1896 / 294 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Dec 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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A R 19,0 jet Kriegsfalle für unsere Flotte nuybar „gemacht

und vielleicht möchte die Vorlage größerc Sympathie bei uns er- weden, wenn dadur eine . Entlastung des Marine-Etats herbei- geführt würde aber das ist au nicht zu hoffen. (4 4 Die. erfte Frage ist, ob der Kernpunkt der Vorlage darin besteht, ‘daß die Marine in diesen Schiffen eine Bereicherung erfahren soll. J gebe Ihnen die Versicherung: wir haben nie daran gedacht, unsere Kriegsshife auf dem Umwege dieser Vorlage zu fordern. Unsere Kriegsschiffe kommen, soweit sie für unsere Kriegsführung nothwendig find, in den Marine-Etat hinein. Also dieser Beweggrund hat nicht obgewaltet. i

„Der zweite Punkt des Herrn Abg. Schädler ift, er hätte die Be- sorgniß, daß das von ihm Gesagte nicht der Fall sein würde. Jch muß bestätigen, daß ih diese Besorgniß theilen würde. Unter keinen Umständen kann: dies mit den Forderungen der Marine in Zusammen- hang gebraht werden, Der Herr Abg. Meyer hat in früheren Jahren, wie ich aus den gestrigen Verhandlungen erfuhr, gesagt: kein Schiff kann zweien Herren dienen, es würde denn für beide un» tauglih. Das ist in gewissem Sinne vollkommen berechtigt, wenn ih es auh nicht in dem ganzen Umfange für richtig halte. In der That sind an einen Handelsdampfer nah Maßgabe seiner Aufgaben und Verwendung ganz andere Ansprüche zu ftellen als an ein Kriegs- [chifff. Bei den letzteren ist eine der Hauptaufgaben der Konstruktion, die vitalen Theile derselben unter die Wasserlinie zu bringen, d. h. sie gegen den Angriff der feindlihen Geschosse zu shüßen. Zu den vitalen Theilen rene ich in der Hauptsache die ganze Maschinen- anlage, Kessel, Dampfrohrleitung, die Rudereinrihtungen. Dies be- dingt, daß alle diese Apparate und Einrichtungen in mögli} Tompendiöser Form unter die Wasserlinie gebraht werden. Da- dur entstehen für die Konstruktion sehr viele Schwierigkeiten, die ganz zweifellos auf das Verhalten des Schiffes späterhin sehr vielen Einfluß haben.

Anders ift es mit den Handelsschiffen. Die Handelsschiffe haben in erster Reihe darauf zu rücksihtigen, daß sie möglichst viele Güter, bezw. mögli viele Passagiere befördern können. Zu dem Zweck wird natürli die Einrichtung des Schiffes so bemessen, daß die Ladungen in reichlichen Massen untergebraht werden können und die. Passagiere bequeme Unterkunft finden, soweit der Raum reicht. Maschine und Kessel müssen sich diesen Bedingungen entsprehend einrihten. Man ift nun in der Lage, dadur, daß man die Maschine schr hoh baut, an Raum zu sparen, an Quadratmetern des Flähen- raumes. Infolge dessen kommen diese Maschinen über die Wasser- linie und find natürli nicht in dem Maße gegen das feindliche Feuer geschüßt, wie das auf den Kriegsschiffen der Fall ift.

Insofern also gestehe ih zu, daß ein großer Unterschied obwaltet ¿wischen den Konstruktionen dieser beiden Schiffsarten. Aber immer- hin lassen sich do Handels\chiffe für die Zwecke der Kriegsführung in gewissem Sinne geeignet machen, und dies kommt hier in Frage. Man wird dadur, daß man den Räumen, wo die Kohlen aufbewahrt werden, den Kohlenbunkern eine entsprehende Lage im Schiffe giebt, es ermöglihen können, die Maschinen bezw. Kessel in einem gewissen Maße zu \hüßen, sodaß also ein feindlihes Geschoß erst dur diese Kohlenbunker hindurhgehen müßte, ehe es auf diese vitalen Theile träfe. Nun ist: nah unseren Erfahrungen und nah allgemeiner Kenntniß ein solcher Kohlenbunker, wenn er eine entsprehende Die hat, sehr wohl geeignet, Sprenggeschosse abzuhalten, die dur die Kohlen abgelenkt werden von ihrer Richtung und innerhalb des Bun- kers eventuell explodieren, ohne einen besonderen Schaden zu thun.

Es giebt noh- andere Dinge, mit denen ih Sie nit aufhalten will, die-aber au dazu beitragen, das Schiff für Krieg8zwede einiger- maßen verwendbar zu machen. Natürlih in dem Sinne kann ih das nicht verstehen, und das werden Sie auch nicht so auffafsen, daß nun ein solhes Schiff an: die Stelle eines Kriegs\chiffes treten könnte für Zwecke der Kriegsführung. Das ist ausgeschlossen. Infolge dessen wird man auch nur die Schiffe da verwenden, wo man im allgemeinen anñehmen kann, daß sie dem feindlichen Feuer - nit in dem Maße ausgeseßt sind, wie es die Schlachtschiffe sein würden, die in formierter Linie den Feind angreifen. Was ist das; für ein Dienst? Es i der Kundschafterdienft, der Aufklärungsdienst in den heimishen Gewässern im Gefolge der Schlachischiffe und für deren Zwecke; es ist der Transportdienst ; der Augmentationödienst, wie wir ihn benennen, der alle die Auf- gaben umfaßt, welhe nothwendig sind für die Unterhaltung der Flotte, also Kohlen, Munition, Wasser heranzuschaffen, dann für den Kranken-

„transport zu sorgen, und viele andere Dinge mehr. Das sind alles Sachen, - die im Kriege nothwendig ‘werden, für die wir aber im Frieden innerhalb der Marine keine Schiffe ‘bauen oder unterhalten Tônnen. - Zu -diefem Zwecke ziehen wir Handelsschiffe heran. Das wird Ihnen allen ganz erklärlich sein, und, wenn ih nicht irre, haben wir uns au, das werden die Herren, die früher in der Budget- Tommission waren, bestätigen können, darüber des breiteren unter- hálten. Wir haben ja hon, wie Sie sich erinnern, vor mehreren Fahren einen Betrag eingestellt für die Verwendung eines solhen Dampfers, eines Hilfskreuzers, und wir haben da sehr werthvolle Erfahrungen ge- macht, die wir im Fall einer Mobilmachung im weitesten Sinne verwerthen können. Also insofern hat die Marine ein Interesse daran, daß {hon von vornherein beim Bau der Handelsschiffe, der Handels\chiffe dieser Art, die hier in Frage sind, darauf gerücksihtigt wird, daß für die Zwecke der Kriegsführung die entsprehenden Einrichtungen, soweit angängig ift, vorhanden sind. Nun möhte ih noch vorausscicken, daß, wie überall bekannt, au alle fremden seefahrenden Nationen fih dieser Hilfsmittel bedienen, Da i England, Frankreich, ¡Ztalien, Spanien, Rußland und wie die seefahrenden Nationen heißen mögen, alle rechnen bei ihrer Mobilmachung auf die Unterstützung ‘folher Fahrzeuge zu den Zwecken, die- ih vorhin zu nennen mir ge- stattete, Es ist ja auch in den Erläuterungen gesagt: Ein be- | fonderes Interesse an der weiteren Ausgeftaltung der Reichs- Postdampferlinien nimmt \{ließlich die deutshe Kriegsmarine. Die von allen größeren Seestaaten vorbereitete Heranziehung der großen Handelsdampfer zu Kriegszwecken nöthigt die deutshe Kriegsmarine 1dazu, - neue transozeanische Dampfer für diesen Verwendungszweck «fchon beim Bau entsprehend einzurichten und bei sämmtlichen [7 unter den Subventionsvertrag fallenden Dampfern durch cine ent- \sprehende Bemannung die Verwendung im Kriege zu erleichtern. Dies. sind die beiden Hauptpunkte: die Berücksichtigung unserer Interessen beim Bau eines solchen Schiffes, und die Berül- sichtigung unserer Interessen bei der Bemannung eines solchen

L “dite Hf! O L 1 otte nupbar - gemaht. werden könnten;

in dem Maße für unsere Zwecke, wie ih es ‘vorher andeutète, wie fie vorhanden sein müßten, weil sie zu einer Zeit gebaut find, wo die Marine noch keinen Einfluß hatte auf diese Dinge, oder wenigstens der Einfluß sehr \{chwach vertreten war. Jeßt, wo wir dur die Erfahrung ‘darauf aufmerksam gemacht sind, daß uns solhe Schiffe sehr wohl dienlih sein können, haben wir diese Gelegenheit benußt, um mit den kollegialen Behörden in Verbindung zu treten und zu sagen: hier möhten wir auch ein Wort mitreden, es würde uns von hohem Werthe sein, wenn {hon beim Bau der Schiffe Nük- iht genommen würde auf unsere besonderen Bedürfnisse. Da find nun folgende Bedürfnisse, die hier in Frage kommen. Erstens Schuß der Maschine, Kessel und Dampfleitungen gegen das feindliche Feuer, soweit möglich. Diesen Shuß würde uns die Gesellschaft gewähren können beim Bau durh eine entsprehende Anlage der Kohlenbunker. Jh habe vorhin darauf hingewiesen: dann müssen die Dampfer zwei Schrauben haben, zwei Schrauben sind für die Manövyrierfäbigkeit eines Dampfers von großer Wichtigkeit. Dann sollen die Rudereinrichtungen derart beschaffen fein, daß sie möglichst dem feindlihen Feuer entzogen find. Wenigstens soll eine der noth- wendigen Dampfmaschinen für die Bewegung des Ruders unter Wasser sein. Das ganze Rudergeschirre soll auch unter Wasser sein. Dann fommt nun zweitens die große Frage der Bemannung, und da wird sih die Gesellshaft verpflihten müssen, ihre Bemannung so einzurihten, daß aus der Friedensbesazung im gegebenen Falle möglihst umgehend eine Kriegsbesaßung wird, d. h. daß die Friedens- besaßung militärdienstpflichtig is, Offiziere und Mannschaften ; das wird mit der Zeit sich von selb verstehen; denn der Seemann ist der Natur seines Geschäftes nah ein gesunder Mensch, und ge- sunde Menschen sind verpflichtet zum Dienste. Außerdem muß ih noch fagen: der Seemann fährt ja in der Hauptsache in seinen jungen Jahren, also alle diese Leute sind mehr oder weniger dienstlich tüchtig, und es wird außerordentlich fördernd für unsere Zwecke sein, daß wir eines {önen Tages wenn die Frage an uns heran- tritt, sagen können: wir übernehmen nunmehr den Dampfer mit seiner ganzen Besaßung, und diese Besatzung reihen wir in unsere Marine ein.

Meine Herren, das sind die beiden Forderungen, die hier vorliegen, und die ja auc in diesem Vertrage Ausdruck gefunden haben. Die Leistungen, zu denen der Norddeutsche Lloyd aufgefordert wird, sind ja hier im Punkt 3 genannt:

Neubauten müssen hinsihtliß der Verwendbarkeit im Kriege und sämmtliche Postdampfer der subventionierten Linien hinsichtlich ihrer Bemannung den vertragsmäßigen Anforderungen der Marine- verwaltung entsprechen.

Insofern hat also die Marine ein großes Interesse daran, daß diese Vorlage von Ihnen bejahend verabschiedet wird, nicht, weil wir des Sinnes sind, dur diese Schiffe neue Kriegsschiffe zu gewinnen, die es uns ermöglihen, nahher dem Reichstage zu ersparen, uns Kriegsschiffe zu bewilligen. Das ist unsere Absicht nit, und kann es niht sein; aber die Marine bedarf \olher Schiffe für die Krieg- führung, und wenn sie sie zur gegebenen Zeit nit in der Handels- marine findet, dann müßte sie ja mit einem Antrag an Sie heran- treten, sie für die Marine zu bauen, und das wäre in der That

sehr unbequem. Meine Herren, also meine Bitte geht dahin, daß die Vorlage von Ihnen bewilligt wird.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Herr Hammacher bekämpfte im ersten Theile seiner Rede mit einer besonderen Lebhaftigkeit einige Nebensachen, um nachher mit einer besonderen Verve für die Vorlage einzutreten. Herr von Stephan hätte deshalb nicht nothwendig gehabt, ch auf die alten Trabitionen der Nationalliberalen zu berufen. Er at damit offene Thüren eingestoßen; denn troß aller Bedenken wird De Hammacher do für die Vorlage stimmen. Die Preisgabe der ründe kann ‘ih nicht annehmen; denn aus diesen ründen, namentlich aus den ZaßHlen, entnehmen wir die stärksten Gründe gegen die Vorlage. Die Sache liegt nit so, daß die Bewilligung von 1885 verpflichtet, wie die Bewilligung einer erften Rate für einen Bau. Wir müßten erst die Erfahrungen abwarten. Dem Zentrum gegenüber berief sich Herr von Stephan auf Windthorst, als wenn derselbe sih {hon vor dem Ablauf der ersten Bewilligungsperiode für ein rasheres Tempo ausgesprochen R Windthorst legte sih nicht einmal gerne in der ersten Lesung für die zweite, oder in der zweiten Lesung für die dritte fest, geschweige denn auf 15 Jahre. Er wollte damals die australische Unie ers dann bewilligen, wenn man Erfahrungen gemacht hätte mit der oft - asiatishen Linie. Es ift ein eigeatbümliGer E der sich gegen einen Wollzoll sträubt, aber die Einfuhr ausländischer Wolle dur Subventionterung der Dampfer künstlih fördert, Australishe Butter macht der deutschen niht bloß in Deutschland Konkurrenz, sondern auch in England, fo daß die Ausfuhr deutsher Butter nach England abgenommen hat. Beim Fleisch hört der Es wird nicht das billigere australische Rind eifch gekauft, . sondern man läßt es sih aus Achtung vor dem deutschen Rindvieh 300000 4 mehr kosten. Man muß es wohl dazu haben. Wenn man freilih erst mit der Wurst nah der Speckseite geworfen, wenn man die Speckseite in Sicherheit gebracht hat, dann wird man fih hüten, deutsches Rindvieh anzukaufen. Staatssekretär von Boetticher hat stern die Vorlage empfohlen. ¿tabbäingig vom Auslande“ i} ein chônes Wort; aber wenn der Handel mit dem Ausland verstärkt wird, wird man doch abhängiger vom Auslande. Gestern hieß es: nationales Gefühl, heute: internationale Pflicht, und Herr Hammacher E ja konsequenter Weise Holland, Belgien und Italien auch zur nternationalen Bezahlung heranziehen. Dagegen - empört sih das nationale Gefühl des Herrn von Stephan, er \spriht von inter- nationaler Anstandspflicht ; aber das Ausland geringe die Erfüllun dieser Pflicht nicht, denn man sagte f: Das Ausland zitter vor dieser Vorlage! Der chinesische Koloß is so gestaltet, “i: der partlve Krieg ihn nit so ershüttert hat, daß er sih europäischen inflüfsen zugänglih zeigen wird. Herr von tephan hat auf den Werth der Ausfuhr hingewtesen. 1887 betrug dieselbe 14 Millionen, 1895 dagegen 36 Millionen ; aber diese Ziffern beziehen ih auf das ollgebiet, zu welchem 1887 die Freihafenbezirke noch nicht gehörten. höôn ist das niht von den Herren aus dem Reichsamt des Innern. Die Nachforschung ergiebt, daß die Ausfuhr gestiegen is von 30 auf 36 Millionen. ber welhen Antheil hat der Lloyd daran? 1890 wurde in Hongkong gelöst an deutsher Ausfuhr 10 903 000 M, 1895 aber nur 10 470000-.4 Also die deutshe Ausfuhr ist zurück- L um etwas mehr als 300000 4 Einfuhr und Ausfuhr zusammengenommen ergiebt, daß der Veikehr mit China um illionen Bgenotien hat, woran der Lloyd nur mit 4 Millionen bethei igt ift, Der ganze Verkehr des Lloyd hat aber um 31. Milionen zugenommen, also um das sieben- fahe des deutschen Verkehrs. Die Thätigkeit des Lloyd ist also zu F dem fkonkurrierenden Auslande zugefallen. Die Ver- größerung der Risse hat dazu geführt, die Fraht überall zu aven wo man sie finden könnte. Wenn der E deutsche Verkehr auf den Norddeutschen Lloyd übergehen so reichen, die ifföräume zu füllen. Es würde also aus ändische

Schiffes. Im allgemeinen sind die großen Dampfer niht geeignet

racht mit zugenommen werden m ibie wofür aber das Ausland elbst neue subventionierte Linien einrichtet, Der Lloyd würde also den

rethandel wieder auf. \

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furrierenden Linien um |Unternehmungen, die mehr“leisten àls Lloyd und zwar ohne jede at ih a Daß die “Ki fin der unregelmäßig fährt, widerspriht dem Reichskursbuh. Die Kin ns Linie nimmt nur deutshe Ausfrahten auf und fährt nit viel cas samer als der Lloyd. Es ist von der Einfuhr von Thee gespr worden; aber mittels der sibirischen Bahn wird der Thee \hneller befördert werden, als jeßt auf den Lloyd\chiffen. Seide kommt direkt von China fast garnicht Ls Deutschland. Der Verkehr des Lloyd betrifft garnicht Oft-Asien allein. Es werden E Mengen von Gütern befördert von Antwerpen nach Bremen. pl diesen Verkehr zwischen zwei europäischen Häfen bezahlt man eine Subvention. 1885 gelang es, die Vorlage, die auf des Messers Schneide stand, zur Annahme zu bringen, indem man Süd» deutshland zu gewinnen versuchte dur das Anlaufen von Triest, an dessen Stelle D Brindisi geseßt wurde. Aber in Genua wird nit ein Loth deutsher Waare eingenommen oder ein Loth für Deutschland bestimmter Waaren gelöscht. Dort lagert immer nur ausländishe Waare! Genau 10 verhält es sih mit Neapel, ehr

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Die ganze Linie kommt nur dem ausländischen Konkurrenzv Deutschlands zu gute. Ueber die minimale Bedeutung des Postyer- kehrs is son zur Genüge gesprohen. Herr von Stephan hat die Aufmerksamkeit abgelenkt dur Mittheilungen über den Weltpostver- kehr. Aber wieviel Hundertstel eines Prozents desfelben ent- fallen denn auf die A anGe Linie?! Der Postverkehr mit Japan geht über Nord-Amerika auf drei vershiedenen Dampferlinien über den tillenDzean viel \hneller als auf unsern subventionierten Dampfern. Alt Millionen Deutsche leben im Auslande, sagt Herr von Stephan. Die Leute in der Schweiz, Oesterrei, Frankrei und Nord-Amerika brauchen die Dampferlinien nit. Jn China wohnen 667, in Japan 150 Deutsche. Das ist das Material für den Passagierverkehr, der durh- aus niht nur aus Deutschen besteht. Für fremde Nationen wollen wir den Verkehr nicht erleihtern. Herr von Stephan that einen sehr eshickten Schahzug. Er sagte: In China sind auch Missionare. entrum, merk Du was ! Diese sollen nun als Vorspann benußt werden. Es war aber nicht geshickt, daß der Staatssekretär von Stephan in feiner Ehrlichkeit hinzufügte: Es handelt sih meist um französische Missionare. Jch erkläre dem Zentrum: wir bewilligen den Missionaren etnen Zuschuß zu den Reisekosten, daß sie fast umsonst fahren, wenn das Zentrum uns die Mehrbelastung dieser Vorlage erspart. Nun hat man die Verdienste des Lloyd um den deutschen Schiffsbau in den Himmel gehoben! Als ob der Schiffsbau erft von den drei Schiffen, welche er bauen ließ, herrührt. Da hat h der Marine-Minister von Stosch ganz andere Verdienste erworben, Jedenfalls ist der Lloyd. durch die 40 Millionen Subvention hinreichend belohnt. Was bedeutet es denn, wenn der Lloyd noch vier große Schiffe baut? Und zwar Auswandererschife! Die auf diesen nah Amerika beförderten Auswanderer werden Deutschland dauernd entfremdet. Für die Marine is die Bedeutung der Vorlage außer- ordentlih klein. Nicht einmal als Kaperschiffe sollen die Schiffe ver- wendet werden; nicht ein Kreuzer wird deswegen weniger gebraudht, Für die Hülfsdienfte stehen ähnlihe Schiffe {hon in großer Zahl zur Verfügung. Die Vorlage birgt ein Engagement von circa 70 Millionen Mark in sih, sodaß man fast mit Sicherheit voraus- sehen kann, daß wir Anleihen aufnehmen oder neue Steuern bewilligen

müssen, namentlich wenn auch noch dg Fahrten nach Australien

eingeführt werden. Troß der günstigeren inanzlage sollte man fih hüten, dauernde obi aufzuerlegen, namentlich wo steigende Aufwendungen zu machen sind für Pensionen, für Militär und Marine. Wenn die Finanzlage auch noh günstiger wäre, würde ih mi egen die Vorlage doch aus wirth\chaftlihen Gründen erklären, weil e die ausländishe Konkurrenz befördert.

Abg. Freiherr von Stumm (Ry.): Was der Aba. Richter in Bezug auf die Konkurrenz des Auslandes für die Landw rthshaft ge- sagt hat, trifft niht zu. Es könnte doch höchstens von Australien die Rede sein. Hier aber handelt es sich bloß um Ost-Asien, ‘nicht einmal um Japan. Was die Industrie betrifft, so habe sie die Vorlage mit der größten Freude begrüßt, und es giebt niht eine einzige ras sfammer, welhe dagegen Stellung genommen hat. Auf ite

inzelheiten gehe ih nicht ein. Es ift ja Kommissionsberathung beantragt worden, und ih glaube, in der Kommission wird das ganze ablenmaterial fklargestelt werden können. Auch meine politischen reunde glauben, daß dieses Zahlenmaterial einer durhaus gründlichen rörterung unterworfen werden muß. Auch in anderer Hinsicht mu die Vorlage noch geprüft werden, wenn wir ihr auch sympathis L Den. Es genügt nicht, wenn H in den Motiven das ersprehenÿ des Lloyd fixiert ist, daß die Schiffe nur m Inlande gebaut werden, das muß au geseßlich \charf fixiert werden, Einen Vorwurf gegen den Lloyd muß i aber zurückweisen. Der Lloyd hat erklären lassen, daß er den Bezug von australisdem Fleisch aufgeben und seinen anzen Fleis bedarf in Deutschland decken werde. Ferner ift es nit gut, uns fest- zulegen auf ‘das Maximum von 134 Seemeilen Geschwindigkeit. Es muß alles pl mei werden, daß unsere Schiffe wenigstens so schnell fahren, wie die ausländische Konkurrenz; und wenn wir 13§ Knoten auf 15 Jahre festlegen und das Ausland während“ der geit zu einer größeren Geschwindigkeit übergeht, dann sind wir im achtheil. Auch die von Herrn Schädler bemängelte Bilanz wird in der Kommission aufgeklärt werden müssen. Herr Schaedler sagte, daß entweder der Lloyd die Reichsregierung oder die Reichsregierung. uns an der Nase herumführe. Vermuthlih handelt es si bier um. den Unter- schied zwishen Brutto- und Nettobilanz, wie sie jedes Geschäftshaus hat. Es ift natürlich in diesem R Eer des Lloyd von dem rechnun neues Uebershuß die Rede ohne Verzinsung und Amortisa- tion. S in siberzeugt, daß die Besorgniß, der Lloyd könne- aus dem Leder des Reiches Riemen schneiden und unberechtigte Vortheile ziehen, völlig hinfällig ist. Wenn die Hamburger Padetfahrt-Aktien- gefellschaft aus der amerikanischen Linie 5 9/9 Dividende vertheilt hat und der Lloyd in maximo nur 3 %, obwohl sein Verkehr nad Amerika noch größer ist, so ift dies nur auf die Nachtheile zurückzuführen, die er im Verkehr nah Ost-Asien hat. Apodiktish kann ih natürli nicht über diese Dinge Es da mir das Material niht zurHand ift. In Bezug auf das Anlaufen der Schiffe im Hafen von Rotterdam bin ih anderer Ansicht wie der Abg. Hammacher. Jm Namen der gefammten Industrie Süddeutschlands, die auf dem Unken Rheinufer liegt, mit Ausnahme des Niederrheins, möchte ih den dringenden Wunsch aussprechen , daß das Anlaufen von Antwerpen beibehalten wird. Diejenigen Gegenden Südwestdeutshlands, die in der Lage sind, die Rheinstraße zu benußten, können nah Antwerpen kommen, wenn sie auch eine größere pa rt bezahlen müssen. Die anderen da- gegen müssen mit der Bahn fahren. Ich kann nicht zugeben, daß das nationale Empfinden und nationale Interessen mit der Sache nichts zu thun haben; die anderen Nationen wissen anz genau, was sie thun, wenn sie für ihre Schiffahrt eine wesentlich gröfiere Sub- vention geben als wir. Das kommt eben zunächst ihrem Handel und dann der Industrie zu gute. Man spöttelt hier über das nationale Empfinden, das ift aber eins der Imponderabilien, welches nur edle verstehen kann, der politish sein Herz auf dem rechten lecke hat. Meine politischen Freunde werden dieses nationale mpfinden niemals verleugnen und \ih dessen nicht schämen ; und das ist gerade maßgebend für die Beurtheilung der vorliegenden Frage.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

x 294.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Staatssekretär dcs Reichs-Postamts Dr. von Stephan:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat bereits die Bemerkungen des Herrn Abg. Richter bezüglich Australiens richtig gestellt, da es sh im Gesepentwurf niht um Australien handelt, sondern um die linie nah Dst-Asien.

Ich möchte dann noch hinzuseßen, daß gleichviel, ob Subventionen für Postdampfer bestehen oder nit, die Butter und die Wolle aus Australien doch nach Deutschland kommt, nämlich auf anderen Schiffen, und der Lloyd verliert bloß die Fracht dafür. Das wollte ih noch bemerken zu dem, was der Abg. Richter gesagt hat.

Dann möchte ich noch einige von den anderen Ausführungen rihtig ftellen. Ec hat in den Zahlenangaben vermißt bestimmte Jahre, Das hat aber seine guten Gründe. Er sagt: die Jahre 1885 und 1887 waren vor dem Eintritt Hamburgs und Bremens in den Zollverein ; das Jahr 1890, das haben wir eben genommen, weil es nah dem Beitritt von Hamburg und Bremen in den Zollverein war. Der Beitritt erfolgte bekanntlih im Jahre 1888, und das ist der Grund, weshalb 1889 nicht aufgeführt ist, weil dies Jahr eben auf den Bei- tritt zum Zollverein unmittelbar folgte und keine konkludenten Resultate ergeben hätte. Dagegen find aufgeführt die Jahre 1890 und 1899. Wenn hier wiederholt darauf hingewiesen ist, daß in den früheren Jahren die Statistik insofern niht zuverlässig sein kann, als die Zahlen gegeben sind, nachdem Hamburg und Bremen in den Zoll- verband getreten find, fo ist das ja rihtig; aber ih glaube nicht, daß der Unterschied fo sehr bedeutend is. Hamburg und Bremen mögen cine große Auéfuhr haben nach den fernen Ländern, fie haben aber keine eigene Produktion, keine Fabrikation. Die Waaren, die sie ausführen, fommen zum größten Theil aus dem deutschen Hinterland.

Dann hat der Herr Abg. Nihter gesagt, er stände heute noch auf dem Standpunkt von 1884. Nun, meine Herren, für den Maßstab, den wir gewöhnt sind an die Beharrlichkeit der Ueberzeugungen des Herrn Abg. Richter zu legen, is ein Zeitraum von 12 Jahren noch cin sehr kurzer. Jch habe niemals bezweifelt, daß er nit noch heute auf dem Standpunkt von 1884 steht, und vielleicht steht er noch sehr lange darauf, wenn ihm auch nachgewiesen wird, daß das ein un- rihtiger Standpunkt ist. Er hat dann wiederholt der Kingsin-Linie gedaht. Ja, die Kingsin-Unie hat unter der Konkurrenz des Lloyd dech so wenig gelitten, daß sie im Jahre 1894 3 9% Zinsen und im Jahre 1895 8 %% gegeben hat, und daß ihre Aktien heute noch auf 130 stehen. Da kann man doch nit behaupten, daß dec Lloyd mit den subventionierten Dampfern eine erdrückende Konkurrenz für die freie Schiffahrt ausübt! Das Defizit, was die Kingsin-Linie in früheren Jahren gehabt hat, hängt mit der Subventionierung der Postdampfer und den Reichs - Postfahrten überhaupt nit zusammen, fondern mit einer verfehlten Operation, wie allgemein anerkannt und bekannt ist, die die Verwaltung der Kingsin-Linie begangen hat, indem sie die Sunda-Linie einrichtete, ohne vorher eine zuverlässige Nentabilitätsberechnung aufgestellt zu haben.

Wenn dann noch der Herr Abg. Richter auf die sogenannten Ver- dienste, wie er sih ausdrückte, des Lloyd um die Schiffsbaukunst zurück- gekommen ift, so meine ih, daß wohl nur eine allgemeine Stimme herrscht, daß die Bedeutung der deutschen Schiffsbaukunst sich erst seit Herstellung der subventionierten Linie so sehr in den Vordergrund gestellt hat. Fragen Sie auf den Werften von Schichau in Elbing und Danzig, beim Vulcan in Stettin, bei Blohm und Voß in Hamburg, Howald in Kiel u. f. w., wie sehr der Schiffsbau angeregt worden ift, wie viele Tausende und aber Tausende von Arbeitern beschäftigt worden {ind gerade infolge der Vermehrung der Flotte des Lloyd und dur die Subvention vom Reihe. Jch habe hier eine Zusammenstellung über -die Entwickelung der Flotte des Lloyd. Im Jahre 1874 war der Bestand der Flotte des Lloyd 40 Dampfer mit 82337 Registertons; ih übershlage einige Jahre, wo das immer hin und her geschwankt hat ohne wesentlihen Einfluß auf das Gesammtresultat, und gehe über ¿um Jahre 1883, also 2 Jahre vor der Herstellung der subventio- nierten Dampfer ; da war das noch dieselbe Anzahl Dampfer; aber statt 82 337 Registertons waren es 93 748.

Nun kommt das Jahr 1886. Da ging der Neubau der Schiffe infolge dieses wohlthätigen Geseßes von 1885 vor sich. Da stieg die Flotte von 40 auf 49 Dampfer in einem Jahre mit 130 866 Register- tons, 1889, drei Jahre später, waren aus diesen 49 Dampfern 55 geworden, und aus den 130000 Registertons 159472. Im Jahre 1890 war die Flotte gestiegen auf 61 Dampfer mit 193 562 Registertons. End- lih im Jahre 1896, alfo in dem wir uns jeßt befinden, betrug die Flotte 60 Daw pfer mit 283 991 Registertons, also wohl cine der respektabelsten Flotten der Welt in einem Privatunternehmen, eine Flotte, auf die wir wirkli stolz sein können und deren gewaltigem Bestand gegenüber man wahrlich nit wird behaupten können, nachdem gestern die Zahlen von mir angegeben worden sind, die an die Schiffsbauanstalten im Laufe der Jahre haben entrihtet werden müssen, daß sie von keinem hervorragenden Einfluß auf die Schiffébaukunst gewesen ist. i:

Nun hat der Herr Abg. Richter noch die Linie über San Francisco erwähnt. Das ist ja richtig, daß auf der Linie über San Francisco und den Pacifishen Ozean uns Japan vielleiht um ein paar Tage näher gerückt scin würde; aber bei China ift das nicht der Fall; bei China i die Entfernung un- gefähr dieselbe. Ih mache auch darauf aufmerksam, daß dabei immer die Umladung erforderlich ist wegen der Pacificbahn. Endlich aber und das ift die Hauvtsahe wird im Winter nur einmal im Monat gefahren, während wir hier do die vielfachen Verbindungen nah Ost-Asien und Indien haben. Es is} deshalb diese Linie für uns nur unter gewissen Umständen benußbar. Das beweist au der Verkehr, der sih da bewegt. Ih habe hier die Zahlen von dem Transit der Briefpost nach Japan. Ueber Neapel sind 8010 und über Amerika 3750 kg Briefe nah Japan gegangen; Sie fehen also, daß die alte Linie ihren Vorzug behauptet. Wie das werden wird, wenn die fbirische

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 11. Dezember

Eisenbahn einft fertig sein wird, kann man im voraus niht sehen; für die Frage aber wird es immer von Wichtigkeit sein.

Wenn der Herr Abg. Richter dann mit einem gewissen Pathos gesagt hat, in dem Hafen von Genua läge lauter italienische Waare, deutshe Waare käme da überhaupt nit vor, so habe ih auch darüber Erkundigung eingezogen, und ih habe eben das Telegramm aus Genua erhalten, das folgendermaßen lautet:

Da in Ost-Asien und Australien Güter auf Dur(hladeschein nach Deutschland nicht verladen werden, können wir niht kontro- lieren, welhe mit Ihren Reichs-Postdampfern angebrahten Güter dur genuesishe Spediteure empfangen und nah Deutschland be- fördert werden. Zweifelsohne bezieht Süddeutschland viele Güter über Genua.

Daran liegt es eben, daß die Spediteure das größte Ge- heimniß darüber bewahren, woher die Güter kommen und wohin sie bestimmt sind; das können wir aus unseren Büchern nicht kontrolieren. Jh bin aber dem Herrn Abg. Richter dank- bar, daß er diese Sache hier angeregt hat: denn das gab mir Gelegenheit, die Erkundigung einzuziehen, die für die Beurtheilung dieser Angelegenheit wichtig i. Wenn immer gesagt wird, daß unser Postdampfer-Unternehmen dem Ausland vorzugsweise zu gute kommt, und wenn das begründet wird mit dieser Statistik, die nicht maßgebend ist, weil sie die Aussheidungen des Verkehrs n ah Deutschland nit enthält und nit enthalten kann, so muß dem gegenüber doch mit aller Energie betont werden, daß das eine Ver- kleinerung der nationalen Schiffahrt ist.

Ebenso i dem Herrn Abg. Richter ein Mißverständniß unter- gelaufen so nehme ih wenigstens an gegenüber meiner gestrigen Angabe bezüglih des Weltpostvereins-Verkehrs. Er sagte mit einem gewissen Nachdruck: ter Herr Staatssekretär sprah von einer Zu- nahme des Weltpostvereins-Verkehrs von so und so viel Milliarden ; ja, so sagte er wen geht denn das etwas an? das geht doch nicht unseren Verkehr zwischen Deutshland und Ost-Asien an. Ia, meine Herren, wer hat denn gesagt, daß das uns betreffe? Mir ist es nicht eingefallen! Ich habe die Zahlen des gesammten Weltpostverkehrs bloß angeführt als Maßstab dafür, wie der Verkehr künftig steigen würde, wenn wir die Verbindungsgelegenheiten vermehren im allgemeinen.

Herr Abg. Richter meinte, die bisherigen Resultate wären nicht fo ermuthigend, um jeßt einen Schritt weiter zu gehen. Ich lasse zunächst beiseite, daß verschiedene Meinungen darüber existieren, ob die Resultate gute oder \{chlechte sind; ih glaube, der gesammte Scharfsinn und all die Beredsamkeit des Abg. Richter werden doch nicht hinreihen, um diesen Gegensaß der Meinungen auszugleichen. Aber ich ziehe daraus gerade -den entgegengeseßten logischen Schluß wie der Herr Abgeordnete: daß die bisherigen Resultate nit er- muthigend sind wenn ih das annehmen will —, beweist ja, daß wir zu wenig Schiffe haben. Schaffen Sie erst mehr Siffe an! VBVewilligen Sie hier die Subvention für die zwei monatlihen Dampfer, so werden Sie ganz andere Resultate sehen ! Es scheint mir ein logisher Fehler, wenn man anders {chließt.

Dann will ich auch niht unwidersprochen lassen eine Aeußecung über den Zwischenverkehr auf den Norddeutschen Lloyddampfern von Antwerpen nach Bremen. Ja, wenn der Dampfer aus Ost-Asien in Antwerpen einläuft und lös{cht, da entsteht leerer Raum: daß dann dort Ladung nah Bremen angenommen wird, liegt doch in der Natur der Sache. Aber abgesehen davon, beträgt der gesammte Zwischen- verkehr, auch der nah Genua, Colombo, Ceylon u. \. w., auf der Ausreise 3,7 9/0 vom Werth und auf der Heimreise nur wenig mehr, nämli 5,6 °%/6 des Werths. Das sind doch vershwindende Zahlen; diesen geringen Verkehr knn man doch hier niht in den Vordergrund des Treffens führen und daran große S{hlußfolgerungen knüpfen über Unrichtigkeit der Statistik.

Dann Southampton! Das is Herrn Abg. Richter gleichfalls nicht bekannt gewesen, das ist ja au begreiflich. In Southampton werden nur Kontanten geladen, überhaupt keine Waaren. Das ver- ändert die daran geknüpfte Schlußfolgeruns.

Weun der Herr Abgeordnete dann Bezug nahm auf Stimmen des Auslandes, so möchte ih auch auf eine aufmerksam machen, die in dem angesehenen Blatt „North British Daily Mail“ ftand. Sie zeigt genau, wie die Stimmung im Auslande bei unseren Konkurrenten ist daraus zieht ja ein weiser Mann bekanntlih seine Lehren, aus den Ansichten seiner Gegner. Es heißt da:

Die Vermehrung der Reicheunterstützung, welche die deutsche Re- gierung dem Norddeutschen Lloyd für seine Postlinien nah dem Osten Asiens bewilligen will, macht den Wettbewerb zwischen der deutschen Rhederei und ter Peninsular- und Oriental-Linie bei weitem \{chärfer als zuvor. Bisher hat die deutsche Linie ihre Dampfer dur den Kanal nah China und Australien nur mit einer solhen Schnellig- keit laufen lassen, daß sie für die größten und besten Schiffe der Peninsular- und Oriental-Kompagnie wenigstens nicht gerade furcht- bare Mitbewerber waren, das wird jeßt anders, die größere Reichs- Unterstützung, die gegeben werden foll, hat zunächst die Folge, daß größere Schiffe in dem deutshen Reihs-Postdiens werden verwandt werden. Die neuen Schiffe der P. und O.-Kompagnie „India“ und „China“ find gegenwärtig die größten Handelsdampfer, welche dur den Su-zkanal gehen. Jhr Tonnengehalt beträgt 8000 t; aber noch vor Ende dieses Monats wird der erste einer neuen Klasse von deutshen Dampfern (des Norddeutschen Lloyd) mit einem Tonnengehalt von 14 000 t von Deutschland über Southampton nah Australien abgehen. Die englishen nien haben bisher den Postdampferdiens nach Australien und China allein in den Händen gehabt. Jeßt haben fie auf einen Wettbewerb zu rechnen, der viel \{chärfer und für England schwieriger ift als je zuvor.

Nun sagt die Zeitung (, Poft“) hier:

Man sieht aus diesen Ausführungen, daß England in der Ver- mehrung der Reichssubvention und in der beabsichtigten Einftellung der ersten Dampfer der Barkarofsaklasse in den Reichs-Postdampfer- dienst eine wesentliche Gefahr für die englischen Linien und für den englischen Handel sieht. Die Gefahr is um so größer, als die in

1896.

Betracht kommenden englischen Linien erst im Verlauf der legten Jahre thre Flotten reorganisiert haben. Die neuen deutschen Dampfer sind den neuesten englishen an Größe, Komfort und Schnelligkeit überlegen, und der Erfolg kann, wenn die 14tägigen Fahrten zur Dur(führung kommen, nicht ausbleiben.

Ich glaube, daß das eine Stimme ist, die wir sehr zu beherzigen haben und aus der auh die Gegner entnehmen können, daß etwas Gutes an der Vorlage ist, denn font würden unsere ausländischen Freunde sih nit so sehr darüber echauffieren.

Damit glaube ih alle einzelnen Punkte erledigt zu haben, die hier in Betracht kommen. Ich war ja allerdings auf die Debatte vor- bereitet ; denn wenn irgend eine Aktion mir hier im Reichstage bevor- steht und ih Grund anzunehmen habe, daß sich Opposition finden wird, so is es eine alte Gewohnheit von mir, die „Freisinnige Zeitung" mir vorlegen zu lassen. Da steht \chon vorher alles drin, was hier im Reichstage in der Regel naher an Angriffen gegen die Verwaltung vorgebraht wird, und ih Habe die Gelegen- heit, die Batterien demaskiert zu sehen und mich auf die Vertheidigung vorzubereiten. JIch bin dafür dankbar, denn es kann ja nit s{aden, wenn man vorher unterrihtet ift.

Wenn der Herr Abg. Richter vorhin gesagt hat, mein Herr Kollege, der Herr Staatssekretär des Innern, habe gestern eine Rede gehalten, die hauptsählich aus Schlagwörtern bestanden hätte, so muß ih doch dem entgegenhalten, daß nach dem Eindruck von dieser Rede, den i ch habe, das keineswegs der Fall war. Es waren eine Menge Zahlen darin angegeben und au substantiierte Aus- führungen gemaht. Die ganze Rede war durchaus sahlich und gründlich gehalten. Aber so ist die Sache: bringt man sogenannte Schlagwörter, so heißt es: das sind hohle Redensarten, das ist Phrafeologie von nationalem Empfinden, von der wehenden Flagge. Gebt uns doch Zahlen, wir wollen positive Zahlen haben! Kommen wir aber ein andermal mit Zahlen, so beißt es: das sind armselige trockene Zahlen über einzelne Verhältnisse, das ist eine reine Kal- kulatorarbeit, aber nit die eines Staatsmanns; es fehlen die großen Gesichtspunkte. Kurzum, man mag thun, was man will, es geht {ließli wie beim Narren im König Lear, der sagt: rede ih heute die Wahrheit, so bekomme ih Prügel; morgen werde ih geprügelt, weil ih lüge, und übermorgen, weil ih den Mund halte! Kurz, es ist sehr shwer, auf diesem Gebiet es Allen recht zu machen.

Nun möchte ih noch zum Schluß dem Herrn Dr. Schaedler eine Berichtigung angedeihen lassen. Der sagte gestern, man yermisse in diesem Geseh eine Bestimmung darüber, daß die neuen Schiffe auf deutshen Werften gebaut werden sollen. Der Herr Abgeordnete hat insofern Recht, als in diesem Gesey sich nihts Bestimmtes darüber findet, aber das war auh ni@cht nöthig, und insofern hat er Unreht; denn es steht in dem alten Gescß von 1885, zu dem dies nur eine Novelle is, da is aus- drücklich in § 3 gesagt: in dem Vertrag, den Deutschland mit der Gesellschaft abschließen wird, müssen dieser unter allen Umständen die Hauptbedingungen der Linie, wie sie in der Anlage stehen, auf- erlegt werden, und die Nr. 5 der Hauptbedingungen lautet ausdrüdck- lich dahin, daß alle neuen Schiffe auf deutschen Werften gebaut werden müssen. Also was der Herr Abg. Scaedler vermißt hat, ist vollständig vorhanden.

Dem Herrn Abg. Freiherrn von Stumm möchte ih noch sagen, daß es ja unsere Absicht ist, wie ih son gestern geäußert habe, abzuwechseln, einmal in Antwerpen und das anderemal in Rotterdam anzulegen. Jch glaube, daß wir in dieser Beziehung das Richtige mit der Lloydgesellschaft treffen werden.

Abg. Singer (Soz.): Wir halten eine Kommissionsberathung niht für nothwendig und lehnen die Vorlage ohne weiteres ab, weil fie nur den Zweck hat, die Frachten zu Gunsten des Auslandes zu ermäßigen. s geht hier so wie bei der Zuckersteuer. Die „Kreuzzeitung“ hat es ja am 5. Dezember ausgesprochen, daß die deutsche Handelsflotte die französische überholt hat, troßdem die letztere reid- li unterstüßt wird. Die Liebesgaben für den Lloyd drücken die Frachten der anderen Unternehmungen nieder, welche Fs an den See- leuten und ihren Arbeitern s{hadlos halten. Die Urfa en des Ham- burger Ausftandes sind in solchen Dingen zu fuchen, nit bei den Arbeitern. Die Ausständigen erfreuen sih der Zustimmung der ganzen zivilisierten Welt wegen ihrer guten ltung; denn sonst hätte shon längst Militär einschreiten müssen. ie Informationen des Herrn von Boetticher waren unrichtig; denn viele Hamburger Arbeiter erhalten niht 4,20 , sondern nur 2 A und 2,90 M Arbeitslohn. (Rufe: Zur Sache!) Das Reich hat gar keine Ver- anlassung, den Norddeutschen Lloyd zu subventionieren dafür, daß er solche Zustände herbeiführt. Gegen die Kingsin-Linie brauchen -wir den Lloyd nicht dur Subvention zu s{hüßen; er hat durch seinen Vertrag mit dem Reich bewiesen, daß er sch selbst wehren kann. R Frese hat die Landwirthe anlocken wollen. Aber seine Ver- sprehungen werden nit ausreihen, er müßte denn namens des Lloyd den Verzicht auf Getreide-Import aussprechen können. Die Hamburger Nheder haben das stolze Wort gespro en: Wir wollen Herren sein in unserem Hafen. Die Herren hätten bedenken follen, daß 40 Millionen vom Reiche zugeshhossen sind zu den Freihafenbauten. Herr von Boetticher solite diese Rheder nicht noh unterstüßen. Wenn Herr Hahn schon über die lange Arbeitszeit der Schiffsoffiziere ogt wie müssen dann erst die Arbeiter angespannt worden sein, die se bst arbeiten, während die Offiziere bloß beaufsihtigen. In einer eit stetig fortshreitender Schiffstechnik ist es bedenklich, daß die Regierungen fh auf 15 Jahre binden wollen. Daß der Postyerkehr nah Ost-Afien jemals einen nennenswerthen Umfang annimmt, if doch kaum zu hoffen; namentlich wird der Poftanweisungsverkehr den Wechselverkehr nie-

mals verdrängen.

Staatssekretär des

von Boetticher: : i Meine Herren! Zu meinem Bedauern habe ih den heutigen Ver-

handlungen bisher nit beiwohnen können, weil ich dur eine Bundes- rathssizung in Anspruch genommen war. Jh bin aus dieser Bundesrathssigung hergerufen worden, weil, wie man mir gesagt hat, der Herr Vorredner \ich besonders mit meiner Person beschäftigt und insbesondere die Haltung bemängelt hat, die ich vor einigen Tagen bei der Besprehung des Strikes in Hamburg und Bréèmen eingenommen habe.

Ich habe mi verpflichtet gefühlt, sofort hier zu erscheinen, um

Innern, Staats - Minister Dr.