1915 / 288 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Dec 1915 18:00:01 GMT) scan diff

Großbritannien und Jrland. Die leßte Verlustliste nenni 45 Offiziere und 1593

Mann. Frankrei.

Unter dem Vorsit des Generalissimus Joffre ist gestern vormittag in Paris der erste Kriegsrat der Verbündeten abgehalten worden. Dec „Agence Havas“ zufolge nahmen daran teil dec frühere Chef des russischen Generalstabes General Gilinsfki, der Unterchef des italienischen Generalstabes General Porro und der Oberst Stefanowitsh als Ver- treter Serbiens. Auch England und Belgien waren vertreten.

Die Stellung des Chefkommandanten der Nordostarmee wird dem „Temps“ zufolge niht wieder hergestellt. Joffre behält die Oberste Leitung und Ver- antwortlihkeit für die militärishen Operationen auf allen Fronten. Dagegen wird ihm ein Offizier im Generalsrang beigegeben, der in sländiger Fühlung mit ihm die Leitung der Operationen auf der französishen Front hat.

Emile Constant wird am Donnerstag eine Jnter- pellation einbringen über die Erwägungen, die die Regierung zu ihrem Erlaß über den Oberbefehl veranlaßt haben, und Über die Tragweite dieses Erlasses.

Rußland.

Nach einer Meldung der St. Petersburger „Telegraphen- Agentur“ wird durch Kaiserlichen Ufas die Einberufung des Jahrgangs 1917 für 1916 befohlen.

Ftalien.

Der Pap hielt gestern mit dem gewohnten Zeremoniell ein geheimes Konsistorium - ab. Nach verschiedenen Er- nennungen hielt der Papst eine längere Ansprache.

Mailänder Blätter melden den Tod des Generals Tromsi auf dem Karst.

Spanien.

Jn der Kammer brachten die Parteien der Minderheit den Antrag ein, die wirtschaftlichen Fragen vor den militärischen zu beraten. Graf Romanones begründete den Antrag. Der Ministerpräsident Dato lehnte, der „Agence Havas“ zufolge, den Antrag ab, verließ die Kammer und begab fih zum König, um den Rücktritt des Kabinetts zu unterbreiten.

: Niederlande. Jm November sind an der niederländishen Küste

47 Minen angespült worden, darunter 28 englische, 15 deutsche und der Rest unbekannten Ursprungs. Jm ganzen wurden bisher gefunden: 727 Minen, darunter 381 englische, 57 fran- zösische, 112 deuische und 177 unbekannten Ursprungs.

Velgien.

Nachdem die Provinzen Hennegau, Limburg, Lüttich, Luxemburg, Namur, Ost- und Westflandern bereits in der Sigung der Provinzialräte vom 30. November über die Finanzierung der auferlegten Kriegskontribution Beschluß

efaßt haben, sind, wie „W. T. B.“ meldet, nunmehr auch die Vrovinzialräie der Provinzen Antwerpen und Brabant zu einer endgültigen Entschließung gelangt; sie find dem Be- {luß der sieben anderen Provinzialräte beigetreten. Hierdurch ist die Finanzierung der Kriegs kontribution im Sinue der Verordnung des Generalgouverneurs gesichert.

Schweiz.

Der Nationalrat hat, wie „W. T. B.“ meldet, zum Präsidenten den bisherigen Vizepräsidenten Arthur Engster- Appenzell (freifinnig) und der Ständerat den bisherigen Vizepräsidenten Pyth on-Freiburg (katholisch-konservativ) zum Präsidenten gewählt.

Griechenland.

Die am 3. Dezember der griechischen Regierung überreichte Note der Verbandsmächte hat, wie die „Kölnische Zeitung“ meldet, den Schwebezustand beendet. Die Note ertenne die Neutralität Griechenlands au fernerhin an und fordere nur die Regelung verschiedener für die Sicherung und Bewegungs- freiheit der Verbandstruppen in Mazedonien unerläßlichen Maß- nahmen. Das Versprechen der unverkürzten Nückgabe des für die Operationen benußten griechishen Gebietes und eines Schadenersaßzes sei besonders unterstrichen. Sofern die Regie- rung sih mit dem Jnhalt der Note einverstanden erkläre, solle sofort die Aufhebung der bisherigen Zwangsmaßregeln erfolgen. Ueber die Einzelheiten der notwendigen militärischen Maß- nahmen, welche die Verbandsmächte verlangen, würden - die Verhandlungen beginnen.

Rumänien.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ wird aus dem Krieasministerium verlautbart, daß zur Assentierung der Klassen 1917 und 1918 si au alle naturalisierten Fremden zu melden haben, die das 40. Lebensjahr niht überschritten haben. Desgleichen haben sich zu melden alle jene, die, wenn sie auch nicht naturalisiert find, sich doch des rumänischen Schutzes erfreuen.

Gegen 500 rumänishe Landwirte waren vor- gestern in Bukarest versammelt, um über die Forderung einer gründlichen Erleichterung der rumänischen Ausfuhr zu beraten. Sie stellten, obiger Quelle zufolge, nach- stehende Forderungen auf: Abschaffung der Ausfuhrtaxe, bessere Ausfuhrgelegenheit zu Wasser und zu Lande, Regelung der Ausfuhr von lebenden Schweinen und Geflügel, Ergänzung der rumänischen Zentralkommission für den Verkauf und die Ausfuhr durch sechs von den landwirtschaftlichen Syndikaten zu bezeichnende Mitglieder, Aenderung der Reglements der ZBentralkommission und Feststellung derjenigen Warenmenge, die der Landwirt mit Rücksicht auf den inneren Bedarf zurück- behalten muß; wenn die Höchstpreise für den Jnlandsverbrauch aufrecht erhalten würden, so sollten auch Höchstpreise für die Bedürfnisse der Landwirte eingeführt werden.

Bulgarien.

Durch feierlihes Glocengeläute wurde gestern früh der Hauptstadt die in der Nacht eingetroffene freudige Nachricht von der Einnahme Monastirs verkündet und die Bevölke- rung aufgefordert, dem Allmächtigen für die so sehnlih er- wartete Verwirklihung des durch Jahrhunderte gehegten nationalen Traumes und für den Ausgang der blutigen Kämpfe zu- danten, die das bulgarische Volk durch lange Jahre u bestehen hatte. Sämtliche Häuser der Stadt legten Flaggenshmuck an. Ueberall finden Kundgebungen statt.

Amerika.

Der amerikanische Kongreß is gestern eröffnet worden. Einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zufolae werden die Ausgaben nah dem neuen Haushalt 1285858000 Dollar betragen, ungefähr 179 Millionen mehr als im leßten Haushalt. Die Vermehrung der Ausgaben ist hauptsächlich auf den Flottenvoranschlag zurückzuführen.

Kricgsnahrihten.

Großes Hauptquartier, 7. Dezember. (W. T. B.) Westlicher Kriegsschaupla ß.

Bei Berry au Bac glückte eine größere Sprengung. Der französishe Graben ist mit seiner Besaßung ver schüttet, eine fast vollendete feindlihe Minenanlage ist zerstört. Oehlih von Auberive (in _ der Champagne) wurden etwa 250 m des vorderen französischen Grabens genommen; über 60 Mann fielen gefangen in unjere Hand.

Oestlicher Kriegsschauplaß. Die Lage ist im allgemeinen unverändert. Balkankriegsschauplay.

_Jpek ist erreicht. Elwa 1250 Gefangene und 6 Geschüße wurden eingebraht. Die Franzosen haben vor der drohenden Umfassung ihre Stellungen im Cerna- (Karasu-)— Vardar-Bogen aufgeben müssen.

Oberste Heeresleitung.

Wien, 6. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet : Nussischer Kriegsschauplaß.

Nichts Neues.

Ftalienisher Kriegsschaupla ß.

An der Jsonzofront hielt das feindlihe Geschüßfeuer an: es war an einzelnen Stellen, insbesondere gegen den Görzer Brükenkopf, zeitweise ziemlich lebhaft. Auch die Stadt Görz und der anschließende Ort St. Peter wurden aus allen Kalibern beschossen. Jm Abschnitt der H ochfläche von Doberdo setzte italienishe Jnfanterie unter Tags bei Redipuglia und Polazzo, Abends bei San Martino zum Angriff an; sie wurde überall abgewiesen. An der Tiroler Front dehnte sich die gegen den befestigten Raum von Lardaro gerichtete Tätigkeit der feindlichen Artillerie nun auch auf die anschließenden Stellungen nördlich des Ledrotales aus.

Südöstlicher Kriegsschauplaß.

Unsere Truppen sind nun auch westlih und südwestlih von Novipazar und an der bon Mitrovica nah Jpe? führen- den Straße auf montenegrinisches Gebiet vor- gedrungen. Jm Karstlande der Pestera wurden monte- negrinishe Vortruppen auf ihre Hauptstellungen zurückgeworfen. Oestlih von Jpek schlugen wir eine serbishe Nachhut; unsere Spißen nähern sih der Stadt. Die Zahl der in den gestrigen Kämpfen eingebrahten Gefan genen übersteigt 2100 Mann.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschaleutnanlt.

Der Krieg der Türkei gegen den Vierverband.

Konstantinopel, 6. Dezember. (W. T. B.) Amt- licher Bericht vom 5. Dezember. An der Jrakfront sammelt sich der geschlagene Feind bei Kut-el-Amara in vorher be- festigten Stellungen. Unsere Truppen näherten sih am 3. De zember Kut-el-Amara auf eine Entfernung von zwei Weg- stunden. Jndem sie den Feind von Norden und von Westen bedrängen, zwingen sie die feindlihen Truppen, die sich auf dem Kut-el-Amara gegenüberliegenden Ufer befinden, sich auf ihre Schiffe zu flüchten. Zwischen Kut-el-Amara und Bagh Kale erbeuteten wir ein unversehrtes, mit Munition beladenes feindliches Schiff und machten einige Gefangene. Wir finden im Fluß viele Leichen des Feindes.

An der Dardanellenfront bei Anafarta nahm unsere Artillerie, indem sie die vom Feinde zu Lande und zu Wasser autgeführte Beschießung energisch erwiderte, die Stellungen der feindlichen Infanterie und Artillerie mit Erfolg unter Feuer. Bei Ari Burun richtete ein feindlihes Torpedoboot am 4. Dezember fein Feuer nach verschiedenen Punkten. Am gleichen Tage zeitweilig Artillerie- und Bombenkampf. Zwei feindliche Transportschiffe wurden - auf der Höhe von Ari Burun durch unser Feuer gezwungen, sich zu entfernen. Bei Sedil Bahr zerstörten am 4. Dezember zwei Minen, die wir vor unserem rechten Flügel zur Entzündung brachten, eine feindliche Gegenmine. Der Feind eröffnete darauf ein heftiges Jnfanteriefeuer gegen diesen Flügel, warf eine Menge Bomben und beshoß sodann zwei Stunden lang ununterbrochen unsere Stellungen. An der Beschießung nahm auch ein Monitor und ein Panzerkreuzer teil. Auf dem linken Flügel s{chwahes Jnfanteriefeuer. Der Feind warf dorthin eine große Anzahl Torpedogeschosse.

Unsere Flugzeuge seßten ihre Erkundungsflüge und An- griffe mit Erfolg fort. Der Führer eines Kriegsflugzeuges, Leutnant von Hansen, Beobachter von Schiltmigen, warfen Bomben auf einen feindlihen Monitor und zwangen ihn, sein Feuer einzustellen und si zurückzuziehen. Jm übrigen ist nichts zu melden. 7

Der Krieg zur See.

Wien, 6. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Am 5. laufenden Monats früh hat unser Kreuzer „Novara“ mit einigen Zerstörern in San Giovanni di Medua drei große und zwei kleine Dampfer, fünf große und viele kleine Segelschiffe, während sie Kriegs- vorräte landeten, durh Geshüßfeuer versenkt. Einer der Dampfer flog in die Luft. Die Flotille wurde dabei von etwa zwanzig Geschüßen am Lande sehr heftig, aber erfolg- los beschossen. Nahe . davon hat S. M Si] „Warasdiner“ das französishe Untersee- boot „Fresnel“ vernichtet und den Kommandanten, den zweiten Offizier und 26 Mann gefangen genommen. Eine andere Flottille hat in der Nacht auf den 23. No- vember einen mit drei Geschüßen armierten Dampfer und einen größeren Motorsegler, beide italieni\, voll beladen auf der Fahrt von Brindisi nah Durazzo, ver- senkt, die Ueberlebenden des Dampfers, darunter vier von der Kriegsmarine, gefangen genommen, die Bemannung des Motorseglers in Booten freigelassen. Fsoltenfommando.

Die deutsche Heereskavallerie östlih Wilna. Aus dem Großen Hauptquartier wird dem „W. T. B.“

geschrieben :

Ms nah dem Fall von Kcwno dle * * * Armee sich an Wilna

berana1beiteie, begleitete cin startes deutsches Kavalleriekorps dieses Borgeden auf dcm l nken Flügel längs der Straße Wilkomierz— Jjany. !)

vet

garten, die der jeßige Krieg an

Es verlobnt si, diese Bewegungen unserer Heereékavallerie zu foigen ; ein Bild zu gewinneca von den großen und vielseitigen Auf- die Neiterraffe stellt; Letstungen zu

würdigen, die eine ruhmvolle Erinnerung prachivoller Taten deutschen Neitergeittes bletben werden.

Am 9. September trat das zunächst aus 3 Divisionen bestehende

Kavalleriekorps an, um im taktishen Zusammenhang mit dem reten,

au

7 Dünaburg vorgekenden Flügel ter Njemen-Arrnee zu operieren.

Seenengen, welliges und bewaldetes Gelände, zahlreiche Wasserläufe bildeten beiderscits der Straße nach Dünaburg die natürlichen NVer-

tei

digungsmittel der dichtaufeinandei:folgenden russishen Stellungen.

Ein engmoschiges Ney von Schüßengräben und Drahthindernissen er-

\chwerte alle Bewegungen.

Fn diesen besonders für die Verwendung

großer Reitermassen außerordentlich vngünftigen Berhältnifsen mußte dem Kavalleri:korvs die zwetfahe Aufgabe geslelt werden, dur ständige Flanfenwirkung das Vorgehen des reten Armeeflügels zu erleichtern und die russische Heerebkavallerle aus dem Felde zu s{lagen. Schwere, aber dankbare Aufgaben jür den deutschen RNetiterführer und seine präbtige Waffe.

gabe gelöst. Kavallerieko1ps veranlaßte den Gegner,

Im Fußgefecht mit der Feuerwaffe wurde die erste Auf- Ständige Bedrohung setner Flanke durch unjer seine starken Stellungen zu-

meist nah furzem Kampf mit der frontal angrcifênden JIatanterie zu

räumen.

Unter dem Druck der flanftierenden Kavailerie wurden

Stellungen aufgegeben, die andernfalls nur im erbitte1tea Angriffs- gefecht mit großen Verlusten hätten genommen werden können.

Selbst die ungewöhnlih starken Abschnitte der Seenenge bei

Antaloz„i ?) hielt der Feind gegen den am 11. September von Süden

üb nu un

der Schwesterwaffe, der das Blut fo

ers

er Pofolne ?) durchgchführten Flankenangriff etner Kavalleriedtvision r kurze Zeit und trat alsbald einen eiligen Rückzug an. Dankbar d freudig begrüßte die Infanterie der INijemen-Armee diefen Erfolg

so manches braven Musketiers

parte! Gleichzeitig wurden jüdlich der großen Straße russische

Kavalleriemassen auf Kukuzischki?) zurückzeworsen.

höher schlagen. Heereskavallerte! die an der

Die zweite Aufgabe ließ das Herz jeden deut hen NReitersmannes Es hieß: Vorwärts gegen die feindliche Nbex den heißen Wunsch, am 12. September

Seenenge von Taurogina ?) und nördli zusammen-

gezogene Kavallerie angreifen und shlag-n zu dürfen, vereiteite der

Fe

brechenten Kavalleriedivisionen

über die Linie Dawgelt ?;—LTaurogina vor- wichen die russishen Neitermasjen

ind. Vor unseren

ciligst aus.

Das Korps erhi-lt den Befehl, nunmehr die Operationen der

* * * Yrmee öôstlich Wilna zu unterstüßen, und zwar zunähst dur

sta

boiende

Fl

rken Druck gegen den russishen Nordflüzel, sväter durch eine aus» Bewegung gegen den NRücken des Feindes. Unter dem

ankeuscußz einer seiner Divisionen ging das Kavallerte?orps zunächst

über Kukuziihki—Labonatry *) auf Mal. Meshany ?) 12 km westlih Swentjwy an Bahnlinie Wilna—Dünaburg und über Taurogtua auf

Ko

\ch

lichkeit nahhaltigen Widerstandes. Dre {nelle Naumgewinnung tin fsüdöstliher N'chtung.

ltynjany ?) vor.

Das wmaldreiche, von zablreihen Seen und Sümpfen durcl) vittene Gelände bot an sch {hon chwächeren Truppen die Viôg- Aurgabe aber verlangte Ohne Zögern

wurde der Vertetdiger der Bahnlinie westlich Swenzjany und an den

Seenengen bet Koltynjany angegriffen und geschlagen.

Trotz feind-

lihen Widerslandes, troy der Ungunit des Geländes mit feinen tiefen,

aufgeweichten Mengen, . September die Bahnlinie, unterbrah fie an wihiigen Punkten

13 un

über\hritt das Kavaleriekorvs bereits am

d erreichte noch am Abend die Gegenb von Lyntupy *) Das bes-

seßte Schloßgut wurde angezriffen und ein Trupp Kosaken daraus

vertrieben.

Eine Anzahl dieser Nettersleute wurde mühelos g2-

fangen. Sie lazen in Haufen und betrunken umher zwischen den Ge-

bäuden der Brennerei.

Den Befehl ibrer Führer, den dort lagernden

Spiritus auslaufen zu lassen, hatten sie mit grüddlichstem Eifer, aber

in

ibrer Auffassung über sinngemäß? Ausführung erhaltener Befehle

befolgt. Immerhin wurden hier noch üter 40 000 1 Spiritus be-

c) br

lagnahmt. Non Lyntupy wurden sogleih Anordnungen getroffen zur Unter- ehung der Bahnlinie Molodeczno—Poloczk. So ging

noch in der Nacht eine Sprengabreilung unter Rittmeister von Pappen- beim in Stärke von 2 Esfadrons, Radfahrern, 4 Maschinengewehren,

etn Kr

em Geschüß und Pionieren zur Zerstörung der Bahn nach zywicze*). Nittmeister von Pappenheim erreichte die Bahn an der

befohlenen Stelle, griff ohne „ern ein von Molodeczno eintreffendes rufsishes Bataillon an, warf es zuück und unterbrach die Bahulinie. Ein langer Zug mit NRampenmatertal wurde verbrannt, während ein verladenes ru)sis{ches Geshüß, dessen Mitnahme unmöglich war, ge- \sprengt rourde.

Der 14. September brate sür das Kavalleriekorys die Fort-

setzung des in breiter Front angelegten Marsche s in den den der russischen Acmee und gegen thre rückwärttgen Yerbindungen über die Linie Zodzisk(®,— Dubatowkai)—Nowy- Miadzjol (östlich des Narccz-Sees). Eine Unternehwung, ebenso kühn im Entschluß wie

rüdsichtelos in der Durchführuna. die Lebensadern etner in beiden Flanken bedrohten Armee.

Fin Neilerzug angeseyt gegen Cin Bor-

tragen der gesürchteien {chwarz-weißen Lanzenflzggen weit binter die

russishe Front !

Während sich im Norden und Süden die Zangen

einer eisernen Klammer tn Gestalt der Infantertedivisionen der * und

F

Armee um die Flanken des russischen Heeres legten, begann im

Osten, !m Nücken des Hecres, die fris zufasscende Arbeit der deulschen

De

we

Sümpfen südli Wischnew.?)

I die

eresfavallerie.

Ein einziger Ausweg \schien dem Feind zu bleiben zum Ent- ien : der Abschnitt zwischen dem Swir-See und den Berezyna- Dieser Abschaiit sowte die von olodeczno auf Wilna, Lida und Minsk führenden Babnlinten, ferner Eisenbahn Minsk—Smoliensk bildeten die neuen Z'elpunkte der

kühn geplanten, mit herrlihem Reitergetsstt burchgesührten Bewegung unseres Kavalleriekorps.

über die Wilia auf Soly und Smorgon vor.

Gegen die genannten Bahnlinien gingen 2 Kavallerlediv!sionen Die dritte Division

wurde zunächst gegen die Bahn Wilejka—Poloczk etngeseßt.

-

Sehr bald und gründlih machte sich nun unsere Kavallerie im

Rücken des Feindes bemerkbar. Schon am Miadziol-See wurde cine etwa 500 Wagen starke Kolonne mit Proviant und Ausrüstungëstücken

abgefangen Rägerbataillons, um nun

Auf die Wagen seßten sich die Leate eines zugetecilten besser den schnellen Bewegungen threr

Kavalleri:division zu folgen. Bei Dukatowka wurde eine Anzah!

russischer Intendanturbeamten gefangen.

Sie führten eine Kasse mit

4000 Rubeln russischer Staatsgelder bei sich. Viehdevots und Vorrats-

lager aller Art wurden beschlagnahmt.

Das ruj\sishe Etappengebiet

gab deutscher Heereskavallerte, was sie brautte.

Im Kampf wurde die Wilia überschritten, Smorgon wurde

im Sturmangriff genommen, der Bahnhof Smorgon wurde

zer rwe

lört. Das Kavallertekorps \{hwenkte ‘von Smorgon nah Süd- sten und von Zodziszkt in Richtung Soly—Shuprany etn. Es

galt in Gegend Soly—Smorgon die Hauptkräfte des Korps zunächst

1) 70 km nordwestlich Wilna, halbweas Wilkomterz Diünaburg. ?) im Umkreise von Uziany. nordwestlich Swenzjany. 12 km fdöftlich Swenzjany. 130 km otlich Wilna. ) \üdwestlich des Narocz-Sees, ï) 87 km südöttlich Wilna,

Uzjany

zusammenzuha!ten çegen starke wesllich und no:dwestlich Soly gemelbèté, auf ¿twa 4 Divisionen gêéschäpte. ru!sich- Heeretkavzllerie. Zwischen Soly und Smorgon wurde die Baholtrie durch Sprengung einer Uebersührung zersföct. Ein gerade ia Smorgon eingelaufener Eisenbahnzug wurde mit VoUdampf in das gespreagte Trücwimerfeld inecingejagt.

Heittge Gefehte in der Gegend Sworgon—Soly—Shuprany Am 16. September wurde das stark be- sezte Soly im Sturmangriff genommen. Mit dem Bajonett warde Se Städt und das Rittergut von unserer Kavallerte geftürmt. Süblih

huprany wurde inzwischen ein feinckliher Angr!fff abzewiesen. wobet în schneidiger Attacke auf vorgehende russishe Jafartecie 4 Offiziere und 300 ‘Mann zu Gefangenen gemaht wurden. An willifkommener Beute waren om 16. September allein bei ciner Kavalleriedivision zu verzeihnen: 1 Maschinengewehr, 5 Proviantfolonnen, 1 Bätereikolonne, über 1000 sonstige Fahrzeuge und 17 000 Rubel rufsi}){2r Staats- gelder. Einer zur Zerstörung der Bahnstrecke Molodeczno—Lida ent- feodzten Patrouille gelang ciae wirksame Sprengung miiten während des lebhaften Zugvetkehrs.

_Eine andere Kavallertedivision hatte inzwischen das beseßte

Städtchen Wilejka angegriffen und gestürmt. Auch hier kam die Neiterattacke zur Geltuna und zu Ehren. Das Husarenregiment * ritt gegen eine russishe Kompagnie an und nahm dabei über 100 Mann gefangen. Südlih Wilejka winkte dem deutschen Reiter als verlockendes Ziel die als Gisenbahnknotenpunkt und damaliger Etappen-Hauptort wichtige Stadt Molodeczno. Sein Besiy war die erstredénêwerte, aber wahrlih nit leihte Aufgabe, die fich die * Kavalleriedivision zu stellen hatte.

Die- Straße Wilejka—Molodeczno t} beiderseits großenteils von Sumpfniedecuncen begleitet, die eine brettere Angriffsentfaltung fast unmöglih machen. Auch wurde die Straße selbst von der aus Wiiejka herausaeworfenen nun \chrittweise auf Moloteczno zurüdck- ehenden russichen Infanterie hartnäckig verteidigt. Der Divisions- Tommandeur befahl deshalb den Hauptanariff aus nordwestliher und westlicher Richtung, das Vorgehen von Teilkräften auf der Strafe, während gegen dle wichtige Bahnlinie Minsk—Molodeczno eine Syvrenaabteilung entsendet wurde.

Wie vorausgesehen, \tieß der Angriff auf Molodeczno in dem \{wierigen Sumpfgelände auf die in Necnung gestellten Hinderniss. Nur mühsam, buchstäbliß Schritt für Schritt, konnte der Angriff vorgetragen werden. Zwar gelang es, den Bahnhof unter kräftiges Artilleriefeuer zu nehmen; gegen die sehr starke Ortsbesazung abr und neu etntreffende, auf freier Strecke ausgeladeve und zum &egen- ángriff schreitende rujsishe Bataillone erwies sich der Angriff als nit erfolgversprehend. Vor jehr großer feindlicher Ueberlegenheit ging deshalb bte Division am 18. September zurück. Für das ruhige planmäßige Zurückgehen der Division, deren etnzelne Verbände wieder den gemeinsamen Ans{luß suchten, mag allein die Tatsache sprechen, daß das tin tiefem Sumpfgelände kämpfende Dragonerregiment *** zwar 16 Stunden allein sh abmühen mußte, um einen etwa 5 km breiten Morastgürtel zu überwinden, daß es aber lediglih mit ver- \{chwindend geringem Verlust weriger Pferde, ohne einen Neiter dabei zu verlieren, den Anschluß an die Division fand.

Inzwischen war die gegen Bahn linie Minsk—Smolensk entsandte Sprengabteilunrg in Gewaltmärshen auf ibr Ziel vor- gegangen. Nittmetster Loh mann war der ebenso s{netidige wie über- legt handelnde Fübrer seiner durch 1 Geshüß und 2 Maschinenaewehre verstärkten Gskfadron. Sorgsam vermied er alle größeren Straßen und Ortschaften. In lautloser Stille b wegte sih die kleine Truppe auf ihren geheimnisvollen nöchtlihen WMärschen. Reiter und Pferde aben das Höhhstmaß ihrer Kräfte her; aber \{ließlich war die Leistungsfähigkeit erschöpft. In Molode (etwa 12 km nordöstlich Logojsk s) mußte der Führer seine Truppe zurücklassen. Nur mit 40 der bestberittenen Jäger zu Pferde und eintgen Pionieren {lug sch Nittmeister Lohmann weiter durch alle Schwiertg- keiten hindurch, seinem Ziel Zodzino (östlich Smolewicze) ent- gegen. In der Nacht vom 19, zum 20. 9, erreichte er dort die Bahn- linie und unterbrah fie nachhaltig an mebreren Stellen. Aus dem Dunkel der Nacht leuchtete der Bahnhof von Zodzino zu Nittmeister Lohmann herüber. Deutlich konnte ec den Gesang russischer Solta1en aus der: auf dem Bahnhof haltenden Tranetportzügen vernehmen. Bon russischer Kavallerie \charf verfolgt, erreihte der schneidige Reiteco'fizier glücklich seine Shwadron und mlt ihr zusammen den Ar, \{luß an cine dem Kavalleriekorps neu zugeteilte Kavallertedivision in Gegend von Orpa.

_ Um einer Katastrophe zu entgehen, hatte der Gegner inzwischen starke Kräfte bei Oschmjana und Soly mit Marschrichtung Jtordost zusammengezogen. Vit täglih wachsender UNeberlegenbeit ging er gegen die Hauptfräfte unserer Heereekavallerie in diejer Richtung vor. Für den 19. 9. war tas Vorgehen einer deuten Infanterie- division von Geljuny auf Smorgon zu erwarten. Die ***Kavallerie- divifion hielt daher ihre Stellung bei Smorgon, selt# nachdem der Anmarsch eines ganzen rufsischen Armeekorps über Linie Krewo ")— Boruny festgestellt war. Jn einer brüdenkopfartigen Stellung um Smorgon erwartete die kamyferprobte Kavallertedivision den Angriff des weit überlegenen Gegners, Die früheren Gefechte bei Meys- zagola und Jawtuny hatten erwiesen, daß diese Kavalleriedivision in der Lage war, den Angriff eines ganzen Armeekorps mit zuye1fiht- liher Nube zu erwarten. Hatte doch damals fogac das russtsche Gardekorps nah mehrtägigen erbitterten Kämpfen gegen dieje Division von weiteren Angriffen absehen müssen.

Die erwartete Infanterie traf zunächst niht ein, hinaegen er- neuerte der Feind am 20. 9. feine überaus beftigen Angriffe unter Umfassung des linken Divisionsflügels, der s{ließlih vor erdrückender Uebermacht zurückgenommen werden mußte. Gegen Abend wurde die Brüdckenkopfstellung unhaltbar. Nach zweitägigem harten Kam pf gegen Truppen fast eines ganzen Armeekorps einec Glanzleistung urserer Kavallerie in der threr Eigenart doch so wenig entsprechenden Vertetdigung ging die Divifion auf das nördliche Wiliaufer zurück. Der Gegner drängte in dieser Nacht nicht na, sondern begnügte fh mit dem Vorfühlen durch Patrouillen über den Fluß, wo inzwischen etne Infantertedivision in Gegend Zodzi8zki— Dubatowka etngetroffen war.

Neue Anordnungen des Armeeoberkommandos fiellten an den folgenden Tagen dem Kavalleriekorps neue strategishe Aufgaben und Ziele. Führer, Unterführer und Reiter haben in jener Zeit geleistet, was von ibrer Umsicht und Kühnheit, was von deutschem unverwüst- lihem Reitergeist gefoidert und erwartet wurde. Die Anerkennung des otersten Kriegsherrn gilt als Ansporn zu neuen gleichen Leistungen.

Eine seltene Anerkennung sollte unserer Kavallerie zuteil werden. Der feindliche Arrmeeführer, der am meisten den furchtbareu Druck der deutshen Reitermassen in seiner Flanke und in seinem Nüúcken gespürt hatte, erließ folgenden, von uns im Schüygengraben erbeuteten Befehl: :

„Die Kavallerie foll fich ein Beispiel an der energischen mutigen und freien Tätigkeit der deutschen Kavallerie nehmen; ih halte dieses vorerst für genügend, um den Kavallerie- abteilungen, insbesondere den Kosaken und ihren Führern, den früheren Peveamm ihrer Vorfahren ins Gedächtnis zurückzurufen die genaue ede Aufklärung an der Nase des Feindes, insbesondere in feinem Nüken, volle Freiheit in seinen Batterien und Kolonnen zu ‘wirt- schaften, über seine ermüdete I. Infanterie herzufallen das ist die Tätigkeit, von der jeder Führer leuhtende Beispiele aus der Geschichte der russishen Kavallerie wifsen muß, dènen die deutsche Kavallerie jeßt so erfolgreich nacheifert.*

Tahen die fommenden Tage.

) 70 km südostlich Wilejka. 2) km füdwestlich Smorgon.

Parlamentarische Nachrichten.

Mie die „Niederrheinische Volkszeitung“ berichtet, ist das Mitglied des Hauses der Abgeordneten Peter Hoeveler (Zentr.), Gutsbesiper in Benrad bei Hüls (Kreis Crefeld), Vertreter der Kreise Geldern und Kempen im Regierungsbezirk Düsseldorf, am 6. d. M. gestorben.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Kostenanschlag für auskömmltche Ernährung.

Bei der Knapphzit und den hohen Preisen zahlreihec Lebens- mittel ist es jeßt für wanche Hausïrau n'ckcht leit, sb und ihre Familie auskömmlih zu ernähren. Die Aufgabe wroird ihr dadurh noch ashwert, daß ihr meist cine genaue Kenntnis dec während des Krieges auf tem Lebensmittelmarkt etngetret¿nen Veränderungen fehlt. Auch die Gemeindeverwaltungen, die Wohlfahrtévereine und die anderen Organisationen, die die Kriecerfrauen u. a. unterstützen, sind ih nit überall darüber klar, welhe Mindestbeträge für etne zu- reichende Ernährung ihrer Schüglinge erforderlich find. In dem „Nachrichtendienst für Ernährungtf: agen“ (Druck und Verlag von „Wolffs Telegraphtihem Bureau“, Berlin) machen nun der Direktor des Stalistishen Amts der Stadt Berlin-Schöneberg Dr. Kuczynski und der Direktor des Tierphvysiologishen Instituts der Königlichen Land- wirtschaftlihen Ho(schule in Berlin, Professor Dr. Zung den Versuch, eine Wochenration zusammenzustellen, die möglichst billig ift, aber do neben ausrelhender Ernähruvg eine gewisse Abwe&slung gewätr- leistet. Für die Bemessung der Nahruagémengen wurden inébesondere Zusammenstellunoen von den beiden Gelehrten König und Bathaus verwertet. "Als Nährftoffbe-arf sind bier für den erwahsenen Yann 3000 verdaute Kalorien (mit 75 c verdautem Eiweiß), füc die Frau und ebenso für Kmder über 14 Jahre 2500 Kalocien (5% g Eiweiß), für Kinder von über 10—14 Jahren 2000 Kalorien (45 g Eiw:iß), für solhe von 4—10 Jahren 1500 Kalorien (36 ¿ Euweiß), für Kinder von 1—4 Jahren 1000 Kalorien (32 g Eiweiß) und für Säuglinge 500 Kalorien (24 g Eiweiß) gerechnet. Als Zuschlag für unvermeidlihe Verluste sind 5% beim Einkauf hinzugesezt. Ais Preise wurden die in Beriin um Vêitte November 1915 üblich ge- wesenen zugrunde gelegt.

Wöchentlicher Bedbar? Kind 2) von Mann Frau !)'10—14| 4—10 Jahren Jahren F A L S R

Noggenbrot . . 41 19 1950 1500 | 1500 Roggenmehl .. 48 15 i 250 | 260 NRetismehl 120 35 125 2E 125 | Kartoffelmehl. , 60 18 400 | 40 200 | 2009 Gerstengraupen . 130 38 125 25 | 125 |

Preis für 1000 Kalorien

Preis

Nahrung®8mittel für 1 kg

Maisgries . 100 250 | 28 250 | 200

2500

Makkaroni . .. 140 42 250 | -— Kartofsän 5 8 8000 | 6 4500 Roblruoet + s 16 500 | 250 Mohrrüben .. 25 3 500 | 500 | 500 | 500 Weißkohl é 20 250 250 | Wirsingkohl . 25 8: 250 | 250 | —— L e o 35 70 500 500 | 250 Mormelate 160 4d 300 | 300 | 300 | 200 U es 56 : 350 |- 350 | 250 | 200 Kunsthonig 100 c 125 | 125 | 125 Rindfleisch . .. 280 9; 950 | 1590| 190 Pôtkelfleisch 240 125 : —- Blutrourst . . 240 98 260 | 125

Hering, gesalzen 120 ) 950 | 200

Klippfich 80 : 150 | 150 |

G . 500 F 100 50

Margarine . . 320 1254: 125 : o E 400 4: 2 9 20 | i N 30 ; 500 | 500 | | 3500 E E 200 O 300) 100 | | R a o 4 360 95.25 | O a 50 B 7D 5 | i e A 24 100-|- 100 | 00 | 20 E 4 320 D D D Raa 66 50 501 -D0 E

1) Ebenso für ein Kind von über 14 Jahren; für stillente Frau oder für Flasckenkind unter 1 Jahr 54 1 Milh und 79 g Mais- grieß mehr.

2?) Für ein Kind von 1—4 Jahren: 45 1 Milch, 1500 2 Brot, 250 g Noggenmehl und 100 g Maisgrieß (es wird natürith, z. B. beim Brot, mit einem Ausrausch der Nahrungsmittel unter den Familienmitgliedern gerechnet).

Es ergeben si dana als MindestwoÆenverbrauch für den Mann 7,67 6, für die Frau und ebenso für die Kinder von über 14 Jahren 5,79 4 und als Bedarf sür jed-s Kind von 10—14 Fahren 4,36 , für jedes von 4—10 Jahren 2,85 #, für jedes von 1—4 Jahren 919 M und für jedes Kind von unter 1 Jahr 1,65 4.

Der monatlihe Nahrungsmindestv-rbrauch beträgt somit z. B. für eine Kriegerfrau mit 1 Kind von 5 Jahren 37,90 M, für eine solhe mit 3 Kindern von 11, 5 und 2 Jahren 66 46, für eine Kriegerfrau mit 5 Kindern von 13, 11, 8, 5 und 2 Jahren 97 6.

Die europäische Teuerung. [I]. Knapphett und Teuerung tn Nußlan d.

Knappheit und Teuerung in Nußland? Das klingt unglaublich. D183 ungeheure Rußland, ta dein alles Agrarische ins Niesenhafte wächst, soll Schwierigkeiten in der Lebensmittelversorgung habcn ? Dieses Nußland, die Kornkammer Europas, das retste Nahrungs- mittelgebtet, Hauptherkunftsland für Futiermittel aller Art, das Land des größten Viehbestandes, hat heute sein Teuerungtproblem und für weite Gebiete sein Knappheitsproblem, obwohl die ungeheuren, \sonft ausgeführten Bestände infolge der Verschließung des Auslandsmarktes im Lande geblieben sind. j

Fn der Tat, wenn die Vertreter der russischen Städteorgant- sation am 15. Dezember zu einem Kongreß zusammenkommen, um über die Lebersmittelversorgung der Bevölkerung zu berats{lagen, werden fie reihlich Arbeit finden Dos russi\he Knapph*its- und Teuerungsproblem t} ein Großstadtproblem, eln Problem der Heeresautmarshgebtete und ein Flüchtlings8problem. Damit it glethzeitig hon gesagt, wo der tiefere Grund für die Knappheit liegt: er liegt in der mangelhaften Regelung des Verkehrs und im Mangel an Transportmitteln. _Ueberschußgebiete mit si stauenden Vorräten und Bedarfsgebiete stehen außer Ver- bindung miteinander. Nach einer Erklärung des Wegebauministers sind heit Kriegsausbruch kaum neue Wagen gebaut worden, die vorhandenen Wagen find durch die Truppenversciebungen vollständig von ihren Heimatstationen abgekommen und liegen an einzelnen Knotenpunkten fest, wo sie ernste 2 Zerkehrsbindernifse bilden. Der Minister erklärte, exst in zwei bis drei Monaten könnten geordnete Zustände und die Möglichkeit ceregelter Leben8mittelzufuhr eintreten. Aus dem Material über die ruffische Lbensmittelver]orgung sei einiges mitgeteilt: In Jekaterinos1aw herrscht Brotmangel ; es fehlt an Mehl, die Bäcker s{ränken thren Betrieb ein. Ver- \hiedentlih fanden Krawalle fiait. Die Statt bewilligte 300 000 Rubel zum Einkauf von Mehl und anderen notwendigen Lebensmitteln. In St. Petersburg wurden die offiziellen Höchstpreise sür Butter auf aehoben; die Folge war ein Steigen der Buttexpreise vou srüber 65—70 Roveken auf 1 Rubel bis 1 Rubel 12 Kopeken für das rusfische

Pfund (‘/z des deutshen Pfunds): In Petersburg herrscht ftarker- Mangel au leis, überhaupt an allem, was zum Leben notwendig iv, da bie T-antportfähne zu Hunderten auf den Kanälen eingefroren sind. Achaliche Vertr äitnisse werden aus Moskau und aus anderen Städten des Neich-s berichtet. Sogar das kaukasische Gebiet if woznlang ohne Brot und ohne andere Lebensmittel geblicben ; häufige Hungerrevolten waren die Folge. Die Notlage wird: ver- {ärt dadur, daß in einzelnen Gebieten die fommandiercnden GSenerâle die Autfuhr vzrbieten und so die Städte s{lecht und mangelhaft fich versorgen können. Neueste Meldungen, vornehmlih aus Süd- rußland, schildern die Lage im allerschwärzesten Lichte. Die Teuerung sei ungeheuer, die Preise für Butter, Milch und Käse seien um ein Mehrfaches gestiegen, der für Ftetid jei insbesondere durch die Konkurrenz der Militärintendanturcn unerbört gestiegen. Grflärlih sind di¿se Teuerungs- und Knapvheits- erseinungen in den rein agrarishen Bezirken durch die Zusammenzichung von Truppen im rutsishen Südwesten, teilweile auch burch den An- drang von Flüchtlingen aus den Okkuyationsgebieten nach Inner- rußland hin. In Samara, dem wichtigsten Getceidegebiect der Wolga, hat si die Lebenthaltung folgendermaßen verteuert : ge- stiegen sind im Preise Weizen um 29 %, Roggen um 19 ®*/o, Buche - wetzen uma 150 9%, Petrolzum um 59 °%, Holz um 60 °/o, Gier um 45 9/9, Zündhölzer um 150 °/0, Huhclövne um 150 ?/o Kohle ist infolge der Beseßung der wtchtigsten russischen Bergbaugebiete ebeu- falls auf unerschwinglihe Höhe gestiegen. S Alle die angeführten Preissteizerungen geben erst ein richtiges Bild, wenn man berücksitigt, daß Rußland ein Agrarlard mit un- acheueren Uebers@üfsen ist, wenn man ferner in Erwägung zieht, daß die Kaufkraft der ruisishen Massen sehr viel geringer 1it als die Kauffraft des deuten Loltes, und wenn man beachtet, daß diefe Berbäitnifse während des Krieges feine Ausfiht auf Besserung haben, dagegen aile Auesiht auf Vershlechterung, weil mit dem strengen Winter die Wasserstraßen vereisen und die Bahnen und sonstigen Beförderungswege unzure!chend find. Die städtische Bevölkerung Rußlands wird dur die Teuerung und Knappheit unerträglih {wer getroffen, in ciner Weise, die keinesfalls sich vergleihen läßt mit den Whikungen von Teuerung und Knappheit für den deutshen Ver-

braucer. Kunft und Wissenschaft.

Das Faradays\che Omega. Das Staunen, das Sichwundern ift die Ursache alles Wissens. Die Wahrheit dieses Saßes zeigte fich kaum jemals cindringliher als bei Michael Faraday (1791—1867), dem armen Buchbinderjungen, der fret von Schulmeinungen mit naivem Erstaunen an die Naturers{chetnungen herantrat und dann Gat» deckungen von der folge\chæersflen Bedeutung machte, die namentli auf unsere Vorstellungen von dem Wesen der eleftrishen Kräfte den tiefgreifentsten Einfluß ausühten. Es fei hier nur an eine kleine von Faraday gemalte Beobachiung erinnert, die zuerst völlig unerklärlih ien. Die Elektrizität sucht im allgemeinen stets den brquemsten Ach ihr darbietenden Weg, auf dem fie den geringsten Widerstand findet. Der elektrische oder galvanische Widerstand einer Leitung gilt gewöhnlich als elne bestimmte zahlenmäßig ausd: üdbare, fonstante Größe, und zwar ist der Widerstand Tanger Metallsîtrefen aufßerordertlich viel geringer als der Wider- stand selbst kleiner Luftstreckzn. Der Widecstand einer noch fo kleinen Luftstrecke ist so groß, daß das Einschieben ciner solchen in eine Veetalleitung etnen Strom von gewöhnlther Stärke sofort unter- brit, wovon z. B. tn den elektrischen Klinaeln Gebrau aemacht wird, da das Klingeln durch das fortwährende Unterbrechen und IWieder- {ließen des Stroms hervorgerufen wird. Eniladet man eine Letdener Flashe durch cinen Kupferdraht, den man an einer Stelle wie ein griehishes Omega gebogen bat, das heißt freisfôrmig, wobei der Kreis nit vôllig geshlofsen tit, sondern unten zwischen zwei Spîigen eine offene Luftstrecke hat, so sollte man erwarten, daß die Entladung durch das Metall des Omega hindur erfolgt. Faraday be- merkte aber, daß im Augenblick der Entladung zwischen den Spißen des Omega cin Funken überspringt, daß die hochgeipannte Elektrizität der Leidener Flasche anstatt der bequemen Drahtleitung den Weg dur die einen viel größeren MWiderstand bildende Luftstrecke vorzieht. Nach dem heutigen Stand unferes Wissens reiht fich dieter merkwürdige Vorgang in eine große Gruppe ähnlicher Erscheinungen cin. So gehen bet Wechselstrômen von außerord-ntlih hoher Weh|el- ¿abl, den sogenannten LTeslasirômea, die Entladungen leiier durch die Luft vor sich - als durch Drähte, obwohl der Widerstand der betreffenden Luftstrele im allgemeinen den der Drähte um mehrere millionenmal übersteigt. Auch bei der Funkenentladung der Leidener Flasche handelt es fich um außer- ordenilich lang verlaufende shwir gende Bewoegungen. Man kann fie ver- langsamen und die Entladung {lteßlich dauernd machen, wenn man in die Entladungsbahn eine |chleckcht leitende Streck?, etwa eine najje Schnur, einshiebt. Die Entladung geht dann nicht mehr dur die Luststrecke zwishen den Spißen des Omega vor si, sondern n gerwöhnliher Weise durch den Drabt. Der Widerstand zeigt {fi aiso von der Form der Entladung selbst abhängig.

Literatur.

Das Dezemberheft der von Ludwig Stein herausgegebenen Monatsschrift „Nord und Süd“ hat folgenden íFnhalt: Geh. œustizrat Dr. Heinrich Dove, Zweiter Büzep1räsident des Deutschen Neichstaaes: Die Bewährurg der deutschen Sozialpolitik im Welt- krieg. Kal. Wirkl. Nat H. Osel, Mitglied der bayr. Kammer der Abgeordneten: Zum deuts - sfterreihisch - ungarischen Wirtschafi8- biündnis. Die Wahrheit über Indien. Von einem Inder. Vá!quez Mella: Spaniens Stellung zum MWelikriecg. Ueber- seßt von Dr. G. Bender. Orestes Daskaljuk: Zur ukraini hen Frage. Legationsrat Dr. Jerysch: Serbien. Dr. Eugen Fridrihowicz: Etn amerikanischer Staatsre{télehrer über die Ursachen, die Zwecke und die voraussihtlihen Ergebnisse des europäischen Keges. Dr. N. Hansen: Frankreichs industrielle Zukunft. Werner Köhler: An der belgischen Küste. Ernst Sartorius: Die Universität Löwen. Professor W. Prosh: Wie England Verträge “bâlt’, wenn sie ihm unbequem werden, und wie es die Freiheit der Schwachen {üt Dr. Paul Ostwald: Rußland und Finnland. Fritz Véüller: Weizen. Karl Nöhrig: Der Deutschen Lied. Marie von Bunsen: Das Hoffräulein Donna Jnez. Roman aus der Rerfallzeit des \panishen Reiches (Fortseßung). Nundschauen.

Das Dezemberheft der von Richard Fleischer herausgezebenen „Deutschen Revue“ hat folgenden Inhalt: Dr. Wilhelm Xraknói, Titularbishof von Arbe: Zur Entstehungs8geschichte des Dreibundvertrags. Steht das Ende des Welikrieges nahe bevor? Fohn L. Stoddard (Meran): Amerikas Stellung zum Wesltkriege. Dr. Fretherr von Jettel: Der Bukarester Frieden. Kurd von Schlöjer: Jugendbriese. Karl von Stengel: Die Zukunft des Völkerrechts. Verdeutschung,. Von einem preußiscken General. Friedrih Book: Ein neuer Brief von Ernst Moriß Arndt. l. von Kirchenheim: Politisbes Gleihgewibt. Fünfter volkerreht- licher Brief. Wilbelm vcn Wannish, Feldmarschalleutnant a. D.: Eine Charakteristik unsrer Gegner und die si ergebenden Folgerungen. M. von Käller: Cuius culpa2 Cine piychologishe Studie. Im Königreich Westfalen. Dr. Carl Niessen (Cöln), Kriegsfreiwilliger Unteroffizier der Fildartillerie: Di? Franzosen im Urteil eines Groß- onfels Goethe). Otto Kaus: Flüchtlina8neurofsen. Literarische Beri&{te. Eingesandtie Neuigkeiten des Büchermarktes.

Das Dezemberheft der „Deutschen Rundschau“ (herauk- gegegeben von Dr. Bruno Hake, Verlag Gebrüder Paetel, Berlin) bringt an erster Stelle einen Beitrag des früberen ongari}hen Mi nisterpräfidenten, Graf Jultus Andräfsy, über „Gntwicklung und Ziele Milteleurovas*, Betrachtungen, die ganz besonders intere} fieren dürften. Die Veröffentlihung von „Carl Bertuchs Tagebuch vom Wiener Kongreß“, mitgeteilt von Hermann Freiberrn von Ealoffftein, wid fortgeseyt. Emil Ermatinger vermittelt unbekannte Gottfried Kefler- Briese“. Den Widerstteit zwischen „Metaphysik und Naturforichung“ | erörtert der Berliner Btiologe Professor Dr. Walther Wb, aufï