1916 / 148 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Jun 1916 18:00:01 GMT) scan diff

e Heer und Volk ausklang. Nach kurz ig Stadt und der Zitadelle, wo die beat: e Begegnung des Deutschen - Kaisers und des stattgefunden hat, wurde die Fahrt mit dem __ Sonderzuge fortgesezt. Die ganze Reise bis Sofia bildete ‘einen Triumphzug. Jn Bela-Palanka, Pirot und Zari- brod war die gesamte Bevölkerung auf dem Bahnhof er- schienen und begrüßte die Gäste mit Tüchershwenken und be- En Mute Die Ortsvorsteher hielten tiefempfundene nsprachen, welche die Abgeordneten Naumann und Mayer mit warmen Worten beantworteten. Rasch steigerten sich die Huldigungen, um in der Landeshauptstadt ihren Höhe- unkt zu erreihen. Hier waren auf dem Bahnhof der Chef s Geheimen Kabinetts Dobrowitsh im Auftrage des , Zaren sowie der Kammerpräsident Watschew, Abgeordnete “aller großen Parteien, darunter die früheren Minister Malinow, Liaptshew und Takew, dann Staats- sekretär Kossew, Ministerialdirektor Herbst und Legations- rat Freiherr von Richthofen erschienen. Der Bürger- meister Radew hielt die Begrüßungsrede, die der Abgeordnete Müller-Meiningen mit shwungvollen Worten er- widerte. Die Hochrufe auf die verbündeten Monarchen und Völker wurden begeistert aufgenommen, worauf die Kapelle dte Nationalhymnen spielte. ‘Die langen, im Festschmuck prangenden Straßen vom Bahnhof zum Hotel waren von einer frohgestimmten Menschenmenge dicht umsäumt. Stürmische, immer erneute Hurras begleiteten die Abgeordneten auf ihrer Fahrt. Die Automobile wurden mit Blumen überschüttet, Tücher und Fahnen winkten überall ein Willkommen entgegen. Als die Abgeordneten ihr Zimmer aufgesucht hatten, zog die Jugend in. endlosen Reihen an ihren Fenstern vorüber und nötigte sie dur jubelnde Zurufe immer wieder auf dem Balkon zu erscheinen. Alles war so unge- zwungen, daß sih jedem die Ueberzeugung aufdrängte, daß der Bund mit Deutschland im bulgarischen Volke tiefe Wurzeln gefaßt hat und von der- einmütigen Zustimmung des Volkes getragen ift.

Lurertika.

Im Repräsentantenhaus beantragte, wie „Reuter“ aus Washingten meldet, der Vorsitzende des militärishen Aus- schusses Hay, die Entschließung anzuwenden, durh die der Präsident ermächtigt wird, nah seinem Gutachten Miliz- truppen in die Armee der Vereinigten Staaten ein- zushwören. Es entstand eine lebhafte Auseinanderseßung über einen von Hay eingebrachten Zusaß, in dem erklärt wird, daß der Notfall, für den eine solche Einverleibung von Miliz- truppen in die Armee vorgesehen sei, bereits bestehe. Der Führer der Republikaner Mann unterstüßté den Zusay mit der Bearündung, daß in Nordmexiko bereits Kriegszustand bestehe. Der Zusaß wurde einstimmig angenommen. :

___ Der Kriegsminister hat, „W. T. B.“ zufolge, Befehle an die Kommandeure aller Armeeteile ergehen lassen, die gesamte verfügbare Staatsmiliz sofort nah ihrer Mobilmachung in den Einzelstaaten an die mexikanische Grenze zu senden.

Eine „Reuter“-Depesche aus San Salvador meldet, daß das Auswärtige Amt in Salvador eine Depesche von Ecuador erhalten hat, in der dringend zu einem gemeinsamen Vorgehen von Lateinish-Amerika aufgefordert wird, um den Krieg zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten zu verhüten. i

YarslamentsberiGt.*)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

37. Sizung vom 24. Juni 1916.

Am Regierungstische: die Staatsminister Dr. Lene und von Loebell.

__ Der Präsident Dr. Graf von Schwer in eröffnet die Sißung, deren Anfang von 10 Uhr Vormittags auf 11 Uhr verlegt worden i}, gegen 1134 Uhr.

Abg. Geisler (Zentr.) ist am 22. d. M. im Alter von 72 Jahren verschieden; das Haus ehrt dessen Andenken durch Erheben von den Sigzen.

Auf der Tagesordnung steht die Beratung des vom Herrenhause in abgeänderter Fassung zurückgelangten G e - segentwurfs, betreffend die Erhöhung der Zu-

chläge zur Einkommensteuer und zur Er- gänzungsfsteuer.

Das Abgeordnetenhaus hatte die Erhöhung nur für ein Jahr zu bewilligen beschlossen. Das Herrenhaus hat dagegen in Uebereinstimmung mit der Regierungsvorlage die Bewilli- gung für die Kriegsdauer, genauer bis zu demjenigen Etats3- jahre ausgesprochen, in dem nach Friedenss{luß wieder ein orventlicher Etat dem Landtage vorgelegt werden wird.

E leßten Augenblicke s wie der Präsident mitteilt, èwei Anträge eingegangen. Sie beziehen sich zunächst auf S 1 der Regierungsvorlage, der lautet:

Für die Zeit vom 1. April 1916 bis zum Beginne desjenicen Etatsjahres, H das ein Had Abschlu es Krieges ut ba eurcpaiscen Großmächten aufgestellter Staatshaushalt in Kraft tritt, werden für die Einkommensteuerpflichtigen mit Einkommen von mehr als 2400 Æ und für die Erganzungssteuerpflihtigen, die nach § 8 des Geseßes, betreffend die Bereitstellung von Mitteln zu Diensteinkommensverbesserungen vom 26. Mai 1909, zu erhebenden Steuerzuscläge, wie folgt, festgeseßt: (folgen die Steuersäße).

_ Ein Antrag von Bockelber g (kons.), der von Mit- gliedern sämtlicher Parteien, mit Ausnahme der Polen und Sozialdemokraten, unterzeichnet i}, will hinter den Worten „in Kraft tritt“ einfügen: „jedoch nicht über vas Etatsjahr 1917 hinaus“, und folgenden neuen §8 1 a einfügen:

__ Sollte am 1. April 1918 der Krieg (F 1) noch fortdauern und bis dahin ein neues Ses über die Grhebung von Zuschlägen zur (infommensteuer und zur Ergänzungssteuer nit zustande gekommen sein, so verlängert si die Gültigkeit dieses Geseßes um ein weiteres Etatsjahr.

Beide Anträge werden gemeinsam zur Erörterung gestellt.

Finanzminister Dr. Lene :

Meine Herren! Durch den Beschluß des Herrenhauses, die Negierungévorlage des Steuergeseßes wieder herzustellen, ist das Ge- sey noch einmal zur neuen Beratung und Beschlußfassung an dieses bobe Haus gelangt. Wöhrend der Beratungen in den früheren

Siaats Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und

/ \chweré, furchtbare“

R

Lesungen war bas hohe Haus der Meinung, daß die Finanzverhältnisse

des Staates es zwar geboten erscheinen lassen, daß für das Etatsjahr 1916 der-Staatsregierung durch Bereitstellung von neuen Steuerein- nahmen weitere Mittel zur Verfügung gestellt würden; es wollte sich aber nit damit einverstanden erklären, daß diese erhöhte Eínnahme für die Dauer des Krieges bewilligt wurde und hat sie deshalb ent- gegen der Regierungsvorlage auf ein einziges Jahr beschränkt.

Von meiner Seite aus sind bei allen Lesungen über diese Frage die allershwersten Bedenken geäußert worden. Jch habe wiederholt darauf hingewiesen, welhe Schwierigkeiten und Mißlichkeiten es im Gefolge haben würde, wenn das Haus die neuen Steuern nur für ein Jahr bewilligen würde, und ih habe, als das Haus bei seinem Be- \{lusse beharrte, lediglich zum Schluß mi, allerdings \{chweren Herzens, bereit erklärt, meine Bedenken zurüczustellen, weil die Ge- sundheit und Sicherheit der Staatsfinanzen selbst diesen {weren Be- denken gegenüber im Vordergrunde stehen müßten. Jch bin bei dieser Stellungnahme allerdings davon ausgegangen, daß das Herrenhaus sich auf denselben Standpunkt wie das Abgeordnetenhaus stellen würde. Nachdem aber das Herrenhaus die Negierungsvorlage wiederhergestellt und die Bedenken, welche von der Regierung geäußert worden waren, zu den seinigen gemacht hat, muß ih auch meinerseits wiederum nah wie vor den größten Wert darauf legen, daß die Regierungsvorlage möglichst wiederhergestellt wird:

Meine Herrén, die Bedenken, die aus diesem hohen Hause laut geworden waren, bestanden wesentlich darin, daß die Härten dieses Kriegsgeseßes von den verschiedensten Seiten hervorgehoben wurden, und daß vor allen Dingen darauf hingewiesen wurde, daß ein der- avtiges Geseß in seiner unvollkommeneren Form keine lange Geltungs- dauer haben dürfte. Von einzelnen der Herrew war auch darauf hin- gewiesen worden, daß es durhaus niht ausgeschlossen wäre, daß dic Staatsfinanzen sih während des Krieges so weit bessern würden, daß vielleicht der Geldbedarf in den folgenden Jahren nicht einträte. ¡Wenn Ihnen nun jeßt wiederum das Gese zur Beschlußfassung vsöxliegt, möchte ih doch an die Spiße der ganzen Verhandlung stellen uïñd Sie daran erinnern, daß dieses hohe Haus bisher bei allen seinen Ent- \hließungen immer wieder dafür gesorgt und seinen festen Willen kund gegeben hat, daß, wie die Verhältnisse auch liegen, die Staats- finanzen gesund und gesichert bleiben sollen, und daß das hohe Haus gewillt ist, Opfer zu bringen, um dieses Ziel zu erreichen. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, um eine Uebereinstimmung mit dem anderen Faktor der Geseßgebung herbeizuführen, muß auch dieses Haus ein Opfer bringen. Dadurch, daß nah der Verfassung zwei geseßgebende Körperschaften übereinstimmen müssen, um ein Geseß zustande zu bringen, ist {on von vornherein die Nichtlinie festgelegt, daß nicht ein Haus fest auf seiner Meinung beharren darf, wenn nicht die ganze Geseßgebung \{chließlich in Frage gestellt sein soll, und daß eine Ver- ständigung zwischen den beiden Faktoren der Geseßgebung statt- finden muß.

Ich möchte Jhnen deshalb dringend empfehlen und Sie herzlich bitten, troß Ihrer Bedenken, die Sie in den früheren Lesungen zum Ausdruck gebracht haben, dem Herrenhause entgegenzukommen und eine Verständigung anzubahnen. Mir scheinen die Anträge, die -der Herr Präsident vorhin verlesen hat, allerdings geeignet zu sein, eine Basis für eine Verständigung zu bieten. Wir wollen nicht hoffen, daß der g sich noch Jahre: lang hinzieht. Die ganze Negierungsvorlage wär ja nur darauf aufgebaut, daß dem Staate für die Dauer des Krieges die erforderlichen Mittel bereit gestellt werden sollten, und es war von vornherein im Geseß vorgesehen, daß mit der

Vorlegung des erstew Friedensetats nah Abschluß des Friedens mit

den Großmächten dieses Geseß automatish wieder außer Kraft treten sollte. Die Geltungsdauer war also an den Krieg gebunden. Wie ih eben erwähnte, hat wohl jeder von uns die Hoffnung, daß der Krieg sehr viel cher beendet sein möchte als der Zeitraum, der hier in den Anträgen geseßlich festgeseßt wird. Wenn Sie nach den Anträgen be- schließen sollten, würden die erforderlihen Mittel nicht allein für das Jahr 1916, sondern auch für das Jahr 1917 und unter gewissen Vor- ausfeßungen auch für das Jahr 1918 bewilligt sein. Es würde also die Staatsregierung nicht genötigt werden, {hon im Jahre 1917 mit einer neuen Steuerforderung an das Land heranzutreten. Jch kann übrigens das hohe Haus beruhigen, daß ein Bedarf unbedingt er- forderlich ist. Die 100 Millionen Mark, welche für das Jahr 1916 verlangt worden sind, sollen nah der Begründung des Geseßes dazu dienen, den Fehlbetrag in der Jahresrehnung des Jahres 1914 zum größten Teile abzudecken, und zwar betrug dieser Fehlbetrag 116 Mil- lionen Mark. Im nächsten Jahre würde die Staatsregierung, wenn das Geseß in der Fassung der dritten Lesung dieses hohen Hauses Geschß würde, genötigt sein, wiederum mit einem Geseß zu kommen und als Begründung darzulegen, daß die Fehlbeträge des Jahres 1915 wiederum eine derartige weitere Steuerbewilligung notwendig machen. Als wir das Geseh bisher hier in diesem hohen ‘Hause berieien, war ih noch nit imstande, die Zahlen näher mitzuteilen, wie das Nech- nungsergebnis des Jahres 1915 sih darstellt. Die Abschlüsse waken noch nit fertig, und auch die einzelnen Provinzialbehörden waren wegen der Arbeitsüberlastung und wegen des geringen Beamten- personals ganz außerstande gewesen, ihre Abschlüsse fertig zu stellen. Inzwischen liegen die Abschlüsse für das Jahr 1915 vor, und danach sind bei dem Staatshaushalt an Fehlbeträgen 106 Millionen Mark entstanden die Hunderttausende nenne ich nicht —, und bei der Staatseisenbahnverwaltung hat sich ein Mindererträgnis von 89 Mil- lionen + 6 Millionen evgeben, welche aus dem Ausgleichsfonds ent- nommen worden sind. Also insgesamt hat der Staatshaushalt für das Jahr 1915 mit einem Fehlbetrag von 196 Millionen abgeschlossen. Es ist damit, glaube ih, auch für diejenigen, welche bis dahin Be- denken trugen, eine Bewilligung für das Jahr 1917 auszusprechen, das Bedenken fortgeräumt, daß die Fehlbeträge niht hoh genug sein würden, um eine weitère Steuerbewilligung zu rechtfertigen. Daß wir etwa in den folgendèn Jahren mit unseren Staatsfinanzen besser da- stehen werden, ist nah meiner pflihtmäßigen Ueberzeugung vollständig ausgeschlossen. Wir werden auch in den folgenden Jahren noch mit großen Fehlbeträgen zu rechnen haben. Alles wird teurer, und die Staatsausgaben steigen ganz außerotdentlih. Jch möchte mir nur den Hinweis erlauben, daß allein die Beihilfen zu der Kriegöwohlfahrts- pflege der Kommunen allmonatlih ganz außerordentlih hohe An- forderungen stellen. Das wissen Sie ja selbst. Sie haben in diesem Frühjahr zu diesem Zwecke das zweite Geseß bewilligt, in welchem dem Staate 200 Millionen zur Verfügung gestellb werden, nachdem vorher {hon 120 Millionen für den gleichen Zwelk verausgabt worden waren.

Versuch, die va

Sie selb haben bei dieser Bewilligung {on gesagt: wie lange e, 200 Millionen reichen werden, wissen wir nicht. Die Bedürfnisse i 2 Kommunen sind ganz außerordentliche, und unseve Ausgaben werden in den folgenden Jahren nicht geringer werden. Ferner sind di finanziellen Beihilfen für unsere Beamten und Angestellten erhöht worden. Diese Erhöhung macht allein im Staatshaushalt den W trag von 44 Millionen aus. Außerdem nmlchte ih darauf hinweisen daß der Staat wegen des Krieges genötigt ist, seinen gesamten An: leihebedarf ledigli aus schwebenden Schulden zu bestreiten. Das Neich muß unbedingt die Vorhand bei der Aufnahme von Anleihen für Kriegszwecke haben. Weder die Bundesstaaten, noch Kommunen dürfen irgendwie langfristige Anleihen aufnehmen. Die gesamten lang- fristigen Anleihen müssen für das Reich vorbehalten bleiben. Jnfolge- dessen bleibt für den Staat nur übrig, durch Schaßanweisungen im Wege des kurzfristigen Kredits seinen großén Geldbedarf zu beschaffen, Daß ein derartiger kurzfristiger Kredit auf die Dauer außerordentlich teuer ist und die Staatskasse in ganz erheblichem Maße mehr he. lastet, das weiß jeder von Ihnen. Kurz, meine Herren, {on diese paar, in großen Zügen angeführten Zahlen beweisen, daß wir in Zu: kunft ganz wesentlihe Mehrausgaben haben werden, und daß der erhöhte Bedarf auch für die Zukunft unbedingt feststeht.

Meine Herren, ih weiß, daß es bei manchen von Jhnen ein Opfer der Veberzeugung bedeutet, wenn Sie jeßt den hier vorliegenden Vorschlägen beitreten. Aber, meine Herren, ih möchte doch darauf hinweisen, daß nah meiner Auffassung es gang unmöglich ist, daß dieses Steuergeseß scheitern kann. Das Geseß muß angenommen werden, und ich glaube, das Abgeordnetenhaus kann vor dem Lande die Verantwortung niht übernehmen, wegen einer Lappalie den anders kann ih dem tatsächlihen Bedarf gegenüber die Bedenk-n gegen eine zwei- oder dreijährige oder noch längere Geltungsdauer nit bezeihnen sich \chließlich gegen dieses Geseß auszusprehen. Jh möchte Sie deswegen dringend bitten, doch den Weg der Verständigung zu bestreiten, und ih hege dann die Hoffnung, daß auf Grund dieser Anträge es gelingen möge, mit dem Herrenhause eine Verständigung herbeizuführen. Das preußische Abgeordnetenhaus hat bisher dem Staate das gegeben, was dem Staate notwendig ift, und ih habe die feste Ueberzeugung, daß es besonders in diesem Kriege, auch wenn es bisher eine andere Meinung gehabt hat, im Jnteresse des Vaterlandes nachgibt und dem Lande das bewilligt, was notwendig ist. (Beifall rechts,)

Abg. Ströb el (Soz.): Nach den vorliegenden Anträgen steht es ja von vornherein fest, daß die Mehrheit sich für dieses Kompromiß erklären wird. Es ist ein etwas eigentümliches Schauspiel, daß dieses Haus vor dem Herrenhause zurückweicht, obwohl letzteres doch so wenig Entgegenkommen gezeigt hat und über den Beschluß des Abgeordneten- hauses ohne Debatte zur Tagesordnung übergegangen ist. Dieses Zurückweichen erscheint um fo fonderbarer, wenn man an die geradezu beroisde Gebärde sich erinnert, die das Haus am 30. Mai zur Schau getragen hat. Damals erklärte Herr von Heydebrand, wenn das Herren- haus an dem Beschluß etwas ändere, würde für die Konservativen das Geseß wahrscheinlich unannehmbar werden. (Rufe rechts: Wahrschein- lich!) Ja, es war doch eine sehr entscheidende, eine kategorische Erklärung Handelte es sih wirklih nur um eine „Lappalie“, so wäre es gan

unverständlich, warum man überhaupt den Konflikt mit dem andere

Hause herauftbeshworen hat. anders überlegt; aber welche

Die Konservativen haben es sich jeh Motive auch dafür vorgelegen habe

mögen, imponerend ist diese Haltung ‘nicht, au) nicht geeignet, den | _ Respekt des Herrenhauses vor dem S zu erhöhen

Das E “um eine Lappálie, nicht ün einen“ Streit..um des

Kaisers i h die Kulissen blickt. Jn dem Antrage ist von der Möglichkoit der For!

dauer des Krieges um zwei oder gar drei Jahre die Nede. Kein P

litifer mit fünf gesunden Sinnen erxistiert, der bei diesem Gedanken

nicht Grausen empfände. Bei einer solhen Dauer des Krieges würds der Preußische Landtag vielleicht überhaupt keine Rolle mehr spielen würde von dem Fundament des Abgeordnetenhauses kaum noch ein Stein übrig bleiben. In Wirklichkeit handelt es sich für das Haus zumal für die Rechte, darum, dem NReiche gegenüber den starken Mann zu spielen. Man will die Hand auf die direkten Steuern legen, um dem Meiche den Zugriff darauf unmöglich zu machen. Die Meiché regierung soll verhindert werden, die Hand in höherem Maße au direkte Steuern zu legen, um die son jeßt ungeheure, auf 7 Milliarde! geschäßte R für die Kriegsschuld zu decken; es joll verhindert werden, das Einkommen der wirklih Leistungsfähigen in Anspruch zu nehmen. In diesem Sinne spra Herr von Heydebrand von dey „Enteignung der besißenden Arbeit“. Wir müssen verlangen, daß das Volk für seine ungeheuren Gut- und Blutopfer “nicht damit gelohn! wird, daß man whm nachher ungeheure neue indirekte Steuerlasten aufbürdet. Das Vorgchen der Rechten i} von dem Gedanken geführt dafür zu sorgen, daß auf die Reichsregierung ein möglichst starker Dru ausgeübt werde, möglichst wenig direkte Steuern durchzubringen. J erinnere an das Tirptt-Telegramm vom D Dreieck, an di! Juniusbro\chüre, an die Propaganda für die endlose Hinausshleppun des Krieges und für die Ueberspannung der Kriegführung. Während Sie eine sol&he gemeingefährlide Politik treiben, suchen Sie M vou direkten Steuern zu drücken. (Der Präsident ersucht den Nedner nit vom Thema abzushweifen.) Man will eine einheitliche großzug108 Netichsfinanzreform verhindern, darin sind sih. Abgeordnetenhaus un? Herrenhdus einig, nur in der Methode weilt man ab, die Megierung zl bearbeiten und sie den Absichten der Herren gefügig zu machen. 2 unsererseits fürchten die Herren von der Rechten nicht, wir habel auch gar keine Angst vor ihren neuen Vorstößen. Es wird dafür ge}! werden, daß die Junker ihre Ziele nicht erreichen. j vativen zu verhindern suchen, daß das Volk ein gerechtes Wahlre! bekommt, so wird das Proletariat nah dem Kriege die bürgerliche Ge sellihaft zwingen, ihm dies Recht zu gewähren. Sie werden es ihm g? währen, weil Sie es müssen. (Lebhafte Nufe: Zur Sache!) Wir werde! gegen den Kompromißantrag stimmen, wie gegen die ganze Vorlage aus den Gründen, die wir hon früher auseinandergeseßt haben. Did N ist gar nicht nötig, weil gegenüber den großen Anleihen selbst 500 Millionen nicht in Betracht kommen. und weil an anderen Stellen des Etats gespart werden könnte, z. B. durch Abstrich der #00 nannten Korruptionsfonds und der Ünterstüßung der Kirchen. Wis glauben, daß in dieser Zeit eine staatliche Forderung der Kirche des offiziellen Christentums nicht am Plaße ist, eines Christeniums das eigentli kein Christentum ist, sondern eine Verherrlichung des Blutrausckes. (Präsiden t: Sie schweifen schon wieder vom Them ab, ih rufe Sie zur Sache!) Wir sind auh gegen den Kompr? mißantrag, denn wir verlangen, daß die besißenden Klassen die K) diejes Krieges tragen, für den sie auch die Verantwortung , Wir verlangen die Beachtung der Volksinteressen und der Volksreci Nicht vieldeutige flaue Versprechungen können uns helfen, -son Taten auf steuerpolitischem Gebiete und eine gerechte Gestaltung de Volksrechte.

___ Abg. Freiherr von edliß und Neu k i r ch (freikons.): Wen a namens der Antragsteller s Kompromißantrages mit ein Borten den Ausführungen des Vorredners entgegentrete, so werden S nicht erwarten, daß ih mich mit denjenigen Ausführungen beschäftig die er zum Fenster hinaus gemacht hat. Jch werde nur einige P widerlegen. Dazu gehören nicht die Angriffe gegen das Christentum Die christliche. Religion, das Christentum, steht viel zu hoh un erhaben, als daß es dur solche Angriffe irgendwie berührt würd aber na möchte 1h auf das entschiedenste. einlegen gegen * rländische Gesinnung, den Patriotismus und X

art handelt, wird jeder glauben, der nur einigermaßen hintet Rechnung getragen, es hat ausgixbige

Wenn die Konser

w der ile Volk hat . bewiesen. und ist bereit, Gut un ir das Vaterland zu opfern. Die besißenden Klassen stehen darin besißenden in feiner Weise nah. Dann möchte ih au Verwahrung einlegen die Andeutung des Vorredners, daß das Reich und die festen Grundlagen, auf dènen dieses - Haus ruht, er- E Loe Loudrl, e. (hi semi vurchfübcen werden i n : dauért, wir ihn siegr urchführen werden und daß der preußische Staat undedas Deutsche Reich in fester Hand lie will nur noch sagen, Kompromiß-

Teile unseres Volkes herabzusehen. Unser d ut L

L wi m wir uns auf den § ! T: verständigt haben. Es ersien uns tine vaterländische Pflicht zu sein, B TeaS dem Staate zu geben, was er an Mehreinnahmen in diesem Kriege bedarf. De diesen Ber ainissen treten die Bedenken, die wir am 30. v. M. erhoben hatten, zurück. Unsere patrio- tishe Pflicht gebietet: uns, diese Bedenken zurückzustellen dem großen Ziele, jeßt eine Verständigung beider Häújer des Landtages über bie Steuervorlage herbeizuführen, und diese vaterländische Pflicht spricht sich in dem Gedanken aus, daß wir hier in Preußen die direkten Steuern, die nah der Verfassung dem einzelnen Lande übertragen sind, im Sinne der ausgleichenden Gerechtigkeit so ausbauen, daß diejenigen entsprechend höher belastet werden, die diese Belastung tragen können. Gerade weil wir dieses wollen, verstehen wir nicht, weshalb S das der Vorredner diese Vorlage ablehnt. Wir wollen gerade die Besißenden zur Steuer héranziehen, und wir sind überzeugt, daß sie die Steuer opferwillig tragen werden.

Die Erörterung wird geschlossen.

8 1 wird mit dem Busab des Antrages Bokelberg ange- Gegen eten olen.

esey-

egenüber

nommen, N der neu vorgeschlagene § 1 a. Paragraphen stimmen nur die Sozialdemokraten und

În der Gesamtabstimmung- wird der so gestaltete entwurf mit derselben Mehrheit angenommen.

Persönlich verwahrt sich :

Abg. Ströbel (So .) dagegen, daß er gesagt habe, dur einen längeren Krieg würden die Fundamente des preußischen Reiches zerstört ate s Er habe nur gesagt, daß dadur die Fundamente des preußi- chen Abgeordnetenhauses und dev preußischen Klassenherrshafi er- | vüttert werden würden. :

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Der Präsident erbittet die Ermächtigung, die nächste Sißung und deren Tagesordnung nach eigenem Ermessen an- zuberaumen. Es werde dies davon a ob das Herren- haus am nächsten Dienstag an den Besch üssen des Abgeord- netenhauses eine Aenderung vornehme. i;

Abg. Adolf Hoffmann (Soz.) erhebt auf Grund der Geschäfts- ordnung Widerspruch dagegen, eventuell am Dienstag eine Sihung zum Zwette der Beratung der Steuervorlage anzuseßen, dagegen |chlägt er vor, am Diénstag- oder auch {on Gh Montag eine Sißung anzube- raumen, um die Ernährungsfrage, die in ‘eine ganz neue Phase ein- etreten sei, ausführlich und so, wie es der Ernst der Situation er- Tiber zu besprechen. (Lachen rechts.) Es set da nichts zu lachen (Que: Ueber Sie!), denn es handelte sich um eine Kalamität.

g. Winckle r (kons): Wir haben in langen und ernsten Be- ratungen, die von dem ernstesten Pflichtbewußtsein getragen gewesen ind, die von dem Abg. Hoffmann berührten Fragen hier erörtert. Wir können zu der Regierung und zu allen beteiligten Instanzen im Reiche das Beetbäken haben, daß alles ges{éhen wird, um den von ihm hier vertretenen Interessen Rechnung zu tragen. J bin auh überzeugt, daß die Verhandlungen, die hier wie 1m Reichstage nah dieser Richtung gestrebt haben, die gebührende Verücksichtigung finden werden. Jch glaube nicht, daß das ‘notwendige Vertrauen durch noch- malige Erörterung dieser Fragen im Sinne des Vorredners gestärkt werden würde. Jch kann deshalb: den Vorschlägen des Abg. Hosfmann nicht zustimmen. d E

Abg. Dr. Pahni cke (fortshr. Volksp.): Man kann ven Ueber- treibungen, deren sich der o Hoffmann schuldig cht hat, ent- egentreten und ‘troßdem den vollen Ernst dex Ernährungsfrage aner- f „aberdas Abgeardeeienhaus, hak desen, Ernste seinerseits völlig

Kommi

beratung darüber gepflogen. Dazu hat der Reichstag das seinige getan und i mindestens ebenso gründlicher Verhandlung die Dinge, nach allen Seiten hin erörtert. Jeßt, glaube ih, entspricht ‘es der Empfin- dung des Landes, auszuspreben, daß der Worte genug gewechselt sind. Wiv wollen ‘vom Kriegéernährungsamt jeßt Taten sehen.

Abg. Hoffmann (Soz.): Unser Antrag gründet si darauf, daß seit diesen Verhandlungen und Beschlüssen sich die Dinge im Lande so zugespißt haben, daß eine erneute Stellungnahme dazu dringend notwendig ist. Von UÜebertreibungen kann nicht die Rede sein, wir würden Jhnen mit einem großen Material dienen, sobald Sie eine Sißung anseßen. Aber das wollen Sie ja gerade verhindern. (Queue rets.) Wenn Sie bei Kempinski und in der Traube. sißen,

¡ren Sie davon allerdings nihts. Weshalb soll denn nicht wenigstens ein Tag des Hauses dafür übrig sein, um dem Hunger und dem Not- stand des Volkes Rechnung zu tragen? Lehnen Sie das ab, so wundern Sie sih nicht, wenn das Volk .seine Konsequenzen daraus zieht. ,

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Niemand im Hause verkennt, wie sdwierig die Sikitation für manche Kreise des olkes geworden ist, aber ein Abhilfemittel dagegen sind auch lange Reden nicht. Die Reden, die der Abg. Hoffmann und seine Freunde halten würden, würden nichts nüßen, könnten aber durch ihre Uebertreibungen ganz enorm schaden, sie konnten zu einer Verlängerung des Krieges und dazu führen, unsere Feinde zum Ausharren im Kampfe zu ermutigen. Wer sich das klar macht, wird zur Abweisung dieser Anregung kommen müssen, die au deshalb nicht zum- Ziele führen kann, weil wir das in Aussicht gestellte weitshichtige Material ohne eingehende Kom- missionsberatung nicht nachprüfen könnten. Die Anregung war 1m wesentlichen eine agitatorische.

Abg. Herold (Zentr.):

Niemand verkennt die Schwierigkeiten, die in bezug auf die Volksernährung bestehen. Das Haus ‘hat in dieser Bezichung voll und ganz seine Schuldigkeit getan. Wenn au in neuerer Zeit ‘diese Schwierigkeiten noch gewachsen - sind, so be- halten doch unsere Anregungen thre Geltung, und: neue Mittel und e werden au ‘dur ‘erneute Beratungen nicht“ mehr angegeben werden ' können. Das ueue Kriegsernährungsamt hat ja doh auch einen parlamentarischen Beirat zur Seite, «det sich aus sämtlichen Neichstagsfraktionen zusammenseßt- und fórtda rnd mit der Regierung Cou behält. Erneute Verhandlungen dieses Hauses können also einen Nußen herbeiführen. i i Abg. Freiherr v on Fed cs undNeukirc (freikons.): Der Reichstag hat erst kurz bor Pfingsten die Fragen der Lebensmittel- versorgung eingehend beraten und eine gan Reihe zweckdienlicher An- trä i R eren Ausführung - entweder im- Gange ist oder bevor- steht. Der parlamentarische Beirat bleibt ja auch in der Zwischenzeit an Fuktion. Unter diesen Umständen kann 1ch mir wirklich von neuen Erörterungen in diesem Hause keinen Nugen versprechen. Dagegen könnten Verhandlungen in dem Tone, wiz thn Herr Hoffmann ange- En hat, im Auslande den Eindruck erwecken, als wären wir nahe an, in dem Aushungerungskriege zu erliegen, und dazu unsere Hand zubieten, verbietet Uns die Pflicht gegen unser Vaterland. i Abg. Ema o (Soz.): Gerade diese leßte Ausführung be- weist, daß Sie nicht hören wollen. - Wäre es der all, f duese Wir- fung einträte, so würden wir einen solchen Antrag nicht tellen. Wir wollen ja eben darauf hinweisen, daß Nahrungsmittel genügend vor- handen sind, daß es nur notwendig ist, rüccksichtslos zuzu assen und die Beschlagnahme der vorhandenen Lebensmittel durchzuführen ohne An- sehen der Person. Das soll das Abgeordnetenhaus dem parlamenta- rischen Beirat mit auf den Weg geben. Es ist notwendig, Feuer hanter diese Dinge zu machen, denn überall im Lande ist schon mit Revolten vehnen. Das wi Sie ja selbst so qut wie wir. Wir. wollen keineswegs lange Reden halten, sondern dur einen Beschluß des Hauses den Beirat auffordern, energisch seine Mis 6 tun, wie: ihm das Recht zusteht. Der Not und dem Elend Bolkes E p zu: tragen, dazu müssen die Geseßgeber immer Zeit haben. Nich

fstons- - und. Plenar-

unser Ant aber wohl seine Ablehn wird eine agitatorisde une babn, wie Sie sich gar nicht Gacitellèn:

Damit \{chließt die Debatte. Der Präsident bringt seinen Vorschlag, ihn zur Festseßung der nächsten Sißung zu ermäch- tigen, zur Abstimmung. | bg. Hoffmann (Soz): Ich habe Widerspru erhoben. Präsident: te meinen grundsäßlihen Standpunkt, wie ih ihn in dieser Frage erklärt habe, aufrecht und das Haus hat sich ihm in seiner ganz überwiegenden ‘Mehrheit angeschlossen. Die Ens ist mir erteilt. (Abg. Hoffmann: Das ist nicht

r Fall! i j

Schluß 1 Uhr.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Beteiligung der Studentenschaft der deutschen Hochschulen am Kriege.

In wie hohem Grade die deutsche Studentenschast an dem Kriece beteiligt ist, zeigt der geringe Besuh der Hcchshulen im leßten Winter, übec den jeßt cine Uebersicht möglich ist. Sämtliche Hoh- \hulen tes Reis besuchten (mit Einihluß von 2400 Ausländern und etwa 5200 Frauen) in3gesamt nur 18000 Studierende gegen 79 000 (einshließlih von 8500 Ausländern und 4800 Frauen) vor Kriegs- ausbrud. Man darf mit Sicherheit annehmen, daß ‘die fehlenden männlichen rei&sangehörigen Studierenden im Felde oder in irgendwelcher militärisber Verwendung stehen, was neben etwa 400 Studeutinnen, die im Sanitätsdienst täg sind eine derzeitige Kriegsbveteiligung der deutshen Studentenschaft in Höhe von etwa 56000 Mann ‘oder etwa 849% ihrer Friedenszahl ergibt. Wenn man die Ausländer und die Fiauen außer Betracht läßt, zetgen die einzelnen Hohschularten folgendes Bild der Beteiligung: Von den Universitäts stutenten sind etra 43 000 oder 82 9/0 ihrer Eesamt- zahl (52 000) aus8gezogen, von den 9600 Studierenden ter Tech- nishen Hohschulen 8600 oter 89 9/0, von den 800 ter Land- wtrtschastlihen Hohschulen etwa 700 oder 87 9/0, von den 1800 der Handelshochschulen 1400 oder 77 °%/ und von den 600 Sludierenden der Bergakademien 550 oder 90 %/. Die 250 Besucher der Forstakademten dürften fast restlos im Felde steben, da diese Austalten während der Kriegszeit gar nicht geöffnet sind und an den Untversitäten uur wenige Xorstwirte studieren. Diese Zablen können freili nit auf absolute Ridtigkeit Anspruch erheben, weil, ganz abgesehen von den Scbwankungen in- folge der Einberufungen, die Hochschulen nicht in der Lage find, ganz zuverlässige Statistiken zu führen, zumal nicht alle aufgezogenen Studierenden und Abiturienten an einer Hcchschule etnge\hriebcn find. Ven den Hohhshelen der Donaumonarchie, die in Friedenézeiten von etwa 40 000 bis 45 000 Studbterenden besuWßt waren, sollen etwa 35 000 = 779% im Hecresdienst stehen.

Analphabeten îm Deutschen Neihe und im Auslande.

Im Deutschen Reiche ist die Schulpfliht nit nur vor- geschrieben, icndern es wird acch dafür gesorgt, daß kein im Mul. pflichtigen Alter Stehender ohne Untecricht bleibt. Wenn es dennoch im Reiche Analvhabeten gibt, so handelt es sich entweder um Blöd- finnige, Seisteekcanke usw. oder um folche, die das sckuïpflichtige Alter im Auelande zugebracht haben, zumeist in Rußland und Italien, die beide bekanntlih au binsihtlih der allgemeinen Schulbildung sehr im Rückstande sind. Nach dem „Statistishen Nahrbuch für das Deuische Reih* waren unter den im Ersaßjahre 1913 eingestellten 387396 Rekruten (etinschließlich von 22052 Einjährig - Feei- willigen) 147 ohne SHulbildung, das sind 33 aufs Hunderttaujend. Wenn man „Oito Hübners geographish statislishen Tabellen aller Länder der Erde“. (fortgeführt von Dr. Franz von - Jaraschek) folgt, gibt es fein Land mit einer auch nur annähernd \o- niedrigen Zahl von Analphabeten, abgesehen von der Schweiz, unter deren tin Fahre 1911 einzestellten NRekcuten siY 3 °/0 ohne jeglich: Fertiakeit im SHreiben und 1/000 au ohne solhe im Lesen befanden. Dänemark (im Jahre 1907) und Schweden (1911) für Norwegen fehlen die Angaben kommen mit 2,9 und 2,3 auf 1000 ihrer Rekruten am nächsten; für die Niederlande (1912) find -\chon 8, für Großbritannien und Irland (1903/04) 10 v. T. errechn:t, uad füc die Kultur Frankreich (1912) spricht die Zzhl 30, jür die Belgiens (1913) die Zahl 92 v. T. gerode nicht, von Jtalien (1905) mit 306, Serbien (1911) mit 434, Rußland (1834) mit 617 und Rumänien (1908) mit 645 v. T. zu schweigen. Griechenland hat unter seine: Rekruten ungefähr 3/10 Analphabeten.

Für einige Staaten ist die Zahl der Analphabetcn auf 1000 Einwohner berechnet. Die Ziffern sind nicht so kenn- zeihnend wie die auf die Rekruten bezogenen, da sie die Gir gewanderten anderer Nationalität mitumfassen; fe sind abec nicht ohne Wert. Am ungünstigsten steht hier Numänten (1899) mtr 834 Analpha- beten unter 1000 Einwohnern da; niht viel bleiben Serbten (1900) und Portuga! (1900) mit 830 und 786 v. T. zuröck Auch in Spanien waren 1910 mit 637 v. T. noch wéhr als die Hälfte der Einwohner Analphabeten. Jtalien ählte 1911 326 männliche und 424 weiblihe Analphabeten unter 1000 der über 6 Jahre alten männlichen bzw. weiblihen Bevölkerung, Belgien 1910 131 unter 1000 übec 7 Jahre Alten, und die Vereinigten Staaten von Amerika hatten im Jahre 1900 107 unter 1000 über 10 Jahre Alten. In Finnland waren unter. der über 15 Jahre alten Be- völkerung 1900 nur 12 °/00 Analphadbeten.

Qurst und Wissenschaft.

In der neuen Ausstellung bei Schulte üben diesmal die Werke älterex Meister, mit denen hier die Vorführungen zeitaenöisi- \cher W=rke stets durhseßt sind, bei weitem die größere Anziehungs- kraft aus. Neben dem als Gesamterscheinung schönen „Wiesenbach“ von Hans Thoma, der nur durch eine stellenweise unsichere Zeihnung und zaghafte Malerei von den bestcn Sommerland- haften des Künstlers abwelcht, überrascht ein Tannhäuserbild von Anselm Feuerbach, Es stielt den zu Boden gestürzten Tannhäuser im Pilgergewand dar und zeigt drei Bischöfe, die mit heftigen Gebärden gegen die in fsegzhafter Haltung er- \ceinende Venus anfämpfen. Das 1855 entstandene Gemälde ist in vornehmen Gobelintönen gehalten. ‘Aus den lebhaften Bewegungen der Gestalten, die von stürmisher Leidenschaft durhzuckt sind, und aus der ras zupackenden Keckheit des malerishen Vortrags \priht eine Wildbeit des Temperaments, die bei dem Schöpfer der kühlen und iu klassisher Ruhe geholtenen Iphigenien in Erstaunen "eht. Eine aroße Landschast von Oswald Achenbach, die den Galf von Neapel bei Sonnenuntergang darstellt, überrascht gleichfalls. Man hat \ich infolge der „einseitigen Umwertung, die die Beur?eilung der neueren deutschên Malerei durch die Jahrhundert- ausstellung erfuhr, daran gewöhnt, die Achenbahs als theatralische Vedutenmaler in Bausch und Bogen zu verdammen. Ein solches Meisterwerk wie dieses hier zeigt, doß man zum mindesten Oswald Achenbach allerlei abzubitten hat. Wie wuchtig sind die rotglühenden Wolken gemalt, wie {öôn und einheitlich ist die friedliche Gesamt- stimmung des Bildes durchgeführt, dessen große Fläche voller Feinheiten stecki! Von Friy von Uhde ist eine große Fassung des von ihm mehrere Male behandelten „Heimkehr“, Mottves da, und von dem verstorbenen Emil Lug o sieht man etne kleine „klassische Landschaft“ mit \{ævèren dunklen Wolken, die groß und pathetish wirkt, Eine Gruppe Münchener Maler tritt geschlossen als Aussteller - Verband Münchener Künstler auf. R. Gönners Gemälde „Die Brüccke® ist hier weitaus die wertvollste SGdplung, Sonst seht man kein wirkli \chlechtes, aber auch_ kein sonder utes Werk unter diesen Bildern, die Einflüsse der Zügelshule und ivbecee

Mün@hener Richtungen widersplegeln. Karl Netisers Ge-

bi: gsbilder unterscheiden fich von i lar sbaften dur einen persönlichea fräftigen Ton. p. Stro E 6 ; gn „E cu Bus 0s fühles kTreidiges L-chf ge nd mag é j aafidien, um Motivz aus Capri oder aus Deutshland handeln. Ja, selbit seine Bild«\sse wetsen die gleichen aufgehellten Farben und dieselbe flock ge Malweise auf. Es handelt si also um eine si gleihbleibende Manier, in der Strohbah ohne stärkere künstlerische Eigenschaften gefällige Bildwirkungen erzielt. Dr. Pl.

Archäologisches aus Bulgarien. religiontgeschichtiides Derkmal aus. dem Nationalmuseum in Sofia, das bléher der Wissenshaft unzugänglih geblieben war, ver öffentlicht Gawril Kaza1ow 11m neuen hen Archäoloaischen Junstituts. Es ist ein kleiner Altarteil aus Kara-Orman tn Südbulgarien, der auf aïleÿm wer Seiten mit Reliefs geschmüdckt ist. Dargestellt sind in Thrakien besonders beliebte Figuren der Götterwelt: die Eret - &ônnin, vie dretleibige Hekaie, die drei Nymphen und der thrafische NReiterberos, auf \springendem Pferde ein mit gegürtetem Rock bekleideter Mann, der den Jagdspeer s{chwingt. Der Altar scheint dem Dionysoskult von dem Mysterienverein in Kara- Orman geweiht gewesen zu sein. Diese Götterverbindung, besonders die Einbeziehung der Hekate, die ja wohl ursprünglich eine 1hrakshe Göttin war, und der Ecogöttin, ist religionsgeshichtlid bedeutungs- voll. Auf dem Gebiete der Frühgeshichte sind in leßter Zeit in Bulgarien wichtige Entdeckungen gemaht worden, über die B. Filow an gleiher Stelle berichtet, das National- museum hat bei Schchumen im nordöstlichen Bulgarien den

ügel Kodjadermen ausgraben lassen, der sich dabei als edeutende rein neoliihis&e Ansiedlung herausstellte. Unter den unden verdient besondere Beachtung das Tonmodell eines Hauses von edeutenden Abmessungen, das mit inkrustierten Doppelyoluten ver- ziert und an allen vier Wänden mit rundzn Oeffnungen versehen ift, welche die Haustür und die Fenster andeuten. Von anderen Aus- grabungen, die die Bulgarische Ar&äologische Gesell\ haft veronstaltete, seien die einiger alichristlihen Kirchen hervorgehoben. Sehr \{öône Einzelfunde wurden aus römischer Zeit gemacht. Hervorzuheben tit unter ihnen die kleine Bronzebüste eines Silen , die ins Nationals- museum nach Sofia kam und aus dem Steinbruch des Dorfes Kalu- gerovo stammt, originell durch den \ckchematisierten, fomtih wirkenden Bart, ferner eine hübsche kleine Venus, die sih mit beiden Här.d.n das Haar trecknet, mit einea hohen Diadem auf dem Kopf.

Fagd.

Für den Landespolizctbezirk Potsdam wird vom Bezirks augsSuß in Potsdam der Beginn der Jagd auf a. Rebhühner, Waqchteln und \scottishe Moorhühner auf den 21. August 1916, b. Birk-, Hasel- und Fasanenhäbne sowie Birk-, Hasel- und Fasanen- hennen auf den 2. September 1916 festgeseßt.

Verkehrswesen.

Zurzeit bietet sich keine Möglichkeit, einen Post- austaush mit Griechenland sicherzustellen. Daher fönnen bis auf weiteres auch die bisher nah den von den feindlichen Mächten nicht beseßten Gebieten Griechenlands noch zuge- lassenen gewöhnlihen Briefe, Postkarten und politischen Zeitungen niht mehr befördert werden. Die Postanstalten sind

- W.T.B.“ zufolge angewiesen worden, bis auf weiteres Sendungen

nach Griechenland nicht mehr anzunehmen und etwa noch durch die Briefkasten eingelieferte den Absendern mit dem Vermerk: „Keine Befsörderungsgelegenheit“ zurückzugeben. Auch die bisher noch angenommenen und bis zur Grenze weiier- beförderten Sendungen, die von der griechischen Postverwaltung niht mehr übernommen werden konnten, müssen den Auf-

lieferern wieder zugestellt werden, weil nit zu übersehen ist,

wann ein gesicherter Postaustaush mit Griechenland, wieder zu ermöglichen sein wird.

Die Annahme von Privatfeldpostyaketen ist weiter für die österreihisch-ungarishen Feldpostämter 17, 23, 29, 94, 105, 116, 116/11, 116/11IT, 164, 166, 171, 179, 182, 208, 209, 213, 214 und’ 350 eingestellt worden. Infolgedessen dürfen auch bei den deutschen Postanstalten Pakete für österreichisch, ungarische Heeres- angehörige, die diesen Feldpostämtern zugeteilt sind, bis auf weiteres niht angenommen werden.

Verdingungen.

Der Zuschlag auf den vom Verwaltungsressort der Kaisfer- lichen Werft in Wilhelmshaven am 25. Mat 1916 verdungenen Zement ist der Firma Portland C:men!fabrik Hemmoor in Hamburg

erteilt worden. Mannigfaltiges.

Der DeutschGe Schul schiffverein stellt auf seinen Schul- \M@iffen „Prinzeß Eitel Fuiedrih“ und „Großherzog Friedri August“ auch in diesem Herbste wieder Schiffsjungen ein. Für Knabeu, die der böheren Seemannslaufbahn zustreben, sind 475 X Pensions- und Kleidergeld zu enirihten, während junge Leute, die mit der späterea Anstelluvg a!s Matrose und Unteroffizier auf Handelsdampfern zus friedengestellt sind, in einem kürzeren Kursus unentgeltlih ausgebildet und au kostenlos einaefleidet werden. Die Einstellungsbedingungen sind bei der Geschäftsstelle des Deuishen Schulschiffvereins, Bremzn, Herilichkeit 5, zu erhalten.

Ueber die Witterung in Norddeutschland im Monat Mai 1916 berichtet das Königlih preußishe Meteorologische Institut auf Grund der angestellten Beobachtungen: Der Mai war mäßig warm, vorwiegend trocken, im Often heiter und fonnig, im Weiten trübe. Die Temperatur lag an allen Stationen über dem langjährigen Mittel, in Westfalen um 2 Grad. Vom d. bis 7., stellenweise auch am 22. und 27. traten .ungewöhnlih hohe Tem- peraturmaxima auf, sodaß 25 Grad überall (selbst an der Küsfe), inm mittleren Eibgebiete sogar 30 Grad übershritten wurden. Das T=ge8- mittel des 5. war in Berlin böher als es bisher an diesem Datum in irgendetnem Jahre seit 1848 aewesen ist. Dagegen machte sich umMonats- mitte ein bedeutender, von Nachtfrösten begleiteter Temperaturrückzang geltend, - besonders im Osien. Hier bedingte die g-riygere Bewölkung \ta:ke Wärmeshwankungen, im Gegensoze zum Westen, wo bei mehr trübem Himmel die Sonnenscheindauer kiciner war als im langjährigen Durwhichnitt. Hiermit im Zusammenhavge stand wiederum die ver- hältnismäßig große Regenbäufigkeit der westlichen Landestetle, während die ôstlihen nur selten Niederschläge hatten, fodaß thre Gesamtböhe bis auf einige Strihe Pommerns und Niederschlesiens erheblich binter dem langjährigen Durch;chnitt zurückblieb, besonders in Posen. Auf weiten Strecken Mittel-, West- und Nordwesideutshlands dagegen ist es, wenn auch keineswegs überall gleiGmäßig, zu naß gewesen; in DithmariSen wurde mehr als das Doppelte der normalen Regenhöbe becbatet. Die Nieder shlagskarie zeigt, daß im ardßeren Teile Nord- deutshlands Monatssummen von nur 25 bis 75 mm, auf weiten Landflähen Westpreußens, Posens, - Scblesiens, Branden- burgs und Pommerns jowie an der ostpreußishen und hinter- pommerschen Küste sogar von weniger als mm beob- achtet wurden. Ueber 75 mm fielen an der Nords i 293 mm an der Gidermündung) und in einem e raus : der sich von hier bis in die Maingegend erstreckt | dieses Streifens wurden in Hannover falen und H selbst in tiefer gelegenen Gegenden 100 mm

Ein interessantes e

f des Jahrbuchs des Kaiserlih Deut--

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