1896 / 186 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Aug 1896 18:00:01 GMT) scan diff

22,7, in Venedig 19,0, in Warschau 24,3, in Wien 24,6, in New-York 20,4. (Für die nihtdeutshen Städte ist der Zeitraum von 4 Wochen, vom 31. Mai bis einschl. 27. Juni zusammengefaßt und den Be- rechnungen zu Grunde gelegt worden.) Der Gesundheitsstand im Monat Juni blieb in der über- wiegenden Mehrzahl der deutshen wie der nichtdeutschen Orte ein guter, und auch die Sterblichkeit war im allgemeinen eine günstige, wenn au vtelfah eine größere als im Mai. Die Zahl der deutschen Orte mit fehr er nes Sterblichkeit (Sterb- lihkeitsziffer unter 15,0 pro Mille und Iahr) stieg auf 36 von 24 des Vormonats, und zwar erfreuten sich die Vororte Berlins : Lichterfelde und Schöneberg sowie Allenstein, Allendorf, Bielefeld, Borbeck, Hameln, Herford, Iserlohn, Lehe, Malstatt Burbach, Merseburg, Minden, Ohligs, Paderborn, NRathenow, Saar- brüden, St. Johann, Schneidemühl, Siegen, Wattenscheid, Wesel, Wilhelmshaven, Kaiserslautern, Annaberg, Freiberg î. S,., Eßlingen, Ludwigsburg, Stuttgart, Ulm, Eisenah, Weimar, Jena, Côthen, Hagenau und von nihtdeutshen Städten Edinburg einer sol niedrigen Sterblichkeit. Aber au die Zahl der deutschen Orte mit hoher Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer über 35,0 pro Mille) Bat erheblih zugenommen und stieg von 3 im Mai auf 11 im Juni, und zwar war dies in den Orten Boxhagen-RNummelsburg (Vorort Berlins), Grabow a. O., Greifswald, SFuorrazlaw, Köpenid, Langen- bielau, Posen, Schweidniß, Stettin, Meerane, Pieschen und von nicht- deutshen Städten in Moskau der Fall. Das Sterblichkeits- maximum für die deutshen Orte, das im Mai 38,7 pro Mille betrug, erreihte im Juni Grabow mit 47,1 pro Mille. Die Zahl der deutschen Orte mit günstiger Sterb- lihkeit (Sterblichkeitsziffer 15,0 bis 20,0 pro d ing von 97 des Vormonats auf 93 herab; aus der Zahl der- selben nennen wir hier nur Aachen, Altcna, Barmen, Berlin, Celle,” Charlottenbrunn, Elberfeld, Erfurt, Frankfurt a. M., Frank- furt a. O., M.-Gladbah, Gleiwiß, Hannover, Insterburg, Cassel, Kiel, Koblenz, Krefeld, Memel, Osnabrück, Potsdam, Stendal, Stolp, Stralsund, Thorn, Tilsit, Trier, Wiesbaden, Amberg, Aschaffenburg, Bamberg, Bayreuth, Hof, Baußen, Dresden, Meißen, Zwickau, Gmünd, Heilbronn, Karlsruhe, Gießen, Mainz, Offenbach, Rostock, Schwerin i. M., Apolda, Altenburg, Braunshweig, Bremen, Dessau, Oldenburg, Kolmar, Met, Mülhausen i. E., Straßburg i. E. und von nichtdeutshen Städten Kopenhagen, London, Lyon, Odessa, Paris, Rom (Mai), Venedig. Eine gröfere Abnahme erfuhren die deutshen Städte mit mäßig hoher Sterblichkeit (Sterblichkeitszifffer bis 23,0 pro Mille), deren Zahl von 60 im Mai auf 51 herabsank. Wir erwähnen aus der Zahl derjelben hier nur Stegliß, Vorort Berlins), Bohum, Bonn, Bromberg, Danzig, Dortmund, üsseldorf, Essen Flensburg, Görliß, Hildesheim, Hirschberg, Kott- bus, Magdeburg, Münster, Nordhausen, Weißenfels, München, Nürn- berg, Leipzig, Zittau. Cannstatt, Reutlingen, Freiburg i. B., Mann- heim, Pforzheim, Worms, Gera, Greiz, Hamburg, Lübeck und von nichtdeutschen Städten : Brüssel, Dublin, Glasgow, Liverpool, Stock- bolin, Turin (Mai), New-York. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Gesammtsterblihkeit war im allgemeinen eine esteigerte. Von je 10009 Lebenden starben, aufs Jahr berehnet, in Stuttgart 51, in Dresden 54, in Berlin 72, in München und Ham- bura je 85 Säuglinge. Diese gesteigerte Sterblichkeit des Säuglingsalters war hervorgerufen durch das fast allgemein e Vorkommen von akuten Darmkrankheiten mit tödtlihen Aus- gängen, die besonders in den größeren Städten, wie immer in den Somm-rmonaten, mehr Todesfälle veranlassen. Besonders gesteigert war die Zahl der Opfer an di«sen Krankheitsformen in Aachen, Berlin, Breslau, Charlottenburg, Danzig, Düsseldorf, Elbing, Grabow a. O., Köln, Königéberg, Linden, Magdeburg, Stettin, Ludwigshafen, Müncen, Dreêden, Glauchau, Leipzig, Mannheim, Hamkurg, Straßburg i. E., Amsterdam, Budapest, Christiania, Kopen: hagen, Liverpool, London, Moskau, Odessa, Paris, St. Petersburg, Warschau, Wien, New-York. In Plauen i. S. war die Zahl der Opfer feiner, in Brüssel, Glasgow, Lyon, Venedig nahezu die gleihe wie im Mai. Dagecen kamen in den deutschen sowie in den größeren außer deutschen Städten Todesfälle an akuten Entzündungen der Athmungsorgane seltener zur Meldung, nur aus verhältnißmäßig wenigen deutshen Städten, wir nennen hier nur Elberfeld, Essen, rankfurt a. M., Königbberg, Magdeburg, Wiesbaden, Würzburg, tannheim, Ns werden etwas mehr Todesfälle als im Mai mitçetheilt. Auch Ma und Sterbefälle an Grippe wurden erheblich seltener gemeldet. Mehrfache Todesfälle an Grippe kamen nur aus Breslau (2), aus Beuthen O.-S. und Mailand je 3, aus Essen und Wien je 4, aus Paris 10, aus Moskau 12, aus London 28, zur Mittheilung. Die Zahl der aus den deutschen Orten gemeldeten Todesfälle an Lungen-Schwindsucht zeigte gegen den Vormonat feinen wesentlichen Unterschied. i i Die Nachrichten über die Ausdehnung der Cholera in Egypten lauteten nit günstig. Zwar bat die Epidemie in Alexandrien und Kairo abgenommen, sie hat \sih jedoch auf weitere Distrikte, nach dem Innern und namentli nah Oberegypten, weiter verbreitet. So werden aus Ghizeh, Mehalles Diah, Tourah, Mahmudieh, Mehalles Abou Ali, Beni Souef, Dessouk el-Fanah, Choubra Klut, Mehalles Kebir, Zagazig, Rosette, el-Santah , Damiette und aus vielen anderen Ortschaften mehr oder minder zahl- reie Opfer gemeldet. In Suez und Port Said war die Zahl

(Anfang Mai) gemeldet.

der gemeldeten Sterbefälle nur eine kleine. famen vom 3. bis 30. Mai 467 Sterbefälle an Cholera zur Anzeige. go herrschte die Seuhe im Mai in Singapore. Das elbfieber hat im April und Mai in Rio de Janeiro noch heftig aewüthet; erst seit Mitte Mai war eine Abnahme der Epidemie er- sihtlih. In Cuba war das Auftreten des Gelbfiebers im Mai so- wohl in Havana wie in St. Jago ein mildes; in Saqua La Grande zeigte sich Ende Mai die Seuche unter den Truppen. Aus China wird das Herrschen der Pest in Hoihau und Kiungtschau, Swatow Auch in Hongkong und auf Formosa (Auping) herrshte im Mai die Pest in größerer Ausdehnung.

Bon den anderen Infektionskrankheiten kamen Erkrankungen und Todesfälle an Masern und Pecken häufiger, an Scharlach, Diphtherie, Typhus und Keuchhusten seltener zur Mittheilung. Die {on im Mai in vielen Städten und Ln een Pecesdérben Masern haber im Juni vielfach noch größere Verbreitung gefunden. So waren Erkrankungen in Berlin, Breslau, Hamburg, Lübeck, München, Budapest, Christiania, Edinburg, St. Petersburg, Prag, Wien und in den Regie- rungsbezirken Aachen, Arnsberg, Düsseldorf, Königsberg, Marienwerder, Posen, Schleswig, Stettin, Wiesbaden und im Fürstenthum S sehr häufig. Die Zahl der Sterbefälle war in Barmen, Berlin, Graudenz, Köpenick, Krefeld, Osnabrück, Posen, Stettin, Leipzig, Lübeck, Ham- burg, Amsterdan, Christiania, Glasgow, Liverpool, Triest, War}|chau, New-York u. a. größer, dagegen in Altona, Breslau, Bromberg, Köln, Königsberg, Budapest, London, Moskau, Odessa, Paris, Prag, Wien und im Mai in Rom und Turin kleiner oder die gleiche wie im Vormonat. Das Scharlachfieber hat in Hamburg, Leipzig, Budapest, London, Odessa, Warschau etwas mehr, in Berlin, Breslau, Moskau, St. Petersburg, Wien, New-York etwas weniger Opfer als im Mai gefordert. Erkrarkungen waren in Berlin, Breslau, München, Budapest, London, Paris, St. Petersburg und Wien häufig. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in den meisten Großstädten eine auffällig kleine, so namentli in Berlin, Bremen, Breslau, Dresden, Hamburg, Leipzig, München, Amsterdam, Budapest, London, Moskau, Odessa, Paris, Triest, Warschau, Wien, New-York. In Dreéden, Halle, Köln, Magdeburg, St. Petersburg und Prag war die Zahl der Todesfälle gegen den Vormonat etwas - gesteigert. Erkrankungen kamen aus fast allen Orten, aus denen Erkrankungen ge- meldet wurden, in geringerer Zahl als im Mai zur Anzeige. Erkrankungen an Unterleibstyphus waren in Prag und St. Petersburg zahlreicher; auch war in diesen Städten die Zahl der Sterbefälle eine größere. An Fleckty phus kamen aus Warschau 1, aus Moskau und St. Petersburg je 3, aus Odessa 9 Todesfälle, aus dem Fürstenthum Lippe und aus. Stockholm je 1; aus dem Regierungsbezirk Posen 4, aus St. Petersburg 27 Erkran- kungen zur Anzeige. An Gen ickstarre wurden aus Prag und Wien je 1, aus Moskau 3, aus Kopenhagen 4, aus New-York 9 Todes- fälle, an Erkrankungen aus Berlin 8, aus Kopenhagen 5, aus Wien 3, aus Hamburg, Nürnberg und den Regierungsbezirken Arnsberg, Düssel- dorf, Posen, Schleswig, Stettin vereinzelte Erkrankungen mitgetheilt. Dem Keuchhusten erlagen in Berlin mehr, in Glasgow, Liver- pool, London weniger Kinder als im Vormonat. Todesfälle an Po ken kamen aus Budapest, Lemberg, London, Lyon, Mailand je 1, aus Bukarest 2, aus Genua und Paris je 3, aus Odessa 6, aus Warschau 15, aus St. Petersburg 18, Erkrankungen aus Hamburg und Antwerpen vereinzelt, aus Prag 2, aus Budapest 6, aus London 41, aus Paris 54, aus St. Petersburg 61 zur Mittheilung. Aus Bukarest werden 2 Todeéfälle an Hundswuth berichtet.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. y

An der Ruhr find am 5. d. M. gestellt 11 718, niht rechtzeitig gesteUt keine Wagen.

In DbersWlelien sind am 4. d. M. gestellt 4416, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen; am 5. d. M. sind gestellt 4370, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis ultimo Suli 1896 18788400 A 34%, 21601800 49/0, 45 759 900 M 41 9/0, 9717900 M 59/0 alte Pfandbriefe und 10 597 000 A 3 9/9 und 21204400 M 3} 9/9 neue, - zusammen 127 669 400 A Pfandbriefe autgegeben worden, wovon noch 12 842400 A 34 9/0, 9953 700 M 49/0, 10 C07 400 M 44 9/0, 1 857 000 M 5% alte und 10526 500 Æ 39/0 und 21 204 400 M. 31 0/6 neue, zusammen 66 391 400 (4 Pfandbriefe von den Grundstücks- eigenthümern zu verzinsen sind. Angemeldet zur Beleihung in Neuen Berliner Pfandbriefen sind bis zum 31. Juli d. J. 153 Grunde stüde mit einem Feuerversiherung8werthe von 31 069 975 A Zu- gesichert, aber noch nicht abgehoben sind 10788100

Aus Mannheim wird vom 19. deutschen Fleischerver- bandstage (vgl. Nr. 185 d. Bl.) weiter berichtet, daß in der gestrigen zweiten Sißung der Rest der Tagesordnung erledigt wurde. Die An- träge bezogen sich hauptsählih auf die Hebung des Verbandes und die Verbesserung der sozialen Lage des Fleishergewerbes. Der bisherige Vorstand des Verbandes wurde wiedergewählt. Der nächste Ver- bandstag soll, wie die „N. Bad. Landesztg.“ meldet, im Jahre 1897

in Leipzig, der darauf folgende im Jahre 1898 in Hannover abgehalten |

werden.

Aus Kalkutta |

Vom Petroleum-Markt berichtet die „Hamb. Börs.-H.“, daß die Firmen Goepel und Trube in New-York, Philipp Poth in Mannheim und Rassow, Young u. Co. in Bremen sih zu einem Unternehmen vereinigt haben.

Dem Geschäftsberiht der Lüttich-Limburger Eifen- bahn-Gesellshaft für 1895 ist zu entnehmen, daß die Brutto- einnahmen 1 308 937 Fr. betragen gegen 1 243 464 Fr. im Vorjahr. Davon entfallen 1 051 783 Fr, (wie 1894) auf die feste Rente der Niederländischen Eisenbahn-Gesellschaft, während der Antheil der Lüttich- Limburger Bahn an den Uebershüssen sfih auf 191068 Fr. (1894 183 974Fr.) stellt, und die indirekten Einnahmen 66086 Fr. (18947707 Fr.) ergaben. Für Anleihezinsen waren 832 500 Fr. (1894 825 818 Fr.), für Tilgung 167 000 r. (1894 162250 Fr.) und für verschiedene Unkosten 30 733 Fr. (1894 29 437 Fr.) aufzuwenden. Als Reingewinn bleiben mithin 278 704 Fr. gegen 226 959 Fr. im Vorjahr, woraus eine Dividende von 5 Fr. (1894 4 Fr.) für die Aktie zur Vertheilun gelangt, während die s\tatutarische Reserve von 143 571 Fr. au 177 433 Fr. erhöht wurde.

Breslau, 5. August. (W. T. B.) Getreide- und Pro- duktenmarkt. Spiritus per 100 1 100 9% exkl. 50 4 Verbrauchs- abgaben pr. August 53,40, do. do. 70 4 Verbrauchsabgaben pr. August 33,40.

Magdeburg, d. August. (W. T. B.) Zuckerbericht. Korn- zuer exkl. von 929% 11,15—11,25, Sor exkl. 88 9/9 Rendement 10,55 10,70, Nachprodukte exkl. 75% Rendem. 7,75—8,45. Stetig. Brotraffinade 1 24,75—25. Brotraffinade 11 24,50 Gem. Raffinade mit Faß 24, 50—25,25, Melis 1 mit Faß 23,50. Fest. NRoh- zucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg per August 9,80 bez., 9,85 Br., pr. September 9,95 bez., 9,974 Br., pr. Oktober-Dezember 10,12} Gd., 10,15 Br., pr. Januar-März 10,374 Gd., 10,45 Br., pr. April-Mai 10,60 Gd., 10,65 Br. Fest.

Verkehrs-Anstalten,

Laut Telegramm aus Goch ist die zweite englische Post über Blifs ingen vom 5. August ausgeblieben. Grund : Sturm auf See.

Bremen, 95. August. (W. T. B.) Der Schnelldampfer nee: des Norddeutschen Lloyd hat gestern Abend Lizard pal|htert.

London, 5. August. (W. T. B.) Der Union -Dampfer „Mexican ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen.

Theater und Musik.

Morgen geht im Neuen Königlihen Opern-Theater Goldmark's Oper „Das Heimchen am Herd“ in der bekannten Beseßung in Scene; am Sonnabend wird „Lohengrin“ mit Herrn Ernst Kraus vom Hof- und National - Theater in Mannheim als Gast in der Titelrelle gegeben. Am Sonntag seßt Signorina Prevosti als Lucia in der Oper „Lucia von Lammermoor* ihr kurz bemessenes Gastspiel fort, während Herr Werner Alberti vom Théâtre royal in Liffabon den Edgardo zur Darstellung bringen wird.

Mannigfaltiges.

Den Bedingungen gemäß, welhe an die Genehmigung der Lotterie der Berliner Gewerbe-Ausfstellung geknüpft find, eclôßt der Arbeits-Aus\{chuß folgende Bekanntmachung: „Die öffent- lihe Ziehung der Loose Serie A. der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896 findet am 12. August d. J. und an den OIeRD En Tagen im Festsaale des Dauvt-Neflaurants in der Ausstellung statt. Die Ziehung beginnt um 9 Uhr.“ A 7

Vier an der Leituyrg der nächstjährigen Brüsseler Aus- stel lung betheiligte Herren besuhten behufs Studiums gestern Vor- mittag die Berli ner Gewerbe-Ausfstellung und wurden dabei von einem Vertreter des Arbeitsaus\{usses empfangen und geführt.

Der Licht-Springbrunnen wird wegen des früheren Dunkel- werdens jeßt um 83, 94 und 93 Uhr Abends beleuchtet werden und zwar jedesmal eine Viertelstunde lang.

Elbing, 5. August. Die „Altpreußische Zeitung" meldet: Bei einem Brande in Zeyers-Vorderkampen, der in legter Nacht La kam die Familie Salewski, bestehend aus sechs Personen, ums Leben.

Palermo, 5. August. „W. T. B.“ meldet: Seit gestern herrscht hier ein außergewöhnlich heißer Sirocco. Die Temperatur erreihte 44 Grad Cels. im Schatten und 52,5 Grad Cels. in der Sonne. Troß der Hiße if der Gefundheitézustand ausgezeihnet; die auswärts verbreiteten Nachrichten von Cholera- fällen find durchaus unbegründet.

Hammerfest, 6. August. Der Nordpolfahrer Andróe hat die Füllung seines Ballons am Donnerstag, den 30. Juli, beendet und warlet jeßt auf günstigen Wind; er will nur mit einem Winde aufsteigen, der von einem Öst- in Südwind übergegangen if. In den leßten 14 Tagen war der Wind ungünstig.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Wetterbericht vom 6. August, 8 Uhr Morgens.

Wind. Wetter.

ers

unter normal.

Stationen.

Bar. auf 0 Gr. Temperatur

u. d. Meeressp. red. in Millim.

1\wolfig 2 wolkig 1'halb bed. 1bedeckt halb bed. wolkenlos bedeckt

Belmullet Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stocfholm .

aranda .

osfau . ..

Cork, Queens- E 60 Cherbourg . E L Daa Hamburg . - Swinemünde Neufahrwasser Memel ..

Dn S ünster . Karlsruhe .

Opern-Theater

ba D D

heiter bend: E a Sonnabend

wolkig bedeckt!) heiter wolkenlos Regen wolkig

7x Uhr.

bedeckt heiter

bedeckt halb bed. Negen

wolkenlos

wolkig wolkenlos

im Winkel,

Cn s E s i i m Go b O! DO O OO ES s 1 i C5

2 t =

1) Früh Nebel. Vebersicht der Witterung.

Europas etwas zugenommen’, ohne erheblihe Aende- rung seiner Vertheilung. trômuñng is vorherrshend, die in Deutschland

\chwach mit trockenem Weiter, über Finland, Frank- reich und dem Oberrhein f\risch mit Regen weht. | Erlaubeu Sie, Madame!

Die Temperatur ist jeßt in ganz Deutschland etwas

Königliche Schauspiele. (Kroll). Heimchen am Herd. 2 Ss nach Diens? gleihnamiger Erzählung) von . M. Willner. :

Scene geseßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober-Inspektor Brandt. Dirigent: Tata-Toto. Vaudeville in 3 Akten nah Bilhaud Lohengrin und E vol e a und F Zell. e * | von Antoine Banòs. In Scene gese on Sig-

/ Romantische Oper in 3 Aften von Richard Wagner. ¿ : wolîig CONengae: Herr Ernst Kraus, vom Hof- und mund Lautenburg. Kapellmeister ational-Theater in Mannheim, als Gast.) Anfang A

Professor Kleffel. Anfang A Uhr.

Anfang 8 Uhr. heiter Sonnabend: Die Weber. Sonntag: Die Weber.

Regen Lessing - Theater. Freitag: Das Glück Anfang 7# Uhr.

Sonnabend: Fräulein Doktor.

Sonntag: Fräulein Doktor.

Residenz - Theater. ¿ent Freitag: Der Stellvertreter. (Le Pentral- Theater. Alte Remplaçant. Schwank in 3 Akten von | Direktion: William Busna

Der Luftdruck hat in d Nordwesthälfte | von Max Schönau. Vorher : G E E E U ebn Meni, Madame ! Pustspier in 1 Akt na

Eine nördlihe Luft- Beo des Labiche von F. Lichterfeld. Anfang r.

Deutsche Seewarte.

Theater

Freitag: 162, Vorstellung, Das Gntrôe Oper in 3 Abtheilungen | Gültigkeit.

Ueues Theater. Freitag: Gastspiel von

Musik von Carl Goldmark. Jn

163. Vorstellnng.

Anfang 7F Uhr.

Eduard Jacobson und

meister Federmann. Ermäßigte

Anfang 74 Uhr.

Chilperich.

Direktion: Sigmund

Nichard Schult.

und Georges Duval. Deutsch | tolle Nacht. e Erlauben Sie, | und Tanz în 5 Bildern von

Uhr

Sonnabend: Der Stellvertreter, Vorker :

A Theatex Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. | Geftor , Freitag: Die Weber. | Direktion: Julius Frißsche. Freitag:

Deutsches Theater F g studiert : Mit glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und Requisiten: König Chilperich. Burleske Ausstattungs-Operette in 3 Akten (5 Bil- dern) von Hervé und Ferrier, deutsch bearbeitet von ilh. Mannstädt. In Scene geseßt von Julius Friysche. Dirigent : Herr Kapell- reise der Pläye.

onnabend und die folgenden Tage:

dem Fran- F Freund. Musik von Julius Einödshofer. Anfang Sonnabend : Eine tolle Nacht.

Adolph Ernst-Theater. Vorleßte Woche unter Direktion Adolph Ernft. Freitag: Char- ley’s Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon

Sriedrih-Wilhelmfstädtischer Konzert-Park. | Thomas. Repertoirestück des Globe-Theaters in Chausseestraße 25—26. Direktion : Julius Frißsche.

Freitag: Vollständig neues Programm. Mr. Kaoly mit seinem travail encyclopédique. Beginn des Konzerts 6 Uhr, der Vorstellung 7 Ühr.

Neues | Sonnabend: Große Vorstellung und Konzert. Entróe 30 4. QDauer- und Ehrenkarten haben

London. Anfang 8 Uhr. Vorher: Die Bajazzi. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend : Dieselbe Vorstellung.

Der Sommer-Garten ist geöffnet.

Familien - Nachrichten. Frl. Elisabeth Golß mit Hrn. Ober-

; Berlobt: evt id A &v:9e förster Wilhelm Luther (Potsdam—Klooschen).

Deutsch. Vereheliht: Hr. Prem.-Lieut. Jultus Delius mit Frl. Helene Schlüter (Düsseldorf). Hr. Gn A ri Ce Le von Liebig Î mit Frl. Gertru rle ünchen). Albert Witer. | Geb En: Gin Sobn: Hrn. Lieut. Friedrih von Petersdorf E Eine Tochter: Hrn. Felix Woldeck von Arneburg (Allenstein).

en: Frl. Leontine von Holtendorff (Alexisbad). Hr. Geheimer Rechnungs-Rath Theodor Hutter (Berlin). Hrn. Gymnafial- Oberlehrer Emil Priebe Tochter Irmgard (Kol- mar i. P.). Verw. Fr. Hauptmann Clara von Rheinbaben Tochter Gertrud (Neuberun O.-Schl.) Fr. Vastor Charlotte John, geb. Merlein, (Zobten a. Bg.). Hr. Prem.-Lieut. a. D. Benno Loos (Berlin).

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Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen (eins{ließli4 Börsen-Beilage).

annftädt und

zum Deutschen Reichs-Anz

„M 186.

Erste Beilage eiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Begründung

zu dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend

die Abänderung der Gewerbeordnung, *)

Die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 erkannte zwar den Werth einer genossenschaftlihen Organisation für den Handwerker- stand insofern an, als sie nit nur die vorhandenen Innungen, wenn- gleih mit wesentlihen Aenderungen ihrer bisherigen Verfassung, auf- ret erhielt, sondern auch die Bildung ‘neuer Innungen dur geseh- liche Bestimmungen ermöglichte. Für die Aufstellung dieser Vor- \chriften war indessen bei den geseßgebenden Faktoren vorwiegend die Anschauung maßgebend, daß es nicht Aufgabe des Staates sei, die Innungsbildung durch positive Maßnahmen zu fördern, sondern viel- mehr den Betheiligten überlassen bleiben müsse, ob sie es in ihrem Interesse förderlich finden würden, zu Jnnungen zusammen zu treten. Hiervon ausgehend, wurden die Innungen der in einem großen Theile des Reichs ihnen noch zustehenden öffentlih rechtlichen Funktionen entkleidet, eine Einwirkung auf die Regelung der gewerblichen Ver- hältnisse über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus stand ihnen fernerhin niht mehr zu, und die bisher bestandene enge Verbindung zwischen der Innung und den Organen der Obrigkeit wurde bis auf ein eng- begrenztes Aufsichtsreht beseitigt.**)

Die Erfahrung hat gezeigt, daß es auf der Grundlage dieser Bestimmungen nicht möglih gewesen is, die Innungen zu kräftigen, ihrer Aufgabe gewachsene Korporationen wieder zu beleben und den nach der gefhichtlichen Entwickelung seines Standes und unter den Verhältnissen des modernen Wirthschaftslebens in besonderem Maße auf einen genoffenschaftlihen Zusammenschluß hingewiesenen Handwerker vor der Vereinzelung zu bewahren.

CGbenfowenig hat es sich als möglich erwiesen, mit Hilfe der Bestimmungen über das Lehrlings- und Gesellenwesen eine Besserung der auf diefen Gebieten im Handwerkerstand hervorgetretenen Mißstände herbeizuführen. Mit Recht wird in der Begründung der Novelle zur Gewerbeordnung vom 18. Juli 1881 darauf hingewiesen, daß durch jene Vorschriften zwar bekundet werde, daß der Staat ein auch in der Geseßgebung zu berücksihtigendes Interesse an einer tüchtigen, gewerb» lichen und sittlichen Ausbildung der Lehrlinge habe, aber die Mittel des Staates, namentli die Thätigkeit seiner Behörden, nicht auêreihten, um die Erfüllung zu überwachen; dies fkônne nur da- durh geschehen , daß organisierte Berufsgemeinschaften ihren Mit- gliedern zu dem Ende bestimmte Verpflichtungen auferlegten und deren Erfüllung dur genossensaftlihe Einrichtungen überwachten und nöthigenfalls erzwängen; ebenso könne das Herbergswesen, welches im allgemeinen feit dem Verfall der Innungen darniederliege und bis jeßt nur durch die Thätigkeit freier Vereine eine Besserung erfahren habe, sowie die früher mit demselben im engsten Zusammenhange stehende wichtige Aufgabe der Arbeitsvermittlung nur durh die Thätigkeit der organisierten Berufsgemeinschaften diejenige Pflege wiederfinden, deren fie im sittlihen und wirthshaftlihen Interesse der Gesellen bedürften.

Das Geseß von 1881 verfolgte bei diesen Erwägungen aus- gesprohenermaßen den Zweck, die Innungen wieder zu Organen der geme a Selbstverwaltung werden zu lassen, welhe im ftande eien, einerseits durch die Förderung der gewerblichen Interessen threr Mitglieder und dur die Pflege des Gemeingeistes und des Standes- bewußtseins eine wirthshastlihe und sittlihe Hebung des Handwerker- standes anzubahnen und andererseits dem Staate geeignete Organe für die Erfüllung wichtiger Aufgaben der Gewerbeverwaltung darzu- bieten. Zu dem Ende wurden die Aufgaben der Innungen so be- messen, daß ihnen ein ausgiebiges Feld der genossenschaftlihen Thätig- keit eröffnet und zuglei diejenigen Rechte eingeräumt wurden, deren fie zu bedürfen s{ienen, um die statutarischen Vorschriften den ein- ¿zelnen Mitgliedern gegenüber zur Geltung zu bringen und für ihren Kreis im Wege der Selbstverwaltung gewisse gewerbegeseßliche Be- stimmungen zu handhaben, deren Durhführung auf dem Gebiete des Kleingewerbes für die Organe des Staates auf Schwierigkeiten gestoßen war. In der Erkenntniß, daß manche den Innungen zugewiesene Aufgaben eine befriedigende Lösung nicht finden können, solange nur die einzelnen Innungen eine jede für ihren örtlihen und sachlich begrenzten Kreis sie zu erfüllen suche, wurden ferner die geseßlihen Grundlagen für die Bildung weiterer gewerblicher Ver- bindungen, der Innungzaus\chüsse und der Innungsverbände geschaffen. Gndlich wurde {on damals die Möglichkeit vorgesehen, solchen nnungen, welhe in der Regelung des Lehrlingswesens befriedigende Erfolge erzielen würden, die Befugniß einzuräumen, die von thnen auf diesem Gebiet geschaffenen Anordnungen auch denjenigen Hand- wetfern des gleihen Gewerbes gegenüber zur Geltung zu bringen, welche der Innung nicht beitreten würden. Eine Erweiterung er- fuhr diese Maßnahme durch die Novelle zur Gewerbeordnung vom 18. Dezember 1884, die es ermöglihte, unter der Vorausseßung des Vorhandenseins einer auf dem Gebiet des Lehrlingswesens bewährt erfundenen Innung die Befugniß zum Halten von Lehrlingen auf den Kreis der Mitglieder der Innung zu beshränken. Weitere Schritte auf der fo betretenen Bahn geschahen durch die Novellen zur Gewerbe- ordnung vom 23. April 1886 und 6. Juli 1887, von denen die erstere den Innungsverbänden zur Verstärkung ihrer Wirksamkeit namentlich auf dem Gebiet des Hilfskassenwesens die Erlangung der Korporations- rechte ¿zugänglich machte, und die leßtere Bestimmungen traf, nah denen den Innungen unter gewissen Vorausseßungen die Befugniß eingeräumt werden kann, zur Bestreitung der Kosten einzelner von ihnen getroffenen Einrichtungen auh die ihnen niht beigetretenen Gewerbetreibenden heranzuziehen.

Von den hiermit gebotenen Handhaben hat der Handwerkerstand vornehmlich in Nord- und Mitteldeutshland zu seiner Wieder- erftarkung und einer zweckentsprehenden Ordnung seiner Verhältniffe einen ziemlich auêgedebnten Gebrauh gemacht, wie denn z. B. gegen- wärti in Preußen rund 8000 Innungen bestehen, welhe nah den Vorschriften der Novelle von 1881 eingerichtet sind. Hieraus ift zu erkennen, daß die alte Tradition der Zusammengehörigkeit der Berufs- genofsen noch für weite Kreise des Handwerkerstandes von Bedeutung ist, und auch die Form, welche der Gesetzgeber für einen solhen Zu- sammenschluß dargeboten hat, als eine geeignete gelten muß. Ebenso ist anzuerkennen, daß die Innungen da, wo sie im Handwerkerstand festen Boden gefunden haben, theilweije zu reht erfreulihen Ergeb- nissen ihrer Thâtigkeit, namentlich auf dem Gebiet des Lebrling8wesens,

gewerblichen Unterrihts und des Hilfskassenwesens gelangt sind.

rehtfertigt dies den Schluß, L mau auf dem eingeschlagenen

ge wohl zu einer Gesundung der Verhältnisse des Handwerks hätte gelangen können, wenn die Annahme, es würde sich nach der Reform der Gesetzgebung der überwiegende Theil der Handwerker den fafulta- tiven Innungen anschließen, rihtig gewesen wäre. Diese Annahme hat si jedech als irrig erwiesen. Jn den breiten Schichten des Handwerkerstandes ift der Gemeinsinn augensheinlih nicht lebendig genug, um den Widerwillen gegen die Unterordnung des unmittelbaren

*) S. 1. und 2. Bii‘age zu Nr, 183 d, Bl., vom 3. August d. J,

, ®) Vergl. Nr. 49 der Drucksachen des Reichstags, 4. Legislaturs periode, 1V. Session, 1881. ins A : G

Berlin, Donnerstag, den 6. August

eigenen Vortheils unter die Interessen der Gesammtheit mit dauern- dem Erfolg bekämpfen zu können. Im Großen und Ganzen sind daher die redlichen Bemühungen einer Anzahl einsihtiger Handwerker, bei ihren Berufégenossen die Grkenntniß von der Nothwendigkeit des freiwilligen Anschlusses an die Innungen und der persönlichen Theilnahme an der Erfüllung ihrer Aufgaben wachzurufen, ohne durchgreifende Resultate geblieben. Den Innungen ist es nicht gelungen, den größeren Theil der Handwerker in sich zu vereinen, und vielfah hat #ich nur ein kleiner Bructheil zum Anschluß an sie bereit finden lassen. Soweit das vorhandene statistise Vaterial reiht, kann angenommen werden, daß nur etwa ein Zehntel sämmtlicher Handwerker den Innungen beigetreten ift. Dementsprehend haben die auf Freiwilligkeit be- ruhenden Innungen nicht die persönlichen Kräfte und die finanziellen Mittel gewonnen, die sie befähigt haben würden, eine allgemeine Besserung der Lage des Handwerks herbeizuführen. Ihre Thätigkeit ist vielmehr im allgemeinen auf verhältnißmäßig enge Grenzen beschränkt geblieben, und auch da, wo sie in größerer Zahl errichtet worden und weitere Kreise des Handwerkerstandes ihnen beigetreten sind, haben sie die Wirksamkeit, zu der sie an si befähigt sind, nicht in vollem Maß entfalten können, weil fie in ihrer gegenwärtigen Organisation des sicheren Bestandes ermangeln, indem es jedem einzelnen Mitgliede in jedem Augenblick unbenommen ist, sich den Folgen ihm lästiger und seinen unmittelbaren Interessen vielleiht zuwiderlaufender Beschlüsse und Anordnungen der Innung dur den Austritt zu entziehen.

Dieser Entwickelungsgang hat zu der Ueberzeugung geführt, daß jede Organisation des Handwerks solange des rechten Erfolges entbehren muß, als sie auf den Boden der Freiwilligkeit gestellt ist. Wenn die Kerialides Staatsregierung sich hierbei in UÜébéreinftimmuna mit weiten Kreisen des Handwerkerstandes, insbesondere mit den Vertretungen des organisierten Handwerks, befindet und si ents{hlossen hat, den Weg der zwangs- weisen Zufammenfassung des Handwerks zu betreten, so vermag sie auf dec anderen Seite niht der, namentlich von dem organisierten Handwerk unterstüßten Forderung der Wiedereinführung des Be- fähigungsnachweises als der allgemeinen Vorausseßung für den Be- ginn des handwerksmäßigen Betriebes zu entsprechen, da ste sih weder von der Zweckmäßigkeit, noch -von tec Durchführbarkeit dieser Maß- regel überzeugen fann. Die in der Sache liegenden großen Schwierig- keiten, welhe bei den Aufgaben des vorliegenden Entwurfs zu über- winden find, würden übrigens auch bei einer gegentheiligen Auffassung dringend davon abrathen, eine die Interessen des Handwerks so tief berührende und selbst in den Kreisen der Betheiligten strittige Frage gleichzeitig mit der vorges{lagenen Organisation zur Erledigung bringen zu wollen. :

__ Die in dem Entwurf vorgeschlagene Organisation soll eine voll- ständige, das ganze Handwerk umfassende und dazu bestimmt fein:

1) die gleichzeitig herbeizuführende geseßlihe Neuregelung des

; Lehrlingswesens auszugestalten und durchzuführen,

2) die übrigen Interessen des Handwerkerstandes wahrzunehmen, insbesondere auf seine allmählihe Erziehung zu genofsen- schaftlicher Thätigkeit hinzuwirken, und

3) eine Standeévertretung gegenüber der Geseßgebung und der Verwaltung darzustellen.

Zu dem Ende soll der Handwerkerstand eine Gliederung in Innungen, Handwerksausschüsse und Handwerkskammern erhalten.

Die unterste Stufe, „die Innung“, ift als Zwangsinnung gedacht,

welcher kraft Gesetzes, ohne daß es des ausdrüdlihen Eintritts oder der Aufnahme bedürfste, alle im Innungsbezirk vorhandenen selbst- ständigen Handwerker des Gewerbezweiges, für welchen die Innung errichtet ist, als Mitglieder angehören. Als nothwendige Aufgaben der künftigen Innungen find im wesentlihen dieselben hingestellt, welche der bisherige § 97 der Gewerbeordnung den bestehenden íInnungen zugewiesen hat, jedoch follen die Innungen in Zukunft zum Erlaß von Vorschriften zur Regelung des Lehrlingswefens nur insoweit berehtigt und verpflihtet sein, als die hierüber erlassenen geseßlihen Vorschriften und die auf Grund dieser Vorschriften von der Handwerks- kammer getroffenen Bestimmungen dafür noch Raum und Bedürfniß übrig laffen. ___ Die Aufgaben, welche der Innung hiernach zugewiesen werden sollen, namentli die Pflege des Gemeingeistes und der Standesehre, sowie die Fürsorge für das Lehrlingswesen, werden umsomehr auf Frfüllung rechnen können, je mehr ihre Mitglieder shon in ihrem Beruf und in ihren Lebensverhältnifsen eine natürlihe Grundlage für ihren Zusammenschluß und ihre gemeinsame Thätigkeit finden. Die Ausübung des gleihen Handwerks begründet von jelbst eine Interessengemeinschaft, welhe von vocnherein eine gewisse Ge- währ für die Bereitwilligkeit der Betheiligten zu gemeinschaft- licher Arbeit bietet, Eine wirksame Pflege des Lehrlingswe]ens, welche unter allen Umständen eine Hauptaufgabe jeder Innung sein muß, ift in vollem Maße nur von Innungen zu erwarten, welche aus Genoffen ckesfelben Handwerks oder mindestens aus Genoffen ver- wandter Handwerke bestehen. Die Erfahrungen, die mit den bis- herigen Jnnungen gemacht sind, haben gezeigt, daß Innungen, welche aus Angehörigen der verschiedensten Handwerke zusammengeseßt sind, die sogenannten gemischten Innungen, ihren Aufgaben nur în sehr beshränktem Maße haben genügen können, und ebenfo haben die Er- mittelungen, welhe über die Entwickelung der shon seit Jahren be- stehenden Zwangsgenossenschaften in Oesterrei angestellt find, ergeben, daß sih faft ausnahmslos nur solhe Zwangsgenossenshaften der E zur Erreichung der ihnen gesteckten Ziele geeignet erwiesen aben, welhe auf der Berufsgemeinschaft ihrer Mitglieder aufgebaut waren. Der Entwurf sieht deshalb nur die Bildung von Fach- innungen und Innungen verwandter Handwerke vor, wobei als ver- wandte Handwerke solche angesehen find, welche nas A Brauche vielfah gemeinsam betrieben werden und in ihrer Technik einander so nahe stehen, daß der Betrieb des einen zugleich ein ausreihendes Verständniß für die tehnishen Fertigkeiten, den geschäftlichen Betrieb und die wichtigsten Interessen des anderen gewährleiftet. *

Neben der Gemeinsamkeit der gewerblihen Thätigkeit ihrer Mit- glieder ist für die erfolgreihe Entwickelung der Innung auch die zweckmäßige Abgrenzung ihres Bezirks von wesentlicher Bedeutung. Bereits in dem Geseßze von 1881 hat der A Anerkennung gefunden, daß eine weite räumlihe Ausdehnung an sih dem Wesen der Innung nicht entspricht, weil die wichtigsten und nächsten Aufgaben derselben, wie die Pflege des Gemeinsinns und des Standesbewußtseins, fowie die Regelung und Beaufsichtigung des Lehrlingswesens mir Erfolg nur von Vereinigungen gelöst werden können, deren Glieder fich auch öôrtlih nahe stehen. Eine kräftige Wirfsamkeit der Innung ist um so weniger zu erwarten, je mehr den einzelnen Mitgliedern durch die räumlihe Entfernung vom Sitze der Innung die Theilnahme an dem genossen]chaftlihen Leben und die Benußung der von der Innung getroffenen Einrichtungen erschwert wird. Hiernah wird die im Entwurfe vorgesehene Innungsbildung nur insoweit durchgeführt werden können, als die Vorausseßung zutrifft, daß in einem Bezirke, welcher feiner Ausdehnung na allen darin vorhandenen Handwerkern die Theilnahme am Innungéleben ermöglicht, die einzelnen Handwerke für fih allein oder in Verbindung mit anderen verwandten Hand-

werken die zur Bildung einer leistungsfähigen Genossenschaft erforder-

lihe Zabl von selbständigen Handwerkern aufweist.

Die bisherige Gesetzgebung hat in der Zulassung der Bildung von Innungsausschüfsen 102 der Gewerbeordnung) bereits anerkannt, daß die Innungen zu einer wirksamen Verfolgung ihrer Aufgaben eine Vertretung ihrer gemeinsamen lokalen Interessen nicht entbehren

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können. Bei dem Ausbau des Innungswesens macht \sich das Be- dürfniß nah einer solchen Vertretung in erhöhtem Maße geltend.

Hierzu kommt, daß es bei der durch die Verhältnisse bedingten Beschränkung der Innungébildung nicht möglih sein wird, das gesammte Handwerk ausschließliz in Innungen zusammenzufassen. Einzelne Handwerke werden ihrer Natur nah so vereinzelt betrieben, daß selbsst innerhalb eines größeren Bezirks die Zahl der ihm angehörenden Betriebe zur Bildung einer lebensfähigen Innung nicht ausreiht. Ebenso giebt es Bezirke, in welchen die Bevölkerung fo dünn und die gewerblihe Thätigkeit fo wenig entwidelt ist, daß nur in einzelnen Zweigen des Handwerks eine zur Bildung einer lebens- und leistungsfähigen Innung genügende Zahl von Handwerkern gefunden wird. Es wird daher überall eine in dünn bevölkerten Gegenden größere, in diht bevölkerten kleinere —- Anzahl von Handwerkern übrig bleiben, die von der Innungsbildung nicht erfaßt werden kann. Wollte man diese Handwerker bei der Organisation ganz unberücksichtigt lassen, so würde man weite Kreise des Handwerkerstandes der bisherigen Vereinzelung au ferner über- lassen und ihren Gesellen und Lehrlingen die Förderung und Fürsorge vorenthalten, welche ihnen durch die neue geseßlihe Regelung gesichert werden foll. Es ift daher auch für diese Handwerker ein Organ zu schaffen, welhes für fie die der Innung zugewiesenen Aufgaben, foweit dies bei der Verschiedenartigkeit der Elemente und bei ihrer daraus sih ergebenden loferen Zusammenfassung möglich i}, zu über- nehmen hat.

Die hiernach für die betheiligten Innungen und für die niht- korporierten Handwerker erforderlihe Vertretung soll nah dem Vor- {lage des Entwurfs durch die Errichtung von e O A, geschaffen werden. Die dadur herbeigeführte Vereinigung des for- porierten und des nichtkorporterten Handwerks empfiehlt ih um fo mehr, als infolge der Einführung von Zwangsinnungen künftighin der gegenwärtig vielfah hervorgetretene Gegensaß zwischen den- jenigen Handwerkern, welhe den Innungen angehören, und folchen, welche nit geneigt sind, denselben beizutreten, beseitigt wird; fie bietet vor einer gesonderten Organisation für beide Kategorien von Handwerkern den großen Vorzug, daß dabei nicht nur die Interessen der betheiligten Innungen oder der nihtkorporierten Handwerker, fondern vor allem die lokalen Interessen des gesammten Handwerks, insbesondere auch hinsichtlich der Regelung des Herbergswesens und des Arbeitsnachweises, wahrgenommen werden können.

Die Handwerksaus|chüfse follen zugleich den im Bezirke vor- handenen Innungen die Möglichkeit, fi für einzelne ihrer Aufgaben zu einer gemeinsamen Thätigkeit zu vereinigen, geben, die namentli für die Bornahme der Wahlen unentbehrlihe Unterlage für die leßte Stufe der Organisation, die Handwerkskammer, bilden und diefer als ausführende Organe ihrer Thätigkeit dienen. Dementsprehend wird der Handwerksauss{huß aus Vertretern der Innungen, welche ihren Sitz innerhalb seines Bezirks haben, und aus Vertretern der zu Innungen nicht vereinigten Handwerker zu bestehen und als seine Aufgabe zu erachten haben:

1) die Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen aller Hand-

__ werker seines Bezirks und

2) die Erfüllung der Aufgaben der Innung für die ciner Innung nicht angehörenden Handwerker mit der oben angedeuteten Einschränkung;

3) die Uebernahme gewisser Aufgaben für die betheiligten Innungen. 4

_ Die Innungen und Handwerksaus\{üsse sind in ihrer Thätigkeit auf kleinere Bezirke und die darin vertrctenen Handwerke beschränkt. Sie sind nit geeignet, die Gesammtinteressen des Handwerks zu ver- treten und fole Aufgaben zu übernehmen, deren zweckmäßige Lösung durch eine gleichmäßige Behandunz für weitere Kreise bedingt ift. Zur Vervollständigung der Organisation des Handwerks bedarf es daher noch eines Vertretungs- und Selbstverwaltungskörpers für größere Bezirke, wie er für Handel und Industrie bereits seit längerer Zeit in den meisten deutshen Staaten und füc die Land- wirthschaft seit kurzem in Preußen in den Landwirthschaftskammern besteht. Dieses Organ foll die „Handwerkskammer“ sein, die als zu- sammenfassende Vertretung des gesammten Handwerks eines größeren Bezirks aus den Wahlen der Handwerksausshüfse, in denen bereits die Vertreter der korporierten und der nihtkorporierten Handw.rker vereinigt sind, hervorgehen soll.

Die Handwerkskammer wird naturgemäß eine dovpclte Aufgabe haben. Sie wird einmal die Gesammtinteressen des Handwerks und die Interessen aller in ihrem Bezirke vorhandenen Handwerke gegen- über der Geseßgebung und der Verwaltung des Staates zu vertreten haben, und zwar fowohl durch Erstattung der von den Staatsbehörteæ einzuholeaden Gutachten, als auch durhch die aus ihrer eigenea Jnitiatve hervorgehenden Anregungen. Daneben wird sie als Selb#t- verwaltunzsorgaa die Aufgabe Tb. diejenigen zur Regelung der Ver- hältnisse des Handwerks erlassenen geseßlichen Bestimmungen, welche noch einer Ergänzung dur Einzelvorschriften bedürftig und fähig sind, für ibren Bezirk weiter auszubauen, die Durchführung der geseßlichen und der von ihr selbst erlassenen Vorschriften in ihrem Bezirke zu regeln und zz überwach-n, und endlih folhe auf die Förderung des Handwerks ab= zielende Veranstaltungen zu treffen, zu deren Begründung und Unter- haltung die Kräfte der einzelnen Innungen und Handwerkzausidöße niht ausreichen.

Wird für die Lösung des erften Theils dieser Aufgaben vorwiegend die Handwerkskammer in ihrer Gesammtheit wirksam werden wüfea, so wird es zur Lösung des zweiten Theils einer Thätigkeit bedürfen, welche fih nicht in den verbältnifmäßig seltenen Versammlungen der Kammer erledigen läßt und demnach von einem aus ihrer Mitte hervorgehenden Vorftande wahrgenommen werden mi. Auberdemz werden sowo? l die Handwerkékammer als ihr Vorstand, denen natzr- gemäß niht mebrere Mitglieder aus jedem Handwerke angehören fönnen, für mane Arbeiten einer Ergänzung ibrer Kräfte bedürfex; diesem Bedürfniß soll durch die Mögli&keit der Bildung von Aas- shüfsen für einzelne Geschäftszweige entsprohen werden.

Schon die bisherigen Bestimmungen der Gewerbeordnung wiesen auch den Gesellen und Gehilfen eine Stellung in der Innung an; soll die neue Organifation die ibr zugedahte Bedeutung gewinnen, fo wird fie auh die Gefellen mitumfafsen und ibnen eine den gegen- wärtigen Verbältnifsen des Gefellenstandes entsprehende Stellung anweisen müfsen. Deshalb sollen auf jeder Stufe der Organisation die Gesellen durch einen Ausschuß vertreten fein, welhem bei allen Geschäften der Innung, des Handwerksausschusses oder der Handwerkskammer, die das Interesse der Gesellen und Lehrlinge berühren oder Leiftungen irgend einer Art von den Gesellen in Anspruch nehmen, eine Mitwirkung eingeräumt wird. Dieser Mitwirkung kann eine wirkliche Bedeutung nicht dur geseßlide Regelung des Stimmverbältnifses in den zur gemeinsamen Beschlußfaffung gelangenden Angelegenheiten gesichert werden; es muß vielmehr zu dem Ende dem sellenaus\chuß das Recht beigelegt werden, gegen Beschlüsse des Organs, bei wel er die Gesellen zu vertreten hat, Widerspruch zu erheben mit der Wirkung, daß in diesem En am “R Behörde über die Meinungsverschiedenheit zu entscheiden hat.

Wie alle anderen Organe der Selbstverwaltung sind au die für das Handwerk zu begründenden der Aufsicht der zuständigen Staats- behörden zu unterstellen, welhe die Erfüllung der den einzelnen Organen auferlegten Verpflihtungen, sowie die Beobath der geseßlichen und statutarischen Vorschriften zu überwachen d Ga

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