1896 / 175 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Jul 1896 18:00:01 GMT) scan diff

seiner Eisenbahnen für gefährlich und wünschte deshalb auch Gemeinschaft mit Preußen. Die Sache sei gas von P weittragenden Wichtigkeit, daß es ihm schwer alle, bei der Kürze der Zeit, sich zu entscheiden. Er habe gegen den Vertrag mehrfache Bedenken, wolle jedoch, wenn dieselben beseitigt würden, für den Vertrag stimmen, dagegen, E le ves dies niht geschehe, sih der Abstimmung ent- halten. Redner bedauerte, daß Darmstadt durh die Vertrags- regelung \chlechter S werde. Der Abg. Ulrich sprach sich für Ablehnung der Verträge aus und brachte einen dies- bezüglichen Antrag ein. Er war auch gegen den Vertrag mit der Ludwigsbahn, weil die Regierung viel zu freigebig gewesen und von dem jo fest ausgesprochenen Stand- punkt ohne genügenden Grund abgewichen sei. Die Berathung wurde sodann E: und in einer aubt fortgeseßt. Jn dieser empfahl der E Osann in eingehender Ausfüh- rung die Zustimmung zu dem Vertrage. Die Debatte wird heute fortgeseßt werden. Sachsen-Coburg-Gotha.

Jhre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Herzogin ist estern mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Me atvice von St. Petersburg wieder in Coburg eingetroffen.

Das Geseh, betreffend die Errichtung einer Handels- kammer für das Herzogthum Gotha, ist gestern amtlich bekannt gemacht worden.

Oesterreich-Ungarn.

Die Kronprinzessin-Wittwe, Erzherzogin Stephanie hat sih mit der Erzherzogin Elisabeth zu längerem Aufenthalt nah Belgien begeben.

Großbritannien und Frland.

Das Oberhaus nahm gestern die zweite Lesung der Bill, betreffend die Londoner Universität an, durch welche die Universität London in ein Lehrinstitut verwandelt werden soll. Jm Verlaufe der Debatte sprah Lord Playfair die Hoffnung aus, die Regierung werde das Projekt thunlichst bald durhführen, und bedauerte, daß dies in diesem Jahre niht mehr möglich sein werde. Nah dem deutsch - franzö- sishen Kriege habe im Jnstitut de France eine inter- essante Erörterung der Frage stattgefunden, warum die große Krisis keine großen Leute hervörgebraht habe. Die all- gemeine Klage sei gewesen, daß Frankreich den höheren Jnter- essen des Unterrichts nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt habe. Renan habe damals erklärt, die deutsche Wissenschaft habe Sedan und Sadowa gewonnen, der deutshe Nationalgeist sei das Er- zeugniß der deutschen Universitäten und das deutsche Vaterland das Erzeugniß dieses Geistes. Frankreih habe sih dies sehr zu Herzen genommen; aber es sei sicher, daß Deutschland niht stehen geblieben sei, Deutschland habe Straßburg ae- nommen und die Wiederherstellung seiner Festungswerke be- gonnen; aber es habe auch die Straßburger Universität wiederherzustellen unternommen. Die künftigen Wettkämpfe der Welt würden nicht allein durch Heere und Flotten, sondern auch durch die höhere intellektuelle Entwickelung der Völker ausgefochten werden.

Im Unterhause erklärte der Parlaments - Sekretär des Aeußeren Curzon, da die Regierung des Congo-Staates im ap Lothaire Berufung eingelegt habe und die Leitung des

erufungsverfahrens in den Händen ihrer Vertreter vor Geriht liege, so müsse die britische Regierung der Regierung des Congo - Staates die ganze Verantwortung dafür überlassen, daß die Untersuhung des Falles und aller damit verbundenen Umstände auf das vollstän- digste durchgeführt werde. Die britische Regierung habe einen „locus standi“ ebenso wenig bei den Berufungsverhand- lungen, wie sie ihn bei dem ursprünglichen R in Boma ehabt habe. Die Frage nah Stoke’s Eigenthum sei vor dem Tribunal in Boma nicht verhandelt worden und könne daher auch nicht in die Berufung mit einbezogen werden. Die britishe Regierung behalte sich selbstredend das Recht vor, nach Abschluß des Berufungsverfahrens die diplomatischen Vor- stellungen zu machen, welche die Umstände erheischen dürften. Das Haus erledigte sodann die Einzelberathung der irischen Bodengesehnovelle.

Frankreich.

Das Dekret, durch welches der Zoll auf fremden Zucker entsprehend dem Betrage der deutschen Ausfuhr- prämie erhöht wird, ist dem Präsidenten der Republik zur Unterzeihnung nah Havre übersandt worden, damit es am 1. August in Kraft treten könne. j

Der ehemalige Minister Spuller ist gestern Vormittag in Dijon gestorben. Spuller war am 8. Dezember 1835 in Seurre, Departemeiit Côte d’Or, geboren. Im Jahre 1859 wurde er Advokat; seit 1863 widmete er sih indessen ganz der publizistishen Thätigkeit und trat in nähere Beziehungen zu Gambetta, der ihn, als er im Jahre 1881 Minister-Präsident wurde, zum Unter-Staatssekretär des Auswärtigen ernannte, welche Stellung Spuller aber nur bis zum Januar 1882 befleidete. Jm Ministerium Rouvier 1887 übernahm Spuller das Ministerium des öffentlihen Unterrichts, das er mit dem Rücktritt Rouvier's im Dezember desselben Jahres wieder verlor. Jm Februar 1889 wurde er im zweiten Kabinet Tirard Minister des Auswärtigen und blieb bis zu dem am 16. D 1890 erfolgten Rücktritt des Ministeriums. 1892 wurde Spuller in den Senat gewählt und bekleidete in dem Ministerium Casimir - Perier vom 4, Dezember 1893 bis zum 22. Mai 1894 von neuem das Ministerium des Unterrichts. Seitdem ist er politish nicht mehr hervor- getreten. Unter den ersten Beileidsbezeugungen, welche den Angehörigen des Verstorbenen zugingen, befand fih auch die des deutschen Botschafters Grafen zu Münster.

Ftalien. Der päpstliche Nuntius in München Dr. Ajuti is zum Nuntius in Lissabon ernannt worden.

Türkei.

Der Delegirte der französishen Bondholders bei der Dette Paus Berger hat, wie dem „W. T. B.“ aus Kon- tantinopel berichtet wird, eine Reise nah St. Peters- burg und anderen Hauptstädten angetreten zu dem wede, die Mächte zu veranlassen, Bulgarien zur

ributzahlung und ferner Bulgarien, Montenegro und Serbien zur Antheilnahme an der türkischen Staatsschuld für das neu erworbene Territorium laut Art. 9, 33 und 42 des Berliner Vertrags anzuhalten, um

hiermit der Pforte finanziell zu helfen und der Dette publique Gas für den infolge der vagen Ereignisse eingetretenen R 00 h

ang der Einnahmen zu schaffen. as Wiener „K. K. Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“

erfährt, der Polizei-Minister habe den Mitgliedern des emishten Rathes des armenishen Patriarchats Mittheilung von einem sanktionierten Beschlusse des Ministerraths emacht, worin gesagt werde, daß der gemischte Rath bei den irren in Anatolien, welche bedeutenden persönlichen und materiellen Schaden verursacht hätten, statt zu beruhigen, seinen Einfluß mißbraucht und die Geistlichkeit felbst agitiert habe; habe daher ae den gemischten Rath persönlih und gemeinschaftlih für eine weitere Fortsezung der Wirren verantwortlich zu machen und ers zu bestrafen. Die Vertheidigung des gemischten Rathes habe der Polizei- Minister abgelehnt und erklärt, er habe nur den Beschluß mit- zutheilen. Der gemis{chte Rath berieth am Mittwoch über diese Mittheilung und sehte die Berathung gestern fort. Aus amtlicher türkisher Quelle werden die Meldungen von Unruhen in Egin und Ain-Tab (Kleinasien) als falsch bezeichnet.

die Regierun

Bulgarien.

Der Staatsanwalt des Gerichtshofs der ersten Jnstanz wird, wie „W. T. B.“ aus Sofia erfährt, die Akten über die Ermordung Stambulow's unter Anschluß seiner Schlußfolgerungen heute dem Gerichtshof zurüstellen. Der Prozeß werde einen großen Umfang annehmen; wie es heiße, sollen 130 Belastungszeugen vernommen werden. Die Anklage rihte sih gegen 5 Personen, von den 3 verhaftet und 2 abwesend tet: die Verhandlung dürfte erst im September stattfinden.

Afrika.

Eine der Chartered Company zugegangene Depesche aus Buluwayo vom 22. d. M. meldet, daß die Truppen- abtheilung des Hauptmanns Laing, welche in der Gegend der Matoppo-Berge ein Lager bezogen gehabt habe, am Montag früh angegriffen worden sei. Es sei ein erbitterter Kampf ent- standen. Der Feind sei zurückgeworfen worden und habe 90 Todte verloren. Auf Seiten der Engländer seien 4 Weiße und 25 Mann der aus Eingeborenen bestehenden Hilfstruppen getödtet, 11 Weiße und 25 Mann der Hilfstruppen verwundet worden.

Nr. 30 der „Ver öffentlihungendes Kaiserlihen Gesun d- heitsamts* vom 22. Juli hat folgenden Inhalt: Perfonalnachricht. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. YZetitwei- lige Maßregeln gegen Pest. Sanitätsberiht über die bayerische Armee, 1891/93. Geseßgebung u. #. w. (Deutsches Ieich.) Kresol- seifenlösung. (Preußen.) Kanalisationen. Schweineseuchen. (Reg.-Bez. Köslin.) Arzneimittel. (Neg.-Bez. Posen.) Gast- ställe 2c. (Neg.-Bez. Breslau). Schweineseuchen. (Schluß.) (Neg.-Bez. Erfurt.) Schweinefleisch. Neg.-Bez. Arnsberg. Nuhr und Unterleibstyphus. (Hessen). Veterinärpolizeilihe Gebühren. (Braunschweig.) Gifte. (Anhalt). Vèaul- und Klauenseuche. (Dester- rei. Küstenland.) Todtenbeshau. (Norwegen.) Diphtberieserum. Gang der Thierseuhen in Bosnien und Herzegowina. 1, Vierteljahr. Desgl. in der Präsidentschaft Madras, 1894/95, Zeitweilige Maß- regeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.-Bezirke Gumbinnen, Stral- fund, Köslin, Bromberg, Liegniy, Aurih, Düsseldorf, Hamburg, Oesterreich, Schweden.) Verhandlungen von gesetzgebenden Körper- schaften. (Hessen.) Schuß „der Heilquellen. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Aus- landes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Bei- lage: Inhaltsverzeihniß znm 111. Bande.

Entscheidungen des Reichsgerichts,

Die Kohlenzehe C. hatte mit der Firma B. einen Lieferungs8- vertrag über ein großes Quantum Kohlen geshlofsen, wonach monatli 250 t Kohlen an B. zu liefern waren. Die Firma B. fam in Annah meverzug, sodaß {chließlich eine Menge von 720 t rüdständig wurde. Am 12. Juli 1893 richtete die Zehe an B. einen Brief, in welchem sie die Firma B. ersuchte, bis zum 21. Juli über die Rückstände zu verfügen. Am ed Tage dieser Frist stellte B. an die Zeche das Verlangen, an demselben Tage noch die ganze rüständige Menge zu liefern. Sofort erklärte die Zeche, dieses Verlangen zurückweisen zu müssen, da eine sofortige Lieferung der ganzen Menge an einem Tage niht möglich sei, und sie erbot si, bis zum 3. August in 12 täglihen Sendungen alles zu liefern. Hierauf ging aber die Käuferin nicht ein, und sie erklärte ihren Rück- tritt vom Kaufvertrag wegen Lieferungsverzuges der Verkäuferin. Diese brachte nun die rückständigen Kohleamengen zur Versteigerung, nachdem der Selbsthilfeverkauf gehörig angedroht worden war, klagte die Differenz zwishen dem Versteigerungs8erlös und dem Kaufpreis gegen die Firma B. ein und erstritt in derBerufungsinstanzein obsiegliches Urtheil. Die Revißion der Beklagten wurde vom Neichsgericht, 11. Zivilsenat, durch Urtheil vom 15. Mai 1896 zurückgewiesen, in- dem es begründend ausführte: „Es ist kein Nehtsirrthum, wenn das Ober-Landesgericht das am leyten Tage der Nachfrist von der Be- klagten gestellte Verlangen, an demselben Tage noch die ganze rück- ständige Menge zu liefern, deshalb, weil es der Klägerin eine un- mögliche Leistung zumuthete, als ein Nichtinnehalten der Nachfrist ansieht und darum in der von der Klägerin sofort erklärten Zurüd- weisung dieses Verlangens, welhe mit dem Erbieten verbunden war, bis zum 3. August in 12 täglihen Sendungen alles zu liefern, eine vertraglich gerehtfertigtee Maßregel findet, welche niht die Folge hatte, Lieferungsverzug der Klägerin zu be- gründen und den Rücktritt der Bektagten von diesem Theil des Ver- trages zu rechtfertigen; da nah dem Vertrag monatli 100 + 150 = 250 Tonnen Kohlen zu liefern waren, durfte das Ober - Landesgericht mit Recht einen dem Vertrag widersprehenden und den Abnahme- verzug der Beklagten nicht beseitigenden Mißbrauch der ge- währten Nachfrist darin finden, daß die Beklagte Lieferung der esammten rückständigen Menge von 720 Tonnen Kohlen an etnem age, und zwar am Tage der Abrufung selbst, dem leßten Tage der Frist, begehrte.“ (64/96.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltuugsgerichts.

Eine S enollenlatt, Aktiengesellschaft oder ein sonstiger Verein, welcher lediglich die Beschaffung tlliger Wohnungen für seine Mitglieder zum Zwecke hat und seine disponiblen Geld- bestände in Werthpapieren u. dgl. m. zinsbar anlegt, betreibt, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerihts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 9. Januar 1896, kein Gewerbe und ist demnach nicht ge- werbesteuerp flihtig; hieran ändert auch nichts der Umstand, daß die Wohnungen unter besonderen“ Vorausseßungen auch an Nichtmitglieder vermiethet werden. „Gegenstand« des Unter- nehmens is nah § 1 des Statuts die Beschaffung oge und billiger Wohnungen für die Mitglieder des Vereins durch Ankauf

und Bau von Wohnhäusern und deren miethsweise Ueberlassung an die Mitglieder. Hierin allein liegt, wie niht zweifelhaft fein A und au von der Regierung niht verkannt wird, ein Gewerbebetrieb deshalb nicht, weil die Vermiethung eigener Häuser an sih und ohne das Hinzutreten befonderer Umstände lediglih eine Form der Nugun des Grundbesißes, nicht aber etne gewerbliche Thätigkeit darstellt. Es i daher auch unerheblich, ob der Verein die Wohnungen in den ihm gehörigen Häusern aus\cließlich an seine Mitglieder oder unter besonderen Voraus» seßzungen auch an Nichtmitglieder vermiethet. Der Umstand, daß der Verein im Statut auch die Vertheilung des Reingeroinns, wie die Bildung eines Reservefonds vorsieht, ist nichts dem Gewerbebetriebe Eigenthümliches, vielmehr ebenso vereinbar mit der bloßen Nußung des Grundeigenthums, wie mit jedem sonstigen Erwerbszwecke. Es be- darf in dieser Nichtung nur eines Hinweises auf die Art. 239 b, 185 a bis des Mde gte R TS bezw. des Gefeßes vom 18. Juli 1384, wonah die Vorschristen über die Aufstellung der Bilanzen und über die Bildung des Reservefonds unterschiedslos auf alle Aktiengesellshaften Anwendung finden, au wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht in Handels, gee besteht, also ein Gewerbebetrieb gar nicht in Frage kommt...

ie bloße zinsbare Anlegung von Geldern ist an sih nur eine Art der gewöhnlihen Kapitalnußzung, und es fehlt im übrigen ein Anhalt dafür, daß der Verein seine diepontblen Gelder in der Form der ge- werblihen Kapitalnußung, wie z. B. zu einem bankmäßigen oder ähnlihen Betrieb, verwende.* (VI. G. 324/95.)

Der Besitzer eines Hauses, welches an einer in der An- legung begriffenen Straße zu einer Zéit erbaut ist, wo für den betreffenden Ort die Verpflichtung aus § 15 des Straßenfluchten- geseßes vom 2. Juli 1875 zu Adjazentenbeiträgen n och nt cht durch Ortsstatut zu aktuellem Recht geworden ist, kann, nah einem Ur- theil des Ober-Verwaltungsgerichts, 11. Senats, vom 4. März 1896, wenn im weiteren Verlauf der Straßenanlage ein jene Verpflichtung begründendes Ortsstatut in- Kraft tritt, weder zu den bis zu dem Erlaß des Ortsstatuts aufgewandten, noch zu den von diesem Zeitpunkt ab entstehenden Straßenanlegungs- kosten herangezogen werden. „Die Errichtung cines Gebäudes vor Erlaß des Statuts kann eine Heranziehung niemals rechtfertigen, und die entgegengeseßte Ansiht des Vorderrichters läßt sih dur die von ihm angeführten Erwägungen nicht begründen. Entscheidend bleibt vielmehr der Gesichtspunkt, daß der Akt der Errichtung eines Ge- bâäudes erst durch das Statut zu einem den Erbauer verpflichtenden Titel werden kann, dieser Eigenschaft so lange ermangelt, als das Statut noch nicht erlassen ift." (T1. 435.)

Hört ein Kreisangehöriger, nach gehörig erfolgter Veranlagung zur reisltener. auf, Kreisangehöriger zu sein, so bleibt, nah cinem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerichts, IT. Senats, vom 16. März 1896, dem Kreise gegenüber seine Steuerpflicht für das Steuerjahr bestehen. „Nach § 11 der Kreisordnung vom 13. De- zember 1872 wird das Kreisabgabensoll für die einzelnen Gemeinden und selbständigen Gutébezirke im Ganzen berechnet und denselben. zur Untervertheilung auf die einzelnen Steuerpflihtigen nah demselben Maßstabe zur Einziehung sowie zur Abführung im Ganzen an die Kreis-Kommunal-Kafse überwiesen, und diese Bestimmung hat nah der feststehenden Judikatur des. O.-V.-G. die Bedeutung, daß, wie den einzelnen Gemeinden und Gutsbezirken die gegen das Soll entstehenden Zugänge zu gute kommen, thnen andererseits auch die Deckung der Abgänge und Ausfälle obliegt. Der Kreis ist alfo dabei völlig uninteressiert, ob ein Kreisangehöriger nah gehörig erfolgter Veranlagung aufhört, Kreisangehöriger zu sein. Das Kreisabgaben- foll bleibt unberührt, da die Gemeinde bezw. der Gutsbezirk dafür aufzukommen hat. Der Kläger (welher nah der Feststellung des Bezirksausshusses am 1. Juli 1894 sein Domizil im Kreise auf- gegeben hatte) mag daher dem Gutsbezirke gegenüber immer- hin berechtigt sein, seine Freistellung für 3 Viertel- jahre zu veclangen. Dem Kreise gegenüber aber bleibt seine Steuerpflicht bestehen. Mit anderen Worten: Nach dem System der Kreisordnung sind nur solhe Klagen wegen Kreisabgaben zulässig, deren Ziel sich auf die Verminderung des Kreisabgabensolls richtet, die also eine von vornherein unrihtige Veranlagung zum Gegen- stand haben.“ (IT. 601.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Das Lehrlingswesen in den Fabriken und diesen gleichgestellten Aalauea,

Dem Lehrling8wesen, insbesondere der Frage, ob und in welcher Weise für eine genügende beruflihe Ausbildung der jugendlichen Arbeiter und damit für die Heranbildung eines soliden und fachlich geshulten Arbeiterstammes gesorgt werde, widmen die Gewerbe- aufsihtsbeamten fortgeseßt ihre Aufmerksamkeit. Dabei is nach den Berichten der preußischen Negierungs- und Gewerbe-Räthe für 1895 au im vergangenen Jahre wiederum mchrfach die Erscheinung zu Tage getreten, daß in manchen Betrieben mit einer übergroßen Zahl von Lehrlingen gearbeitet wird und das Lehrvertrags- verhältniß nur das Mittel ift, jugendlihe Arbeitskräfte gegen billige Lhne an den Betrieb zu fesseln, während der Betriebsunternehmer sich seiner Pflicht, den Lehrling möglihst vielseitig tehnisch auszu- bilden und ihm so für die Zukunft das Fortkommen eines gelernten Arbeiters zu sichern, kaum kewußt ist. „Eine Reihe von Fabrik- betrieben beutet die Lehrlinge als billige Arbeitskräfte aus. Dadurch, daß die Lehrlinge gleiG vom intritt ab Lohn erhalten, drängen sich die jungen Leute nach den Fabriken und wenden sich vom handwerksmäßigen Betrieb ab.“ (Liegnit.) „Das Lehrlingswesen if in den Fabriken nicht vollständig geregelt; meist bedingen si die Arbeitgeber in den Lehrverträgen eine ziemli) lange Lehrzeit aus, welche ihnen die Ausnußung der jungen Kräfte für einen sebr geringen Lohn für ein paar Jahre fihert. Die Väter und Vormünder der jungen Leute gehen oft in leichtsinniger Weise auf diese Verträge ein und sind anfänglih nur froh, daß ihre An- gehörigen untergebraht sind. Sind erst ein oder zwei Jahre ver- flossen, dann möchten sie gern vi: die Leistungen der jungen Leute mehr Lohn haben und die Arbeitsstätte wechseln, was dann zu Kontraktbruh und ablung der festgeseßten Konventionalstrafe an den Arbeitgeber führt. Die Arbeitgeber behaupten, unter der in den Lehr- briefen festgeseßten Zeit keinen Lehrling annehmen zu können, da sie font bei dem Anlernen zu großen Schaden hätten. Streitigkeiten vorstehender Art kamen in den Zigarrenfabriken und Strickereten des hiesigen Bezirks vor.“ (Erfurt.) „Eine planmäßige Ausbildung von Lehrlingen findet in den Maschinenfabriken und Schiffb- werften statt. Im übrigen werden nöh in den Groß- betrieben der Töpferei, Glasmacherei, Brauerei und Buchdruckeret fowie in einzelnen Anlagen der Textiiindustrie Lehrlinge angetroffen. Sn allen übrigen Industriezweigen werden Lehrlinge nur ganz vekr- einzelt beshästigt. Tüchtige Tischler, Gerber u. st. w. gehen aus- \ch{ließlih von den handwerksmäßigen Betrieben in die Großindustrie über. Cine solhe Stärkung der Industrie durch das Handwerk ist aber naturgemäß in denjenigen Gewerben unmöglih, wo der hand- werksmäßige Betrieb überhaupt aufgehört hat oder im Verschwinden begriffeu ist. Dies gilt z. B. von der Textilindustrie, die ein drin

gene Fnteresse an der Ausbildung tüchtiger Arbeiter und Arbeiterinnen

Ein solches Interesse ist nur selten vorhanden, und dke Sndustriellen können sich niht darüber wundern, daß es immer schwieriger wirb, tüchtige Arbeiter zu erlangen. Um die vielfach auf- gestellte Behauptung, daß in den Buchdruckereien Lehrlingszüchtete herrsche, auf ihre Begründung zu untersuchen, hat der Gewerbe-Inspekto in Neumünster Erhebungen in ten 16 Buchdruckereien seines Dee angestellt und ermittelt, daß im Ganzen 205 Gehilfen und 30 E linge, also nur 12,8 9% Lehrlinge, beshäftigt werden. Ungünskige stellt sich das Verhältziß bei den kleinen Druckereien mit wer als 10 Arbeitern, da in ihnen 50 9/6 Lehrlinge thätig sind.“ (Schle „Ein eigentli hes Lehrlingsverhältniß wurde nur in wenigen Fabr ter gefunden. Einige Anlagen beshtigen zwar genen Arbeiter E der Bezeihnung von Lehrlingen. Die jungen Leute werden aber

aben jollte.

des wachsenden

in einzelnen, keineswegs in allen Zweigen des Betriebes ausgebildet: überhaupt kommt infolge der weitgehenden Arbeitstheilun Pabw eis mäßige Ausbildung sehr selten in Frage.“ (Koblenz.) Ueber, das Lehr- lingswesen in der Kleinindustrie des Solinger Aufsihtsbezirks spricht sich der dortige Beamte folgendermaßen aus: „Das Bestreben vieler kleinen Fabrikanten und Stahlwaaren-Exporteure, mögli wohlfeile Arbeitékräfte zu bekommen, zeigt ih in fast täg- lihen Annoncen, in welchen ein Lehrling zum Packen, ein Lehrling zum Puyen oder zu ähnlichen Beschäftigungen gesuht wird. Der Reiz, gleih am ersten Tage Geld zu verdienen, sowie die augenschein- lih leichte Beschäftigung veranlaßt viele Eltern, ihre Söhne, \tatt fie ein reelles Handwerk lernen zu lassen, in solhe Betriebe in die Lehre zut E ofern die Knaben beim Paten noch ein forgfältiges Kon- trolieren der E Stahlwaaren lernen, läßt si dagegen nichts einwenden ; meistens besteht ihre Thätigkeit jedoch lediglih im Be- sorgen von Geschäftsgängen, Packen und in der Instandhaltung der Bureauräume. Nach Ablauf der dreijährigen Lehrzeit suht sich der Exporteur einen anderen Lehrling, und der nunmehrige Gehilfe kann nichts mehr oder weniger als jeder ungelernte Arbeiter. Aehnliche Verhältnisse treten auch in krasser Weise bei den „Lehrlingen“ der Schleifer, einshließlich Ausmaher, Plister u. #. w. auf.“

Andererseits werden aber auch zahlreihe Fälle einer gewissen- haften, planmäßigen und fahlich tüchtigen Lehrlingsautbildung rühmend hervorgehoben, von denen hier nur einige mitgctheilt werden mögen. So wird aus dem Negierungsbezirk Oppeln berichtet, daß sich seit einiger Zeit verschiedene Werke bemühen, ihren Lehrlingen eine gute, vielseitige tednische Ausbildung zu theil werden zu lassen und thnen au anderweitige Gelegenheit zur Belehrung zu geben, indem sie Handfertigkeits-, Gartenbau- und fonstige Schulen einrichten, au zur lego des Gefanges, Turnens u. st#. w. anregen. „Für die Erziehung und Ausbildung der Lehrlinge wird in einzelnen Betrieben in anerkennenswerther Weise Sorge ge- tragen.“ (Merseburg) Schon oben wurde ferner erwähnt, daß in den Maschinenfabriken und Schiffswerften Schleswig-Holsteins eine planmäßige Ausbildung von Lehrlingen stattfindet. Wie der Be- riht für Koblenz hervorhebt, hat sich die Lehrlingswerkstätte einer dortigen Faßfabrik gut bewährt. „Aus dieser Werkstätte, die etwa 12 Lekrlinge beschäftigt, sind’ bereits Gesellen hervorgegangen, die den Ansprüchen des Werks genügen." In Düsseldorf hat cine große Maschinenfabrik ihre 1894 errihtete Lehrlingswerkstätte jeßt mit 25 Zög- lingen beseßt und „nimmt sich der Ausbildung der jungen Leute, die eine Fortbildungsshule regelmäßig besuhen müssen, in anerkennens- werther Weise an“.

Um die pünktlihe Einhaltung der Lehrverträge bis zur

Beendigung der Lehrzeit zu sichern, verpflichten einzelne Arbeitgeber die Eltern der Lehrlinge turch Vertrag, den Lehrlingslohn wöchentlich um 1 A fürzen zu lassen, um diesen Betrag einer Sparkasse zu- zuführen und erst nah beendeter Lehrzeit auszuhändigen; wenn der junge Mann für den Militärdienst ausgehoben wird, so be- sit er dann eine Summe von 150 bis 200 A Beispiels- weise wird dies aus dem Regterungsbezirk Cassel berichtet, wo in vielen Lehrverträgen Wochenlöhne derart vereinbart werden, daß nach dem ersten Jahre 3 #4, nah dem zweiten 4 4, nah dem dritten 6 A vom Meister gezahlt werden sollen; in den Verträgen, nah denen fich die Lehrzeit auf einen Zeitraum von nur drei Jahren erstreckt, wird ¿zumeist ein Lehrgeld von 100 bis 300 G gefordert. __ UVeber Lehrlingsprüfu ngen nach vollendeter Lehrzeit enthalten die Berichte der preußishen Regierungs- und Gewecrbe-Räthe für 1895 keine Mittheilungen. Aber von einer anderen, demselben Zweck dienenden und ebenso nüßlihen Einrihtung wird aus Ostpreußen be- richtet: „Als Anregung für die Handwerkerlehrlinge, sih zu tüchtigen Meistern ihres Fas beranzubilden, werden in mehreren Städten der Provinz Ausstellungen von Lehrlings- arbeiten veranstaltet. Die besten Arbeiten werden mit Preisen bedaht, wozu in der Regel von staatliher Seite eine Beihilfe ge- geben wird. Sol(e Ausstellungen und Prämiierungen von Lehr- lingsarbeiten rg beispielsweise in den Städten Köntgsberg, Moh- rungen, Allenstein, Memel, Braunsberg, Tilsit, Insterburg statt. Der gewerbliche Zentralverein der Provinz unterstützt diese Beileid und es haben die Ausftellungen bisher überall Anklang gefunden. Die Verbandsvereine bestreiten die Kosten vornehmlich aus eigenen Mitteln unter Mithilfe des Zentralvereins, an einzelnen Orten giebt au die Stadtgemeinde eine Unterstüßung. Als Anerkennung für diejenigen Meister, welche sich um die Ausbildung ihrer Lehrlinge besondere Verdienste erworben haben, werden Medaillen vertheilt.“

Hier mögen sich schliclich noch einige Mittheilungen über das Fort bildungsshulwesen anreihen. Eine Verpflichtung der Lehrlinge zum Besuche gewerblicher Fortbildungss{hulen dur den Lehrvertrag findet selten statt nur der Regierungs- und Gewerbe- rath für Schleswig hebt hervor, daß in Kiel die großen Werften durh den Lehrvertrag den Besuch solher Schulen für ihre Lehrlinge bindend gemacht haben. Dagegen werden sehr häufig, wie derselbe Auf- sihtsbeanite berihtet, Lehrlinge durch übermäßige Dauer der Beschäftigung ton dem Besuch jeder Fortbildungs\hule abgehalten. „Der Gewerbe- Inspektor in Siegen is von Gewerketreibenden öfters ersucht worden, Arbeiter von dem Besuch der Fortbildungs\chule zu befreiten, da die Verpflichtung, den Arbeitern einige Stunden zum Besuch der Schule freizugeben, unangenebm empfunden würde. Ein Arbeitgeber erklärte sogar, daß er mit Rücksicht auf diese Verpflichtung keinen Arbeiter unter 18 Jahren mehr einstellen werde. Bet solher Stellung der Arbeitgeber fann man sich über die von den Fortbildungs\chul- lehrern geführten Beschwerden , daß die Schüler häufig infolge bon Uebermüdung dur die Fabrikbescäftigung niht im stande seien , an dem Unterricht erfolgreich theilzunehmen, nicht wundern, Andererseits verdient hervorgehoben zu werden, daß auch Arbeit- geber vorhanden sind, die den Nußen einer guten Autbildung ihrer Arbeiter sehr wohl anerkcnnen und felbst Fabrikshulen mit Auf- wendung erheblicher Kosten errihten.“ (Neg.-Bez. Arnsberg.) Der Regierungs- und Gewerbe-Rath für den Bezirk Oppeln {ließt seinen Bericht über das Lehrlings- und Fortbildungs\{hulwesen mit der Be- merkung: „Bei dem unmittelbaren Zufammenhang, in welchem die Beschäftigung in Fabriken und Werkstätten mit der Ausbildung der lungen Leute in gewerblihen Fortbildungsshulen steht, und angesichts Einflusses, den die Gewerbeaufsihtsbeamten auf die Gewerbetreibenden gewinnen, . ersheint es wünschens- werth, daß die Vorschriften des § 154 Abs. 3, 4 der Gewerbeordnung raft geseßt und die Gewerbe-Inspektoren vou Aufsichtswegen in Fervind ung mit den Fortbildungsshulen gebraht werden. Für die

uébildung der Lehrlinge würde eine derartige Verbindung günstige irkungen zeitigen können, wie au der Leiter der großen Kattowißer Fortbildungss{ule bestätigt.“

; Wohlfahrtseinrihtungen. h Ein wohlhabender Bremer Kaufmann, Friedri Mißler, at in der Gemeinde O ber - Einzingen, Kreis Fallingbostel, einen of Achterberg gekauft und daselbst ein Erh olungshaus a arme Kranke errichtet, die aus den Bremer Krankenhäusern L geheilt entlassen sind. Während eines Zeitraums von 5 Mo- s“ en sind in dem Erholungshause monatlich je 40 Personen, und weibnte rend dreier Monate männlihe und während zweier Monate fis E: E PibeRA eige E, Der Der Un EltG owte der Unterhalt in terberg erfolgt aus|chUe

auf Kosten des Stifters. Ÿ ita:

J E Zur Et tardewegnng.

wide Mülheim a. Rh. stehen nah einer Mittheilung im „Vor-

im A die Küfer und nv r der Firma Lindgens und Söhne

durhzusete , um eine Erhöhung des Stundenlohns von 35 auf 40 Pf.

der e Groißs i. S. haben nah demselben Blatt die Zwicker

tiv ahubfabrik von O. und E. Kalisher am Sonnabend wegen ohnkürzung die Arbeit niedergelegt.

bent Gera i der mehrwöchentlihe Ausstand der Maurer

versam Wie die „Geraer Ztg.“ schreibt, wurde in einer Maurer- mlung beschlossen, den Ausstand jegt aufzuheben und ihn bis

zu einer günstigeren Fl zu vertagen. Es wurde eine Erklärung an-

enommen, daß der Ausftand verloren set, da die Verhandlungen mit en Meistern gescheitert seien, auch die Verbandlungen mie dem Stadtrath keinen Erfolg gehabt hätten. Deshalb wolle man die Forderung der zehnstündigen Arbeitszeit fallen lassen und die Arbeit On Een, us Derlin wird zur Lohnbewegung in der Konfektionsbranche berihtet: Der mit Hilfe des Berliner Gewerbegerihts nah e wierigen Vernehmungen und Verhandlungen ausgearbeitete Min d est - lohntarif für die Herren- und Knabenkonfektion is nun- mehr fertiggestellt und kommt jetzt zur Versendung an die betheiligten Konfektionäre und Zwischenmeister. Ueber die Annahme des Tarifs wird eine Versammlung in- der nähsten Woche entscheiden.

Aus Lille berihtet ,W. T. B * vom gestrigen Tage über den Kongreß der französishen Arbeiterparte: {zgl. Nr. 173 d. Bl.): Wegen der Theilnahme der sozialdemokratischen Reichstags- abgeordneten Liebknecht, Fisher und Singer an dem Kongreß wurden heute in den Straßen überall Plakate ange- s{lagen, auf welchen die Bevölkerung und insbesondere die Studenten zu Kundgebungen gegen die deutshen Abgeordneten auf- gefordert wurden. Abends fand im Stadthause ein offizieller Empfang statt, zu welchem sih die Theilhabèr in gemeinsamem Zuge begaben, An dem Zuge nahmen auch die auswärtigen Delegirten mit Aus- nahme der Deutschen theil. Während des Zuges kam es zu einicen Zusammenstößen mit der auf der Straße ver- sammelten Menge, welhe Hochrufe auf Frankreich ausbrachte, die mit Rufen: E lebe die Sozialdemokratie!" beant- wortet wurden. Während des Empfanges auf der Maicie wurden die Neden der Sozialisten von der fie umgebenden Menge mit Zwischenrufen begleitet. Es kam zu Thätlichkeiten. Die Polizei nahm

etwa 15 Verhaftungen vor. Einer d N wundet. 0 ner der Manifestanten wurde ver-

Kunft und Wissenschaft.

Die Münchener Künstl ergenossen\chaft veranstaltet die VII. periodishe große internationale Ct lane im Jahre 1897 im Verein mit der Mün hener Sezession. Nachdem beide Korporationen seit 1892 ihre jährlihen Ausstellungen getrennt veranstaltet hatten, ist es in hohem Grade erfreulich, nunmehr die beiden Münchener Künstlervereine unter einem Dach als Aussteller vereinigt zu sehen, und man darf jedenfalls gerade in diesem Umstande einen bedeutenden Anziehungépunkt für das Unternehmen seben.

___— Die Sonnenfinsterniß am 9. August wird auf einer Linie, die vom Atlaatischen Dzean über Norwegen, Nowaja-Semlja durch Sibirien nach Japan verläuft, eine totale sein. Diese für die Erforschung der nächsten Umgebung der Sonne, besonders der sogenannten Corona, überaus wichtige Erscheinung foll besonders von russishen Astronomen an einer Anzahl sorgsam ausgewählter Stationen beobahtet werden. Die Sternwarte zu Pulkowa hat eine besondere Expedition an den unteren Amur gesandt, die St. Peters- burger Akademie der Wissenshaften eine andere nah Nowaja-Semlja, die Professoren Glasenapp und Vochikhowsky wollen die Finsterniß in Finland beobachten. Die neue russishe Astronowische Gesellschaft hat drei Expeditionen veranstaltet: die eine wird an der Lena in Sibirien, wo die gänzliche Verfinsterung am längsten dauert, die Corona photographieren, ebenso aber auch das Spektrum der- selben und das des Sonnenrates. Am Unkterlaufe des Oh wird eine andere Expedition _ ebenfalls photographishe Auf- nahmen machen, und s{chließlich soll eine dritte Expedition nördlih von Enontekis in Lappmarken neben photographischen Aufnahmen direkte Vergleihungen des Spektrums der Corona mit dem Spektrum des Heliums vornehmen. In Finmarken und Lappland wird die Dauer der gänzlihen Verfinsterung 100 Sekunden nicht übersteigen, und dort werden an geeigneten Punkten englishe Astronomen beobachten. Burton Brown hat vorher den Schauplaß des Vorganges bereist, um die besten Oert- lichkeiten zu ermitteln. Von Bodö aus kann man nach seinen An- gaben mit dem Dampfschiff eine Reihe vorzüglich gelegener Stationen (Sandhorn, Arnöe, Kunnen, Bolgen, Röd Löven) er- reichen, die nur den Nachtheil haben, daß die Sonne zur Zeit der gänzlichen Verfinsterung (die daselbst höchstens 75 Sekunden dauert) faum 7 bis 8 Grad über dem Horizont steht. Jm Nordosten ist Vadò am Eingange zum Varanger-Fjord günstig gelegen, um sich von dort füdwärts in die Linie der vollen Verfinsterung zu begeben. Bei Vadöò liegen einige Hügel, die als Beobachtungsstation passen. Für Utéjofi im russishen Lappland dauert die gänzlihe Verfinsterung 86 Se- kunden bei einer Sonnenhöhe von 130 Grad. In Deutschland wird die Sonne verfinstert aufgehen, und zwar ist die größte Phase der Ver- finsterung alsdann für die südwestlihe Hälfte Deutschlands bereits vorüber. Der Sonnenaufgang findet in Berlin am 9. August um 4 Uhr 41 Minuten statt, die größte Verfinsterung (0,72 des Sonnen- durchmessers) findet {hon 4 Uhr 38 Minuten stati, das Ende der Finsterniß tritt um 5 Uhr 30 Minuten ein. Jn Köln geht die Sonne um d Uhr 12 Minuten auf, in Frankfurt a. M. um 5 Uhr 16 Minuten, in Hamburg um 4 Uhr ck51 Mirutén.

_ Die „Geographical Society of the Pacific“ in Gan Fran- cisco hatte eine Kommission niedergeseßt, die sh mit der Frage der Echtheit der „Jeanette*-Ueberbleibsel beschäftigen sollte. Den Anlaß zu dieser Maßregel gab, wie die Münch. „Allg. Ztg.“ mittheilt, die vor einiger Zeit von dem Amerikaner Dr. W. H. Dall in der „Geological Survey“ in Washing- ton aufgestellte Behauptung, daß die Funde, die von der verunglückten „Jeanette" stammen sollten, von einem Scherz herrührten, den fih die Besaßung eines Schiffes in den Gewässern bei Grönland gemacht hätte. Diese Behauptung erregte um so rößeres Aufsehen, als bekanntlich Frithjof Nanfen die fraglichen unde als eines der Beweismittel für die von ihm aufgestellte Theorie eines über den Nordpol gehenden Stromes anführte. Die „Jeanette“ wurde 1879 von Bennett, dem Besißer des „New York Herald“, ausgesandt, um Nordenskjöld zu suchen, der fh damals auf seiner Umsegelung der Nordküste Asiens befand und dessen langes Ausbleiben beunruhigte. Das Schiff gerieth beim Heraustreten aus der Beringstraße bald ins Treibeis, wurde bis in die Nähe der Neusibirishen Inseln geschoben und ging dann unter. Drei Jahre späte wurden bei Julianehaab an der südlichen Westküste Grönlands mit den Eisschollen etne Anzahl Gegenstände angeshwemmt, die von der Mannschaft der „Jeanette“ aufs Eis gebraht worden waren und worunter st|ch auh eine vom Kapitän de Long unterschriebene Proviantliste befand. Diese Gegenstände hätten also den Weg von den Neusibirishen Inseln bis Grönland gemacht, was für eine über den Nordpol gehende Strömung zu sprehen hien. Schon früher waren, u. a. in Rußland, Zweifel an der Echtheit der Funde aufgetauht, und der Amerikaner Dall brachte sie giest wieder mit großer Sicherheit vor, (Bes dessen angeblihe Beweise für seine Behauptung auch in deutschen geographischen Zeitschriften Aufnahme gefunden haben. Aus dem Eingangs erwähnten Bericht der San Franciscoer Geographischen Gesellschaft, der dem „Afton- blad* zugegangen ist, geht aber hervor, daß Dr. Dall’s Behauptungen nah den vorgenommenen Untersuchungen unbegründet sind; es wird vielmehr unter Berufung auf andere Fälle nahgewiesen, daß eine Strömung, wie sie Nansen vermuthet, wirkli vorhanden ift.

Ueber einen historisch wichtigen Quns, aus der leßten Arbeitszeit der französischen wissenschaftlichen on in Tello wird der „Köln. Ztg.“ Folgendes berichtet. Unter den Tausenden von Thontafeln, die Herr de Sarzec im südlichen Babylonien kürzlich ausgegraben und in das Kaiserliche arhäolo gs Museum in Konstantinopel gebracht hat, be- finden fi die ersten datierten Urkunden von Sargon I., dessen gewaltiges Reich sich um 3800 vor Christus vom Persischen Meerbusen bis zum Mittelmeer erstreckte. Dadurch wird niht nur die von Hilprecht in den legten Jahren mit so viel Nach- druck betonte Geschihtlichkeit dieses Königs Sargon glänzend bestätigt, sondern auch der Jnhalt der von den meisten Ge-

lehrten für eine unglaubwürdige spätere Fassung erklärten#sogenannten

Omentafel mit ihm als eine geshihtlihe Thatsache erwiesen. Au auf Seen Tafeln erscheint Sargon stets in der vollen (aen fas Shargâni - shar - ûli. Auf einer der kleinen gebrannten Tafeln heißt e z. B. am Schluß: „im Jahre da Sargon gegen das Westland (d. i. Palästina-Phönizien) marscierte“. Die Angaben der Omentafel erweisen sich danah als eine chronologisch geordnete Liste von den Feldzügen und Thaten Sargon's 1., viel- leiht im Auszug. Zwei andere Thontafeln geben die fo lange ver- gend gesuchte Auskunft auf die Frage, wer der südbabylonische ouverneur oder patosi von Lagash gewesen sei, der zur Zeit , Sargon's lebte. us den auf diesen Tafeln befindlihen Siegel- abdrüdcken erfahren wir, daß Lugal-ushumgal gleichzeitig mit Sargon: und dessen Sohn Naräâm-Sin in Tello regierte. Durch diese Funde ist helles Licht auf die bisher so dunkle älteste Geschichte Babylons geworfen und das vom Herausgeber des amerikanischen Gxpeditionswerks auf Grund einer Reihe logischer Schlußfolgerungen . entworfene Bild dieses Geschichtsabschnitts in allen Hauptzügen als richtig befunden worden. Mehrere Hundert der bisher untersuhten Thontafeln Men dieser uralten Zeit an, etliche find fogar noch âlter. So is z. B. auch endlih auf einer Tafel der Name des Königs Urukagina aus dem fünften vorchristlihen Jahrtausend als Unterschrift as worden. Auf Antrag des Kurators vom Louvre in Paris at der französishe Gesandte in Konstantinopel vom Sultan ein be- lonoeres Ireve l 21e Geib Hoe un andere wichtige monumentale ¿unde de Sarzec's a elchent dem genannten Pari überwiesen worden sind. G ares Ma

Land- und Forstwirthschaft.

Eine internationale Geflügel - Ausstellung wird d Geflügelzühter-Verein „Cypria“ in Verbindung mit RabEriA Klubs im November d. J. in der „Neuen Welt* hierselbst veranstalten.

Handel und Gewerbe.

Die Publikation der vom s{chwedischen Reichstage be- {hlossenen Abänderungen des {wedischen N A ist nunmehr erfolgt, j Die am 1. Januar 1897 in Kraft tretenden Abänderungen sind folgende: ; Posi: 974 Maat oder

extringummi 1 kg 20 Dere frü re

¿ 122 D eckC derauGet 1 M 20, Ae s me L003 ex ANDere Urlen__. 1 20 S 10.

Instrumente: musikalische: E H

Pianoforte, auhch gebrauchte (Zusaß neu)

235. Tafelförmige und Pianinos 1 Stück Kr. 150

. Z (früher ebenso),

236. Flügel 1 Stück Kr. 196 i l (früher ebenso).

: Anmerk. (neu). Bei der Einfuhr cio D aafdte für Nehnung solcher Personen, welhe vom Auslande zuziehen Q t n Sei im SLODe gelebt haben, findet unter den gleihen Bedingungen wie beim „Um 4 - freiheit stat SORDARE E

250. Hefe aller Art 1 kg 20 Oere (frü

322. Pulver und andere Sprengstoffe: (enger, S TEE

a. gewöhnl. Pulver, Salpcterpulver (fogen. Schwarzpulver) 12 Oere b SMielbaunlE A 30 c. Raudshwaches Pulver . 50 d. aldere E 20 a.—d. früher 12 Oere. Metalle und nicht s\pezifizierte Arbeiten aus Metall : C. Gisen und Stahl. Pos. 376, Roh- und Ballasteisen, auch Eisenabfall . : (früher 80 Dere pr. 100 kg). «„ 428. E. Platina, unbearbeitet oder bearbeitet, darunter au Maschinen, Geräthe und Werkzeuge oder Theile davon, welche aus\{chließlich aus Platina her- ACITELE D e 4 ¿ S e A E (Zusaß: „darunter sind“ neu). Regen- und Sonnenschirme:

frei.

@ Stirmibeile:

estelle, zusammengeseßte. . . 1 kg 80 Oere (früher 50 Oere). E

Patronen:

mit Pulver nnd anderen Sprengstoffen

geladen . L G E A diee E ; (früher 12 Oere). Steine, nicht spezifiziert: 089, unbearbeitet c n A / A 590, bearbeitet: 8; LITDDATAD He «a A h. Schleif- und Mühlensteine, ohne Verbindung mit anderen S e L L R 591. gon: Arbeiten A Doe 6 b. andere Arten L Anmerkung (wie früher).

. 989—9591 b. (neue Redaktion). Ferner is der erste Say des § 5 der dem Zolltarif beigefügten „Anweisung“, wie folgt, abgeändert worden :

Bei eingehenden Waaren, welche nah dem Zolltarif mit gewissen Mrodenien des Werths zu verzollen sind, hat der Eigenthümer der

aare anzugeben: den Einkaufspreis unter Hinzurechnung des Werths der Verpackung, der Versicherung, der Fracht und der sonstigen darauf verwandten Kosten und zwar, wenn die Waare per Schiff verfrahtet wird, bis zu dem Hafen, nah welhem sie bestimmt oder woselbft ge zu weiterer Beförderung aus dem Schiffe gelösht wird und, wenn fie auf andère Weise verfrahtet wird, bis zum ersten chwedis{chen Hafen.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 23. d. M. gestellt 12 361, niht rechtzeitig geften ene E ñ n er esien sind am 22, d. M. gestellt 4495, nicht recht- zeitig gestellt keine Wagen. gefte A E

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 22. Juli 1896, Auftrieb und Markt} prele nah Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach ebendgewiht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 489 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— „4, II. Qualität —,— 4, III. Qualität 86—92 M, IV. Qualität 74—82 K Schweine. Auftrieb 84568 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 82—84 4, Landshweine: a. gute 78—80 4, b. geringere 74—76 M, Galizier —,— #, leihte Ungarn —,— M bei ‘/9 Tara, Bakonyer #4 bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 22569 Stü. A any der für 1 kg.) I. Qualität 1,04—1,14 «, II. Qualität 0,90—1,00 A, III. Qualität 0,76— 0,86 A Schafe. Auftrieb 1134 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität —— H, 1II. Qualität —,— 4, L ualität Ps 4 Aus dem Regierungsbezirk Erfurt wird uns berichtet: Die Entwickelung von Handel und Industrie ist in E April bis Juni erfreulicherweise, mit geringen Ausnahmen, ebenso para geblieben wie im E Insbesondere die Te xtil-

dustrie sowohl in wollenen als halbwollenen Waaren hat [don

l kg 35 Oere

frei.

1 kg frei.

cit längerer Zeit einen günstigen Aufs{hroun ; Zebern des Bezirks volle eshäflenn g A e friedenstellendes usfommen bei wirths{aftliGer Haushaltung