1916 / 49 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Feb 1916 18:00:01 GMT) scan diff

r E ald inpenin

Herrenhaus. 1. Sizung vom 25. Februar 1916, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Präsident Graf von Arnim-Boißenburg eröffne

die Sißung nach 214 Uhr.

Anläßlich der Verwundung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Oskar von Preußen hat der Präsident Telegramme an Seine Majestät den Kaiser und König und an den Prinzen Oskar gerichtet, in denen er der Teilnahme des Herrenhauses Ausdruck gegeben hat. Von Seiner Majestät und Seiner Königlichen Hoheit sind ihm Danktelegramme zugekommen.

Verstorben sind f

D 3 des Haujses is Metagsliodor Ar die Mitglieder Her

eit dem leßten Zusammensein

r von Kalckstein-Woschau, General- superintendent «a. D. Faber, Oberbürgermeister Velt- man - Aachen. Letterer war seit 1905 auch Schriftführer des Hauses: der Präsident widmet ihm einen ehrenden Nach ruf. Das Haus ehrt das Andenken der Dahingeschiedenen în der üblichen Weise.

Neu berufen sind Landrat von Wedel- Eisleben auf Präsen“ation des Familienverbandes derer von Wedel, ferner Januar aus besonderem Königlichen Vertrauen a Dr. von Hartmann, Füqgtbishof Dr. tram, - Präsident des Evangelischen Oberkirchenrats igts,- Generalsuperêöntendent a. D. D. Hesekiel, encralsuperintendent Händler, Klosterpropst Graf von Platen-Hällermund, Graf von Waldersee- Waternerverstorf, Geheimer Kommerzienrat von Fried- lunder-Fuld, Kommerzienrat Dr.-Jng. Springorum und Herr Dr. von Martius.

Eingetreten ist der schon früher berufene Oberbürgermeister Clestermann-Koblenz.

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Von den inzwischen eingegangenen Vorlagen usw. wird Mitteilung gemacht.

Die 10. Kommission hat den Entwurf eines Fischereigeseßzes in fünf Sißungen beraten und mit einer Reihe von Abänderungen angenommen, die aber grund- legende Bestimmungen des Entwurfes nicht berühren.

Neferent Graf von Ballestrem: Das Wassergesetß ist gleihsam der große Bruder des Fischereigeseßes. Man nahm deshalb im Wassergeseß schon Nücksicht auf die Fischerei und im vorliegenden Geseßentwurf Bezug auf das Wassergeseßk. Jch weise darauf hin, Taß ein reichhaltiger Ersaß der Fleishnahrung und anderer Genuß- mittel dringend geboten 1st. Das bedingt aber, daß unsere Fischere1- gewässer ordnungsgemäß und in einem höheren Maße, als es bisher der Fall gewesen 1st, ausgenüßt werden. Die Fischerei muß deshalb auf eine volkéswirtschaftlihe Basis gestellt werden. Der Geist des vorliegenden Geseßentwurfes ift ein vollkommen moderner. Der Neferent gibt hierauf eine erschöpfende Uebersiht des gesamten MNechtes, wie es nach diesem neuen Geseßentwurf zur Geltung kommen foll, und bespriht im einzelnen die allgemeinen Vorschriften des (Sesezes, die Vorschriften über die Fischereiberehtigung, über die Be- schrankungen der Ausübung des Fischereirechtes, über die Fischerei- genossenschaften, ‘die Fischereibezirke, die Fischereisheine und Er- laubnisscheine, die Bezeichnung der zum Fischfang dienenden Fischerz zeuge, den Schuß der Fischerei und die Fischereiverwaltung, die Strafvorschriften. und die Uebergangs- und Schlußvorschriften. Der Neferent: {ließt mit dem Ausdrucke der hohen Befriedigung Darüber, daß man in Preußen troß der {weren Zeit und troß der Kriegsstürme Zeit und Nuhbe finde, an den großen Kulturaufgaben fortzuarbeiten.

Minister für Landwirtschaft, Dr. Freiherr von Schorlemer: Jch glaube mich vorbehaltlich einzelner Abänderungen im großen und - ganzen mit dem, was die Kommission beschlossen hat, einver- standen erklären zu fönnen. Soweit ih Bedenken habe, wird das bei den einzelnen Paragraphen zum Ausdruck& kommen. Aber ih möchte namens der Königlichen Staatsregierung das hervorheben: Jhre bobe Kommission hat sehr fleißige und gründlihe Arbeit gemacht, und wenn das Geseß endlih das Licht der Welt erblickt, wenn es in dieser Fassung auch im Abgeordnetenhause Annahme findet, Hann wird es nrcht zum wenigsten das Verdienst dieses Hauses und feiner Kommisston sein.

)amit schließt die Generaldiskussion.

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Domänen und Forsten

Bei der Spezialberatung erhebt sich zunächst eine Debatte 4, welcher den Begriff des Fischereirehts umgrenzt. Graf von Beh r: An der unteren Oder besteht für die ärmere Bevolkerung das Gewohnheitsreht des Vuschelharkens. Bisher ist das zugelassen worden. Nach § 4 umfaßt das Fischereireht die Be- fugnis, die Fische, Krebse, Austern und andere Muscheln usw. zu nehmen und sich anzueignen. Danach könnte in Zukunft dieses Muschelharken nicht mehr ausgeübt werden. Ich bitte den Herrn Minister, die entgegenfommende Erklärung aus der Kommission zu wiederbolen; ein gleiches wäre erwünscht hinsihtlih des Gebrauchs des Aalspeers, der ev. nah § 106 auch verboten werden ftönnte. Forsten

über

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Freiherr von Schorlemer?! Es kann kein Zweifel sein, daß die Muschel an sih dem Fischerei- t upterliegt; das Vuschelharken wird aber an vielen Orten außer- alb des Fischereirehis ausgeübt. Jch kann versichern, daß die Ne- gierung auch in Zukunft das Muschelharken nah Möglichkeit ge- statten wird. Jn bezug auf den Aalspeer kann ih nt so ent- gegenTommend antworten; die Benußung dieses Instruments ist ja verboten nah § -106; aber es wird dafür Sorge getragen werden, eine ‘gewisse Ucbergangszeit zu schaffen, damit den bisherigen Benußern dieser Fischereiwaffe die Benußung nicht unnötig erschwert wird.

Graf po n B eh r: Bisher ist der Aalspeer nicht verboten; er kann nur 1n Zukunft verboten werden.

Minister für Landwirtschaft, Bas pot Pr ck s Dr. Freiherr von Schorlemer: __ Soweit er jeßt benußt wird, soll \{onend verfahren werden; auf ¿e Dauer aber ‘wird auf die Beseitigung dieses Fanginstruments ningewirkt werden müssen.

Graf von Mirbach-Sorquäitten bringt ein Bedenken zur

rache, das 1ch*1hm aus dem Wortlaut des § 4 hbinsihtlih deo Krebsfgnges zu ergeben setne, und bittet den Minifter, wenn ih Unzuträglichkeiten ergeben follten, Nemedur eintreten zu lassen.

E LG mndmirtschgt s :

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten C Qu tg (i . d Dr. Freiherr von Schorlemer:

_Der Krebs is ein Gegenstand des Fischereirechts und soll es bleiben; an dem bestehenden Rechtszustand soll nihts geändert ( Die Meinung, daß sih aus einer anderen Bestimmung des ( zes ein Oindernis ergibt, den Krebsfang als solchen zu verpachten,

ist irrig. Derjenige, der das Fischereirecht vachtzt, soll unter allen Umständen das Recht, zu fishen und zu hegen, übe rnehmen.

Or:

Domänen und Forsten

iste p

Wenn olso ein Fischer lediglih den Krebsfang pachten bill, besteht kein Hindernis dafür. Auch die landwirtschaftlihe W-rwaliung nimmt an der Behandlung des Krebses ein besonderes nteresse.

8 4 wird angenommen, ebenso 88 5 bis 94 ohne Debatte nah den Kommisfsionsanträgen.

Bei 8 995, der die Fischereischeine stempe! ?rei läßt, dagegen von den Speortanglern eine Gebühr von 5 f Für das Jahr und 1 4 monatlich vorsieht, bittet i

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Preußischer Landiag. “T F J]

Prínz zu S{61#aï H-Cärolath ben Minisker, dafür - zk sorgen, daß die eingehenden Beträge für die Fischereisheine vom Staate für die Zwede der Fischerei verwandt werden.

Minister für Landwirtstzaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Ich werde die mir gewordenen Anregungen beim Finanzminister verireten.

Graf von der Ne cke stellt den Antrag, den Entwurf in der Fassung der ersten Lesung wieder herzustellen und einheitlich f Berufsfischer wie für die

ir allo Tf ho t C c: d, dor für alle Fifcberei}deme, tomobl für die der S or . das: 4D der Sportahngler

ler, 2 Æ zu erbeben.

Dr. Dernvburg bittet um Mitteilung, wieviel- viel- leiht jährlich dur die Fischereifcheine einkommen wird.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Wir baben in dieser Beziehung noch keine Bestandsaufnahmen gebabt, und ih kann deshalb die Frage des Herrn Vorredners nicht be- antworten, Es kommen vielleicht 5000 bis 10 000 Fischer in Betracht. Ich bitte, es bei den Vorschlägen Ihrer Kommission zu belassen. (&s ift richtig, den Berufsfiscbern den Fiscereischein unentgeltlich auszuitellen und von den Sportanglern dafür cine fleine Gebühr zu

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rachenberg bittet ebenfalls, es bei den Kom- »ewenden zu laffen. obansen weist darauf hin, daß von der l pet r meist. kleane Leute betroffen werden,

s zu ihrer Crbolung dem Angeivergnügen nachgeben.

das andere Haus die Negierungsvorláge wieder her-

stellen und auch die Regierung sich zu threr Vorlage bekennen wird.

Berichterstatter Graf von Ballestrem weist gegenüber dem Antrag MNecke darauf bin, daß es vielen Fischern {wer fallen würde, selbst diese kleine Gebühr von 2 M zu Gr bittet deshalb, die Kommissionsfassung anzunehmen.

Der Antrag des Grafen ven der Recke wird hierauf ab- gelehnt und 8 95 in der Kommissionsfassung angenommen.

Der Rest des Gesezes wird darauf en bloc einstimmig und ebenso bei der Gesamtabstimmung der ganze Entwurf einstim- mig angenommen. ‘Die eingegangenen Petitionen werden für erledigt erklärt.

Dem Gesetzentwurf, betreffend Abänderungund Ergänzung siner Bestimmung der General- \synodalordnung vom 20. Januar 1876, wird in ein- maliger Schlußberatung nah dem Antrage des Referenten Freiherrn von der Recke ohne Debatte die verfassungs- mäßige Zustimmung erteilt.

Herr Dr. Wilms - Posen berichtet bei der einmaligen Schlußberatung über die auf Grund des Artikels 63 der Ver- fassung erlassene Verordnung vom 11. Dezember 1915 wegen Aenderung der Verordnung, betreffend die Förde - rung des Wiederaufbaues der durch den Krieg zer- siörten Ortschaften in der Provinz Ostpreußen, vom 19, Sanuar 1915.

Auch hier erteilt das Haus der Verordnung ohne Diskussion die verfassungsmäßige Genehmigung.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Schluß 434 Uhr. Nächste Sißung: Sonnebend 12 Uhr Lee digung neu eingetretener Mitglieder; Schriftführerwahl; leinere Vorlagen). s

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2nhlon gaHen,

Haus der Abgeordneten. 16. Sißung vom 25. Februar 1916, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

NVeber den Beginn der Sißung i in der gestrigen Nummer dieses Blattes berichtet worden.

Das Haus seßt die zweite Beratung des Etats des' Ministeriums. des Jn:nern bei dem Kapitel „M e - dizinalwesen® fort.

Hierzu liegt eine Resolution der Staatshaushalts- kommission vor, die Maßnahmen gegen das Feilhalten und den Bertrieb von Gegenständen zur Beseitigung der Schwanger- schaft oder zur Verhütung der Empfängnis verlangt, und das Verbot von Schriften und Büchern dieses Fnhalts, soweit sie nur für das Laienpublikum bestimmt sind, betrifft. Außerdem wünscht die Kommission eine Unterstübung des Bezirks hebammenwesens. Die Forischrittlihe Volkspartei beantragt eine reichsgeseßliche Regelung „des Haltekinderwesens und des Wohnungswesens sowie staatliche Beihilfen zur Errichtung von Säuglingsfürsforgestellen in den Gemeinden und die Hinein- arbeitung der Reichswochenhilfe in die Neichsversicherungs- ordnung.

Abg. Fretherr Schenk zu Schweinsberg (kons.): Jn Namen meiner Freunde spreche ih unserem Sanitätskorps für seine hervorragenden Leistungen in diesem Kriege unsere wärmste An- erkennung aus. Unsere Sanitätsoffiziere und das Personal, vom hohen Chef herab bis zum jungen Arzt, der von feine Universitätsstudien zur Front geeilt 1st, haben unermüdlich ihre Kraft, Kopf und Herz in den Dienst des Vaterlandes gestellt. Jch meine -nun, daß die Unter- ärzte eine äfßere Anerkennung verdienen dafür, daß sie sich in den Dienst des Vaterlandes gestellt haben. Ebenso wie die Heeresverwal- tung Feldwebelleutnantéstellen und Offizierstellvertreterstellen ge- schaffen hat, könnte au für die Unterärzte in der äußeren Aner- kennung etwas geschehen. Wir können ja hier nur eine Anregung geben, da uns ein Recht nicht zusteht, in die Exekutive einzugreifen. Dem Antrage der fortschrittlihen Volkspartei begüglih der Ein- \chränkung des Anbietens, Feilhaltens und Verkaufens von Gegen- \tanden, die zur Beseitigung der Schwangerschaft oder zur Verhütung der Cmpfängnis bestimmt sind, und bezüglich des Verbots von Schriften und Büchern, in denen sich ohne Verfolgung eines“ wissenschaftlichen Zweckes Beschreibungen und Besprechungen der antikonzeptionellen und zur Unterbrechung der Sch{wangerschafst geeigneten Methoden und Mittel finden, können wir in dieser Form nicht zustim1uen; wir glauben, daß die Mesolution der Kommission vorzuziehen ist. Es könnten unter dem Deckmantel der Wissenfchaft Bestrebungen durh eine Hintertür durch\chlüpfen, das halten wir für bedenklib. Es ift auch mißlich, der Polizei die Aufgabe zuzuweisen, festzustellen, was hter Wissenschaft ist und was nicht. Die freisinnige Volkspartei beantragt damn noch die Vor-

legung eines Wobnungsgesebes, sofern nicht alsbald eime reichégeseßliche Megelung des Wobnungswe]}ens erfolgt. Wir beantragen, diesen Nachsaß zu streichen. Es ist uns unerfindlih, warum auf einmal die Sache dem Meiche zugewiesen werden foll, nachdem ein Wobnungsgeseß in Preußen beinahe dem Abs{luß nahe war. Jn unserem sittlichen Volksleben haben sih namentlich {hon vor dem Kriege Erscheinungen gezeigt, die uns in höchstem Grade bedenklich ersheinen. In der Kommission wurde die ungebeure Zahl von 500 000 Abtreibunaen in einem Jahr bezweifelt, aber die Negierung hielt an deren Nichtigkeit fest. Wie groß muß dann erst die Zahl der heimlihen Sünden auf diesem Gebiete sein, die nicht zur Kenntnis der Behörde kommen. Wenn wir damit renen, daß vielleiht annähernd eine halbe Million unserer Söhne für das Naterland im Kriege geopfert sind, so steht dies in gar keinem Ver- hältnis zu den Opfern, die Deutschland durch die Unlust, die Folgen der Schwangerschaft auf si zu nehmen, erleidet. Der Abg. Ströbel aibt feinem Bedauern Ausdru, daß unseze Söhne im Kriege im Dienste der kapitalistishen Weltanshauung und der Kriegslieferanten geopfert seien. Es ist wirklih nicht angebracht, seine Trauer übèr diese

j

Opfer în. beser Meise zw äußer. Diese Opfer fins t Diensks bey Vaterlandsverteidigung gefallen. Hier, wo es fich um die Ehre und die Gefährdung des Vaterlandes handelt, kennen wir keine Parteien, \on- dern nur deutsche Helden. Zuv Heilung der Kulturkrankheit, die ar unserer Volkskraft rüttelt, mien wir nah den Quellen der Krankheit suchen. Gott meint es wirklih gut mit uns, jeßt nah anderthalb Kriegsjahren wissen wir, daß er uns nit einen leichten Sieg hat enten wollen, daß er uns davor hat bewahren wollen, im Sturm den Sieg zu erringen. Deshalb haben wir nah dem Kriege die Aufgabe an der sittlichen Erneuerung unseres Volkes zu arbeiten. Es liegt auf der Hand, wie man die Verluste erseßen kann. Ein kinderreiches Haus ist als ein besonders gesegnetes anzusehen. Ich habe das feste Ver- trauen zu unserem deutschen Volke, daß es bestrebt fein wird, diese Verluste wieder gutzumachen auch durch \chärfere Einseßung feiner Ar- beitsfraft. In unausgeseßter Arbeit liegt das große Heilmittel, an dem unjer Volk gesunden kann und gcsunden wird. In dem labora lieat schon das ora. Will das Volk gesunden, so muß es sechs Tage arbeiten und den siebenten scinem Gott widmen. Im Kriege braucez wir Geld und nochmals Geld und zum dritten Véale Geld, aber mit Geld allein beilenwir die Sünden des Vaterlandes nicht. Das interne Ge- \{wür, das dur&frißt, bis es ans Leben geht, kann nur in der Hingabe an die Arbeit, in der Hingabe der Körperkräfte an treue Pflichterfüllung gebeilt werden. Dann kann dás Volk seinen großen Aufgaben gereckt wexden. Hoffentlich fommt das Volk zu der Erkenntnis, wie furchtbar es agesündiat lat. Man flüstert von der Unsittlichkeit in Rußland biz in das Kaiserhaus hinauf, und wenn wir einmal mit geschickchtlihen Do- fumenten alles das fksarleagen fönnen, was noch in den Archiven ver- \{wiegen liegt, dann wird das Volk mit Entseßen sehen, welchen An- teil die Unsittlichkeit in höheren Kreisen an der Entstehung dieses Krieges gebabt hat. Wenn unser Volk sich rein erhalten will für seine Aufaaben, so muß es bestrebt sein, seinen Gott nicht zu verlassen, um nicht von ihm verlassen zu werden. Wir haben das Gottvertrauen und das- Vertrauen zu unserer Oraanisations- und Leistungsfähigkeit, unm den furchtbaren Feind niederzuringen. Aber wir sollen auch bet uns die Sünde als Sünde bezeihnen. Meine Freunde sind damit einverstanden, daß der Mutter- und Kindersbuß weiter auégebaut wird. Solange unser Volk bei seinem Gott bleibt, wird es au niht von Gott ver- lassen werden. Es ist notwendig, daß alle Teile unseres Volkes si im Innern und Aeußern wiederfinden.

Minister des Jnnern von Loebell:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat im Eingange seiner Ausführungen einige Wünsche in bezug auf das Sanitätswesen aus- gesprochen. Hierauf im einzelnen zu antworten, wird der Herr Ministerialdirektor übernehmen. Ich möchte aus diesen Wünschen nur einen herausgreifen. Er hat sich darüber beklagt, daß binsichtlid der Aerzte keine richtige Verteilung im Lande stattfinde. JIch kann ihm vollständig recht darin geben, daß die ärztlicheVersorgung jeßt bei uns im Inlande vielfah recht zu wünschen übrig laßt. Es liegt das natürlich einmal begründet in unseren Verbält- nissen, dem großen Bedarf der Heeresverwaltung. Aber, meine Herren, ih glaube, daß doch in vieler Beziehung noch Abhilfe geschafft werden kann. Jch bin überzeugt, daß auch die Militärverwaltung die volle Absicht hat, uns zu helfen. Jch habe mich immer in Fühlung mit der Militärverwaltung gehalten, und wo berechtigte Klagen an mi heran- gekommen sind, habe ich versucht, ihnen abzuhelfen. Jch werde darin auch weiter bemüht fein und hoffe, daß es uns jeßt gelingen wird, wenigstens die größten Notstände auf diefem Gebiete zu beseitigen.

Der Herr Abg. Dr. Mugdan hat gestern im Eingange seiner Ausführungent mit Stolz darauf hingewiesen, daß selbs nach aus- ländischen Zeitungen der Prozentsaß, in dem unsere verwundeten Sol- daten wieder vollkommene Dienstfähigkeit erlangen, sehr hoch ist. Er bat nach einer russishen Zeitschrift mitgeteilt, daß es uns gelingt, 80 % der verwundeten Soldaten vollständig zu heilen. Mit Recht hat er, glaube i, hervorgehoben, daß dieser Prozentsaß keinesfalls zu boch, wahrscheinlich noch zu niedrig angegeben ist. Dabei hat Herr. Dr, Mugdan ebenso wie der Herr Berichterstatter und der Herr Vor- redner volle Anerkennung den Leistungen der Militär- medizinalverwaltung und der Medizinalverwal- tungdes Innern gezollt; er hat der gesamten Aerzteschaft volles Lob gespendet. Jch kann mich diesem Lob nur von ganzem Herzen anschließen: es is wohl verdient. Jch kann aber auch die Anerkennung, die der Medizinalverwaltung meines Ministertums gezollt ist, bier annehmen; denn fie gilt meinen Mitarbeitern, die sie nach meiner Ueberzeugung auch voll verdient haben.

Dann i} von Herrn Dr. Mugdan auch auf die großen Erfolge in der Seuchenbekämpfung während dieses Krieges hinge- wiesen worden. Hierüber wird Ihnen auch der Herr Ministerial- direktor noch nähere Angaben machen: Sie werden Zahlen hören, die uns alle mit Freude erfüllen können. Hier ist vor dem Kriege son sehr eifrig und planmäßig vorgearbeitet worden, und die Ausführung der Bekämpfungsmaßregeln ist sofort nah Ausbruch des Krieges tak- kräftig in die Hand genommen worden, und zwat mit sehr erfreu- lichem Erfolge.

Auch den Dank für das Krankenpflegepersonal, dem Herr Dr. Mugdan Auëdruck gegeben hat, {ließe ich mich vollständig an, auh er ist wohl verdient.

Meine Herren, ih wende mich, ich kann wohl agen, der Frage des Tages zu, die von dem Herrn Vorredner mit tiefem sittlichen (Frnst behandelt worden ist, mit einer so warmen Ueberzeugungstreut, daß es jeden, glaube ih, der es gehört hat, mit Bewunderung, ja mit einer gewissen Begeisterung erfüllt hat. Sie haben von dem Herrn Berichterstatter gehört, daß die Frage des Geburtenrücdckgangs auch in der Kommission eine eingehende Würdigung gefunden hat, und diese Würdigung verdient sie in vollstem Maße. Es is eine der wichtigsten und für unser Vaterland bedeutungsvollsten Fragen, es ist, wie auch in der Kommission richtig gesagt worden ist, die Frag? der Zukunft. Die Zeichen sind ernst, die Zahlen sprechen für si. Wir können an diesen Zahlen nit vorbeigehen, und jeder, der sein Vaterland liebt, muß die Frage {wer ernst nehmen. Jch will Ihnen absichtlih auch hier kein großes Zahlenmaterial mitteilen; auf Einzelheiten wird der Herr Referent meiner Medizinalabteilung noch näher eingehen. Hinweisen will ih nur darauf, daß wir im Jahre 1876 den Höchststand der Geburtenziffer erreiht hatten, und zwar 40,9 % Lebendgeburten auf 1000 Einwohner. Dieser Prozentsaß ist bis zum Jahre 1912 auf 282 berabgegangen, und vom Jahre 1901 an finden wir tatsäblih ein beinahe rapides Sinken der Geburten- ziffer.

Um aber unsern Feinden nit zu ermöglichen, hieraus etwa Schlüsse zu ziehen auf ein Sinken unserer Volkskraft im allgemeinen, auf cin Sinken unserer Schlagfertigkeit, möchte ib gleich darauf hin- weisen, daß in Frankreich {hon im Jahre 1910 nur 19,6, in Belgien 23,8, in Großbritannien 25 Geburten auf 1000 Einwohner entfielct, während Deutschland damals noch 30,7 Geburten auf 1000 Einwohnek aufwies. Es ist weiter ein sehr erfreulicher Umstand, daß die Sterb- lichkeitsziffer in Deutschland immer günstiger geworden i}, und daß

wir binsichtli®) des Ueberschusses der Geburten über die Sterbefälle

pr

smitier o sehr aünstig Baskeßen. Au t eser Bezieburg für einige Zahlen! Im Jahre 1910 betrug der Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle auf 1000 Einwohner in Frankreich 15, in Spanien 5,6, in Belgien 9,4, in der S{bweiz 10, in Oesterreich i1,3, in Großbritannien 11,6, in Norwegen 12,66, in Jtalien 13,3, in Rusp land’13,4, in Numänien 13,6, in Deuts{land 136 und in den Nieder- landen 15,1. Unter 12 Staaten steht also Deutschland bier an elfter Stelle. Gleich günstig ist der Uebers{œuß der Geburten über die Sterbefälle nur in Rumänien, und allein die Niederlande zeigen eine günstigere Ziffer. j

Meine Herren, in diesem

mochte 1 unseren

auch das j der Rückgang der Geburte: noch nit schaden, nächsten Kriege, den Gott hoffentlich uns lange fernhalten mird, werden tes

Rückgang der Geburten ficher überwinden,

die dazu berufen sind, mithelfen, mit

sih án dem Kampfe beteilioen.

Die Staatsregierung hat diesen wichtigen verständlih \chon seit längerer Zeit volle Beachtung gezollt. Grund eines umfassenden Gutachtens der wissenschaftlichen Deput: für das Medizinalwesen sind 1912 die Oberpräsidenten, die gierungspräsidenten, die Acrztekammern, die Provinzial-Me kollegien zu eingehenden (Ermittelungen und Berichten über sachen des Geburtenrückganges aufgefordert worden. Diese § haben ein reiches Material ergeben, das in meinem von Geh. Obermedizinalrat Dr. Krohne verarbeitet und allen Unterlagen zusammengestellt worden ist, die wir sonst noch reichaltig zur Verfügung hatten. In dieser Denksc{rift sind alle Mittel er- örtert, die in Wissenschaft und Praxis bisher zur Bekänpfung des Geburtenrückganges vorges{lagen worden sind. Auf Grund der Denk- {rift finden seit Monaten in meinem Ministerium eingehende Be- ratungen statt, an denen die Vertreter aller preußishen Ressorts und eine große Anzahl s\sacverständiger Männer der Wissenschaft, der Praxis, des öffentliden Lebens, aub abgeordnete teilnehmen.

In diesen Verhandlungen ift es klar geworden, daß Schwierigkeiten einer vollständigen Lösung des Problems sicherlich [ , aber die Staatsregicrung sieht ein, daß es sch bier für

ine Lebensfrage ersten Nanges handelt, eine Frage, die auch in diesem ershütternden Weltkriege, in dem wir Tausende blübender, kräftiger Männer verlieren, eine ganz besondere Bedeutung für die Zukunft unseres Vaterlandes behält. In den Beratungen in meinem Ministerium werden alle wirtschaftliben und fozialen Maß;- nahmen erörtert werden, die in Frage kommen, um dem Uebel zu steuern. Es werden die Maßnahmen besprochen gegen den bedenklichen Vertrieb empfängnisverhütender Mittel gegen die gefährliche Zunahme der Abtreibungen, auf die der Herr Vorredner mit Recht so eindringlich hingertesen hat, alle gefsundbeitshygienisen Maß- nahmen gegen die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, zur Ver- besserung des Säuglings- und Muttershußzes, des Hebammenwesens, kucz, alle Fragen, die hier hinein gehören.

Auf-diesem Boden bewegen sih auch die vorliegenden Anträge. Einmal der Antrag der verstärkten Staatshaushaltskommission auf Drucksache Nr. 89, der auf Vorschlag des Herrn Abg. Dr. Faßbender in der Kommission beschlossen worden ist. Dieser Antrag entspricht cinem Jnitiativantrage, der den Reichstag in der Session 1912 beschäftigte und dort schon zu eingehenden Verhandlungen geführt hat. Der Antrag soll èurch den von den Herren Abgg. Aronsohn und Genoffen auf Drucksache Nr. 114 gestellten Antrag abgeändert werden. Ich nehme an, daß nachher eine Beschlußfassung über diese Anträge herbeigeführt werden wird. Sie können versichert sein, meine Herren,

daß diese Anträge, ebenso wie die Anträge Nr. 106/09, eingehende

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sehr ernste

Maßnahmen,

Würdigung bei der Staatsregierung finden werden. Die Anträge auf Drucksache Nr. 106/09 werden ja wohl zum größten Teile der Kom- misston überwiesen werden und dort eine eingehende Erörterung er- fahren. Jch möchte erklären, daß ih in erster Linie die Regelung des Haltekinderwesens und * ebenso die Regelung des Wohnungs- wesens durch Landesgeseßgebung für erforderlih balte. Einer reicbsgeseßlichen Negelung des Wohnungswesens hat mein Ministerium und auch die Königliche Staatsregierung widersprohen- wir haben Jhnen schon vor: längerer Zeit eine Vorkage für Preußen zugehen lassen. Hoffentlich6 wird Jhnen eine entsprehende Vorkage . alsbald nach dem Kriege wiederum zugehen können.

Die Beratungen in meinem Ministerium, von denen ich vorhin spra, werden, so hoffe ih, in absebbarer Zeit zu einem gewissen Ab- {luß kommeñ, und wir werden das Ergebnis dann der breiteren Oeffentlichkeit zugängig machen können. Wir werden dann auch die geseßgeberischen Maßnahmen, die sih als möglih und notwendig er- geber haben, {chleunigst in die Wege leiten.

Aber, -meine Herren, mit vollem Recht hat der Herr Vorredner hervorgehoben, und mit vollem Recht ist auch in der Kommission bereits darauf hingewiesen worden, daß Staat, Geseßgebung und Polizei allein hier nit helfen können. Noch sollen wir die Frage, glaube i, wenn auch mit vollem Ernste, aber nicht zu pessimistisch auffassen. Noch handelt es sich Gott sei Dank! nicht um eine Entartung unseres Volkes, und wir wollen uns gerade in diesen großen Zeiten, in diesen Tagen, wo unser Herz wieder so hoh \{lägt in Anbetracht der herrlichen Erfolge unserer Armee dort im Westen, die Freude und den Stolz auf unser Volk nicht durch zu pessimistiscbe Auffassungen auc dieser Frage trüben lassen. Aber das i} richtig: es handelt fih doch um eine ernste Verkennung der sittlihen Aufgaben unseres Volkes. bei Männern und Frauen, und zwar in allen Schichten, und niht zum wenigsten in den ersten Scbichten unseres Volkes. (Sehr richtig!) Meine Herren, das ist das Tiefbedauerlicbe: gerade die Schichten, die uns vorangehen sollien auf dem Wege zum sittlichen Aufstieg, die ‘baben es hier vollständig an sittlihem Ernst fehlen lassen, haben ‘versagt und haben ein \{lechtes Beispiel gegeben. (Sehr richtig!)

Die Frage is} nit nur eine soziale, niht nur eine wirt\scaftlice, sondern sie ist eine- Frage tiefsittlicher Natur. Deshalb i} sie auch nur zu lösen, wenn alle sittlihen Faktoren des öffentlihen Lebens hier mithelfen. Deshalb muß der Appell an unser ganzes Volk gehen, das Volk muß aufgerüttelt, muß aufgeklärt und muß auf den rechten Weg zurückgeführt werden. Dazu müssen belfen wie an einem heiligen Werke alle Faktoren, die dazu berufen sind, in erster Linie Kirche und Schule, Elternhaus, Arbeitgeber, alle Genossenschaften, alle - Berufe, die. Frauenvereine, alle: sozialen Vereine, kurz alle Faktoren des öffent- lichen Lebens, denen unser Vaterland am Herzen liegt, und denen die

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Hilfe geweckt haben und dieser Hilfe sicher sind, können wir den

f auf breiter Grundlage aufnehmen, und, meine Herren, auch

die Verhandlungen in der Kommission, die Verhandlungen des heutigen und des gestrigen Tages haben mir die volle, felsenfeste Ueberzeugung gebracht: auch in diesem Kampfe werden wir siegen. (Lebhafter Beifall.) Gehoimer Obermedizinalrat Dr. Kro hne : Die Frage des Ge- Krieg besonders brennend

r F - un - L D burtenrüdckganges ift dur den gegentvartigen die G enzahl in

enrüdganges j geworden. Im vorigen Jahr t Deutschland zwischen 45 und 35 auf 1009, Die Geburtenzisfer er- hte ibren Höchststand kurz nab dem Kriege Jahre 1876, Seit T Zeit traî ganz langîanmt £€i itlticher Nüdctaang sodaß abl 1900/01 35 betrug. eit jener Zeit ha Absturz erlebt, so unerbört, daß in 12 bis L : von 35 auf 28 und 27 tulturvolf hat bis jeß - so furzen Zeit einen derartigen Absturz erlebt. Für Tenwo der Abnahme hat Frankreich über 70 Jahre gebr: ir diese Abnahme nicht gehabt, so bäâtten wir jeßt 2 Bevölkerung mehr, das ware ein Borteil, der angefid beuren Opfer dieses Krieges gar nicht boch genug bewertet werden könnte. Nun - wird von vielen Seiten mit Pecht eingewendet, daß ti Angst zu haben brauchten, weil wir in bezug auf die Sterblichkeit so außerordentlich günstig standen. Es ift richtig, daß unsere Sterblich- keit in ret erfreulidem Maße außerordentli zurückgegangen ist. Aber täuschen wir uns mt, auch dieser Rückgang bedeutet keine Aufbebung, sondern nur cin Hinausfschieben der Gefahr. Die - Geburtenziffer nimmt viel rascher ab, als die Sterblichkeits- Zeit 1900 hat die Sterblichkeit um 44 % abgenommen, die aber um 7,7 % ift die Befürchtung auszusprechen, e de l ihre matürlicwe Grenze hat, die ie der Geburtenziffer nicht. Franfkreih ift bereits auf diesem Standpunkt angelangt, ein Beweis von der wahnwißigen Politik der franzöfischen Staatslenfker, die ihr Volk in den Krieg hineingeheßt haben. Frankreich wird sih von dem Aderlaß dieses Krieges voraussichtlich niemals erholen. Aehnliche tieftragische Erscheinungen sehen wir im alten Hellas und Rom. Infolge des sittlichen Verfalls zur Kaiserzeit hatte Nom nur noch den vierten Teil der wehrfähigen Mannschaft wie zur Zeit der punischen Kriege. Später war es nmicht mehr@m}|tande, dem Ansturm seiner Feinde Widerstand zu leisten. Was ich hier gesagt habe, soll keine Schwarzmalerei sein, aber darüber müssen wir uns flar sein, daß wir uns beizeiten vorsehen müssen. Als Ursachen jener Erscheinung wird zunächst eine Verschlehterung unjerer Fasse behauptet. Von einer Entartung kann bei uns fteine Rede sein. Unser Volk bat so Großes und Erhabenes in diesem Kriege geleistet, ie es vielleidt mcht einmal vor 100 Jahren- geleistet worden ift. Au eine Abnahme der Cheschließungen ift die Ursache niht. Absolut genommen hat die Zahl der Eheschließungen zugenominen. Cben/so- wenig ist der Alkoholismus die Ursache. (Fs ift hierin im Laufe der leßten 30 Jahre besser geworden. Die Ge- \chlechtsfrankheiten haben abgenommen, wie die Nefkruttierungsziffer der großen Städte beweist. Daß die wirtschaftlichen Verhaltnisse, die Verteuerung der Lebensmittel, die traurigen Wohnungsverhält- nisse in den großen Städten den Nückgang der Geburtenziffer mit- verursacht haben, ist nicht zu bezweifeln. Es darf aber auch mckcht überfeben werden, daß die Lebenshaltung in allen Volksschichten sich verbessert hat. Die Löhne sind zum Teil auf das Doppelte und Dreifache gestiegen; aber auf der anderen Seite dürfen wir uns nicht der Ueberzeugung verschließen, daß doch bei uns eine gewisse Summe höchst unerfreulicher Erscheinungen bervorgetreten ift, die man bet allen Kulturvölkern bemerken kann, wenn fie rash zu großem Wohl- stand getommen sind. Jn weiten Kreisen hat sih eine gewisse Weltanschauung geltend gemacht, die ihren Ausdruck darin findet, daß der Begriff von Che und Kindersegen eine bedenklihe Umwertung erhalten und- vielfa sih die- Auschauung geltend gemacht hat, daß Kindersegen nur eine Last fei, daß man fh der Verantwortung, die er mit sich führt, nah Möglichkeit entziehen müsse. Jch darf es nicht unausgesprochen lassen, daß diese Anschauung namentlih in der Frauenwelt an Boden gewonnen hat. Es gibt bedauerlicherweise manche Frauen, die am liebsten wenig oder gar feine Kinder haben möchten. Sie vergessen, daß die höchste sittlihe Bestimmung der (Tbe die Fortpflanzung des Geschlechts, die Aufzucht tüchtiger, braver Kinder ist; wir dürfen aber .doch hoffen, daß der wunderbare er- hebende vaterländische Geist, der sich in diesem Kriege betätigt, uns aucl na dem Kriege erhalten bleibt und diese häßlihen Grscheinun- gen 1m Volksleben hinwegfegen wird. Eine andere Ursache des Nuückganges der Geburtenziffer sind die empfängnisverhütenden Mittel. Der Vertrieb dieser häßlichen “Sachen hat sih bei uns zu einem offentlicden Sfandal entwickelt. Sie werden in den verschiedensten kleinen Geschäften jungen Burkchen D

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und Dienstmädchen aufgedrängt. Bis in die entferntesten einfsamen Dörfer kommen Geschäftsreisende, sogar weibliche, und diese demonstrieren die Sachen sogar praftish und erscheinen nach einem Vierteljahre wieder, um zu fragen, ob nt wieder Bedarf sei. (Hört, hört!) Die Vernichtung des keimenden Lebens hat in ers{breckendem Maße zugenommen. Es finden nun Beratungen in den Ministerien statt, um alle diese Fragen eingehend zu prüfen. Es wird sich darum handeln, dem Geburtenabsturz Ein- halt zu tun und für einen umfassenden Säuglings- und Mutter- \{uß zu forgen. In dieser Beziehung ist auf Anregung vieler edler Frauen und Manner, insbesondere Ihrer Majestät der Kaiserin, seit Jahren unendlich viel gesehen, Es muß alles Müögliche ge- schehen, um mehr Kinder am Leben zu erhalten. Befonders nötig ist uns der Mutterschuß. In jedem Jahre sterben in Deutscland über 6000 Frauen im Kindbettfieber, 18 Frauen täglich; das ist eine höchst bedauerliche Ziffer. Auch einer Reform des Hebammenwesens müssen wir uns zuwenden. Der Siand der Hebammen muß ge- hoben werden. Die Hoffnung, daß sih nah dem Kriege die Ge- burtenziffer wieder heben würde, wie in früheren Kriegen, if doch illusoris, dazu sind die Verluste denn doch zu groß. Viele Tausende und aber Tausende blübender Männer scheiden fur die nächste Zeit in bezug auf die Kindererzeugung aus, und wir müfsen zunächst im Laufe der nächsten Jahre mit einem weiteren Herabsinken der Ge- burtenziffern rechnen. Wir brauchen einen Zuwas an Menschen, um die sch{recklicden Verluste auszugläichen und um gerüstet zu sein, falls es falschen, neidijchen und rachgierigen Feinden von Oft und West wieder einfallen sollte, das deutsche Volk zu überfallen. Die Vermehrung des Volkes ift auch notwendig, um uns leistungs- fähig zu erhalten auf wirtschaftlicben und anderen Gebieten. Gelingt Dics, dann dürfen wir vertrauen, aber auch nur dann, daß das deutsce Volk eine glänzende Zukunft nah dem Kriege" erlebt, die wir alle als Preis der unerhörten Opfer dieses Krieges erhoffen. Aba. Dr. Faßbender (Zentr.): Zur Herabminderung der Ï ie G und gegen

\ Sterblichkeit müssen wir den Kampf gegen die Seuche! die Säualingssterblichkeit aufnehmen. Die moderne Hygiene hat in esem Kriege die größten Triumphe gefeiert; unsere Truppen sind von den größeren Seuchen, die in früheren Kriegen, auch 1870/71, größere Opfer gefordert baben, verschont geblieben. Troß der an- \cheinend besseren Lebensbedingungen auf dein Lande bedarf auch die ländlihe Bevölkerung höherer Fürsorge. Jn bezug auf die Säug- lingssterblichkeit sehen wir ungünstiger .da als andere Länder. (Es \cbadet aber nichts, daß Geheimrat Krohne uns die Ziffern. offen vorgetragen hat. In der Fürsorge für die Säuglinge und die Kinder im ersten Lebensjahr muß das Haltekinderwesen aeseßlih geregelt werden. Meine Freunde werden dem bezüglichen Antrag in dem Sinne zustimmen, daß er der Justizkommission überwiesen wird. Leute, die früher weaen \{wächliher Gesundheit vom Militärdienst befreit waren, jeßt aber im Heere stehen und infolge der Strapazen Dauererkältungen leiden, erkranken vielfa an Tuberkulose. Wenn man bedeukt, daß in einzelnen Gegenden die Tuberkulose ers{chreckend häufig ist, so muß man an die geseßliche Anzeigepflicht für Tuber- kulose denken. Die jeßige Anzeigepflicht beschränkt jih auf die Todes- falle. Auch auf dem Lande ift die E01 in den meisten Fällen als Wohnungskrankheit anzusehen; Fehler der: Ventilation, der Heizung und so reite? sind vielfa die Ursache. Das Verständnis für Haut-

di Dr

pflege nb 3aßnpfTege Betarf erbobter Fürsora: M2 Zobntrantheiten steben zweifellos mittelbar oder unmittelbar mit der Tuberkulose in Beziehung. Den Krankenpflegec:tcn sollten bei der Errichtung von Niederlassungen feine Schwierigkeiten gemackt werden. Wenn Herr Mugdan die Koalitionsfreiheit für die Krankenpfleger wünscht, so kann ih ibm nur insoweit ‘zustimmen, als, wenn die Krankenpfleger zu einer Gewerkschaft zusammengefaßt werden, dafür gesorgt werden muß, daß die katholischen Orden im gegebenen Fall nit als Streik- brecher angesehen werden. Auch in den kleineren Krankenbäusern auf dem Lande müßten Abteilunaen für “tuberkulose Kranke geschaffen werden. Die Organisation in Weitfalen, wo in den katholischen Be- zirten die j eigene Kranfenbäuser haben, ift segensreickch, ader nur mögli, wenn unter dem Schuße der Bebörden die innere Einrichtung reiwilligen Stiftungen von Wobltätern beschafft

D i Allerdings - können die

wird und DIe ch chweftern eren Ort, wohl aber in Amts-

Amtsbezirk

und d billig arbeiten. Krankenhäuser nicht in jedem kleine ezirfen er / r Bekämpfung der Krebskrankheit

sgeseßt ihre Fürsorge zuwenden. Die- Krebs3- eßten zebn Jahren bedeutend zugenommen nde Krankheiten angesehen werden. Das

V 1 al a7 A rhalten bleiben.

Auch de

i l [ Bei den Geschlechts- baben E t der %er}euchung der Bevölkerung im zu tun. Ia dem Kriege ollte niemand entlassen und

ea während des beurlaubt werden, der nit vorher

daraufhin untersucht i) nckt ges{chlechtsfrank ift. Wenn man der Serjeucpung der Familien vorbeugen will, tann nit streng genug vorgegangen werden. Feder Krieg hat eine Steigerung der Gescblechts- frankheiten ZUT_ 9adt, und bet diesem Krieg kommt besondèrs in Betracht, 2 er zum Teil in Landern geführt wird, wo bisher schon die Geschlechtskrankheiten ehr verbreitet waren, worauf {on der

Itame morbus gallicus deutet. Hervorragende Nerzte sind der An-

11MT, Laß die aus dem Felde kommenden erschóövften Leute die Sal.

vartanhohkhans q H} - tos - Y [t {4 Q

varfanbebandslun nicht aushalten werden; deshalb ift die Prophylare

0 konnte auc vor der (Sheschlicßung ein amtsärztliches

is borgescrieben werden und die Chescließung davon

verden daß: Fotno ühortranhavro (C N N LoP._

daß feine übertragbare Geslehtskrankbeit

erner Eönnte L gejeßlihe Bestrafung leihtsinniger oder

lässiger «mitedung mit einer Ges{lechtskranfkfbeit eingeführt wer- er Die bon den Krankenkassen und der Militärverwaltung einge- ieten Beratungéstellen für Geschlechtskrankheiten sollten der ge- amten Bevölkerung dienskbar gemaht werden. Der Anzeigepflicht

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ür D ran halte stehen allerdings psycchisch-ethisde Gründe

entgegen. Vem Minister \predbe ic im Sinne # icher Frafti

entaoge A R 12 g ter \pred e ich im Cinne jamtlicer Fraktionen en warmiten Vank dafur aus, daß er an die Frage des Abortus- mit vollem Srnst herangegangen it. Vier hbondelt es si nit um ein

Problem, sondern um das Problem. Die Negterung follte aber auh

an eine Aenderung auf dem Gebiete des Beamtenwesens denken. Bet

it mehr das Vermögen

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Tala l ht ¿FPIOe qegDaDbt,

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der Beseßung der leitenden Stellen darf maßgebend sein, es ist vorgekommen, daß bei der Beseßung einer böberen Beamtenstelle bei gleichen Vermögensverbältnissen ein Vater mil zwei Kindern einem solchen mit vier Kindern vorgezogen ist weil der ette mehr Mittel für Repräsentationszwecke erübrigen fann. as muß aufhören. Deshalb wollen n Hes L Ls ; E 2 A A E att wollen win auch einen Antrag einbringen, af en mit einer großeren Kinderzahl ber der Beseßung \oHerer und eintragliher Stellen im besonderen Maße berücksichtigt werden. Nur auf diesem Wege is es möglich, in dieser böberen Schicht auf diejem Gebiete Wandel zu schaffen. Der Behauptung daß es nur e ine Ursache der Geburtenbesdränktung gebe, arob sinnlide oder un- ette Grwagungen, muß jedenfalls aufs bestimmteste widersprochen werden. Vie Verbesserung des Wohnunaswesens ist eine der drin=- gendsten Aufgaben, um uns-dem Ziele der Einfcbränkung des Sebürken- ruckganges näber zu bringen, mit weniger die Siedlungsfrage auf dem eande. Die Beamtengehälter müssen nab dem Kriege aus demselben Grunde einer Revision unterworfen werden. Die Kreise von Stu- denten und VDffizieren mit ibrer ständigen Verwendung der Vor- beugungsmittel find ein etbisd forrumpierendes Element, das gan nahe an die Prostitution beranstreift. Die Hebammenfrage us e aunsten der Hebammen von- Grund ‘aus reformiert werden. Au, auf die etbische Vorbildung des Hebammenslandes muß hingewirkt wer- den, denn die „Bedbamme ist au in der Lage, auf die Frauen thren Sinfluß auszuüben in der Richtung, daß sie es für die bödste weib- liche Chre balten, Mutter zu werden. Das ist auch die Ansicht unserer ánt ect G I „e Tung, des Straßen von 4/14 L L 4 L v L ) 10( it Ó wird auch von Miner Gs bieten L A Ca und der Kinos qvird auc bon Mannern aus diejen Kreisen verlangt. Der Kernpunkt des ganzen Prodlems ist aber die moderne Mädchenerzichunqg. Hier muy au der Hebel angescßt werden. In unseren sogenannten besseren E ait ies gewisser âußerer Vildungsfanatismus ganz von (Cl PIê Aonetgung gegen etne bodbere Kinderzahl oder gegen Kinder überhaupt mit si. nittlic-religiose Läuterung des Volkes soll nach der ing wetter Kreise die Hauptsache sein: mindestens wird feststehen, die vorhin erwähnten Mittel obne eine religiöse: Er- neuerung des olkes versagen müssen. und versagen werden. Hie muß lich bon allen berufenen Faktoren mit dem arößten iitt- vorgegangen werden. Das deutsckde Volk ift noch nit

as z igen seine gewaltigen Leistungen in diesem Kriege. Aber

si e Zeit, daß der drobenden- Gefahr entgegengetreten wird, De nsstonéantrag, der auf meinen Antrag angznommen worden M er Abo. Mugdan damit entgegen, daß ‘er zum Bundesrat nit das Vert habe, das wir thm entgegenbringen. Wir haben dieses Vertrauen; der Bundesrat kann ras handeln, die E J gs würde unter Umständen sehr unerwünshte Berzogerungen | en, wenn es hnch um das Werbot eines empfängni verhütenden Instrumentes, eines Schußbuches usw., handelt. «Abnehmer und Produzenten von Scmußliteratur, und fttlichem Unrat wird es immer geben; desbalb können mr aber nicht jedes Einschreiten überhaupt unterlassen. Der Schuß der Unmündigen geaen die mo- raliscbe Infektion darf von uns nidt länger vernaGlässigt werden Gs ist noch nicht zu -spät, aber es is bobe Zeit! ; _Abg. Dr. Lobmann (nl): Dem Dank. für unser Sanitäts- pertonal scließen wir uns an, Der Gewährung der Koalitions- freiheit an das Pflegepersonal steben Bedenken entgegen, do sollen wir diese Frage woblwollend prüfen. vie Fraae des Geburten- ructganges 11t eine Levenéfrage für unser Volk. Eine wirlscchaftliche ist die ¿Frage nit, denn zur Zeit starken Absturzes der Geburtenziffer hatten wir einen wirtschaftliden Aufsckwunag.

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Kulturhöde Englands und Frankreis berabsinken. Die Ehe- \cblicßzungen baben nur minimal abgenommen, dageaen bat si das Ehe- sbließunasalter erhöht. Die Gebärfähigkcit hat nit abgenommen: es

( die Eingriffe in die Shwangerschaft. Diese arassieren auf dem ( in einem Moße, wie man es kaum glauben sollte. Leider ist die Widerstandsfähigkeit der Aerzte, die Sckwanoersdaft in allen Stônden nit zu unterbrecen, im Abnehmen beariffen. Weigern sich die Aerzte, nimmt man einen andoren Arzt. Viellei{t würden die Aerzte etwas vorsihtiger sein, wenn in bezug auf das Abortieren die Mesldepflicht eingeführt würde. Die Beschränkung der boben Kinder- zahl ist an si noch nit verwerflid. Der Aufenthalt in den Grofß- ¡tädten wirkt {on an si rein automatis auf die Verminderung der Geburtenziffer, nit bloß die \{leckten Wohnungsverhältnisse, \son- dern auch die höheren Ansprüche an die Mütter infolge der Verkehrs- unsicherheit bilden einen Teil der Ursache. - Die geistigen und Eörper- lichen Kräfte der Mütter werden aufs höct\te angespannt. Es ist nit zu bezweifeln, daß die starke Abnahme der Geburten auch auf moralische Gründe zurüczuführen ist. Am stärksten ist die Abnahme bei wohl- habenden Eltern und in den Großstädten, die einen großen wirtschaft- lien Aufschwung zu verzeichnen batten. Früher traien an das weib- liche Geslechckt nit die Versuchungen heran, {G antikonzeptionelle Mittel zu versGaffen. Von 1901 bis 1911 bat si die Zahl der evan- aëlishen Volks\chulkinder um 500 000 weniger vermehrt, als die der katholischen. Diese Tatsache ist höchst bedauerli®. Eine Abhilfe ist dadaurch mögli, daß die höheren und mittleren Beamten bei der Bemessung ihrer Gehälter nah der Zahl der Kinder berü tigt werden. Im übrigen müssen wir danach streben, daß mehr Respekt und Ehrfurcht voy- Frauen mit vielen Kindern geweckt wird und baß die