Dollars Gold bestellt. i ;

Weizen seßte zwar bei Beginn des Markts mit gestrigen S{hlußkursfen ein, gab aber bald infolge günstiger Ernteberihte und Verkäufe für auswärtige Nehnung im Preise nah. Die Veröffent- lihung der Broadstreetsberichte brachte jedo eine allgemeine Befferung, und man neigte der Ansicht zu, daß die Aufwärtsbewegung si nun- mehr s\tetig fortentwickeln werde. Von der Richtigkeit dieser An- nahme, die in umfangreihen Deckungskäufen lebhaft zum“Ausdruck fam, waren auch die Baissiers überzeugt. Infolge: der vermehrten Nachfrage zogen die Preise weiter an, um so mehr als mit diesen Käufen Meldungen über ungünstige Ernten Hand in Haud gingen. Gegen Schluß wurde jedoch die Preissteigerung durch Gewinn- realisierungen ausgenußt, durch welhe wieder eine Abshwächung herbeigeführt wurde. —, Mais anfangs steigend; später trat Reaktion ein. Der Markt wurde durch die Bewegungen des Weizens beherrscht. l !

Waarenbericht. Baumwolle - Preis in New - York 83, do. do. in New-Orleans 7}, Petroleum Stand. white in New-York 6,95, do. do. in S 6,90, do. rohes (in Cases) 7,85, do. Pipe line Certif. pr. Mai 1223, Schmalz Western fteam 5,05, do. Nohe & Brothers 5,30, Mais pr. Mai 343, do. pr. Juni —, do. pr. Juli 352, Rother Winterweizen 74, Weizen pr. Mai 69, do. pr. Juni 69, do. pr. Juli 69, do. pr. September 697, Getreide- fraht nah Liverpool 24, Kaffee fair Rio Nr. 7 135, do. Rio Nr. 7 pr. Juni 12,75, do. do. pr. August 12,10, Mehl, Spring-Wheat clears 2,50, Zucker 33, Zinn 13,40, Kupfer 10,80.

Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Be betrug 7 045 439 Doll. gegen 7785 331 Doll. in der

orwoche.

Weizen -Verschiffun gen der leßten W von den atlanti- chen Häfen der Vereinigten Staaten nah Großbritannien 37 000, do. nach Frankreih —, do. nah anderen Häfen: des Kontinents 12 000, do. bon Kalifornien und Oregon nah Großbritannien 17 000, do, nah anderen Häfen des Kontinents Qrts.

hicago, 5. Mai. (W. T. B.) Günstiges Wetter und leb- hafte Verkäufe sowie die Zunahme der Eingänge wurden die Veran- lassung, daß Weizen anfangs eine wesentlihe Einbuße erlitt. Nur den Käufen der großen Spekulanten, die b den niedrigen Preisftand zu Nutze machten, war es zu danken, daß gegen Schluß wieder eine F eintrat. Mais eröffnete stetig und {loß, da keine be- sondere Anregung vorlag, fest. :

Weizen pr. Mai 61, do. pr. Juni 61}. Mais pr. Maî 283. Schmalz pr. Mai 4,77, do. pr. Juni 4,87. Sped short clear 4,25, Pork pr. Mai 7,92.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 6. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Fulda“ hat am 4. Mai Abends die Reise von Gibraltar nah Neapel fortgeseßt. Der Dampfer „Lôöwen- burg“ hat am 4. Mai Nachmittags die Reise von Oporto nah Pana fortgeseßt. Der Schnelldampfer „Kaiser Wil helm II.“ at am 5. Mai Vormittags Punta Delgada passiert. Reichs-Postdampfer „Prinz Heinrich" hat am 5. Mai Vormittags die Reise von Genua nah Neapel [ortgefeyt. Der Reichs-Pofl- dampfer „Preußen“ ift am 5. Mai Morgens in Antwerpen angekommen.

B.) Getreidemartt:.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

6 108.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Neichenbach (Schlesien) wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet : Der Vermittelung des Gewerbe - Inspektors Töpert ist es gélungen, den Ausstand der Weber beizulegen. (Vgl. Nr. 105 d. Bl.) 1200 Arbeiter nahmen am Montag -näch erfolgter Lohnzulage die Arbeit wiédex auf.

In Letpzig: wurde, wie die „Lpz: Ztg.“ berichtet, in einer Ver- sammlung der Tischler am Montag die Zahl der ausständigen Berufsgenossen auf 400 angegeben. In einer Versammlung der Schmiedegehilfen wurde am Dienstag mitgetheilt, daß 207 Schmiede aus\tändig waren.

In Mülhausen i. E. traten am Montag etwa 100 Baus- handwerker in den Ausstand ein. Inzwischen hat die Bewegung zugenommen, sodaß in der „Frkf. Ztg.“ die Zahl der ausständigen Maurer und Zimmerleute für den gestrigen Tag mit 300 an- geführt wird.

ier in Berlin sind am Montag oie Former und Gießer aus fünfzehn Berliner Werkstätten in den Ausstand eingetreten, weil sie am Sonnabend: wegen unberechtigten Fernbleibens von der Arbeit am Freitag entlassen worden waren (vgl. Nr. 106 d. Bl.). Die Fabrikanten zeigten sich, der „Voss. Ztg.“ zufolge, geneigt, die Ent- lassenen nah drei Tagen, also am Dienstag, wieder einzustellen. U einer Versammlung der Entlaffenen wurde jedoch beschlossen, die Arbeit am 6. Mat nur dann wieder aufzunehmen, wenn für die Arbeitsruhe volle Entschädigung gezahlt und der 1. Mai 1897 als Feiertag vort den Fabrikanten anerkannt würde. In der Luxuspapierfabrik von E. Wunf@) haben, wie. im „Vorwärts mitgetheilt wird, die Präger und Pa die Arbeit niedergelegt. :

In Mastricht bra, wie der „Köln. Ztg.“ unter dem 4. Mai geshrieben wird, unter den Glasarbeitérn ein Ausftand aus, wobei Ruheftörungen vorkamen.

In Verviers haben die Fabrikbesißer ein Anschreiben an die Arbeitskommission der ausständigen Weber gerichtet, in dem sie zwar das Zweistuhlsystem unbedingt aufrechthalten, aber den Arbeitern gewisse Zugeständnisse nicht versagen. Sie ersuchen, wie der „Voss. Ztg.“ mitgetheilt wird, die Aus\tändigen, üohmals die Sachlage zu prüfen, da die Lage der Arbeiter dur das neue System nur verbessert werde. Die Ausständigen haben, wie bêr „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, am Montag beschlossen, den Ausstand. fortzuseßen, da die Vor- \chläge der vereinigten Fabrikanten ihnen nicht genügen.

Literatur.

Acta Borussica. Denkmäler der preußi|chen Staats- verwaltung im 18. Jahrhundert, herausgegeben von der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Die einzelnen Gebiete der Verwaltung. Géetreidehandelspolitik. Erster Bänd: Die Getreide- handelspolitik der europäishen Staaten vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, als Einleitung in die preußishe Getreide- handelspolitik. Darstellung von Dr. W. Naudé. Berlin, Verlags- buchhandlung Paul Parey. Preis 11 A

Die Literatur der Geschichte der Getreidehandelspolitik bot bisher nur vereinzelte Anfänge, monographishe Untersuhungen über wenige Staaten und Epochen, jeder Ucberblick über das Ganze aber fehlte. Jeßt, wo die Königliche Akademie der Wissenschaften“ die Herausgabe der Akten der preußishen Getreidehandelöpolitik im 18. Jahrhundert in Aus- iht genommen und den Dr. Naudé mit dem-hierfür erforderlihen Vor- bereitungen beauftragt hat, erschien ein folher Ueberblick, eine ein- leitende Darstellung über die Getreidehandelspolitik der europäischen Staaten vóm 13.- bis zum 18. Jahrhundert..um fo wünshenswerther, als nur auf diesem Hintergrunde und im Vergleih mit den Nachbar- staaten die preußische Getreidehandelspolitik im 18. Jahrhundert und die Bestrebungen Friedrih?s des Großen gus verstanden und gewürdigt werden können. So hat es denn Dr. Naudé unternommen, das în Archivalien, Akten- und Quellenpublikationen, Urkundenbüchern, Ge- T eO handels- und wirtb\chaftspolitishen Schriften weit zer- treute Material fkritisch zu sichten und zusammenzufassen, und bietet auf Grund desselben zum ersten Mal eine eingehende, den großen Zusammenhang und die großen Verschiedenheiten in der Geschichte der Getreidéhandelspolitik der éutopäishen Staaten auf- deckende, die ganze Entwickelung von der flädtishen zur territorialen und staatlichen Politik, ten Unterschied zwishen einem Staat wie pra, mit seinem mächtigen Zwischenhandel, einem großen industriellen Binnenlande. wie Frankreich und einem. Getreide exportierenden Seestaat, wie e England von 1689 bis 1760 war, {arf fkennzeihnende und klar darlegende Darstellung der Ge- treidehandelspolitik der europäishen Staaten von bedeutendem historishen und \taatswissenshaftlihen Werthe. Behandelt find ins- besondere die Getreidehandelspolitik Athens und Roms, die Karl’s des Großen, die der deutshen Städte im Mittelalter, die französische, engli)che, italienische (in Florenz, Mailand, im Kirchenstaat, in Neapel, Sizilien, Venedig, Genua, Piemont und Toscana), die spanische, portugiesische, die der Hansa und des Deutschen Ordens, die holländische, dänische, shwedishe und russische Getreidehandelspolitik. Es foll hier niht im Auszuge wiedergegeben werden, was in vollem Umfange ge- lesen zu werden verdient. Niemand, der sich für die wirth- \chaftliche Entwickelung Deutschlands interessiert, wird dieses Buch ohne reihe Belehrung aus der Hand legen. Nach- dem in Nr. 98 des „Reichs- und Staats-Anzeigers", Erste Beilage, bereits ein Ueberblick über die Geschichte der englishen Getreide- handelspolitik gegeben und namentlißh das Ausfuhrprämiengeseßz Wilhelm's 111. von 1689, welches einen Markstein in der Geschichte der Volkswirthschaft und Getreidehandelspolitik der europäischen Völker bildet, gewürdigt worden ift, sollen hier nur einige Kernfragen

der französischen und holländishen Getreidehandelspolitik kurz be-

\sprochen werden. E n Frankrei, wo, wie in Deutschland und anderen Ländern, im

ganzen Mittelalter der Getreidehandel rein \tädtisch organisiert war, wo noch im 16. Jahrhundert Provinz gegen Provinz in territorialer Engherzigkeit fih die Kornzufuhr absperrte und die Frei- heit des interprovinzialen Getreidehandels, die Vorausseßung einer staatlihen Getreidéhandelspolitik, erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts für einen Theil des heutigen Frankreih proklamiert wurde, begann mit der Thronbeste g ete IV. (1589) und in noch höherein Maße, nahdem Sully Minister und Rathgeber des Königs geworden war, ‘eine planmäßige Begünstigung des Aderbaues und Er e der Getreideausführ. Auf zwei Reisen, die er 1596 und 1598 dur

anz Frankrei unternommen, hatte Sully die Meinung bei fi be- test t, däß der Reichthum Frankreihs ganz und gar auf feiner Land- wirthschaft beruhe, und daß der Ackerbau nur blühen könne, wenn man ihm genügenden Absatz für feine Erzeugnisse eröffne. In einem be- kannten Worte erklärte er den Ackerbau zusammen mit der Viehzucht für die beiden Bxüste, von denen Frankreich sich nähre. Demgemä

wurde die Freiheit der Getreibeausfuhr- proklamiert und auf ank rank- reih ausgedehnt, zugleih ünter Aufhebung gewisser Zollaufschl 0 die außer- den althergebrahten Zöllen biöher noh auf der Ausfuhr lasteten. Zur Zeit Heinrich's IV. war infol y t L vielleiht das wichtigste Ausfuhrprodukt Frankreichs ; es wird bei der Ausfuhr an erstéx Stelle genannt, und nah ihm ernt folgen Wein, Salz, Safran, Seide, Holz, Papier, Vieh u. |. w. Die fünfzig Jahre vom Tode Heinrichs 1V. bis zum Eingreifen Colbert?s

olgedessen das Getreide eines der

Berlin, Mittwoch, den 6. Mai

(1610—1661) waren eine Zeit, in der die Ideen Sully's noch fort- wirkten und-die Wirthschaftspolitik des-Staats beeinflußten. Freilich unterlag die Einheitlichkeit des Systems nunmehr häufigeren Er- \chütterungen Heinrich's der Fall gewesen war. Namentlich mit der Staatsverwaltung Richelieu?s (1624— 1642) und noch mehr mitder Mazarin's (1642—1661) vegany {on der Verfall der französishen Agrikultur. Die haupt- säblih auf der Landwirtb\chaft lastenden Steuern wurden immer mehr emporges{hraubt und machten beim Tode Nichelieu's bereits 4/5 aller Staatseinkünfte aus. Noch s{chlimmer gestalteten sich die Zu- stände, als die Steuern von Staatswegen verpachtet wurden und das Volk den Steuerpächtern ausgeliefert war. Die ungünstigsten Folgen dieser Finanzpolitik lagen beim Tode Mazarin's allerwärts zu Tage. Die französishe Landwirthschaft war ruiniert. Ganze Provinzen lagen verödet da, thre Landbevölkerung war in Massen in die großen Städte geströmt. Die Getreideproduktion hatte abgenommen; der kleine Landmann hatte, überschuldet, dem Grofßgrundbesißer weichen und zu Schleuderpreisen seinen Besiß veräußern müssen. Das war der Zustand, in dem Golbert die französische Landwirthschaft und- den französischen Getreidehandel. vorfand, und es legt hohes Zeugniß ab für den \taatësmännischen Geist dieses Mannes, daß er den Naätionalreihthum und die wirthschaftlißhe Kraft M nicht mehr in dem verfallenen und verwahrlosten Aer- au, fondern in der einer hohen Blüthe fähigen Industrie und in der Ausbreitung des Exports französischer Manufakturwaaren erblickte. Die Colbert’she Getreidehandelspolitik hat bisher viel Diiß- deutung und falshe Beurtheilung erfahren, au feitens der französischen Er und Nationalökonomen, die neben manchem Lob, das sie ihr spenden, doch am Ende zu einem recht abfälligen Urtheil kommen. Naudé giebt in dem vorliegenden Werk zum ersten Mal ein anschau- lihes und getreues Bild der Colbert’s{en Maßnahmen, legt die Tendenzen und Ziele des großen Staatsmannes klar und richtig dar und wird seiner Getreidehandelspolitif zum ersten Mal in allen Stüden gerehcht. Jn dem rastlosen Kampfe, den Colbert führte, um der französischen Industrie vor der englishen und vor der holländischen den Weltmarkt zu erobern, war es für die französishe Industrie von Wichtigkeit , mit billigen Löhnen arbeiten zu können; die erste Vorausseßung niedriger Löhne aber war, daß ih der Arbeiter sein C das Getreide, zu wohlfeilen Preisen im Jn- ande kaufen fkonnte. Daher das Bestreben (Folbert’'s, auf die Getreidepreise einen Druck auszuüben, jedenfalls die Herrschaft über sie nicht zu verlieren. Von einer prinzipiellen Abneigung Colbert's egen den Akerbau ist keine Rede: der Minister hat ihn tin mannig- Ler Weise zu heben versucht, vor allem durch Herabsetzung der auf der E lastenden Steuern. Ebensowenig kann davon die Rede sein, daß Colbert unter allen Umständen und zu jeder Zeit die. Getreideausfuhr gehindert hat: in Jahren des Ueberflusses ' hat er sie zu Gunsten des Landmanns willig und gern erlaubt ; ja, zeitlih gemesen: überragt die zollfreie Getreideausfuhr die Sperre um ein

rheblihes. Wohl aber hat der Minifter die Ausfuhr beständig reguliert und sie in der Regel nur den getreidereihen Provinzen er- laubt. Bestärkt wurde Colbert in seiner vyorsichtigen, den freien Handel zügelnden Politik durch den schnellen Wechsel übervoller Ernten und starker Mißwachsjahre, die er erlebte: Die Politik Col- bert’'s muß aber noch unter einem anderen Gefihtspunkt betrachtet und gewürdigt werden. Die vielen Kriege, die Ludwig XIV. führte, die großen Truppenmengen, die im Lande garnifonierten, die Magazin- verpflegung im fee fie forderten gebieterisch ein Zurückhalten der Getreideüberschüsse im Inland, und dies um fo mehr, als Colbert nicht dazu gekommen ist, in der Art, wie es im 18. Jährhundert Friedrich Wilhelm 1. und Friedrih der Große für Preußen thaten, ständig große Kornmagazine in allen Provinzen zu unterhalten, aus denen nicht: nur das stehende Fe verpflegt, sondern auch den Städten und dem platten Lande in Nothzeiten geholfen werden konnte. Ebenso unbefangen und erhaben, wie über die im Getreidehandelsverkehr an- gewandten Prohibitivmaßregeln, dachte der weitblickende Staatsmann übrigens auch über seine industriellen Schußzölle. Bekannt is däs Wort, das der Minister einmal der Stadt Lyon s{hrieb: Die Fabri- fanten der Stadt thäten gut daran, die Begünstigungen, die er ihr-er Industrie gewähre, nur als Krücke zu betrahten, mittels deren se lernen sollten, später allein zu marschieren. Kaum war Colbert, der die net Ua eihe Einigung Frankreichs an- gestrebt hatte, ins Grab gesunken, so tauhten auch \chon die provinziellen Gesichtspunkte wieder auf. Sperren von einem Landes- theil gegen den andern wurden im 18. Jährhundert wieder gang und gäbe. Die Industrie wurde nunmehr für Frankreich als das \{chlechthin Bessere proklamiert gegenüber der Landwirthschaft und ihr jeßt jene grenzenlose Bevorzugung auf Kosten des andern Produktionszweiges eingeräumt, die man gemeinhin fälschlich {hon dem großen Minister Ludwig's X1V. zuscchiebt. Um die Mitte des 18, Jahrhunderts fanden zwar die Ideen, die die englishe Getreidehandels- politik beherrshten, mehr und mehr auch in die maßgebenden Kreise Frankreichs Eingang. Die Schule der Physiokraten forderte Freiheit des Getreidehandels im Innern und nah außen ; eine Deklaration von 1763 gestattete den freien Transport des Ge- treides von einer Provinz in die andere, und 1764 wurde auch die Getreide-Aus- und Einfuhr gegen Erstattung des geringfügigen Zolles von 19/9 des geltenden Werths für ge erflärt. Aber zum Unglück für die Vertheidiger der freien Ausfuhr folgten sih von 1766 an mehrere s{chlechte Ernten nacheinander, und 1770 hielt das Prohibitiy- system von neuem seinen Einzug in Frankreih. Es nüßte auch nichts, daß die Berufung Turgot's zum General - Kontroleur der Finanzen (1774) einen Umschwung in der Getreidehandel3- politik Frankreihs herbeiführte, daß dieser, ein Anhänger der physiokratishen Ideen, alsbal einen Beschluß des Staatsr1ths bewirkte, der die Deklaration von 1763 wieder in Kraft fette, und während der kurzen Dauer seines Ministeriums (bis 1776) die Freiheit des interprovinzialen Getreidéhändels aufreht erhielt. Erst die Zat n oer Ung, deg franzöfishen Revolution spra in der Angelegenheit das leßte Wort und erklärte durh Beschluß vom 29. August 1789 den Handel mit Getreide im Innern Frankreichs für frei, und 1791 verwirklihten {ich aus. die großen Entwürfe Colbert?s: Alle Zölle wurden aus dem Innera Frankreihs an die Grenzen vér- legt. So A es Jahrhunderte langer Kämpfe, um Frankreith

aus den Fesseln städtisher und territorialer Getreidehandelspolitifk -in-

eine staatliche Handelspolitik überzulenken. : :

Weit freier, als-die-französische und-die-englische Getreide-Handels- politik, war die der Holländer, der Träger und Vermittler eines in großem Maßstabe betriebenen Austausches ac er Er- eugnisse im 17. und 18. Jahrhundert, der hauptsächlih zwischen ‘dem

ordosten Europas und den Ländern des Mittelmeeres hin- und her- ging, und der in einzelnen Jahren ungeheure Massen von Getreide in Bewegung seßte. Amsterdam als Zwischenhandelsplat, Danzig als Hauptexporthafen des. polnischen Getreides waren die Brenn- punkte dieses Handels; ihre Preise und Usancen waren für alle Be- theiligten maßgebend. In Amsterdam wurde 1617 eine Getreidehörse errichtet, wo fich die Kornhändler von halb Guropa gnnentalden, um ihre Unternehmungen zu berathschlagen und ihre Geschäftsabschlüsse zu machen. In so starken “Massen {strömte das billige Getreide

eutfchlands, Polens, Dänemarks und Rußlands nach den sieben Pro- vinzen der vereinigten Niederlande, “daß -fichin diesen der einheimische Körnerbau niht mehr lohnte. Weite Strecken verwandelten si Grasflächen und Weide. Zwar wurde die Landwirthschaft hier sehr

und Angriffen, als es unter der Regierung König |

1896.

intensiv betrieben, aber sie richtete sich nicht auf Getreide-, sondern auf Gartenbau einerseits, auf Viehzucht andererseits. Die Blumenpr der Gärten von Haarlem bildetë das Entzücken aller Fremden, die óllañd besuhten, und zu gleicher Zeit erlangten die holländische ilchwirthschaft, die holländishe Butter- und Käsebereitung und das holländishe Mastvieh einen Ruf durch ganz Europa. Die Anschauung der freihändlerishen Schriftsteller geht nun dahin, daß im 17. und 18. Jahrhundert in Holland absolute wirthschaftliche Freiheit geherrscht habe und dieser die Machtstellun und der Reichthum Hollands zu verdanken gewesen seien. Naudé w indessen nach, daß dies nit zutrifft. Wohl kann man fagen, daß in Hollaud der Großhandel, die Ein- und die Ausfuhr freier als im übrigen Europa gestaltet gewesen, daß die Volkswirthschaftspolitik weniger. durch. das. fiskalishe als durch. das. kaufmännische Interesse be- stimmt gewesen sei. Von einer Handels- und Verkehrsfreiheit im Sinne des Manchesterthums, von einem unbedingten Laissêr faira aber war in den vereinigten Provinzen keine Spur. andelsfreiheit bestand nur in so weit, wie sie dem holländishen Welthandel--dienlih war. „Im Ausland und in den Kolonien brauthen wir das Monopol“, erklärte ein bedeutender holländisher Nationalökonom des 17. Fahr- hunderts, und als es für Holland im 18. Jahrhundert galt, die S{hlicßung der Schelde, die Knechtung der Handelsfreiheik Ant- werpens, der Nebenbuhlerin von Awsterdam, aufrecht zu erhalten, erklärten die Regenten von Holland, die „unbegrenzte Handelsfreiheit“ sei ein Unding. Abgaben wurden bei déx CEin- wie Ausfuhr der Cerealien in den Niederlanden während des 17. und 18. Jahrhunderts ständig erhoben, wenn sie auch zumeist nur von geringer Höhe reine Finanz-, keine Schußzölle waren. Ja, es gab sogar auch Ein- und Ausfuhrverbote in der Republik. Allerdings. wurden folhe Maßregeln nur sehr selten zur Anwendung E Der Ge- fahr, daß die Spekulation der Amsterdamer Kaufleute namentlih wenn das Auéland von Mißwachs heimgesucht wurde und dem pes glänzende Profite in Aussicht ftellte einmal alles vor- andene Korn in das Ausland dirigieren und also eine unerträgliche D im Inlande hervorrufen könnte, suhten die General- taaten dadur zu begegnen, daß sie für die Zeiten der Noth und der aus- \hweifenden Spekulation bedeutende Kornvorräthe sammelten und in großen Getreidemagazinen aufspeiherten: Einrichtungen, welche neben den hamburgishen Magazinen auch das Vorbild waren für die Domänenämter-Magazine, die man unter König Friedrich T. von Preußen ins Leben rufen wollte. Jn Theuerungszeiten wurden in O auch Verbote des Branntweinbrennens aus Roggen, Verbote gegen den Verkauf des Getreides auf eit, gegen die Termingeschäfte, gegen Preisverabredungeckt der Privaten und gegen den Kornwucher erlassen, und 1698 wurde der Theuerlkit hälbér sogar der Getreidëtransßört ohne Päß aus einer Städt der anderen in der Provinz gesperrt. Nicht sowohl der Frethandel, dem Holland nur in bedingtem Maßstabe huldigte, hatte die nieder- ländishe Weltstellung istbaffen : „auf der merkantilen Unfähigkeit der europäifchen Staaten vielmehr basierte einzig und alléin Amfterdättis Vebergewiht im Welthandel.“ Bis zum Ausgang des 18. Jäht- hunderts blieb Amsterdam in seiner beherrshenden Stellung, blieben die V ies die Zwischenhändler im europäishen Getreideverkehr. Jene eit kannte noh keine Zufuhren über den Ozean ; kaun daß Rußland angefangen hatte, seinen Kornreichthum den D Euróßas

mitzutheilen. Im. 19. Jahrhundert ergoß das’ russishe Reich die un- ershöôpflihen Schäße seines Bodens über die Oslseehäfen, vor allem aber über das Schwarze Meer, über Odessa, nah dem Westen; begann die Getreidekonkurrenz Nord-Amerikas, Indiens, Auítraliens, ; Argentiniens und anderer Produktionsgebiete jenseits des Dzéans auf den europäischen Märkten, in erhebliherem Maßstab“ seit 1850, in bedroblicher Weise aber erst seit etwa 1878, Der patriarchalische Kornhandel, der sih um das Becken der Ostsee gruppiert hatte, n va canlagis Verkehrsbeziehungen, Amsterdam wih London und ew-York.

Mannigfaltiges.

Die Zentesimal-Brückenwaage der Köllnischen Rathswaage am Petriplay muß einer baulichen Veränderung wegen vom“ 11.: bîs einshließlich den 22. Mai außer Betrieb s werden. Die De- zimal-Schenkel-Gold- und Silberwaagen daselbst können weiter benußt werden.

Ein Massengrab aus der Zeit der Jede Belagerung von Köpenick ist zwishen Bahnhof- Köpenik und Hirschgarten beim Aus\chachten eines neuen Bauterrains freigelegt worden. Man fand so viele Knochen, daß zwei Lowries damit gefüllt wurden, außerdem Ueberreste von Waffen und Geräthen.

Im Antilopenhause des Zoologischen Gartens fesseln den Besucher gegenwärtig einige neue, sehr interessante R. Da

ist zunächst in zwei Exemplaren aus dem füdöstlichen Afrika ein- etroffen das Eer (Pediotragus tragulus), eine leine Anti- De etwa von ‘der Größe eines neugeborenen Zickleins mit einem aus kurzen flahen Haarbüscheln bestehenden Schwänz, langen und breiten Ohren, auffallend starken Augenwimpern und dicht über den Augen weit auseinanderstehenden spißen Hörnchen. Die Färbung des Thkeres ist “hellockerbraun mit “einem Stich ins othe; das ganze Fell sicht aus, als ob es weiß bestäubt wäre. Auf der Nase und zwischen den Hörnern befindet sih je ein shwarzer Fleck. Im Nachbarkäfig ift ein anderer winziger Wieder- fäuer untergebracht, der an Eigenartigkeit der Erscheinung nit hinter dem Zierböckchen zurülsteht, obgleih er an Grazie und önheit dieses Thierchen nicht erreicht. Es ist der Pudu, der kleinste Hirsch, etwas größer als ein Base: mit plumpem, graubraun behaartem Körper, dea kurze dünne Beinhen ‘von rother Farbe tragen. Der dicke Kopf mit seiner verhältnißmä ig starken Behaarung, den ganz kleinen Augen und dem kurzen Spießergehörn verleiht dem Pudu einen sehr eigenthümlihen Ausdruck. Die Heimath dieses kleinen

Thieres ist Chile.

Prag, 5. Mai. Der Wasserstand is unverändert; die Gefahr scheint beseitigt. Die Moldau und Malt fallen; der Regen hät aufgehört.

St. Petersburg, 5. Mai. Dem „Swjet* zufolge befinden sich unter den Geschenken des Kaisers von China, welche Li-hung-t\hang dem Kaiser von Rußland überbracht hat, zwei über 2000 Jahre alte Bronzevasen, eine kostbare Sammlung antiker Cloisonné-Vasen und -„Schüsseln, o riesige Kandelaber von fünstlerisher Arbcit aus zwei Nephritblöcken, ein wundervoller rother, mit bunter Seidenstickèrei verzierter Teppih von außerordentlicher Größe und Anderes mehr. -

tons der Ca ei heute ein Haus dur eine Gasolin - Cxplosion zer]iork; onen in Ma A iddiet 18 verwundet. Man efürhtet, daß unter den Trümmern des Hauses noch viele Personen. vershüttet sind.

Cincinnati, 5. Mai. Im