1896 / 264 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Nov 1896 18:00:01 GMT) scan diff

S O E O D E SNE N

von Shubert in Musik geseßte Lieder Wilhelm Müller's

Im Theater des Westens veranstaltet am Sonntag, den

9, November, der Patriotishe Wohlthätigkeits- Verein Vumanitas" zum Besten des unter dem Allerhöchsten Protektorat rer gnalenat der Nalerin stehenden Vereins „Frauenhilfe*

e Matinée. Für dieselbe ist ein reihhaltiges Feu nes ramm, eine Reibe von lebenden Bildern und die Darstellung des Stieler'shen ‘Schwanks „Ein blauer Teufel“ in Aussicht genommen. Zu dem “Konzert haben Frau Johanna Gadski. Tausher vom Metropolitan Operahoufe in New-York und Herr Professor Waldemar Meyer ihre wirkung zugesagt. Das Arrangement der Bilder hat Herr Martin

—_ Gscheidel übernommen. Die Begleitung wird von Herrn Professor

Spangenberg ausgeführt werden. Am Sonnabend geht der neue E «Der dritte Mann“ von Robert Misch zum ersten Mal in Scene.

Die Premiòre des großen dreiaktigen Ballets, welches zur Zeit im Theater Unter den Linden vorbereitet wird, findet am Sonnabend, den 14. November, ftatt. Das Werk führt den Titel „Unter den Linden“.

Im Thalia-Theater (vormals Adolf-Ernst-Theater) gebt am Sonnabend, den 7. November, der Ordonrneau’she Schwank „Eine freundlihe Wohnung“, deuts{ch von Paul Linsemann, zum ersten Mal in Scene. Vorher wird Franz Wallner's einaltige Posse „Der dritte Kopf“ gegeben. Diese Vorstellung wird dann zunächst allabendlich wiederholt werden.

Morgen Abend (7 Uhr) findet in der Kaiser Wilhelm- Gedächtnißkirhe die Aufführung des Oratoriums „Elias“ von Mendelsfohn dur den Stern’shen Gesangverein (Direktor : Professor F. Gernsheim) unter Mitwirkung der Damen Dorothea Schmidt, Helene Bratanits und Helene Keil, sowie der Herren Franz Lißinger und Anton van Rooy statt. _Das Werk gelangte vor nunmehr 50 Jahren, im Sommer 1846, in Birming- ham unter Leitung Mendelssohn's zum ersten Mal zu Gehör.

Jagd.

Morgen, Freitag, findet Königlihe Parforce-Jagd statt. Stelldichein : 123// Uhr Jagdschloß Grunewald, 11/, Uhr am Saugarten,

Maunigfaltiges.

Der ausführliche Bericht über die von der Pei, utte der Vereinigungen für Sommerpflege in Deutsch- and am 8. und 9, August d. J. in Berlin veranstaltete fünfte Kon- ferenz der Vereinévertreter liegt nunmehr im Druck vor (Verlag von . S. Hermann in LVerlin, Beuthstraße 8; Preis 1 4). Er gewährt einen Einblick in die umfassende Arbeit, welche der Sommerpflege armer, \ckwächlicher Kinder gewidmet wird sind doch im Jahre 1895 in Deutsch- land ca. 23 000 Kinder in Ferienkolonien geshickt worden —, und zeigt ugleid, wie stetig sih dieser segensreiche Zweig gemeinnüßgiger hâtigkeit weiter entwickelt. Es genügt, darauf hinzuweisen, daß immer mehr Vereine für Ferienkolonien dazu übergehen, eigene Begeb ans er in gesunder Gebirgslage möglichst für Sommer- und interbetrieb einzurihten, während andererseits für die aus den Ferien- kolonien in die Großstädte zurückehrenden {chwächlichen Kinder die Nachpflege immer intensiver organisiert wird. Außer diesen beiden Verhandlungsgegenständen standen noch auf der Tagesordnung der Konferenz: die Fahrpreisermäßigungen für die Ferienkolonisten, die Beurlaubung {chwächlicher Kinder durch die Schulbehörden und die Auswahl der {wächlihen Stadtkinder für die Ferienkolonien durch ärztlihe Untersuhung. Ueber alle diese Fragen is von den anwesenden ahmännern eingehend berathen worden, und es haben \ich beim Austausch der Erfahrungen neue, werthvolle Gesichtspunkte ergeben. Der Bericht bietet reihe Anregung und kann allen denen, welche ih an den Bestrebungen bezüglih der gesundheitlihen Für}orge für die Kinderwelt betheiligen wollen, warm empfohlen werden. In der gestrigen Sißung der „Deutschen Gesellschaft von reunden Les Photographie“ hielt Herr Direktor Schulßt- As de im Anschluß an die vor kurzem hier veranstaltete Inter- nationale Auéstellung für Amateur - Photographie einen Vor- trag über „Photographie und Wissenschaft.“ Der Redner versuhte, durch eranziehung von Beispielen aus allen Zweigen der Wissenschaft ein möglichs| übersitlihes Bild der Anwendung der Photographie in allen Zweigen menschlicher Thätigkeit zu geben. Ausgehend von der durch die Vorarbeiten des

Professors H. W. Vogel gewonnenen farbenemyfindlichßen Photo- graphie, zeigte er Vergleihsaufnahmen eines -Gemäldes von Douzette von gewöhnliher und von farbenempfindlicher Platte, sodann eben- solche Vergleichsaufnahmen eines dunkelbraun gefärbten und dem Verfall nahen, 4000 Jahre alten Papyrus, wobei sih ergab, daß die bieratishen nber Hande auf der Aufnahme besser zu lesen waren als im

Original. An der Hand einer Anzahl von Momentaufnahmen wies Redner, ebenfalls unter Vorführung entsprehendèr Beispiele nah, zu welchen Unwahrheiten bei der Darstellung sih bewegender Thiere (z. B. s auf Grund der modernen Moment-Photographie, welhe bekanntli die Bewegungen in ihre ein,elnen Phasen zerlegt, sich manche Künstler verleiten ließen. Bei Momentaufnahmen von BVögeln kam die bereits bekannte Thatsache zur Sprache, daß die von den Japanern und Chinesen herrührende Sang iegender Vögel, welche vor der Moment- ie odravdte vielfach als Zerrbilder belächelt wurden, dennoch der Wahr- eit entspreden. Interessant waren ferner die Vorführungen aus dem Gebiet der Medizin: eine oft vorkommende Augenkrankbeit, der Astigmatismus, werde mit Hilfe von Blißlichtaufnahmen des kranken Auges, in welhem während der Aufnahme eine Scheibe mit kon- entrishen Ringen gespiegelt wurde, nahgewiesen. Nah An- übrung einiger Beispiele aus dem Gebiet der Physik, ging der Redner zu dea Diensten über, welhe die Photographie in der Astronomie leistet, und zeigte, wie es nicht allein möglih ist, mit Hilfe der von L C. Vogel und Krosor Scheiner in Potsdam ausgeführten Spektral-Photographie die Be- wegungen der Gestirne im sogenannten Visionsradius zu verfolgen, fondern au mit Hilfe der Photographie Entd:ckungen am gestirnten Himmel zu machen. Zum Schluß legte Redner dar, wie es erst durch die Photographie mögli geworden sei, eine wahre Anschauung von jenen rätbseldatten Gekilden am Firmamente, den fogenannten Nebel- flecken zu gewinnen, welhe man als werdende Welten betrachtete. Der Redner \{chloß mit dem Appell an die zahlrei erschienenen Gäste, ihr Interesse und ihre Bethätigung der Amateur - Photographie zuzuwenden, welche keineswegs als bloße Spielerei zu betrachen sei, und mit dem Hinweis darauf, daß alle größeren Entdeckungen auf dem Gebiet der Photographie von Amateur - Photographen gemacht worden seten.

Im f\tädtishen Obdach befanden sih am 1. Oktober 24 Fa- milien mit 79 Personen, darunter 8 Säuglinge, und 31 Einzel- personen. Am 1. November war der Bestand 12 Familien mit 30 Perfonen, darunter 6 Säuglinge, und 54 Einzelpersonen. Das nächtlihe Obdach daselbst haben während des Monats Oktober auf- gesucht 14 401 Personen, und zwar 13 648 Männer, 753 Frauen. Von diesen Personen find befördert worden na dem Krankenhause Friedrichshain 5, dem Krankenha use Moabit 45, der Charité über- wiesen 16 Personen, der Polizei übergeben 372 Personen (362 Männer 10 Frauen). Außerdem sind der Anstalt Wuhlgarten 2 Männer, der NUC Gon im Obdach 26 Männer und 2 Frauen überwiesen worden.

Die zehn Berliner Unfallstationen wurden im Monat Oktober d. J. in 1445 Fällen gegen 1254 im vorigen Jahre für erste Hilfe in Ansp:uch genommen und zwar 1287 mal bei Un- fällen und 158 mal bei plöglihen Erkrankungen. Jn den Stationen wurde diese Hilfe 1360, außerhalb derselben 85 Perfonen gewährt. In der auf der Berliner Gewerbe - Ausstellung thätig gewesenen Un- fallstation wurde insgesammt 1816 Personen ärztliche Hilfe gewährt. Für die Vorführung dieser Station und der damit verbundenen Trans- port-Einrichtungen Towie in Würdigung seines Gesammtunternehmens hat das Kuratorium der Berliner Unfallstationen die Porträt-Medaille Ihrer Matjestät der Kaiserin erhalten.

Für die Zwecke der von dem „Verein zur Beförderung des Garten- baues“ im Frühjahr 1897 geplanten Gartenbau -Ausftellung bleiben, wie nunmehr feststeht, die nachfolgenden Baulichkeiten im Treptower Park erhalten: das Chemie- und Fischerei-Gebäude der Pavillon der Stadt Berlin, der Kaisersteg sowie die Ausf\tellungs- bauten von Hefter und der Victoria-Brauerei.

Der in der gestrigen Nr. d. Bl. angekündigte Vortrag des Premier-Lieutenants Schloifer I. vor der Abtheilung Berlin der Deutschen Kolonial - Gesellshaft findet erst morgen, Fre nag, Abends 84 Uhr (im Saal B des Architektenhauses, Wilhelm- traße 92/93) statt.

In der alten „Urania“ (Invalidenstraße) wird morgen Herr Professor Dr. Waldeyer, Direktor des hiesigen anatomischen In-

stituts, den bereits angekündigten Vortrag „Ueber dén Aufbau deg Nervensystems“ halten. Eine Wiederholung dieses Vortrags kann icht stattfinden. LS ; y

Weißenfels, 4. November. Ein mit Erdmassen beladener Transportzug zum Bau der Bahnstrecke Deuben-Korbetha fam, nah einer Meldung des ,W. T. B.*, heute bei Unterwerschen ins Rollen; die mittleren Wagen thürmten sih auf und üraten n y B Bahnarbeiter wurden {wer verleßt; einer derselben starb alsbald.

Stendal, 4. November. Die Königliche Eisenbahn-Betriebs- Inspektion giebt amtlich bekannt, daß heute früh gegen 4 Uhr auf dem Bahnhof Gardelegen der von Berlin kommende Personen-

zug 14 infolge falscher Weichenstellung mit einem ausfahrenden

Güterzug zusammengestoßen ist, wobei 5 Perfonen leiht verleßt wurden. Der Gardelegener „Kreis-Anzeiger“ meldet zu diesem Unfall, daß der Perfonenzug sehr stark mit Kren beseyt gewesen sei, da viele denselben zur Fahrt na [ôße, wo heute Markttag war, benußten. Das Ausfahrtsgeleis if wieder fahrbar; die Näumungsarbeiten sind zum größten Theil beendet. Größeres Unglüd ift dadur verhindert worden, daß der Zugführer des Personenzugs auf die Furhgnale des Bahnwärters hin sofort Kontredampf gab und die Nothbremfe in Thâtigkeit seßte.

Hamburg, 4. November. Anläßlih der Feier des 25 jährigen Jubiläums der eSüdamerikanishen Dam fs shiffahrts-Gesellschaft* prangen viele Schiffe und Werften im Flaggenshmuck. Jn den Räumen der Gesellschaft fand heute, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Feierlichkeit ftatt, bei der der Bureaus- Chef Bernitt ein Hoh auf die Gesellschaft und deren Vorsitzenden Carl Laeisz ausbrachte. Senator Predoebl, Deputationen der Handels- kammer, des Assekuranzvereins und der NRhedereien überreihten Ge- {enke und Blumenspenden. Herr Woermann verlas eine künstlerish ausgeführte Adresse des Rhedereivereins, in welcher der Anerkennung für die Leistungen der Gesellschaft für Hamburgs Seeschiffahrt und Handel Ausdruck gegeben war.

Wien, 4. November. Die „Neue Freie Presse“ meldet aus Brüx: Gestern Naht wurde ein heftiges Erdbeben verspürt, welches zehn Sekunden andauerte. Obwohl kein Schaden angerichtet wurde, zeigte sih doh die Bevölkerung geängstigt.

Sei, 0 November. Der Dampfer des Oesterreichischen Lloyd „Elektra“ stieß infolge heftigen Windes auf der Levante- Eillinie mit dem vor Anker liegenden englishen Dampfer „Lydia®* zusammen und erhielt ein Leck. Um den Untergang des Schiffes zu verhüten, ließ der Kapitän die „Elektra“ auf eine Sand- bank auffahren. Ein Verlust an Menschenleben ist niht vor- 4% ads Die Post und ein Theil der Waaren konnten geborgen werden.

Lissabon, 4. November. Von der Azoren-Insel San Miguel werden große Ueberschwemmungen gemeldet. Die Stadt Ribeira Quenta is fast zerstört. Zahlreiche Verluste an Menschenleben sind zu beklagen, auch viel Vieh i umgekommen; die Ernte ist vernichtet. Der entstandene Schaden läßt sih noch nicht {chäßen. Ueberall herrsht große Bestürzung.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Konstantinopel, 4. November. (Meldung des Wiener „Telegraphen: Korrespondenz-Burcaus“.) Den hicsigen nicht- türkischen Blättern il der Nachdruck der durch die türkischen Blätter heute offiziell veröffentlichten Mittheilung über die Subskription ur Ermöglihung von Waffen- ankäufen untersagt worden. Die in der Bevölkerung herrschende Beunruhigung dauert infolge umlaufen- der Gerüchte von bevorstehenden Ereignissen fort. Seit gestern sind zahlreihe Geschäfte im Stambuler Bazar ge- ole Heute wurden in Pera zwei bewaffnete Softas verhaftet.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

m 5. November,

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Temperatur in ® Cel 59 (C.

Belmullet . . SSO 3/bedeckt Aberdeen W 1/halb bed. Ghristiansund 3 |WSW 83/bedeckt Kopenhagen . SO 2\Nebel Stotholm : SW 2lhalb bed. randa . ftill|Dunst DOLAUN «. NNW 4lbedeckt

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1|wolkenlos 5|wolkig 2|\wolkenlos 5/halb bed.1) 1/heiter Anfang 7# Uhr.

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Sonnabend :

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UVebersiht der Witterung.

Ein Hochdruckgebiet über 775 mm erstreckt \sich von West-Jrland ostwärts über das südliche Nordseeagebiet inde im Norden von demjenigen östlicher Luft- ftrômung im Süden sceidend. En Deutschland ift | Anfang 7# Uhr. das Wetter kalt, heiter und trocken, in den nörd-

Musikalienhandlung von Ed. Bote und G. ep erstraße 37, \

Sacidialband, Abonnement B.

Deutsches Theater. Freitag: Freiwild.

Das Ewig-Männliche.) 1) Reif. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Kaufmaun von Venedig. Abends 7{ Uhr: Freiwild.

T MIENEEMans, Komische Operette tn 3 Akten nach Neilbac und L, a regroettet von C. Haffner

Lines nah Oft-Deutschland, das Gebiet westlicher Vorftellung) : Des Meeres und der Liebe Wellen. O E F P oon Q F raub, ags Hierauf: Die Bajadere. Ballet in

1 Bilde von Greco Poggiolesi. Musik von Marx

Berliner Theater. Freitag (9. Abonnements-

Sonnabend : Renaifsauce. Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: Des Meeres

Theater.

Residenz - Theater.

owie an der Kasse zu haben. 246. Vorstellung. Sonder- | sprüuge. 36. Vorstellung. Die

Herr Keßler. Anfang 7{ Uhr.

usik von Carl Go Georges Ohnet.

Barunhelm. Anfang 74 Uhr

Direktion: Julius Fritzsche.

Korola

lihen und mittleren Gebietstheilen sowie in Süd- und der Liebe Wellen. Abends 74 Uhr: Dahms. Anfang 7} Uhr.

Bayern herrscht leihter Frost. In Nord-Schweden und Finland Vat ere Kilte ch eingestellt. Fort- | Nenaifsauce, dauer wahrsHeinlich.

Deutsche Seewarte.

als Gast.)

Lessing - Theater. Freitag: Die goldue Eva. (eqra Engels als Gast.) Anfang 74 Uhr. Sonnabend: Tie goldne Eva. (Georg Engels | Dresdenerstraße 72/73 Direktion: W. Hasemann.

j Freitag: Gebildete Menscheu. Anfang 74 Uhr.

Der Bettelstudent.

otel mittags 3 e z L s ; L s / volksthümlichen Preifen Parquet 2 A —: Das ohnung. Schwank in 3 Akten von M. Ordonneau orgens Königliche Schauspiele. Freitag: Opern- | Einmaleins. Abends 74 Uhr: * Die goldue | und Guimbourg. Deutsch von Paul Linsemanu.

haus. LIL. Symphonie-Abeud der Königlichen | Eva. (Georg Engels als Gast.) Kapelle. Dirigent: Herr Felix Weingartner. Programm : 1) Duverture „Manfred“, Schumanpy. ) Symphonie F-dur, Goeg. 3) Eine Lustspiel Ouverture, v. Rezniçcek. 4) Ouverture „Leonore“ Nr. 1, Beethoven. 5) Symphonie D-dur, Haydn.

Direktion :

Lautenburg. Freitag: Der Rabenvater. Schwank | Prima Ballerina. T Ee T erauf: Treptow?' ed. Berliner erze A e LivObe Go Mai ltbant leer Abe bild mit Gesang in 1A Í von Gottlieb Müller | Direktion Ed. Bote und G. Bos, Leipzigerstraße 37, sowie | S, Zepsger). Anfang 74 Uhr. an der Abendkasse zu haben. Anfang 74 Uhr. Mittags 12 Uhr: Oeffentliche Hauptprobe. Eintritts-Karten zu 2 und 1 4 sind in der F Neues Theater. Siffbauerdamm 4 a. /5. | 74 Ubr. ' | Direktion: Sigmund Lautenburg. Freitag: Bock-

wank in 3 Akten von Paul ‘Hirsch- our- | berger und C. Kraaß. Vorher: Opus 1.

nalisten, Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav erei in 1 Akt’ von Paul Linsemann. Anfang Freytag. Regie: # Uhr.

Sonnabend: Opernhaus. 218. Vorstellung. Das y (inna am. Herd. Oper in ê Abtheilungen Vorher: Opus [L. ei n ens! gleihnamiger Erzählung) von

, M. Willner. M f Anfang 7| Uhr. Schauspielhaus. 247. Vorstellung. Zum ersten Male: Kehraus. Plauderei in 1 Aufzug, nah dem Dänischen des Julius Lehmann, bearbeit-t von rmaun Braumüller. Eine. Ein deutsches cherzspiel in 3 Aufzügen von Max Dreyer.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: dmark. | Der Hüttenbesizer. Schauspiel in 4 Akten von

Theater Unter den Linden. Behrenflr, 55/57.

F'eitag; Die

Sonnabend: Die Fledermaus. Ballet. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen:

Thalia-Theater (vorm. Adolph Ernst-Theater).

Vorstellung zu Sonnakend: Zum erften Male: Eine freundliche

Vorher: Zum ersten Male: Der dritte Kopf. Voue in 1 Aft von Franz Wallner.

Sigmund onntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen :

BPentral - Theater. Alte Jakobstraße 30. Richard Schult. Freitag: Gmil Thomas a. G. Eine wilde Sache, Große

Sonnabend und folgende Tage: Der Rabenvater. Hierauf: Treptow's Abschied. burleske Ausftattungspofse mit Gesang und Tanz

in 6 Bildern von Julius Freund und W. Mann- ädt. Musik von Julius Einödshofer. Anfang

Sonnabend: Eine wilde Sache.

Konzerte. Sing-Akademie. Freitag, Anfang 8 Ubr:

Sonnabend und folgende Tage: Boksprüuge. Konzert von Marie Rost und Siegfried

Salomon.

Konzerthaus. Karl Meyder - Konzert. Freitag: TV. Wagner-Abend.

Theater des Westens. Kanistraße 12. (Babn- | hof Zoologisher Garten.) Freitag: Minna vou

Familien-Nachrichten.

Sonnabend: Zum ersten ‘Male: Der dritte U ; Manu. Schwank in 3 Akten von Robert Misch. | Lereheliht: Hr. Rittmeister Hans von der

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Vorstellung des

Vereins für Volksunterhaltungen. Treue. (Billets - zu den bekannten Preijen bei den Verkaufsstellen des Bab mit Lucie Freiin von Thümen (Mariaschein,

Moriturl. (Teja, Frigcheu. E s 74 Uhr: Zum 2. Male: Der | estorben: Hr. Oberst Karl Wilhelm Baumbah

Hagen mit Frl. Emma von der Hagen (Züllichau). Hr. Berg-Direktor Max Heinsius von Mayen-

men).

(Altenburg). Frl. Agnes von Raumer (Mosigkau). Hr. Rittergutsbesiger Otto von Katte (Hohen-Kamern). R Rittergutsbesigzer und Lieut. d. L. Gustav Meyer (Kummerow). Hr. Kommerzien-Rath Carl Johann Friedrich Steibelt (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei nnd Verlags- Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einshließlichÞ Börsen-Beilage),

und die aintliche Gewiunliste der dritten Berliner Pferde- Lotterie.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 264.

Personal-Veränderungen.

X1IIL. (Königlich Württembergisches) Armee-Korps.

Offiziere, Portepee-Fähnriche 2. Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen Im aktiven Heere. 29. Oktober. v. Malyan Frhr. zu Wartenberg U. Penzlin, Königl. preuß. Pr. Lt., bisher vom 4. Garde-Regt. z. F., fkomman- diert nah Württemberg, in das Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120 eingetheilt.

m Sanitäts-Korps. 830. Oktober. Dr. Bruns, Dr. v. Burckhardt, Dr. v. Feger, Gen. Aerzte 2. Kl. à la suits des Sanitäts-Korps, zu Gen. Aerzten 1. Kl.; die Assist. Aerzte 1. Kl.: Dr. Schickler der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Stuttgart, Dr. Effinger der Res. vom Landw. Bez. Navensburg, Dr. Habermaas der Res. vom Landw. Bezirk Ludwigs- burg, Dr. Heise der Res. vom Landw. Bezirk Horb, Dr. Jäger der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Hall, Dr. Elwert der Res. vom Landw. Bezirk Leonberg, Dr. Zeller der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Hall, Dr. Kloos der Res. vom Landw. Bezirk Ellwangen, Dr. Finckh der Res. vom Landw. Bezirk Biberah, Dr. Oppel der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezi:k Stuttgart, Dr. Baur der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Rottweil, Dr. Fröhner der Res. von demselben Landw. Bezirk, Dr. Kraemer ter Res. vom Landw. Bezirk Ellwangen, Dr. Eyrich der Res. vom Landw. Bezirk Nott- weil, zu Stabsäczten, Dr. Bofinger, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Mergentheim, Dr. Sick, Unterarzt der Be sg Landw. Bezirk Stuttgart, zu Assist. Aerzten 2. Kl, befördert.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Verhältnisse in der Hausindustrie. (Nach den Jahresberichten der deuts{chen Gewerbe - Aufsichtsbeamten.)

Der Frage, in welcher Weise die jugendlichen Perfonen und be- sonders Kinder, die in Fabriken keine Aufnahme mehr finden, weil nach Ansicht vieler Gewerbetreibenden die Erfüllung der Bestimmungen über die Arbeitszeit der jugendlichen Arbeiter zu lästig und mit zu viel Störungen für den Betrieb verbunden fei, anderwärts beschäftigt werden, ist auch in den lezten Jahresberichten eine Reihe von Aufsihtsbeamten der Bundesft1aten näher getreten und dabei mehrfach zu dein Ergebniß gelangt, daß in manwen Industriezweigen ein Abströômen jugendliher Personen in Éleingewerb- lie ur.d hausindustrielle Betriebe stattfindet, und daß hier ihre Beschäfti- gung, weil den Schußzbestimmungen der 88 135 flg. der Gewerbeordnuvg niht unterworfen, in einer für die geistige und körperli&e Entwicke- [lung der jugendlihen Personen ungünstigeren Weise si vollziehe. Den foeben erschienen-n „Amtlichen Mittheilungen aus den Iahres- berihten der Gewerbe-Aufsichtsbeamten“ für das Jahr 1895 ent- nehmen wir in dieser Hinsicht nachstehende bemerkenêwerthen Aeuße- rungen.

Der Aufsichtêbeamte für Aachen berilhtet: „Die im vorigen Jahresbericht geschilderten Verbältniffe über Beschäftigung von Kindern in der Hausindustrie sind auch jeßt noch zutreffend. Das Aufnähen der Haken und Desen seitens der Kinder in Stolberg hat einen derarti- enUmfang genommen, daß vor kurzem die dortige Schulbehörde die s{häd- ihenGinwirkungen dieser Beschäftigung sowobl auf denSchulunterri(ht als auch auf die körperliche Entwickelung der Jugend bei der Königlicen Negierung zur Sprache gebraht hat. Die infolged:ssen \tattgefunde- nen Beratbungen baben dazu geführt, den nachtheiligen Einwirkungen zunächst dadurch entgegenzutreten, daß cine Vermehrung der Stunden- zahl für den Turnunterriht ohne Vermehrung der Gesammtunter- rihtsftunden stattfinden und auf die Herstellung von Brausebädern in den Schulhäusern hingewirkt werden sol. Jn Aaten ist bezüglih dieser Beschäftigung nur insofern eine Aenderung einge- treten, als das Aufnähen der Porzellan knöpfe noh |chlechter bezahlt wird als bisher. Während früher die ausgetheilten Knöpfe ohne weiteres aufgenäht werden konnten, haben die Abnehmer jetzt die Verpflihtung übernehmen müssen, die Knöpfe zunächst in ganz feblerfreie und in weniger gute zu fortieren, während die Preise die alten geblieben sind. Zeigen fi dann bei Ablieferung der Karten unter der besseren Sorte die geringsten Mängel, was bei der un- günstigen Beleuchtung der Zimmer der Arbeitecfamilien nur zu leiht möglich ift, so wird nichts vergütet, und die Arbeit muß noch cinmal emacht werden. Auch die Nadelfabriken beshäftigen eine große nzahl von Kindern in der Hausindustrie. Die Arbeiten bestehen hier vornehmlich in dem Einreihen der Handrähnadeln und Stopf- nadeln auf Draht behufs Abschleifens des fogenannten Bartes an dem Oehr fowie in dem Aufstecken der fertigen Nähnadeln auf Tuchläpphen. Mit folhea Arbeiten werden in A1uhhen- Burtscheid sährlich etwa 60000 Æ, größtentheils von Kindern verdient.“ Ferner hat in JZserlohn die Zahl der in ter Hausindustrie mit Anschnüren von Nähnadeln beschäftigten Kinder eine bedeutende Bua hime erfahren. Nah ciner amtlihen Aufstellung wurden im Herbste des Berichtsjahres 717 s{ulpflichtige Kinder unter 14 Jahren und 32 junge Leute mit dieser Arbeit bescäftiat. Gegen das Vorjahr hat bei den ersteren eine Zunahme von 117, bet den legteren von 16 \tattgefunden.

Eine erhebliche Ausbreitung der Hausinduftrie ift auch in der Zigarren fabrikation zu konstatieren. So theilt der Gewerberath des Aufsichtsbezirks Minden mit, daß, weil es den Rollern in ten Fabrifen an Hilfskräften fehlt, viele „den Tabak mit nach Hause nehmen, um von ihren Angehörigen das Abrippen vornehmen zu lassen. Auf die außerordentlih nachtheiligen Folgen der Zigarren: Hausindustrie ist oftmals hingewiesen worten; auch werden fie von wohlwollenden Fabrifanten vollfommen anerkannt, die daher auch feine Haus- arbeiter beschäftigen, wohl aber wiederholt dea Wunsch aus- gesprohen haben, es möchte die Zigarren-Hausindustrie überhaupt

eseßlich verboten oder doch auch unter die Bekanntmachung des Neichskanzlers vom 8. Juli 1893 gestellt werden. Zu Anfang des Berichtsjahres klagte ein Kreis-Schulinspektor über den gänzlichen Mangel an hâäuslichem Fleiß und die Ausbeutung der Kinder seitens der Eltern, die meistens von der Zigarrenindustrie leben, und behauptete, das Verbot der SUGRHON \{ulpflihtiger Kinder in Fabriken werde vielfach umgangen. Nach einiger Zeit nahm ih Gelegenheit, die Schule zu besuchen; hierbei wurde von dem Lehrer festgestellt, daß von den meisten seiner Schüler nicht mehr in Fabriken gearbeitet wurde. Dieses günstige Verhältniß is durh enacrgisdhe polizeiliche Revisionen und durch Einführung des Ganztags-Unterrichts veranlaßt worden.“ Der Aufsichtöbeamte von Reuß j. L. berihtei Folgendes : „Wiederholt begegnete ich auch in diesem Berichtzjahr wieder der Thatsache, daß kleine Fabrikbetriebe und vorzüglih soldhe der Musikinstrumentenbranhe ihre Arbeiterzahl auffällig ver- ringert hatten, bis ich dann zufällig die Wahrnehmung machte, daß zwar die gedahten Betriebe dem äußeren Anschein nah zurückgegangen waren, in Wirklichkeit t an Umfang gewonnen hatten und zwar lediglih durch die Einrichtung ciner woblorganisierten Hausindusftrie, Dagegen ist dem Gewerbe. Inspektor von Sachsen Altenburg „etne ¿ewissenloîe Auébeutung der Arbeitskcaft von jugendlichen Arbeitern und Kindern aus der Hausindustrie niht bekannt geworden; allerdings

Berlin, Donnerstag, den 5. November

entzieht sid ja“, glaubt er indessen gleich hinzufügen zu müfsen, „vieles der S der Behörden und der Oeffentlichkeit, und nur Fâlle der extremsten Natur werden bekannt. Den Klagen, die über eine une billige Beschäftigungsweise der Lehrlioge in den Bätereien hier und da erhoben werden, wird die Bestimmung über die Arbeitszeit in den Bâkereien nah ihrem Inkrafttreten ein Ende bereiten.“

In besonders eingehender Weise verbreitet \ch über die Heran- ziehung der Kinder zu dem Gewerbe der Eltern, inébesondere au ihre Verwendung in der Hausindustrie, der Aufsichtsbeamte für Potsdam : eHinsichtlih der Heranziehung der Kinder zu den Gewerben der Eltern wurden die gleihen Beobachtungen wie in dem Vorjahre gemacht. Die hierüber befragten Arbeiterinnen der Textil - wie der Z'garren- industrie, welche beim Abholen von häuslichen Fabriktarbeiten angetroffen wurden , aben in der Medörzahl zu, daß sie ihre Kinder zur Hilfeleistung heranziehen, um nur einen nennenswerthen Verdienst zu erreihen. In den Städten Alt- und Neu-Ruppin, Lindow, Rheinsberg, Wusterhausen a. D. sind sett 20 bis 30 Jahren besondere Werkstätten entstanden, in welchen die Haus- industrie der Bilderbogenmalerei s{hwunghaft betrieben wird. Diese Kolorieranstalten, die als Zweigniederla\sungen Ruppiner Groß- industrieller anzusehen sind, werden von selb tändigen Unternehmern geleitet, welhe die Einrichtungen ihrer Werkstätten von den Groß- firmen übernommen haben. Leßtere liefern für die einzelnen Aufträge nur s{chwarz bedruckte Bilderbogen, während die Unternehmer deren Kolorierung vorwiegend dur Kinder unter Anwendung von Schablonen besorgen lassen. Jene Werkmeister, die meistentheils früher in einer Neu-Ruppiner Bilderfabrik als Schablonenmaler angelernt worden sind, haben die selbständige Annahme der Arbeiter und ver- einbaren die Lohnsäße und Lohnzahlungen nah freiem Ermessen. Die shulpflihtigen Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren arbeiten gee wöhnlih Nachmittags von 4+ bis 7 Ühr, Mittwohs und Sonn- abends von 1 bis 7 Uhr mit halbstündiger Pause. In Rheinsberg dauert die Arbeitszeit der Kinder jeden N1chmittag von 1 bis 7 Uhr und wird durch eine Pause von 4 bis 44 Uhr unterbrohen, während welcher die Kinder im elterlih:n Hause Kaffee trinken. Die durch- schnittlihe wöchentlihe Arbeitszeit beträgt in Alt-Ruppin, Lindow und Wusterhausen 18 bis 21 Stunden, in Rheinsberg 30 Stunden. Empôörend i, daß die Kinder mit Vorliebe während der Sommerferien beschäftigt werden, und daß sie gerade in einer Zeit, wo sie sich erholen sollten, in jenen Werkstätten bis zur Ershöpfung arbeiten müssen. Ihre tägliche Ar- beitszeit dauert dann 94 bis 10 Stunden, von Morgens 7 Uhr bis Abends 7 Uhr, und wird dur drei Pausen von 2 bis 2istündiger Dauer unterbrohen. Der Lobnsay ist in der Regel für Kinder und Erwathsene glei und beträgt in Wusterhausen 15, in Rheinsberg 16, in Lindow 174 Pf, in Alt-Nuppin für Knaben 15, für Ecwalhsene 18 Pf. pro Nies einshließlich felb!tgelieferter Farben. Der Wochen- verdient s{wankt innerhalb der G:enzen von 0,75 bis 2,50 #6, im Durchschnitt beziffert er sich für Alt-Ruppin auf 1,30 4, für Lindow auf 1,20 46, für Rheinsberg auf 2 M, für Wusterhausen auf 1,65 M oder für eine Arbeitsftunde auf 64 bis höchstens 8 Pf. Für Arfertigung der häuslichen S@hularbciten bleibt den in der Bildermalerei befhäftigten Kindern wenig Zeit übrig.“

Ueber die Frage nach den Wirkungen, welhe infolge der Be- \{chränkungen der Arbeitszeit für Fabrikarbeiterinnen auf die Haukéindustcie ausgeübt worden sind, liegt gleichfalls eine Reihe von Berichten vor, nah denen die Fabrikanten den Arbeiterinnen Aibeit3- aufträge mit nah Haufe geben, um diese in der sogenannten freien Zeit aufführen zu lassen. „Diese Arbeiten bestchen in der Hauptsa&e in der Herstellung von Posamenten, welche ohnedies in bohem Maße Geschicklichkeit der Hand, Sicherheit des Auzes und große Auf- merksamkeit erfordern. Wenn nun die Arbeiterinnen 11 Stunden täglich in der Fabrif und noch 2 bis 3 Stunden zu Hause arbeiten müssen, fo führt das zu einer Ermüdung und Ersch!affuna, die nah kurzer Zeit bewirkt, daß sie in 13 bis 14 Stunden niht mehr fertig bringen, als wenn sie nur 11 Stunden fleißig in der Fabrik gearbeitet und rehtzeitig geruht hätten. Diese Beobachtung is auch in anderen Gewerb8zweigen gemacht worden, und es hängt diese Sucht, bis in die Nacht hinein zu arbeiten, mit der Hausindustrie zusammen und wird auch von manchen Kaufleuten oder &abrikanten unterstüßt.“ (Annaberg.) „Andere Arbeiterinnen wieder nahmen eilige Druck- fachen, die gefalzt und geheftet werden mußten, mit in ihre Wohnungen und vollendeten dort, was ihnen durch den frühen Schluß der Werkstätten fertig zu stellen niht möglich war.* (Breméen.) Die gleihe Beobachtung i} auch in den Bezirken Frankfurt a. O. und Pfalz gemaht worden: „Jn der Schuhindustrie von Pirmasens ist óôftecs zu finden, daß Arbeiterinnen Atends Arbeit von der Fabrik mit nah Haufe nehmen. Diese Arbeit besteht in der Hauptsache im „Fertigmachen“ der Sqwubte, wie Einheften 2c., sowie im Steppen der Schäfte, wozu die Stepperinnen großentheils zu Hause eine Steppmaschine besißen, die durch Abslag8zahlungen er- worben wird. Für diele Heimarbeit wird von den Fabriken der gleiche Stüclohn wie in der Fabrik selbst berehnet und überhaupt bei der Abnahme der Arbeit nicht ausgeschieden, was in der Fabrik und was zu Hause gefertigt worden is. Es liegt hierin eine indirekte Um- gebung der geseplihen Bestimmung, betreffend die Maximalarbeits- zeit.“ Bemerkenswerth if auch folgender Bericht des Aufsichtsbeamten für Württemberg 11: „Die in meinem Jahreéberiht für 1893 ver- tretene Ansicht, daß eine Verschiebung der Produktion aus dem Fabrik- betriebe in die Hausindustrie wegen der größeren Vortheile, welche der mit leistungsfähigen und unablässig verbesserten Maschinen aus- gestattete und eine weitgehende Arbeits! eilung benußeade Mascinen- betrieb gegenüber der Hausindustrie troß ihrer meist längeren Arbeité- zeit und billigeren Löhne bietet, in Zukunft nicht wahrscheinli sei, läßt sich nach den inzwischen gemachten Wahrnehmungen nur mit ciner gewissen Einschränkung aufrecht erhalten. Von verschiedenen Fabriken der Lrikot- und Strickwaaren-Industrie wurden nämlih im Berichtsjahre die Näharbeiten für Hand- und Maschineanähen und die Arbeiten auf Hazndstrikmaschinen mehr als bisher der Hausindustrie überwiesen, und aus der in einigen Fällen zur Kenntniß des Gewerbe- Inspektors gelangten Aufstellung von Trikotrundstühlen mit Handbetrieb, welche Eigenthum der Fabrikanten sind, bei Hausindustriellen avf dem Lande läßt si au auf eine Zunahme der Trikotwebarbeit in der Hausindustrie \hließen. Im allgemeinen is während der letzten Jahre nit nur die Arbeiterzahl der fraglihen Fabriken gestiegen, sondern auch die Zahl der von ibnen beschäftigten Hausgewerbetreibenden; ja, es giebt Fabrikanten, welhe deren mehr Ea als Arbeiter in ihren Fabriken. Der Grund für das Anwachsen der Hausindustrie liegt wohl vornehmlich in den den Arbeitgebern durch sie gebotenen Vor- theilen, wie: Ausreichen mit einer kleineren Fabrikanlage, Ersparniß der Ausgaben für Beleuchtung, Heizung, Lüftung und Instandhaltung, Wegfall der Beiträge für die Krankenversiherung und meist auch der JIn- validitäts- und Altersversicherung, da die Hausindustrie hauptsächlich Näharbeiten an den in Fabriken hberzestelltin Geweben und Wirk- waaren besorgt, niedrigere Arbeitslöhne troy in der Regel längerer, weil dur Gesey nit bcshränkter Arbeitszeit der weiblihen Haut- industriellen." :

Endlich berichtet noch eine Anzahl von Aufsfichtsbeamten über die hausindustriele Beschäftigung in der Konfekticnöbranche und über die Wahrnehmungen, welche sie hinsichtliÞ der Be- s{häftigung der Arbeiterinnen in O ange Es, die niht als fabrifmäßige zu betrahien find, gemacht haben. Die Beamten ftlagen darüber, daß hier \{chwere Mißstände

1896.

beobachtet worden seien, und bezeihnen es als bedauerlih, daß das Geseg kein Mittel an die Hand gebe, den Arbeiterinnen dieser Be- triebe wenigstens die für Fabriken vorgeshriebenen Arbe-itszeiten sichern zu können. Da indessen über die in dieser Industrie obwaltenden Ver- hâltnifse bereits erschöpfende Mittheilungen anläßlih des großen Kon- fektionéstrifes am Anfang dieses Jahres n die Oeffentlichkeit ge- drungen sind, enthalten die Berichte der Gewerbe-Inspektoren in diefer Hinsicht nichts Neues mehr; es kann deshalb hier darauf verzichtet werden, näher auf dieselben einzugehen.

Wohlfahrtseinrichtungen.

Aus Dresden vom 4, November wird berichtet: Heute Mittag 12 Uhr wurde auf der Carolahöhe in Trachenberge das von Ihrer Majestät der Königin von Sachsen gestiftete Sächsische Krüppelheim, das sih dem Maria-Anna- Kinderhospital angliedert, eröffnet. Dem feierlih:n Akte wohnten die erlaudhte Stifterin, JFhre Maijeftät die Königin, sowie Ihre Königlichen Hoheiten die Prin- zessinnen Johann Georg und Mathilde persönli bei. Im Auf- trage Ihrer Kaiserlihen und Könialihen Hoheit der Prin- zessin Friedri August war die Ober - Hofmeisterin Freifrau von Reitzenstein anwesend. Ferner hatte eine glänzende Versammlung von Ehrengästen in der Anstalt eingefunden. Mit Ge- fang wurde die Feierlichkeit eröffnet; dann hielt Pastor Planiy eine kurze Weiherede. Hofrath Dr. med. Klemm gab hierauf einen Ueber- blick über die in Europa und speziell in Deutschland bestehenden An- stalten, die sich mit der Krüppelpflege beshäftigen, und machte ferner Mittheilungen über die Geschichte des Sähsishen Krüppelheims. Die Feier {loß wiederum mit Gesang. Ihre Majestat die Königin ließ ch hierauf verschiedene Hercen der Festversammlung vorstellen. Schließlich fand eine Besichtigung der Einrichtungen der Anstalt statt, die zunächst für je 6 männliche und 6 weibliche Krüppel bestimmt find. Das „Dresdner Jeurnal“ veröffentlicht anläßlih der Eröffnungs-

feier folgende Daxksagung Ihrer Majestät der Königin:

. «Nachdem am heutigen Tage der erste Pavillon des Sächsisen Krüppelheims eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben wurde, ist es Mir ein Herzensbedürfniß, allen denen, welhe Mir geholfen baben, für diese armen hilflosen Kinder die ersten Anfänge eines Heims zu schaffen, in welhem ihre Erwerbsfähigkeit unterstüßt werden soll, Meinen tiefempfundenen Dank auszusprehen. Dresden, den 4. November 1896. Carola.“

Literatur.

Fridtjof Nansen's eigene Beschreibung seiner dreijährigen Nordpolarfahrt wird im Verlage von F A. Brockhaus in nächster Zeit, und zwar unter dem Titel: eIn Nacht und Eis“ zu erschcinen beginnen. Etwa 200 Abbildungen, theils Originalphotographien, theils Zeichnungen feines Freundes, des Malers Sinding, werden dem Werk beigegeben werden, außerdem zwei große Karten, welche die neu entdeckten Inseln darstellen und das bisher bekannte Bild der Polargegend erheblich umgestalten. Das Werk wird in 36 Lieferungen zum Preise von je 50 4H erscheinen ; tis Weihnachten sollen 2 Lieferungen vorliegen.

Friedrich Nücert's Werke in sech8 Bänden. Heraus- gegeben von Ludwig Laiftner. Stuttgart, Verlag der J. G. Cotta’¡hen Buchhandlung, Nachfolger. 20 Lieferungen zum Preise von je 40 „. Mit der soeben ersh!enenen 20. Lieferung ist diese mchr erwähnte wohlfeile Ausgabe der Werke éFriedrih Nückert's zum Abschluß gekommen. Die letzten, noch zu besprechenden Lieferungen 13 bis 20 enthalten den Sthluß der „Ma“"amen des Hariri* und (im fünften und sechsten Bande) ,Die Weisheit des Brahmanen“*. Diese Ausgabe bietet sonah, da die ersten drei Bände den „Liebesfrübling“, „Agnes? Todten- feier“, „Amarylli3“, die „geharnishten Sonette“ und ausgewählte „ge- mischte Gedichte“ brahten, alles, worauf sich Nütert's Ruhm als Dichter, Derker, Sprachkürstler und Ueberscßer gründet. Die Be- \{ränkung auf seine anerkannten und dem Volke lieb gewordenen Meisterwerke ermöglihte zugleich ihre Wohlfeilheit und macht sie zu einer Volksausgabe, der hoffentlich tas verdiente Entgegenkommen seitens der Kreife, für die sie bestimmt ist, nicht fehlen wird.

In der „Sammlung illustrierter Literaturgeshichten", deren Heraußêgabe das Bibliographische Institut zu Leipzig und Wien unter- nommen hat, und welche mit ter türzlih an dieser Stelle besproche- . nen illustrierten „Geschichte der englischen Literatur“ von Wülker fo erfolgreih eröffnet wurde, beginnt soeben eine illustrierte „,Ge- \hichte der deutschen Literatur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart“ zu ersheinen. Die Veifasser sind

Dr. Friedrich Vogt und Professor Dr. Marx Koch, welde vereint an der Breslauer Universität als Lehrer der deutshen Sprache und Literatur wirken. Die erste Lieferung, die uns vorliegt, führt den Leser in die ältesten Zeiten des Germanenthums, als die „Merseburger Zaubersprüche“ und das „Hildebrandslied“ entstanden, die Heldensage fich allmählih entwidelte und der gothishe Bishof Wulfila feine Bibelüberseßung {chuf. Die Darstellung ruht auf wissenshaftliher Grundlage, ift aber auf das Verständniß weiterer Kreise berechnet und demgemäß leibt faßlich geschrieben und frei ron gelehrtem Beiwerk. Das Heft is reich und sehr sorgfältig illustriert. Außer vielen wohlgelungenen Hol;schnitten im Text findet man darin eine tehnisch vollendet ausgeführte Tafel in Farben- und Golddruck, welhe cin Blatt aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts von Boner's „Edelstein“ (der Baseler Universitäts-Bibliothek gehöri mit der Fabel von dem Hunde und dem Wolf aufs Srbcca ctt nab dem Original reproduziert. Andere Tafe!n in Schwarzdruck zeigen faksimilierte Proben deutsher Gedichte des 12. Fabrhunderts und die Bildnisse der vier Hauptvertreter der deutschen Romantik, der beiden Schlegel, Tieck’s und Hardenberg's. Das ganze Werk foll 14 solcher Lieferungen mit im Ganzen etwa 170 Abbildungen im Text, 25 Tafeln in Farbendruck, Kupferstich und Holzschnitt sowie 23 Faksimile-Beilagen, jede zum Preise von 1 X, umfassen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Nachweisung über den Stand von Thierseuhen im Deutschen Rei am 31. Oktober 1896.

(Nah den Berichten der beamteten Thierärzte zusammengestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamt.)

Nachstehend sind die Namen derjenigen Kreise (Amts- 2c. Bezirke) verzeichnet, in welden Roß, Maul- und Klauenseuche oder Lunaen- seuhe am 31. Oktober herrshten. Die Zahlen der betroffenen Ge- meinden und Gehöfte sind leßtere in Klammern bei jedem

Kreise vermerkt. A. Not (Wurm).

Preufien. Neg.-Bez. Gumbinnen: Darkehmen 1 (1). Reg.- Bez. Danzig: Danziger Niederung 1 (1), Danziger Höhe 1 (L). Neg.-Bez. Marienwerder: Briesen 1 (1). Stadtkreis Berlin 1 (3). Reg.-Bez. Potsdam: Teltow 1 (1), Westhavelland 2 (2). Reg.-Bez. Frankfurt: Soldin 1 (1), Stadtkreis Frankfurt a. O. 1 (1). Reg.-Bez. Stettin: Naugard 1 (1), Rea -Bez. Köslin: Bel- ard 2 (2), Bütow 5 (5). Reg.-Bez. Posen: Obornik 1 (1). Reg.- Bez, Bromberg: Mogilno 1 (1). Reg.-Bez. Breslau: Oels 2