Nichtamtliches. Deutsches Reich,
Preußen. Berlin, 1. Juli.
Jhre Kaiserlichen und Königlichen O e nten trafen gestern Nachmittag bald nah 3 Ühr an Bord der Yacht „Hohenzollern“ in Wilhelmshaven ein. Die im Hafen liegenden Kriegsschiffe „Mars“, „Siegfried“, „Beowulf“ und die Salut- Batterie gaben beim Einlaufen der Yacht den Kaisersalut. Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin standen auf dem unteren Promecnadendeck und dankten auf das huldvollste f das „Hurrah“ der Mannschaften und der Menge; das Musikkorps spielte beim Einlaufen eine Fanfare. Nachdem die „Hohenzollern“ am Osiquai vor Anker gegangen war, begaben Seine Majestät der Kaiser Ie auf einer Dampfpinasse nah der Werft und besichtigten daselbst das neue Panzerschiff „Ersay Preußen“. Am Abend fand an Bord der „Hohenzollern“ ein Diner statt, zu welhem die Admirale von Knorr und Hollmann, der Vize- Admiral von Valois, sowie mehrere andere höhere Marine- Offiziere geladen waren. Die Yacht war elektrish beleuchtet. Die Musik wurde von der Kapelle der zweiten Matrosen- Division ausgeführt.
Die vereinigten Aus\hüße des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sigung.
Der Wirkliche Geheime Ober-Baurath' im Reichs-Eisen- bahnamt Streckert ist aus Süddeutschland zurückgekehrt.
Der Regierungs-Rath Bartels aus Cassel ist der König- [ichen Regierung zu Hannover zur weiteren dienstlichen Ver- wendung überwiesen worden.
Der Regierungs-Assessor von Schmidt in Schleswig ist der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O., der Regierungs- Assessor Dr. Bourwieg zu Gelsenkirhen der Königlichen Regierung in Münster und der Neaierungs-Assessor Steinmeß zu Hannover dem Königlihen Ober-Präfidium daselbst zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen worden.
Der Regierungs-Assessor von Loebbeccke aus Danzig ist dem Landrath des Landkreises Harburg und der Regierungs- Assessor Dr. Zapp aus Düsseldorf dem Landrath des Kreises Herford bis auf weiteres zur Hilfeleistung zugetheilt worden.
Der Spezialkommissar Regierungs-Rath Dr. Jaeger? bisher in Niedermildungen, ist nach Cassel verseßt, und es ijt demselben die weitere Verwalturg der Spezial-Kommission Cassel 11 übertragen.
Dem Regierungs-Assessor Römer is die weitere Ver- waltung der Spezial-Kommission in Niederwildungen und dem Gerich1s - Assessor Schmidt die weitere Verwaltung der Spezial-Kommission in Treysa übertragen.
Cronberg, 30, Juni. Seine Majestät der König von Dänemark traf heute zum Besuch Jhrer Majestät der Kaiserin Friedrich aus Wiesbaden auf Schloß Friedrichs- hof ein.
Sachsen.
Zhre Mazestät die Königin hat sih heute früh zu mehr- gem Kurgebrauch vcn Pillniß nah Brennerbad in Tirol begeben.
Württemberg.
Seine Majestät der König empfing am Montag in Bebenhausen den bisherigen österreichisch: ungarischen Gesandten Grafen von Zichy behufs Ueberreichung feines Abberufungs- schreibens in Audienz. Der Gesandte wurde sodann zur Tafel bei Jhren Majestäten geladen.
Oesterreich-Ungarn.
Der Kaiser cmpfing gesiern Vormittag den Kardinal Agliardi in Audienz und nahm dessen Abberufungsschreiben entgegen. Heute haben sich der Kaiser und die Kaiserin zu längerem Aufenthalt von Schloß Lainz nah Jschl begeben.
Der Kaiser hat den Erzherzog Franz Ferdinand
um Protektor der Böhmischen Kaiser fran Joseph-Akademie rotcktor der Akademie
er Wissens A in Prag und zum ‘
der Wissenschaften in Krakau ernannt.
Wie die Wiener Blätter melden, hat der Kaiser den Ersten Stellvertreter des Obers:-Hofmeiste1s, den Prinzen zu Liechtenstein, unter Belassung in seinen Funktionen als Oberst-Stallmeister, zum Ersten Oberst-Hofmeister ernannt.
Das ungarische Oberhaus genehmigte gestern die Novelle zum Zuckersteuergeseß und vertagte sich sodann bis zum Herbst.
Großbritannien und Jrland. Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses erwiderte
der Parlaments-Sekretär des Krieaëamts Brodrick auf eine Anfrage, der Befehlshaber der Truppen in Süd-Afrika habe gegenwärtig 5230 Mann Reichstruppen zur freien Ver- Faguag für jeden gurirlGten Dicrst. Jn diefe Zahl sei das von Malta nah Süd-Afrika beorderte Bataillon niht mit grie. Baglay fragte an, ob der Staatssekretär der olonien Chamberlain seine Aufmerksamkeit auf “die in dem Freibrief der Süd - Afrika - Gesellshaft cnt- haltene Klausel gelenkt habe, in welcher die den Freibrief Nachsuchenden der Ansicht Ausdruck gäben, daß der Zustand der Eingeborenen in dem Gesellschaftsgebiet wesentlich werde gebessert werden ; zweitens, ob die in der Thronrede verheißene Untersuhung aller Handlungen der Gesellschaft seit dem Beginn ihrer Thätigkeit auch die Ausführung der Klauscl um Schuß der Person und des Eigenthums der geborenen umfassen werde, und drittens, wélche Schritte die Gesellschaft zur materiellen Besserung des Zu- stands der Eingeborenen gethan habe. Der Staatssekretär „Chamberlain erwiderte bezüglih der ersten Frage, daß ihm die Aufzählung (nicht Klausel) im Freihricf bekannt sei. Be- üglih der zweiten Frage habe die Regierung bereits am
onnerstag erklärt, daß die Untersuhung umfassend
genug sein, daß sie sich auch auf die mit dem __jezigen Aufstand verknüpften Saa erstrecken und auch die Unter- suhung etwaiger Anklagen über Mißhandlung von Ein- geborenen umfassen werde. Was die dritte Frage be- ree so föônne er sagen, daß durch die Errichtung medizinisher Hilfe, die Unterhaltung einer Polizeimacht, die Einrichtung eines Neßes von Verwaltungsbeamten im Lande, die Durchführung des bürgerlichen und des Strafrechts, die Anlegung von Straßen und die allgemeine Entwickelung des Landes der Gesellschaft bis zum Ausbruch der Rebellion ohne Zweifel der Zustand der Eingeborenen wesentlih gebessert worden sei. Weiter erklärte Chamberlain, die Bau eDerung und die Regierung von Natal hätten ihre Hilfe an- geboten, die Behörden an Ort und Stelle hätten jedoch deren Annahme bisher nicht empfohlen. Dem General Carrington und dem Ober - Kommissar Earl Grey sei volle Diskretion gelassen, und die britishe Regierung sei bereit, an Streitkräften zu shicken, was immer für nöthig erachtet werden sollte. Bartlett fragte an, ob auf Chamberlain's Nath die Direktion der Charteced S die Demission Cecil Rhodes’ angenommen habe, ob das Kolonialamt eine Petition erhalten habe, welhe von eincx ungeheuren Majorität eng- lisher Bewohner in Rhodesia unterzeichnet sei, und in welcher gebeten werde, daß Rhodes in seiner dortigen Stellung verbleibe, und welhe Schritte die Regierung beabsichtige, um die englischen Kolonisten in Rhodesia bei der jeßigen kritishen Lage über den Verlust Rhode's zu beruhigen. Der Staatssekretär Chamberlain erwiderte: am 24. d. M. hätten die Direktoren der Chartered Company ihn benachrichtigt, sie seien der Ansicht, daß die Demission Rhodes? und Beit's an- genommen werden solle. Er habe seine Uebereinstimmung mit dieser Ansicht au8gedrückt. Ferner habe er thatsächlich eine von etwa 700 Etnwohnern des Gebiets der Company unterzeichnete Bittschrift empfangen; dieselbe sei aber nicht. in den in der Anfrage angedeuteten Ausdrücken verfaßt. Er sei benachrich- tigt worden, daß über den betreffenden Gegenstand Meinungs- verschiedenheiten vorhanden seien. Den dritten Theil der Än- frage verstehe er nicht völlig, aber die Regierung beabsichtige nicht, spezielle Schritte in dieser Sache zu 1hun. Uebrigens scheine es kaum richtig, zu sagen, daß die Kolonisten Rhodes verloren hätten, da dieser doch seinen Wunsch ausgedrückt habe, in Rhodesia zu leben und dem Lande seine Zukunft und Arbeit zu dessen Entwickelung zu widmen. Der Erste Lord der Admiralität Goschen erklärte, die auf dem Kontinent von den Blättern verbreiteten Nachrichten von einem angeblichen ungebührlihen Betragen der englischen Matrosen anläßlich ihres Besuchs in Rom seien durchaus unwahr und unzutreffend. Schließlich nahm das Haus mit 155 gegen 5 Stimmen die zweite Lesung der Vorlage zur S%hlihtung von Streitigkeiten zwischen Arbeit- gebern und Arbeitnehmern an.
Frankreich.
Der Minister-Präsident Méline beabsichtigt, wie dem „W. T. B.“ aus Paris berichtet wird, Mitte Juli einen Ge- seßentwurf einzubringen behufs Schaffung von Ausfuhr- prämien für französishen Zudcker. Die hierzu er- forderlihen 15 Millionen Fres. follen durch eine Erhöhung der Zuckersteuer aufgebracht werden. Der Minister-Präsident wird beantragen, daß die Vorlage noch vor den Ferien be- rathen werde.
Die Deputirtenkammer sehte gestern die Berathung Über die Reform der direkten Steuern fort. Der Deputirte Gauthier fkritisierte die Vorlage, welche eine un- gerechifertigte Konzession an die Sozialisten sei. Der Deputkirte Na auer sprah sih gegen die Rentensteuer aus. Auf Antrag des Finanz-Ministers Cochery beshloß die Kammer mit 426 gegen 35 Stimmen, heute eine Sißung abzuhalten.
Ftalien.
Der Senat nahm gcstern das provisorishe Budget an. Die Deputirtenkammer seßte die Berathung des Budgets des Ministeriums des Aeußern fort. Der Deputirte Damiani bekämpfte die Politik des Kabinets; der Deputirte Dinicolò sprach zu Gunjten derselben; der Deputirte Barzilai wandte sich gegen den Dreibund. Hierauf ergriff, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister des Aeußern Herzog von Sermoneta das Wort zu folgender Erklärung :
In der Richtung der Politik Italiens habe si absolut nihts geändert. Das Verharren beim Dreibunde sei erft jüngst von dem Minister- Präsidenten bestätigt worden. Der ODreibund fei zur Vertheidigung des Friedens geschlossen worden, auf den die Weiéheit der Negieren- den uxrd der Wille der Völker unwantelhar gerichtet seien. An dieser Absicht könne niemand zweifeln. Das Festhalten am Dreibund fei ein Akt gegenseitiger Treue, welher nicht aus\ch{ließe, ja fogar dazu verpflichte, daß jeder der Verbündeten gute und herzlihe Be- ziehungen zu jeder anderen Macht unterhalte. Die freundschaft- lichen Beziehungen Jtaliens zu Rußland und das Bestreben, gute Beziehungen zu Frankre ch zu erhalten auf Grund der gegenseitigen Sympathien, welche der Nassenverwandtschaft ¿1d der Erinnerung an unvergcßlihe Ereignisse entsprächen, könne keineëwegs die IAntimität vynd das unbegrenzte Vertrauen der beiten Verbündeten, Oesterreich- Ungarns und Deutschlands, verringern. In Bezug auf England habe die italienische Politik gleidfalls feine Aenderung erfahren, Die frevndschaftlihen Beziehungen mit England seien die natürliche Ergänzung des D:eibundes und entsprächen den gemeinsamen Interessen und den gegenseitigen traditionellen Empfindungen. Die Veröffenilihung tes Grünbuchs habe diese Be- ziehungen nicht gestört; bieselben seien im Gezertheil intimer und herzlicher geworden dur die militärische Aftion, welche beide Mächte, obschon ohne gegenseitige Verpflichtung, gegen den gleichen Feind entfalteten. Die über die Stellung des italienishen Botschafters in London geäußerten Zweifel seien aus unrichtiger Deutung der von einem englishen Minister gesprochenen Worte hervor- gegangen, während die rihtiae, vom Foreign Office der italienischen Negierung mitgetheilte Interpretation die Genauigkeit und Wah: heit der von dem italienishen Botschafter in London, General Ferrero, übermittelten Berichte außer Frage stelle. Der allgemeine aufrihtige Wunsh nah Frieden gebe die Gewißheit, daß die Orient- frage jeßt nicht auftauhen werde. J:alien, welhes im Orient fo bedeutende Interessen babe, werde unablässig bemüht sein, unter ten Mächten jenes gegenseitige Einvernehmen zu erhalten, welches allein einen Eifolg hoffen lasse. Die Politik im Balkan- Lande habe immer die Aufrechterhaltung des status quo dafelbst zum Ziele, und die verschiedenen, dort auf nationaler Basis erridteten Staaten könnten \ich unter tieser Voraus- feßung innerhalb der durch Verträge gezogenen Grenzen entwideln und kräftigen. Was Bulgarien im besonderen angehe, so habe die Anerkennung duch die Pforte und das gute Einvernehmen, welches Bulgarien nunmehr mit allen Staaten pflegen könne, einen dunklen Punkt am politischen Horizont beseitigt. Die Erhaltung des status quo sei auch das Grundprinzip der italienishen Politik am Mittel- meer und bezüglih der afrikanisden Küstenländer. Der Handels- vertrag zwischen Italien und Tunis ende infolge der im Jahre 1399 notifizierten“ Kündigung am 29.. September 1896; jedoch beständen neben diesem Handelsvertrage noch Vereinbarungen älteren
Datums, sodaß nur die Konsulargerichtsbarkeit aufhören werde. Wenn kis zum 29. September d. J. kein neuer Vertrag abgeschlossen sein sollte, wozu es ficherlih seitens der Regierung an gutcm Willen nicht fehlen werde, fo bleibe doh ein Rechtézustand aufreckt, der die Inter- essen Italiens wahren werde. Ueber diesen Fall beute zu sprechen, 2 jedoch unzeitgemäß. Die tripolitanishe Frage hänge auh zu- ammen mit der Integrität des ottomanishen Reichs und falle daher unter das in Europa geltende Völkerre{t. Die Politik FJtaliens bezügli Tripolis lasse \ch in die bereits abgegebene Erklärung refümieren, daß der status quo auf- recht erhalten werden solle. Bezüglich Kretas sprach der Minifter die Hoffnung aus, daß dank dem Einschreiten der Botschafter die Ordnung bal» wieder hergestellt sein werde. Im Interesse der europäischen Völker wie im Interesse der Türkei und des europäischen Friedens werde es genügen, die für Kreta speziell abgeschlossenen Ver- träge genau durchzuführen. Die Pforte werde gewiß dieses einfaste und sicherste Heilmittel nicht verweigern. Italien würde es als aufrihtiger Freund der Türkei tief bedauern, wenn gewaltsame Repressalien sich erneuern sollten. Der Minister {loß mit der Bemerkung, daß es in der [eßten Zeit nit an Beweisen gegenseitiger Herzlichkeit und gegenseitigen Wohlwollens zwischen Jtalien und den Großmächten, sowie an Be- weisen der Sympathie und Freundschaft, welche Italien und England so enge verbänden, gefehlt habe. Neuerlibe herzlihe Kundgebungen seien anläßlich der Anwesenheit der englishen Seeleute in den italienischen Häfen zu Tage getreten. Ueber die italieuishe Armee seien fkürzlich herzlihe und aufrihtige Worte der Be- wunderung seitens eines Verbündeten gesprohen worden, als Lee Anerkennung der heroishen Haltung der Offiziere und Soldaten, welhe das Vertrauen des Landes verdienten. Ebenso \chmeihelhaft für Jtalien sei der dem italienishen Kronprinzen vom russischen Hofe bereitete freundlihe Empfang aewesen, wo dessen An- wesenheit während der Krönung des Kaisers die Wünsche des italienischen Volks für die Wohlfahrt des Zaren und des russishen Volks feierlich bekräftigt habe. Frankreih habe die zivilisierte Welt zu einem Feste der Wissenschaft und der Arbeit geladen, und Ftalien sei glücklih gewe)en, einen Bewets seiner innigen Gefühle geben zu können, indem es die Einladung angenommen habe.
Spanien.
Die Königin- Regentin hat ein Dekret unterzeichnet, worin angeordnet wird, daß das gegenwärtige Budget bis zur Annahme des neuen Budgets in Kraft bleiben soll.
Der Senat hat gestern die Marinrvortage für das nächste Finanzjahr und den Gesehentwurf bezüglich Ver- längerung der Zuschlagszöólle zu den Getreide- zöllen angenommen. Bei der Fortsezung der Debatte über die Botschaft griff der Senator Merdo das Verhalten der Re- gierung gegenüber den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika heftig an und beschuldigte die Regierung, sie handle zu vorz sihtig. Redner verlangte sodann Aufschlüsse bezüglih Cubas. Der Marschall Martinez Campos und die Generale, welche an dem Feldzug in Cuba theilgenommen hatten, wohnten der Sißzung bei.
Türkei.
Aus Athen wird berichtet, der neue Gouverneur von Kreta Georgi Berowitsch sei in Canea eingetroffen und werde den Landtag heute feierlich eröffnen. Derselbe werde dabci eine Botschaft zur Verlesung bringen, welche die Vertreter des fretishen Volks zur Mithilfe an der Beruhigung der Jnsel auffordere, und die Kreter der wohlwollenden Gesinnungen des Sultans vet sichere, dessen leb- her Wunsh es sei, due Beschwerden, welche seinen Souveränitätsrechten niht entgegen seien, in Erwägung zu ziehen. In Canea seien gegenwärtig 43 christliche und muhamedanishe Deputirte (von 70 D.putirten überhaupt) anwesend.
Die „Daily-News“ erfahren aus Canea vom 29. v. M., am Sonnabend habe in der Nähe von Bukolies ein hef- tiges Gefecht zwischen Christen und irregu!ären türkischen Truppen stattgefunden. Leztere seien unter Verlust von 17 Todten und vielen Verwundeten zurückgeshlagen worden, die Christen hätten auh mehrere Kanonen erobert
Serbien.
Der König und der Fürst von Montenegro wohnten gestern in Belgrad einer großen Parade bei. Der König führte das seinen Namen traacnde Regiment dem Fürsten vor, ebenso defilierte der Fürst mit dem seinen Namen tragenden Negiment vor dem König. Abends 73/, Uhr trat der Fürst die Rückreise nah Wien an.
Bulgarien.
Die „Agence Balcanique“ meldet: Jn gut unterrichteten Kreisen werde auf das bestimmteste versichert, daß der Kriegs- Minister Petrow weder seine Demission gegeben, noh daß dessen Rücktritt wegen Meinungsverschiedenheiten mit den übrigen Mitgliedern des Kabinets in Bezug auf den Wieder - eintritt der ausgewanderten Offiziere in die Armee jemals in Frage gestanden habe. Der Kriegs-Minister trete in den nächsten Tagen mit seiner Familie einen ihm vor längerer Zeit schon bewilligten Urlaub an und werde sih wegen eines Krankheitsfalls in seiner Familie zunächst nah Wien und dann nah Karlsbad begeben, Jn den erwähnten Kreisen werde darauf hingewiesen, daß die Frage des Wiedereintritts der ausgewanderten Offiziere in die bulgarishe Armee keine rein militärishe Angelegenheit sei, daher auch nicht allein den Kriegs-Minister, sondern auch den Fürsten und die gesammte Regierung berühre, welche in dieser Frage in vollem Einver- nehmen vorgehen würden.
Amerika.
Das Defizit im Haushalt der Vereinigten Staaten für das mit dem gestrigen Tage endende Rehnungsjahr wird auf 25 500 000 Dollars geschäßt.
Afrika.
Der französishen Regierung ist noH keine Bestätigung der Nachricht zugegangen, daß auf Madagaskar bei Betafo ein Gefecht zwischen den Truppen unter General Oudry und aufständishen Schaaren stattgefunden habe.
Dem „Daily Telegraph“ wird aus Buluwayo gemeldet, Cecil Rhodes habe in einer Unterredung geäußert, seine Jnteressen in Rhodesia würden dur seinen Austritt aus der Direktion der Chartered Company nicht berührt; er beab- sichtige im Lande zu bleiben, bis das Land aus den Schwierig- keiten herausgekommen sei, und er glaube, der Aufstand werde bald unterdrückt werden.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (118.) Sigung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Niéberding und der Justiz-Minister Schönstedt bei- wohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung die Berathung des Antrags der verbündeten Regierungen, daß der Reichs- tag feine Zustimmung zü seiner Vertagung bis zum 10. No-
vember gebe. : 0 |
Die Berathung war in Uebereinstimmung mit den ver- bündeten Regierungen eine einmalige.
Der Antrag wurde ohne Debatte angenommen.
Daráuf wurde die dritte Berathung des Bürgerlichen Geseßbuhs fortgeseßt, und zwar beim Abschnitt über die Grundschuld (§8 1174—1181). j
Abg. Graf von Mirbach (d. kons.) beantragte, die Bestim- mungen sämmtlich zu streichen.
Abg. von Ploeg (d. kons): Der Abschnitt über die Grund- \{uld ist für uns der bedentlihste in dem ganzen Gesetzentwurf. wir hatten gehofft, daß das deutshe Recht hier zum Durhbruh kommen werde; das Gegentheil ist eingetreten. Es sind der römish-rehtlichen Auffassung immer mehr Konzessionen gemacht worden in Bezug auf die Mobilisierung des Grundes und Bodens, Der Eigenthümer ift in der Laae, den Grundschuldbrief über den Rest seines Vermögens in die Tasche zu ftecken und bei jeder Gelegenheit einem Wucerer oder sonst Jemandem zu zedieren, und somit den Rest seines Grundes und Bodens loszuwerden. Eine s{hlimmere Mobilisierung des Grundes und Bodens kann ih mir niht denken, und des- halb bin ich voll und ganz für den Antrag des Grafen Mirbach. Ueberhaupt i auch das Aeußerste zu bedauern, daß eine fahlihe und gründliche Prüfung dieses Abschnitts durh die Schnellig- keit, mit der er durhberathen worden ist, verhindert worden ift. Ich \yrehe niht sowohl von dem Plenum als von der Schnelligkeit der Aufeinanderfolg2 von Kom nissions- und Plenarberathung. Die be- theiligten Berufsstände haben absolut niht Zeit gehabt, sch gründlih mit dem Gefeßbuch zu beschäftigen; eine Ortentierung konnte erst nah Veröffentlihung des Kom- missionsberichts eintreten, und nun folgte gleih die Plenar- berathung. Die Interessentenkreise mußten erst gehört oder ihnen Gelegenheit gegeben werden, fih zu äußern und Anträge zu stellen, welhe die Stimmung der landwirthschaftlihen Bevölkerung wider- spiegelten. Aus allen diesen Gründen bin ih leider ger öthigt, gegen das ganze Bürgerliche A zu stimmen.
Ubg. Graf Mirbach (d. konf.) erklärte, daß er den Antrag im Namen der Mehrheit seiner Partei zurückziebe; er wolle aber doch noch die prinziptelle Seite des Antrags dahin darlegen, daß der Antrag be- zwecken sollte, der Uebervershuldung und weiteren Mobilisierung des Grundbefiyes vorzubeugen.
S 1288 bestimmt nah den Beschlüssen der zweiten Lesung, daß zur Eheschließung die Einwilligung des Vaters nicht er- forderlih sein soll, wenn das Kind das 21. Lebensjahr voll- endet hat. | f
De Abgg. Freiherr von Stumm (Rp.) und Dr. Rintelen (Zentr.) beantragten, statt des 21. Lebensjahres das 25. zu seßen, wie cs in der Vorlage enthalten ge- wesen sei. : L
Die Abgg. Dr. Enneccerus (nl.) und Genossen bean- tragten dagegen, zu sagen, daß zur Eheschließung die Ge- nehmigung des Vaters erforderlich sei, „jo lange der Sohn das fünfundzwanzigste, die Tochter das cinundzwanzigste Jahr nicht vollendet habe.“
Abg. Freiherr von Stumm: .Man hätte nicht erwarten follen, daß der Beschluß der zweiten Lesung zu {tande kommen konnte; 1875 hat das Haus einen ganz entgegengeseßten Standpunkt in diefer Frage einzenommen. Es ist eine falsche Annahme, daß die Ghemündigkeit mit der Mündigkeit zusammenfällt. Die Familie wird durch die zu frühen Ehen ohne Einwilli- gung des Vaters dauernd geschädigt. Die frühzeitigen Ehen werden dur den Beschluß der zweiten Lesung gefördert; ist das aber ein normaler Zustand? Ich halte das Heirathen vor dem 25. Jahi1e mit wenigen Ausnahmen überbaupt für ein Unglück. Jn der evange- lishen Kirche wird dur die Eingehung der Ebe vor diesem Alter die Zivilehe auf das äußerste begünstigt, denn eine ganze Masse Arbeiter wird in diesem Alter auf den kirhlihen Segen verzihten. Wenn i voraut- geseßt hätte, daß der fatholishen Kirche in der Frage der Scheidung von Tisch und Bett Zugeständnisse gemacht würden, hätte ih auch Zugeständnisse für die evangelishe Kirche verlangt. Der Antrag Enneccerus is mir immerbin noch lieber, als der Beschluß der zweiten Lesung. Nehmen Sie meinen Antrag an und bewahrcn Sie dadurch die evangelishe Kirhe vor einer außerordentlichen Schädigung.
Aba. Dr. Rintelen (Zentr.) hielt eine Aenterung des Beschlusses zweiter Lesung dringend nothwendig, da sonst die väterlihe Gewalt U L der Zusammenhalt der ganzen Familie erschüttert werden wurde.
Präsident Freiherr von Buol theilte mit, daß der Abg. Frei- herr von Stumm die namentlihe Abstimmung über feinen Antrag beantragt habe. i
Abg. Bebel (Soz.) wies darauf hin, daß der in zweiter Lesung angenommene foztaldemokratishe Antrag in der Kommission nux mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt fei. Die gewichtigsten moralischen Gründe \prächhen für die Ablehnung des Antrags von Stumm, Junge Mädchen oder junge Männer, die keine Eltern bätten, könnten sich ohne Genehmigung verheirathen, die anderen 1tellte mar dagegen unter die Gewalt der Eltern.
Präsident Freiherr von Buol theilte mit, daß der Antrag auf namentliche Abstimmung wieder zurückgezogen sei.
Abg. Dr. Enneccerus (nl.): Vie Uebertreibungen des Vot- redners werden dur) das Geseß widerlegt, denn die verweigerte Ge- nehmigung der Eltern kann einem volljährigen Kinde gegenüber vom Bormundschaftsgericht erseßt werden, wenn keine triftigen Gründe zur Verweigerung vorliegen. Die Anrahme des Antrags von Stumm unterliegt alfo besonderen Bedenken niht. In den Arbeiterkreisen werden allerdings vielfa frühzeitige Ehen geschlossen; aber sie sind niht wünschenswerth. Die jungen Leute können, wenn sie sich nicht frühzeitig verheirathen, durh Ersparnisse eine gute Grundlage für die Fame dung legen. Deshalb werde ih in erster Linie sür den
ntrag des Abg. von Stumm eintreten, erst in zweiter Linie für meinen Antrag. i
Abg. Stadthagen Lee: Die liberalen Parteien sind früher für die Beseitigung der Ehehindernisse eingetreten und haben sih das mit Recht zum Ruhm angerehnet, Daß das Vormundschaftsgericht die Genehmigung ertheilen kann, ift uichiig, aber dicje Bestimmung ist von Lasker und Windthorst energish bekämpft worden, weil dur) die Anrufung d. s Gerichts der Unfriede in die Familie getragen würde.
Bundesrathskommissar Professor von Mandry trat für den Antrag von Stumm ein. Früher, führte der Redner aus, mußte überhaupt die Genehmigung der Eltern zur Ebeschlicßung ertheilt werden. Man ift im Zivilstandügeses auf das 25, Lebenejahr zurüdk- gekommen. Es wäre ein sehr raîher Sprung, wenn" man jeßt auf das 21. Lebensjahr zurückgeben wollte, zumal es jeden Augenblick möglih ist, beim Vorwundschaftêgeridt die Ergänzung der Geneh- migung zu erhalten, welches dieselbe nur bei wiwtigen Gründen ver- \fagen wird,
Abg. Dr. Enneccerus wies darauf hin, daß Lasker sih da- gegen gewendet habe, daß das Kind die Klage auf Ergänzung begründen müßte, während jeßt der Vater seine Weigerung begründen musse.
__ Abg. Gröber (Zentr.) erklärte, daß die Mehrheit des Zentrums wie in zweiter Lesung stimmen würde. Nachdem die Vokjährigkeit auf 21 Jahre festgeseßt sei und jedes Kind mit diesem Zeitpunkt sich wirthshaftlich selbständig machen könne, müsse den Kindern auch die Gheschließung ohne Genehmigung gestattet werden.
Aba. Bebel: Die väterlihe Gewalt wird durh den Beschluß zweiter Lesung nicht beseitigt. Der Vater hat namentlich dur die Verfügung Über das Vermögen der Familie immer noch fo viel materielle Gewalt, um eine Heirath verhindern zu können, die ihm nicht zusagt- : i
Der Antrag von Stumm wurde gegen die Stimmen der Deutshhkonservativen, der Reichspartei, der Mehrheit der Nationalliberalen und einer sehr geringen Minderheit des Zentrums abgelehnt. ; :
Auch der Antrag Enneccerus wurde abgelehnt und Z 1288 unverändert genechmiat.
Bei 1346 („Eheliches Güterreht“) führte der
Abg. Freiherr von Stumm aus, daß er auf seinem Standpunkt stehen bleibe, troß Ablehnung seiner Anträge; er halte es aber für wahrsheinkih, daß man bald zur Aenderung der Beschlüsse kommen werde, Man habe ihn geschlagen, aber nicht besiegt und seine An- sichten würden hoffentlich bald sich zum Siege durhringen.
Bei S 1552, der gestrichen is, beantragten die Abgg. Munel (fr. Volksp.) und Genossen die Wiederherstellung der Regierungsvorlage, wonach Geisteskrankheit als Ehe- scheidungSsagrund gelten soll. :
An der Berathung über diesen, zunächst durch den An- tragstellec begründeten Antrag, über deren Verlauf morgen ausführlich berihtet werden soll, betheiligten sich der Justiz- Minister Schön ftedt, der Königlich sächsishe außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Dr. Graf von Hohen- thal und Bergen, der Großherzoglich badische außerordent- lihe Gesandte und bevollmächtigte Minister Dr. von Fage- mann und der Abg. Pauli (Np.).
Bei Schluß des Blattes wurde in vamentliher Ab- stimmung der Antrag mit 161 gegen 133 Stimmen an- genommen.
— Bei der gestern im 4. Merseburger Wahlkreis (Saalkreis, Stadt Halle) vorgenommenen Ersaßwahl zum Reichstag erhielten, wie „W. T. B.“ meldet, Kuhnert (Soz.) 15783, Dr. Meyer (fr. Vgg.) 7203, Kühme (Antisem.) 4284, Arndt (Np.) 3761 Stimmen. Kuhnert ist somit gewäh!t.
— Bei der gestern im 4. Danziger Wahlbezirk (Berent-Stargard-Dirschau) abgehaltenen Ersaßwahl zum Le der Abgeordneten erhielt der Gutsbesißer Arndt-
artshin (freikonservativ) 232 und der Pfarrer von Woll- Ie -OAgentarg (Pole) 236 Stimmen; leßterer ist somit gewählt.
Nr. 26 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, beraus- ‘a pra im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 27. Juni, hat olgenden Inhalt: Amtliches: Beschluß des Königlichen Staats- Ministeriums vom 30. Oktober+1895, betreffend die Grundsäße für die Reise- und Umzugskosten. — Dienstnacbrichten, — Nichtamtliches : Gruppierter Bau bei Kirhen. — Der Wettbewerb für den Neubau eines Rathhauses in Hannover. (Schluß.) — Bestimmung des Grenzwerths der Kreuzungswinkel \chiefer eiserner Brücken. (Schluß) — Prüfung eines Satzes der Fahwerklehre durch den Versuch. — Vermischtes : Preisaus\schreiben zur Erlangung von Entwurfskizzen für den Neubau der Hochschule für die bildenden Künste und der Hochschule für Musik in Berlin. — Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für den Neubau eines Kreishauses in ‘Wanzleben. — Wettbewerb für eine Synagogein Dortmund. — Preisertheilung seitens des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen. — 25. Abgeordneten-Ver- sammlung des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieur- Vereine in Berlin. — Flußbaulihes Laboratorium an der Technischen Hoch- \chule in Dresden. — Stadt-Bauräthe in Frankfurt a. M. — Dauer der flußeifernen Feuerbuhsen. — Betongewölbe mit Eisenrippen nah Melan’sher Bauart. — Schwingungen eines Trägers mit bewegter Last.
Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.
Nach § 26 a. Ziff, 2 des Krankemwpersiberungsgeseßes vom 15. Juni 1833/10, April 1892 kann durch das Kassenstatut bestimmt werden, daß Versicherten, welche sih eine Krankheit vorsäßlih oder durch shuldbhafte Betheiligung bei Schlägereien oder Nauf- händeln zugezogen baben, für diese Krankheit das statutenmäßige Krankengeld garni{t oder nur theilweise zu gewähren ist. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober-Verwaltungsgericht, 111. Senat, durch Urtheil vom 21. November 1895 auêgesprc{ch°n, daß unter „shuld- hafte Betheiligung bei Schlägereien oder Naufhändeln* nit ein ohne jede feindlide Absicht, lediglih zur Erprobung der Körperkräfte unter- nommenes Ringen fällt. — Der Klempnergeselle K., Mitalied einer Ortsfkrankenkafse, fiel, als er ohne vorhergegangenen Streit und lediglih zur Erprobung der Kräfte mit dem Schlosser W. im Ringen begriffen war, zu Boden und brach hierbei ein Bein. Die Kraukenkasse verweigerte ihm wegen f{huldhafter Betheiligung an einem Raufhandel die Krankenunterstüßung, worauf ihm die Ortsgemeinde im Wege der öffentlihen Armenpflege in einem Krankenhause die erforderliche Heil- behardlung und Verpflegung gewährte und die erwachsenen Kosten von der Krankenka\se klagend einforderte. Der Bezirks-Ausschuß erkannte nah dem Klageantrage, und auf die Nevision der Beklagten bestätigte das Ober-Verwaltungsgeriht die Vorentscheidung, indem es begründend ausführte: „Nach gemeinem Sprachgebrauh, auf welhen in Er- mangelung etner abweichenden Bestimmung des Begriffs Raufbandel zurückzugehen ift, läßt sih aber als ein Naufhandel nur ein \solhes Verhalten beurtbeilen, bei welhem ein feindfeliges Gegenübertreten aus Anlaß von Streit oder fonst als Folge eines Angriffs im Ningen oder Raufen feinen Ausdruck findet. Ein Vorgang, bei welchem eine wechselseitige widerrechtlice Thätigkeit den Umständen nach völlig ausgeschlossen ift, kann nicht unter den Begriff des Raufhandels ge- bracht werden.“ ([I11. 1448.)
Gesundheit8weseu, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.
Der Gesundheitsstand in Berlin blieb in der Woche vom 14, bis 20, Juni eîn günstiger und auch die Sterblichkeit eine mäßig hobe (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berehnet, 20,2), obwobl infolge der anhaltend hohen Temveratur der Luft, die in der Woche vorherr\chte, wobei das Thermometer wiederholt über 27,0 C. stieg, akute Darmkrankheiten in erheblich g(fteigerter Zahl zum Vorschein kamen. Es erlagen diesen Krankheitsformen 114 Personen, fast auss{liefi:lich Kinder im Alter unter zwei Jahrep, und zwar lieferten die Tempelhofer Vorstadt, das Stralauer Viertel und die Oranienburger Vorstadt bierzu das größte Kontingent. Die Theilnahme des Säuglings- alters an der Sterblichkeit war eine gesteigerte, von je 10 000 Ein- wohnern starben, aufs Jahr berechnet, 93 Säuglinge. Dagegen famen akute Entzündungen der Athmungsorgane seltener zum Bor- schein; Todesfälle an Grippe sind uicht vorgekommen. Unter ten Infektionskrantkheiten blieben Erkrankungen an Typhus selten, Erkrankungen an Masern und Diphtherie wurden etwas mehr, an Scharlach etwas weniger als in der Vorwoche zur Anzeige ebraht, und zwar famen Erkrankungen an Masern aus der Séöneberger Vorstadt, der diesseitigen Luisenftadt und aus Moabit, an Scharlach aus der diesseitigen Lutsfenstadt, an Diphtherie aus der Tempelhofer Vorstadt, de:n Stralauer Viertel und der Rosentkaler Vorstadt am Hbäufigsten zur Anzeige. Auch wurde ein weiterer Todes- fall an Genickstarre gemeldet. Erkrankungen an Kindbettfieber nurden
4 befannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgeroebes der Haut blieben in beschränkter Zahl. Erkranfungen an Keuchhusten, die in 16 Fällen tödtlich endeten, waren noch häufig. Rheumatiiche Beschwerden : aller Art zeigten in ihrem Vorkommen im Verglei zur Vorwothe keine wesentiälbe Veränderung. 24
Verdingungen im Auslande.
Spanien. | 27. Julí, 2 Uhr. Staats-Münze (Administración de la Fá- brica Nacional de la Moneda y Timbre) zu Madrid: Lieferung von 20 000 kg Kupfer. Bedingungen (11 Folioseiten) zur Einsicht oder Abschrift bei der aus\chreibenden Behörde. ; __ Niederlande.
8. Juli. Ninisterium für Wasserbau, Handel und Industrie, im Haag: Crrihtung einer Brücke in Heusden. Voranschlag 58 100 F[.
Belgien.
8. Julí, Mittags. Gemeindehaus zu Brüssel: Lieferung in einem einzigen Loose von 15 Kreuzungsgleisen aus Stahlschienen, Profil „Vignoles“. Kaution 4500 Fr. — Speziallastenhefte Nr. 170 und Nr. 358.
9. Juli. Gemeindehaus zu Verviers: 800 m ungebleichten Baumwollstoff, Breite 1,60 m; 800 m Kattun, Breite 1,20 m; 700 m Baumwollstoff „catonnette“, Breite 1,14 m und 1000 kleine Taschentücher.
17. Juli, Vormittags. Gemeindehaus zu Brüs \el: Lieferung in 3 Loosen von Säbeln, Säbelkoppeln und Säbelquaslen für - die“ niederen Polizeibeamten.
_ODhne Datum. Börse zu Brüssel: Lieferung in einem einzigen Loofe von 6 Brückenwaagen mit 15 t Tragkraft; Kaution 750 Fr.
Rumänien.
19. Juli, 2—5 Uhr. Stadtverwaltung von Braïla: Bau einer Kasferue für die Stadtsergeanten. Voranschlag 109 975 Fr. Kaution 4%. Näheres bei obiger Verwaltung, werktäglih während der Bureaustunden.
15. Juli, 10 Uhr. Stadtverwaltung von Bukarest: Bau einer Kommunalschule, Voranschlag 198 000 Fr.
29. Juli. Ministerium der öffentlihen Arbeiten in Bukarest: Lieferung von 20 000 cbm Kies für die Linie Crajova —Calafat. Vor- anschlag 200 000 Fr.
6. August. Ministerium der öffentlihen Arbeiten in Bukarest: Bau der Chauffee Curtra—d’Arge\{h—Tigöni—Suíci— Caimeni. Vor- anshlag 852 054 Fr.
| Schweden.
1. November. Stadtverwaltung von Malmö: Ausschreibung der Pläne und Voranschläge für den Bau einer neuen Gasanstalt in Malmö. Drei Preise von 3000, 2000 und 1500 Kr. für die drei besten Entwürfe. Näheres (in deutscher und schwedisher Sprache) im Bureau der Gasanstalt ‘in Malmö sür 3 Kr.
L __ Egypten. /
9, Juli. Kriegs-Ministerium in Kairo: Lieferung von 60 000 Okka Butter. i :
15. August, Mittags. Der Kontroleur der Salz- und Natron- verwaltung in Kairo: Lieferung von 20 000 Salzsäcken. Bedingungs- hefte alle Tage mit Ausnahme von Freitag und der Festtage am Sitz der Verwaltung in Boulaq (Kairo).
Verkehrs-Anstalten.
__ Infolge des Preisauss\chreibens des , Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen“ vom März 1894 für Erfindungen, Verbesserungen oder schrift\stellerishe Arbeiten im Gebiete des Eisenbahnwesens sind folgende Preise zuerkannt worden: 1) Ein Preis von 7500 4 dem Ober-Baurath A. Klose in Stuttgart für sein verbessertes System von- Nadiallokomotiven. 2) Je ein _Preis von 83000 A der Direktion der Aus- führungen für Cisenbahn - Oberbau in Berlin für die ver- besserte Schienenstoßverbindung „Stoßfangschiene" und der Lokomotivfabrik Krauß u. Co. in München für ihc kom- biniertes Drehgestel für Lokomotiven. 3) Je ein Preis von 1500 A dem Inspektor A. Prasch in Wien für seine neuartige Signalkontrole, dem Ober-Inspektor F. Gattinger in Wien für seine SELNORAt Nin dem Regierungs-Baumeister Leschinsky in Breslau für seine fselbstthätige Sicherung der Gazens beim Durchfahren eines Zuges gegen verfröhte Umstellung der eichen, dem Maschinen-Direktor-Stellvertreter Belcsak in Wien für seine Wagenthür mit E h Drehungérichtung, dem Eisenbahn-Bau- Inspektor F. Maiß in Berlin für seine Verbesserungen an Lokomotiv- pfeifen und -deren Gestängen, dem Regierungs-Rath Kemmann in Berlin für fein Werk „Der Verkehr Londons mit besonderer Berüd- sichtigung der Eisenbahnen“, dem Bureauvorstand E. Rank in Wien für fein Werk „Das Eisenbahn -Tarifwesen in seiner Beziehung zu Volk3wirthshaft und Verwaltung“, dem Regierungs- und Baurath von Borries in Hannover und den Hinterbliebenen des Geheimen Bauraths Büte in Magdeburg für das Werk „Die nordamerikanischen Eisenbahnen in tehnisher Beziehung“, dem Generaldirektions-Rath Dr. Röll in Wien für seine -,Encyklopädie des gesammten Eisenbahn- wesens“, dem Geheimen Ober-Regierungs-Rath Dr. Gerstner in Berlin für sein Werk „Internationales Eisenbahnfrachtrecht“.
Hamburg, 30. Juni. (W. T. B.) Hancburg - Ameri- fanishe Padetfahrt- Aktien - Gesellshaft. Der Post- dampfer „Palatia“ hat heute Mittag Lizard passiert.. Der Post- danpfer „Allemannia“ ist gestern in St. Thom as eingetroffen.
Londoa, 30, Juni. (W. T. B,) Der Castle-Dampfer „Dunottar Castle" ist auf der Ausreise heute in Kapstadt angekommen.
Theater und Musik.
Im Neuen Königlichen Opern» Theater geht morgen Neßler's Over „Der Trompeter von Säkfingen* in Scene, er Kaiserlich Königliche Kammersänger Herr Theodor Reichmann auz Wien singt den Werner Kirhhofer als leßte Gastrolle, die Marie: E Hiedler. — In dem großen Maifest im dritten Akt treten die
amen Dell’Era, Urbanska und das Balletkorps auf. — Im Garten findet von Nachmittags 6 Uhr ab großes Militärkonzert statt.
Maunigfaltiges.
Die Berliner Gewerbe-Ausftellung hat gestern eine neue Arziehungskraft erhalten, und zwar durch den nunmehr vollendeten «Bauhof“ der Gruppe 111, für Bau- und Ingenieurwesen, welcher gestern Nahmiitag um 4 Uhr feierlih eröffnet warde. Wer dur die harmonish ge!''immte Eintrittshalle der Gruppe II[, die sih an den Industriepalast \{ließt, den Bauhof betritt, steht zunähst der imposanten Front des „Freihauses* der Baugruppe gegenüber, die den Plaß nah Norden einfaßt. Dies ist mit dem Bauhof zusammen das Shmuckstück der Architekturausstellung, Das wuchtige Portal aus Rathenower Kunstsandftein, das \sich über der granitenen Ras erhebt, i wie die ganze Giebelfaçade von romanischen
ormen. Darüber öffnet sich ein kolossales, dreitheiliges Prunk- fenster, dessen reihe Gliederung, von s{chwerem Fahwerk umrahmt, oben in die weiße Thurmfläche übergeht, deren Zentrum eine aro elektrishe Uhr in einem prachtvollen Zifferblatt bildet. Während die Spiye des in allen Motiven malerisch und bewegt gehaltenen Thurmes in ihrer stolzen Höhe von 120 Fuß dominierend die ganze Umrahmung des Bauhofes überblickt, leiten rechts zwei steinerne Bogengänge , oben zu Laubenhaklen ausgestaltet, zu der Front der fog, Längöhalle hinüber, die den Bauhof im Osten flankiert. Diese ist etn Meisterstück des Geheimen Regierungs- Raths, Professors Opyen: eine 465 m lange, s{hwere Facade aus fünf mächtigen Rundbogen , deren mittelster nah den Plänen für die St. Georgenkirhe in Berlin zum Portal dieser Seitenhalle
ausgebildet ist. Die wuchtigen Bogen, deren Oeffnungen der Kunst-