1896 / 300 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Dec 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Portugal.

Die Lissaboner Blätter berichten ausführlich über den wischenfall in Lourenço Marquez und sprechen si nstimmig dahin aus, daß Deutschland Genugthuung gewährt

werden müsse. „Diario de Noticias“, „Economista“ und andere Blätter heben auch die persönlihen Sympathien hervor, deren der deutsche s was Graf Pfeil sih bei der Einwohner- schaft von Lourenço arquez erfreue.

Schweiz.

Der Nationalrath hat in Uebereinstimmung mit dem Ständerath nah längerer Berathung die Abschaffung der be- sonderen Uebungen für Offiziere und Unteroffiziere des Land- sturms und die Annahme des Postulats einer Erleichterung der Dienstpflicht der Landsturmtruppen beschlossen.

Velgien. Der Senat seßte gestern die Berathung des Geset- entwurfs über die böorsenmäßigen Wetten und Spiel - geschäfte fort und nahm denselben nahezu einstimmig an.

Türkei,

Der Ministerrath hat, dem Wiener „Telegraphen- Korrespondenz - Bureau“ zufolge, dem Sultan den Vorschlag unterbreitet, den Armeniern Amnestie zu gewähren. Troßdem diese zu erlassende Amnestie als eine allgemeine be- zeihnet werde, bestehe dennoch die Absicht, Ausnahmen fest- usezen und die zu mehr als dreijährigem Kerker verurtheilten

ndividuen, ferner niht verhaftete oder nicht abgeurtheilte Führer des armenischen Comités sowie gemeine Verbrecher auszuscheiden. A

Eine serbische Deputation aus Uesküb ist in Kon- stantinopel eingetroffen, um gegen die Wahl des Metropoliten Ambrosius zum Metropoliten von Uesküb Einspruch zu erheben. Das Patriarchat hat ein Schreiben an den Kultus- Minister Abdurrahman Pas ha gerichtet, worin betont wird, daß die ottomanishen Rumänen noch nie dem Fi tiardat direkt ihre Wünsche vorgelegt hätten. Dieses

reiben werde als ein Zeichen dafür angesehen, daß das Patriarchat geneigt sei, in Verhandlungen einzutreten.

Serbien.

In der gestrigen Sißung der Skupscht ina brachten, wie „W. T. B.“ berichtet, 70 Abgeordnete eine Jnter- pellation ein betreffs der Uesfküb-Affaire. Der Minister- Präsident Novakowits erklärte, die Regierung habe alles gethan und werde au künftighin alles thun, um die gerechte Entrüstung der serbischen Bevölkerung zu stillen. Die Skupschtina nahm sodann eine Resolution an welche unter Kenntnißnahme der Antwort des Minister-Präsidenten das Be- dauern über diese Vorfälle ausspriht und der Verwunderung Ausdru giebt, daß der ökumenische Patriarch, der niht nur griechischer, sondern allgemeiner Patriarch sei, die Juteressen der Serben nit ebenso wie die der anderen Nationen wahr- nehme. Jm Vertrauen auf die Regierung des Türkischen Reichs und die Gnade des Sultans spricht die Skupschtina shließlich die Hoffnung aus, daß die Bemühungen der Regierung, falls alle Parteien Serbiens einig seien, von Erfolg gekrönt sein würden.

Amerika.

Das stehende Heer Argentiniens beftand nah dem „Semenario militar“ am 1. November d. J. aus: 1 Genie- Regiment (26 Offiziere, 372 Mann), 1 Gebirgs-Artillerie- Regiment (21 Offiziere, 456 Mann), 6 Feld-Artillerie-Regi- mentern (115 Offiziere, 2151 Mann), 12 Jnfanterie-Regimentern (278 Offiziere, 4466 Mann), 10 Kavallerie-Negimentern (203Offi- ziere, 3167 Mann) und einer Eskorte des Präsidenten (3 Offiziere, 38Mann). Die Gesammtstärke betrug83 Chefs, Ae und 10 630 Mann, es fehlten mithin an der durch den Heereshaushalt festgeseßten Ziffer, welhe 103 Chefs, 703 Offiziere und 11 437 Mann beträgt, 23 Chefs, 101 Offiziere und 935 Mann. Militärbeamte waren 102 angestellt. Pferde waren 4662, Maulthiere 1530 vorhanden. Das Genie-Regiment zählt zwei Kompagnien Sappeure - Mineure, eine Pontonier-, eine Telegraphisten- und eine Eisenbahn - Kom- pagnie. Die Feld-Artillerie-Regimenter find in je drei Batterien eingetheilt, das (Zebirgs - Artillerie - Regiment dagegen hat sechs Batterien. Die Kavallerie-Regimenter zählen je drei Eskadrons, die JInfanterie-Regimenter je vier Kom-

agnien. Jm Heereshaushalt ist die Errichtung von weiteren vier nfanterie-Regimentern (Nr. 13, 14, 15 und 16) und einem Kavallerie-Regiment (Nr. 10) vorgesehen, aber noch nit zur Ausführung gelangt. Die gesammte Armee ist auf 16 Gar- nisonen vertheilt.

Asien.

Nach einer dem Madrider „Jmparcial“’ zugegangenen Meldung aus Manila hâtten die Aufständischen fd zahl- reicher Neiténen bemächtigt. Ein Gutsbesißer sei in Bulacan entseßlih verstümmelt und gepeinigt worden. Der „Times“ wird aus Singapore von gestern berichtet, die spanischen Truppen seien von den einzelnen Philippinen-Jnseln nach Manila zurückgezogen worden. Die Rebellen, welche Cavite befestigten, seien jeßt 50 000 Mann stark. Das Land sei in vollem Aufruhr.

Afrika.

Der deutsche Gesandte Freiherr Schenk zu Schweins - berg ist auf dem spanischen Postdampfer gestern in Tanger eingetroffen.

Wie das „NReutershe Bureau“ aus Tanger von heute meldet, ist der deutshe Banquier Haeßner , als er sih in der vergangenen Nacht nach Hause begeben wollte, in einer rang von 300 Yards von dem Stadtthore ermordet worden.

Die „Times“ erfährt aus Krügersdorf, es scien da- selbst gestern über 5000 Burghers zusammengekommen, um den Dingaans-Tag zu feiern. Der Präsident Krüger habe hierbei eine Ansprache gehalten, worin er namens der Ne-

perang und aller guten Burghers erklärt habe, daß nur ein efühl der Freundschaft gegenüber den Engländern bestehe.

Die Festlichkeit sei in vollkommener Ordnung ohne das geringste

Zeichen einer Stimmung gegen die Engländer verlaufen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sigun des Reichs - tages und der Schlußbericht über die gestrige Sivung des Herrenhauses befinden fih in der Ersten Beilage.

In der heutigen (4.) Sigung des Herrenhauses ge- langte zunächst ein Telegramm des gestern zum Präsidenten Een Fürsten zu Oren zur Ver- elung, in welchem der Gewählte er lärt, die auf ihn gefallene Wahl wegen andauernder P Den zu seinem tiefsten Be- dauern niht annehmen zu können. Das Haus wird somit demnächst zu einer anderweitigen Wahl zu schreiten haben.

Das zur Zeit noch der Beschlußfassung des Hauses der Abgeordneten unterliegende Lehrerbesoldungsgeseß soll in der zweiten Hälfte des Monats Januar n. J. zunächst einer all- en Besprechung unterzogen werden. Das Geseg, betreffend die

ilgung von Staatsschulden und die Bildung eines Ausgleichs- fonds, wird einer besonderen a0 O von 15 Mitgliedern über- wiesen. Diese Kommission wird ofort durch Zuruf gewählt. Die Städte- und Landgemeindeordnung für Hessen - Nassau wird bei ihrem Eingang der um 5 Mitglieder aus der Pro- ci Hessen-:Nassau verstärkten Kommunalkommission überwiesen werden.

Da der in Aussicht genommene Termin für den Wieder- zusammentritt des Hauses (etwa am 20. Januar) mözglicher- weise nicht innegehalten werden kann, p sih der Erste Vize-Präsident Freiherr von Manteuffel vom Hause er- mächtigen, namens desselben am 27. e 1897 zum Geburtstage Seiner Majestät dem Kaiser und König die ehrfurhtsvollsten Glückwünsche darzubringen.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fnterpellation des Grafen Udo zu Stolberg, betreffend die Produ kten- und Fondsbörsen. Da der Minister für Handel und Ge- werbe Brefeld noch im Abgeordnetenhause der Verhandlung über das Handelskammergeseß beiwohnt, wird der Gegenstand einstweilen zurückgestellt.

Der am 16 Oktober 1896 zwischen. dem Reich für Preußen und den Niederlanden abgeschlossene Vertrag, betreffend die Unterhaltung des Seefeuers auf Borkum sowie der Beleuchtung, Betonnung und Bebakung der Unter-Ems, wird ohne Debatte genehmigt, ebenso der S wegen Aenderung des Geseßes vom 3. Juli 1876, etreffend die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen (Besteuerung der S e, in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen

afsung.

_ Namens der Handels- und Gewerbe-Kommission erstattet jodann Ober - Bürgermeister Dr. Möllmann - Osnabrück Bericht über die orlage wegen Abänderung des Geseßes über die Errichtung und Unterhal- tung von Fortbildungs\hulen in Westpreußen und Posen. Die Vorlage ertheilt dem Minifter für Handel und Gewerbe die Ermächtigung, die Verpflichtung zum Besuch der Fortbildungsschulen für diejenigen Gemeinden aus- zusprechen, in denen dieselbe niht durch Ortss\tatut bereits an- geordnet ist.

Die Vorlage wird unverändert angenommen, nachdem Ober-Bürgermeister Bender-Breslau an die Regierung die Bitte gerichtet hat, auch den fakultativen Fortbildungss{hulen sih freundlich gegenüberzustellen.

In einmaliger Schlußberathung erledigt das Haus ferner den Geseßentwurf, betreffend die Kirchengemeind e- Ordnung für die evangelishen Gemeinden in den Hohenzollernschen Landen dur unveränderte Annahme, ebenso den Gesegentwurf, betreffend die Heranziehung der Fabriken 2c. mit Vorausleistungen für den Wegebau in der rovinz Pommern.

Znzwischen ist der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld erschienen.

Zur Verlesung gelangt nunmehr die Jnterpella tion des Grafen Udo zu Stolberg:

_ eBeabsichtigt die Staatsregierung an den größeren Börsen- pläten eine Trennung der Produktenbörse von der Fondsbörse in der Weise herbeizuführen, daß der die Produktenbörse leitende Vorstand zu gleichen Theilen aus Vertretern des Handels, der Landwirthschaft und der Mülleret zusammengesetzt wird ?* «Der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld erklärt

sih zur sofortigen Beantwortung bereit.

Graf Udo zu Stolberg: Der Gegenstand der Interpellation betrifft zweifellos eine Landesangetegenheit. An der Produktenbörse hat die Landwirthschaft ein ungleih größeres Interesse, als an der Fondsbörse; sie muß daher auch ausreihend im Börsenvorstand vertreten sein. Nah dem Vorgang bei der Zusammen- seßung des provisorischen Börsenausfhusses steht zu befürchten, daß auch bei der definitiven Bildung der Börsenvorstände die Landwirthschaft zu kurz kommt. Der einzige Ausweg ist die Trennung der Fonds- und der Produktenbörse und die Zufammen- seßung des Vorstands der leßteren in der erwähnten Weise, für welche sich auch die Landwirthschaftskammern und der Landwirth- schaftsrath- ausgesprohen haben, wie auh etwaige Aufwendungen, die zu diesem Zweck erforderlih werden, von den Kammern bereitwillig übernommen werden würden. Die émpfohlene Zusammen- seßung des Vorstandes der Produktenbörsen ift nothwendig im Interesse der richtigen Pretsfeststellung. Die Trennung würde ermögs- lichen, daß die beiden Börsen fih friedlih neben einander entwideln und Kompetenzstreitigkeiten vermieden werden.

Pi ergreift der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld das Wort. (Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten gann in seiner

heutigen (12.) Si ung, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Brefel eiwohnte, die Berathung des Gesegz- entwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Handelskammern, vom 24. Februar 1870.

__ Abg. von Brockhausen (kons.): Jh begrüße es mit Freude, daß die Vorlage ih auf die Verbesserung des Handelskammergesetzes beschränkt und nit auf vie allgemeine Organisation eingeht, die im vorigen Jahre lebhafte Bedenken ee hat. Der Handels- Minister ist so fehr beshäftigt mit der Organifation der Börse und des Handwerks, daß er dieser Frage sich nicht zuwenden kann. Redner hält es aber für nothwendig, darauf hinzuweisen, daß in einer Organisation niht Handel und Industrie, Klein- und Großgewerbe zusammen- geworfen werden dürfen. Die Induftriellen fanden sh in den Handelskammern nicht genügend vertreten, sie haben fih den freien Vereinigungen zugewende!? und find in die chutzollbewegun eingetreten mit Eee puns der Landwirthschaft. Dieses Karte ist bei den Handelsvertr gen nit gehalten worden, troßdem wird die Landwirthschaft gern und I die Hand zu gemeinsamer Arbeit bieten, aber sie muß überzeugt fein, daß die Industrie die Forderungen der Landwirthschaft : als berehtigt anerkennt. Wenn die Verhältnisse der Landwirthschaft noch weiter zurückgehen, dann können die östlichen Provinzen nicht mehr vor ehen mit dem Bau von Kleinbahnen zum Schaden der Eisenindustrie, Die obligatorische Bildung der Handelskammern wurde begründet mit dem Vorhandensein der Landwirthsaftskammern. Nothwendiger als die Organisation des Handels sei die des Handwerks. Freilih, als man früher einmal în diesem Hause über die Petitionen von Handwerkern verhandelte, va übergoß man

die Handwerker mit Hohn und Spott. Ein Beri t

führte damals aus, daß die Petitionen zumeist aug tate schaften herrührten, deren Namen die Herren zum erften Male höre», würden, z. B. aus Oldesloe und Daber. Nun, die Stadt Oldesloe istjeßt wohl bekannt genug, sie liegt an der Berlin-Hamburger Bahn in der Nähevon Crledri@truh, dem Wohnsiß e geliebten Alt-Reichskan nd Und die Ortschaft Daber dürfte wohl auch bekannt sein, denn die Dabersche Kartoffel eignet sich besonders zu Pellkartoffelz. Redner tritt energisch für die Organisation der Handwerker ein und ho daß die Bedenken einiger Einzelstaaten, welche im Bundesrath auf getreten seien, beseitigt wecden. Die Handwerkskammern keinerlei Recht, als Vertreter des Handwerks aufzutreten. Die Agi, tation gegen die Handwerkerorganifation gehe nicht von den Hand- werkern aus. Es war nothwendig, die Stellung der Konservativen zu dieser Sache noh vor Erledigung der Arbeiten in den Aus\{ü}en des Bundesraths zur Kenntniß der Regierun u bringen. A Geseß von 1870 über die Handelskammern ift ia vielen Punkten obfolet geworden; wir werden an der Verbesserung mitarbeiten,

wir erachten uns nit für berechtigt, Bestimmungen zu treffen welche neue Verhältnisse bilden. Jedenfalls können wir die Vor, shrift nicht annehmen, daß die sämmtlichen eingetragenen Genossenschaften wahlberechtigt und beitragépflihtig sein follen. Sollen landwirthschaftlihe Genossenschaften Gelder beitragen für die Handelskammern, welche gegen die Margarinevorlage aus. esprochen haben und gegen die Interessen der Landwirthschaft thâtig find? Wenn diese Bestimmung beibehalten wird, würden wir gegen das ganze Geseß stimmen. Redner beantragt die Einseßung einer Kommission von 21 Mitgliedern.

Abg. Bueck (nl.): Dem Vorredner kann ih auf das weite Gebiet, welches er behandelt hat, nit folgen. Er bekämpfte das Zusammenwerfen von Handel und Industrie, von Groß- und Klein- gewerbe. Das Kleingewerbe kann zu seinem Recht vollständig Tommen, wenn die Handelskammern nah Abtheilungen wählen. Den Standpunkt des Herrn Seyffardt bezüglich der Besteuerung der Waarenhäufer theile i vollfiändig. Wir werden allen Bestrebungen entgegentreten, welhe die Schaffensfkraft des Einzelnen besteuern sollen zu Gunsten derer, welche diese Scaffenskraft nicht besitzen. Die Drohungen, daß die Kleingewerbetreibenden uns nicht wieder- wählen, lassen mi sehr kühl. Jch folge solchen Strömungen nicht, und ih glaube, die meisten meiner politishen FaUNEe stehen auf dem- selben tandpunkt. Gegen die obligatori che Zufammenwerfung bon Handel und Industrie haben wir uns auch ausge- sprochen. Aber anders liegt es bei der freiwilligen Zusammen- [chließung zu einer Handelskammer. In den 70er Jahren waren dia Handelskammern freibändlerish; daraus entftanden die freien Ver- einigungen. Aber heute hat sich Manches geändert; die Freihändler alten Schlages gehören jeßt in die Naritätenkammer. Die jeßigen Freihändler erkennen die Nothwendigkeit gemäßigter Schutzzölle vollauf an, und diesen Standpunkt nehmen die meisten Handelskammern ein. Die Landwirtbschaft hat der Industrie große Dienste geleiftet zur Erlangung der Schußzölle. Aber es hat lange Zeit gedauert, ehe sid die Landwirtbschaft von der Nothwendigkeit der Schutzzölle überzeugte. Daß der russische Handelsvertrag die nothwendige Konsequenz des von den Konservativen selb}t angenommenen österreichischen Vertrages war, ist oft genug erwiesen wo:den. Die berechtic ten orderungen der Landwirthschaft finden in keiner A ein willigeres Ohr als ein den Nationalliberalen. In der «Deutschen Tageszeitung“ wurde ich als der größte Gegner der Landwirthschaft bezeichnet. Ich habe an anderer Stelle erklärt, daß ich am weitesten zu gehen bereit bin. Jch habe garnichts dagegen, daß die landwirthschaftlichen Schutzölle noch erhöht werden. Denn die konsumfähige Landwirthschaft ist einer der bedeutendsten Faktoren unserer Wirthshaft. Wenn Sie mich danach noch als einen Feind der Landwirthschaft betrachten, so läßt mich das falt. Der Aufshwung der Gisen- industrie ift nicht dur den Export, fondern durch den ge- steigerten Konsum im Inlande au erklären. Die Bildung obligatori- [her Interessenvertretungen für Vandel und Industrie weisen wir von der Hand, weil sie mit Nothwendigkeit die Bildung der obli- gatorischen Vertretungen der Arbeiter zur Folge haben muß, und die wollen wir nit; denn dieje Arbeitervertretungen wären eine Vertretung der Sozialdemokratie. Jch bin ein entschiedener Gegner der Zwangs- organisation der Handwerker, aber ein warmer Freund der Handwerker. Es ist dankbar anzuerkennen, daß der neue Handels - Minister die Novelle zum Handelskammergesetz so shaell ausgearbeitet und den Interessenten Gelegenheit zur Aeußerung gegeben hat. Die Aende- rungen bezwecken, veraltete Vorschriften zu erseßen und den Handels« kammern mehr Bewegungsfreiheit zu geben. Die Ausftellungen des Vorredners in Bezug auf die landwirthschaftlichen Genossenschaften find zum theil beredtigt, aber niht bezüglich aller Genoffenschaften; denn es befinden si zahlreiche darunter, die mit der Landwirthschaft garnichts zu thun haben. Redner geht dann auf die Einzelheiten des Geseßes ein und bemängelt, daß die Prokuristen auch wählbar gemat twerden fönnen. Das Wahlrecht ift jeßt, führt er aus, ein allgemeines und gleihes und bleibt es, soweit nit andere Bestimmungen getroffen werden. Wenn die kleinen Händler und Detaillisten ih threr Macht bewußt werden, werden fie es aber zu einer solchen Aenderung des Wahlrechts, zu der Bildung von Abtheilungen 2c., niht kommen lassen. Da in alle Wablen das polishe Glement hineinspielt, so bin ich dafür, Laß die Wahlen in möglist langen Zwischenräumen stattfinden, um die Erregungen der Wahlen zu ver- ringern. Nothwendig ist die Verleihung der juristischen Persönlichkeit an die Handelskammern, denen ih eine gewisse Mitwirkung bei der Führung der Hande!sregister zuweisen möchte. Wir ftehen dem Ge- leß durhaus freundlih gegenüber und wünschen, daß dasselbe mit einigen nothwendigen Aenderungen zu stande kommen möge.

Ul nimmt der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld das Wort. An der Debatte betheiligten sih ferner die Abgg. Gamp (fr. kons.) Cahensly (Zentr.), Dr. Edckels (nl.), Broemel (fc. Vgg.) und Fu chs (Zentr.).

Die Vorlage wird einer Kommission von 21 Mit- gliedern überwiesen, worauf das Haus fih bis Freitag, den 8. Januar n. J, vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg berichtet das „Wolff’she Bureau“ zum Aus- stande der Hafen- und anderen Arbeiter: Jm Hafen waren gestern auf 180 Schiffen 386 Gänge in Thätigkeit; auf 33 Schiffen wurde nicht gearbeitet. Der Zentral - Auéstandskommission wurde folgender Vorscblag zur weiteren Ausarbeitung unterbreitet: Falls nit in absehbarer Zeit die Arbeitgeber einen Vergleich mit den Arbeitern geschlossen hätten, sollten alle jeßt am Ausstande betbeiligten Arbeiter einen eigenen Arbeiterring bilden, welcher auch alle im Hafen vorkommenden Arbeiten selbständig übernehmen könne, da er aus allen Kategorien der im Hafen beschäfti ten Arbeiter bestehen würde. Da dann Stauer-, Ewer-, Heuerbaase 2. fortfallen würden, so fönute dieser Ring niht nur alle erhöhten Lohnforderungen den Arbeitern be- willigen, sondern au 15 9% billiger arbeiten als die jeßigen Zwischen- personen; die Arbeiter hätten dann nur mit den Kaufleuten und Rhedern direkt zu thun. An vielen Stellen fanden Ausfchreitungen statt, bei denen die Polizei eingreifen mußte. Es wurden Verhaftungen vorge- nommen, au sind Verwundungen vorgekommen. Eine einem Stauer gehörige, aber geschlossene Wirthschaft wurde von den Ausständigen in der Naht zum Mittwoch gänzlih verwüstet. Der Schaden wird auf 4000 gelbe Die Getränke wurden vershüttet, die Betten und das Vausgeräth mit Petroleum begofsen.

Aus Hanau wird der „Rh.-Weftlf. Ztg.“ zum Ausstande der Diamantschleifer (vgl. Nr, 296 d. Bl.) gemeldet: © nögesammt n 177 der Organisation angehörige und 30 andere Diamant- chleifer ausftändig, von welchen etwa 120 verheirathet sind.

Aus London meldet „W. T. B,“ : Der Unter-Staatssekretär des Auêwärtigen Curzon hat dem Arbeiterführer Tom Man auf feine Heshwerdeschrift wegen seiner Ausweisung aus" amburg mitgetheilt, daß Lord Salisbury unter Mitwirkung des engli chen Botschafters in Berltn die Angelegenheit vollständig uwitersüdt habe und finde, daß die Verhaftung und Ausweisung Man's durch die Umstände gerecht- fertigt gewesen und daher kein Grund zu Vorstellungen bei der Trtichen Regierung gegeben sei. (Vgl. Nr. 282 d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

Der Geheime Medizinal. Rath, Professor Dr. von Bergmann heging gestern seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlaß wurde dem aGubilar geslern Mittag fein im Auftrage der früheren und jeßigen Assistenten von Professor Franz von Leubah gemaltes Porträt über- reiht. Zu der Feier, die einen durchaus intimen Charakter trug, waren viele der srüher:n Assiflenten Professor von Bergmann's von auswärts hierhergekommen. E

Nicht weniger als fünfzig, zum theil hochbedeutende Kunft- werke bilden die Ausftellung der neuen Erwerhbun gen, die am 15, Dezember im zweiten Corneltusfaale der Königlichen National-Galerie eröffnet wurde. Mit besonderer Genugthuung ist es zu begrüßen, daß unter den ausgestellten Werken sich zahlreiche Arbeiten ausländischer Künstler befinden, deren Wirken für dieEntwickelung dermodernen Kunst bahnbrehend gewesen ist, Für diese Erwerbungen hatte Seine Majestät der Kaiser und König Mittel aus dem Aller-

höchsten Dispositionsfonds zu bewilligen geruht, auch die Hälfte des

Vebershusses der vorjährigen Kunst-Auéstellung wurde für Ankäufe der National-Galerie bestimmt, und überdies eine ansehnlihe Summe von hohherzigen Kunstfreunden der Direktion zur Verfügung gestellt. Dem Geschmack und der Einsicht des gegenwärtigen Leiters der Galerie, Herrn Professors Dr. von Ts\chudi ist es zu danken, daß diese reihen Mittel eine glückliche und planvolle Verwendung fanden. Der so erfolgreih beschrittene Weg dürfte in kurzer Zeit zu dem lange erftrebten Pee einer _nicht nur vielseitig anregenden, sondern au ernsthaft belehrenden Sammlung moderner Kunst führen. Dem oft empfundenen Mangel an bistorisch bedeutsamen Werken der ausländischen Kunst, die uns erst die Entwickelung der einheimischen Produktion erklären helfen, ist, foweit es in so kurzer Zeit geschehen fonnte, einigermaßen abgeholfen. Den frühesten Vertreter der intimen Undschaftémalerei in unserem Jahrhundert, den Vorläufer der Schule von Fontainebleou John Constable lernen wir in zwei sehr harakteristisden Oelbildern und einer Reihe von Aquarellskizzen kennen. In dem „Mühlwehr“ des großen Naturalisten Gustave Courbet erwarb die Galerie ein zwar koloristisch bezeinendes Werk des Meisters, den wir indeß meist aus Bildern anderer Motive, die dem Leben des Landvolks entlehnt sind, zu beurtheilen pflegen. Die cigentlihe Schule von Fontainebleau bleibt einstweilen in der National-Galerie noch unvertreten. Dafür ist es aber ge- lungen, ein Hauptbild des bahnbrehenden Impressionisten Edouard Manet anzukaufen, das einen Markstein in der Geschichte der modernen Malerei bedeutet; wenn es auch nicht ju den frühesten Arbeiten des genialen Franzosen gehört, so fommen doch sein rücksihtsloser Naturalizmus, seine eminente Farbenkraft, seine erftaunlih breite Technik hier zu geradezu fklassishem Ausdruck. Eine ganz neue Art, zu sehen und künstlerisch zu empfinden, wurde durch Manet’s Auftreten offenbart. Claude Mone t, von dem eine pikante Frühlingslandschaft „Ansicht von Vétheuil* ausgestellt ift, und Degas, der der Pastelltehnik ganz überraschend kräftige Effekte abzuringen versteht von ihm rührt die verblüffende Momentstudie , Konver- sation“ her fuß:n im wesentlihen auf den Errungenschaften der Kunft Manet’s, die sie um n-ue vermehren. ZBierliher und pifanter isstt der Impressionismus Boldini's, dessen geistreiches Porträt des Altmeisters Menzel wir in den Berichten über die diesjährige Aus- stellung bereits gewürdigt haben, fowie die intimen Schöpfungen utt -Latour?s (Damenbildniß) und René Billotte!s (Mondavfgang bei St. Denis) sind Seitenshößlinge der frucht- baren impresfionistishen Nichtung, die auch in den ebenfalls von der Ausftellung dieses Sommers bekannten Bildein Zorn's Melchers’, Thaulow'?s, Skarbina’s, Kühl?s u. a. deutlich vernehmbar dur{hklingt. Fast durhweg sind es Namen von bestem Klange, die uns bier begegnen, und die eingehend zu charakterisieren den verfügbaren Raum überschreiten würde. Wir heben deshalb aus der Fülle bedeutender Werke nur einige heraus, zu deren Erwerbung die Direktion der National-Galerie ganz besonders zu beglückwünschen ist. So Mes dag?’s „Sommerabend bei Scheveningen*, Maris? Kanal- landschaft, die ih durch seltene altmeisterlihe Kraft der Farbe auszeichnet, Pettenkofen's „Nastende Zigeuner“, Schönleber's grandiose italienise Herbstlandschaft, Hans von Volkmann ?s3 „Frühlings- lüfte“. Die jüngere shottische Landschaftsmaleret ist mit einem meifterhaften kleinen Dorfbild von I. Lochhead vertreten, während das Damenporträt Lavery's und die etwas verblasene Herbstland- schaft Nisbet's zwei bereits anerkannte Mitglieder der shottischen Malerkolcnie gut haralterisieren. Den “neuerworbenen Werken spanisher und italienischer Maler ift weniger Gutes nach- ¡urühmen, bis ouf die in Technik und Auffaffung einzig- artigen Schöpfungen Giovanni Segantini's, die von der leßten Münchener Kunstausstellung ihren Weg in unsere Staats- sammlung gefunden baben. Auch hier spricht eine der markantesten Persönlichkeiten moderner Kunst zum Beschauer, wie aus den Zeich- nungen Mar Liebermann's, die eine empfindli&e Lüdcke unseres öffentlichen Kunstbesitzes ausfüllen. ,

Von plastishen Werken seien Nodin?’s geistvolle Büste des

ildhauers Dalou, Meunier’s „Verlorener Sohn“. Manzel's

eAbendlied“ nur kurz erwähnt. Eine der werthvollsten Erwerbungen, die Amazone Tuaillon's, hat ihre Aufstellung auf dem Vorplatz der National-Galerie gefunden. Die Ausstellung ist von weittragender Bedeutung: fie bezeichnet tinen denkwürdigen Fortschritt in der Bewältigung der Aufgaben, denen unsere öffentlihe Kunstverwaltung ibre Kräfte widmet, und wird der National - Galerie siherlich die Stelle wiedererobern helfen, die ihr in unserm Kunstleben gebührt.

Die Académioe de médecinse zu Paris hat in ihrer leßten Sizung den Preis Saint- Paul im Betrage von 25000 Fr., der für die Entdeckung eines wirksamen Mittels gegen die

iphtherie ausgeseßt war, dem Dr. Rour in Paris und dem nedeimen Medizinal-Rath, Professor Dr. Behring in Marburg zuerkannt.

Gefundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts* Nr. 51 vom 16. Dezember. Gelbfieber.

In Rio de Janeiro gelangten vom 20. September bis 17. Oktober 3 Todesfälle zur Kenntniß. Auf Cuba wurden in Havanna vom 30, Oktober bis 12. November 158 Todesfälle (bei etwa 420 Neuerkrankungen) daruntèr 149 unter dem Militär festgestellt, in Cardenas vom 2. bis 31. Oktober 5 (34), in San- 2g. 40 vom 25. Oktober bis 7. November 20, in Cienfuegos vom 26, Oktober bis 8. November 42, in Matanzas vom 22. Oktober bis 4, November 25, in Sa gua la Grande vom 2%. Oktober bis 7. November 30 (228). :

Nach Mittheilungen der „Public health reports“ vom 18, Df- lober bezw. 4. November ist die Seuhe in S. Salvador zu pheertad und Acajutla, auf Haiti in Port au Prince aus-

roden,

Verschiedene Erkrankungen. b Podcken: Odessa 4, Warschau 8 Todet fälle; Paris 23, St. Peters- urg 7 Erkrankungen ; Rückfallfieber: Moskau 6 Todesfälle: St, etersburg 20 Erkrankungen ; Milzbrand: Moskau und t, Petersburg le 1 Todesfal; Influenza: Berlin 3, Charlotten- urg, Elberfeld, Pamburg, Budapest je 2, London 19 Todesfälle ; Frankfurt g. U. 26, Hamburg 5, Stockholm 21 Erkrankungen.

Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starben an Masern (Dur(- schnitt aller deutshen Berichtsorte 1881/90 : 1,30%): in Beuthen, Zwickau, Brünn und Glaëgow. Erkrankungen kamen vor in Berlin 70, Breslau 45, in den Regierungsbezirken aa 3599, Düsseldorf 214 Königsberg 407, A 90, dleswig 106, Stade 6, Stettin 163, ürn- berg 55, Hamburg 32, L udapest 92, Edinburg 53, Kopenhagen 529, St. Petersbur i an Scharlach (1881/90: 1,39 9/0): kungen sind angemeldet in Berlin 38, Bres[au 31, Edinburg 46, Kopenhagen 28, London 350 (Krankenhäuser), Nane 40, St. Petersburg 76, Stockholm De: Wien 47 an Diphtherie und Croup (1881/90: 4,49 9/0): in Flensburg, Königshütte Erkrankungen kamen zur Anzeige in Berlin 83, Breslau 28, in den Beg.-Bez. Arnsberg, Düsseldorf je 143, in Kopenhagen 36, London 115 (Krankenhäuser), Paris 73, St. Peterêburg 141, Wien 72 deëgl. an Unterleib8typbus in Paris 23, St. Petersburg 191.

Im Verlage von Julius Springer hierselbst ift eine zweite Auf- lage der vom N Gtfündheilaamt herausgegebenen Denk- {rift „Blattern un Schu pockdenimpfung“ zu dem bis-

-

herigen Ladenpreise von 80 5 erschienen.

Der Gesundheitsftand in Berlin war in der Woche vom 29. No- vember bis 5. Dezember ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1600 Einwohnern starben, auf das Jahr berechnet, 16,6 gegen 17,7 der Vorwoche). Unter den Todesursachen herr sten ¿zwar auch in dieser Woche akute Entzündungen der Ath- mungs8organe und Katarrhe der Luftwege vor, doch war der Verlauf ein milderer und die Zahl der durch diese Krankheitsformen bedingten Sterbefälle eine kleinere als in der vorhergegangenen Woche. Auch Erkrankungen an Grippe wurden noch viel- fa beobahtet, doch sank die Zahl der durh sie veran- laßten Sterbefälle auf 3 (von 5 der Vorwoche). Akute Darm- krantbeiten famen weniger zum Vorschein und endeten nur in 21 Fällen, die auss{ließlich Kinder im Alter unter 2 Jahren bes trafen, tödtlih. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine geringe; von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 49 Säuglinge. Von den In fektions- kranktheiten tamen Erkrankungen an Unterleibstyphus ver- einzelt, an Masern und Diphtherie häufiger, an Scharlach seltener als iîn der Vorwoche zur Anzeige, und zwar zeigten [d Grkrankungen an Masern im Stralauer Viertel und in der Rosenthaler Vorstadt, an Scharlach in der jenseitigen Luisenftadt, an Diphtherie in der jenseitigen Luisenstadt und in der Nosenthaler Borstadt am ‘abtréiGfon Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 6 bekannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut wurden seltener beobahtet. Auch Erkrankungen an Keuchhusten, die einen milderen Verlauf annahmen und nur in 5 Fällen tödtlich endeten, gelangten seltener zur ärztlihen Behandlung. Dagegen kamen rheumatishe Beschwerden aller Art, namentlich akute Gelenkrheuma- tiômen, in ansehnlich gefteigerter Zahl zur ärztlihen Beobachtung.

Handel und Gewerbe. N

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Nuhr und in Oberslesien. An der Nuhr finy am 16. d. M. gestellt 13 627, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 16. d. M. geftellt 6210, nit recht- zeitig gestellt 81 Wagen.

Zwangs-Versteigerungen. s

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 16. Dezember die nachbezeihneten Grundftücke zur Versteigerung: Scheringstraße 8, der Deutschen Handelsbank, G. A 9. gehörig, Flächenraum 9,70 a; Nußzungêwerth 12400 4; für das Meistgebot von 186 109 4 wurde der Rentier Emil Quensel, Altonaerstraße 2, Ersteher. Roßftraße 3 und Petristraße 33, 34, 35 und 36, der falliten Handelsgesellschaft Carl Heymann gehörig; Nuzungswerth 28 220 A: mit dem Gebot von 599 000 M blieb der Kaufmann Louis Locepert, Camphausenstraße 17, Meist- bietender. Der Zuschlagstermin wurde ausgeseßt und ein folcher auf den 19. Dezember d. J., Vormittags 11 Uhr, anberaumt.

Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin standen die nachbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Grundstücke zu Groß- Lichterfelde, Margarethenstraße 10 und 11, dem Zimmer- meister Johannes Schmidt zu Schöneberg gehörig; Flächenraum 1455 a, Nußungswerth zur Gebäudesteuer 29,25 M, bezw. 852 a und 2100 * 4 Nuzungêwerth zur Gebäudesteuer, Mit dem Gebot von 104426 A (als festgeseßtes ge- ringstes Gebot) blieb Frau Oberst Emilie von Desfeld, geb. Loge, zu Charlottenburg, Kantstraße 154, Meistbietende. Grund- stüuck zu Weißensee, angeblich Straßburgerstcraße 69 belegen, den Geschwistern Elise, Margarethe, Clara, Mar, Georg, Evangeline Bellien zu Berlin mit gleichen Rechten und An- theilen mit dem Bemerken, daß das Grundstück zum freien Vermögen derselben gehört, gehörig; Flädhenraum 6 a; Nutzungswerth zur Ge- bäudesteuer 3496 4; mit dem Gebot von 91 000 M blieb der Obst- händler Jsaac Choduß zu Berlin, Grenadierstr. 35, Meistbietender. Zum Zwecke der Auseinanderseßzung unter den Miteigenthümern : Grund- stück zu Lichtenberg, an der Frankfurter Chaussee 133 belegen, dem Fabrikbesizer Albert Nath zu Berlin und dem Kaufmann Richard Koch zu Berlin zu gleichen Rechten und Antheilen gehörig ; Flächenraum 1 ha 28 a 36 qm; Nuzungswerth zur Gebäudesteuer 4043 Æ; mit dem Gebot von 42500 M blieb der Kaufmann Richard Koch zu Berlin, Genthinerstraße 13, Meistbietender. Grundstück zu Schönwalde, dem Tischlermeister August Spannemann zu Schönwalde gehörig; Flächenraum 2 ha 70 a 40 qm ; Nuzungswerth zur Gebäudesteuer 430 M; mit dem Gebot von 15 700 4 blieb die ofene Handelsgesellshaft Molenaar u. Co. zu Berlin, St. Wolfgangstraße, Meistbietende. Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des zu Tegel, Schloßstraße 12, belegenen, dem Fuhrherrn Wilhelm Schimowsky zu Tegel gehörigen Grundstücks.

Berlin, 16. Dezember. Ma rktpreise nah Ermittelungen des Königlichen Polizei-Präsidiums. (Höchste und niedrigste Preise.) Per 100 kg für: Richtstroh 9,00 A; 4,00 e. Heu 6,80 M; 4,00 M. Erbfen, gelbe, zum Kochen 40,00 é ; 20,00 M. Speisebohnen, weiße 50,00 4; 25,00 M. —— Linsen 60,00 4; 25,00 4. Kartoffeln 6,00 Æ ; 4,00 M. Rindfleisch von der Keule 1 kg 1,60 M? 1,10 M. dito Bauchfleish 1 kg 1,20 4; 0,90 . Schweinefleish 1 kg 1,50 4; 1,00 A. Kalbfleisch 1 kg 1,60 M; 1,00 A. Hammel-

i ; 0,90 A. Butter 1 kg 2,80 46; 2,00 A.

; 2,60 A. Karpfen 1 kg 2,40 M; 1,20 M.

; 1,20 A. Zander 1 kg 2,40 M; 1,00 M.

; 1,00 . Barsche 1 kg 1,60 A; 0,80 M.

4; 1,20 M, Blefe 1 kg 1,20 4; 0,60 4. Krebse 60 Stück 12,00 4; 2,00 4.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht- viehmarkt vom 17. Dezember 1836. Auftrieb und Markt- preise nah Schlahhtgewiht mit Ausnahme der Schweine, welche nah Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 554 Stü. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— M, II. Qualität —,— o, 111. Qualität 84—94 4, 1V. Qualität 70—76 M Schweine. Auftrieb 8165 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 98— 100 4, Landschweine: a. gute 92—96 M, b. geringere 86—90 Æ, Galizier —— M, leihte Ungarn 2/6. bel 200% Tara, Baukonyexr 46 bet kg Lara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1602 Stück. (Durchschnitts preis für 1 kg.) I. Qualität 1,14—1,20 Á, 11. Qualität 1,04— 1,12 Æ, 111. Qualität 0,84—0,96 A Sha f e. Auftrieb 1337 Stü. (Durchschnittspreis für 1 kg.) T. Qualität 0,80—1,00 M, 11. Qualität 0,72—0,78 Æ, IIT. Qualität M

Verdingungen im Auslande.

Jtalien.

21. Dezember, 3 Uhr. Artillerie - Direktion des Feuerwerks- Laboratoriums in Bologna: Lieferung von 4000 kg gewöhnlichem Fils. Voranschlag 5000 Fr. Kaution 500 Fr. Lieferfrist 60 Tage. ues, Vezember, 10 Uhr. Ministerium der öffentlihen Arbeiten in Rom und Präfektur von Polenza: Bau einer Brücke über den Sarmento-Fluß. Länge 813 m. Voranschlag 174 800 Fr. Kaution, vorläufige, 9000 Fr., aste 10 9/6 des Angebotswerthes. 1D. Dar 1897, 9 Uhr. Ministerium der öffentlihen Arbeiten in Nom und Präfektur von Lucca: Arbeiten nebft zugehörigen Lieferungen für den Bau der Strecke Borgo nah Mozzano—Bagni (Lucca), Linie Aulla—Lucca. Kaution, vorläufige, 50 000 Fr., end- gültiger Zuschlag den 31. März, Mittags.

Niederlande.

21. Dezember. Provinzialregierung in Maa stricht: Regulierungs- 6E Be Maas bei Bergen und Broekhuizen. Boranschlag

__ 23. Dezember, Mittags. Kolonial-Ministerium im Haag: Lieferung von fertigen Wagengestellen mit Eisenbeshlägen für gee \{hlossene Güterwagen, Sand- und Holz-Transportwagen, offener Güterwagen u. \. w., alle mit Bremse versehen, für den Eisenbahn- dienst auf der Infel Java. Lastenheft (Nr. 199) für 15 Fl. bet Martinus Nyhoff im Haag. j __23. Dezember, Mittags. Kolonial-Ministerium im Haag: Lieferung des metallischen Oberbaues mit Zubehör för 14 Brück&en. Lastenheft (Litt, 42) für 8 FL. bei Martinus Nyhoff im Haag. i Numänten.

_30. Dezember, 24 Uhr. Kriegs-Ministerium in Bukarest und Direktion der Gerberei in Bucoretz: Lieferung von 16 000 frishen, gesalzenen Kuhhäuten. Kaution 10 9% des Angebotswerthes.

Serbien.

2. Januar 1897. Direktion der Königlich ferbishen Staats- bahnen in Belgrad: Lieferung von 16 000 kg Pflanzenöl zum Brennen, 24 000 kg Pflanzenöl für Maschinen, 50 000 kg Mineralöl für Maschinen und Tender, 25 000 kg Mineralöl für Waggons, 80000 kg Mineralöl für Erzeugung von Luftgas, für den Bedarf der Bahnen im Jahre 1897. Die mit einer 10 Dinar- Stempelmarke versehenen und „Angebot bebufs Oellieferung für die Königlich serbischen Staatébahnen in Belgrad“ adresfierten Offerten haben die Preise für die verschiedenen Oelsorten p. 100 kg genau anzugeben. Kaution für die Gefammtlieferung 12000 Dinar,

12. Januar 1897. Direktion der Königlich serbishen Staats- druckerei in Belgrad: Lieferung von je 30 000 kg Papier für die Jahre 1897 ued 1898. Bedingungen und Muster in der Kanzlei ges nannter Direktion. Kaution 20 000 Dinar.

Norwegen.

6. Januar 1897, 7 Uhr Abends. Staatsbahnen : Lieferung von ca. 4280 t Stahlscienen mit dazu gehörigen Winkellaschen. Angebote in ges{chlofsenem Briefumschlag mit der Aufschrift: „Anbud paa Skinner“ (Angebot auf Schienen) werden im Expeditionskomtor der Verwaltung der Staatsbahnen in Christiania, Jernbanetorvet 8/9, entgegengenommen. Nähere Bestimmungen, Bedingungen, Zeichnungen, und Spezifikationen im Komtor des Eisenbahn- Direktors, ebenda.

Dänemark. j

20. Januar 1897, 1 Uhr. Staatsbahn-Verwaltung (Maskin- Afdelingens Contor, Colbjörnsensgade 6} Koy enhagen: Liefe- rung von ca. 512000 Liter Eichenholz, 2700 Stück Fichtenplanken 10 200 Stück Fichtenbrettern, 100 Stück Mahagoni-Planken, 100 Stück INiußbaum-Planken, 200 Stück Teak-Planken, 25 Stückt Buchen-Planken, 29 Stück Weißbuchen-Planken, 1(0 Stück Espen-Planken, 50 Rollen Dachpappe. Bedingungen und Angebotsformulare an Ort und Stelle und beim „Reichs-Anzeiger“ (in dänischer Sprache).

Brasilien.

30. April 1897, 3 Uhr. Ministerium für Landwirtschaft, Handel und öffentlihe Arbeiten des Staats San Paolo, in San Paolo: Konzession für die Uebernahme der ftädtischen Gasbeleuchtung in San Paolo. Höhstdauer der Konzession 40 Jahre. Kaution 90 Millionen Nets (50 Konten).

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Goch ift die zweite englische Post über Vlissingen vom 16. Dezember ausgeblieben. Grund: Nebel an der englischen Küste.

Bremen, 17. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Llovd. Der Swnelldampfer , Spree“ ist am 15. Dezember Mittags von New-York nah der Weser abgegangen. Der Postdampfer , Stutt - gart“ ist am 16. Dezember Morgens auf der Weser angekotnmen. Der Postdampfer , Ha bs burg“ hat am 16. Dezember Meorgens St. Cathertines Point passiert. Der Reichs - Postdampfer „Gera“ ift am 16. Dezember Vormittags in Albany an- gekommen. Der RNeichs- Postdampfer ePreußen“ hat am 16. De- zember Morgens die Reise von Southampton nah Antwerpen fortgefeßt. er Schnelldampfer „Trave“ hat am 16, Dezember Mittags Dover passiert. Der Dampfer „Fohn Fothergill“ hat am 16. Dezember Nachts die Neise von Liverpool nach Bremen fortgeseßt. Der Reichs - Postdampfer „Prinz Heinrich“ if am 16. Dezember Nachmittags in N eapel angekommen.

Theater und Musik,

Königlihes Opernhaus.

Gestern begann die zweite Aufführung von Richard Wagner's Bühnen-Festspiel , Der Ring des Nibelungen“ mit dem erften Abend, „Rheingold*. Die Besetzung mit Gästen und einheimischen Künstlern war bis auf zwei Rollen dieselbe wie in dem ersten Cyclus : die Partie des Wotan war diesmal in den Hânden eines ihrer berufensten Vertreter, des Herrn Bet; den Alberih verkörperte dagegen Herr Fritz iredtg e als Gast, der dur eine hartnäckige Heiserkeit daran ver-

indert worden war, in der ersten Gesammtaufführung des Werkes mitzuwirken, und durch Herrn Schelper erseßt werden mußte. Was Herr Friedrihs geftern bot, stand weit über dem, was er vor furzem als Beckmesser in den „Meistersingern“ leistete, fo- daß sein demnächstiges Eintreten in den Verband der König- lihen Oper mit großer Genugthuung zu begrüßen if. Das dâmonishe Wesen des Zwerges, der um des Goldes willen „Weibes Wonne" entsagte, kam in feiner Auffassung mit elementarer Gewalt zum Ausdruck; Erscheinung, Gebahren und Wort vereinigten ih zu etner Gefammtwirkung, die dem kaum zu überbietenden Mime des Herrn Lieban in nichis nahhstand. Nur in der Scene, in welcher der Nibelung den ihm entrissenen Rin

verfluht, {hien es so, als habe der Sänger sein Organ noi niht völlig wieder in der Gewalt einige Töne klangen heiser und ent- fremdeten \sich merklich der vorgeschrtebenen Tonart. Fn ver- modLte diefer kleine Unfall den Eindruck der künftlerish vollendeten Gesammtleistung nicht zu verwischen. Ueber die übrige Ausführung ist Neues kaum zu berichten. Bessere Vertreter des Loge und der Erda, als Herr Vogl und Frau Heink es find, dürften kaum zu finden fein, Herr Bahmann(Donner) ist äußerlich und stimmlich dem hiesigen Inhaber der Partie, Herrn Krolop, überlegen, könnte aber bezüglich der Auffaffung und Textaussprahe noch von diesem manches kTernen, Auch den Damen Goetze (Fricka), Hiedler (Freia), erzog, Rothauser und Deppe (Rheintöhter), sowie den Herren Philipp (Frob), Krasa (Fafolt) und Mödlinger (Fafner) gebührt vollste Anerkennung. (Es muß festgestellt werden, daß gestern im allgemeinen viel Sorgfalt af die Textaussprache verwendet wurde, die bei allen Mitwirkenden fa immer verständlih blieb. Das Orchester unter Kapellmeister Wein- artner wurde seiner Aufgabe weit besser gerecht als in dem ersten Cyclus, nur die Unsicherheit der Blasinstrumente ift noch nit völlig ge

oben. Neues Theater. Der Direktor des Neuen und des Nesidenz-Theaters, Herr Sigmund Lautenburg, beging gestern die Feier feiner fünfund-

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