1896 / 156 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Jul 1896 18:00:01 GMT) scan diff

_ Abg. Dr. von Benn ig) en (nl.) hält es für angemessen und politis zwedckmäßig, unse lagen am Schluß der dritten Be- rath abzugeben. Die Generaldiskussion am Anfang der dritten Wütatiting fo te ganz ausgeschlossen werden ; die Spezialdiékussion sei arten at auf die Entscheidung des Reichstags in dritter Berathung

inz en,

Abg. von Czarlinski BeA Wir werden troß vieler Bedenken [N das Bürgerlihe Geseßbuh im Ganzen \timmen, weil wir es mmerhin für einen Set des jeßigen Rechtszustandes betrachten. Was die religiösen Seiten betrifft, so {ließen wir uns vollständig den Ausführungen des Abg. Lieber an. i: :

Es E die Berathung der Resolutionen. Abg. Frei- ‘herr von Stumm beantragt, dieselben erst im Herbst zur Berathung zu stellen, da ihre Besprehung mehrere Tage erfordern würde und nicht so eilig sei. i /

Abg. Dr. von Bennigsen: Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Resolutionen eine mehrere Tage dauernde Debatte erforderlich machen, namentlich wenn wir der Regierung die Gründe für die Resolutionen klar machen wollen. Wir können doch kaum glauben, daß wir Gegenstände wie das Bergrecht, das Jagdrecht, das Fishereirecht, das Versicherungsreht und das Verlagsreht in wenigen Stunden er- ledigen können. Deshalb stimme ich dem Antrage des Herrn von Stumm zu. : S :

Abg. Singer (Soz.): Es is do eigenthümlich, daß dieselben Herren, welche die Berathung des Bürgerlichen Gefeßbuches durchge- drückt haben , jeßt die Fragen, welhe im organischen Zusammenhang mit diesem Geseßbuch stehen, niht mehr berathen wollen. Jh würde es für sehr unzweckmäßig halten, wenn wir die Refolutionen jeßt nicht dur einen Spruch des Reichêtags erledigen würden. Wenn die Berathung des Bürgerlichen Gefeßbubs nicht bis zum Herbst vertagt werden fonnte, so fönnen diese Refolutionen auch nicht vertagt werden, weil sonst die Regierungen mit ihren Vorbereitungs- arbeiten zur Ausführung der Refolutionen nicht vorgehen können. Dafür könnte man doch noch einen oder zwei Tage opfern. Wie die Beschlüsse der Kommission beim Geseßbub zum Geseh erhoben worden find, so werden auch die Resolutionen angenommen werden. Wenn Sie dasfelbe Maß von Gründlichkeit anwenden wie beim Bürgerlichen Geseßbuch, dann wird die Verzögerung keine erhebliche sein. Es macht den Cindruck, als ob man die Nefolutionen nit diskutiecen will, um Play für andere Resolutionen zu bekommen. Unsere Refolution über die Gewerbegerihte wird gewiß niht lange Zeit in Anspruch nehmen, je fann aber die Regierungen veranlassen, die geseßgeberishe Vor- ereitung zu treffen. : j i l

Abg. Dr. Lieber: Die Refolutionen betreffen Dinge, die außer- halb des Bürgerlichen Geseybuchs geregelt werden follen. Die ersten beiden Refolutionen betreffen Aenderungen der Zivilprozeßordnung, welche mit dem Bürgerlichen Geseßbuh in Verbindung stehen. Die anderen Resolutionen haben aber Zeit bis nah der Vertagung; sie erfordern eine gründliche Erörterung, wenn fie auf die verbündeten Regierungen einen Eindruck machen follen. /

Abg. Dr. von Bennigsen: Die ersten beiden Resolutionen enthalten allerdings niht wihtige Gegenstände. Es würde nihts dem entgegenstehen, diese Resolutionen jeßt sofort zu berathen.

Abg. Freiherr von Stumm schließt sih diesen Ausführungen an.

Abg. Singer: Auf der Berathung der dritten Resolution wollen wir au nit bestehen, wohl aber auf der Erledigung unserer Resolution über die Gewerbegerichte. : :

Das Haus genehmigt darauf die folgenden beiden Resolutionen:

I, Es wird die Erwartung ausgesprochen, daß in der gleih- zeitig mit dem Bürgerlichen Geseßbuch in Kraft tretenden Novelle zur Zivilprozeßordnung folgende Vorschriften aufgenommen werden :

1) im § 621: Die von dem zu Entmündigenden angebotenen Gegenbeweise sind zu erheben; zu dem Antrag auf Ent- gung wegen Trunksucht is die Staatsanwaltschaft nicht efugt;

2) als § 49 a: :

Feld ist, wer rechtsfähig ist. Vereine, die niht rechts-

ähig sind, können verflagt werden, wie wenn sie rehtsfähig

wären ;

und als § 668 a :

Zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines nit rechts-

egen Vereins genügt ein gegen den Verein ergangenes Ur-

theil.

IT. Den Herrn Reichskanzler zu ersuhen, bei dieser Novelle E proleorduung Vorschriften in Erwägung zu nehmen, nah welchen

1) eine \{leunigere Beitreibung des verdienten Arbeitslohns er- mögliht wird;

2) in einem auf Räumung einer Wohnung lautenden Urtheil eine angemessene Frist zur Näumung gewährt werden muß;

3) der Kreis der unpfändbaren Sachen erweitert, mindestens auf alle für den Erwerb oder Beruf des Schuldners unentbehr- lichen Gegenstände ausgedehnt wird.

Präsident Freiherr von Buol theilt mit, baß folgende Interpellation des Abg. Grafen Arnim (Rp.) und Ge- nossen eingegangen sei:

Ist den verbündeten Regierungen bekannt: 1) daß die Loko- notierungen an der Berliner und anderen deutschen Produktenbörsen dem wirklichen Verkaufspreis vielfach nicht entsprehen? 2) Ob und wit welchen Mitteln die Aufsichtsbehörden der einzelnen Landesregierungen diesen Mißständen entgegenzutreten beabsichtigen ?

Der Präsident Freiherr von Buol \{lägt vor, vor der Gesammtabstimmung über das Bürgerlihe Gesezßbuh den nächsten Gegenstand der Tagesordnung, den Bericht der Ge- s{häftsordnungs-Kommission Über die Gültigkeit der Wahl des Abg. Köhler (Reform-P.) zu berathen.

Das Haus folgt dem Vorschla e des Präsidenten.

Die Geschäftsordnunge-Kommission beantragt, das Mandat des Abg. Köhler dur die Uebertragung einer Postagentur für erloshen zu erklären.

Das Haus tritt dem Antrage seiner Kommission bei.

Abg. Graf vo n Mirbach (d.-kons.) beantragt, die dritte Be- rathung der Margarinevorlage vor der Gesammtabstimmung über das Bürgerliche Geseßbuh vorzunehmen. Die Nationalliberalen und die P parte! hätten bündige Erklärungen abgegeben, daß diese Vorlage noch erledigt werden solle. Die Herren könnten ihrem Ver- sprehen doch nur wirksam nachkommen, wenn sie die Abstimmung ausseßten; nur fo sei es möglich, ein beschlußfähiges Haus für die Mar e Ps f E

(bg. Dr. von Bennigsen: erdings is von verfhiedenen Parteien mit der Rechten fiber die Frage verhandelt und us Ein- verständniß erklärt worden, die Margarinevorlage noch in dieser Session vorzunehmen; dagegen ist weder von mir, noch, meines Wissens, von einem meiner Freunde versprochen worden, daß diese Berathung vor der Schlußabstimmung über das Bürgerliche Geseßbuch stattfinde, Und nachdem dieses Geseßbuh nah vielen Schwierigkeiten soweit gediehen ist, liegt kein Grund vor, die Margarinevorlage vorweg zu nehmen. Wir sind gern nah wie vor bereit, das Margarine- gese auf die nächste Tagesordnung zu seten.

¿ Abg. Dr. Lieber: Jch stimme mit Herrn von Bennigsen voll- kommen überein, Haben die geehrten Herren von der Rechten den entschiedenen Willen, die Margarinevorlage noch zu stande zu bringen, l haben sie das in der Hand; fie brauchen nur so vollzählig zu er- einen wie wir, und an dem Resultat wird nihts geändert, wenn auch Einige von der Linken abreisen.

Der Antrag Mirbach wird abgelehnt. um 4/4 Uhr die namentliche Ab P gerlt@e Gesezbuch im Ganzen.

ieselbe ergiebt die vom Hause mit großem Beifall be-

grüßte Annahme des Bürgerlichen Geseyzbuchs mit gegen 48 Stimmen.

l Darauf beginnt timmung über das

Schluß 51/4 Uhr. Nächste L Donnerstag 11 Uhr. Dritte Lesung des Margarinegeseßes, Jnterpellation des

rafen Arnim, betr. die Lokopreise, und Antrag des Grafen Schwerin.)

Nr. 27 der „Ver öffentlihungendes Katserl ihen Gesun d- heitsamts*" vom 1. Juli hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. L Maßregeln gegen Cholera 2c. Desgl. gegen Pest. Jahresberiht des Medizinal- Kollegiums von Lübeck, 1894/95. Gesetzgebung u. \. w. (Deutsches Reid) Geheimmittel. Reichs-Viehseuchengeseß. (Schluß.) (Preußen. Reg.-Bez. Breslau.) Kindbettfieber. (Reg.-Bez. Liegniß.) Stallungen für Handelsvieh. (Reg.-Bez. Oppeln.) Desgl. ree Merseburg.) Beaufsichtigung von Viehbeständen, Thier- chauen 2c. (Bayern.) Bäkereien und Konditoreien. (Württem- berg.) Viehentshädigungen. (Sachsen-Weimar.) Medizinalweine. (Neuß f. L.) Ausführung des Jmpfgeletzes. (Oesterrei. Varicellen. (Schweiz. Kanton Freiburg.) Lehrlings- und Arbeiterschuß. (Kanton Genf.) Ausübung der Heilkunde. Krankenwärters@ule. (Belgien.) Fleishhandel. Gang der Thierseuchen in Bosnien und Herzegowina 1895, 2. Halbjahr. ODesgl. in den Niederlanden 1896, 1. Vierteljahr. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.-Bezirke Oppeln, Stade, Bayern, Oesterreich, Belgien.) Verhandlungen von geseßgebenden Körperschaften, (Großbritannien.) Wohnhäusererwerb dur Arbeiter. Vermischtes. (Belgien, Brüssel.) Bevölkerungsvorgänge, 1894. (Arabien.) Pilgerfahrten, 1894/95. (Ostindien.) PReißende Thiere 2c, 1894, —_ Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung.

Entscheidungen des Reichsgerichts,

§ 4 des Neichs-Anfehtungsgeseßes vom 21. Juli 1879 lautet : „Hat der Gläubiger, bevor er etnen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hatte, oder seine Forderung fällig war, denjenigen, welhem gegenüber eine im § 3 Nr. 2—4 bezeihnete Nechtshandlung vorgenommen ist, von seiner Absicht, die p anzufehten, durch Zustellung eines Shriftsaßes in Kenntniß geseßt, so wird die Frist von dem Zeitpunkte der Zustellung zurückgerechnet, \ ofern \{chon zu dieser Zeit der Schuldner zahlungsunfähig war...“ Diese Bestimmung findet, nah einem Urtheil des Reichsgerihts, VI. Zivilsenats, vom 20. Januar 1896, nur dann Anwendung, wenn der Schuldner zur Zeit der Zustellung des Schriftsatßes zur Befriedigung desGläubigers unfähig war, wenn eine Zwan gsvollstreckung in sein Vermögen zu einer Befriedigung niht geführt haben würde, was von dem Anfehtungsgläubiger zu beweisen ist; die Feststellung einer allg e- meinen Zahlungsunfähigkeit im Sinne der Konkursordnung genügt niht. „Der Mangel bereiter Zahlungsmittel zur sofortigen Dedckung der fälligen Geldshulden bedingt für den einzelnen Gläu- biger noch niht die Unmöglichkeit, sich aus dem etwa vorhandenen Vermögen durch Zwangsvollstreckung befriedigt zu machen. Da die Exekution wegen der Forderung des anfehtenden Gläubigers in der kritishen Zeit noch nit versuht war, so muß {ih der von diesem zu führende Beweis darauf richten, daß er durch Zwangsvollstreckung seine Befriedigung damals nicht gefunden haben würde, welcher Be- weis dadur niht geführt wird, daß dem Schuldner die baaren Mittel zur Bezahlung seiner Schulden fehlten“. (279/95.)

Das servitutarische Recht des Hausbesizers an der an seinem Grundstück vorüberführenden S traße ist, nah einem Urtheil des Reich8gerichts, V. Zivilfenats, vom 6. Mai 1896, im Gebiete des Preußischen AUgemeinen Landrechts. begrenzt und bedingt durch die Zweckbestimmung der Straße selbst dergestalt, daß der Hausbesiger fich ohne Entschädigung alle Veränderungen gefallen lassen muß, welhe dazu dienen, ' die Straße in dem Zustande ¿zu erhalten oder auch in den Zustand zu seßen, in welchem le ihrer Bestimmung am vollkommensten genügen kann, ofern nur die Straße auch ferner als Kommunikations- mittel für das betreffende Grundstück erhalten bleibt ; geringfügige Ershwernisse der Kommunikation des Grund- sttücks mit der Straße begründen demnach keinen Anspruch auf Ent- schädigung. Die Gebrüder V. sind Eigenthümer dreier in Branden- burg a. H. an der W.-Straße neben einander belegener Grundstüde, auf deren einem eine Wollwaarenfabrik betrieben wird. Diese Straße ist aus Anlaß des Neubaues der Brücke, welhe über den östlih am Grundstück der Gebrüder B. vorbeifließenden Graben führt, in all- mählichèr Steigung am Grundstück der Gebrüder B. vorbei erhöht und durch eine Futtermauer abgegrenzt worden. Zwischen dem Wohnhause der Gebrüder B. und dieser Futtermauer is ein ca. 6 m breiter Naum liegen geblieben. Unter dem Balkon des Hauses befindet sih eine 3,3 m breite Einfahrt zu den Fabrikgebäuden, in welhe vor dem Brückenbau direkt von der Straße eingefahren werden konnte, während jeßt bei einem Nachbar- grundftück in jenen Zwischenraum gefahren und die Wagen dort ge- wendet werden müssen, um in die Einfahrt zu gelangen. Die Gebr. B. beanspruchten klagend wegen dieser Kommunikations-Ershwerniß von der Stadtgemeinde eine Entschädigung, ihr Anspxruch wurde aber in der Berufungsinstanz abgewiesen, und die Revision der Kläger wurde vom Neichsgericht zurückzewiesen, indem es die oben hervorgehobenen Säye aussprach. (352/95.)

—- Hat eine Aktiengesellschaft Obligationen ausgegeben und den Obligationeninhabern zu deren Sicherheit gegen Veränderung des Bermögens und gegen die Konkurrenz anderer Gläubiger an ihrem Vermögen gewisse Rechte bestellt, und verfällt sodann die Aktiengesellschaft in Konkurs, che sämmilike Obligationen ausgegeben find, so kann, nah einem Urtheil des Reichêgerihts, I. Zivilsenats, vom 6. Vai 1896, die Konkursmasse die den Obligationen- besigern eingeräumte Sicherheit nicht für \ich, hinsichtlich der noch sit ausgegebenen Obligationen, in Anspru nehmen, soweit diese Sicherheit zur Sicherung der vorhandenen Obligations- gläubiger wegen Zinsen und Kapital erforderlich is. „Die ein- gelöfte, legte bligation hat ihr Ziel erreiht, kann nit in den Verkehr zurückkehren, hat keine Existenz mehr und ift fein Bercmögens- gegenstand. Die nicht ausgegebene Obligation hat mindestens in dem vorliegenden Eni der Konkurseröffnung über das Vermögen des Emittenten ihre Existenzberehtigung verloren. Sie kann nicht mehr emittiert werden, weil nah der Konkurseröffnung die ipso jure auf- gelöste Aktiengesellschaft nur noch zu dem Zwecke existiert, die Släubiger zu befriedigen und den Uebershuß unter die Aktionäre zu vertheilen. Die Aktiengesellschaft und der Verwalter ihrer Konkursmasse kann sich auch nit daxauf berufen, daß die Inhaber der ausgegebenen Obli- gationen fich die Beschränkung auf diejenige Sicherheit gefallen lassen müssen, die sie gehabt haben würden, wenn alle Obligationen ausgegeben wären. Die Konkursuasse kann mit dieser intendierten Beschränkung der Obligationsinhaber beim Mangel eines eigenen Gläubigerrehts an der Sicherheit nur beabsichtigen, den Uebershuß der Sicherheit zur Befriedigung der Kon urögläubiger, die niht Obligationsinhaber {ind, zu verwenden. Aber gegen deren Konkurrenz in der unsiheren Zukunft sollten vie

bligationsinhaber nah dem Zweck d 2 werden.“ (23/96.) 9 Zweck des Vertrags gerade geshügt

_— Jeder Streitgenosfe hat, nad einem Beschluß des Reichsgerichts, 1T, Zivilsenats, vom 12. Ma 1896, das Rail sih einen besonderen Prozeßbeyollmächtigten zu bestellen, und die dafür aufgeroendeten Kosten müssen ihm vom unterliegenden S ane S u ga) zu S UNes ist, ob im gegebenen

ung zur Bestellung eines i i zeß- bevvllmächtigten vorlag. (76/96) n

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Pocken-Sterblichkeit in Preußen.

CEE Korr.) Die Pocken sind keine in Preußen einheimische Krankheit mehr; indessen werden sie immer wieder aus den ver- seuchten Nachbarländern, namentli aus Polen und Galizien eingeshleppt, ohne jedoch bei uns festen Fuß ilen zu können. Die Poten-Sterbli(ßkeit in den größeren Städten Preußens ist vers{chwindend klein gegenüber der in anderen außerdeut hen Großstädten. Die Bevölkerung in den befallenen Orten zeigt sid wenig empfänglich für den Ansteckungsstof. Es ist die egensreibe Wirkang der Pes des he Uge iepes über die Schußpocken-Impfung vom 8. April 1874, welche hier zu Tage tritt. Die gegenwärtige Einwohnerschaft Preußens is zum weitaus über- wiegenden Theil geimpft und zum großen Theil auch wiedergeimpft. Im Jahre 1893 waren erstimpfpflichtig 960 565 Pecioven, von denen 87,7 v. H. und zwar davon wieder 95,6 v. H. erfolgreih geimpft wurden, wieder impfpflihtig 702048 Personen, von denen 96,4 und zwar davon 90,5 v. H. erfolgreih wiedergeimpft wurden.

Groß war bie Zahl der Opfer, welhe die Seuche früher in unserem Staat hinraffte. Genauere statistishe Mittheilungen über die Podensterblichkeit besien wir seit Ende des vorigen Fahrhun- derts, allerdings nur für die Kur- und Neumark, während der Jahre 1789/98, Jn der Kurmark Brandenburg starben während dieser zehn Jahre 19 238, in der Neumark 6921 Personen an Blattern. Nachdem im ersten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts die Schußpocken-Jmpfung allmählih Eingang in Preußen gefunden, sehen wir die Zahl der Pocken-Todesfälle sih beträchtlich vermindern. Regel- mäßige Nachrichten für den ganzen Umfang des Staats liegen seit dem Jahre 1816 vor, in welhem 4690 Personen an Poen verstarben. Seitdem i} ganz Preußen in keinem Jahre von CTodebfällen frei gewesen. Da man noch nit wußte, daß der Impfshuß nicht für das ganze Leben, sondern nur für etwa zehn Jahre andauert, und *Wiederimpfungen nicht oder doch nur in ganz geringem Maße statt- fanden, war die Zahl der Pocken-Todesfälle noch immer keine un- beträchtliche; sie blieb bis 1860 im allgemeinen unter 4500 für ein Jahr, während 1833 7996, 1834 6629, 1803 6734 1854 7490, 1858 4691 Todesfälle zu verzeihnen waren, Jn den Uer Jahren verminderte sich die Zahl der Imypfungen erheblih, und dementsprechend stiegen allmäblih die Todesfälle an RA im Kriegsjahre 1866 erreihte ihre Zahl die Höhe von 11937. In den folgenden Jahren fank sie wieder nah und nach, bis sie 1870 nur 4200 betrug. Im Gefolge des französischen Krieges entstand nun die mörderishste Epidemie, die Preußen während dieses Fahr- hunderts durhzumacen hatte. Dieselbe erreihte ihren Höhepunkt 1872, in welhem Jahre in Preußen nicht weniger als 65 107 Per- sonen an Pocken verstarben; 1873 waren noch 8932 Polken-Todesfälle zu verzeichnen. Unter dem Eindruck der Verheerungen, welhe die Seuche hervorgerufen hatte, wurde 1874 durch Reichsgeseß der Impfzwang eingeführt, und zwar mit segensreihem Erfolge; denn die Zahl der Todeztfälle verminderte sh nun von Jahr zu Jahr und sank 1877 bis auf 88. Nicht außer Acht zu lassen ist dabei, daß ein nicht ganz unbedeutender Bru{theil der Bevölkerung dur Ueber- stehen der natürlichen Blattern gegen die Ansteckung mit Pockengift ges{üßt war. Jn den folgenden Jahren nahm nun zwar die Zahl der Ae wieder zu und erreihte 1882 1007; allein gegen die Zeit vor Erlaß des Impfgesezes blieb sie immerhin klein.

Während der Jahre 1886—94 trat die Wirkung des Zwanges zur Wiederimpfung immer mehr hervor, sodaß während dieser 9 Fabre in Preußen insgesammt nur 895 Personen an Pocken verstarben. Der jährliße Durchschnitt der Poken-Todeéfälle betrug für diesen Zeitraum 99,4 (gegen 6611,9 für die Zeit 1860—69 und 519,6 für die Jahre 1877—85). Die Jahreshöchstzahl solher Todesfälle stellte sih während dieses Jahrneuntes auf 157 (1889), die niedrigste auf 35 (1891); in 5 Jahren blieb sie unter 100. Auf 10000 Lebende be- rehnet, s{chwankte sie während der Jahre 1860—65 zwischen 1,9 und 4,6 von 1868 bis 1870 zwischen 1,7 und 1,9.

Auf absolute Zuverlässigkeit können diese Ziffern keinen Anspruch machen ; es ist vielmehr eine Anzahl durch andere Krankheiten be- dingter Todesfälle mit eingerechnet ; aber diese ist gegenüber den großen Zahlen, um die es si hier handelt, zu gering, um für die allgemeine Beurtheilung der Pocken-Sterblichkeit ins Gewicht zu fallen. Nachdem 1874 das Impfgeseß in Kraft getreten war, s{wankte die Zahl der Pocken-Todesfälle, auf 10 000 Lebende berechnet, von 1875 bis 1884 zwischen 0,03 und 0,3; während des Zeitraums 1885—89 betrug sie durhschnittlich 0,06, von 1890 bis 1894 durhschnittlih 0,02.

Ausführlichere Nachrichten sind für den Zeitraum 1886—94 vor- handen, aus denen hervorgeht, daß 50 v. H. der in diesen Jahren an Pocken Verstorbenen im Alter bis zu 2 Jahren standen, und zwar im ersten Lebensjahre 37 v. H., im zweiten 12 v. H. Diese Zahlen find zu groß, um durch die geringe Widerstandsfähigkeit der jungen Kinder erklärt zu werden; vielmehr sind sie durch das Fehlen des Impfschutzes bedingt. Die Zahl der Gemeinden, in welchen sich während diefer 9 Jahre Poken-Todesfälle ereigneten, betrug 421; meistens kam in einer Gemeinde nur 1 Todesfall vor. Berlin batte deren während der Jahre 1886 bis 1891 13, von 1892 bis 1894 da- gegen keinen einzigen zu verzeihnen. Von den übrigen größeren preußishen Städten wurde Königsberg am s{hwersten betroffen, wo 1886 bis 1894 54 Perfonen an Poken verstacben.

Von |den Kretsen blieben wähcend dieser 9 Jahre 394 (fast 72 v. H.) ganz vershont, 100 hatten Todesfälle an Poken nur in einem Jahre, 28 in zwei, 19 in drei, 7 in vier, 1 in fünf Jahren.

Von den Regierungsbezirken des Staats hatten 1890 28 und 1894 26 überhaupt keine Pocken-Todeéfälle; für die übrigen 7 Jahre shwankte die Zahl derselben zwischen 16 und 22, Fast die weib davon ereignete sih in den §8 östlihen Grenzbezirken. Die

efahr der Ansteckung von den Nachbarländern ift dort eine sehr er- hebliche, weil in diefen Staaten mangels genügender Shußimpfung die Seuche ets in großer Ausdehnung verbreitet ist. So starben in Rußland während der Jahre 1891—93 288 120 Personen, d. i. 836,4 jährlih auf 1 Million Lebende, in Oesterreih 1889—93 37 037, d. i. 313,3 auf 1 Million Lebende.

Besonders hat sich der Schuß der Wiederimpfung in der Armee, wo seit 1834 jeder Rekrut balo nach der Einstellung geimpft wird, bewährt. Vorzüglich is dies während des deutsh-französischen Krieges hervorgetreten. Während des Feldzugs 1870/71 sind 2.879 preußishe Soldaten an Pocken erkrankt und 164 gestorben, eine außerordentli kleine Zahl, wenn man sich die erheblihe Verbreitung der Krankheit unter der Zivilbevölkerung wie unter der Armee Frankreihs vergegenwärtigt. Leßtere verlor 23 400 Mann während des Krieges an Blattern. Nah dem Friedenss{luß erkrankten im zweiten Halbjahre 1871 915 Soldaten des preußischen Heeres (ein- shließlich der badishen und hessishen Truppen) und verstarben 37 an olen. Im Kalenderjahre 1872 betrug die Zahl der Er- krankungen im preußishen Heer 205, die Todesfälle 16; im ersten Vierteljahre 1873 erkrankten 5 Mann, von denen 2 verstarben. Vom 1. April 1873 bis 3. März 1892 erkrankten an echten Pocken 15, an modifizierten Pocken, wobei Windpocken, und zwar in nicht ge- ringer Zahl, mit eingerehnet find, 273 Mann. Die Zahl der Todes- fälle berrug während der 23 Jahre vom 1. April 1873 bis 1. April 13896 nur 3, Die Sicherheit des Schußes der Wieder- impfung hat si besonders in den Grenzgebieten des Landes gezeigt, wo die Zivilbevölkerung häufig in ausgedehnterem Maße von Poden betroffen wurde, ohne daß eine Uebertragung auf das Militär \tatt- fand, so u. a. in Aachen 1881 und in Gnesen 1888,

Die Bewegung der Getreidepreise in Oesterreich im Jahre 1895,

Das kürzlih ershienene Maiheft des 1. Jahrgangs der neuen arge der von der K. K. statistischen HentraLonna on in Wien erausgegebenen „Statistishen Monatschrist* enthält eine Arbeit über „Die Bewegung der Getreidepreise in Oesterreich im

Solarjahre 1895“, aus welher in Folgendem einiges mitgetheilt werden foll. ¿ |

Non vornherein läßt si konstatieren, daß die Getreidepreise im Jahre 1895 im allgemeinen eine Steigerung erfahren haben; nur der Hafer zeigte noch immer vorwiegend eine O zum Preisfall. Nach der für die größten und für eine Anzahl der kleinsten Märkte

egebenen Zahlenübersicht steht fast ausnahmslos für Weizen und Roggen der Januarpreis 1896 höher, und zwar meist erheblich hs her, als der Januarpreis 1895. Eine Preissenkung ist nur in Bozen für Weizen eingetreten; hierbei handelt es sih aber um eine an sih unbedeutende Ausnahme, die wie der ôsterreichishe Statistiker inzufügt überdies nur zeigt, inwieweit die eigenthümlihen Ver- Palme der Tiroler Märkte sie dem Einfluß der Weltpreisbewegun entziehen. „Die Preissteigerung" so heißt es wörtlih rist meist eine so starke gewesen, daß vielfa, und zwar insbesontere bei Roggen, die Preise des Januar 1894 überstiegen worden sind. Wenn die Jahresdurhshnitte 1894 und 1895 verglihen werden, so tritt uns die Thatsache entgegen, daß auf den größeren Märkten aus- nah aslos der leßtere Durchschnitt her ist, auf den kleineren, mehr von den örtlihen Einflüssen beherrschten dagegen, wenigstens bei Weizen, das Umgekehrte zutrifft. Wenn wir die Großhandels- preise der Wiener Börse für landwirthshaftliche Produkte in Betracht ziehen, so zeigt si uns ein ganz ähnlicher Entwickelungsgang. Auch hier haben sih die RNoggenpreise am meisten, und zwar über das Ausmaß der Preise vom Januar 1894 erhöht, die Weizen- preise sind zwar gestiegen, aber- niht genug, um den Preisfall im Jahre 1894 wieder wett zu machen, sodaß der Jahresdurhscnitt 1895 noh etwas hinter dem des Jahres 1894 zurübleibt; die Haferpreise haben sich nur ganz unbedeutend gehoben, die Minima ec Jabresdurscchnitte find sih gleich geblieben, das Maximum ist gesunken. Diese auffallende Gleichartigkeit im Entwickelungsgange der Groß- und der gewöhnlihen Marktpreise ist sehr bezeihnend; sie sagt uns, daß allgemeine Ursachen für die Aenderung in der bisher zu Tage getretenen Tendenz bestehen müssen und niht nur Zufälligkeiten des Tokalen Verkehrs dafür Auss{chlag geben konnten.“

Die Großhandelspreise der Wiener Börse (Januar 1895 bis Januar 1896) find in folgenden Zahlen wiedergegeben. Sie bezifferten sich per Meter- Zentner:

Durchschnitt

Jan. 1895 Dez. 1895 Jan. 1896 im Jahre 1895 von bis von bis von bis von bis

Weizen (Banater) . (6,89 |7,24| 7,06 | 7,46 | 7,24 | 7,73 | 7,06 | 7,43 6,87 | 6,99 | 6,26 | 6 44

Roggen .. . 5,72 15,89 | 6,74 | 6,86

Hafer (Ungar. | |

Mercantil) . (6,37 |6,48 | 6,40 | 6,59 | 6,39 | 651 | 6,56 | 6,70 Daß unter jenen „allgemeinen Verhältnissen“ die Ernte-

ergebnisse und die Entwickelung der Aus- und Einfuhr

eine Rolle spielen, läßt sich wohl nah dem Urtheil des öster-

reihischen Statistikers „weder behaupten, noch leugnen“, wenngleich

es auf den ersten Blick scheine, als wäre die Frage bejahend zu be-

antworten. Die Getreideernte Oesterreichs betrug in Tausenden

von Meter-Zentnern : im Durchschnitt 1895 der Jahre 1894

1885—1894 in Weizen 10 925 12327 12 860 in Roggen 16 459 19 770 21 043 in Hafer 18180 16 338 17 444 Die Einfuhr in das öôsterreihish-ungarishe Zollgebiet erreichte in Tausenden von Meter-Zentnern : 1894 1895

327 399 270 812 39 503 283 169 1 394 910 682 074

Die Ausfuhr:

in Weizen A 0663980 678 594 M Uen a6 3 243 4 404 in Hafer . 109 073 25 127.

Eine weitere Tabelle informiert über die Preisbewegungen von Monat zu Monat. Es ergiebt sih daraus, daß die Weizen- preise zwei Höhepunkte haben : einen zwishen April und Juni, aus- nahmsweise s{chon im März oder erst im Juli, den anderen im No- vember oder Dezember, zum theil {on im Oktober. Die Tiefpunkte liegen mit im Januar und September oder Oktober, ausnahmsroeise hon früher. Die Roggenpreise erreihen ibre größte Höhe im Mai oder Juni und im November oder Dezember, ihre Tief- punkte im Januar und im August oder September. Bei den Hafer - preisen zeigen si fehr große Unregelmäßigkeiten, sodaß eine auch nur annähernde zeitlidhe Uebereinstimmung nicht nahgewiefen werden kann. Die Größe der Märkte und ihre örtlihe Vertheilung hat fich wenig geändert; gegenüber einer nicht fehr erheblihen Ab- nahme des Weizenhandels läßt sich eine Steigerung in der zu Markt gebrahten Hafermenge konstatieren.

in Weizen in Roggen in Hafer ,

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Karlsruhe wird der „Frkf. Ztg." gemeldet: Jn der W'aäggonfabrik von Shmider u. Mayer ist heute ein Theil- ausstand der Arbeiter ausgebrochen, indem 200 Arbeiter die Arbeit niederlegten. Während in den übrigen Maschinenfabriken bei zehn-

stündiger Arbeitszeit die Mittagspause 1} Stunden beträgt, ist sie in"

der vorstehend genannten Firma nur auf 1 Stunde festgeseßt. Die Rorverung geht in der Hauptsache auf Gewährung einer 14 stündigen ittagspaufe. ;

Aus Lübeck berichtet der „Borwärts*, daß der Ausstand der Kohlensch iffarbeiter nach nur dreitägiger Dauer aufgehoben wurde, da alle Firmen die Forderungen der Arbeiter bewilligt und den Lohntarif anerkannt haben. :

Hier in Berlin haben, wie die Berliner „Volksztg.* mittheilt, die Präger und Prägerinnen der Fabrik von Priester und Eyk die Arbeit niedergelegt. Die Ausständigen fordern eine bessere Be- leuhtung der Arbeitsräume. Die Beleuhtung wird jeßt durch Petroleuwmlampen bewerkstelligt. .

In Wien hat einer Meldung der „Voss. Ztg.“ zufolge eine Versammlung der Tischlermeister beschlossen, die Arbeit in |âmmt- lihen Tischlerwerkstätten Wiens einzustellen, bis der über mehrere Meister von den Gehilfen verhängte Boykott aufgehoben wird.

Literatur.

chs. „Ff eine Schukbibel wünschenswerth?" von Wil- helm Leinung. Magdeburg 1896. Verlag von Schallehn u. Woll- brüd. 27 S. gr 50 4 Der Verfasser berührt mit seiner Frage eine ernste Angelegenheit, welhe Shulmänner und Pastoren in den lezten Jahren vielfa beschäftigt hat. Er erwägt und prüft

* die Ansichten und Behauptungen der Gegner wie der Freunde einer

Schulbibel in objektiver Weise und kommt zu tem Resultat, daß die Bedenken dagegen zablreicher seien als die Gründe dafür, meint aber sehr richtig : das Zünglein der Waage richte fich nit na der Anzahl der Gewichte, sondern nach ihrer Shwere. Sonah hält er eine Schulbibel (ein biblisches Lesebuh) für wünschenswerth und ihre Einführung für unbedenklich.

chs, Das Land Kanaan. Eine Wanderung ducch dasselbe an der Hand der biblischen Geschichte. Als Beigabe zu den biblischen HVistorienbüchern bearbeitet von À. Wolter. Halle a. S., R. Mühl- mann’s Verlag (Max Grosse), 1896. Preis 15 4. Auf 32 Seiten wird hier viel des Belehrenden dargeboten. Das kleine Heft füllt eine Lücke aus, die mancher Religionslehrer s{chmerzlich empfunden haben wird. Es dürfte au von Werth für Theologie-Studierende sein. Der „Sohn des Landes Kanaan*, Pastor L. Schneller in Köln, hat dem Büchlein in einem Vorwort ein so gutes Zeugniß ausgestellt,

daß man dieser kompetenten Beurthe:lung eigentli keine weitere |

Empfehlung hinzuzufügen braucht. i:

chs. Wald und Wild in der Bibel. Von Friß Mücke. Neudamm 1896, J. Neumann, Verlagsbuhhhandlung für Landwirth- schaft und Gartenbau, Forst und Jagdwesen (127 S. Pr. 2 Mh). Der Inhalt beruht auf eingehendem Studium der h. Sthrift und zeugt von des Verfassers Liebe für Len Wald in seiner bunten Flora und das Wild in seinen vielgestaltigen Formen. Für beides bildet die Bibel eine unershöpflihe Fundgrube. Das Buch ift anders ge- staltet als Eding's „Ceder und Palmbaum* und mußte es sein, weil es nicht Einzelgruppen, sondern ein Ganzes ins Auge faßt. Daker kommt es, daß Manches nur lexikographisch berücksihtigt werden konnte. Aber der Inhalt liest fih gut und verdient die Beachtung aller Naturfreunde.

Von der bekannten Biograyhien-Sammlung „Geisteshelden“ (Verlag von Ernst Hofmann & Co., Berlin SW. 48) liegen zwei neue Bände vor. Der 22. Band mit den Lebensbildern von Kepler und Galilei is verfaßt von dem Münchener Geogravhen Professor Dr. Siegmund Günther, welher zuglei als Forscher in der Geschichte der Naturwissenscaften Ansehen genießt. In klarer, anregender Form schildert er die Lebensläufe der beiden genialen NReformatoren der neueren Naturanschauung und versteht es, faßlih und fahlich die Bedeutung ihrer Lehren, den Kern threr Hauvt- werke darzulegen. Was er bietet, ist das Resultat aus den Quellen

und den neucsten Untersuchungen gewonnener, historischer Forschung. !

In dem 23. Bande giebt der greise Professor Dr. I. N. Sepp eine

\chwungvoll geschriebene Darstellung von dem Leben und Wirken seines )

ehemaligen Freundes und Lehrers xres. Die einflußreihe publi- zistishe Wirksamkeit des Herausgebers hes “Rheinischer Merkur“,

Göôrres? patriotishes Wirken zur Zeit der Befreiungskriege, seine !

Verdienste um die Wiederbelebung der deutschen Alterthums-Wissen- schaft, seine innigen Beziehungen zu Arnim, Brentano, den Ge- brüdern Grimm u. st. w. werden mit Liebe und Begeisterung ge- würdigt. Wenn der Verfasser ihm, als dem geistvollen Vorkämpfer des Katholizismus nit ganz gerecht wurde, so ist das wohl auf sein Bestreben zurückzuführen, das Lebensbild Görres? auch dem nicht fatholishen Deutschland näher zu bringen. Beide Bände (Pr: je 2,40, für die Abonnenten 2 4) find mit guten Bildnifsen ges{müdckt.

Von dem bei Schmidt und Günther in Leipzig erscheinenden Werk „Napoleon I. in Bild und Wort“ von Armand Dayot liegen aht neue Lieferungen (14—21) vor. Der Schwerpunkt

dieser bereits öfter erwähnten Publikation liegt in den vielen bisher | unveröffentlichten bildlihen Darstellungen, Gemälden, Kupferstichen, i

Aufnahmen von Werken der Kleinkunft und Erinnerungsstücken aller Art, die in irgendwelher Beziehung zu bein großen Eroberer oder der Geschichte seiner Thaten stehen. Auch die vorliegenden Hefte sind reih an interessanten Abbildungen (meist Lichtdruck-Faksimiles). Wir nennen von den besonderen Tafeln nur: „Marie Louise und der König von Rom“ (Gemälde aus der Galerie zu Versailles), „Ein ares zur Zeit Napoleon's* (Original im Louvre), „Der Kaiser* (nah David), „Uebergang über den Niemen am 12. Juni 1812 und Beginn des Krieges mit Rußland“ (na einem Originalstih aus der Sammlung Crüwell in Dortmund), „Die Salbung des Kaisers in Notre-Dame zu Paris“ (nach einer Sepia-Zeilnung von Jfabey und Fontaine), «Tedeum der Truppen auf dem Paradefelde zu Paris am Ostertage des Jahres 1814" (nah einem wenig bekannten russishen Kupferstich) und Napoleon?s Todtenmaske. Im Tert findet man u. a. Abbildungen der Möbel, die Napoleon in der Verbannung auf der Insel Elba benußt hat, viele Karikaturen englischen und deutshen Ursprungs, die setne Person zum Gegenstand haven, und zahlreiche Porträts aus jedem Lebensalter.

„Die Kunst der Rede“. Eine deutshe Rhetorik von Adolph Philippi. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow. Im Alter- thum nahm die öffentlihe Rede cine viel wichtigere Stelle ein, als in der Neuzeit, wenigstens vor Einführung der Parlamente. Die kunstgemäße Prosa bildete sich daher bei den Griechen an der münd-

li gehaltenen Rede, bei uns Neueren dagegen im \{riftlihen Ge- !

brauche. Wie sih auf Grund der. Theorie der Alten, der Nhetorik, die Prosa dcr europäishen Kulturbvölker ausgebildet hat, schildert der Verfasser im ersten Theil seine Im zweiten Theil stellt er fodann aus jener Theorie alles das zusammen, was entweder noch praktisch brauchbar ift oder sons von Interesse ersheint. Die Theorie hat si hauptsählich im Anschluß an die mündlihe Rede weiter entwickelt, und darum

Buches. |

R L a E E L E a L M R A R R A E R I 2-4 f L A

kleineren Villen, Land- und Sommerhäusern (6- bis 12 000 „6), größeren Villen und Landhäusern (12- bis 50 009 „%) an, welche in der Regel im Hauptgrundriß und einer G! (Front) mittels treff-. licher Holzschnitte dargestellt sind, während die übrigen Sk dur beigegebene Beschreibungen erläutert werden. Es wird da- durch Jeder in den Stand geseczt, den Plan bezw. Grundriß zu seinem Haufe nah seinem Geshmack und seinen Bedürfnissen in ten Haupizügen selbst zu bestimmen. Die vierte Auflage is um einen Anhang mit Abbildungen deutscher und {chwedischer Holzhäuser in der Preislage von 2150 bis 18 200 4 vermehrt worden.

_— Katechismus der angewandten Perspektive. Nebst Erläuterungen über Schattenkonstruktion und Spiegelbilder. Von Max Kleiber, Maler und Professor der Königlichen Kunstgewerbe- schule in München. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 145 in den Text gedruckten und 7 Tafeln Abbildungen. Verlag von I. I. Weber in Leipzig. Jn Original-Leinenband Preis 3 4 Das Wesen der Perspektive ist in dieser Schrift allgemein verständlich unter Berücksichtigung der Fundamentalsäge zur Darstellung gebracht. Jedoch is, wo immer thunlich, die Verwerthung der Theorie fofort durch Anführung hierzu geeigneter Beispiele veraxschauliht. Bei der Abneigung der meisten Künstler gegen alles, was den Schein aus- \{ließlid mathematisder Ausführungen trägt, ift diefe Lehrmethode ohne Zweisel besonders geeignet, das Interesse an der Sache wach zu halien und zu fördern. Die zweite Auflage des Buches hat mannigfache Veränderungen erfahren und is besonders in dem Abschnitt über Schattenkonstruktion um ein Beträchtlihes erweitert worden.

Der bei Fr. Lin in Trier verlegte „Führer an der Mosel und durch die angrenzenden Gebiete“ erschien soeben in vierter Auflage, welche der Vorsißende des Eifelyereins, Direktor Dr, Dronfke bedeutend erweitert und praktis vervollklommnet hat. Die Angaben. des Buches beschränken sich nicht mehr auf das Moselthal und dessen nächste Nachbarschaft allein, vielmehr sind jeßt auh die bekauntesten und besuchtesten Gegenden der Eifel, des Hunsrück und Hochwald, sowie das Saar- gebiet mit aufgenommen. In 16 Wanderungen gliedert sich der Fn- halt, welhe das umfassende Gebiet nach allen Richtungen hin aus- führlih berüdsihtigen. Ein reihes Karctenmaterial leistet dem Touristen dabei gute Hilfe. Das handlihz Taschenbuch (Pr. 1,50 46) wird den Besuchern der Moselgegend ein willkommener Reise- begleiter sein.

Das zweite Quartal der „Neuen Musikzeitung*® (Stutt- gart. Carl Grüoinger) bringt Erzählungen von P. Rofegger, D. Wachenhusen, S. Kaulbach und Humoreeken von K. Liebscher und C. Schultes, mehrere musikgeshichtlihe Artikel, in einer besonderen „Beethoven-Nummer“ mit acht Jllustrationen Aufsäße über ver- schiedene Torwerke des großen Meisters, ferner eine Reihe musik- pädagogischer Auffäßze, wie z. B. über den Unterricht im Bel-Canto, Beiträge zur Aesthetik des Klavierspiels, eine Reibe musikkritischer Besprechungen über neue Darbietungen im Opernhause, im Konzert- saale, auf dem Bücher- und Mufsßkalienmarkt. Jn jeder Nummer findet man ferner Texte für Liederkomponisten, Nctizen aus dem Musikleben der Gegenwart und heitere Anekdoten, ferner Biographien mit Abbildungen von K. Reinthaler, Arthur Nikish, Alexander Petschnikoff, Pauline Joran, Marie Panthès und dem „Deutschen Damenterzett“, ein Tableau deutsher Dichterinnen und ein Bild des Mozart-Denkmals in Wien. Die Musikbeilagen endlih bieten Klavierstücké von Beethoven, Cyrill Kistler, J. Pfeiffer und Lieder von Jörges Malling, Gust. Lazarus, Fr. Zierau, Rudolf Freiherr

¡ Procházka, fowie ein Trio für Violine, Cello und Klavier von Carl

Kämmerer. Probenummern dieses Blattes, welches vierteljährli, nur 1 M fToftet, werden von der Verlagsbuchhandlung jedem Musikfreunde auf Verlangen portofrei zugeschickt.

-—- Die Nummer 27 des RXXIL. Jabrgangs der vaterländischen Wochenschrift „Der B är“, herausgegeben von Fr. Zillessen und N. George hat folgenden Inhalt: Die Flämiuger. Ein Städte- bild aus dem 12. Jahrhundert. Von A. W. Ludwig. (Fortfepung? Charlotte Stieglisg. Von Tony Pauly. (Schluß.) Theodor Körner’s Aufenthalt an der Niederelbe im Mai 1813. Von Dr. Wikly Thamhayn. Johann Joachim Bellcrmann's Nückreise von Rußland nach Erfurt vom 6. Februar bis 13. April 1782 (Schluß). Kleine Mittheilungen; Heinrich von Treitshke + (Mit Porträt). Das

j alte Natÿhaus mit der Gerichtslaube. (Mit Abbildung.) Weitere

tritt diefe im zweiten Theil mehr hervor als die Schrift-Prosa. Hier- j bei wird au vielerlei berührt, was in neueren Anleitungen zum |! Neden und in ähnlihen Büchern behandelt zu werden pflegt. Das |

Bu kann daher nit nur denje»nigen empfohlen werden, die fi über Geschichte und Theorie der Redekunst in angenehm lesbarer Form

f + s ] D tot § j f - ck F î ¿ O y unterri{ten wollen, sondern es bietet auch an Beispielen älterer und } bewährte Wirthschaftêmaßregeln zur Anschauung zu bringen und zu

| erläutern, ferner forstlihe Tagesfragen auf wissenshaftlihem und i wirthschaftlihem Gebiet zu erörtern. Es sollte Bewährtes und Neues

neuerer Prosaisten und Redner praktishe Winke zur Vervollkomm- nung im Reden und Vortragen, wie im \{riftlichen Stil.

Unter dem Titel „Herrle und Hannile* bat Hans Raithel im Verlage von Dr. Gaspary in Berlin eine prächtige kleine Dorfgeschihte ersheinen lassen, welhe den Beginn eines „Straußes von Dorfblüthen* bilden soll. Die kleine Erzählung ift eigenartig und doch natürlich und voll Humor in der Darstellung, kraftvoll und wahr in der Charakteristik. Es sind wirklihe Menschen, die der Dichter zeihnet, die Jungen und die Alten. Die Einfachheit der dörflerishen Verhältnisse bedingt eine kernige Sprache, welche die rechte Stimmung erzeugt, aber mancher derbe Ausdruck hbâtte wobl ohne Schaden füx die Gesammtwirkung gemildert werden können

In „Engelhorn's allgemeiner Roman-Bibliothek“ (Stuttgart, Verlag von J. Engelhorn) erschien (als Nrn. 17 und 18)

ein neuer Noman von Friedrid Spielhagen, betitelt „Selbstzereht*. ;

Derselbe reiht fich den besten Schöpfungen des beliebten Schriststellers gleihwerthig an und zeugt von ebenso bedeutendem diterishen Ver- mögen, wie von feiner Fähigkeit, die Charaktere zu verinnerlihen und

die Handlung spannend zu gestalten. Voranging als Nr. 16 eine i Sammlung von Novellen von dem neuerdings als Verfasser der ;

„Offiziellen Frau" wieder viel Henry Sarage.

genannten Amerikaner Richard j Der Autor bietet darin einen bunten Strauß

abenteuerliter Geschichten ‘aus seinem wechselvolen Wanderleben. è

Diese dur thre Originalität und Wirklichkeitstreue fesselnden Kultur- bilder erinnern auch durch ihren Schauplay im „Wilden Westen“ an die einst vielgelesenen Novellen Bret Harte’s. Ebenfalls aus dem

Englischen übersetzt sind die „Romanstudien“ von Jerome K. Jerome

(Nr. 19). Sie sind demjenigen zu empfehlen, der sich erheitern will; er wird an den ergößlihen Einfällen des englischen Humoristen seine Freude haben. Leicht unterhaltend durch seinen hbehbaglih humoristischen Plauderton is auch der zweibändige Roman „Eine Familienähnlihkeit“ von B. M. Croker (Nr. 21, 22): Die beliebte Verfasserin der „hübschen Miß Neville* und anderer beifällig aufgenommenen Geschichten schilderd hier die Schicksale eines Aschenbrödels in so anziehender Wei!e, daß der Leser von Anfang bis zu Ende gefesselt bleibt. În dem Noman ,„Jugendstürme" (Nr. 20) | endlich behandelt Karl Busse, einer der begabtesten jüngeren deutschen Autoren, ein neues originelles Problem mit ebensoviel Geist wie dichterisher Kraft. Für die Reise- und Ferientage sei auf die Engelhorn'she Bibliothek, als auf eine gewählte preiswerthe Unter- haltungélektüre (50 „4 pro Band), wiederholt aufmerksam gemacht. Villen und Kleine Familienhäujser. Von Georg Aster, Architekt und Baumeister. Mit 112 Abbildungen von Wohn- gebäuden nebst dazugehörigen Grundrissen und 23 in den Text L druckten Figuren. ierte, vermehrte Auflage. Verlag von I. J. Weber iy Leipzig. Jn Original-Leinenband Pr. 5 A Der Ver- fasser dieser Schrift beginnt mit einigen interessanten historishen Be- merkungen sowie einer anregenden Vergleihung zwisden Cigenhaus und Miethshaus und erörtert dann in leiht veritändlicher Form alle bei der Anlage, dem Bau, der inneren Einrichtung und der Be- nußung, einshließlih der Anlage des Gartens zu beahtenden Gesichts- punkte in knapper, aber ershöpfender Auesführung. Diesen allgemeinen Auseinandersezungen schließt fich eine reide Aus-

wahl von länen zu kleinen Wohnhäusern für Arbeiter, Handwerker, kleine Beamte 2c. (Preislage: 2200 lis 25000 46),

Ausshmückung der Sieges-Aliee. Keith-Feier. Büchertisch.

Land- uud Forftwirthschaft.

In der Zeit vom 23. bis 27. Juni d. J. wurde bei der Forst- Akademie Eberswalde ein forstliher Fortbildungsfkursus abgehalten. Sein Zweck war, durch Demonstration im Walde

in weite Kreise von Forstwirtben und Waldbesißern getragen werden.

Der Anschauungsunterriht im Walde erstreckte ih in zwei Wald- Exkursionen an der Hand eines gedruckten Führers, hauptsählih auf die Maßregeln der Bestandsgründung und Bestandspflege im Kiefern- wald in reinen und gemischten Beständen. Außerdem wurden zahl- reiche, seit 1880 angelegte Anbauversuchéflächeu mit ausländischen Holzarten vorgeführt. Die Führung und Erläuterung in den Ober- förstereien Biesenthal und Eberöwalde übernahmen O Loc EGENE Dr. Danckelmann, Fo! fimeister Zeising, Oberförster Dr. Möller und Forstmeister Professor Dr. Shwappach.

Im Hôörfaale gelangten folgende Gegenstände zum Vortrage:

Wald und Jagd im Entwurf des Bürgerlihen Gesetzbuchs (Dr. Danckdelmann). Zur Vertheilung kam dabei eine Druckschrift, welche den Wortlaut ter eins{lägigen Paragraphen des Entwurfs

| zum Bürgerlichen Geseßbuch und der Artikel des Einführungsgesetzes,

sowie cine Stoffanordnung des Vortrags mit Hinweis auf die be- treffenden Vorschriften enthielt.

Holzartenwahl für den märkisWen Wald (Dr. Kienit).

Neuere Untersuchungen über die tehnischen Eigenschaften des Holzes (Dr. Schwappach)). :

Proktishe Neuerungen auf dem Gebiet der Holzmeßkunde (Dr. Schwapyach).

Das Geschiete-Diluvium der Mark Brandenburg (Geheimer Regierungs-Rath Professor Dr. Remelé).

Ueber Wetterkarten und Wetterprognosen (Professor Dr, Müttrich).

Beziehungen zwisWen Wald und Klima (Privatdozent Dr. Schubert).

Kennzeichen und Eigenschaften der in Deutshland angebauten fremdländishen Holzarten ( colessor Dr. Schwarz).

Demontftration der wichtigsten Pilze (Professor Dr. Schwarz).

E Rauchbeschädigungen der Vegetationen (Professor Dr. Ra- mann).

Die verschiedenen Kleider unseres Jagdgeflügels (Geheimer Re-

è gierungs-Rath Professor Dr. Altum).

Fortschritte in der Vertilgung forstschädliher Thiere, (Privat- Dozent Dr. Elkstein). ;

Die Betheiligung war eine über Erwarten zablrei@e. Von aus- wärtigen Theilnehmern hatten sich 38 cirgefunden, und zwar 17 aus der Provinz Brandenburg, 4 aus Schlesien, 4 aus Posen, 2 aus Pommern, 2 aus Sachsen, 2 aus der Rheiaprovinz, 2 aus Mecklen- burg, 2 aus Rußland und je 1 aus Westpreußen, Sachsen-Weimar und dem Fürstenthum Reuß.

dheit8w , ierfr iten und Ab Gesundheitswesen Thie anbhei! en sperrungs-

Bulgarien. ; ¿On bulgarische Gesundheitsrath hat folgende Bestimmungen ge- roffen : A Schiffe, welhe aus egyptishen oder anderen verseudhten Häf kommen und nit in Konstantinopel oder in einem anderen Or einer Quarantäne unterworfen gewesen sind, gelten als verseucht