1896 / 287 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Dec 1896 18:00:01 GMT) scan diff

M e: Marie von Mecklenburg- ur R Adolf zu Schaumburg-Lippe, Regent des B enthums Lippe, Seine Hoheit der Herzog Friedrich Wilhelm zu Mecklenburg, der D und die Prinzessin org von Schönburg-Waldenburg, der Graf Leopold für zippe-Biesterfeld, der Prinz Heinrih von Schön- urg-Waldenburg, der Prinz Hans zu Schönaich- Carolath; in Vertretung Seiner Durchlauht des ürsten von Schwarzburg- Sondershausen: der uptmann von Hartmann; in Vertretung T Hoheiten des Lens und der Herzogin von Sachsen-Altenburg: der Kammerherr von Buchwald; in Vertretung Seiner Durc- laucht des Fürsten Reuß j. L.: der S und Kammerherr Freiherr von Meysenburg; in Vertretung Seiner b Hoheit des Herzogs von Cumberland: Haus- Marschall und Kammerherr von Klenck und in Vertretung Seiner Durchlaucht des Fürsten zu Shaumburg- Lippe: der Kammerherr Freiherr von Meysenburg. Die Trauerrede hielt der Superintendent D. Trautvetter. Mittags fand im Fürst- lichen Schlosse Hoftafel statt, zu welcher die Theilnehmer an den Trauerfeierlichkeiten geladen waren.

Oesterreich-Ungarn.

Der Herzog von Oporto ist in Wien eingetroffen und gestern Mittag von dem Kaiser empfangen worden. Das öfterreicis ch e Abgeordnetenhaus nahm Gern sämmtliche Paragraphen der Vorlage, betreffend die ehälter der Professoren an den Hochschulen, an mit einem Zusayantrage zu § 12 Verstaat- lichung der RKollegiengelder —, wonach über die Be- freun von den Kollegiengeldern auch - künftig das Pro- essoren-Kollegium entscheiden soll. Ein Antrag auf Rück- verweisung an die Kommission wurde mit 155 gegen 78 Stimmen abgelehnt. Die Vorlage is damit in zweiter ung erledigt. Bei der dann folgenden Verhandlung über die Regierungsvorlage, betreffend die Errichtung des Czartoryski’ schen Fideikommisses, führte der Minister ohne Portefeuille Dr. Rittner aus: ganz Galizien sehe der Entscheidung mit großem Jnteresse und einem ge- wissem Bangen entgegen. Es handele sich darum, eine roßartige kulturelle Stiftung in den Dienst der Allgemein- hei zu stellen und für alle Folgezeiten zu sichern. Das Haus omme nicht oft in die Lage, ohne Opfer für die Gesammtheit ein so gemeinnügziges Werk schaffen zu heißen und einen Wunsch zu erfüllen, ohne anderen Nationen wehe zu thun. Die Ablehnung der Vorlage würde niemand zu Liebe, aber der ganzen Nation zu Leide Lane Der Minister empfahl schließlidh die Annahme der Vorlage. Gegen Ende der Sizung kam es zu einer lärmenden Scene, da die Linke wegen der bereits ahtstündigen Dauer der Sißung den Schluß derselben verlangte, was das Haus ablehnte. Der gewählte Generalredner gegen die Vorlage Polak wurde von stürmischen Schlußrufen unterbrohen und verzihtete auf das Wort, worauf das Haus einstimmig den Schluß der Sißung an- nahm. Die Berathung wird heute fortgeseßt werden.

Im ungarischen Unterhause brachte gestern der Abg. Polonyi folgende Jnterpellation ein: „Warum enthielt die Thronrede anläßlih der Eröffnung des Reichstages nicht einen Passus über die auswärtige Lage? Hat der Minister- Präsident von dem deutsch-rusfishen, bis 1890 bestandenen Vertrage Kenntniß? Liegen Anzeichen vor, welche auf eine Störung des Friedens {ließen lassen? Wurde obiger Vertrag dem ungarishen Auswärtigen Amte mitgetheilt und wann? Kennt die ungarische Regierung den Jnhalt des Ver- trag3, und ist sie geneigt, denselben dem Hause zu unter- breiten? Erachtet die Regierung diesen Vertrag mit Rücksicht auf das iden Oesterreih-Ungarn und Deutschland be- stehende Bündniß für erlaubt? Hat die Regierung die Beruhigung gewonnen, daß Deutshland seit 1890 niht wieder einen solchen Vertrag mit Rußland ab- eshlossen pet Der Abg. Kossuth fragte an, ob es wahr ei, daß die ungarishe Regierung das Zoll- und Handels- bündniß mit Desterreih gekündigt und warum sie vor der Kündigung Verhandlungen begonnen habe. Der Minister- en Baron Banffy erklärte unter dem lebhaften Bei- all der Rechten: Er behalte sih eine eingehende sach- lihe Beantwortung der on des Abg. Polonyi für später vor. Er wolle jeßt nur feststellen, daß die Spiße der Ausführungen des Abgeordneten sich gegen den Dreibund rihte. Was die Thronrede betreffe, so sei die Regierung für dieselbe verantwortlih; sie übernehme auch dieje Verantwortung; daß in der Thronrede der gewohnte Sah über die äußere Lage fehle, sei ohne jcde Absicht der Re- siexung geschehen. Sie habe es nicht für nothwendig erachtet, zu wiederholen, was vor einigen Wochen in der Thronrede

elegentlih des Schlusses des R gesagt worden sei, da eit dem 6. Oktober bis zum heutigen Tage die Lage sih nicht verändert habe. Was die Enthüllungen der „Hamburger Nach- richten“ betreffe, so hätten sie die auswärtigen imi 9 Ungarns nicht geändert; sie hätten eben nur eine historishe Bedeutung. Auf die Politik des heutigen Tages hätten sie keinen Einfluß. Die Regierung habe auch nicht die Absicht gehabt, eine Besprechung der auswärtigen Lage Dirt alten: denn, wie das Beispiel beweise, könne die auswärtige Lage auh ohne Erwähnung in der Thronrede im Hause besprochen werden. Das Gese stelle genau den Einfluß Ungarns und seiner mt de auf die Leitung der aus- wärtigen Angelegenheiten fest. Die r seit 1867 habe das Maß und die Art und Weise der Ausübung festgestellt, und die Regierung sei durhaus niht Willens, daran etwas

zu ändern. Frankreich.

Die Armee-Kommission der Deputirtenkammer hält, wie „W. T. B.“ berichtet, im Gegensaß zu der Ansicht der Regierung daran fest, daß die Kolonial-Armee dem Kriegs- Ministerium unterstellt bleibe.

Jtalien, Der - König von Serbien nahm gestern, wie „W. T. B.“ aus Rom meldet, an dem Familliendiner bei bem König von Italien theil. Bei dem dsterreichisch- ungarischen Botschafter Freiherrn von Pasetti fand Abends zu Ehren des Königs von Serbien ein enver Empfang statt. Am Nachmittag hatte der Kardinal-Staatssekretär Rampolla dem König im Hotel „Zum Quirinal“ einen Besuch abgestattet, welcher dreiviertel Stunden währte.

P E Ao eain,

mbriani-Agnini, in 8 Tagen über das Aufgeben thräas zu berathen, mit 148 gegen 26 Stimmen, bei 53 Stimmenthaltungen, ab. Vor der Abstimmung hatte der frühere Minister des Auswärtigen Herzog von Sermoneta erklärt, er werde für die Regierung stimmen, behalte sih aber vor, im geeigneten Augenblick einen Antrag, betreffend das Aufgeben der afrikanischen Kolonie, zu stellen. Die Kammer seßte sodann den 7. Dezember für die Entgegennahme des Finanzexposés fest und berieth hierauf über den Staatsvertrag, reten die Simplon-Bahn. er in der Kammer vertheilte Motivenbericht zu den E Jtalien und Tunis vereinbarten Konventionen esagt: die Verhandlungen mit Frankreih bezweckten, mittels der neuen Vereinbarungen alle Jnteressen Jtaliens in der Regentschaft zu erhalten und zu beshüßen, und wenn diese Verhandlungen gelängen, ein geeignetes Gebiet für das Werk der Versöhnung in den Beziehungen Ztaliens zu Frankreich, den Wünschen des Landes gemäß, vorzubereiten.

Numänien.

Das Ministerium hat seine Entlassung eingereicht. Dem „W. T. B.“ zufolge ist der Präsident der Deputirten- kammer Aurelian mit der Neubildung des Ministeriums, dessen Mitglieder wieder der liberalen Partei entnommen werden, betraut worden.

Bulgarien.

Wie die „Agence balcanique“ feststellt, hat aus Anlaß der lezten Wahlen keinerlei stärkeres Polizeiaufgebot oder Verlegung von Truppen stattgefunden. Es sei dur mehrere diplomatische Vertreter als Augenzeugen festgestellt worden, daß die Volks- menge in Sofia von den Führern der Opposition gegen die Polizei geheßt worden sei. Die „Agence balcanique“ stellt ferner fest, daß von der r ny niemand getödtet oder verwundet wurde. Der Rücktritt des Kriegs-Ministers Petrow sei seit langem eine fcststehende Thatsahe gewesen und nur die formelle Lösung verzögert worden. Netrow habe nie Ge- legenheit gehabt, sih als entschiedener Gegner der Zurük- berufung der ins Ausland ee Offiziere zu zeigen, da eine solhe Frage niemals bestanden habe.

Asien.

Aus Manila wird berichtet, die Aufständischen seien bei Morong von den Spaniern geshlagen worden und hätten etwa 70 Todte verloren. Der Prozeß gegen 60 Hauptanführer der Erhebung sei zu Ende geführt. Das Urtheil werde unmittèlbar erwartet.

Afrika.

Das Appellationsgeriht in Alexandrien hat gestern die egyptishe Regierung verurtheilt, die für die Dongola-Expedition gewährten 500 000 Pfund nebst Zinsen zurückzuzahlen und alle Prozeßkosten zu tragen, außer den- jenigen der ersten Jnstanz, welhe den Kommissaren Englands, Deutschlands, Oesterreihs und Jtaliens auferlegt werden. Im Gegensaß zu dem Beschlusse der ersten Jnstanz sind der französishe und der russishe Kommissar niht mit der Vollziehung des Urtheils zu betrauen. Das Appellations- gericht erklärt, der Gerichtshof in Kairo sei zuständig gewesen, denn keine Gruppe der Bondsinhaber habe einen locus standi. Dagegen habe jedes Mitglied der Schuldenkasse einen Rechisanspruch gegen die anderen Mitglieder und gegen die Regierung, sobald es eine Bestimmung als verleßt erachte. Zur Entnahme von Geldern aus dem Reservefonds sei Ein- stimmigkeit der Kommijsion erforderlich.

Dem „Reuter’shen Bureau“ wird aus Sansibar ge- meldet: der italienishe General-Konsul in Sansibar Cecchi, die Kapitäne der italieaishen Kriegsschiffe „Volturn o“ und „Staffetta“, sowie ctwa 6 Offiziere scien dur Somalis in Mogdishu getödtet und 100 Mann verwundet worden.

Dem italienishen Ministerium des Auswärtigen ist heute Vormittag folgende Depesche vom italienishen Kon- sulat in Sansibar zugegangen: Der Konsul Cecchi hatte sich an Bord des „Volturno“ nah Mogdischu (Mogadorxo) begeben, um eine Karawane zur Erforschung des Ufers des Flusses Webi - Schebehli zusammenzustellen. Am 25. November, Nachmittags 3_ Uhr, trat Cecchi in Begleitung des Kommandanten der „Staffetta“ Maffei und des Kommandanten des „Volturno“ Mongiardini, des Zolldirektors, sowie mit 7 Offizieren und 6 Unteroffizieren und Soldaten die Reise an. Die Karawane war von 70 bewaffneten Askaris begleitet. Sämmtlihe Weiße waren mit Pferden versehen. Nach fünfstündigem Marsche übernachtete die Karawane in Sofoli, etwa 20 km von Mogdischu entfernt. Hier wurde das Lager gegen 1 Uhr Nachts unver- muthet von nomadisierenden Somalis angegriffen, welche 6 Askaris tödteten. Die Wachtposten der Karawane schlugen den Angriff zurück, wobei sie mehrere Somalis nieder- machten. Nach Tagesanbruh wandte sich der Zug nah Mogdischu zurück, wobei derselbe ein Feuer auf die Somalis Ls die sih in sehr großer Zahl wieder eingestellt hatten und sih feindselig auf den Weg drängten. Die Ftaliener vertheidigten sih weiter auf das tapferste, bis sie \hließlich unterliegen mußten, da die Askaris zum theil gefallen, zum theil geflohen waren, und die Pferde von dem anstrengenden Marsch erschöpft und auh verwundet waren. Nur ein ver- wundeter Korporal und zwei Soldaten konnten sich relten ; 18 Askaris wurden niedergemacht, 17 derselben sind ver- wundet. Die ersien Nachrihten trafen am 26. No- vember, 101/94 Uhr Morgens, in Mogdishu ein. Der italienishe Kommissar ergriff} \{chleunigst alle Maßnahmen. Die Kriegsschiffe erhielten Befehl, 100 bewaffnete Matrosen an Land zu seßen, auch wurden- gleih alle verfügbaren Askaris zur Que ausgesandt. Es ergab sich aber, daß beim Eintreffen der ersten Nachrichten in Mogdischu an den Thatsachen nichts mehr zu ändern war. Die ausgeschiffte Kompagnie erkannte alle 14 Leichen wieder und kehrte Abends nah Mogdishu a Tags darauf, am 27. November, wurde eine durch Askaris verstärkte Kompagnie wiederum entsandt, welhe mit Kameelen und allem Nöthigen versehen war, um die Leichen zu bergen und zurückzubringen. Alsbald wurden auch viele den schuldigen Stämmen angehörige Somalis ergriffen und exemplarische T eübt. Die „Staffetta“ ist von

ogdischu nach Sansibar abgegangen; fie geht über Barawa und bringt den Befehl für den „Governolo“, in Merka zu ftationieren. Der „Volturao“ verbleibt in Mogdischu.

Die Deputirtenkammer lehnte gestern den Antrag

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sißung des Neics- tages befindet sih in der Ersten Builaze. s s

In der heutigen (139.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des ia Staats-Mitistes De: von Boetticher, der Staatssekretär des Reihs-Marineamts, Admiral Hollmann, der Staatssekretär des Reichs-Schaß- amts Dr. Graf von Posadowsky und der Kriegs-Minister, General-Lieutenant von Goßler beiwohnten, wurde die erste M8 des Reihshaushalts-Etats für 1897/98 fort- gesetzt.

Das Wort nahm zuerst der Abg. Liebknecht (Soz. ), dessen Rede bei Schluß des Blattes noch fortdauerte.

In der heutigen (7.) Sißung des Hauses der Abgeordneten gelangten vor Eintritt in die Tagesordnun ein Telegramm Seiner Majestät des Kaisers un Königs und ein Telegramm Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich von Preußen zur Ver- lesung. Das erstere lautet:

„Ich sprehe Ihnen für die Glückwünsche, die Sie an Mich

im Namen des Hauses der Abgeordneten aus Anlaß der

Geburt des zweiten Sohnes Meines Bruders, des Prinzen Heinrich

Wilhe Boh gerichtet haben, Meinen herzlichen Dank aus. Em B

Das zweite Telegramm lautet:

„Kiel, den 2. Dezember. Ih danke Ihnen und den Mit- gliedern des Hauses der Abgeordneten herzlich für die uns zur Geburt unseres zweiten Sohnes dargebrahten Glückwünsche. Heinrich, Prinz von Preußen.“

Mi der Tagesordnung stand zunächst die erste Berathung des Gesegentwurfs wegen Aenderung des Gesezes, betreffend die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen.

General-Direktor der direkten Steuern Burghart verleiht dem Bedauern des Finanz-Ministers Ausdruck, daß derselbe durch fort- dauerndes Uawohlsein verhindert ist, den Verhandlungen beizuwohnen, und führt dann etwa Folgendes aus: Die Vorige schließt ih direkt an das Reichëgesey an, welhes nah langen Ver- handlungen zu \tande gekommen is. Diejenigen, welhe ohne vorherige Beauftragung Bestellungen aufsuchen, sollen nach dem Reichsgeseß den Wandergewerbeschein führen, fie sollen nach der Vor- lage au der Wandergewerbesheinsteuer unterworfen werden. Eine fiskalishe Absicht liegt dem Gesey niht zu Grunde, denn die Aus- nahmen, welche der Bundes1ath gestattet hat, find sehr zahlrei, und jede ausdrücliche Aufforderung macht die Detailreisenden auch steuer- srei. Die Schreibereien, welhe den Behörden erwachsen, stehen außer Verhältniß zu der ecrwachsenden Einnahme, sodaß die Verwaltung dringend eine Vereinfahung wünscht. Die Mehrheit des Reichstages wollte die Auswüchse des Detailreisens beseitigen; sie bätte, wenn fie dazu kompetent gewesen wäre, auch steuerlihe Maßnahmen ergriffen. Jedenfalls seßte man aber voraus, daß die Landesgeseßgebung der Reichsgesezgebung folgen würde. Von diesem Standpunkt aus ist der Gesetßzentwur} zu betrachten.

Abg. von Eynern (nl.): Der Gesehentwurf erscheint sehr klein und ist lediglich eine Folge der Reichsgeseßgebung, an welcher ih keine Kritik üben will. Im Interesse des jeßhaften Gewerbebetriebes sollte das Detailreisen beschränkt werden. Der Bundesrath hat davon Ausnahmen zugelassen. Die Tragweite der Vorlage kann man nicht übersehen, und ich beantrage deshalb die Berathung der Vorlage in einer Kommission von 14 Mitgliedern.

General-Direktor der direkten Steuern Burghart: Die Be- triebe, für welhe der Wandergewerbeshein niht vorgeschrieben ift, unterliegen au nicht der Besteuerung. /

Abg. von Brockh ausen (kons.) erklärt sich für die Vorlage, welche lediglih eine Konsequenz der Reichsgesetgebung sei, eine Kom- missionsberathung hielten die Konservativen niht für nöthig, weil dadurch die definitive Annahme der Vorlage vor d-m 1. Januar verhindert werden könnte. Redner erinnert an einen Beschluß: des Hauses von 1893, der über eine Heranziehung des Wandergewerbes zur Kommunalbesteuerung gefaßt worden ist, und bittet um Auskunft Über die Ausführung desselben.

General-Direktor der direkten Steuern Burghart: Die Vor- bereitungen zur Ausführung des Beschlusses e E gemacht ; über das Ergebniß sollte man aber lieber meinen Herrn Chef befragen.

Abg. Richter (fr. Volk: p.): Die Frage ist niht so einfach; ein Steuergeseß darf man niht so kurz vor seinem Inkrafttreten einbringen, noch dazu ein solches mit so hohen Steuersäyen. Wenn die Gewerbetreibenden wegen der hohen Steuer das Detail- reisen aufgeben, dann hätten sie ihren Angestellten hon am 15. No- vember kündigen müssen. Die Bundesraths-Verordnung is erst Ende November erschienen und hat große Kreise überrascht, weil sie nit von dem Verbot des Detailreisens ausgenommen sind. Zu erwarten war allerdings ein solhes Gesey, aber eine unbedingte Kon- sequenz des Reichsgeseßes liegt niht vor. Es wäre nichts ver- loren, wenn das Geseß zu einem späteren Termin in Kraft träte. Man braucht die Scheine ja niht immer für das Kalenderjahr aus- zustellen. Da das Umberziehen \sih s{chließliÞch auf das ganze Reich ausdehnt, könnte man überlegen, ob die Wander - Gewerbe- steuer nit von NReichswegen geregelt werden könnte. Aber daruín kümmert \sich Preußen niht. Die Schneider, die Bestellungen aufsuchen unter Vorlegung von Proben, werden in threm Betriebe beeinträhtigt; die Kunden werden geradezu in die Magazine getrieben, und das nennt man eine handwerker- freundlihe Geseßgebung! Das preußishe Steuergeseß kennt Aus- nahmen von der Steuerpfliht, soweit der Gemeindebezirk und feine nächste Umgebung in Betracht kommt. Die darüber geltenden Bestim- mungen müssen aufs neue geprüft werden, au die Höhe der Steuersäge. Für die Verwaltungébehörden wird die Ausführung des Geseßes sehr shwer sein, weil es nicht leiht 1ein wird, zwishen einem steuer- pflichtigen und einem steuerfreien Detailreisenden zu unterscheiden.

Geheimer Finanz-Rath Dr. Strußz: Die Staatsregierung war niht in der Lage, die Vorlage früher einzubringen, ehe der Bundesrath seine Entschließungen gefaßt hatte; wir haben nicht einmal bis zur Veröffentlichung derselben gewartet, fondern sind vor- gegangen, sobald si deren Inhalt übersehen ließ. Und früher als mit der Eröffnung des Landtages konnten wir die Vorlage auch nicht machen. Dafür, daß die Gewerbetreibenden zur rechten Zeit in den Besiß ihres Wandergewerbescheines gelangen, wird die Verwal- tung sorgen, ebenso wie für den Erlaß von Ausführungsbestimmungen, welche den Steuersay dem Umfange des Betriebes anpassen. Preußen mußte mit dieser Aenderung vorangehen; übrigens haben einige Staaten, Elsaß-Lothringen und die beiden Mecklenburg, bereits Hausiersteuergeseße, welche über das preußische weit hinausgehen.

i Kirsch (Zentr.) hält eine Kommissionsberathung nicht für erforderli; dur dieselbe würde nur verhindert werden, daß die Vor- lage rechtzeitig fertig gestellt wird.

Abg. von Eynern (nl.) pflihtet den Ausführungen des Abg. Richter bei. Von der Meichégeseßgebung würden nur die großen Waarenhäuser einen Vortheil baben. Wenn die Kommissions- berathung abgelehnt werde, so müsse eine auëführlihe Erörterung im Hause stattfinden, die hoffentlih niht durch Schlußanträge verhindert werde. Die Gewerbeordnungs-Novelle enthalte große Unklarheiten ; dasselbe gelte auch von dem neuen Stempelsteuergesen. Deswegen müsse man vorsichtig sein.

Abg. Bröse (konf.) hält die vorgetragenen Bedenken nicht für durchschlagend; denn die Detailreisenden seien niht bloß auf die Be- stellungen der Privatleute angewiesen, sondern suhten wohl meist die Geschäfte auf. Redner verweist auf die Verhandlungen des Zentral- vereins deutscher Kaufleute, der sh für die Gewerbeordnuags-Novelle ausgesprochen habe.

“Abg. Dr. Kraus e (nL.): Bisher war es allgemeiner parlamen- tarischer TY wenn große Parteien eine Kommissionsberathung wünschen, eine solche \tatifinden zu lassen. Jh möchte deshalb bitten, eine Kommission einzusetzen. __ Der Anirag auf Kommissionsberathung wird indessen ab- gelehnt.

(Schluß des Blattes.)

Dem Herrenhause is der Entwurf eines Geseges, betreffend die Heranziehung der Fabriken u. s w. mit Vorausleistungen für den Wegebau in der Provinz Pommern, zugegangen.

Im Hause der Abgeordneten is von den Abgg. Oh CARAHIR und Genossen folgender Antrag eingebracht worden:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, nachstehendem Gesetzentwurf die Zustimmung zu ertheilen: ntwurf eines Gesetzes, betreffend die Verpflichtungen der bürgerlihen Gemeinden bezüglih der Bauten und Reparaturen von Kirchen-, Pfarr- und Küstergebäuden.

8 1.

Die auf dem märkishen Provinzialrecht, insbesondere der Visitations- und Konsistorial-Ordnung des Kurfürsten Johann Georg von 1573 (Mylius Band 1 Abtheilung T Seite 273) und der Flecken-, Dorf- und Ackerordnung vom 16. Dezember 1702, beruhenden Vertr flihtungen der bürgerlihen Gemeinden bezüglich der Bauten und Reparaturen von Kirchen-, Pfarr- und Küster- ebäuden werden aufgehoben. Die bezüglichen, zur Zeit bestehenden

ep Gauen der bürgerlihen Gemeinden gehen auf die Kirchen- gemeinden über.

Dieses Geseh tritt am in Kraft.

Bei der heute im 3. Breslauer Wahlbezirk (Groß- Wartenberg, Namslau, Dels) vorgenommenen Wahl zum Hause der Abgeordneten wurden insgesammt 221 Stimmen abgegeben; davon erhielten Major von Wil{lert zu Gießdorf (kons.) 212 und Landrath Willert zu Namslau (kons.) 6 Stimmen. Ersterer ist mithin gewählt.

K,

Nr. 49 der „Ver söffentlihungen des Katserl ihenGesund- heitsamts* vom 2. Dezember hat folgenden Inhalt: Gesundheits- stand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2c. Desgl. gegen Pest. Desgl. gegen Gelbfieber. Gesundheitswesen in P 1894. Geseyzgebung u. \. w. (Deutshes Reich.) Sublimatpastillen. (Preußen.) Hebammen-

rüfungen. (Provinz Sachsen.) Geheimmittel. (Reg.-Bez.

affel.) Anlagen zur Verarbeitung von Thierhaaren. (Sachsen- Altenburg.) Viehseuhen. (Hamburg.) Tuberkulose. (Desterreich.) Ssvaen. —- (Salzburg.) Todtenbeschaugebühren. (Schweiz.)

uberkulöse Thiere. (Großbritannien). Schweinefieber. Schweine- märkte. Gang der Thierseuhen in Dänemark, 3. Vierteljahr. Rinderpest in Afrika. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.-Bezirke Stade, Aachen, Schweiz, Frankre'ch, Kapland). Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften. (Großbritannien.) Ladenshluß. Vermischtes. (Schweiz.) Bericht der Fabrikinspek- toren, 1894/95. (Belgien.) Nahrungsmittelgesetz, 1893/94. (Dänema!1k.) Viehverluste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Kranken- häusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung.

Nr. 33 des „Eisenbahn-Verordnungsblatts*, heraus- egeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 1. Dezember, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend Ratifikation der zusäßlihen Vereinbarungen zum Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr feitens der Nieder- lande sowie Oesterreihs und Ungarns, vom 7. November 1896. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 12. November 1896, betreffend Aenderung der Mustersaßungen für Baukrankenkafsen ; vom 19. November 1896, betreffend Prüfung zum bautechnischen Eisenbahn-Sekretär; vom: 24. November 1896, betreffend Kranken- versiherungépfliht der weiblih-n Bediensteten; vom 24. November 1896, betreffend Verleihung von Auszeihnungen für Rettung aus Gefahr. Nachrichten.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg wurde gestern unter den nah Schluß der Ne- daktion eingegangenen Depeschen gemeldet, daß die ausständigen afen- und anderen Arbeiter in einer Versammlung beschlossen aben, das Schiedögericht unter den gestellten Bedingungen an- zunehmen und sich seinem Schiedsspruhe zu unterwerfen. Die Versammlung des Arbeitgeberverbandes von Hamburg- Altona, bestehend aus Delegirten der 12 Berufsverbände und Mitgliedern der gewerblihen und faufmännishen Unternehmen, lehnte dagegen, wie „W. T. B." meldet, die Einseßung eines Schiedsgerichts ams ab. Der Verband der Arbeitgeber begründet in einem Schreiben an den Senator Hachmann die Ablehnung der Vermittelung des Schiedsgerichts. Die Arbeiter- führer hätten im Vertrauen auf die Unterstüßung fremder, insbesondere englischer Arbeiter den Ausftand provoziert. Aber die Arbeiterführer, die in so frivoler Weise den Ausftand ges{hürt hätten, hätten fich in ihrer Hoffnung auf fremde R getäusdht. Nirgends, am wenigsten in England, werde ihrem Beispiel gefolgt. Auf pekuniäre Unter- stüßung sei niht zu rechnen, und die Kassen der Union seien leer. Inzwischen gehe die Arbeit im Hafen, allerdings mit Störungen, weiter, und es zögen immer mehr fremde Arbeiter zu, welhe gern zu den hamburgishen Lohnsägzen arbeiteten. Unter diesen Umständen sei für die Arbeitgeber die Durch- führung des Kampfes unbedingt geboten, nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch im Interesse der Arbeiter und des fozialen riedens überhaupt. Ein fauler Friede würde in kurzer Zeit zu neuen ämpfen führen, das hätten Belage Spra Es bewiesen. Zu einer eam Di Vermittelung sei die gegenwärtige Lage nicht angethan, e wäre vielleiht vor Ausbruch des Kampfes am Playe gewesen. Nachdem derselbe aber von den Arbeitern eröffnet sei und mit solher Rücksichtslosigkeit geführt werde, müsse er Gg werden. Zu einem \schiedsamtlihen Ausgleih eigne sich überhaupt nur ein Lohnstreit. Ein solcher liege aber hier niht vor, wie der ganze Hergang zeigé. Pier handele es sich um einen Machtstreit. Jett würde der Versuch einer schiedsamtlihen Vermittelung nur zur Ver- längerung des Kampfes führen können, unter welhem ganz be- sonders die zum großen Theil verführten oder in ihrer freien Entschließung behinderten Arbeiter leiden würden. Aus diefen Gründen müßten die Arbeitgeber bedauern, auf die shiedsamt- lihe Vermittelung nicht eingehen zu können, auch abgesehen davon, daß sie gegen die beabsichtigte Detepuug des Schiedsamts mit einem Vertreter der Arbeitgeber und vier Vertretern der Arbeiter entshiedenen Witerspruch würden erheben müssen. Wie der rol Ztg." berichtet wird, rief die Ablehnung des Schiedsgerichts dur

die Rheder große Erbitterung bei den Ausständigen hervor. Die Mittheilung des „Vorwärts“, daß die Hamburger Steinseger ihren Ausstand aufgehoben haben, war nit zutreffend.

In Bremen hat eine gestern Abend abgehaltene Versammlung der Ausständigen, wie ,W. T. B.“ meldet, den von der Lager- haus-Gesellshaft und der Lohnkomwission vor dem Einigungsamt des Gewerbegerihts vereinbarten Einigungsvorshlag nah dem Bericht der Kommission einstimmig angenommen.

In Wiesbaden haben, einer Mittheilung des „Vorwärts" zu- folge, die Zimmerleute den Meistern mittheilen lassen, baß sie vom nächsten Frühjahr ab zehnstündige Arbeitszeit und 40 Z Mindestlohn für die Stunde verlangen -und gesonnen sind, diese Forderungen nöthigenfalls im Wege des Ausstandes gen

In Weißenfels is nah demselben Blatte der Ausstand der

wider in der Schuhfabrik von Gebr. Schieck beendet, da die orderungen der Arbeiter zum größten Theil bewilligt worden sind. Vgl. Nr. 283 d. Bl.)

Hier in Berlin haben die S tricker der S trumpfwaaren- Fabrik von Nathan Guttfeld u. Comp. 16 an der Zahl die Arbeit wegen Lohnverkürzung niedergelegt.

Aus London meldet ,W. T. B.“: Der Ausf\tand der Werftarbeiter der Firma Gray u. Co. in West - Hartlepool ist durh gütlihen Ausgleih zwishen den Werftbesigern und der Arbeiterschaft beendigt.

Kunst und Wissenschaft.

Am Kurfürstlichen Sch{losse in Mainz sind, wie das „Centralblatt der Bauverwaltung“ mittheilt, Wiederherstellungs- arbeiten in Auësiht genommen, die vom Staate und der Stadt gemeinsam ausgeführt werden sollen. Zur Ueberwachung der Arbeiten wurde ein o gewählt, der aus folgenden Herren besteht : Ober-Baudirektor, Professor Dr. Durm in Karlsruhe, Geheimer Regierungs-Rath, Professor J. Raschdorf in Berlin, Professor Gabriel Seidl in München, Geheimer Baurath, Professor Dr. Wallot in Dresden, Professor Hauberrisser in München; ferner aus Mainz: Ober-Bürgermeister Dr. Gaßner, Geheimer Baurath Kreyßig, Dom- Kapitular Dr. Friedrih Schneider, Architekt Opfermann, Architekt W. Usinger und Bauunternehmer F. J. Usinger.

Land- und Forstwirthschaft.

Reisernte Italiens im Jahre 1896.

Amtlichen Shäßungen zufolge stellt sih das dieéjährige Ergebniß der Neisernte in Jtalien auf 3 726 749 h1 gegen 5 993 671 im Vor- g Mui die verschiedenen Regionen vertheilen sih diese Zahlen, wte folgt:

Landwirthschaftliche Ernte 1896

Regionen

j Ernte im Sahre 1895 in %0 zur Ernte

hl von 1895

2340 635 65 2 808 259 56 464 652 77 Ligurien Emilien

345 766 63 |

Marken und Umbrien j

|

|

l

|

|

hl

1530810 1 578 862 3958 443 219 081

9 362

Dios ont ombardei Venetien

Toskana 8 285 113 Sm A s Adriatishe Südregion Mittelländische , 780 80 Sizilien 25 294 T7 Sardinien —- Das ganze Königreich

624 99 567

5 993 671 62 3 726 749.

Handel und Gewerbe.

Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank wurden im Monat November d. J. 1 818 424300 # abgerechnet gegen 2074 328 000 6 im YOftober 1896, 1773 268 400 6 im November 1895, 1 616 005 600 # in 1894, 1 506 688 200 M n “uts 1 326 973 600 M in 1892 und 1 418 035 300 4 in

Die Wothenübersiht der Reichsbank vom 30. November 1896 weist bei einem gesammten Kassenbestande von 889 125 000 (1895 937 223 000) A der Vorwoche gegenüber eine Abnahme von 14 393 000 (1895 Abnahme 14514000) #; der Metallbestand 857 673 000 (1895 902 931 000) A allein bat sich um 11 240 000 (1895 um 16 671 000) vermindert. Der Bestand an Wechseln von 684 539 000 (1895 675 548 000) A hat sich um 20 821 000 (1895 um 11 000 000) M vermehrt, und der Bestand an Lombardforderungen von 110158000 (1895 90 929 000) M ist um 9764 000 (1895 um 11 309 000) A angewadsen; auf diesen beiden Anlagekonten zusammen if also ein Zugang von 30 585 000 (1895 von 22 309 000) eingetreten. Auf passiver Seite erscheint der Betrag der umlaufenden Noten mit 1065 453 000 (1895 1148 755 000) „a um 12941 000 (1895 um 31 147 000) A höher als in der Vorwoche; auch die sonstigen täglich fälligen Verbindlich- keiten (Giroguthaben) zeigen mit 501 9:0 000 (1895 448 680 000) 4 eine Zunahme um 4 835 000 (1895 Abnahme 22 046 000) M

Tägliche Wagengestellung für Kohlea und Koks an der Ruhr und in Oberswlesien.

An der Ruhr sind am 2. d. M. gestellt 13 308, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. j _ In Oberschlesien sind am 2. d. M. gestellt 5555, nicht recht- zeitig gestellt 519 Wagen.

Berlin, 1. Dezember. Marktpreise nach Ermittelungen des Königlichen Polizei-Präsidiums. (Höchste und niedrigste Preise.) Per 100 kg für: Richtstroh 4,82 4; 4,16 4. Heu 7,00 M; 4,00 M4 Erbsen, gelbe, zum Kochen 4,00 4; 20,00 (A. Speisebohnen, weiße 50,00 M4; 25,00 46. Linsen 60,00 4; 25,00 A. Kartoffeln 6,00 4; 400 M. Rindfleish von der Keule 1 kg 1,60 A; 1,10 4. dito Bauchfleish 1 kg 1,20 (A; 0,90 (6. Schweinefleish 1 kg 1,50 4; 1,00 A. Kalbfleisch 1 kg 1,60 4; 1,00 46. Hammel- fleisch 1 kg 1,50 A; 0,90 A. Butter 1 kg 2,80 A; 2,20 4. Eier 60 Stück 4,60 4; 2,40 4. Karpfen 1 kg 2,40 M4;

Aale 1 kg 2,40 M; 1,20 M. 2 Hechte 1 kg 1,60 ; 1,

Schleie 1 kg 2,40 M;

Krebse 60 Stück 16,00 4;

Berlin, 2. Dezember. Marktpreise nah Ermittelungen des Königlichen Polizei- räsidiums. (Höchste und niedrigste Preise.) Per 100 kg für: Richtstroh 4,66 4; 4,00 4. Heu 7,20 4; 4,00 4. Erbsen, gelbe, zum Kochen 40,00 4; 20,00 #4. Speisebohnen, weiße 50,00 46; 25,00 4. Linsen 60,00 (A; 2,00 4. Kartoffeln 6,00 A; 4,00 M. Rindfleish von der Keule 1 kg 1,60 M; 1,10 A. dito Bauchfleish 1 kg 1,20 46; 0,90 4. Schweineflei 1,50 M; 1,00 A. Kalbfleisch 1 kg 1,60 A; 1,00 M. fleisch 1 kg 1,50 A; 0,90 A. Butter 1 kg 2,80 4; Eier 60 Stöck 5,20 A; 2,40 4. Kaipfen 1 kg 2,40 Aale 1 kg 2,40 M; 1,20 A. Zander 1 kg 2,40

,

Hechte 1 kg 1,60 A; Soleie 1 kg 240 Æ; Krebse 60 Stück 16,

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 3. Dezember. (W.T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Swnelldampfer „Havel“ ist am 1. Dezember Mittags von New - York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Weimar" hat am 2. Dezember Lizard passiert. Der Postdampfer „Bonn“ ist am 1. Dezember in Montevideo angekommen. Der Reichs- Postdampfer „Friedrich der Doe * hat am 2. Dezember Morgens die Reise von Genua nah Neapel fortgeseßt. Der Schnelldampfer „Spree“ hat am 2. Dezember Morgens Dover passiert. Der Postdampfer „Salier* hat am 2. Dezember Mittags die Reise von Antwerpen nach Corunna fortgeseßt. Der Reichs-Postdampfer „Darmstadt“ ist am 2. Dezember Nachmittags in Albany ange- kommen. Der Swhnelldampfer „Lahn“ is am 2. Dezember Nach- mittags in Southampton angekommen und hat die Reise nah Bremen fortgeseßt; er überbringt 237 Passagiere und volle Ladung.

London, 2. Dezember. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Greek“ ist am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton B

Rotterdam, 2. Dezember. (W. T. B.) Holland-Amerika- Linie. Der Dampfer „Spaarndam“ ist heute Vormittag von Rotterdam abgegangen.

Belgrad, 2. Dezember. (W. T. B.) Die durch die Ueber- \{chwemmungen vielfah gestörten Eisenbahn-, ost- und R E S gen sind nunmehr vollständig wieder ergeftellt.

Theater und Musik,

Deutsches Theater.

Die erste Aufführung von Gerhart Hauptmann?s neuer Theaterdihtung „Die versunkene Glodcke, ein deutshes Märwen- Drama in fünf Akten,“ gestaltete sich für den Verfasser äußerlich sehr

lüdlih. Nach jedem Aufzuge rief ein wilder Beifallsjubel den

ichter unzählige Male vor die Gardine. Der verzauberte Grund im Ne Bene mit seinen neckishen Elementargeistern und reizenden elbischen Wesen hatte es offenbar den Zuschauern angethan. Daß eine fo entzüdende Erscheinung, wie Frau Sorma aus dem Rautendelein, einem elbishen Wesen, \{uf, den kranken Glockengießer Heinrich, der mit seiner Glocke zugleich in die Tiefe stürzt, bezaubert und ihn hinauflockt zu ihren luftigen Berge8höhen, auf denen er den Reiz einer° urwühsigen Liebe genießen und die Kraft zu neuer Arbeit finden soll, ist in der That niht verwunderlich, Do dieser Flug in die märchenhaft wonnigen Sphären bringt dem Glockengießer keine innere Befriedigung. Durch die Erscheinung seiner beiden Kindlein im Mondlicht, die ihm ein Krüglein mit der Mutter Thränen bringen, und durch den erst leiser, dann mächtiger tônenden Klang der versunkenen Glocke, die seines todten Weibes Finger tief im See in Shwingungen verseßt, wird weh- muthsvolle Erinnerung an sein Leben im Thale in ihm wah und lähmt seine Thatkraft. Er kann die Vergangenheit nicht vergessen und auch sein Sehnen in die Höhe und Weite ist niht gestillt. Er fühlt ih fremd und heimis zugleih in beiden Welten: in der niederen im Thale und in der höheren Welt der Jdeale, und geht an diesem Zwiespalt zu Grunde; denn „er kann über seine Todten nicht fort“, fo verkündet die geheimnißvole Bushgroßmutter; darum werden seine Sonnentempel und seine Berge8glocken nie vollendet werden. In den Armen Rautendelein?s, die sich zur Zeit seiner Gewissensangst dem Nickelmann, einem Wassergeist, vermählt hat, und aus dem Brunnengrund noch einmal heraufsteigt, stirbt der Glockengießer. Die Wirkung des Märchen-Dramas ift in den verschiedenen Scenen ungleich. Die Waldscenen im ersten und leßten Aft, die auf einer rein märchen- haften Stimmung ruhen, besißen manche hohen, dichterishen Momente, welche die Phantasie und das Auge des Zuschauers fesseln. Der Reiz weicht aber, sobald seine Gestalten, die Elementargeister und besonders die Menschen anfangen zu philosovhieren und in symbolischer Nede den geheimnißvollen Drang ihres Innern ausseufzen und ausjubeln wollen. Es wird viel von Sonnentempeln, von Sonnenkindern, welche sich nach threr Mutter Sonne sehnen, in blühenden Worten und \chwungvollen Wendungen gesprochen, aber der eigentliche Sinn der Nede ruht fo tief vershleiert unter den leuchtenden Sym- bolen, daß niht jedes Menschenkind zu ihm hinabdringen kann; wenn aber das Verständniß für den Sinn klangvoller Worte fehlt, fo kann auch der begeistertste Vortrag derselben nicht mehr entzücken. Die Wortbilder klingen übrigens ebenso wie die Gestalten und Geschehnisse der Dichtung fortwährend an alte Märchen an ; bald glaubt man Undine zu schauen, bald Tannhäuser im Venusberg zu belauschen, und bald ersheint das Thränenkrüglein herzbewegend im Mondesliht. Nur hat der Dichter noch viel Myfstishes und Symbolishes na seiner Ér- findung zu diesen Märchenerinnerungen Pes Der Dichter will sicher seiner Märchendichtang nur eine Auéëlegung untergelegt haben, vielleiht: des Künstlers Ringen um das Ideal; aber der Hörer und Zuschauer wird manche Auslegung finden, die ebenso gut zutreffen würde. Der Erfolg des Abends wurde durch die Darstellung gesichert. Frau Sorma als Rautendelein glitt als ein fköstlihes, zartes Elfenwesen, voll berüdckender Anmuth und Scchelmerei im Waldesdunkel pom Brunnen- rand und übte ihren Zauber auf Menschen und Geister; mit Weh und in rührender Tauer hielt sie den Kopf des Sterbenden, der nah den Sonnenglocken fragt, im Schoß. Herr Kainz sprach seine schwierige Rolle mit {wungvoller Begeisterung. Herr Hermann Müller konnte sih mit prächtigem Humor sogar in die Rolle eines Froschkönigs und Brunnengeistes finden und mischte sehr ergöylih Menschen- und Thierlaute in seine Rede.

Neues Theater. „The second Mrs. Tanqueray“, das vieraftige Schau- spiel des bekannten englischen Bühnenschriftstellers Arthur W. inero, welhes im Mai des vergangenen Jahres an gleicher tâtte in deutscher Ueberseßung unter dem Namen „Die zweite Frau ohne besonderen Erfolg in Scene ging, ersien geftern als „La seconda moglie“ in italienischer Verkleidung unverdienter- maßen wieder auf dem Plane. So hoch man auch die Kunst der n Duse stellen mag, von der Eitelkeit, eine gute Rolle in einem \{lechten Stück spielen zu wollen, iff sie demnah auh nicht freizusprehen. Nur so kann die Stilverwirrung zu stande gekommen sein, welhe ein im Geiste französischer Unsittendramen geschriebenes englisches Schauspiel in italienis Darstellung hervorrufen mußte. Weder die Zeit noch die neue Ueber- tragung, noch auch die Virtuosität der Frau Duse haben das Werk annehmbarer gemacht. Es handelt si darin um das bekannte Thema der Frau mit einer „Vergangenheit“; der Inhalt ijt, wie seiner Zeit mitgetheilt wurde, folgender: Paula, die Heldin des Dramas, hat als junges leihtsinniges Mädchen den Kapitän Henry Arèale kennen und lieben gelernt. Er aber erne sie und ging nah Indien. Nach einem lockeren Leben wird Paula die zweite Frau des Aubrey Tanqueray, defsen Tochter erster Ehe, Ellen, gleichzeitig aus dem Kloster in das Vaterhaus zurückfehrt. Wahnsianige Eifersucht gegen das unschuldige Kind und maßlose ae weile quälen Paula auf dem Landsit Aubrey's, und als Ellen wider ihren Willen von einer älteren befreundeten Dame nah Paris entführt wird, ladet Mrs. Tanqueray eine frühere Freundin ein, die „Lady“ Orreyed geworden ist. Aber diese Gesellschaft behagt ihr niht. Es kommt zu unangenehmen Auftritten, und mitten in diesen Zwiespalt hinein kehrt Ellen aus Paris zurück mit dem Geständniß, daß sie Henry Ardale liete. Das Unvermeidlißze muß nun ge\hehen: Paula erkennt in dem Kapitän ihren [V Geliebten wieder, und Ellen muß erfahren, daß fie diesen nie wiedersehen soll.

vergangen habe, und fie wendet sich voll Abscheu von ihr weg.

Wie ein Bliß ind fe wi sie die Pa daß Paula si E: hm

Augenblick tiefster Selbstverahtung tödtet stch{ch“ denn die zweite Mrs. Tanqueray, und damit {{ließt das Stück. Daß es der großeu