1916 / 241 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Oct 1916 18:00:01 GMT) scan diff

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Mazedonische Fronk.

Zahlreiche feindliche Aagrisse an der Cerna sind ge- es Vardar machte der Gegner

scheitert. Westlich und öslli elte Vorstögo. nO Dex Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Berlin, 11. Oktober. (W. T. B.) Aus dem Großen Hauptquartier wird uns über die dreitägige Schlacht von Kronstadt geschrieben :

Am Westrande des Geisterwaldes war die 2. rumänishe Armee am 5. Oktober zum erften Male geschlagen. Sie hoffte, ih auf den Höhen E von Kronstzdt erneut segen zu können, umsomehr, als sie hierhin nennenswerte Verstärkungen herangezogen hatte. Aber bereits am 7. Oktober wurden ihre Nachhuten, die an den Osträndern des Geisterwaldes Zeit gewinnen sollten, von den {arf nachdrängenden verbündeten Truypen geworfen. Noch am glei@en Tage drangen diese bis an die Hauptstellung vor, in der die Rumänen hartnäckigsten Widerstand leisteten und dur Gegenstöße der Verfolgung ein Ziel zu segen versuchten. Am 8, Oktober Morgens war der Rand von Kronstadt genommen. In der Stadt entbrannte ein 24 stündiger, erbitterter di up ite und Häuserkampf. Am Morgen des 9. Oktober fiel die Gntscheidung. Der Feind wi der von Westen aus Rihtung Toerzburg (Toerczvar) und von Nordosten über Spaszhermany angesetzten doppelten Um- fassung. Er wird ins Gebirge rastlos verfolgt. Die blutigen Ver- [uste des Feindes waren auch in dieser Schlacht wieder sehr {wer ; hinzukommen die 1175 Gefangenen. Unter den erbeuteten 25 Ge- i\hüßen befinden fih 9 Haublzen und 4 10 ecm - Kanonen. Die in unsere Hand gefallenen 810 Eisenbahnwagen sind fast alle mit Lebens- mitteln, einige mit Bekleidungsstücken beladen.

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Oesterreichish-un garischer Bericht. Wien, 11. Oktober. (W. T. B.) Amilih wird ge-

meldet: Oestlicher Kriegsschauplagt.

An der siebenbürgishen Südfront keine besonderen Ereignisse.

Cre s, “e E der Len gesäubert. ilt-Szereda ist wieder beseßt. Jm Görgeny-Gebirge hält der Widerstand des Feindes an. A N

Nördlich von Kirlibaba wurde ein russisher Vorstoß ab- geschlagen. :

Jtalienischer Kriegsschaupla#.

Die Schlacht am Südflügel der küstenländishen Front dauerte Tag und Nacht fort und erstreckte sih auch auf den Raum nördlih der Wippach bis St. Peter. An der ganzen Front zwischen diesem Orte und dem Meere griffen sehr starke italienische Kräfte an. Dem Feind gelang es, an mehreren Stellen in unsere ersten Gräben einzudringen ; südlich von Nova Vas gewann er sogar anfänglih gegen Jamiano Raum. Unsere Gegenstöße warfen die Jtaliener aber überall wieder zurück. Um einzelne in feindlihem Besiß gebliebene Grabenstücke wird noh gekämpft. 1400 Gefangene blieben in den Händen unserer Truppen.

Die Kampftätigkeit an der Ema iron! hat nach- gelassen. Die Jtaliener haben hier in den legten Kämpfen nichts erreiht. Das Gefeht am Pasubio ist noch niht ab-

geschlossen. Südöstlicher Kriegsschauplaßz. Bei den K. und K. Truppen nichts von Belang.

Der Stelloertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Bulgarischer Bericht.

Sofia, 11. Oktober. (W. T. B.) Amtlicher Bericht vom 11. Oftober. An der mazedonishen Front vom Prespa-See bis zur Cerna schwache Artillerietätigkeit. Fm Cerna-Bogen das gewöhnliche Artilleriefeuer, das von Zeit zu Zeit stärker wurde. Nördlih und nordöstlich des Dorfes Skotchivir nahmen wir das Dorf Brod wieder und wiejen mehrere Nachtangriffe ab. Auf den Hängen der Nidje Planina vertrieben wir zwei feindliche Kompagnien, die wesilih von Dobropole vorzugehen versuhten. Im Mog- lenißatale die gewöhnlihe Artillerie- und Minentätigkeit. Westlih des Vardar s{chwahes Artilleriefeuer und Gefechte zwischen vorgeshobenen Abteilungen. Bei dem Dorfe Had] ibayrimahle vernichteten wir dur Feuer und Bajonett- angriff zwei feindliche Kompagnien. Oesilih des Vardar und am Fupye der Belassißa Planina stellenweise vereinzelte Kanonenschüsse. An der Struma-Front shwache Patrouillen- gefehte. An der Aegäischen Küste beshoß ein feindlicher Kreuzer ohne Erfolg die Höhen nördlich von Kavalla.

Rumänische Front: An der Donau bei Vidin shwache Artillerietätigkeit. Unsere Batterien brachten die feindlichen Batterien zum Schweigen. Jn der Dobrudscha westlih der Eisenbahn Dobric —Medjidie Ruhe; östlich dieser Linie schwaches Artilleriefeuer. Un der Küste des Schwarzen Meeres besthoß ein feindlicher Torpedojäger die Siadt Mangalia.

Türkischer Bericht.

Konstantinopel, 11, Oktober. (W. T. B.) Amtlicher Bericht vom 11. Oklober.

Kaukasus-Front. Auf dem rechten Flügel Zusammen- stöóße von Erkundungspatrouillen und leichtes Artilleriefeuer. Auf dem linken Flügel s{hlugen wir Ueberrumpelungsversuche und einen Angriff des Feindes ab.

Auf den übrigen Fronten kein Ereignis von Bedeutung.

Der stellvertretende Oberbefehlshaber.

Der Krieg zur See.

Berlin, 11. Oktober. (W. T. B.) Jun der Zeit vom 30. September bis 5. Oktober hat eines unserer Unter- seeboote im englischen Kanal fünf feindliche be- ziehung3weise mit Bannware beladene neutrale Handels- Ihiffe mit einem Gesamtitonnengehali von 5576 t versenkt.

Vern, 11. Oktober. (W. T. B.) Zu der Versenkung der „Gallia“ meldet der „Temps“, daß die Zahl der Opfer dadurch vermehrt wurde, daß der Torpedo in den Vorrats- kammern am Heck explodierte. Nach einer Meldung des Kriegs- ministeriums befanden sich an Bord das 35. Jnfanterie- regiment, ferner die Landwehrregimenter Nr. 55, 59, 113 und

die 5. Trainshwadron, außerdém 13 französisché Militärs ver- schiedener Einheiten und eine serbishe Truppenabteilung.

Kristiania, 11. Oktober. (W. D. B) Der nor- meg e Dampfer „Birk“ ist im Mittelmeer auf der Reise nah Marseille torpediert worden. Die s ist gerettet. Von Vardö erhielt „Tidens Tegn“ die Nachricht, daß der englische Dampfer „Astoria“ (4262 t) 40 See- meilen außerhalb von Nordkyn am 9. Oktober um 7 Uhr Morgens von einem U-Boot versenkt und die aus 16 Mann

der Moabiter Ausstellung absolut nicht herausfallen.

Philipp

bestehende Besaßung gelandet worden sei.

Bien, L DIoDer, (V, Q D.) meldet: Am 10. d. M. Abends hat eines unserer Seeflug-

legi. Jn der Naht vom 10. auf den 11. laufenden Monats

befindlichen feindlihen Schiffe mit bestem Erfolge an.

Brand eines Oeltantks wurden beobachtet. Alle Flugzeuge sind von diesen Unternehmungen troß heftigsten Abwehrfeuers unversehrt nah ihren Basfisstationen zurückgekehrt.

Flottenkommando.

Nr. 40 der „VeröffentliGungen des Kaiserlichen Gesundhettsamt3“ vom 4. Oktober 1916 hat folgenden Inhalt: Personalnachrihten. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Gesetzgebung usw. (Preußen.) Aerzte-, Zahn- ärzte, Apothekerkammern. Fleishversorgung, Massenspeisung. Früchte des Weißdorns. Tierkörper und Schlachtabfälle. NRot- laufimpfung. Kakaopulver, Kakaoschalen. (Vereinigte Staaten von Amerika.) Nahrungs- und Genußmittel. Zeitweilige Maß- regeln gegen Tierseuen. (Preuß. Neg.-Bez. Magdeburg.) Ver- mischtes. (Deutsches Reich.) Erkrankungen und Todesfälle în Krankenhäusern einiger Großitädte 1915. Aerztliche Shweigepflicht in Angelegenheiten der Aibeiterversiherung. Wodcjentabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. N eber tuf arer Geetate A ibe Srkrankungen n Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgleichen in deutschen Stadt- und Landbeztrken. Witterung. s

Kunft nund Wissenschaft.

29. Ausstellung der Berliner Sezession.

Ein Mazkstein in der Geschichte der neueren Berliner Kunst ift die Ausstellung der Corinth-Gruppe gerade niht. Es darf ja wohl angeaommen werten, daß die Künstler die besten Leistungen des leßten Jahres eingesandt haben, und da muß man feststellen: Der Ertrag des Jahres ist herzlih unbedeutend. Man s\chtebe dîe Schuld nicht auf den Krieg, denn die Ausstellung trägt ein durchaus friedlies Gepräge ; fis zeigt, daß die Künstler, unberührt bon den Ereignissen unserer Zeit, ihren . künstlerishen Pro- blemen und ProblemGßen nachGgegangen find, daß man mit der Ausstellung den Feinden geradezu den Beweis dafür erbringen könnte, in was für normalen, gesicherten und ruhigen Bahnen das Leben bei uns im Innern des Landes verläuft. Netn, die Schuld liegt wahrhaftig nicht am Krieg wenn man auch gerne zugibt, daß die Kriegsstimmung ein wentg lähmend auf die Schöpferkcaft der Künsiler eingewirkt haben mag. Die Ursache liegt auf Tunstpolitishem Gebtet. Fe mehr Ausstellungen dite „Berliner Sezesjion*, pon der i die starke Liebermann: Gruppe vor wenigen Jahre lossagate, mit anerkennen8toerter Betriebsamkeit veranstaltei, um so mehr wird ihre Dasetnsberehtigung in Frage gesiellt. Sie verfügt als „Numpf“- Sezeision, der die stärksten Künsiler fehlen, nit über genügend Kräfte, um sich auf die Dauer künstlerisch behaupten und eine Führer- rolle splelen zu können. Das Klügste wäre wohl gewesen, wenn sich die Vereinigung damals aufgelöst hätte und wenn fich die Künstler hätten dazu entschließen können, ihre Werke künftighia in der „Großen Berliner Kunstausstelung* zu zeigen, Die Bilder von Lesser-Ury, Struck, Spiro, Linde-Walther, Bach, Paeschke, Pottner, Oppenheimec und von vielen anderen Malern noch würden aus dez Rahmen u Alfred Helberger, dessen lodernde Sonnenlandschasten bisher in der (Großen Kunstausstellung anzutreffen waren, stellt jeßt hier zwei Landschafien aus, Das Ergebnis? Setne Gemälde gehören zu den besseren Werken bder Sezesfionsausstellung und fie übertreffen

die meisten hiec gezeigten Landschaften. Das gleiche gilt au von dem Gemälde „Junge Frau in Blumen“ Ert ch Sl D der früher ebenfalls in Moabit ausftelte. Es veilohnt sich n!cht, auf die befannteren Künstler der Sezession einzugehen und

festzustellen, daß beispielsweise Pottners Geflügelbilder immer schroähliher werden, daß Spiro gefällig und geschickt wie immer ist, oder daß dle bunten und harten Landschaften Francks leider nicht das halten, was seine zuleßt hier und bei Schulte gezeigten Werke versprahen. Es set nur auf dle fünf wtichtigeren Maler, auf G. W. Noeßner, Leo von Köntg, Willy Jaeckel, Lovis Corinth und Franz

Heckendorf eingegangen. Roeßner siellt wieder Kompositionen

aus, deren leiht ironish aufgefaßte Formen witzig und melancolisch zuglei wirfen und die einen zarten, ungewöhnlichen Neiz besißen. Dabei sind diese. hübschen Gebilde sehr \{ön abgerundet und die Art, wie Noeßner seine breiten Farbflächen zu etnander ab-

stimmt und anordnet, spricht für ein hochentwickeltes malerishes

Empfinden. Die beiden Bildnisse von Leo von Könt nd die Werke eines kultivierten Künstlers, der nicht über Mala ere Au Kräfte verfügt, der aber tur Fleiß, Gründlichkeit und verfeinerten Geschmack zu den s{hönften Ergebnissen gelangt. Sein sorgsam durch- gemaltes Bildutis elnec jungen Dame ilt bis in die kleinsten Einzel« heiten hinein empfindungsvoll behandelt und es wirkt dabei doch nicht erkfünsteltk. Lovis Korinths Gemälde fordern in gleich fiarkem Grate Anerkennung und Widerspruch heraus. Was für ein bedeutender Künstler hälte aus diesem hochbegabten Maler werden können, wenn er Selbsikritik, Disziplin und Geschmack besäße. Für den Mangel an Seldstkritik ist der gründlich verfehlte „Luther“ und füx den Mangel an straffer Zucht sind zwei unglaublid forglos aus dem Handgelenk hingesehte Studien, der Kopf eines Kindes und ein sißender nackter Mann, uberzeugende Berweisstücke. Und wie wentg geschmackyoll ist die Malerei, die billige Eleganz in der Auf- machung seines Herrenporträts! Für feine reihe Begaburg aber zeugt hier die meisterhaft gemalte Winterlandschaft, in der das Treiben des Schnees und das unruhige Dur@(einander des Geslügels zu einem \{chönen Bilde zusammengefaßt worden sind. Den jungen Hecken - dorf muß man wieder achtungsvoll erwähnen. Unter setnen Krktegs- bildern, die draußen in kargen freien Siunden ges{haffen worden sind, ist zwar keln einzelnes hervorragendes Werk, in ihrer Gesamtheit wirken aber diese Schöpfungen, aus denen ein so starkes Gefühl für den Naum spricht und în denen Berae und brausende Flüsse, wallende Wolken und dahinziehende Menschen \sch zu etner großen Harmonte vereinigen, entschieden kraftvoll und eigenartig. Hoffentlich kommt Heckendorf bald von feiner bunten und harten Farbe los und wird in dieser Beziehung reicher und sinnliher. Vier große Wandbildir von Jaeckel haben es in der fonst fo sanften und netten Umgebung nicht schwer, die Aufmerksamkeit auf fich zu lenken, und es geht von ibnen eine starke Wirkung aus. Troßdem konn man sich noch n!cht unbedingt ju thnen bekennen. Di? Jandfhastlichen Teile

Amtlich wird ge-

zeuggeshwader die militärishen Objekte von Monfal- cone und Staranzano erfolgreih mit Bomben be-

griff ein Seeflugzeuggeshwader die Hafenanlagen, die Hangars und die Batterien von Vlora sowie die dort

Starke, noch lange sihtbare Brände in der Stadt und der

ea Ning des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Nichard Waaner. Dritter Tag: Götterdämmerung in drei Akten und einem Vor- d es eie ea E Me Leitung: Herr General- musikdirektor Ble. Negie: Herr Regisseur Bahmann. Chöre: Her Professor Rüdel. Anfang 6{ Uhr. 9 Í e

hat sich Jaëckel eïne wirkungssichere Formel zurehtgeiacht, die er immer wiederholt und für die er stets die alethen belanglosen Farben wählt. Rükhaltslos anerkennen muß man die sichere Kraft, die bet der Bewältigung fo großer Bildflähen an keiner Stelle na§zläßt, und eine gewisse Größe der Anschauung, die am eindringlichsten in dem Bilde mit der an El Greco ertnnernden Stadt auf einem Berge zur Geltung kommt. :

Unter den Bildwerken findet man zumeist anständiges Mittel- gut. Georg Leschnizers Georg Hermann-Büste, die lebensecht wirkt und in der zugleich das Wesen des Dargestellten eine starke künst- lerishe Formulierung fand, ragt über den Durchschnitt hinaus. Lederers Heine-Denkmal für Hamburg ist im Grunde eine hübsche, kunstgewerblih ausgefeilte Statuette, die ins Niesenmaß vergrößert worden ist und deren feine \vielerishe Formen in diejem Ausmaß leer ersheinen. Megner drückt in setnem Rüdiger-Denkmal Wucht und Kraft aus, aber an diese gespreizte Kraft glaubt man niht und die wuchtige Gebärde wirkt theatralisch. Dr. Pl.

Theater und Musik.

Im Königlihen Opernbause wird morgen als dritter Tag von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ „Göôtters- dämmerung“ mit Walter Kirhhof als Stktegfried aufgeführt. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Ble. Die Vorstellung be« ginnt um 6F Uhr.

Im Königlihen Schauspielhause geht morgen zum ersten Male die Neubearbeitung des Schwanks „Jahrmarkt in Pulsniß" von Walter Harlan in Szene. Bescäftigt sind darin die Damen Arn- städt, Durteux, Heisler und von Mayburg, die Herren Boettcher, von Ledebur, Patry, Nenó und Vespermann. Sptelleiter ist der Ober- regifseur Patry.

: Der Königlihe Hof- und Domchor veranstaltet am 18. Oktober im Dom ein Konzert unter Mitwirkung des Blüthnerorchesters. Aufgeführt werden das Deutsche Requiem für Chor, Solt und Orchester sowie Fest- und Gedenksprüche für acht- stimmigen gemischten Ghor a cappella von Johannes Brahms. Das Sopranfolo singt Fräulein E. Waldmann, das Baritonsolo Herr Sistermans.

Das 1. Konzert der Gesellshaft der Musikfreunde findet am Donnerstag, den 26. Oktober, Abends 8 Uhr, im großen Saal der Philharmonie mit dem Philharmonischen Orchester unter der Leitung von Professor Ernst Wendel statt. Solisti ist Franz von Vecsey.

Mannigfaltiges.

Ihre Majestät die Kaiserin und Köntgin besudhte, „W. T. B." zufolge, gestern nahmittag in Lehnin das Diakonifsen- haus Luise Henrietten-Sttft und die dort untergebhrahten Ver- wundeten. Gestern morgen war Ihre Majestät in der Volks - speisung in Potsdam, wo AUerhöchstdieselbe au bei der Suppenverteilung half.

Danzig, 11. Oktober. (W. T. B.) Ein Orkan von seltener Hestigkeit mit Hagelbden suchte heute Danzig heim. In der Kaserne des Telegravhenbataillon s an der Chaussee Lanafubr- Bröôsen stürzte die kurz vorher mit Soldaten gefüllt gewesene Reit - halle wie ein Kartenhaus zusammen. Von außenstehenden Landsturm- leuten wurde etn Mann getötet, drei {wer und einer leicht verletzt.

Vlifsingen, 10. Oktober. (W. T. B.) Heute find mit dem Posidampfer aus England etwa 50 R ellente für Deutsch- E und zwar Zivtlinternierte, Frauen und Kinder, an- gekommen.

Kopenhagen, 11. Oktober. (W. T. B.) Einem Telegramm des Gouverneurs der dänischen Antillen zufolge suchte ein Orkan St. Thomas und Sx. Croix heim; von St. Jean ist bisher keine Nachricht eingetroffen. Die erbetene dringende Hilfe vom Mutterlande wurde telegrapbis{ch versprechen.

Vards6, 12. Oktober. (W. T. B.) Nah einer Meldung des „Rißauschen Bureaus“ ist das T elegrapbenamt in A ivenn, S r niedergebrannt. Es wurde dur einen Feldtelegraphen ersetzt.

(Fortisezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Theater.

Königliche Schauspiele. Freitag: Opernhaus. 215. Abonne- Dienst- und Freipläze sind aufgehoben. Der

Schauspielhaus. 221. Abonnementsvorstellung. tenst- und Frei-

pläge sind aufgeheben, Zum ersten Male: Jahrmarkt in Pulsnitz. Ein Schwank in drei Aften von Walter Harlan. In Szene gesetzt von Herrn Oberregisseur Patry. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend : Opernhaus. 216. Abonnementsvorstellurg. Carmen.

Dper tin vier Akten von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludovic Halévy nach einer Novelle des Predo P Anfang 7{ Uhr.

Schauspielhaus, 222, Abonnementsvorstelung. Egmout.

Trauerspiel in fünf Aufzügen von Goethe. Musik von Beethoven. Unfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Erika von Heydebreck mit Hrn. Privatdozenten

Dr. Heinrih Schloessmann (Allenstetn—Tübingen).

Vereh eliht: Hr. Paulfriedrilß von Wiedebah und Nostitz-Jänken-

dorf mit Frl. Asta von LWbbecke (Schloß Mahlen).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major Curt Krahmer (Danzig-

Langfuhr).

Gestorben: Hr. Pastor em. Maximilian Wieszner (Bad Salz-

brunn). Hr. Bürgermeister Friedrichß Stoppe (Pitschen O. S.). Dorothee Fretfr. von Türcke, geb. ae N Zedliß Es Neukirch (Stettin). Fr. Agnes von Wrogthem, geb. Fretin von der Recke (Hirschberg t. Schl.). Fr. Hauptmann Emma von Klein, geb. von Huhn (Graudenz, z. Zt. Berltn).

wirken kulissenha{t und für die Darstellung der Dinge und Menschen

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg: Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Expedition;

I. V.: Rechnungsrat Rey her in Berlin. eis S Erpedition (J. V.: Ney her) in Berlin. ruck der Norddeutshen Buchdruckeret und Verlagsanft Berlin, Wilhelmstraße 32. Las

Vier Beilagen

sowie die 1203, u. 1204. Ausgabe der Deutschen Verlusilistem.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

Me 241.

Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober

1916.

Ii E ZaUiA 1

Parlamentsbericht.*)

Deutscher Reichstag. 64. Sibung vom 11. Oktober 1916, Vormittags 11 Uhr.

Ueber den Beginn der Sißung is} in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Es folgt die erste Beratung des Geseyent- wurfs zum Schuye der Bezeichnungen „Na- tionalstiftung und „Marinestiftung“.

Abg. Giebel (Soz.): Meine Freunde halten eine Kommuissions- beratung für notwendig, um sicherzustellen, daß durch dieses VBor- gehen die Pflicht des Reichs, für die Opfer des Krieges in großzügiger Weise zu sorgen, in keiner Weise berührt wird und man nit etwa die Kriegsfürsorge auf die Privatwohltätigkeit verweist, Wir machen unsere Zustimmung zu dem Geseß von wichtigen Vorausseßungen abhängig. Wenn private Wohltätigkeitsinstitutionen mehr oder minder einen amtlichen Charakter und wichtige Vorrechte erhalten, so müssen die interessierten Volksschichten auch an der Verwaltung beteiligt sein; der Reichstag muß einen Einfluß und eine Kontrolle darüber erhalten. Diese Fragen wollen wir in der Kommission behandeln und erhoffen ein Ergebnis, daß au wir dem Geseß zustimmen können.

Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Helfferich:

Meine Herren! Die Besorgnis des Herrn Vorredners, als ob durch dieses Geseß irgendwie die Verpflichtungen des Reichs gegen- über ten Hinterbliebenen und den Kriegsbeschädigten eingeschränkt werten solllen oder fönnten, will ih sofort zerstreuen; daran hat selbstverständlich kein Mensch gedacht. Durch diese Vorlage wird in feiner Weiss die Erklärung eingeschränkt oder abgeshwächt, die seitens der verbündeten Regierungen wiederholt abgegeben worden ist wegen einer UVeberprüfung des Gesehes zugunsten der Kriegshinter- bliebenen und der Kriegsbeschädigten. Es soll den beiden Stiftungen, von denen bier die Rede ist, lediglih ein Namenéschuß gewährt werden; das ift der ganze Zweck und Inhalt des Geseßes. Dieser Namenöshwß ist aus den Gründen, die in den Motiven der Bor- lage dargelegt sind, eine Notwendigkeit. Es handelt sich hier, wie gesagt, ledigli um diejenigen Ergänzungen der staatlichen Hilfe für Kriegsbinterbliebene und Kriegsbeschädigtle, die auf dem Gebiet ter privaten freien Wohltätigkeit gewährt werden; die Verpflichtung tos MNeichs wird und soll dadurch in keiner Weise beschränkt werden.

Abg. Bassermann (nl.): Auh im Kreise meiner Freunde sind Bedenken gegen den Gesehentwurf im einzelnen bei der Fraktions- beratung geäußert worden. Ich schließe mih daher dem Antrage auf Kommissionsberatung an und beantrage eine Kommission von 21 Mit- gliedern.

Abg. Dr. Arendt (Deutsche Fraktion): Jch teile die Befürch- tungen wegen Einschränkung der Reichsfürsorge nicht, aber ih {ließe mib dem Anträge nuf Kommisstonsberatung aus anderen Gründen an. Die Kriegswohltätigkeit wird häufig von Unbefugtèn ausgenußt, uind. die Uebelstände auf. diesem Gebiete sind um so beklagenäwerter, als jeder opferfreudig alles unterstüßt, was für die Kriegsbeschädtgten und Hinterbliebenen geschieht. Die Kommisfion muß- darüber be- raten, wie diesen Uebelständen abgeholfen werdén kann. Die Kriegs- wohltätigkeit ist nicht dazu da, Unternehmungen oder verkrachten Exristenzen Einnahmen zu verschaffen. Der ‘Mißbrauch muß ver- hindert werden, damit volles Vertrauen zu. dew Wohltätigkeitsunter- nebmungen eintritt. i :

Abg. Henke (soz. Arbeitsgem.): Wir sind“ gegen den Grund- gedanken der ganzen Vorlage niht nur aus den Gründen des Abg. Giebel, sondern auch aus dem Grunde: wir glauben nicht an die Versicherung des Staatssekretärs, daß der einzige Zweck der Vorlage sei, einen Namensshuß für die Stiftungen zu bieten, sondern mir glauben, daß dieser Schuß nicht unbewußt dazw herbeigeführt wird, um der späteren Fürsorge vorzuarbeiten und die Hinterbliebenen anstatt auf einen Rechtsansprucb, auf Willkür und Begünstigung zu verweisen. Es ist als eine Ehrenpflicht des Vaterlandes bezeichnet worden, für die Kriegsbeschädigten und die Kriegshinterbliebenen zu sorgen, deshalb müssen wir verhindern, daß man später auf diesen Geseßentwurf zurückgreift und den Hinterbliebenen und Kriegsbeschä- digten den Nechtsanspruch voventhält. Es handelt sih hier um eine neue Belastung der Konsumenten auf Umwegen durch eine indirekte Steuer. Wir müssen eine Kontrolle über die Einnahmen und die Verwendung der CGinnahmen haben.

Präsident Dr. Kaempf rügt als der Ordnung des Hauses widersprechend, daß der Abg. Henke dem Staatssekretär vorgeworfen hat, daß er nicht unbewußt etwas anderes bezwecke, als er ausge- \prochen habe.

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Wir teilen die Bedenken des Vor- rebners nit. Warum sollen wir nicht zulassen, was über den RNechts- anspruh hinausgeht und Mißbräuche aus\chließt. In der Kom- mission wird versucht werden, jeden Mißbrauch auszuschließen.

Die Vorlage wird an eine Kommission von 21 Mit- gliedern überwiesen.

Die Vorlage, betreffend Aenderungen des Gerichtskosten- geseßes, der Gebührenerhöhung für Rechtsanwälte und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher, geht auf Antrag des Abg. Dr. Spahn (Zentr.) ebenfalls in einen Ausschuß.

Es folgt der mündliche Bericht des Ausschusses für den Reichshaushalt über auswärtige Politik usw. Be- ri{hterstatter ist Abg. Bassermann. Der Ausschußantrag geht dahin: „Der Reichstag wolle beschließen: Der Reichstag ermächtigt den Auss{huß für den Reichshaushalt, zur Be- ratung von Angelegenheiten der auswärtigen Politik und des Krieges während der Vertagung zusammenzutreten.“

_ Berichterstatter Abg. Bassermann (nl.): Die Beratungen Jhres Ausschusses über die auswärtige Politik trugen einen vertrau- lien Charakter. Jhr Referent ist infolgedessen niht in der Lage, über die Einzelheiten unserer viele Tage in Anspruch nehmenden Ver- handlungen hier zu berichten. Jch darf nur feststellen, daß alle Fragen, die für die Beurteilung der gegenwärtigen Lage wesentlich sind, in eingehenden Beratungen im Aus|\huß besprochen und gewürdigt wurden, vor allem auch die Besprehung der Kriegslage, Hier darf ih wohl sagen, daß der allgemeine Eindruck der war, daß disselbe als eine allseitig befriedigende und hoffnungsvolle bezeichnet werden kann. Der Ausschuß besprach die Lage der Dinge im feindlichen Aus- land; er würdigte eingehend die Entwicklung der Politik in Rumänien, Tritish beléuchtend Haltung und Tätigkeit unserer Diplomatie vor dem Weltkrieg und während des Weltkrieges bis zur Kriegserklärung und gum Krieg mit Rumänien. Dabei wurde eingehend gewürdigt dfe Politik des Ministerpräsidenten Bratianu, die auf Täuschung berechnet

N i der Reden der Minister und Eiaaisi tes Gewähr mit Ausnahme der Reden der Minister un

war, die Politik des Königs; es wurden besprochen die wirtschaftlichen Verträge, die wir während des Weltkrieges vor dem Kriegsausbruch mit Rumänien abzuschließen in der Lage waren, und endlich eingehend diejenigen Ereignisse und Faktoren, die zum Kriege mit Rumänien eführt haben. Wir haben in der Kommission weiterhin besprochen die L eBungen des Deutschen Neiches und dié Lage der Dinge in den neutralen Staaten, vor allem in Griechenland, das ja heute in \hwerster Krisis sich befindet. Es wurden hier eingehend besprochen alle Erdrosselungsmaßregeln, die von der Entente, vor allem von England, gegenüber den neutralen Staaten, in erster Reihe wieder gegen Griechenland, angewendet wurden. Die bewunderungswerte Haltung des Königs von Griechenland, der sich gegen die Gewalttätig- feit unserer Feinde wehrt. und bemüht ift, die Neutralität auch in den \{{limmsten Verhältnissen aufrecht zu erhalten, fand volle sympathisce Würdigung in der Kommission; in der Tat etn bewundernswerter Widerstand gegen eine so starke Uebermacht, gegen alle diese Treibereien, die in 1hren Enore/ultaton dahin abzielen, nicht nur die Monartie zu erschüttern, sondern auch eine völlige Anarchie im Lande herbei- zuführen. Wir haben bei unseren Beratungen die Gründe besprochen, die zur Führung eines griehishen Armeekorps nah Görliß geführt haben: auch hierüber sind die notwendigen Aufklärungen durch die Negierung und ihre Vertreter gegeben worden. Der Hauptausschuß hat sih auh mit der Frage der Kriegsmittel in eingehenden, sorg fältigen Beratungen befaßt. Unter diesen Fragen mußte naturgemäß die Ünterseebootfrage und der Unterscebootkrieg im Bordergrunde des Interesses auch Ihres Ausschusses stehen, und sie hat dort zu den ein- gebendsten Verhandlungen Veranlassung gegeben. Jch darf Ihnen, soweit es diese Frage angeht, eine Feststellung vorlesen; der Ausfcchuß hat angesichts der Wichtigkeit der Fragen den mündlichen Bericht gerade über die U-Bootfrage im Wortlaut festgestellt: In: eingehenden Beratungen hat Ihr Ausschuß sih mit der Frage des U-Bootkrieges befaßt. An denselben haben sh Mitglieder aller Fraktionen und die Bertreter der verbündeten Regierungen beteiligt. Alle marinetechniscken, militärischen, wirtschaftlichen und politischen Gesichtspunkte wurden gründlichst geprüft und gewürdigt. Die Ausführungen \tanden unter dem EGindruck der hoben Bedeutung der Angelegenheit und waren all- seitig getragen von rein sachlichen Erwägungen und dem Bestreben, den vaterländischen Interessen zu dienen. Eine Einigung war im Ausschuß nicht zu erzielen; er verzichtete auf eine Beschlußfassung. Für die Verhandlungen im Reichstage empfiehlt der Ausschuß, von einer Be- \prehung des V-Bootkrieges abzusehen, in der (Erwagung, daß eine ein- gehende Behandlung der marinetechnischen, militärischen, wirtschaftlichen und politischen Gesichtspunkte im einzelnen ohne Schädigung der vater- ländischen Interessen nicht möglich is, daß andererseits aber ohne eine erschöpfende Verhandlung der Sache eine volle Aufklärung nicht erzielt werden fann. Diese Empfehlung für die Art der Verhandlungen er- folgte im Wege der Abstimmung mit 24 gegen 4 Stimmen im Aus- \chuß. Bei seinen Beratungen war der Auëeschuß erfüllt von den Gefühlen der Bewunderung und Dankbarkeit für unser Heer und unsere Flotte, der Anerkennung ihrer unter. hervorragender Leitung errungenen Erfolge, und sieht der weiteren Gntwicklung mit vollem Vertrauen entgegen. Die Ergebnisse der neuen Kriegsanleihe find ein erneuter Beweis dafür, daß das deutsche Volk in seiner Zuversicht auf den endgültigen Sieg in diesem unseren Verteidigungskriege einig zusammenhält. S

Abg. Dr. Spab n (Zentr): Namens des ganzen Neichstages darf i- aussprechen, daß wir in der Anerkennung “der Leistungen unserer Truppen und der unserer Verbündeten dem Reichskanzler aus vollem Herzen zustimmen. Der Reichskanzler sprach von der erfolg- eiden Abwehr aller feindlichen Angriffe und von der Durchkreuzung der feindlicen Absichten auf allen Fronten. Seit seinen Worten vom 98. September haben sih unsere Truppen in dem mit Blut über- \{wemmten Gelände an der Somme, in Wolhynien, Mazedonien usw. glänzend bewährt. Die moralische Stärke unserer Truppen, ihr Ver- trauen auf den Sieg ist unershüttert. Unsere Gegner werden {chlließ- lich die Zweklosigkeit ihrer fortwährenden Anstürme einsehen müssen. Gewiß ist der Krieg s{chwer. Unschäßbare und unerseßbare körperliche und geistige Kräfte werden zerstört, wenn auch unsere Verluste geringer find als die unserer Feinde. Wir werden siegen und. durchhalten, nicht

nur nach außen, sondern auch in unserem Wirtschaftskampf daheim. In der Kommissionsberatung ist eingehend dargelegt worden, daß wir ausreihenden Ersaß zur Ergänzung unserer militärischen Kräfte be- sißen, daß unsere Waffen- und Munitionsindustrie auch für den stärksten Bedarf gerüstet ist, daß uns die Rohstoffergänzung in vollem Maße zur Verfügung steht. Der Erfolg unserer leßten K riegsanleihe beweist die Festigkeit unseres Wirtschaftslebens. Gewiß müssen wir uns außerordentliche Beschränkumgen auferlegen. Die Lebensmittelprethe sind vielfah übermäßig hoh, aber das alles kann uns nit hindern, unsere Pflicht gegen Volk und Vaterland zue erfüllen. Es wird viel vom Frieden gesprochen, zu einem Friedensvertrag gehören jedoch auch unsere Gegner, und diese haben bis jeyt eine Neigung zum Friedens8- {luß nicht zu erkennen gegeben. Der Reichskanzler hat die Situation als ernst und schwer bezeichnet, aber er konnte hinzufügen, daß Generalfeldmarshall von Hindenburg die Kriegslage durhaus ver- trauensvoll beurteilt. Dabei follte sich das deutsche Volk beruhigen, und es sollte niht dur künstlih hervorgerufene Unruhen aufgeregt werden, die keine positive Unterlage haben. England hat der Neichs8- fanzler als den felbstsüchtigsten, hartnäigsten und erbittertsten Feind bezeichnet; England ist auh der berechnendste Feind. “Nach napoleo- nischer Taktik ist es die vornehmste Aufgabe des Schlachtenlenkers, das feindlihe Feldherrnzelt zu erobern. Wir müssen alles einseßen, was geeignet ist, dieses Feldherrnzelt zu erobern; es steht bei England. Es ist auch viel von unseren Beziehungen zu den außereuropäischen Ländern, namentlich zu Nordamerika, in der Kommisston gesprochen worden. Für unser Verhältnis zum Auslande dürfen niht Antipathien und Sympathien maßgebend fein, sondern unsere eigenen Interessen. Üeber die U-Bootfrage uns weitere Mitteilungen zu machen, müssen wir dem Reichskanzler überlassen, wenn er den Zeitpunkt für gegeben ex- achtet. Die Ausführungen des Reichskanzlers über Jtalien möchte ih in einem Punkte ergänzen. Man kann an der Beschlagnahme des Palazzo Venezia nicht stillschweigend vorübergehen, ODesterreih hat gegen diese Beschlagnahmo protestiert, und die italienishe Zensur hat die Publikation dieses Protestes verboten. Die Beschlagnahme dieses Palastes i} cine Verleßung des Garantiegeseßes, welches dem Päpstlichen Stuhle die Vertretung der Katholiken durch Gesandte gewährleistet, es is eine Feindseligkeit gegen den Heiligen Stuhl. Der Reichskanzler hat in seiner Rede au die innerpolitische Frage gestreift. Er hat sih über die Frage der Neuorientierung nit ]o deutlih ausgesprochen, daß wir uns damit positiv beschäftigen können. Er hat den einen Saß ausgesprochen: Freie Bahn jedem Tüchtigen. Ich möchte ihn. daran erinnern, daß bei der Beseßung von Ver- waltunaéstellen usw. bisher nicht immer die gebührende Rücksicht auf die Katholiken genommen worden ist. Wir würden es begrüßen, wenn das in. Zukunft anders würde; denn es muß der Grundsaß auch für uns gelten: Einigkeit macht stark. A i

Abg. Sche idemann (Soz): Seitdem der Neichskanzler am 98. September gesprochen hat, haben das Deutsche Volk und seine Nerbünteten auf den Schlachtfeldern wieder neue Proben ihrer un- verwüstlichen Lebenbkraft gegeben, Auch über die Wirkungen des EGintritts Rumäniens in den a, haben: sich unsere Gegner ge- täusht. Die Kriegsstimmungen wechseln ja hüben wie drüben. Gebt es gut, dann revidiert man mit dem Bleistift die Landkarte und zieht neue Grenzen, geht es weniger gut, dann läuft man aufgeregt umhér

und fragt, was man tun soll, um das Vaterland ‘schnell roîieder auf die Beine zw bringen. Gegenüber dem Ansturm eines neten Fanatismus gilt es, gute Nerven zu behalten. Im Völkerleben spielt nicht der Krieg die leßte Rolle, nicht die brutale Gewalt; Streitig- feiten müssen dur internationale Verträge geschlichtet werden, wober allerdings Vertragstreue auf beiden Setten vorhandew sein muß. Wir meinen, daß der Politiker die Krizaführung bestimmen muß, daß er seine Politik niht von dem Kriegführer bestimmen lassen darf, daß er seinen Kurs nicht durch eine Richtung bestimmen läßt, die er nit für die rihtige hält. Auf der gegnerishen Seite wird die Stimmung dur hohgespannte Hoffnungen gestüßt, wir wollen hoffen, daß eine Ernüchterung kommt, und daß auf beiden Seiten die Vernunft siegt. Wir betrachten es als unsere Aufgabe, hierzu nach Kräften beizutragen. Dieser Krieg wird von uns, selbst wenn er als (roberungsfrieg gewollt wäre, in Wirklichkeit nur als Verteidigungs- krieg geführt. Der Schuß des Vaterlandes ist das Höchstmaß, aber auch das Mindestmaß dessen, was erreiht werden muß, wenn wir nicht einem dunklen Schicfsale erliegen sollen. Von gewissen wahnsinnigen Plänen ist bei uns erfreulicherweise niht mehr die Nede und kann nie wieder die Nede fein. Das Vertrauen unseres Volkes hat in diesér \chmwersten Prüfung in keinem Augenblick geschwankt. Wenn gesagt worden ift, daß der Neichskanzler bei dem Willen unserer Gegner, bis um Ende den Krieg zu führen, nicht von Frieden sprechen könne, fo sage ich, wir fönnen es, das deutsche Volk, alle deutschen Sozialisten fönnen es tun, ebenso aber auch die Franzosen, Engländer und Russen. Alle Völker werden fich durch die Vorspiegel ungen gewisser Kreise nicht beirren lassen. Wollen die Franzosen etca Millionen opfern, um ihr Land zu entvölkern und mit Deutschen zu bevölkern? Was fran- zösish ist, soll französisch bleiben, was belgis 1st, belgisch, und was deuts is, deuts bleiben. Auf dieser Grundlage muß der kommende Friede ge\chlossen werden. Wir gehen zunächst noch {weren Zeiten entgegen. Not herrscht im Lande, aber nicht nur bei uns; die englifchew Marktberichte reden eine, deutlihe Sprace. Auch aus Frankreich hören wir die ergreifendsten Klagen, und in. Jtalien litt man ja s{on im tiefen Frieden Hunger. Jn der Lebensmittelversorgwng sind schwere Febler gemacht worden, Der \chwerste darin, daß man dem Volke von vornherein nit die ganze Wahrheit gesagt hat. Immer hieß es, es ist alles da; es kann gar nicht alles da sein, man hat alles auf die Organisation geschoben. Allerdings is ungenügend von oben einge- griffen worden. Wie s{limm es steht, zeigen die Erscheinungen auf dem Kartoffelmarkt. Ich bitte die Regierung auf das dringendste, alles zu tun, was möglich is, um die Ungerechterweise als Höchst- preise bezeichneten Mindestpreise für eine ganze Anzahl von Artikeln so zu regeln, daß sie niht als eine direkte Liebesgabe erscheinen. (Fs muß vor allen Dingen planmäßig produgiert werden, danw fönnen die Lebensmittel auch planmäßig verteilt werden. Die Brotregelung hat sih ja glänzend bewährt. Dew Bedürftigen muß durch Neichsmitieln geholfen werden. Die Zensur und der Belagerungszustand sind voll- fommen zusammengebrochen; entschieden muß dagegen protestiert werden, daß gegen die extreme Linke von den ertremen Mitteln eimn verschwenderisher Gebrauch gemacht wird. Besonders bedenklih ist die Inschußhaftnahme des Schriftstellers Mehring. Dieser hat fich in der „Leipziger Volkszeitung“ gegen einen Frieden um jeden Preis ausgesprochen. Ein deutscher Zivilist darf doch nit s{lechter be- handelt werden als ein französischer Offizier. Selbstverständlich, was einem recht ist, muß dem anderen billig sein. Jw einem Briefe eines Admirals an den Fütsten zu Salm-Hotstinar ist zu lesen, daß bér Reichskanzler ten Sieg Deutschlands verhindern wolle, und zwar be- wußt, der Krieg könnte lange beendet fein, wenn nicht der Kanzler usw. Ganz ähnlich hat sich übrigens der Aba. Wildgrube, der jeßt als konser- vativer Kandidat in Oschab aufgestellt ist, geäußert. Diese Vorwürfe gehen so weit, die persönliche Chrenhaftigkeit des Kanzlers in Zweifel zu ziehen. Wie ein roter Faden zieht sich durch diese Wühlarbeit aegen den Newchskanzler die Furcht vor der heraufsteigenden Demo- kratie: der wütbende Haß gegen ihn ift gar niht auf den Krieg, sonderm auf die in Aussicht gestellte „Neuorientierung“ zurückzuführen, gegen die {on im August 1914 die Kanzlerfronde eine Kriegsertlärung er- ließ. Im „Junius Alter“ findet man denselben Gedankengang wieder. Der Fürst zu Salm-Horstmar schreibt direkt an den Kaiser, man müsse die Gefahr einer Schattenmonarchie vom deutshen Kaisertum abwenden, diese müsse kommen, wenn die parlamentarische Regierungs- form ihren Einzug bei uns halte. Das sind die „Patrioten“! Diese dünne Gesellschaftsschiht maßt sih an, in dieser fo [cickfalsshweren 2eit die Geschide Deutschlands allein zu bestimmen. Daraus kann sich nur ein innerpolitishes Chaos, eine wüfte Ochlokratie entwideln. Dahin. gehört au der mehr komish wirkende „Aus\chuß zur raschen Niedermerfung Englands“. Gegen das unverantwortliche Treiben dieser Kreise muß Ordnung, wirkliche Ordnung geschaffen werden. Die muß der Reichstag, die wirkliche deutsche Volksvertretung, herbeiführen. Jene Kreise führen nur den Klassenkampf von obewm, Möge man diesen Kanzler stürzen, wenn man es kann, aber der Streit muß hier, in der Volksvertretung, in aller Oeffentlichkeit entschieden werden, nicht in den Kellern, wo die geheimen Schriften gedruckt werden. Dre Zeit der mittleren Linie ist vorbei, ZikzackŒurs ist gefährlich. Jeßt geht's auf Tod und Leben, und darum wünschen wir uns eine Regierung, welche alle Kräfte der Verteidigung organtisiert und zugleich unablässig auf den Frieden hinarbeitet. Das Volk muß in dem Vertrauen gefestigk werden, daß es für feine eigene Sache kämpft ünd für nichts anderes. Zwingt uns die Not, mit dem Brot sparsam umzugehen, so zwingt uns die Not, nicht mit Rechten zu geizen. Hier kann man freigibig sein, wenn nur der gute Wille vorhanden ist. Eine solche Regierung würde Deutschland bald einen ehrenvollen Frieden sichern können. Darum Aufhebung der Zensur und des Belagerungszustandes, Frei- lassung aller in Schußhaft befindlichen Deutschen, Schaffung eines verantwortlichen Neichéministeriuums, Sicherung des Grundsaßes, daß der Reichskanzler ih in Uebereinstimmung mit dem Neichstage be- finden muß. Einer solhen wirklichen Volksregwerung gegenüber würde das Ausland bald erkennen, daß das deutscke Volk bereit ift, einen ehrenvollen Frieden zu \{ließen, aber auch feine frühere Stellung bis zum leßten Blutstropfen zu verteidigen. Raffen Sie sich auf und geben Sie dem Volke, das Vertrauen, das es verdient. Wenn je ein Volk Vertrauen verdiente, das deutsche Volk hat es verdient. Beschä- men Sie England und Amerika, indem Sie mitten im Kriege dem deutschen Volke Rechte geben. Das Deutsche Reich ist stark genug, ihm jede Fretheit zu geben bis zum Mißbrauch, aber es wird sie nicht mißbraucen. Das deutsche Volk ist im höchsten Maße opferfähig. Oeffnen Sie seine verborgensten Schaßkammern und bolenm Sie das Höchste und Letzte: heraus, das in ihm lebt. Dann werden Sie Jhre Pflicht zur Vertbeidigung des Vaterlandes ganz getan haben. Wir haben uns hier jahrzehntelang einander befämpft und. verstehen uns vielleicht au jekt nicht ganz. Was wir aber als Volksvertreter fordern, is nur unsere Pflicht. Wir lebew in der Zeit großer Gnt- scheidungen und tiefgreifender Veränderungen, lassen Säâe deshalb die Bitte von heute nicht die Anklage von morgen werden. Ein Volk, ein Ziel: Frieden und Freiheit!

Abg. Bassermann (nl.): Aus der Rede des Reichskanzlers vom 28. September hat das Ausland herauslesen wollen, daß der Reichskanzler einsehe, daß Deutschland geschlägen sei und seine Landéleute darauf vorbereiten wolle, daß es si für Deutschland nur darum handle, seine Eristenz zu retten. Eine solche Deutung steht weder mit dem Wortlaut, noch mit dem Sinn der Rede im Einklang. * Die Franzosen feiern Verdun als ihren Sieg und täuschen sh hinweg über ihre enormen Verluste und über die Tatsache, daß/fie den größten