1896 / 152 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Jun 1896 18:00:01 GMT) scan diff

fel, fondern au andere höchste Gerichtshöfe, das sächsische das oldenburgishe Ober-Appellgeriht, theilten, daß diese assung auf einer unrichtigen Auslegung des gemeinen Rechts, auf Verwechselung zwishen Gewohnheitsrechßt und Gerichts- praxis beruhe. Das hat aber, soweit meine Erfahrungen reichen, niht die Wirkung gehabt, daß nunmehr die Landes- gerihte si dieser Auffassung des Reichsgerihts angeschlossen haben, und - von Hessen wenigstens kann ich es bestätigen, daß die meisten Gerichte troy dieser reichsgerichtlichen Entscheidung an ihrer früheren Praxis festgehalten haben. In Sachsen ist lange Zeit die Praxis eine s{chwankende gewesen. Ih habe hon erwähnt, daß die höchsten Gerichte auf dem Standpunkt der Anerkennung dieses Œhescheidungsgrundes standen. Diese herrshende Auffassung theilte auch die juristishe Fakultät in Leipzig ; ihr hat sih dann angeschlofsen das Bürgerlihe Geseßbuch in Sachsen, und seitdem ist die Sache dort geltend geworden. Im Großherzogthum Baden, wo im übrigen das französishe Recht gilt, i {on durch ein Geseß von 1807 die unheilbare Geisteskrankheit unter die geseßlichen Ehescheidungsgründe aufgenommen worden, und dieses Gese befindet sich unangefehten in Geltung, und ich glaube, daß man in Baden außerordentlich ungern auf diesen Ebescheidungsgrund verzihten würde. Auf anderen gemein- rechtlihen Gebieten hat die Sache anders gelegen. Entsprechende Geseße haben nur. noh einige kleinere Staaten, Gotha, Altenburg, S{hwarzburg-Sondershausen; in anderen gemeinrechtlihen Gebieten ist der Ehescheibungsgrund allerdings durch die Gerichtspraxis nicht anerkannt worden, aber, wie hat man sich da geholfen? Durch das landesherrlihe Ehesheidungsrecht, was in fast allen gemeinrecht- lichen Gebieten in unbestrittener Geltung bestanden hat. Dur die Ausübung dieses Gnadenrechts is in einer Reihe von exorbitanten Fällen und wird bis heute eine Hilfe geschaffen, die nach Einführung des Bürgerlichen Gesezbuhs, wenn die Anträge der Kommission angenommen würden, für die Zukunft versagen wird. J kann Ihnen eine vollständige Statistik in dieser Beziehung nicht geben; aber daß die Fälle, in denen wegen unheilbarer Geisteskrank- heit geschieden ist, zahlrei gewesen sind, beweist die schon gestern er- wähnte Berliner Statistik, aus der ih ergiebt, daß hier in den leßten neun Jahren Wahnsinn in 131 Fällen zur Scheidung geführt hat. Die Fälle, in welhen im Wege der landesherrlichen Gnade die Scheidung ausgesprochen is wegen unheilbarer Geisteskrankheit ih kann fie allerdings nur aus den leiten Jahren mittheilen sind zwar nicht sehr zahlrei, aber das erklärt sih daraus, daß nur wenige Landestheile dafür in Frage kommen. Es sind im Jahre 1893 zwei . [folher Fälle vorgekommen, im Jahre 1894 zwei, 189% zwei, 1896 drei, und zwar aus Vorpommern, Rügen, Hessen-Nasfau, Swleswig-Holstein und Hannover, wo man früher diesen Ehe- \cheidungsgrund nicht gekannt hat. Aus Schleswig-Holstein sind in diesem Jahre {on zwei derartige Fälle zur Entscheidung ge- fommen, und ich fann hier besonders hervorheben, daß diese Anträge zum weitaus überwiegenden Theile aus bäuerlichen Kreisen stammen, wo das wirthshaftlihe Bedürfniß besonders empfunden wird, daß in der Leitung der bäuerlihen Geschäfte niht auch die Frau fehlt. (Sehr richtig !)

Nun, der erste Entwurf des Bürgerlichen Geseßbuhs hatte ja den Ehescheidungsgrund fallen lassen. Diese Bestimmung begegnete aber der allerlebhaftesten Anfechtung in weiten Kreisen, und i darf hier wohl erwähnen, daß im Jahre 1889 der Juristen- tag in Straßburg ih damit befaßt, und daß dort die entschiedene Mebrheit sich für die Beibehaltung des Ehbescheidungëgrundes aus- gesprohen hat. Die beiden Herren, die das Gutachten über die Sade erstattet hatten, die beiden Referenten und die angesehensten Rechtskehrer, die dem Juristentag beiwohnten, sprachen sich für die unbedingte Nothwendigkeit des Ebescheidungsgrundes aus. Ih will hier nicht in Einzelheiten eingehen, aber ich darf wobl erwähnen eine Aeußerung des Professors Zorn aus Königsberg, dessen boh- konservative und hochkirchlihe Richtung wohl von niemand in Zweifel gezogen wird. Derselbe hat sih dahin ausgesprochen: man müsse allerdings zwischen Geisteskrankheit und körperlicher Krankheit untersheiden. Die könnten niemals gleichgestellt werden. Der Mangel \eelisher Gemeinshaft wiege unter allen Umständen viel \{chweérèr als alles Körperliche, und es könne deshalb, wenn man auh immer auf dem Standpunkt des Deliktprinzips, des Schuld- prinzips stehe, doch für diesen Grund eine Abweichung zugelafsen werden.

Fu Elsaß-Lothringen gilt französishes Recht, und auch dort ift Geisteskrankheit als Ehescheidungsgrund nicht bekannt; aber gerade aus den Kreisen der Elsaß - Lothringer, die an den Verhandlungen des Juristentages \ih betheiligten, wurde dies auf das lebhafteste beklagt. Ein elsäfsisher Ministerialrath, er ist jet Reichsgerichts- Rath, hatte sich in Verbindung geseßt mit den Vorstehern der Landes-Frrenanstalt und mit dem Direktor der psychiatrischen Klinik in Straßburg, und die Direktoren dieser beiden Landes-Irrenanstalten zu Stephansfeld und Saargemünd, ebenso der Direkior der psychiatrishen Klinik in Straßburg hatten einstimmig auf Grund der Erfahrungen, bie sie in ihren Anstalten gemaht hatten, und auf Grund dessen, was sie darch den Verkehr mit den Angehörigen der Betreffenden aus deren Fa:nilienleben erfahren hatten, ih für die Nothwendigkeit ausgesprohen, daß das Bürgerliche Geseßbuch diesen Scheidungégrund einflihre.

Auf diesem Standpunkt steht, wie ich {on eingangs erwähnt hatte, auch heute noch ktie preußische Staatsregierung - und die Mehrheit der Bundesregierungen. Die Giünde ZFhnen dafür weiter auseinanderzusezen, glaube ich mir ersparen zu fönnen. In den meisten Punkten kann ich mich mit den Ausführungen des Herrn Abg. Lenzmann, die den, Bedürfnissen des praktischen Lebens entsprehen und sich nicht mit den christlihen Geboten in Wider- spruch seyen, einverstanden erklären. Der Standpunkt, der seit länger als 100 Fahren von der preußishen Staatsregierung eingenommen worden ist,“ kann nicht als ein unchristlicher bezeihnet werden. Wie groß aber das Unglück ist, das über zahlreihe Familien gebracht wird, gerade aus den mittleren und ärmeren Klassen, wenn dieser Ehescheidungsgrund bescttigt wird (sehr wah !), das ist nah meiner Meinung in überzeugender Weise von dem Herrn Abgeordneten Lenzmann dargestellt worden. Es führt das zum Ruin des Famis- lienlebens gerade da (sehr wahr!), wo die Ehe bessernd und heiligend wirken soll. Die Aufrechterhaltung dieser Bestimmung würde vielfah das Gegentheil - dessen erreihen, was man er- reihen will, und deshalb kann ich nur die dringende

L

diese Bestimmung des Entwurfs wiederherstellen. (Bravo)

_ Abg. Stadthagen (Soz.): Die Herren, welhe auf dem Stand- punkt des katholishen Rechts stehen, können nit anders als gegen 1552 stimmen, bin nit im stande, sie zu überzeugen. A e sollten für § 1552 in dem Sinne stimmen, daß fie uns nicht nehmen, was wir heute haben. Das protestantische Chereht hat, wie das Werk des Herrn Gerhardt von Buchka ergiebt, seit 1525 zweifellos den Wahnsinn als Ehescheidungsgrund anerkannt. . Redner beruft sich auf Zwingli und die Kommentatoren tes piotestantishen Eherechts und au auf das Werk des Abg. von Buchka selbst und fährt dann fort: Die Kommission will das bestehende Recht ändern; wir stehen also auf Seite der jegigen Staats- und Rechtsordnung. Bedenken Sie die sozialen und sittlichen Folgen einer folhen Aenderung des NRechtszustandes und nehmen Sie unseren Antrag an! Die Männer und die Frauen, welche auf dem Standpunkt des Zentrums stehen, brauchen ja von dem § 1552 feinen Gebrau zu machen. Die Streichung würde einen Gewissenszwang auéüben auf diejenigen, welche auf dem Standpunkt der protestantishen Kirche stehen. Der Wohl- habende kann \sich neben der Frau, die sih im Jrrenhausfe befindet, eine andere Frau in einem anderen Hautstand halten; der Arme fann das nit. Die Streichung des § 1552 würde alfo als ein

Miallehgelen wirken.

bg. Gröber (Zentr.): Die Ausführungen des Abg. Lenzmann dienen nit gerade dazu, die sahlihe Diskussion zu fördern. Wir haben in den legten Wochen ruhig und friedlich diskutiert, aber von vornherein ganze Parteien - anzugreifen wegen einer vermeintlichen altung und einer vermeintlihen Begründung, die sie noh gar nicht undgegeben haben, das ist doch niht das Richtige. Es steht Herrn Lenzmann nicht zu, zu behaupten, daß wir lediglih aus konfessionellen Gründen entscheiden. Wenn wir uns nur auf den konfessionellen Standpunkt stellten, würden wir zu allen diesen Chescheidungs- fragen nicht ein Wort sagen, denn vou diesem Standpunkt aus giebt es für uns gar keinen Zweifel. Aber wir machen doch ein Geseßbuch, welhes auch für Staatébürger gilt, die keiner kirh- lihen Gemeinschaft angehören. Db die Befriedigung des Natur- triebs die Ehescheidung nothwendig macht, darauf will ih nicht eingeben. Es ist würdiger, sachlich zu debattieren und niht mit folhen Argumenten zu kommen. Der Justiz - Minister hat fih auf Baden berufen. Soweit er damit die badische Regierung meinte, mag er Recht haben. Bei der Abstimmung der badischen Bevölkerung würde er aber etwas anderes erfahren. Herr Stadt- hagen hat vom Standpunkt tes kanonishen Rechts anerkannt, daß der Wahnsinn nicht als Ehescheidungsgrund gelten kann. Der preußische Justiz-Minister hat behauptet, daß der Antrag Lenzmann göttlichen Ordnungen nicht widersprehe, und das habe ih befämpst. Die Statistik beweist, daß die Zahl der Scheidungsfälle nicht sebr erheb- lih ift. Praktish ist die Sache nicht bedeutend, zumal der Zeitraum, während dessen die Krankheit dauern muß, von einem auf drei Jahre verlängert wird. Es bleibt also nur die prinzipielle Frage. Man mag von der ärztlihen Wissenschaft so hoh denken wie man will, die Gutachten der Aerzte über die Geisteskrankheit weichen schr von einander ab. Ich erinnere daran, daß jemand von einer Medizinalbehörde als unheilbar geisteskrank erklärt wurde, von einer anderen aber als nit geistesfrank, der sich heute noch in seinem Amt befindet und von dem niemand zu behaupten wagt, daß er eisteókrank sei. Und der Begriff der Geisteskrankheit selbst ist ehr schwierig zu bestimmen. Geisteskrankheit und Geistesshwäche find {wer von einander zu unterscheiden. Die Regelung des & 1552 is} vollständig prinziplos; wenn bei Geisteskrankheit die Ehescheidung zugelassen werden foll, warum nicht auch bei efelhaften Krankheiten u. |. w.? Es giebt eben keine Grenze mehr, wenn man von ‘dem Verschulden abweiht. Das zeigt das Landrecht, welches sogar die unüberwindlihe Abneigung als Chescheidungsgrund enthält. Da kommt man \{ließlich nur zu Liebesverhältnissen und niht mehr zu wirklihen Ehen. Der erste Entwurf stellte sh daher mit gutem Grund auf den entgegengeseßten Standpunkt. Die Lebensgemeinschaft erfordert, daß man nit bloß in guten Tagen, fondern auch in \{hweren Tagen zusammenbleibt und nicht wegläuft, wenn ein Unglüdcksfall eintritt. Das ist brutal, das ist Verleßung der ehelichen Pflichten. Herr Stadthagen verlangt, daß der Arbeiter, der Hand- werker seine geistesfranke Frau auf das Pflaster werfen kann. Der fleine Mann kann nicht feine geisteskranke Frau und noch eine zweite Frau erbalten. Die geisteskranke Frau wird also der Armenpflege anbeim fallen. Wenn nun der geisteëkranke Gatte wieder gesund wird? Was dann? Die Kinder gehören ibm nicht mehr, sie gehören dem anderen Ehegatten, welcher ihn in seinem Unglüd verlassen hat. Deshalb bleiben Sie bei dem Beschluise der Kommission stehen!

Justiz-Minister Sch önstedt :

Meine Herren! Der Herr Abg. Gröber hat sich veranlaßt ge- funden, unter dem Beifall mancher Mitglieder des Hauses seine Ver- wunderung darüber auszuspr:.chen, daß in dieser Frage, wie er \ich ausdrüdckte, der preußishe Justiz-Minister Arm in Arm mit dem Herrn Abg. Lenzmann gegangen sei. Meine Herren, derartige Bilder fommen zuweilen vor; wir haben das ja gestern auch gehabt, wo die Herren Abgg. Freiherr von Stumm und Bebel Arm in Arm mit einander gegangen sind. (Zuruf.) Damals ift die gleiche Verwunderung niht ausgesprohen worden von jenen Bänken. Jh weiß niht, ob der Herr Abg. Gröber von der Ansicht ausgegangen ist, daß Mit- gli:der des Bundesraths sachlichen Gründen, die sie für richtig halten, dann entgegenzutreten hätten, wenn fie von einer Seite kommen, die ihnen im übrigen nicht gerade schr nahe steht. Wenn der Herr Abg. Gröber diese Ansicht haben möchte, ih habe sie jedenfalls nicht. Fc nchme die guten Gründe, woher sie kommen, und werde mich niemals abhalten lassen, meine Zustimmung zu sachlichen Ausführungen zu erklären, wenn sie auch von der alleräußersten Linken diefes Hauses fommen. (Bravo! links.)

Meine Herren, der Herr Abg. Gröber hat mir writer den Vor- wurf gemacht, daß ih durch meine Ausführungen eine Unkenntniß des fanonisden Rechts an den Tag gelegt habe. Jch will mich nit gerade als einen sehr 1iefen Kenner des kanonischen Rechts ausgeben (Heiterkeit); aber davon habe ih überhaupt gar nit gesprochen {sehr wahr !), -auch nit vom katholischen Kirhenrecht. Ih glaube, wenn der Herr Abg. Gröber aufmerksam gewesen wäre, roürde er gehört haben, daß ih nur vom protestantischen Kirchenrecht gesprochen habe, das allein die Grundlage des staatlichen Ehescheidungsrechts bildet. Eine Uebereinstimmung zwischen unserem ftaatlihen und dem katholischen Kirchenrecht haben wir niemals gehabt und nicht erstrebt.

Wenn der Herr Abg. Gröber mir ferner zum Vorwurf mat, daß ih die konservativen Grundsäße verlassen habe, indem ih der Auffassung des Herrn Abg. Lenzmann beigetreten bin, so fann ih auch darin seine Auffassung nicht als rihtig zugeben. Jch meine nicht, daß man aufhört, konservativ zu sein, wenn man den Fortbestand eines Rechtszustandes vertritt, der seit länger als hundert Jahren unter konservativen Fürsten und Regierungen bestanden hat und bei ten auch die konservative Bevölkerung sih ganz wohl befunden hat. Ich glaube, mich daher auch nah dieser Richtung nit den Ausführungen des Herrn Abg. Gröber fügen zu sollen.

In der Sache selbst ist Neues au von dem Herrn: Abg. Gröber nicht vorgebraht worden. (Widerspruh aus der Mitte.) Wenn die Herren mi auf Neues aufmerksam machen sollten, so bin ih gecn bereit, darauf zu antworten. (Heiterkeit links.) Bei der knapp be- messenen Zeit des Reichstags glaube ih daher auf die Materie

niht nom daß die Möglichke t Aber ich glaube, der Standpunkt is durlhshlagend, daß derartige

ärztliche, Irrungen nur in außerordentli seltenen Fällen vorkommen, und diese seltenen Ausnahmefälle niht bestimmend sein können und.

dürfen für das, was die Geseßgebung als Regel hinstellt. Jm übrigen, glaube ih, sagen zu dürfen: wenn die psychiatrishe Wissen- schaft auch niht auf der Höhe stehen mag, die wir alle für sie wünschen müssen, daß doch Jrrungen vorkommen mehr in den Grenz- gebieten, wo es sich darum handelt, ob jemand nur im Stadium nervöser Ueberreizung sich befindet oder {hon wirkliher Geisteskrankheit ver- fallen ist. So aber, wie hier die Bedingungen für die Ehescheidung formuliert sind, wo eine Geisteskrankheit von dreijähriger Dauer ohne lihte Unterbrehungen vorliegen muß und das Gutachten der Aerzte dahin ausfallen muß, daß eine geistige Gemeinschaft in dec Ehe und jede Aussicht auf Wieder- herstellung derselben gänzlich ausgeschlossen sei, da, glaube ic, ift, wenn wir mit gewissenhaften Aerzten rehnen, die Möulichkeit von Irrungen ziemlich ausgeschlossen. Auch mir sind aus meiner Er- fahrung Fälle bekannt, daß Leute, die für geisteskrank, für unheilbar geisteskrank erklärt worden sind, später wieder geistig gesund geworden find (Widerspruch), gewiß, solhe Fälle kommen vor, ebenso wie einer, der für todt erklärt wurde, sih nachher als lebendiger Mann der Welt zeigt (Heiterkeit), und wenn für folhe Fälle gerichtlicher Todeserklärungen nicht die Konsequenz gezogen ist, daß alles, was auf Grund der Todeserklärung gesehen ist, als ungeshehen zu betrachten sei, so glaube ih, brauhen wir auch auf diesem Gebiet soweit nicht zu gehen. Wie gesagt, ich will die Gefahr von Jrrungen von Sachverständigen nicht in Abrede stellen, aber ih sage: fie können nur in ganz einzelnen Fällen vorkommen, die verschwindend sind gegenüber der Regel der Fälle, und diese sind es allein, die für den Geseßgeber maßgebend sind.

Aba. Dr. O sann (nl.): Meine politischen Freunde werden für den Antrag Lenzmann ftimmen. Daß § 1552 unbestimmte Begriffe ent- halte, wie Herr Gröber behauptet, ist nicht rihtig. Wenn das be- züglich des Begriffs der Geisteskrankheit, welche die geistige Gemein- {haft zwishen den Ehegatten aufhebt, zutreffen follte, dann könnte man überhaupt kein Ge]ey mehc machen ; denn dann würden \{chließ- lih alle Worte und Begriffe unbestimmt sein. Die Todeserklärung erfolgt dur einen Einzelrichter gegenüber abwesenden Personen, die niht erscheinen und ihr Recht vertreten können. Bei Len ent- scheidet niht der Einzelrichter, sondern ein Kollegium, welches die volle Wahrheit ermitteln kann. Liegt darin nicht eine größere Garantie, als bei der Todeserklärung vorhanden ist? Das Zentrum ist dur das Dogma der katholischen Kirhe gebunden. Cs follte also eigentlich niht mitstimmen, denn es tritt mit gebundener Marschroute an diese Frage heran. Herr Gröber meinte, die geisteskranke Frau des Arbeiters würde auf das Pflaster ge- worfen. Erstlih giebt es dafür die Armenpflege. Die Streichung des 8 1552 würde dahin führen, daß der Arbeiter mit seinen Kindern für sein ganzes Leben vermaist dastehen würde. Wohlhabende Leute können sich für die Kinder Erzicherinnen annehmen; aber wie soll der kleine Beamte und der tleine Geschäftömann einen solchen Ersaß beschaffen? Jn diesen Fällen kann die Religion nicht helfen ; die Kinder verlangen eine bürgerliche Erziehung und diese würde dur den Kommissionsbeschluß unmöglih gemacht. Herr Gröber meinte, die Zahl der Fälle sei eine sehr kleine. Aber die Geisteskrankheiten nehmen sehr stark zu, und es wäre bedenklich, diese Thatsache außer Att zu lassen. Wern die Mehrheit der verbündeten Regierungen, wenn die Juristen gegenüber dem ersten Entwurfe sich für die Bei- behaltung ausgesprohen haben, wenn auch gewichtige Stimmen aus der Bevölkerung dafür laut werden, so wird es kein Bedenken haben, den § 1552 anzunehmen. E :

Präsident Freiherr von Buol theilt mit, daß namentliche Abstim- mung beantragt sei. s :

Abz. Gamp (Rp.): Ich protestiere dagegen, daß Herr Gröber davon gesprochen hat, daß die Rechte ihre konservative Gesinnung ändere. Die Streichung des § 1552 würde vielmehr zur Folge haben, daß die armen Frauen auf die Straße geworfen werden ; denn eine Arbeiterfrau, deren Maun geisteskrank is, kann sih s{werlich von ihrer Hände Arbeit selbst ernähren. Jn Preußen ift noch nit ein Fall konstatiert, daß bei einer wegen Wahnsinn geschiedenen Che si nahträgl!ch die geistige Gesundheit des für wahnsinnig erklärten Ehegatten wieder eingestellt hat. JIrrthümer sind überall mögli, auch wenn die Ehen aus anderen Gründen geschieden werden.

Abg. Schröder (fr. Vgg.): Die Deduktionen der Gegner des & 1552 sind Uebertreiburgen; fie gehen tavon aus, daß die Ehe in diesem Falle geschieden werden müsse. Das ist aber nicht der Fall, denn die Scheidung foll nur dann erfolgen, wenn durch die Geistes franfbeit alle Grundlagen des Ehelebens zerstört sind, ein Cheleben also niht mehr vorhanden ift. ; i

Aba. Mun ckel (fr. Volkép.): Die Vorlage schafft kein neues Necht, Faber bestätigt zum größten Theil das bestehende ; denn eine Ehescheidung soll nur möglich sein, wenn der Wahnsinn während der Ehe 3 Jahre bestanden hat und soweit vorgeschritten ist, daß die Ehe- gemeinschaft aufhört und jede Ausficht auf Wiederhe: stellung aus- geschlossen ist. Bei diesen Erfordernissen kann man nicht nur aus Opportunitätsrücksichten, sondern muß aus sittlihen Gründen ver- langen , daß dieser Ehescheidungsgrund bestehen bleibt. Der Abg, von Buchka meint, es sei zu chwer, Herr Gröber dagegen, es [el unter Umständen zu leiht, den Beweis fsüc das Vorhanden|ein dieses Zustandes zu führen. Wenn der Beweis zu s{hwer ist, werden die Fâlle wenig praktisch werden. Herr Gröber meint, er sei zu leiht. Nun, ih will zugeben, irren kann die Medizinalbehörde, irren kann au der Richter. Aber weil der Richter irren fann, kann man toch nicht die Grundlagen des Rechts aufgeben. Aus sitt- lihen Gründen fann man verlangen, daß dieser Ehescheidungsgrund angenommen wird. Das Wort vom geistigen Tod ift vollkommen richtig, Die Natur verlargt in diesem Fall die Scheidung. Mit der dreijährigen Frist ist diese Best: mmung sehr nahe verwandt mit der Bestimmung über die Todeserklärung. Hier ist der geistice Tod eingetreten, und damit ist das ehbelihe Band gelöst. Wenn man auf dm Standpunkt des Abg. von Buchka steht. muß man sagen: Gott shickt den Tod, Gott \chickt auch den Wahusinn. Ziehe man daraus alo die Konsequenzen. Man sagt, es sei unmens{lich, dem unglücklihen kranken Ehegatten noch das Unglück der Scheidung zuzufügen. Unmenschlich fann man doch nur handeln an einem Menschen, der es als unmenschlich e vfindet. Ein sittlihes Band hat aufgehört mit dem Erlöschen des Geistes. Der Wakhnsinnige träzt niht mehr „Leid und Freud er Der Naturtrieb spielt bei der Eheschließung eine große tolle. Un wenn der Naturtrieb niht wäre, würden viel wenizir Cben geshlo}en und geschieden werden. Kann das Zentrum noh die Ghe ms E wahnfinntgen Person als eine Che ansehen? Das mag sehr erbaber fein, aber unmenschlich is es unter allen Umständen, um den g brutal“ nicht zu gebrauchen. Es ist viel besser, man saft 15% Ghen aus der Welt, um nicht den gesunden Theil auch noch verrl! L zu machen. Das Zentrum thäte genug, wenn es feine Anwesenheit ZE fonstaticrte und sagte: was geht’s uns an ? Wir betrachten dic Che vom | is fessionellen Stantpunkt ; was die Anderen machen, geht uns a an. Beim konfessionellen Standpunkt hört Jhre (zum Zentrl a Unbefangenheit allen anderen Standpunkten gegenüber aus- Sie tom uns vor, daß wir mit dem Minister zusammengehen; das uer ja selten vor, aber Herr Gröber und seine Partei sind wieder G in Gesellshaft mit den Sozialdemokraten gegangen. Wenn unser. trag abgelehnt wird, werden wir ihn in der dritten Lsung w n bringen. Wir sind bereit, Ihre Motive und Ihre Ueberzeuguns ehren, verlangen aber für uns das- Gleiche und fein abspr

gen auf diesem Gebiet vorliegt,

rtheil. Wir haben die bürgerliche Ehe, die nur so lange dauert wie bas bürgerlihe Gesey, d. h, bis zum sozialistischen Staat, wo alles aufhört. Aus sitt nden, nicht aus konfessionellen, müssen Sie für unseren Antrag \stimmen oder s{chweigen. Ába, Pauli (Np.) erklärt. namens eines Theils seiner Freunde, daß sie für den Kommissionsbes{luß eintreten und gegen den Antrag Lenzmann stimmen würden. Der Geist fei nah altväterlichem Glauben unsterblih, mithin v von einem geistigen Tod nit die Rede. Des- halb E A eine solhe Bestimmung nicht in das Bürgerliche Geseßz- aufnehmen. bus Abg. Dr. von Buchka erklärt, er habe in seinem Buche nicht \ich dahin auésgesproken, daß er nah protestantishem Ehberecht diesen Ehesheidungsgrund anerkenne, sondern er habe dies in scinem Buch nur referlerend von einem älteren Rechtslehrer angeführt.

Damit schließt die Diskussion. /

Jn namentlicher Abstimmung wird der Antrag Lenzmann mit 125 gegen 116 Stimmen abgelehnt.

Darauf wird in Verbindung mit § 1554 der zurückgestellte § 1336 verhandelt, ,

Nah § 1554 muß die Scheidungsklage binnen sechs Monaten bon dem Zeitpunkt an erhoben werden, in dem der Ehegatte von dem Scheidungs8grund Kenntniß erlangt.

Abg. Haußmann (d. Volksp.) beantragt, statt „binnen sechs Monaten“ zu segen „binnen einem Jahre“.

Nach § 1336 sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Stellt sich das Verlangen cines Ehegatten nah Herstellung der Gemeinschaft als Miß- brauch seines Rechts dar, so ist der andere Ehegatte nicht ver- pflichtet, dem Verlangen Folge zu leisten. Das Gleiche gilt, wenn der andere Ehegatte berechtigt ist, auf Scheidung zu klagen.

Die Sozialdemokraten beantragen, diesen § 1336 zu streichen.

Abg. Haußmann befürwortet die Annahme feines Antrags, weil die R die Scheidungsklage - binnen \sech8 Monaten einzureichen, ledigliÞ zu übereilten Klagen führen könne, wo die Möglichkeit einer Versöhnung der Eheleute noch vorhanden sei.

Aba. Dr. von Dziembowski (Pole) spricht dem Vorredner seinen Dank aus, daß er feinen bereits in der Kommission gestellten Ana wiederholt habe. Eine Verlängerung der Frist sei wünschens- werth. :

Die beiden Paragraphen werden unverändert genehmigt.

1567 enthält in seinem zweiten Absaß die Bestimmung, daß ein unehelihes Kind und dessen Vater nicht als einander verwandt gelten sollen. :

Die Sozialdemokraten beantragen die Streichung dieser Bestimmung.

Abg. Bebel (So0z.): Daß ein uneheliches Kind nit mit seinem Vater verwandt ift, kann man behaupten; aber es glaubt diese Be- hauptung niemand. Die Kommission hat deshalb auch eine Aenderung der Vorlage vorgenommen, welche ganz apodiktisch behauptete: zwischen einem unehelihen Kinde und seinem Vater besteht keine Verwandt- schaft. Die Bestimmung i} nur getroffen im Interesse der unehelichen Väter, welche ih ihrer Verpflichtung gegen das Kind entslagen. Unser Antrag hat die Tendenz, die unehelichen Kinder den ehelichen gleihzustellen, und diese Tendenz ist eine außerordentlih nüßliche. Das unschuldige Kind kann nit für die Fehler seiner Eltern ver- antwortlih gemacht werden. Nahezu 10% aller geborenen Kinder sind unehelihe. In den Arbeiterkreisen werden die Kinder häufig dur die folgende Ehe legitimiert, in den höheren Kreisen allerdings niht. Die Annahme unseres Antrages würde allerdings noch andere Aenderungen nothwendig machen, diese können aber bis zur dritten Lesung herbeigeführt werden. : cl fa niemand das Wort nimmt, wird die Diskussion ge-

ossen.

Der Antrag wird abgelehnt.

Nach § 1681 sollen Eltern den minderjährigen Kindern gegenüber unterhaltspflichtig sein.

Die Sozialdemokraten beantragen, auch die Kinder den Eltern gegenüber unterhaltspflihtig zu machen.

Abg. Stadthagen befürwortet den Antrag, der lediglich dem Gedanken der Vorlage entspreche.

S 1581 wird unverändert genehmigt.

Nach F 1598 soll der Vater verpflichtet sein, der Tochter bei ihrer Verheirathung cine angemcssene Aussteuer zu geben.

Die Sozialdemokraten wollen an die Stelle des Vaters „die Eltern“ geseßt wissen.

Abg. Frohme (Soz.) begründet diesen Antrag damit, daß Vater und Mutter gleihberechtigt seten.

Bundesrathskommissar Professor von Mandry meint, daß die Vorlage sahlich nichts Anderes wolle als der Antrag, der das beab- sichtigte Ergebniß nicht erreihen würde.

Der Antrag wird abgelehnt.

__ Nach § 1604 erstreckt sih die väterlihe Gewalt nur auf die minderjährigen Kinder.

. Abg. Dr. Rintelen (Zentr.) will fie darüber hinaus ausge- dehnt wissen, fo lange die Kinder die Mittel zu ihrem Lebensunterhalt nit dur eigene Thätigkeit erwerben.

Abg. Schmidt- Warburg (Zentr.) will hinzugefügt haben, daß die väâterlihe Gewalt erlöshe mit vollendetem 25. Lebenéjahre und dur auédrückliche Entlassung aus der väterlihen Gewalt.

Abg. Dr. Rintelen führt aus, daß die Vorlage an die Stelle des Deutschen Rechts das Französishe Recht seßen wolle zum Schaden der väterlichen Autorität, zum Schaden des Zusammen- haltens der Familie. /

Bundesërathskommissar Prof. von Mandry spriht sich gegen den Antrag aus, weil er nicht zweckmäßig und überflüssig sei; er bestreitet, daß duth die Vorlage die Autorität des Vaters beein- trächtigt werde. Die Ausdehnung der väterlihen Gewalt im Sinne tes Antrages Rintelen sei röômish-rechtlihen BtIyrunges, entspreche aber nit ‘dem Deutschen Necht. Wenn der Antrag Rintelen ange- nommen würde, müßte man auf die erledigten Abschnitte zurück- greifen und die Geschäftsfähigkeit der Kinder beschränken.

„. Abg. Freiherr v. Stu mm (Rp.): Der Hinausschiebung der Groß- jährigfeit von dem 21. bis zum 2. Jahre würde man zustimmen können, aber der Antrag Rintelen treibt die Kinder geradezu aus der Familie heraus Und veranlaßt sie, einen neuen Hausstand zu gründen, um aus der vâterliten Gewalt herauszukommen. Die Annahme des Antrages würde ebenso bedenklih sein, wie die Annahme des An- trages, daß der Kousens zur Verheirathung nur bis zum 21. Lebens- jahr erforderli ift.

Abg. Shmidt- Warburg (Zentr.) tritt für seinen Antrag ein, der das national gewordene Recht darstelle gegenüber dem Französischen Ret. Nothwendig sei die Annahme des Antrages namentlih im Interesse der bäuerlichen Besiger.

Abg. Dr. v. Cuny (nl.) erklärt, daß die Bestimmung des zösischen Rechts sich durhaus bewährt und die Autorität des nit geschwächt habe.

Abg. Stadthagen spricht sich ebenfalls gegen die Anträge Duk bestreitet aber, daß die Einwilligung der Eltern zur Eheschließung d eutshes Recht sei; sie fei feanibfilden Ursprungs und widerspreche em kanonischen Recht.

Abg. Dr, v. Dziembowsfki erklärt sich für die Anträge.

d 20 Spahn (2) erklärt, daß man in der Rheinprovinz mit A Zustande, wie er jetzt allgemein eingeführt werden solle, zufrieden el; das sei au vom rheinishen Bauernperein anerkannt. Mit dem Ba A n zu MEUMsten: bat aub iva ú

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ÿ 1648 handelt von der Zwangserziehung. ie Sozialdemokraten wollen verwahrloste Kinder in S O niht in Besserungsanstalten untergebracht

mundschaftsgeriht nicht berechtigt, das Verhalten des Vaters in religiöser oder politischer Hinsicht oder die Einwirkung des Vaters auf das Kind nach diesen Richtungen hin als einen Mißbrauch, eine Vernachlässigung oder als ein ehrloses oder unsittlihes Verhalten zu erachten.“

Abg. Stadthagen begründet den Antrag damit, daß er be- hauptet, in der Nähe von Hanau habe der Vormundschaftsrichter einen Vater aufgefordert, auf seinen Sohn einzuwirken , daß er aus einem als sozialdemokratisch verdächtigen Turnverein ausíreie. Da dies nit gesehen, so sollte dem Vater die Erziehung seines Sohnes entzogen werden, weil der Vater durch Nichtausübung Ine Er- ziehungsrechts das leßtere gemißbraucht habe. Das Landgericht in

anau habe die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt; erst die höhere nstanz habe eine Aenderung gebraht. Die Wiederholung folher Vor- kommnisse müsse verhindert werden, damit die väterlihe Gewalt nit unterminiert werde dur folhe mißbräuchlihe Nehtsprehung, die dem Grundsaß folge: Wenn Zwei dasselbe thun, ist es doch nicht dasselbe.

Justiz-Minister Schönstedt:

Nur zwei Worte zur Klarstellung. Der Herr Abg. Stadthagen hat allerdings [chon erwähnt, aoer in so Leiser und \{chüchterzic: Weise, daß es kaum zum Verständniß des Hauses gekommen sein wird, daß bder von ihm vorgetragene Beschluß in der Beshwerdeinstanz von dem Ober-Landesgericht in Cassel aufgehoben ist. Damit verliert dieser Beschluß jeden Werih als geseßgeberisches Material. Damit ist die Sache erledigt.

Abg. Stadthagen: Dadurch is noch keine Garantie gegeben, daß nicht in einem anderen Falle wieder so verfahren wird, daß dann die Richter vom Landgericht, die vielleiht später beim Ober- Landes- gericht fißen, die Entscheidung bestätigen. Gegen solhe Richter muß ein Schuß geschaffen werden. Materiell hat der Justiz-Minister nichts gegen unseren Antrag vorgebracht.

P Gröber : Es ift allerdings sehr bedauerlich, s eine folhe Entscheidung erst in der dritten Instanz vom Ober - Landes- geriht aufgehoben worden ift. Der Antrag geht über das Ziel hinaus. Unter dem Vorwand einer religiösen Bewegung könnten z. B. un- sittlihe Dinge getrieben werden, z. B. wenn die Mormonen in Deutschland Propaganda machen wollten. Es wird genügen, wenn BE ausdrücklich erklären, daß wir die gerichtlihe Entscheidung nicht

illigen.

Der Antrag wird abgelehnt und der § 1643 unverändert angenommen.

Zum S 1646 beantragt Abg. Freiherr von Stumm einen Zusaß, wonach der Vater mit dem Tage seiner Wieder- verheirathung die Nugnießung des Vermögens der Kinder E soll. Dadurh würden Mann und Frau gleichgestellt werden.

Die Abgg. Bolt (nl.), Stephan- Beuthen (Zentr.) und Lenzmann (fr. Volksp.) sprechen sih für die Ablehnung des Antrages aus.

Der Antrag wird abgelehnt.

Nach §1673 soll die Mutter bei ihrer Wiederverheirathung die elterlihe Gewalt verlieren.

…_ Die Sozialdemokraten beantragen die Streichung, während Abg. Haußmann hinzugefügt wissen will, daß die Mutter die Nußnießung des Vermögens der Kinder behalten soll.

Abg. Stephan-Beuthen spricht sich gegen die Anträge aus, während Abg. Freiherr von Stumm die Annahme des Antrags Haußmann empfiehlt, nahdem sein Antrag bei 8 1673 abgelehnt sei.

1673 wird unverändert angenommen. tah § 1682 soll das unehelihe Kind den Namen der Mutter führen und auch bei Verheirathung derselben behalten. _ Die Sozialdemokraten beantragen, daß bei der Ver- heirathung der Mutter auf Antrag des Ehegatten das uneheliche Kind den neuen Familiennamen der Mutter soll erhalten können.

Nachdem Abg. Bebel den Antrag begründet, erklärt

Abg. Dr. von Bennigsen (nl.), daß der Antrag eine bessere P habe, als ein ähnlicher Antrag in der Kommission, odaß Bedenken dagegen niht mehr vorlägen.

Buntesrathskommissar Prof. von Mandry glaubt, daß beim Uebereinstimmen von Mutter und Vater die Verwaltungsbehörden gegen die Aenderung des Namens des Kindes auch ohne besondere Vorschrift keine Ginwendungen machen würden.

Der Berichterstaiter Dr. Bachem (Zentr.) glaubt, daß der An- taa in dieser Form. in der Kommission hâtte auf Zustimmung rechnen onnen.

Der sozialdemokratische Antrag wird, vorbehaltlich - einer redaktionellen Aenderung, gegen die Stimmen der Rechten angenommen und in dieser Fassung der S 1682.

S 1683 spriht der Mutter des unehelichen Kindes die elterlihe Gewalt über dasselbe und die Vertretung desselben ab j ein Antrag des Abg. Auer will ihr Beides wiedergegeben wissen.

Der Antrag wird troy Empfehlung der Abgg. Bebel und Frohme abgelehnt.

Abgelehnt wird ferner ein sozialdemokratisher Antrag zu S 1684, wonach der Vater dem unchelihen Kinde bis zum 16. Lebensjahre Unterhalt gemäß dem Stand des Vaters, niht der Mutter, gewähren fol; angenommen wird dagegen ein Antrag zu § 1694, wona außer den Kosten der Ent- bindung und des N Di während der ersten sechs Wochen nach derselben auh dur die Schwangerschaft und das Wochen- bett herbeigeführte Nachtheile erseßt werden sollen.

Erledigt werden noh die ZZ 1692 bis 94.

Darauf wird um 61/2 Uhr die weitere Berathung auf Sonnabend 11 Uhr vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Japan und die Silberentwerthung.

In dem neuesten Heft der ,Conrad’schen Jahrbücher für National- öfonomie und Statistik“ is ein Aufsay unter der Ueberschrift , Japan uind dieSilberentwerthung* von Dr. Johannes Wernie veröffent- liht, in welhem unter Beibringung einer Fülle statistischen Materials für Japan die Behauptung einer Prüfung unterzogen wird, daß die Silberentwerthung den Export der Goldländer nah don Silberländern ers{were, daß fie dort in derselben Weise wie die Grhöhung der Einfuhrzölle wirke, aber auh anderer- feits die Ausfuhr aus den Silberländern erleihtere und wie eine Exportprämie wirke. Dadurch bewirke sie einen erheb- lihen Schuß, eine starke Förterung der Industrie in ienen Ländern und mach? \{chließlich unsere Ausfuhr dorthin unmöglich.

Der Verfasser bestreitet die Nichtigkeit dieser Behauptung. Ohne auf die \tatistishen Darlegungen über die Entwicklung des japantiGen Geldwesens hier einzugehen, da dies ohne eine Wiedergabe eines für den zu Gebote stehenden Raum übergroßen Zahlenwerks nicht thun-

lih erscheint und die Thatsache, daß Japan zu den Silberländern

erner beantragen sie folgenden Zusaß: PAURE ist das Vor-

ehört, als bekannt vor en ist, soll im nachstehend

A E55 ans, we er Berfasser en obîge Be n(

ber gervorgehogen werden, w red im übrigen auf = Del ett L esen sei.

Die Ausfuhr Japans hat ls seit 1882, wie folgt, gestaltet. |

1892 1888 22,6 13,6

11,4 8,7

Es führte aus in Millionen Ven n

1894

den Vereinigten Staaten 43,3 ante 0D

eid O Oa

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,

-

g Eng orea

Ftalien . .

Canada

Deutschland . .

AUraliet . «

U ea Ms 0, „3

zusammen 1084 87,3 61,6 38,4

Wie man sieht bemerkt der Verfasser hierzu ist vor allem die Ausfuhr nach den Me Laon Staaten angewachsen. Sie be- trug 1892 von der ganzen Ausfuhr 23,5%. Weiter hat der Export nah Frankreich und nah China eine bedeutende, nach Hongkong, Indien, Italien eine kleine Steigerung erfahren. Dagegen ift die Ausfuhr nah England und Deutschland ziemli ftabi geblieben. Der Handel mit China entwidckelt sich naturgemäß immer mehr, ebenso der mit Amerika.

__ Ein wesentlih anderes Bild bietet die Einfuhr nah Japan. Hier entfällt der Löwenantheil auf England, im Jahre 1894 beträgt er 369%. Am meisten is die Einfuhr aus England, China, Indien, Deutschland und den Vereinigten Staaten beständig gewachsen.

Nachstehende Zahlen geben davon ein pag Bild. Es wurden eingeführt Waaren in Millicnen Ven aus: 189 1892 1888 208 28,7

1 | 10,4 7,7

1,

5 9, 1

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Hongkong

Indien . .

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Vereinigte Staaten . .

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Rußland , zusammen 107,1 L 63,

Der Verfasser glaubt si{ch durch diese Zahlen zu der Bemerku berehtigt: „Demnach i gerade Japans Export nah den Gold: währungéländern am wenigsten gestiegen, während seine Ausfuhr aus denselben die bedeutendste Vermehrung aufzuweisen hat.“

Von allgemeinem Interesse find noch folgende Mittheilurgen und Ausführungen des vorliegenden Aufsaßes: Bisher war das Gewerbe in Japan durchaus Hausindustrie, allerdings vielfach {on in kleineren Werkstätten, in denen Zwischenmeifter 10 bis 20 Arbeiter oder Arbeiterinnen beschäftigten. Seitdem aber die Produktion sh mebr und mehr für den Weltmarkt einrihtet, ist man auch in Japan allmählich mehr von der Hausindustrie zur Fabrikinduftrie übergegangen. Namentlich seitdem die gesellshaftlihen Unternehmungen mehr Gingang gefunden haben, ift eine fortschreitende Konzentration in der Produktion nit zu verkennen. Es gab 1886 industrielle Unternehmungen 1097; 1891 bereits 2480.

Das Sparen, überhaupt die Kapitalbildung, ift in Japan nach des Verfassers Wahrnehmungen noch ziemlich geringfügig. rey seiner Fortschritte" fagt er „ist demnach Japan doch noch zurück. Aber es strebt vorwärts, und je mehr es fh entwidelt, um so mehr bedarf es des Imports. Freilich manche einfahen Mafsen- artikel wird es fih allmählich felbst herftellen, wie jedes andere Land.“

Was im allgemeinen den Einfluß der Währung anbelangt, so sind, wie der Verfasser meint, die angeblichen Vortheile der Silber- entwerthung A E „Anpassung“, durh die Grböhung der Preise in den Silberwährungsländern ausgeglichen. Die old- währungsländer würden also nicht mehr dur die Deprekation des Silbers benachtheiligt. Es liege daher auch fein Grund mehr vor, den früheren Silberwerth wieder herstellen zu wollen. Jm Gegentheil, das würde den Goldwährungsländern nur \chaden. Ab- feleyen davon, daß im Falle des Bimetallismus das Gold aus den

isherigen Goldwährungsländern ab-, das Silber ihnen zufließen würde, abgesehen von all diefen Kalamitäten des Golda gios, dem die Länder mit entwertheter Valuta so gern entfliehen möchten, von der vielleiht kurze Zeit eintretenden In flation, der Hausse- \spekulation, ihrem Zusammenbruc{ch, den empfindlihen Rück- \chlägen, würden bezüglich der Silberwährungsländer folgende Rae eintreten :

„Die Valuta würde \ih ohne Tenge wieder beben, die Kauffkraft an und für sih steigen. Da aber au nah Ansicht der Bimetallisten in den bisherigen Goldländern die Preife sih entsprehend heben würden, so würde die erhöhte Kaufkraft der Silberländer dadurch wieder aus- geglihen. Es würde also bezüglich des Exports dorthin alles beim alten bleiben. Da nun aber durch den gestiegenen Silberpreis einerseits und durch den nah der Periode der Ueberproduktion und Ueberspekulation eintretenden Preisfall der Waaren das Geld für die Silberlän der vertheuert wird, können fie mit der gleichen Waarenmenge nicht mehr soviel Silber kaufen wie bisher vielleicht nur im Anfang zur Zeit der Haussespekulation ; nach Zusammenbruch derselben aber werden au in den Silberländern die Preise wieder finken. Da ihnen also der Geldbezug vertheuert wird von 2, 3 auf 4.4 pro Ven —, können sie mit 100 Waarenwerth immer nur 74 Yen anstatt 100 bisher kaufen. Dadurch wird der Gewinn des Exvorts verringert, er kann im Inland niht mebr die Preise für die Erport- waaren zahlen, dieselben müfsen im Preise finken, ebenso die be- treffenden Löhne. Das pflanzt fi allmäblih auf das ganze Land fort. Demnach würde der Bimetalliësmus auf die Silber- länder die umgekehrte Wirkung ausüben wie dieSilber- entwerthung was ja auch natürlich it. Wollen das die Bimetallisten? Das wäre aber die nothwendize Konseg Die Ent- werthung der Waaren müßte die Konkurrenzfäbigfkeit der Silberländer allmählih stärken. Der Bimetalliëmus würde also gerade die Wirkung ausüben, welhe man jeyt fälshliherweise der Silberentwerthung

zuschreibt.“ 1 „Es ist ein gefährlihes Feuer* so s{hließt der Verfafer —, „mit dem man zu spielen lieber aufhören follte. Aber die Ent- Vorstellungen und Bestrebungen, fie

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widelung ift stärker als falf

wird auch über leßtere ¡ur Tageëordnung übergehen

dann, wenn die Goldproduktion noch lange fo eraiebig bleibt Ï

der Gegenwart und es liegt gewiß noch viel Gold îin der L, Zweifellos werden diese Anfichten niht ohne Anfechtung blei

jedentalis aber find sie als ein neuer beachtenèwerther Beitrag zu

o überaus streitigen Währung#frage zu begrüßen.

Literatur.

Kr. Geseg zur Bekämpfung des unlauteren Wette bewerbes vom 27. Mai 1896, für die es Praxis erläutert pon C. Hauß, Kaiserlihem Gebeimem Vber-Regi und vortragendem Rath im Reichsamt des Jnnern. in, J. Guttens tag, Verlagsbuhhandlung. Der Verfasser, welcher an den AEE lativen Vorarbeiten von Anfang an betheiligt war, wie es Vorwort heißt, dem Gese bei seinem Inkrafttreten Erläute« rungen mit auf den geben wollen, weldhe der und O Pes E eitenden S des darlegen ollen. eore röôrterun urhaus auf die Literatur und Gai die des us nicht eingegangen, was, wenn au interessant, zu ciner vor»