1896 / 191 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 Aug 1896 18:00:01 GMT) scan diff

S A gi ti E ede D É E G R A A O E A S R I BRRT S S

E R A

Die entscheidenden Disziplinarbehörden, welche je nah Bedürfniß zusammentreten, sind in erster Jnstanz die Disziplinar- kammer für die Schußzgebiete, in zweiter Aas der M pinarhof für die Schußgebiecte, beide mit dem Siß in Berlin.

Die Disziplinarkammer entscheidet in der Besezung von fünf, der Disziplinarhof in der Beseßzung von sieben Mitglie- dern. Bei ersterer müssen der Vorsißende und wenigstens zwei Beisißer, bei leßterem der Vorsißende und wenigstens drei Bci- fiber in richterliher Stellung in einem Bundesstaate sein.

Die Mitglieder der Disziplinarkammer und des Disziplinar- Hofes werden [t die Dauer der zur Zeit ihrec Ernennung von ihnen bekleideten Reichs- oder Staatsämter vom Kaiser ernannt, sie werden für die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes verpflichtet. Jn gleicher Weise werden für die Disziplinarkammer zwei und für den Disziplinarhof vier stell- vertretende Mitglieder ernannt. L ; /

Die Geschäftsordnung bei den Disziplinarbehörden wird durch ein Regulativ bestimmt , welches der Disziplinarhof zu entwerfen und dem Reichskanzler zur Bestätigung einzu-

reichen hat. s Artikel 10.

Die im § 127, § 128 Abs. 2, § 131 des Gesecßes vom 31. März 1873 der obersten Reichsbehörde übertragenen Be- fugnisse werden gegenüber den Beamten, welche eine Kaiser- liche Bestallung erhalten haben, vom Reichskanzler, gegenüber den Bezirksrichtern in Ost-Afrika vom Oberrichter, gegenüber den übrigen Beamten vom Gouverneur oder Landeshauptmann ausgeübt. Gegen die Entscheidung des Gouverneurs, Landes- hauptmanns oder Oberrichters findet Beshwerde an den Reichskanzler statt. Die Beschwerde hat keine aufschiebende

Wirkung. Artikel 11.

Diejenigen Beamten, welche eine Kaiserlihe Bestallung erhalten haben, können durch Kaiserliche Verfügung, die übrigen Beamten, welche eine in den Besoldungs-Etats aufgeführte Stelle bekleiden, durch Verfügung des Reichskanzlers zederzeit mit Gewährung des geseßlihen Wartegeldes in den einstweiligen Ruhestand verseßt werden.

Im Falle des § 37 Say 2 des Geseßes vom 31. März 1873 kann eine Pension auch auf bestimmte Zeit bewilligt

werden. Artikel 12.

Die Verordnungen vom 3. August 1888, betreffend die Rechtsverhältnisse der Landesbeamten in den Schußgebieten von Kamerun und Togo, und vom 22. April 1894, beireffend die E Es Aue der Landesbeamten in Deutsch- Ostafrika, B B E D ua 5

rkundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Sal E O Gegeben Wilhelmshöhe, den 9. August 1896. (L). S.) Wilhelm. I. R. Fürst zu Hohenlohe.

__ Auf Grund des 3 75a des Krankenversicherungsgeseßzes in der Fassung des Geseßes vom 10. April 1892 (Reichs-Geseh, blatt S. 379) ist der Zentral - Kranken- und Sterbekasse der Formsteher Deutschlands (E. H.) in Frankfurt a. M. von neuem die Bescheinigung ertheilt worden, daß sie, vor- behaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforderungen des S 75 des Krankenversicherungsgeseßes genügt. Berlin, den 11. August 1896. Der Reichskanzler. Jm Austrage: Rothe.

Landespolizeilihe Anordnung,

betreffend die gesundheitliche Ueberwachung des Grenzverkehrs mit Pferden.

Auf Grund des 8 7 des Reichsgescßes, betreffend die Xbwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 und des § 3 des preußischen Geseßzes, be- treffend die Ausführung dieses Reichsgesezes, vom 12, März 1881/18. Juni 1894 verordne ih mit Ermächtigung des Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten für den Umfang des Regierungsbezirks Düsseldorf:

Die landespolizeilihe Anordnung vom 5. August 1893 Lau Seite 437) wird derart abgeändert, daß der erste

bsaß der Nr. 11 folgende Fassung erhalt :

__11. Niederländishen Staatsangehörigen wird die Ein- lassung iÿrer Pferde, welhe gleihen Zwecken dienen, in das diesseitige Staatsgebiet unter Befreiung von der sonst vor- geschriebenen thierärztlihen Untersuhung bis auf weiteres gestattet, wenn sie durch eine der Zollbehörde vorzulegende, alle sechs Wochen zu erneuernde Bescheinigung der Gemeinde- behörde ihres Heimathsorts den Nachweis erbringen :

1) daß die genau zu beshreibenden Pferde dauernd zu Acer- oder Fuhrgeschäftszwecken gchalten werden ;

2) daß in dem Standort der Pferde sowie in einem Umkreise von 15 km um denselben ansteckende Krankheiten der Pferde weder herrschen, noch innerhalb der leßten ses Monate geherrscht haben.

Varlielende Anordnung tritt sofort in Kraft.

Düsseldorf, den 31. Juli 1896.

Der Regierungs-Präsident. Freiherr von Rheinbaben.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird eine Uebersicht der in den deutshen Münzstätten bis Ende Juli 1896 vor- genommenen Ausprägungen von Neichsmünzen ver- offentlicht.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht : , den Kreisphysikern, Sanitäts-Räthen Dr. med. Hermann riedrih Meyer zu Nlgoers, Dr. med. Johann riedrich Meinhof zu Pleschen und Dr. med. Eduard raber u Kreuzburg O.-S. den ‘Charakter als Geheimer Sanitäts-Rath, sowie _den Kreisphysikern Dr. Dr. med. Konrad Moriß Stielau zu Pr.-Holland, Heinrih Wilhelm Kramer zu

Pyriß, Karl Gustav Hermann nag zu Ar Don, Anton Albert Erdner zu Schwerin a. W., Gustav Adolf Hauch zu Eisleben, Gustav Karl Gleitsmann zu Naum- burg a. S., Heinrich Hensgen zu Siegen und Spiegel- thal in Cassel den Charakter als Sanitäts-Rath zu verleihen.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und For sten.

Dem Thierarzt Alexander Uhl in Konig is die von ihm bisher kommissarisch verwaltete Kreis-Thierarztstelle für den Kreis Konitz definitiv verliehen worden.

Jn der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird ein Privilegium wegen Aus- gabe auf den Jnhaber lautender Anleihescheine der Stadt Minden im Betrage von 800 000 M veröffentlicht.

Angekommen:

der Vize-Präsident des Rechnungshofes des Deutschen Neihs Mand, vom Urlaub.

Personal-Veränderungen,

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee - Fähnrihe 2x.,, Abschieds- bewilligungen. Im aktiven Heere. Wilhelmshöhe, 6. August. Burckhardt, Sec. Lt. vom Inf. Negt. Nr. 138, mit Pension der Abschicd bewilligt. Wiebe, Major a. D., zuleßt Bats. Kommandeur vom Fuß-Art. Negt. Nr. 11, unter Fortfall der ihm ertheilten Ausficht auf Anstellung im Zivildienst, mit seiner Pension und der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des Fuß-Art. Regts. von Linger (Oftpreuß) Nr. 1 zur Disp. gestellt.

Im Beurlaubtenstande. Wilhelmshöhe, 6. August. Meier, Sec. Lt. a. D., zuleßt von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Recklinghausen, die Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee- Uniform ertheilt. Graf v. Waldersee, Pr. Lt. von der Ref. des Hus. Regts. von Zieten (Brandenburg.) Nr. 3, mit Pension der Ab-

schied bewilligt. Militär-Justizbeamte.

Durch Allerhöchste Bestallung. 18. Juli. NReuschel, Justiz-Rath, Div. Auditeur bei der 8. Div., zum Ober- und Korps- Auditeur ernannt.

Durch Verfügung des General-Auditeurs der Armee. 31. Juli. Reuschel, Ober- und Korps-Auditeur, die Korps- Auditeurstelle beim Garde-Korps übertragen. Keyl, Justiz-Rath, Div. Auditeur, von der 29. zur 8. Div.,, Bu ch, Justiz-Rath, Gouvernements- Auditeur zu Mey, als Div. Auditeur zur 29. Div., letztere beide zum 1. Oktober 1896, verseßt.

Beamte der Militär-Verwaltung. _ Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 31. Juli. König, Zahlmstr. vom Schleswig-Holstein. Pion. Bat. Nr. 9, auf feinen Antrag zum 1. November 1896 mit Pension in den Ruhestand verseßt. Schmidt, Zahlmstr. Aspir., zum Zablmstr. beim 1V. Armee- Korps ernannt.

Dur Verfügung der General-Jnspektion des Ingenieur- und Pionier-Korps und der Festungen. 30. Juli. Dessauer, Festungs-Bauwart 1. Kl. von der Insp. der Militär-Telegraphie, zur Fortifikation Magdeburg, Sfkripzik, Feftungs-Bauwa1t 1. Kl. von der Fortifikation Swinemünde, zur Fortifikation Posen, Kuth, Festungs-Bauwart 2. Kl. von der Fortifikation Köln, zur Insp. der Militär-Telegraphie, Eichel, &estungs-Bauwart 2. Kl. von der Fortifikation Feste Boyen, zur Fortifikation Straßburg, versetzt.

Nichtamltlicßes.

Deutsches Reich. Preuszen. Berlin, 12. August.

Der Kaiserlihe Gesandte in Lissabon von Derenthall hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desfclben von seinem Posten fungiert bis auf weiteres der dorthin entsandte Dritte Sekretär bei der Kaiserlichen Botschaft in Paris Freiherr von der Lancken- Wakeniß als Geschäftsträger.

_ Der Regierungs-Assessor Walter zu Graudenz ist der Königlichen Regierung zu Danzig, der Regierungs-Assessor Ren: aus Cassel ter Königlihen Regierung zu Marienwerder und dec Regierungs-Assessor Dr. jur. Thomée in Jserlohn der Königlichen Regierung in Arnsberg zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen worden.

Der Regierungs-Assessor Dr. jur. von Conta ist dem Landrath des Kreiscs Kalau im Regierungsbezirk Frank- furt a. M., der Regierungs-Assessor Dr. jur. Lanc elle dem Landrath des Kreises Jserlohn im Regierungsbezirk Arnsberg und der Regierungs-Assessor Kamlah dem Landrath des Kreises Kempen im Regierungsbezirk Düsseldorf bis auf weiteres zur Sei tung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.

Kiel, 12. August. „W. T. B.“ meldet: Die aus 54 Shiffen bestehende Herbst-Uebungsflotte wird am 13. und 14. d. M., von der Nordsee kommend, den Kaiser Wilhelm-Kanal passieren. Der Kanal wird an diesen Tagen für Handelsschiffe nicht gesperrt sein.

Bayern.

Das Pee Man orium hat nah der Münchener „Allg. Ztg.“ durch einen vor kurzem ergangenen Erlaß angeordnet, die bei den Militär-Untergerihten zur Verhandlung kom- menden Straffälle künftig in gleiher Weise wie bei den Militär-Bezirksgerihten durh Anschlag an Tafeln bekannt zu geben, die an den Gebäuden, in welchen sich das Sißungs- lokal befindet, anzubringen und allgemein zugänglih zu

halten sind. Sachsen.

Zhre Majestäten der König und die Königin reisten am 9. d. M. nach S ab. Der König gedenkt heute im Sommerschlosse Pillnig wieder einzutreffen, während Zhre Majestät die Königin bis auf weiteres ununterbrohen im Jagdhause zu Rehefeld verbleiben wird.

Großbritannien und Jrland.

Die Königin hat, einer Meldung des „W. T. B.“ aus London zufolge, durch ihren Privatsekretär mittheilen lassen daß, wenn es ihr vergönnt sein sollte, länger als , irgend ein britischer Herrscher zu regieren, sie den Wunsch habe, daß die Feier dieses Ereignisses uf eschoben werde, bis sie dag, 60. Jahr ihrer Regierung thatsächlich vollendet habe.

Das Oberhaus nahm gestern die Kleinbahn-Bill iy dritter Lesung an.

Jm Unterhause erklärte bei Erörterung des Berichts über den Ausgaben-Etat der Staatssekretär Chamberlain dem „W. T. B.“ zufolge, er halte den Zeitpunkt noch nit für gekommen, um die Politik der Regierung hinsichtlih S üd- Afrikas erschöpfend zu besprehen. Bezüglih der Reformen in Transvaal werde die Regierung ihr Möglichstes thun um durch freundschaftlihe Vorstellungen das gewünschte Re- sultat zu erreihen. Wäre Bartlett Minister der Kolonien bemerkte Chamberlain, so würde er wahrscheinlih zuerst ein Ultimatum an den Präsidenten Krüger gesandt haben und, wenn die Neformen nicht gewährt worden wären, vom Unter: haus einen Kredit von 10 oder 20 Millionen gefordert und ein Heer von mindestens 20 000 Mann entsandt haben, um den Präsidenten Krüger zu Reformen zu zwingen, in einem Staate, mit dessen inneren Angelegenheiten die englische Regierung, wie sie wiederholt erklärt habe, nichts zu thun habe. „Das ist niht meine Politik,“ fuhr der Staatssekretär fort, „und wird nie meine Politik sein. Meine Politik war seit dem unglüclihen Einfall in Transvaal darauf gerichtet, die gute Gesinnung zwishen der holländishen und britischen Be- völkerung herzustellen.“ Nach Berichten von verschiedenen Seiten hege er den Glauben, daß diese Politik erfolgreich sei; es sei hon eine bedeutende Wendung zum Besseren eingetreten. Die Regierung von Transvaal habe ein Gesetz zur Beschränkung des Verkaufs von Getränken an Ein- geborene und ein Unterrichtsgesez, welhes den Unterricht der Kinder jeder Nationalität auf Kosten des Staats bestimmt, durchgefuhrt und erwäge jeyt die Einseßung eines neuen Stadtraths für Johannesburg. Dies seien niht alle Ne- formen, die das Volk zu fordern berechtigt sei, es sei aber zur Zeit, wo noch große Erregung herrshe, immerhin cine große Abschlagsrate. Die parlamentarishe Kommission zur Unter- suhung von Jameson’s Einfall seßt sih nach der gestern er- folgten Ernennung aus folgenden 15 Unterhaus-Mitgliedern zu- sammen: Webster, Bigham, Blake, Buxton, Campbell-Banner- man, Chamberlain, Hicks-Beach, Cripps, Dyke, Jöhn Ellis, Har- court, Jackson, Labouchère, Wharton und Wyndham. Der Antrag Healy's, die Kommission aus 17 Mitgliedern zusammenzusezen, wurde abgelehnt, ebenso die Anträge a Ausschließung Buxton's und Labouchère’'s aus der Kommission und deren Erseßung dur andere. Zur Lage auf Kreta theilte der Parlaments - Úntersekretär Bericht des britishen Konsuls auf Kreta bewaffnete Mohamedaner das Kloster St. Johann zu Anapolis Pediada in der Nähe von Herakleion angegriffen hätten. 29 Männer, Mig und Kinder seien getödtet, andere verwundet worden. Das Kloster und vier Kirchen seien zer- stört, Rindvieh und Schafe geraubt worden. Von dem griechishen Konsul auf Kreta sei ein Bericht eingelaufen, nah welhem ein Priester verbrannt worden sei; diese Nachricht sei jedo bis jeßt noch niht durch den britishen Konsul bestätigt worden. Das Gerücht von der Ernennung des kurdischen Gendarmerie-Obersten Abdullah zum Nachfolger Hassan Pashas als Gouverneur von Kandia sei vom britishen Konsul gleihfalls noch nicht bestätigt; nach den g Telegrammen scheine Hassan Pasha noch in seiner Stellung zu sein. Die Regierung glaube nicht, daß die Abwesenheit des britischen Botschafters von Konstantinopel die Lösung der kretischen Frage ershwere; die Regierung habe volles Vertrauen zu dem Geschäftsträger, der stets Takt und Fähig- keit geacigt habe. Der Botschafter Currie werde erst im Spätherbst nah Ablauf seiner Urlaubsreise auf seinen Posten zurückkehren. Die Jdee, die Jnsel Cypern an die Türkei zurüczugeben, wies der Staatssekretär Chamberlain zurück;: er gab der Hoffnung Ausdruck, daß demnächst ein wöchentlicher Dampferdienst zwishen Cypern und Egypten eingerichtet und der Bau einer Eisenbahn auf der Jnsel unternommen werde. __ Der Vize-Köntg Li-Hun g-Chang erklärte gestern bei einem ihm zu Ehren von der Londoner Handelskammer ge- gebenen Empfang in Erwiderung auf die Ansprachen des Präsidenten Sir Albert NRollit und des Vorsißenden der Ab- theilung für den Handel mit China, Matheson, er wünsche die Ausdehnung des Handels zwishen England und China, welche beiden Ländern zu gute kommen werde, und versprach, sein Moöglichstes zu thun, um den fernsten Winkel des chinesischen Reichs durch Eisenbahnen zugänglih zu machen.

Frankreich.

Der Präsident Faure is, wie „W. T. B.“ mittheilt, gestern in Rennes eingetroffen.

Rußland.

Ueber die Dispositionen für die Aus landsreise des russischen Kaiserpaares veröffentlichen die Wiener Blätter folgende, aus St. Petersburg in Wien eingetroffene Mittheilung: Zhre Majestäten werden nah Abschluß der am 24. d. M. endigen- den Wa ffenübungen im Lager von Kraßnoje-Sselo zunächst nah Wien abreisen. Von da begiebt sich das hohe Paar nah Breslauzu den deutschen Kaiser-Manövern, wird hierauf Dänemark und England besuchen, begiebt sih dann für zwei Tage nah Paris und wird in Vichy einige Zeit VE nehmen. Der Besuch von Darmstadt soll die Reise beshließen, worauf das Kaiserpaar bis zum 1. November, dem Jahrestage des E Kaiser Alexander's II1., wieder in Rußland eintrifft.

Spanien. Die Deputirten-Kammer nahm gestern das ordent-

pahtung der Minen in Almaden und über die Erneuerung des Vertrages, betreffend das Tabackmonopol, beginnen.

Türkei.

Vorgestern fand in Konstantinopel zu Ehren des deutschen Botschafters Freiherrn von S aua mei Et ein Gee im Zildis- Kiosk statt. Außer den Mitgliedern der Botschaft nahm an DeTen der frühere preußische Kriegs-Minister von Verdy theil. Der Sultan verlieh dem deutshen Bot- schafter, wie „W. T. B.“ erfährt, den Osmanié-Orden in.

Brillanten.

Curzon mit, daß nah einem:

lihe Budget an; heute wird die Veryana ing über die Ver- -

“Dem Zwischenfall an der türkish- bulgarischen Lee wr in amilichen Kreisen Konstantinopels keine Be- deutung beigelegt. Die in Frage kommenden Orte seien seit längerer Zeit streitige Grenzpunkte. Der dortige bulgarische diplomatische Vertreter habe der Pforte vorgeschlagen, je zwei Offiziere von beiden Seiten an Ort und Stelle zu entsenden, um die Differenzen gemäß der Grenzkarte aufzuklären.

An der griehischen Grenze kommen dagegen immer noch Zusammenstöße zwischen den türkischen Truppen und griehishen Banden vor. Nach einem Telegramm der in Athen erscheinenden „Asly“ aus Larissa hat bei Vodena in Macedonien ein Kampf zwischen 150 Ausfständishen und 500 Nizams stattgefunden. Nach vierstündigem Gefecht sei der Häuptling Katarachia den Ausständischen zu Hilfe gekommen und habe die Türken, welhe 50 Todte verloren hätten, in die Flucht geschlagen. Griechische Banden rückten fortwährend vor.

Zu den Kämpfen auf Kreta berichtet das „Wiener K. K. Telegraphen - Korrespondenzbureau“ aus Konstantinopel : Dort eingetroffene Meldungenbestätigten, daß in Anapolis, zwei Stunden östlich von Kanea, 1500 Mohamedaner eingedrungen sind, die Häuser geplündert und die Kirchen entweiht haben. 32 Christen wurden getödtet, darunter 3 Priester; ein Priesterwurde verbrannt. Von Kandia aus wurde ein Bataillon nah Anapolis entsandt. Das Konsular-Korps in Kanea versuchte, Abdullah Pascha zu bewegen, sich nah Kandia zu begeben; dieser lehnte es jedoh ab, da er keinen Befehl rf habe. Man befürchtet Ver- geltungsmaßregeln von seiten der Christen. «infolge dieser Vor- gänge hat der Sultan denstrengen Befehlerlassen, die Bewegung der mohamedanischen Bevölkerung einzudämmen. Die Mission Zihni Paschas nach Kreta hat den Zweck, die allgemeine Lage A die Arbeiten des Landtags zu untersuchen und die noth- wendigen Maßregeln zu beantragen. Zichni Pascha wird von dem Divisions-General Jbrahim Pascha, dem neuernannten Militär-Kommandanten von Kreta, und von dem Mitglied des Kassationshofs Jkiades Effendi begleitet. i

Die revolutionäre Versammlung hat einer Mel- dung der „Times“ aus Kanea zufolge ein Schreiben an die Deputirten in Kanea gerichtet, in welchem die Bereitwilligkeit ausgedrückt werde, das Ergebniß des Vorgchens der Mächte zu Gunsten Kretas abzuwarten.

Serbien.

Der König hat, nah einer Meldung des „W. T. B.“ aus Semendria, die Deputation der Radikalen nicht empfangen, sondern nur fünf Mitglieder derselben einzeln vor- gelassen; unter diesen befanden sich Pasitsch und Katitsch, welchen der König erklärte, er beschäftige sih selbst mit der Verfassungsfrage, welche Anfangs nächsten Jahres gelöst werden solle.

Afien.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Singapore be- siegte eine kleinere japanische Truppenabtheilung die Aufständischen auf Formosa volllommen. Die Ruhe sci wieder hergestellt.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Bei dem Baugeldervertrag, bei welhem das zur Her- stellung eines Neubaues herzugebende Darlebn in Raten gezahlt wird, die sich nah dem Fortschreiten des Baues richten, ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1. Zivilsenats, vom 13. Juni 1896, im Gebiet des Preuß. Allg. Landrehts der Gläubiger bei einem Wechsel in der Person des Bauherrn vor Beginn des Baues oder während desselben zum Rücktritt vom Vertra ge berechtigt, wenn er dem neuen Bauherrn nach den vorliegenden Um- ständen ein gleihes Vertrauen, wie dem früheren Bauherrn, nicht entgegenzubringen vermag. Hieran ändert auch nihts der Umstand, daß der ursprüngliche Bauherr Schuldner für das zu gewährende Darlehn in voller Höhe bleibt und bei der Sache interessiert bleibt, indem er eine der Hypothek des Baugeldgebers nahfolgende Hypothek am Grundstück hat. „Jn dem Baugeldervertrag liegt außer dem Kredit, den der Gläubtger jedem Darlehnsshuldner gewährt, insoweit er von ihm Rückzahlung des ausgezahlten oder vorläufig erst ¡ugesagten Darlehns erwartet, noch die Bezeugung des weiteren Ver- trauens, daß der Bauherr, mit dem der Baugeldgeber kontrahiert, au dafür sorgt, daß das Gebäude in den in Autsiht genommenen Fristen fertig gebaut wird, vit bloß, . daß er dafür lorgk daß der

au au solid und so ausgeführt wird, daß der Darlehnsgläubiger in dem vollendeten Bau seine Sicherheit findet. Wird die Aus- führung vor der Vollendung unterbrochen, fo tritt ein Zustand ein, welher dem Gläubiger Weiterungen, Prozesse, Subhastationen \{chafft, die er von sich fern zu halten ein begründetes Neht hat. Er kann dann in die Lage kommen, eine Ruine zu übernehmen oder in der Subhastation erstehen zu müssen, um selbst fertig zu bauen oder {ih einen neuen Unternehmer zu suhen. Und dabei kann er Geld ver- lieren, unter allen Umständen Zeit verlieren, er hat Umstände und Mühe und kein glattes Geschäft. Diese dem Baugeldervertrage eigenthümlihen Gefahren unterscheiden ihn von einem einfachen Dar- lehnsvertrage oder von einem einfahen ODarlehnsv o rvertrage, bet denen es sich darum handelt, landwirthschaftlihe Grundstücke oder ein sonstiges Gebäude hypothekarish zu beleihen. Weil der Gläubiger diese besonderen Gefahren läuft, wenn er einen Baugeldvertrag schließt, darum wird der vorsihtige und solide Gläubigec sich die Person ansehen, mit der er einen solhen Vertrag {ließt und glaubt {ließen zu können, ohne daß sich nach Uerd em und geschäftlihem Ermessen die Gefahr allzuhoch steigert. Hat er aber mit cinem ihm solid ersheinenden Unternehmer und Eigenthümer, der ihm nach seinen Vermögens- und Kreditverhältnissen, nah seinen geshäftlihen Ge- bahrungen, mit seiner ganzen Persönlichkeit die Garantie bietet, daß er ihm das besondere Vertrauen schenken darf, welhes der Baugeld- vertrag beansprucht, so kann ihm nicht angefonnen werden, \ich tatt dieser Person cine andere Person aufdrängen zu lassen, welche ihm diese Garantien nicht bietet, und die er ein gleihes Vertrauen nicht entgegenbringt und nicht entgegenzubringen braucht.“ (81/96.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Wird herkömmlich ein Weg, welcher nur den Interessen be- ftimmter Personen dient, von diesen Interessenten gemäß Priva t- vereinbarung unterhalten und diese Unterhaltungspflicht jederzeit ohne Mitwirknng der Polizeibehörde anderweitig geregelt, so ist, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerihts, 1V. Senats, vom 6. Mai 1896, nit anzunehmen, daß der Weg ein öffentlicher sei, auch wenn gatsädlich der Weg Jedermann offen steht. „Es unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn das Herkommen, welches nach dem Erkenntniß des Bezirksausshusses die rechtliche Grundlage der Unterhaltungs-

fliht der Kläger bilden soll, einen Inhalt hat, wie er hier von den

âgern und den genannten Zeugen 2c. dargelegt ist, dies weder mit dew öffentlich-rechtliden Charakter der Wegebaupfliht, noch mit der

Oeffentlichkeit des eges vereinbar scin würde. Denn dabei würde auch der Polizeibehörde egenüber die Wegebaupfliht durch die Willkür von Feiwalpersonen Leftimunt und jederzeit ohne Mitwirkung der Polizeibehör e anderweit geregelt werden können ein Rechts-

zustand, welher bei öffentlißen Wegen undenkbar is. Hätte das E Herkommen in der Tbat den angegebenca und bezeugten Inhalt und beruhte die Wegepflicht der Kläger nicht auf einem anderweiten RNechisgrunde, so würde daraus allein hon mit Nothwendigkeit folgen, daß der streitige Weg der Privatdisposition untersteht und ein öffentlicher nicht sein kann. Und daran würde auch der Umstand nichts ändern, daß zu der Benußung der Ladestelle mit dem zu ihr führenden Wege bisher Jedermann thatsächlich zugelaffen wurde.“ (1V. 752.)

Die von dem Pähhter eines Gutes angestellten Vienst- boten stehen, nach einem Uctheil des O ber - Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 1. Juni 1896, in keinem Gesindedienstverhältniß zu dem Gutsherrn, welcher demnach nicht für Kur und Ver- pflegung der im Dienst erkrankten Dienstboten des Pächters zu sorgen hat. Der auf dem Gute Groß - M., welches im Eigenthum des Gutsbesißers Gustav K. fteht, aber niht von ihm selbst, sondern von seinem Bruder Wilhelm K., als

ächter, bewirthschaftet wird, beshäftigte M. erlitt beim Fahren von Holz für das Gut einen Beinbruh. Die Landgemeinde Groß-M. berihtigte die Kosten des Heilverfahrens mit 78 A4 Ihre Klage gegen zen Gutsherrn Gustav K. auf Ersaß der 78 # wurde von dem Bezirksaus\chuß abgewiesen, und auf die Re- vision der Klägerin wurde vom Ober - Verwaltungsgericht das erste Urtheil bestätigt, indem es hbegründend ausführte : „Ist Wilhelm K. Pächter des Gutes gewesen, so ist niht abzusehen, wie seine Abreden Rechte und Pflichten für und gegen den beklagten Gutsherrn zu begründen vermöhten, wie infolge jener Vereinbarungen zwischen ihm und dem M. und dessen Mutter ein Vertragsoerhältniß, namentlich ein Gefindedienftverhältniß zwischen M. und dem Be- flagten hätte entstehen können.“ (III. 745.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Halle a. S. wird dem „Vorwärts“ gemeldet, daß in der Maschinenfabrik von Fritsh u. Co.,, nachdem 2 Dreher ent- lassen worden waren, die 4 übrigen Dreher der Fabrik die Arbeit niedergelegt haben.

In Geldern ist nah einer Mittheilung desselben Blattes ein Ausstand der Zigarrenmacher ausgebrochen.

Hier in Berlin fand am Montag eine Versammlung der seit

dem 1. Mai d. J. ausständigen Former und Gießer statt, in welcher der „Voss. Ztg.“ zufolge berichtet wurde, daß der Autstand während seiner 14wöchigen Dauer bereits etwa 100000 M gekostet habe. In der nähsten Woche müße es sh ent- heiden, ob es besser sei, einen allgemeinen Ausstand sämmtliher Berliner Metallarbeiter zu veranlassen oder den Ausftand aufzuheben. Dies hänge von den Beschlüssen des Bundes der Berliner Metallindustriellen ab, der für die nächste Woche eine außerordentlihe Versammlung einberufen habe, um zu dem drohenden Ausstand Stellung zu nehmen. Der Bund plane die Schaffung eines Fonds von zwei Millionen Mark, woraus bei einer Sperrung und Schließung der Werkstätten, sowie bei einem all- emeinen Ausstand die treugebliebenen arbeitslosen Arbeiter unter- tüßt werden sollen. Ferner wurde mitgetheilt, daß die dur den Ausstand der Former in Mitleidenshaft gezogenen Metall-, Kurz-, Bronze- und Gürtlerwaaren-Fabrikanten, die keinen Guß erhalten und dadurch ihre Aufträge niht ausführen können, eine neue Sektion innerhalb des Bundes gründen und sich von den Eisengießereien 2c. trennen wollen.

Kunft und Wissenschaft,

Internationale Kunst-Ausftellung Berlin 1896.*)

VI. Holland.

L. K. Landschaft und Sittenbild sind die Gebiete, auf denen seit dem siebzehnten Jahrhundert das künstlerische Schaffen Hollands seine größten Triumphe gefeiert hat, auf denen es auch in neuerer Zeit seine Weltstellung behauptet. Es ist kein Zufall, daß neuere Me und Genremaler olland mit Vorliebe aufsuchen, hier ihre besten Motive, ihre tärksten Anregungen finden. Die Größe und Feinheit ‘der Naturanerkennung, wie sie in den Werken eines Jsraels, Maris und Mesdag lebt, darf shlehthin als vorbildlich be- zeihnet werden. Weitaus die größte Zahl der holländischen Bilder unserer diesjährigen Ausstellung sind Landschaften. Jacob Maris, der troß seiner langjährigen Meisterschaft in Deutschland verhältnißmäßig wenig bekannt und geschäßt ist, steht diesmal an der Spiße der holländishen Landschafts- maler. Welche Kraft und Gesundheit der Auffassung steckt troß den zarten, gebrohenen Tönen in seiner „Wind- mühle“ (1413) und seiner vom Staat angekauften „Kanal- landschaft“ (1415), die fast an van der Meers Ansicht von Delft im Haag heranreicht, jene einzige Schöpfung des Delfter Licht- auberers, der leider nur wenige landschaftliche Veduten hinter- lassen hat. Freundlih, in lihten Tönen gehalten wirkt der Strand von Scheveningen (1414) wie ein lyrishes Gedicht zum Preise des holländischen Flachlandes. Das Aquarell, das eine „Fishfrau“ darstellt (1416), wiederum gefällt sih in den Tönen Rembrandtishen Helldunkels. Rembrandt hat offenbar auch den 1891 verstorbenen Johannes Bosboom bei seinen flott aquarellierten Kircheninterieurs (298 und 299) inspiriert, während die virtuos fkizzierte Strandstudie (300) an Willem van de Velde gemahnt. Die Motive der holländishen Land- schaft sind tit sonderlih mannigfaltig; erst die wechselnde Stimmung, die Wasser und Wolken in das Bild bringen, verleiht ihnen ihren besonderen Reiz. Nur so ist es zu er- klären, daß fast jedes Werk von H. W. Mesdag, der das Wogen der Brandung bei bedeckltem Himmel immer wieder zu malen niht müde wird, dem Beschauer von neuem einen tiefen Eindruck hinterläßt. Aus Himmel, Luft, Wolken und Wellen schaft er immer wieder ein neues, eigenartiges Gedicht. Der „Sommerabend bei Scheveningen“ (1483), ein beträchtliches Galeriebild, fesselt besonders durch die meisterhafte Wieder- abe des atmosphärishen Lebens, aber auch die kleineren Strandaquarelle i und 1481) und der Sturm bei Scheve- ningen (1482) lassen nihts von Ermüdung oder äußerlicher Noutine spüren. Sehr viel eher macht sich leßtere hon in den Bildern von Taco Mesdag und den etwas manirierten Landschaften von Frau Sientje Mesdag van Houten geltend. ie Märkte und Grachten Amsterdams mit ihren freundlih im Sonnenlicht blinkenden Giebelhäusern und den schattenspendenden Bäumen davor malt K. Klinken- berg sauber und pikant, gleih einem Jan van der L troßdem mit modernem Farbengefühl und weifellos mehr im Charakter Hollands als Hans Herrmann und ähnliche Deutsch-

olländer. H. W. Jansen's „trüber Tag an der Werft“ e giebt die brodelnde Dunstluft Uber dem Wasser in threr lastenden Schwere MEEEO wieder, und der Maler versteht, dem großen Bilde damit ein- Le Stimmung zu verleihen. Pikant getupft und in volles Li getan ist der „Sonnige Tag in Katwyk“ (1063) von S, J. W. Jansen-Grothe; Energie des Vortrags und

*) S. die Nrn. 114, 124, 127, 141 und 156 d. „N.- u. St.-A,*

Kraft der Charakteristik zeichnen auch die Landschaften von R. Haak, A. M. Gorter, J. H. van Mastenbrock und A. L. Koster aus, während Wysmüller, Gabriel und W. C. NRip an der althergebrahten Technik festhalten, aber troßdem sehr feingestimmte und modern empvfundene Kunst- werke schaffen.

Joseph Jsraels hat eines seiner älteren Bilder, die „Travailleurs de la mer“ (1048) ausgestellt, das in gewissem Sinne auf Klassizität Anspruch erheben darf, da es das Programm des neueren Naturalismus vollgültig verkörpert. Nachdem das Vorbild aber so zahlreihe Nahahmer, darunter die talentvollsten der deutshen Naturalisten gefunden hat, ist man nur zu leicht geneigt, die That des Bahnbrechers zu untershäßen. Die eigensinnige Vorliebe Jsraels? für schwarze Tône macht es auch dem Bewunderer manchmal \{chwer, si in seine - Juterieurs, wie z. B. das „Treu bewacht“, soweit hineinzusehen, daß man die großen Qualitäten seiner Kunst wahrnimmt. Auch der „Tagelöhner“ (1046) mit seinem halb verthierten Ausdruck und dem s{chmußzig grauen Gesammtiton verräth, daß Jsraels ein Fanatiker Ee Ueberzeugung ift, dem man den Fanatismus allerdings wegen seiner Künstler: größe verzei kann. Weniger leiht wird einem dies schon bei einigen Malern, welche die Breite des Vortrags und fskizzenhafte Behandlung der Einzelheiten bis zur Form- losigkeit übertreiben, wie J. W. Sluiter in seinem „No- vembertag“ (2111) und der talentvolle G. H. Breitner in seiner Ansicht ciner Amsterdamer Gracht (339). Zweifellos ift es Sluiter gelungen, die momentane Bewegung der Pferde, die ein Rettungsboot an den Strand ziehen, lebendig festzu- halten, aber die zur Schau gestellte Nachlässigkeit in der Durchführung verdirbt durchaus die Bildwirkung. Auch Breitner versteht das trübe Licht eines Winternachmittags malerisch trefflich wiederzugeben, aber die ungebändigte Freude an shweren ashgrauen Tönen tritt störend hervor; zudem fehlt es dem Bilde an rechter Tiefe. M. Bauer, der auhch als Radierer l e E leistet, behandelt seine Harems- wache im Stil Rembrandtischer Grisaillen, ohne rechte Klar- heit in seine Komposition bringen zu können. Jm Gegensaß dazu schen wir J. Voerman in seinen Aquarellen bemüht, lediglih durch fklare- Konturzeichnung und flächenhafte Behandlung der Farben in der Art der primitiven Belgier \{chlichte Wirkungen zu erzielen. Aber auch dieser Versuch wirkt allzu theoretisch und ab- sihtlih, wie alle ähnlihen Experimente, die der Malerei ge- waltsam neue oder wiederentdeckte alte Wirkungen abzwingen wollen. Unter den holländischen Sittenbildern verdienen noch die modern aufgefaßten Scenen von N. van der Waay (2333 und 2334) und das für die National-Galerie erworbene Jnterieur von Briet (350) Erwähnung. Die übrigen Bilder erheben sich kaum über das Niveau gewöhnlichen Schulgutes.

Bildnisse haben die bekannte Amsterdamer Malerin Therese Shwarßze, P. Egmond und der an Trübner's Porträtauffassung sich anlehnende H. J. Havermann aus- gestellt. Unter den Stillleben schließlich ragen einige große und kräftig gemalte Arbeiten von Sientje Mesdag van

outen und Anna Abrahams hervor: Arbeiten von einem Ernst und ciner Größe der Auffassung, daß man ihre Schöpferinnen kaum bei dem zarten Geschleht suchen würde.

Auf dem Ophthalmologen-Tage, der in der ersten Woche des August in Heidelberg stattfand, wurde die große goldene Graefe-Medaille einstimmig dem Geheimen Rath Dr. Theodor Leber, Professor an der dortigen Universität, für seine Verdienfte auf dem Gebiet der Augenheilkunde zugesprochen.

Land- und Forstwirthschaft.

Der XI1. Vereinstag des Allgemeinen Verbandes der deutshen Landwirthshaftsgenossenshaften ist gestern in Stettin zu einer Vorbespre{ung zusammengetreten. Vertreten sind 3199 Genossenschaften in 21 Verbänden. Zum Ehren-Vorsitzen- den wurde der Landwirth\schaftskammer-Präsident Graf von Schwerinr- Wwitz gewählt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs Maßregeln.

Auch in der Woche vom 26. Juli bis 1. August blieb der Ge- sundheitsstand in Berlin, troß der in der ersten Hälfte der Woche vorherrschenden heißen Witterung, ein günstiger. Die Sterblichkeit war jedoch infolge des bhäufigeren Vorkommens von akuten Darm- kranfbheiten eine etwas größere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern s\tarben, aufs Jahr berehnet, 24,0). Diesen Krank- heitsformen erlagen in der Berichtswoche 295 Personen, fast aus- \{ließlih kleine Kinder im Alter bis 2 Jahren. Auch in dieser Woche waren diese Todesfälle im Stralauer und Königéstädtischen Viertel, in der Rosenthaler Vorstadt und auf dem Wedding am zahlreihsten, während aus der Dorotheenstadt keiner, aus der Friedrih- stadt und der Schöneberger Vorstadt nur vereinzelte Fälle zum Vor- hein kamen. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblich- keit war gesteigert. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 135 Säuglinge. Dagegen sind akute Entzündungen der Athmungs8organe érheblih seltener zum Vorschein gekommen und haben weniger Opfer gefordert. Wiederum . wurde 1 Todesfall infolge von Grippe gemeldet. Von den Infektions- fkrankheiten famen von Typhus, Masern, Scharlah und Diphtherie relativ wenig Erkrankungen zur Anzeige und traten auch in keinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zu Tage. Jedoh wurden 2 weitere Erkrankungen und 1 Todesfall an Genidckfstarre sowie 2 Erkrankungen an Kindbettfieber bekannt. Erkrankungen an rofenartigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben felten ; SELINREeN an Keuchhusten, die în 9 Fällen zum Tode führten, wurden gleichfalls seltener zur ärztlihen Beobachtung gebracht. Rheumatische Beschwerden der Muskeln gelangten häufig zur ärztlichen Behandlung, während akute Gelenkrheumatismen seltener zum Vor- schein kamen.

Kairo, 11. August. Am Sonntag und Montag kamen, dem „W. T. B.* zufolge, in ganz Egypten 268 Erkrankungs- und 322 Todesfälle an Cholera vor. “Seit Ausbruh der Cholera sind 16 866 Perfonen erkrankt, 13 956 gestorben. Jn Dongola ift, wie gemeldet wird, eine Krankheit ausgebrochen, welche schnell zu einen tödtlichen Ausgang führt; es ist ungewiß, ob dies die Cholera ift.

Handel und Gewerbe,

Wiederholt ist seiner Zeit die Geschäftswelt vor dem Ge- [E der shweizerishen Firma Wagen Frères in Yokohama öffentlih gewarnt worden. Die Firma hat inzwischen liquidiert; ihr Rehtsnachfolger ist der frühere Theil= Lee John F. Wagen, der unter seinem Namen das Ge- {äft in früherer Art weiterbetreibt. Genau wie früher die Firma Wagen Frères legt die gegenwärtige Firma es haupt- sächlich darauf an, Fabrikanten und namentlih kleinere Ge- werbetreibende, die mit den überseeischen Verhältnissen nicht ge- nügend vertraut sind, durch Zeitungsanzeigen oder auf sonst Wege zur Hinaussendung von Konsignationen zu veranlassen.