1896 / 277 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Nov 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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I ets mat v Me ott E dea

E S E E E L S

s t p L e. Harn

Königreich Preußen.

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Der bisherige Oberlehrer Dr. Seehausen ift zum Kreis- Schulinspektor ernannt worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

__ Dem Thierarzt Bermbach in Schroda ist die von ihm bisher fkommissarish verwaltete Kreis-Thierarztstele für den Kreis Schroda definitiv verliehen worden.

Justiz-Ministerium.

Verseßt sind: der Amtsrichter Unverzagt in Schwarzen- fels an das Amtsgericht in Bergen bei Hanau, der Amtsrichter Tiemann in Wald an das Amtsgericht in Kiel und der Amtsrichter Bauer in Loslau an das Amtsgericht in Sagan.

Der Amtsrichter Kleh met vom Amtsgericht I1 in Berlin ist infolge seiner Ernennung zum Kaiserlichen Regierungs-Rath und ständigen Mitgliede des Reichs-Versicherungsamts aus dem Justizdienst geschieden. / E

Dem Notar, Justiz-Rath Salling in Flensburg ist die Entlassung aus dem Amt ertheilt. ; j

Zu Notaren sind ernannt: der Rehtsanwalt Müller in Jserlohn für den Bezirk des Ober-Landesgerichts zu O mit Anweizung seines Wohnsißes in Jserlohn, und der Rechts- anwalt Kuhn in A fürden Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Königsberg i. Pr., mit Anweisung seines Wohnsißes in Seeburg.

In der Liste der Rechtsanwalte sind gelöscht: der Rechts- anwalt Vosberg bei dem Ober-Landesgericht in Breslau, der Rechtsanwalt Wallis bei dem Landgericht in Kiel, der Rechtsanwalt Berga u bei dem Amtsgericht in Prökuls und der Rechtsanwalt Groß bei dem Amtsgericht in Weißensee.

Jn die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen : der Gerichts-Assessor Paul Schulz bei dem Amtsgericht in Wehlau und der Gerichts-Assessor Lewinsky bei dem Amts- geriht in Kulmsee. :

Der Senats-Präsident bei dem Kammergericht Bauk ist gestorben.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. November.

Seine Majestät der Kaiser und König sind gestern Abend um 111/5 Uhr aus Piesdorf im Neuen Palais wteder eingetroffen. i

Im Laufe des heutigen Vormittags hörten Seine Majestät die Vorträge des Chefs des Generalstabes, Generals der Kavallcrie Grafen von Schlieffen und des den Chef des Militärkabinets vertretenden Obersten von Villaume.

S E E R

Am Königlichen Hofe wird heute der Geburtstag Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin Friedrich gefeiert. Zu der aus diesem Anlaß heute Abend im Neuen Palais stattfindenden Theatervorstellung seitens der Mitglieder des Berliner Theaters sind, dem „W. T. B.“ zufolge, etwa 230 Einladungen ergangen.

Der am 19. d. M. entshlafene Fürst Otto zu Stol- berg-Wernigerode hat sih um König und Vaterland hervorragend verdient gemacht.

Obwohl durch die Regierung der Grafschaft und die Ver- waltung seiner ausgedehnten Besizungen vollauf in Anspruch genommen, ließ er sih gleihwohl bereit finden, die Bürde hoher Staats- und Hof-Aemter zu übernehmen, so oft der Ruf dazu an ihn erging. Im Jahre 1867 wurde er, kaum 30 Zahre alt, mit dem ebensoviel Takt als Umsicht erfordernden Amt eines Ober - Präsidenten der Provinz Han- nover betraut und hat in dieser Stellung sechs Jahre lang den Prozeß der Vershmelzung dieser kurz vorher angegliederten Provinz mit dem preußischen Staat mit anerkanntem Erfolg gefördert. Nachdem er sodann im Jahre 1876 den Posten eines Botschafters am Wiener Hofe übernommen hatte, wurde er im Mai 1878 zum Vize-Präsidenten des Staats: Ministeriums und Stellvertreter des Reichskanzlers ernannt, in welchen Stellungen er bis zur Mitte des Jahres 1881 verblicb. Drei Fahre später kehrte er noch einmal in dienstliher Stellung nach Berlin zurück, um das Amt eines Oberst-Kämmerers und später auch dasjenige eines stellvertretenden Ministers des Königlichen Hauses zu Übernehmen.

Neben diesen hohen amtlihen Funktionen entfaltete der Verewigte auch eine weéitreihende gemeinnügige Thätigkeit, mit Vorliebe eine solche für die Armee, der er als General der Kavallerie à la suite angehörte. Unver- geßlich werden namentlich die großen Verdienste bleiben, welche er sich als Vorsißender des Zentral:Comités der deutshen Vereine vom Nothen Kreuz um die Organisation der freiwilligen Krankenpflege im Kriege erworben hat.

Durch seine Geburt auf die Höhen des Lebens gestellt, hat der Entschlafene seine besten Kräfte jederzeit in den Dienst des all- gemeinen vaterländischen Jnteresses gestellt und damit ein leuch- tendes Beispiel edler, wahrhaft vaterländisher Gesinnung ge- geben. Sein Andenken wird in hohen Ehren gehalten werden.

Jn der am 20. d. M. unter dem Vorsiß dcs Vize- Präsidenten des Staats - Ministeriums, Staatssekretärs des n Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsißung des

undesraths wurden der Antrag Sachsens, betreffend die Anwendung des Börsengesczes vom 22. Juni 1896 auf die sächsishen Börsen, sowie der Antrag von Lübeck, Bremen und R zum Börsengeseß vom 22. Juni 1896 den zuständigen

usshüssen überwiesen. Von der Vorlage, betreffend den Stand der Bauausführungen 2c. für die Eisenbahnen in Eilsaß- Lothringen, wurde Kenntniß genommen. Dem Ausschußantrage über die Vorlage, O die Ergänzung zum Entwurf des

Reichshaushalts-Etats für 1897/98, wurde die Zustimmung

ertheilt. Außerdem wurde über verschiedene Eingaben Beschluß

gefaßt.

Heute hielten die vereinigten Auss{hüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr Sizungen.

Jn der Zeit vom 1. April 1896 bis zum Schlusse des Monats Oktober 1896 sind im eh e Reiche folgende Einnahmen (einshließlich der kreditierten Beträge) an E und gemein}chaftlihen Verbrauchssteuern

owie andere Einnahmen zur Anschreibung gelangt:

Zölle 264 866 450 M (gegen denselben Zeitraum des Vor- jahrs + 26765066 M6), Tabadfsteuer 5558359 4 (—212 887 M6),

uckersteuer und Zuschlag zu derselben 57 273750 -+ 9771 933 M), Salzsteuer 25 666 504 M (4 624396 M46), Maischbottichh- und Branntweinmaterialsteuer 482 093 1577 124 M6), Verbrauchsabgabe von Branntwein und ushlag zu derselben 72490845 A#Æ (+4 3963355 4),

rennsteuer 608215 A (4+ 2712566 M), Brausteuer 17254132 M (+ 490091 M), Uebergangsabgabe von Bier 2159 853 M# (+ 48103 M), Summe 445 396 015 M (+40 144189 M). Stempelsteuer für: a. Werthpapiere 9087 322 M (+ 243 670 M4), b. RKauf- und sonstige An- schaffungsgeschäfte 7 838 599 M (— 4729 535 M6), c. Loose e Privatlotterien 3 101 503 M (+4 690 738 4), Staats- otterien 7 707722 (— 535 340 M), Spielkartenstempel 750 527 Ma (+ 56 529 A6), Wechselstempelsteuer 5 315 375 (+ 298237 M), Post- und N e M ett A 172 002 799 6 (+ 7960 694 M’), Reichs - Eisenbahnverwal- tung 42 805 000 M (+ 2132 000 46).

Die zur Reichskasse gelangte Fs - Einnahme abzüglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten beträgt bei den nachbezeihneten Einnahmen bis Ende Oktober 1896:

ólle 235498581 M (4+ 22423152 4), Tabacksteuer

168 763 M (+ 683 903 M), ZBudersteuer und Zuschlag zu derselben 48465354 (+ 2872928 M), Salzsteuer 241655 123 M (+ 629 430 M6), Maischbottih- und Brannt- weinmaterialsteuer 5729305 # (— 1207957 4), Ver- brauhsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 61 069 553 Æ (+ 4170305 M), Brennsteuer 314251 M (+ 56017 M), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 16 497 689 M (+ 457 151 M), Summe 399 898 619 M (+ 30084929 #4). Spielkartenstempel 745 702 M (+ 42 007 M4).

Einer im „Armee - Verordnungsblatt“ veröffentlichten Allerhöchsten Kabinets- Ordre vom 15. v. M. zufolge wird am 1. April 1897 die Festungsbauschule von Berlin nach Charlottenburg verlegt.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Arcona“, Kommandant Kor- vetten-Kapitän Becker, gestern in Hongkong angekommen und beabsichtigt, am 22. d. M. nah Maniia in See zu gehen.

Jn der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird die vom Reichs- Eisenbahnamt aufgestellte tabellarishe Uebersicht der Be- triebs-Ergebnijse deutsher Eisenbahnen für den Monat Oktober d. J. veröffentliht, auf welche gestern an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist.

Görliß, 20. November. Der Kommunal- Landtag des Preußishen Markgrafthums Oberlausitz seßte in der gestrigen, zweiten Plenarsißung unter dem Vorfiß des Landeshauptmanns, Kammerherrn Pr. von Seydewiß seine Berathungen fort. Nachdem das Protokoll über die erste Plenarsißung verlesen und genehmigt worden war, wurden einige Urlaubsgesuche bewilligt und der Bericht einer Kommission des Landtages, welche das hiesige Nettungshaus einer eingehenden Revision unterzogen hat, entgegengenommen. Der Landtag entnahm sodann aus den Mittheilungen des

Herrn Landeshauptmanns, daß die Vertreter der ehemals rauch-.

steuerpflihtigen Landstädte und Landgemeinden aus ihrem

eigenthümlichen Fonds eine Anzahl von Beihilfen zu gemein- |

nüßigen und wohlthätigen Zwecken bewilligt hätten. Sodann ging der Landtag zu der Rechnungslegung über die ge- jammte ständishe Verwaltung über und gewann aus dem Bericht des Ausschusses die Ueberzeugung, daß sich das Kassen- und Rechnungswesen der ständischen Verwaltung in guter Ordnung besinde. Darauf wurde über die Rechnungen sowie über die Bilanz der kommunalständishen Bank pro 1895 Decharge ertheilt. Der Landtag nahm hierauf Kenntniß von den günstigen Geschäftsergebnissen der Kommunal- ständishen Bank und der Oberlausißzer Provinzial- Sparkasse und seßte den Geschäftsunkosten-Etat der erstêren pro 1897 fest. Eine Anzahl anderer Vorlagen, welche dem- nächst zur Berathung standen, betrafen ineisiatd Gesuche um Bewilligung von Beihilfen zu gemeinnützigen und anderen Zwecken, sowie zu den Kosten von Pfarrhausbauten und Kirchen-Reparaturen, zu deren Bestreitung die betheiligten Ge- meinden wegen .ihrer bedürftigen Lage sich außer stande fühlten. Der größte Theil dieser Vorlagen wurde durch ent- sprechende Bewilligung erledigt.

Jn der heutigen, leßten Plenarsißung wurde zunächst das Protokoll der gestrigen Sihung vorgelesen und genehmigt und einige Urlaubsgesuche bewilligt. Der Landtag beschloß hierauf Statutenänderungen zu einigen Stiftungen, wandte sich sodann der Verleihung einer N, von Sti- pendien für Schüler, Studierende und andere Ge- nußberechtigee nach den Vorschlägen des Aus- \husses auf Grund eingehender Prüfung der Gesuche zu und res hierauf nie Fort- resp. Neubewilligung einer Reihe -von

eihilfen zur Unterhaltung von wohlthätigen Anstalten und Einrichtungen aus dem für derartige Zw. de bestimmten Zinsen- antheile des Reservefonds der Oberlausißer Provinzial-Spar- fasse aus. Damit waren die Geschäfte des diesjährigen Kommunal-Landtages erledigt. Der Vorsißzende slok, nach- dem er noch dem Landesbestallten und den Ausshuß-Dircktoren, sowie den Sekretären des Landtages für ihre die Geschäfte des

Landtages fördernde Mühewaltung gedankt hatte, den Landtag in S Weise mit einem Hoh auf Seine Majestät den

aiser und König, in welches die Versammlung begeistert einstimmte.

Württemberg.

Der Verlauf der Erkrankung Jhrer Majestät der Königin ist, wie der „St.-A. f. W.“ berichtet, ein durchaus normaler und ungemein rascher. Seit mehreren Tagen ist Jhre Majestät ganz fieberfrei, und der Ausschlag hat sih bereits gänzlih zurückgebildet. Die Königin befindet sih in völliger Rekonvalescenz, doch dürfte Allerhöchstdieselbe mit Nücksiht auf die Art der Krankheit genöthigt sein, noch einige Zeit das Zimmer zu hüten, um etwaigen Folgen vorzubeugen.

Baden.

Die Fortschritte in der Genesung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs sind, der „Karlsr. Ztg.“ zufolge, von geringen Schwankungen abgesehen, befriedigend. Der Kräftezustand gestattet zwar, daß Höchstderselbe den größeren Theil des Tages außer Bett zubringt, doch ist immer noch viel Schonung erforderlich.

Lippe.

Jhre Durchlaucht die Fürstin Elisabeth, Wittwe des

am 8. Dezember 1875 verstorbenen Fürsten Leopold, ist, wie

„W. T. B.“ aus Detmold erfährt, an Lungenentzündung erkranft.

Oesterreich-Ungarn.

Das oste rreihishe Abge ordnetenhaus verwies in seiner gestrigen Sizung die Vorlage, betreffend den Feuer- versiherungszwang, an den Ausschuß zurück. Während der Berathung gab eine Rede des Abg. Noske Anlaß zu einem erregten Auftritt. Bei der Bekämpfung von Aus- führungen des Abg. Lueger sprah der Abg. Noske von einem „politishen Agitator, der sich durch Ge- sinnungslosigkeiten in Ehren und Würden hineinge- shwindelt habe“. Auf den Zuruf der Antisemiten, er solle Namen nennen, nannte der Redner den Abg. Lueger. Die Abgg. Lueger und Geßmann riefen heftige Worte gegen Noske. Der Präsident ertheilte hierauf den Abgg, Lueger und Geßmann wegen ihres der parlamentarischen Würde widersprchenden Benehmens den Ordnungsruf, wobei er sich vorbehielt, nah Durchsicht des Stenogramms auch Noske den Ordnungsruf zu ertheilen. Nach diesem Zwischenfall seßte Noske seine Rede unter wiederholten Unterbrechungen seitens der Antisemiten fort. Der Abg. Abt Treuinfels inter pellierte sodann den Landesvertheidigungs-Minister Grafen Welsersheimb aus Anlaß des jüngst in Jnunsbruck vor- efommenen Duells zweier Landwehr- Offiziere. Die

nfrage lautet dahin : welhe Vorkehrungen die Regierung zu treffen gedenke, um dem Geseße Genugthuung zu verschaffen und die Gesellschaft von dem Albdrucke des Duellwesens zu befreien.

In dem Voranschlag für den Haushalt des öster- reichishen Ministeriums für Land-esvertheidigung werden, dem „Militär-Bl.“ zufolge, gefordert: im Ordinarium 22 677 6500 Gulden, davon für die Zentralleitung 534 780, höhere Kommandos, Truppen und Anstalten 15 297 600, Re- frutierung 104270, Militärstiftungen36400,Militär-Polizeiwache 159 880, Gendarmerie 6 544 720; im Extraordinarium bei der Zentralleitung 26500, bei derLandwehr390000, zusammen 476520 Gulden, sodaß insgesammt erforderlih sind 23 094 170 Gulden. Von diesem Bedarf werden im Ordinarium 394 126 durch eigene Einnahmen gedeckt, sodaß das Gesammterforderniß fi auf 22700 044 Gulden stellt. Es sind dies 1 092 704 Gulden mehr als für 1896 bewilligt waren. Dieser Mehr aufwand vertheilt sich auf die Zentralleitung mit 51 000, hohere Kommandos, Truppen und Anstalten 608 474, Rekrutierung 22570, Militär-Polizeiwache 16 620 Gulden und auf eine große Zahl von Posten, worunter die Forderuny von 94750 Gulden zur Beschaffung eines den Mannschafter zweimal wöchentlih zu gewährenden warmen Nachtmahls di bemerkenswerthcste ist. Fm Extraordinarium, in welchem di Herstellung einer Reilschule i Hohenmauth und der Ausbau der Landwehr - Kadettenschule zu Wien erscheinen, werden 88 854 Gulden gefordert.

Frankreich.

Die Deputirtenkammer sehte gestern die Berathung über das Budget des Ministeriums des Jnnern fort. Das Kapitel „Geheime Fonds“ wurde mit 350 gegen 99 Stimmen angenommen, nachdem der Minister des Fnnern Barthou erklärt hatte, daß die Fonds zur Vertheidigung der öffentlichen Sicherheit und niht zur Subventionierung von Zeitungen verwendet werden würden.

Jtalien,

Die Königin und die Königin-Regentin del Niederlande find gestern Abend von Aix-les-Bains in Mailand eingetroffen.

Der britische Botschafter hat, wie „W. T. B.“ be rihtct, der italienishen Regierung alle wünshenswerthen Et leichterungen für den Durchzug der italienische! Gefangenen durch Zeila angeboten.

Spanien. Der „Jmparcial“ veröffentliht Zuschriften der Bol schafter Deutshlands, Rußlands, Frankreichs und Oesterreich-Ungarns, mit denen diesclben unter Aus

drücken der Sympathie je 500 Pesetas übersenden, als iht!

Gabe zu der vom „Jmparcial“ eröfsneten Sammlung für di auf Cuba und den Philippinen verwundeten Soldaten.

Belgien.

Ein neuer Gesezentwurf scht die Eingangszölle und Accisen auf eingeführte Weine fest, und zwar für Flasche! weine auf 66 Fr. pro Hektoliter, für anders als in Flaschen eingeführte Weine 20 Fr. pro Hektoliter. Weine, die meh! als 21 Proz. Alkohol enihalien, werden als Liqueure al

gesehen. Türkei. / Dem Wiener „Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“ wir) aus Philippopel berichtet : dort eingetroffenen Nachrichten h Konstantinopel zufolge wären der frühere Militär Attaché in St. Bieterabuta Aziz Bey, der 0 des Kommandanten des Garde - Korps Reuf Pasch®

und der Lieutenant Assim Bey, der Sohn des nah Aleppo verbannten Ober-Stallmeisters Jzzet Pascha, ins Aus- land entflohen. Fünfzehn Besucher der Marine-Akademie seien wegen Besißes verbotener Zeitschriften und wegen Sammelns von Geld für das jungtürkishe Comité verhaftet worden. Serbien.

Der König is gestern Abend nah Wien abgereist und hat für die Zeit seiner Abwesenheit den Ministerrath mit der Führung der Regentschaft betraut.

Amerika.

Dem „W. T. B.“ wird aus Rio de Janeiro berichtet, daß Alveo Barbosa zum Marine-Minister, Foachim Murlinho zum Minister für Jndustrie und öffentliche Ar- beiten und Bernardino Campos zum Finanz-Minister ernannt worden sei. Die „Times“ erfährt, daß Die Lage in, No de Zaneiro Q) inol0e Der Ankündigung der Regierung, sie beabsichtige, in allen Verwaltungszweigen Ersparnisse durhzuseßen, ctwas ge- bessert habe. Der Vize-Präsident schiage u. a. vor, die Staatseisenbahnen zu verpachten, die Zollgefälle in Gold zu erheben und, nachdem die Verpachtung der Eisenbahnen durch- geführt sein werde, das Papiergeld mit den jährlihen Ueber- \chüssen des Staatshaushalts einzulösen.

Nach einer in Buenos Aircs eingegangenen Depesche aus Sucre hat der Kongreß von Bolivien in geheimer Sigßung die Ermächtigung zu Unterhandlungen, betreffend die A einer Anleihe zum Zwecke militärisher Rüstungen, ertheilt.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schchlußbericht über die gestrige Sißung des Reichstages und der Bericht über die gestrige Sißung des Herrenhauses befinden sih in der Dritten Beilage.

Jn der heutigen (129.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieber- ding beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Geseß- entwurfs, betreffend AbänderungundErgänzung des Gerichtsverfassungsgeseßes und der Strafprozeß- ordnung, fortgeseßt, und zwar bei § 56a der Strafprozefß- ordnung bezügli der Unterlassung der Betidigung von Zeugen.

Abg. Günther (nl) is mit dem Beschlusse der Kommission einverstanden uvd erklärt fich gegen die Anträge, während Abg. Mun ckel (fr. Vp.) bittet, den Richter in scinem freien Ermessen nicht zu sehr zu beschränken ; gegenüber einem einstimmigen Beschlusse des Gerichts werde auh die Vertheidigung die Beeidigung nicht be- antragen.

Geheimer Ober- Justiz-Rath Dr. Lucas empfiehlt die Annahme des § 56 a, welcher bestimmt sei, die Zahl der Eide und damit auch der Meineide zu vermindern. 5

(Bei Schluß des Blattes dauerte die Verhandlung über S 66a fort.)

Das Herrenhaus nahm in seiner heutigen (2.) Sißzung die Wahl der beiden Vize-Präsidenten und der Schriftführer vor.

Auf Vorschlag des Herzogs von Ratibor werden die bisherigen Vize-Präsidenten Freiherr von Manteuffel und Ober-Bürgermeister Becker durch Zuruf wiedergewählt; sie erklären, die Wahl annehmen zu wollen.

Auch die bisherigen Schriftführer Graf von Garnier, Dr. Giese, Hammer, von Klißing, von der Osten, von Reinersdorff, von Rohr, Graf von Seidliz-Sandreczki werden auf Vorschlag des Herzogs von Ratibor durch Zuruf wiedergewählt.

Zum Quästor ernennt der Präsident den Senats-Präsi- denten des Kammergerichts Eggeling, zu dessen Stellvertreter den Ober-Bürgermeister Boie.

Seit dem Schlusse der vorigen Session sind verstorben: am 3. Zuli Graf von Schlabrendorf und Seppau, am 4. Juli Ober-Bürgermeister Helfrit (Greifswald), am 20. August Freiherr von dem Bussche-Streithorst, am 11. September von Dreßler (Schreitlaugken), am 17. No- vember von Gordon (Laskowiß), am 19. November Otto Fürst zu Stolberg-Wernigerode. Das Haus ehrt das Andenken der Verstorbenen in der üblichen Weise.

Neu berufen sind als erblihe Mitglieder Graf von Pfeil-Burghauß und Graf von Oppersdorff, auf Piäsentation die Herren Land1ath von Hanstein, von ÉEnevort, die Ersten Bürgermeister Veltmann (Aachen) und Delbrück (Danzig).

Die Kommissionen sind gewählt und haben sich konstituiert.

Der im nächsten Monat zu erwartende Gesetz: ntwurf wegen Verstaatlihung der Hessischen Ludwigsbahn wird der um drei Mitglieder der Eisenbahnkommission zu verstärkenden Finanzkommission überwiesen. Die Ver):ärkung bilden Fürst zu Putbus, Graf von Schlieben und Landgraf Alexis von Hessen, Hoheit.

Eingegangen is ein Antrag des Grafen von Franken- berg, welher Abhilfe gegen den Wagenmangel auf den Staatsbahnen, Ermäßigung der Tarife für land- und forst- wirthshaftlihe Produkte, sowie angesichts der bevorstehenden Eröffnung des Dortmund-Ems-Kanals die Förderung der Staffeltarife auf den Eisenbahnen fordert.

Schluß 13/4 Uhr. Nächste Sißung unbestimmt, wahr- scheinlich Mitte Dezember.

Nr.47 der „Versffentlichungen des KaiferlihenGesunkt- heitsamt&é* vom 18, November bat folgenden Inhalt: Gesundheits- stand und Gang der Volkskrankheiten. -- Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2c. Desgl. gegen Gelbfieber. Statisti\he Mit: theilungen aus dem italienishen Heerwesen, 1894/95. Gesundheits- zustand in Birmingham, 1895. Gesetzgebung u. \. w. (Preußen). Meru in den Universitätskliniken 2c. (Reg.-Bez. Merseburg).

roguen- 2c. Handlungen. (Sachsen - Altenburg). Hebammen- Geburtstabellen. Impfwesen. Wein 2c. (Oesterreiw-Ungarn —Schweiz), Cholera. (Oesterreih. Mähren). Trachom- frantheit. (Schweiz). Diphtherieverdähtiges Material. (Deuisch - Ostafrika). Seeschiffe. (Columbien). Ausfahz- kranke. Gang ter Thierseuhen in- Ungarn, 3. Vierteljahr. Desgl. in Italien, 28. Juni bis 29. September. Zeitroeilige Mafß- regeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Neg.-Bez. Bromberg, Oesterreich, Schweiz, Niederlande). Vermischt:s8. (Sachsen) Fleischverbrauch, 1835/94. (Oesterreih. Wien). Impfstoffgewinnungs- Anstalt, 1895. (Columbien). Aussayß. 1894/96. Geschenkliste. Wochen- tabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung.

Nr. 47 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, heraus- gegen im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 21, November at folgenden Inhalt: Amtliches: Dienst - Nahrichten. Nicht- amtliches: Die Wohnun des russischen Kaiserpaares im Landeshause in Breslau. Die Berliner Gewerbe-Ausstellung. X1V. Der hydrographishe Dienst in Oesterreih. Ueber Erddruck und Stüt- mauern. Vermischtes: Preisbewerbung um den Neubau eines Rath- hauses in Linden. Wettbewerb für den Rathhausbau in Leipzig. Pretisausschreiben für ein Konzert- und Restaurationslokal in Iserlohn. Wettbewerb für den Neubau einer Synagoge in Chemni. Preisbewerbung der Deutschen Landwirthschafts-Gesellshaft um Entwürfe zu einem Diemenshuppen. Auéstellung neuzeitlicher Plakate und Plakatentwürfe im Berliner Kunstgewerbe-Museum. Bücherschau. Neue Patente.

Kunst und Wissenschaft.

In Hanau hat sich ein Ausschuß, bestehend aus dem Ober- Bürgermeister, den Vorstehern des Gemeinde-Aueschusses, sowie anderen hervorragenden Bürgern dec Stadt, gebildet, welcher fol- genden Aufruf zur Gründung cines Grimm - Museums in Hanau erläßt: „Das National - Denkmal der Brüder Grimm ziert nunmehr unsere Stadt. Den beiden Männern, deren Lebensarbeit dem gesammten deutschen Volke zu gute kommt, hat dieses einen Theil des Dankes abtragen wollen, indem es ihnen ein würdiges Standbild errichtete, und vor anderen Städten, die hierbei aud in Betracht kommen konnten, is Hanau, ihre Vaterstadt, der Ehre gewürdigt worden, Besitßerin und Hüterin des Denkmals zu sein. Wenn damit Hanau als Mittelpunkt der Verehrung, die dem Brüderpaar entgegengebracht wird, auserkoren ist, so dürfen wir hieran noch eine andere Hoffnung knüpfen. Weit verstreut in Vieler Hände giebt es Erinnerungszeihen mannigfacher Art, die auf die Brüder, ihr Leben, ihre Persönlichkeit, ihze Arbeit und deren Erfolge Bezug haben: Briefe, Abbildungen von thnen oder ihren An- gehörigen, Handschriften, Tagebücher, die zusammen mit allem, was die beiden selbs an Schriften veröffentliht baben, an der Stätte, wo thr Erzbild auf uns riedershaut, zu einer Sammlung vereinigt, erst cin vollständiges Grimm - „Denkmal“ bilden würden; in einem Grimm-Museum dieses zu schaffen, ist unsere Absicht. An unsere Mitbürger, die zu dem Standbild so freudig und reichlih beigesteuert haben, wenden wir uns daher mit der Bitte, uns die Beschaffung geeigneter Näumlichkeiten zu einem Grimm - Museum und die Er- haltung eines folhen dur Geldsperden zu ermöglichen. Die Verehrer des Brüderpaares im ganzen deutschen Volke aber bitten rir: alles, was an Ctianetungneiden jeder Art, die auf die Brüder Bezug haben oder von ihnen herrühren, fh in Privatbesit befindet, dem zu bildenden Grimm- Museum in Hanau zur Verfügung zu stellen. Nichts würde dem Geiste und dem Wesen des Brüderpaares mehr entsprechen, als ein Unternehmen, das breiten Schichten des Volkes nützen und der wissenschaftlihen Forshung eine Fundgrube bieten würde. Schon hat Herr Geheimer Rath, Professor Dr. Hermann Grimm, Wilhelm Grimm's Sohn, eine Kapitalstiftung und eine Anzahl von Grimm-Erinnerungen in“ sichere Aussicht gestellt: ein Anerbieten, dem díe erste Anregung zur Gründung eines Grimm:-Museums zu danken is. Wir hoffen unsere Mitbürger und alle die zahllosen Verehrer des Brüderpaares nicht ver- geblich anzusprehen zur freundlihea Förderung eines Unternehmens, das unserer Baterstadt zur Ehre gereichen, das unsern Mitbürgern und ebenso weiten Kreisen in unserem Vaterlande zu gute kommen wird.“ Sendungen von Büchern, Handschriften und sonstigen Grimm.-Erinnerungen werden erbeten an den Vorsitßenden des ge- \häftsführenden Ausschusses, Ober-Bürgermeister Dr. Gebeschus zu Vanau.

Literatur.

In „Meyer?’s Klassiker-B ibliothek Verlag tes Bibliographischen JFnstituts in Leipzig und Wien), die fih aus guten Gründen einer stetig zunehmenden Beliebtheit erfreut, ist wiederutn eine neue Ausgabe erschienen, welche sih an die in den leßten Jahren ver- öffentlihten würdig anschließt. Dem vor einer Reihe von Jahren auf- gestellten Programm entsprahhen einige der älteren Augaben nicht mehr, so z. B. diejenige von E T. A. Hoffmann's Werken, und so hat es denn die Verlagshandlung unternommen, diefe älteren Editionen durch neue zu erseßen. Es mag vielleicht fraglich erscheinen, ob Ern Theodor Amadeus Hoffmann wirkli zu den Klassikern der deutschen Literatur gehöre und eine forgfältige neue Ausgabe, wie die vorliegende, verdiene. Indessen der Begriff „Klassiker“ follte nicht zu eng gefaßt werden: als klassish dürften die Leistungen aller derjenigen Dichter zu betrachten sein, werden, welche Werke von einer ausgesprochenen Eigenart geschaffen haben. Zu diesen Schriftstellern gehört ohne allen Zweifel auch Hoffmann. Dazu kommt, daß er nicht allein auf scine Zeitgenossen eine ganz außerordentliche Wirkung auêgeübt, sondern au die deutlihsten Spuren in der Geschichte niht nur der deutschen, sondern insbesondere der französishen Literatur hinterlassen hat. Hoffmann is jenseits der Vogesen einer der beliebtesten deutshen Autoren, und namentlich in der Gegenwart kann man dort zah}reiche literarishe Bestrebungen erkennen, die mit den- jenigen Hoffmann?s in inniger Verwandtschaft stehen. Die sonach wohl motivierte neue Ausgabe der ungemein fesselnden Werke dieses geistvollen Erzählers ist nah den bewährten Prinzipien der Meyer- hen Klassiker-Bibliothek von einem jüngeren Gelehrten, Dr. Victor Schweizer, mit Fleiß und Geschick hergestellt und enthält, wie in den Anmerkungen, so vor allem in den Einleitungen viel Neues, was die charafteristishe Persönlichkeit Hoffmann's in eigenartige Beleuchtung rückt. Namentlich ist die gedankenreihe biographishe Einleitung in dieser Hinsicht hervorzuheben. Der Preis für die auf drei Bände er- weiterte neue Ausgate von Hoffmann's Werken beträgt 6 A Auts- stattung und Einband sind ebenso gediegen und elegant, wie bei den bisher ershienenen Ausgaben.

Handel und Gewerbe.

Mit Nücksicht auf die in diesen Tagen zwischen Deutsch- land und Frankreich erfolgte, von uns bereits gemeldete Ver- ständigung wegen Tunis wird die deutsche Einfuhr daselbst, welche seit dem 16. v. M. dem an diesem Tage in Kraft ge- tretenen neuen tunesishen Generalzolltarif unterworfen war, nunmehr gleihbercchtigt mit der Einfuhr der übrigen Vertrags- länder behandelt. Hiernach unterliegt die deutshe Einfuhr in Tunis, da für die Vertragsländer dort vorläufig noch der frühere tunesishe Zolltarif Anwendung findet, bis auf weiteres wiederum den gleichen Zöllen wie vor dem 16. Oktober.

Theater und Musik.

Schiller-Theatrer. 4

Anzengruber?’s Volkéstuck „Der Pfarrer von Kir- feld“ ging in einer wohlgelungenea Aufführung am Donnerstag in Scene. Die Titelrolle spielte Herr Winterstein, dessen künst- lerishes Wesen {on früher darauf schließen ließ, daß ihm diese Nolle ganz besonders zusagen müßte, und er hat die auf ihn geseßten Er- wartungen völlig erfüllt. Freilih is es kein leihtes Unterfangen, Herrn Sommerstorff, der mit seiner gereiften künstlerischen Auf- fossung geradezu das Ideal dieser Gestalt geschaffen hat, die Nolle nachzuspielen; aber Herr Winterstein ging feine eigenen Wege, und was er bot, war durchaus annehmbar. Er wird bei walsender Vertrautheit mit der Aufgabe seine Leistung noh mehr abrunden und vertiefen können. Herr Pategg, der außerdem das Stück prächtig insceniert hatte, war als Darsteller des Wurzelsepp von packender Echtheit in der Erscheinung und in der Meisterung des Dialekts; seine Verkörperung des verkommenen Gesellen, den der Pfarrer durch die Macht christliher Nächstenliebe wieder auf den fad der Pl zurückführt, war vollkommen einwand- frei. Eine köstlihe Charge bot Fräulein Detshy als Haus-

häâlterin Brigitte. Fräulein Reisner \sprah die Rolle der Anna Birkmeier zwar mit Wärme und Verständniß, entsprah aber äußerlich weniger dem Bilte, das man sich von diesem gemüthvollen Bauern- mädchen maht. Herr Voigt beherrshte als Michel Berndorfer zwar den Dialekt, war aber darstellerisch etwas steif und unbeholfen. Unter den übrige-n Mitwirkenden sind die Herren Pauly, Dahlen, Walden und Funk, sowie Frau Werner mit Anerkennung zu nennen. Das Publikum folgte mit Ernst den ergreifenden Vorgängen auf der Bühne und dankte den Darstellern durch lebhaften Beifall.

Konzerte.

Im Saal Bechstein füllte Fräulein Käthe Hüttig am Dienstag allein den Abend mit Klaviervorträgen aus. Diese junge Dame be- sigt ein sehr beachtenswerthes T1lent. Ihr klares, reines Spiel, das jeut noch nah Fleiß und Erlerntem klingt, wird sih gewiß mehr vertiefen, und dann wird sie vielleicht bei größerer innerer Freiheit sogar Bedeutendes leisten Jede einzelne Programmnummer erforderte tehnische Fertigkeit, so Bach's Orgelfuge in H-moll, von Liszt für Klavier übertragen, Chovin's H-moll-Sonate u. #. w. Recht originell waren die Variationen von Paderewski mit ihren brillanten glis8ando- Stellen, die dem Virtuosenthum viel Gele, enheit zur Glanzentfaltung geben. Das hier bereits wohlbekannte Künstlerpaar Rudolf Gmür (Bariton) und Amélie Gmür-Harloff (Sopran) gab am Dienstag im Saale der Sing-Akademie ein Konzert, welches beide mit den Duetten „Frühlingslied“ von Lassen und „Trennung“ von Henschel eröffneten. Die Sängerin trug hierauf vier Lieder von Schumann, Schubert, H. Sommer und Chopin-Viardot vor, in denen sie thre umfangreide, flangvolle Stimme und ihre anmuthige Art des Vortrags zur Geltung brachte, und sowohl Reinheit der Intonation wie Deutlichkeit der Aussprache erkennen ließ; in dem hübschen fran- zösischen Liede „Villanelle" zeigte sie au eine erfreulichße Begabung für Koloraturen und Triller. Dem Baritonisten gelangen 4 aller Anerkennung einer gewissen dramatischen Lebendigkeit des Vor- trags doh die ernsteren Gesänge niht so gut wie die heiteren von Ansorge: „Geheimniß“ und „Schenk ein“. Beide Vortragenden erfreuten, durch den gespendeten Beifall dazu bes- wogen, noch durch einige Wiederholungen und Zugaben.

Am Bußtage war das Königlihe Opernhaus in einen Konzertsaal verwandelt, und die gebutene Musik entsprach durhaus dem Ernst des Tages. Als Einleitung bot die Königliche Kapelle das stimmungsvolle Vorspiel zum „Parsifal*“ von Wagner, von Herrn Kapellmeister Weingartner dirigiert und feinsinnt \hattiert, wenn sih vielleiht auch der Einwa2nd machen ließ, daß das Tempo etwas zu langsa:n genommen wurde. Hierauf trug Herr Professor Barth Schumann's Klapierkonzert edel und klar vor ; sein durhsichtiges, verständnißvolles Spiel gab die träumerishe Nomantik der Schumann'’sh-n Muse mit s{önem Gelingen wieder. Das Hauptwerk - des Abends aber war das vom Königlichen Opernchor gesungene „Deutsche Requiem“ von Brahms, das so deutsch, so voll Janigkeit und zugleih herber Schönheit ift, daß es lieber ,Deutshe Todten- messe“ heißen sollte. Zu herrlichen Bibelworten, die den Sinn der einzelnen Sätze des lateinischen Requiems in sich tragen, hat Brahms eine wunderbar stimmungévolle Musik zu finden gewußt. Hier hat sein Herz wohl mit geschaffen, denn er foll das Werk nah dem Tode der eigenen Mutter komponiert haber. Der zweite Chor „Denn alles Fleisch i wie Gras“, den der Opern- chor \{ön deklamierend sang, is von großer Wirkung; die Aus- sprache des Chores war hierbei, wie in allen Säßen, klar verständlich. Die Aufstellung der Sänger, die, durch einen weiten Raum von eins ander getrennt, das Orchester zwischen sih hatten, würde in anderen Sâlen gewiß dem Gefamnitklange des Chores nicht günstig sein, erwies sh aber als den afustishen Verhältnissen des Opernhauses angemessen. Der Wechselgesang zwishen dem Baritonsolo, das Herr Bey mit seiner wohltönenden Stimme edel ausführte, und dem Chor „Herr, lehre do mich“ ift von erhabener Schönheit, ebenso der Saßz „Jhr habt nun Traurigkeit“, in dem Frau Gradl's heller, hoher Sopran über dem begleitenden Chore schwebte. Eigenartig malt die Begleis tung der Instrumente das Wandernde, Unruhige zu den Worten „Denn wir haben bier keine bleibende Statt“, und nach dem Weltgericht erkÉlingt als Schluß der fugenartige Gesang der Aeltesten am gläsernen Meere vor Gott und dem Lamm, bis mit einer anderen Stelle der Offenbarung Johannis, „Selig sind die Todten“, das ganze Werk zu seinem mild versöhnlichen Ende geführt wird. Chor und Kapelle leisteten ihr Bestes, Herrn Weingartner's Auffassung war eine tief durchdachte; eswird interessant sein, zu beobachten, in wie weit sie von ders jenigen des Herrn Prof. Blumner abweicht, welcer dieselbe Komposition mit dem Chor der Sing-Akademie am Todtenfestsonntag aufführen wird. Im Saal Bechstein fand, ebenfalls am Bußtage, cin geistlihes Konzert der Frau Welda Mun scheid statt, in welchem die hier bereits wohlbekannte Sängerin Händel’'s Arie „Er weidet seine Herde“, zwei geistliche Lieder von Bach: „Liebster Gott, wann werd? ich sterben?“ und „Kein Stündlein geht dahin“, ein Lied von A. Becker „Zu Bethlehem geboren“ und Bach's Kantate „Mein gläu- biges Herze“ vortrug. Ihre zwar niht mehr frishe, aber woblge- shulte Mezzosopranstimme kam in diejen Gesängen trefflih zur Gel- tung, wobei die orgelartige Begleitung eines guten Harmoniums, tas Herr Paul Ertel auch in zwei Solovorträgen erklingen ließ, die ernste Feier des Tages in würdiger Weise zum Auëdruck brachte. Außerdem unterstüßte Herr Felix Gutdeutsch d2s Konzert dur den wohlgelungenen Vortrag etniger passenden Violinstücke von Mendelssohn, Beethoven und Spohr, die gleich den andern Vor- trägen von dem nicht besonters zahlreih erschienenen Publikum mit verdientem Beifall aufgenommen wurden.

Der Violinvirtuos Max Lewinger, der, im Wiener Konser- vatorium ausgebildet, durch seine Kunstreisen bereits vortheilhaft be- fannt ift und vor drei Jahren au hier sih {hon hören licß, vab am Donnerstag im Saal Bechstein ein Konzert, das er mit dem beliebten D-mol1. Konzert von Wieniawski eröffnete. In der Ausführung dieses Werkes, in kleineren Stücken von Bach, Svendsen und E:nst, sowie in einer eigenen Polonaise bewies er eine ungewöhnliche Beherrschun aller tehnishen Scwierigkeiten und eine sehr interessante, tie empfindende Vortragsweise. Lauter Beifall folgte allen seinen Leistungen. In der Sing - Akademie gab am gleichen Tage die noch sehr jugendliche Pianistin Augusta Cottlow mit dem vom Professor Mannstaedt geleitete: Philharmonishen Orchest-rx ihr erstes cigenes Konzert, welches ct zahlrei besucht war. Hatte sich die begabte Künstlerin auch in tem Konzert von Shumana (A-mol11) eine etwas zu {were Aufgabe gestellt, da ibr hierzu noch die Kraft des An!‘chlags fehlt’, so war sie doch dem Chopin’shen E-moll- Konzert vollständig gewachsen. Sie spielte es mit sicherer Technik und geschmackvoller Vortragsweise und erntete dafür lebhaften Beifall. Außerdem trug das Orchester die . Hebriden-Ouvertüre“ von Mendels- sohn und die symphonishe Dichtung „Le rouet d’Omphale“ von Saint-Saëns in bekannter anerkennenéweither Weise vor.

Amn gestrigen Freitag gab Fräulcin Emmy Pehl, eine noch jugendlihz, aus der Schule der Frau Mallinger hervorgegangene Sängerin, im Saal Bechstein ihr erstes eigenes Konzert. Erschien die Mezzosopranslimme anfänglich noch wenig ausgiebig, so trat im Laufe des Abends die Schönheit und Klangfülle derselben immer mehr hervor. Reinheit der Intonation und Deutlichkeit der Auésprache waren in hohem Maße befriedigend, auch war die Vortragsweise besonders in ernsten Gesäägen zua loben. Nah Schubert's „Wegweiser“ und „Im Herbst“ von Franz ersholl lebhafter Beifall und Hervorruf, wodur sich die Künstlerin zu einigen Zugaben bewegen ließ. Die Pianistin Martha Sauvan, welche das Konzert unterstüyte, ließ in Piòcen von Beethoven, Schumann, Chopin, Liszt und Anderen zwar cine bereits weit entwidelte technishe Fertigkeit erkennen, doh war die Sonate

op. 110 von Beethoven noch eine zu shwierige Aufgabe für sie, während die 4

folgenden anderen Stücke eine günstigere Aufnahme fanden. An deut- selben Ubend ließ sih die Violin-Virtuosin Fräulein Sophie Jaffs aus Par:s im Konzertsaal, Potödamersiraße 9, zum ersten Mal hier selbst hören. Mit fast männliher Kraft des Tons und technischer Sicherheit spielte sie das aus dra Säyen bestehende, \chwierige D-moll- Konzert von Vieuxtemps, das Nocturne von Chopin- Wilhelmy, das Chaconne von Bach und neuere Stüdcke v

Wieniawski, in denen sie bewies, daß sie au Zartheit in ihren Vor-"