1916 / 241 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Oct 1916 18:00:01 GMT) scan diff

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Seil ihrer Armee dort einseßen mußten und für andere Zwecke nicht verwendbar hatten. Wir verweisen guf die wunderbaren Taten unseres res in den furchtbaren Kämpfen an der Somme, wo unsere ruppen unter dem furchtbarsten Trommelfeuer gegen die feindliche Uebermacht even, alle beseelt von dem einen Gedanken an den Sieg. Sm Osten haben unsere Führer Marwiß und Linsingen die russische Debermaht zum Stehen gebracht, der deutsche Offensivgeist zeigt sich gen die Numänen, und der Kriegskunst unjerer Heeresleitung in der Band Hindenbuürgs wird es gelingen, auch sonst wieder die Offensive zu ergreifen. Wir sind stolz auf die Erfolge am Skagerrak unter der e gi Führung eines Admirals Scheer. Wir erkennen darin den Seist des Großmeisters der deutsden Flotte, Tirpiß. Der Unter- seebootkrieg im Atlantischen Ozean zeigt neue Erfolge deutschen Soldatengeistes. Dank der deutschen Disziplin werden die Führer der Ünterseeboote ihre Instruktionen “innehalten und keinen Grund zu Beschwerden gegen unsere Regierung geben. Wir erkennen den reen Ernsi der Gesamtlage, aber sind überzeugt, daß der Kriegs- wille und Siégeswille im Heer und in der Flotte ungebrochen ist, und haben Vertrauen zu unserer Heeresleitung. Wir gehen voller Zu- versiht dem Waffengang im dritten Kriegsjahr entgegen, in dem festen Willen, den Krieg siegreich zw beenden. Wir haben aus der MNede des Reichskanzlers den Eindruck gewonnen, daß die Gegen- sabe, die zum Kriegè geführt haben, unbeschränkt fortdauern, fogar noch sih verschärft haben. Daher müssen wir uns mit dem Gedanften an eine längere Kriegödauer abfinden. Die Aeußerungen der feind- lichen Presse und namentlih die Aeußerungen des englischen Kriegs- ministers Lloyd George werfen ein charakteristisches Licht auf den Kriegswillen unserer Fetnde. Erklärungen unserer Friedensbereit schaft bringen uns dem Frieden nit näher, weil sie vom Feinde als Zeichen der deutschen Erschöpfung aufgefaßt werden und seinen Kriegswillen stärken. Frieden können wir nur von einem besiegten gens erreichen. Wir erwarten von unserer Heeresverwaltung und ind überzeugt, daß alles geschieht, was zur energischen Führung des Krieges notwendig ist. In England ist der Kriegswille stärker als je zuvor, zum Gemeéingut der englischen Nation ist das Ziel der Ver- bine Deuts{lands geworden, wie es auch nicht annähernd im An- fang des Krieges der Fall war. Auf die Frage ‘der Annexionen gehe ih heute nicht ein. Der Reichskanzler hat im Mai 1915 als sein Kriegsziel dargelegt, Garantien und Sicherheiten zu gewinnen, daß unsere Feinde, nit vereinzelt, nicht vereint, wieder einen Waffengang gegen uns wagen. Es liegt ein gewisses System darin, den Neichs- fanzler dem Volke so darzustellen, als wenn er im Banne der Pazi- fisten stände. Das stimmt mit seinen Reden in keiner Weise überein. Mit der Erklärung des MNeichskanzlers, daß England der felbst- süchtigste, hartnädigste und erbittertste Feind sei, ist nach manchen Schwankungen ein fester Boden gewonnen, auf dem auch wir stehen, und der sih mit den Stimmungen im Lande deckt. Die Ueber- zeugung, daß England unser Hauptfeind is, hat sih mit elemen- tarer Folgerichtigkeit im unserem Volke festgeseßt. Der Krieg richtet sih nit allein gégen Deutschland, England legt feine {were Hand auch scckbon auf den Norden Frankreichs und denkt an Landungen in Portugal. England i} willens, diejen Krieg bis zum leßten Männ und leßten Groschen weiterzuführen. Da darf denn auch hingewiesen werden auf die energische Sprache, welche die Petitionen aus Hamburg und die einmütige Proklamation der Hamburgischen Needer reden auf den entschiedenen Krieg8willen gegen England, dem sie Ausdruck geben. Was Nußland betrifft, so teilen wir durchaus den Standpunkt des Kanzlers, daß wir aws- {ließli deutsche Snteressen zu vertreten haben, daß wir uns nicht in die inneren Verhältnisse anderer Länder mischen, daß es uns gleich- gültig ist, ob Rußland autofratisch oder konstitutionell regiert wird. Der Abg. Scheidemann hat sehr richtig ausgeführt, daß in einem Wesltkrieg wie dem jeßigen die politische Leitung sih von der militä- rischen nicht vor vollendete Tatsachen stellen lassen darf. Daß zur Abkürzung des Krieges jedes taugliche Mittel angewendet werden muß, ist auch unsere Meinung, denn 27 Monate dauert dieser Krieg nun- mehr; wir begrüßen diesen Grundsaß des Kanzlers mit großer Freude, denn seine Durchführung auch gegen England wird zur Abkürzung des Krieges dienen. Auf die Ernährungsfrage gehe ich jeßt nit ein, da der Aus\{uß in der kommenden Woche sih näher damit be- fassen wird und zwei Interpellationen zur Frage der Kartoffelver- forgung uns demnächst im Plenum beschäftigen werden. Auf dem Gebiete; der inneren Politik sind Angriffe gegen den Reichskanzler ge- rihtet worden, die im Auslande weitgehendèé Hoffnung auf unsere Uneinigkeit erweckt haben. Mit Unrecht; troß aller Differenzen hat sich im ganzen Volk die Ueberzeugung durhgerungen, daß wir siegen müssen, werin wir nicht untergehen wollen. Die Ausfälle in anonymen Schriften usw. gegen den Kanzler und seine Integrität werden von uns selbstverständlich gemißbilligt. Was die Personen der sog. Kanzlerfronde angeht, jo ist da ein großer Unterschied zu machen; es befinden sich darunter Angehörige der mwertvollsten Teile unseres Volkes, Leute, die turmhoch über dem Verdacht stehen, daß sie aus anderen als vaterländischen Gründen handeln, denen materielle Inter- essen oder Lust an der Intrige gleich fern liegen. Namen wie Kirdorff, dia) Schäfer sind tatsächlih turmhoh über solhem Verdacht er- aben; dasselbe gilt von den bayerishen Wortführern dieser Fronde. Der Kanzler hat das Mittel in der Hand, den Uebelstand zu be- seitigen; er beseitige die politishe Zensur! Man kann unserer Jn- telligenz, unseren Politikern im Lande nicht den Mund verbinden, sie nicht auf den Standpunkt des beschränkten Untertanenverstandes verweisen. Der Reichskanzler hat {ih ja wiederholt selbst für eine Milderung der Handhabung der politischen Zensur ausgesprochen; die Vertretung des Reichsverbantes der deutschen Presse hat aber noch am 24, September festgestellt, daß tatsählich cher eine Verschärfung derselben eingetreten ift. Wir erheben erneut die Forderung der Be- seitigung der bei so langer Dauer des Krieges unerträglich gewordenen politishen Zensur. Wenn man. darüber klagt, daß der Kanzler durch solche offenen und versteckten Angriffe seine Autorität geschädigt sieht, dann möchten wir doch auch Einspruch erheben gegen die Verdächti- aungen, wie sie gegen den Großadmiral von Tirpiß erhoben worden sind. Wir verehren in ihm einen Mann, dessen Name mit unver- gänglichen Lettern in die Geschichtstafeln eingegraben ist. Zur Frage der Neuorientierung bin ih mit Herrn Scheidemann der Meinung, daß diejenigen, die sie niht wollen, sie mit offenem Visier bekämpfen follen. Wir wünschen in manchen Dingen eine Neuorientierung; das deutsche Volk wird nah dem Kriege mit Net eine Beseitigung ge- wisser bióheriger Schranken fordern; die Neuorientierung darf aber nicht dahin verstanden werden, daß nun alles Bestehende eingerissen und nah neuen Prinzipien aufgebaut werden soll. Im Frieden haben wir die Fundamente für die wunderbaren Erfolge errichtet, die wir im Felde und wirtschaftlih ir diesem Weltkriege errungen haben. Unsere Industrie hat in ihver Einstellung auf dew Krieg geradezu Wunder verrichtet. Ebenso muß dem Handel, muß der deutschen Arbeiterschaft volle Anerkennung widerfahren, Zur Neuorientierung gehören aber auch Reformen in den deutschen Bundesstaaten, vor allem in Preußen; ih verweise auf die bezüglichen Reden des. Abg. De Friedberg. Die Forderung „freie Bahn für alle Tüchtigen", also Beseitigung bureaukratisher Schranken, is von unserer Fraktion schon seit Jahren erhoben worden. Nur durch freie Bahn für alle Tüchtigen wird es uns auch gelingen, die alten Absaßgebiete für unsere Produkte wiederzugewinnen. Alte Schranken, die das religiöse Bekenntnis sekte, müssen fallen; die Forderungen der deutschen Arbeiter müssen einer gerehten wohlwollenden, vorurteilsfreien Würdigung teilhaftig werden. Gewiß if unser Volk unüberwindlich, das zeigen Tag für Tag die Heeresberihte. Die Verhandlungen im Neichstage werden ja vielleiht im Volke nit ungeteilte Befriedigung erwecken, weil manches ungesagt bleiben muß; das Volk muß sich aber damit ab- finden, et ledialich zwingende Rücksichten auf die Kriegführung dafür maßgebend sind. Das glänzende Ergebnis der leßten Kriegs- anleihe bezeugt die Richtigkeit der deutschen Finanzpolitik ebenso wie auch die Einigkeit und Geschlossenheit des deutschen Volkes, durchzu- halten bis zum endlihen Siege. Abg. D. Naumann (fortschr. Volksp.): Mik großer Freude und Genugtuung begrüßen wir den Sieg der deutshen und öster- reihisdæn Truppen gégen Rümänien, und besonters freut es uns, daß

die beiden alten deutschen Städte Hermaännstadt und Kronstadt mit Hilfe altdeutscher Landéleute aus Feindeshand befreit wörden sind. Gedenken müssen wir auch unserer Bundesgenossen, der Türken, die auf fünf bis sechs Kriegs\chaupläßen ihre militärische Zähigkeit und jahrhundertalte Tapferkeit bewährt haben, und der Bulgaren, die ¡ekt mit uns gegenüber Rumänien in den Kampf eingetreten sind. Mir freuen uns threr Erfolge, wie sie sich der unserigen freuen. Ihre Schifsale sind mit den unserigen verbunden. Wer die Leistungen un- serer ósterreihish-ungarishen Brüder mit einigem Kritiztómus an- sieht, der übersieht, daß die österreichish-ungarische Waffenmacht den allergrößten und gewakltigsten Ansturm der russischen Menge in Süd- polen am Anfange des Krieges. auszuhalten hatte, Die österreichischen Truppen hatten diesen Ansturm auszuhalter zu einer Zeit, wo der russische Koloß noch ungebrochen war. Freuen ‘wir uns, daß durch die entschlossene und ehrwürdige Weisheit dés Kaisers Franz Ioseph im Einvernehmen mit dem . Deutschen Kaiser der Oberbefehl auf der Ostgrenze vereinheitliht worden ist; so haben wir einen lébendigen Menschenwall gegen den ungeheuren Einbruch, der von Osten immer wieder versucht wird. Ueber unsere \pätére Lebensgemeinschaft mit unseren Waffenbrüdern wollen wir heute noch nicht sprechen, aber wir protestieren- \chon heute gegen die Auffassung, die von der Pariser Wirtschaftskonferenz dahin ausgesprochen ist, als ob allein schon der nähere wirtscaftlide Zusammenshluß von Deutschland und Oester- reib-Ungarn einen Angriff auf die freie Bewegung des Weslthandels nah dem Kriege bedeute. Nichts ift irriger, als daß wir beabsichtigten oder für möglich hielten, nach dem Kriege die mitteleuropäische Wirt- \caftscinheit gegen alles Wirtschaftsleben der Außenwelt abzu- \cließen. Es gilt, den Eintritt. in die Weltroirtschaftlichkeit unter ge- ordneten Bedingungen möglichst bald und möglichst reell zu suchen. Weder auf wirtscaftlihem noch auf kulturellem Gebiete darf der Krieg ewige Scheidewände aufrichten. Die Besucbe deutscher Ab- geordneter in der Türkei, in Bulgarien und in Budapest haben be- wiesen, daß ein gemeinsames Band der Zusammengehörigkeit besteht. Sie haben auch die Notwendigkeit gezeigt, daß wir uns untereinander nod mehr ünd besser kennen lernen. Wir haben vor dem Kriege den Völkern des Ostens viel zu wenig wirkliche und innerliche Aufmerk- samkeit geschenkt. Zwischen den Westslawen, insbesondere den Polen und uns, bestehen Berührungspunkte. Nach mehr als hundertjähriger Erstarrung bricht bei den Polen ein geshichtlicher Frühling an. Die Polen gehören zur westlichen Kulturgemeinschaft, Deutschland muß gegenüber den benahbartenw Nationen es besser machen, als England gegenüber den Eleineren Nationen. Solange nur die belgische Frage zur Debatte stand, hatte es England leiht, über die leinen Nationen zu reden, da es auf den deutschen Einmarsch hinweisen konnte, ohne etwas zu sagen, was es getan hätte, wenn die Deutschen nicht ein- marschiert wären. Seitdem hat England gezeigt, wie es die kleinen Staaten behandelt, und seitdem ist es begreiflich, daß es, wie die eng- lise Wochenschrift „Truth“ es bezeichnet, die kleinen Staaten als Protegés und Schakale behandelt. England will die „gesamte kulti- vierte Menschheit“ zusammenschließen und nur ein besonderes Glied ausschließen, nämlich uns und die zu uns gehören. Wir verkennen ja nit, was von englischer Seite für deutsche Verwundete und auch Internierte geschehen ist, aber es steigt do in England die feindliche Gesinnung, die in der Behauptung ihren Ausdruck Endet, daß wir den Krieg angefangen hätten. Man verweist auf unseren Militarismus und darauf, daß wir angeblich im Juli 1914 über die englischen Frie» densversuhe hinweggegangen seien. Das isolierte Inselland England hat gut reden, solange Deutschland kein geeinigtes Militär hatte, fonnte man init dem deutsden Volke macen, was man wollte. Un- zählige Ruinen künden, wie Fremde auf unserem Grund und Boden gewirtshaftet haben. Das ift der Hintergrund unserer ganzen Ge- dichte. Nach seiner Lage kann Deuts{land ohne eine bedeutende Nüstung gar nicht existieren. Was aber die englischen Friedens- bestrebungen anlangt, so darf i nur darauf hinweisen, daß England den Frieden gesichert hätte, wenn es in Petersburg dieselbe Rolle ge- spielt hätte wie Deutschland in Wien. Die russische Mobilmachung wändelte die politishe Erörterung zu einer militärischen Frage um. Diesen verhängnisvollen Scbritt konnte England verhindern, wenn es rechtzeitig das Wort Neutralität aussprach. England ‘hat dieses rettende Wort nicht aesprocen, sondern der russisben Regierung die Gewißheit gegeben, daß ihr unter allen Umständen die englische Hilfe zur Verfügung stand. Die“ deutsche MNMegierung kann mit gutem Gewissen vor das deutshe Volk hintreten. Wir sind ein friedlihes Volk gewesen und sind es auch heute noch. Seinen friedfertigen Charakter auszusprechen, ist kein Zeichen von Schwäche. Ein solckes wäre es, zur Unzeit und unnötigerwei}e demu- tig um Frieden zu bitten, aber es i} kein Zeichen von Schwäbe, darüber zu reden, daß im ganzen Volke draußen und drinnen ebenso wie in allen anderen fämpfénden Völkern Europas ein Gefühl pon Sehnsucht besteht, daß der geordnete Gang der Dinge wiederkehrt. Die Sehnsucht bei unseren Truppen, die unaufhörlih das Lied von der Heimat, wo es ein Wiedersehen gibt, fingèn, begegnet sih mit der Sehnsucht von zuhause, und wir alle werden nik \{wäher, weder vo: uns selbst, noch vor der Welt, wenn wir bekennen, wir wären “eim Volk friedlicher Gesinnung und sind es heute noch, ]0o gut wie 1e. Aber gerade weil man uns den Frieden nit gönnt, weil man die Deutscken herausgezwungen hat, bleiben wir tapfer um diejes Friedens willen, und in dieser Tapferkeit sind wir einig. Troy aller Meinungsverschiedenheiten sind wir in dem Entschluß und Willen, das Vaterland zu verteidigen, genau so wie .am 4. August 1914 über alle Parteien hinweg einig. Dieser Wille, inmitten der m2 aeahnten Greuel dieses Krieges einmütig durzuhalten, das ist etwas Großes und Wunderbares. Die Fläche Mitteleuropas ist \rei und friedlich, draußen hérum an den Rändern ist der Kampf}, und daß die Einheit des deutshen Kampfes das durchgeseßt hat, ist eine Leistung, die allem herums{leihenden Pessimismus gegenüber im ihrer ganzen weltgesckichtlicen Größe largestellt und ausgesprcckchen werden muß. Ganz Mitteleuropa von Helgoland bis Konstantinopel, wann war es seit Jahrtausenden fo friedlih wie heute! Daß wir nicht mehr der Spielplah sind, daß jeßt die Weltkriege jenseits der Mauern gemacht werden, das ist die Tat, der gegenüber alles sogenannte Nichtung- geben, aller Streit über die Kriegführung klein erscheint. Der Krieg ist unendlich viel größer als der Streit um diese Fragen. Kompli- zierte Fragen dér Kriegs- oder Marineführung verbunden mit wirt- \c{aftlihen und politischen Gesichtspunkten von äußerster Schwere "Und Verwickeltheit zum Verständnis jedes einfachen Mannes zu bringen, ift unmögli. Auch jeder Abgeordnete ist froh, daß er die Berantwortung niht zu tragen brauht. Ich halte es qur eine falsche Beeinflufsung des Volkes, wenn man ihm beibringen will, es föonnte Dinge ent- schoèden, zu deren Entscheidung die Vorausseßungen fehlen. Daraus folgt, daß ein gewisses Maß von Vertrauen in jede Kriegführung notwendig ist. Dieses Vertrauen selbst ist einer der Material- bestände, und zwar: einer der wichtigsten geistigen Bestände der Krieg- führung an si. Die Geschichte der beiden leßten Jahre beweist uns, daß wir unser Vertrauen nicht vergeblich versenkt haben. Das bedeutet nit die Zustimmung zu jeder militärischen Maßnahme, zu jeder Personenfrage, zu jedem Lagewerk der Politik. Man soll die Leute aber in diesem Vertrauen nicht irremachen. Wir brauchen eine Negterung, die den Krieg führt wie cine Schicksalspflicht, die ihr

i sgezwungen worden ist, nit wie etne

von einer höheren Macht auf ; Willkür der Völker, die den Zeitpunkt abwarten, wann sie in den Kampf eintreten wollen, wie die Rumänen. Die Regierüng, die das deutshe Volk braucht, is eine Regierung, die daran glaubt, daf die Weltregierung selbs mit uns in gewissem Sinne noch etivas vor hat, die von der Unwahrheit und Täuschung an die Wahrheit der Sache selber appelliert. Das deutscke Volk suckt eine Regierung, die bei diesem Krieg auh über den Krieg hinaus denkt, weil «wir auch nach diesem Kriege wieder Volk unter Völkern sein müssen. Das deutsche Volk sucht einen Frieden in Ehren, einen Frieden mit der Sicherung unserer politishen und wirtschaftliben Existenz, einen Frieden mit der Sicherung unserer Bundesgenossen. Das Vertrauen gilt darum nit nur einer einzigen an der Spiße stehenden Person, sondern der Gemeins&aft derer, die im Pflichtbewußksein zusammen- gestanden haben in biefen zwei Jahren und weiter zusammenstehen werden bis zum Ende der Prüfung. Dieses Vertrauen auszusprechen,

haben wir ein Recht, denn das ist niht mehr eine technische Frage, sondern die innere Frage, die innere Stellung zu dem Kampf, der das s{werste und größte Erlebnis des Volkes ist. Man spricht davon, daß die bestehende unvermeidliche Auseinandersezung wesentlich - von den Hoffnungen und Befürchtungen der Einzelnen auf dem Gebiete der inneren Politik abhängen würde. Ich meine, es spielt etwas anderes mit: die Formen der auswärtigen Politik fangen an, auch die Formen für die Gruppierung der Parteien zu werden, Wir lehnen es ab, zu sagen, daß Tier Vertrauen zur Regierung sich darauf gründet, daß sie eine Neuorientierung versptocen hat, Wir wollen dieselbe Annabme auch{ der anderen Seite zurechnen, daß sie ihre politischen Entschlüsse heute nicht aus derartigen politischen Erwägungen heraus faßt. Was später werden soll, das sind wir Manns genug, auch später auszumachen; zunächst haben wir das eine ungeheure Bedürfnis, sieg- und erfolgreich gemeinsam aus ‘diesem Kriege herauszukommen. Was nüßen alle sozialen oder politischem Fortschritte, wenn wir mit Niederlagen belastet, zerbrochen und zer- schlagen durh die künftige Weltgeschichte dahinkriechen® Dann sind alle Neformen nur Reformen am ungeeigneten Objekt. E der Krieg vorbei, dann kommt die Neuonentierung von felbst. Die Versprechungen der Neucrientierung leiden auch mach zwei Jahren noch daran, daß sie außerordentlich luftfornmig 1nd. Daß hinter dém Kriege, wenn das Millionenheer heimfehrt, alles genau so bleibt, rie es vorber war, glaubt niemand; denn dieser Krieg ist eine solche Auf- rüttelung und Durschüttelung allèr Menschenkinder, die an ihm teil- genommen haben, und eine solche Hinlenkung jedes einzelnen auf die Notwendigkeit des Staates, daß die Männer draußen fragen, wie die Welt eingerichtet sein wird, wenn sie nachhause kommen. Wenn das Volk beimwärts wallt und dem Kaiser nachkommt durch das Brandenburger Tor, soll man da sagen: jet seid ahr wieder dur das Brandenburger Tor gekommen, jeßt bleibt alles, wie es ge wesen is; das ist eine glatte seeclische Unmöglichkeit. Wer in der Front gedient hat, kann nicht in seinen vaterländischen Rechten de- gradiert werden, nah dem Kriege kann nicht genau dieselbe WRlafhtsi- tation als Kasernement der Vorzeit wieder eintreten. Die preußischen Polen haben thren Dienst tadellos getan, alles ertragen, wie die au deren: fann man ihnen da sagen, wenn sie zurückkommen: thr seid ein Staatsbestandteil anderen Rechts als die anderen? Auch nach fonfessioneller Rubrik kann man nicht mehr unterscheiden. Die geist= lichen Orden, die draußen Seelsorge geleistet haben, fönnen nit wieder in einen Nechtszustand verseßt werden, der müt ührer Aner kennung draußen nichts zu tun ‘hat. Nicht auf Grund von Parte kämpfen, sondern auf Grund der Freiwilligkeib unter Vorantbritt des Kaisers muß mitten im Kriege eiw neuer Tag kommen; an diejen Tage würde in allen Schüßengräben wieder die Empfindung des 4, August in ursprünglicher Gewalt und Stärke vorhanden sein. Wir brauchen heute wieder den Geist Fichtes; der Staat it fein Neglc- ment mehr, sondern er ist ein innerliher Wille des Volkes von unten bis oben. Nie haben wir das Volk so gekannt wie jeßt: im seiner Geduld, in seiner Zähigkeit, seinem Willen zur Ordnung, zur Pflichts alles, was an Erziehung im dieses Volk hineingése§b ist, hat hundert» fältig Früchte gebracht in diesem Kriege. Und da sollten wir hinter dem Kriege sagen: es bleibt alles wie es war! Der Reichskanzler sagte: freie Bahn für jeden Tüchtigen, Vielleicht meinte er zumnädst bloß freie Bahn im der diplomatischen Karriere. Aber der Krieg hat uns aeczeigt, wie viele Lewte chne geordnete Examina das Gramen des Lebens bestehen können. Hinter dem Kriege. gibt es eine Neéuorientie- rung, nibt nur der politisben Rechte, sondern auch der ganzen Gr- ziehungsfürsorge für das Volk im anzen, von oben bis unten. Wie es im Tell heißt, gilt heute für alle Parteien: wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr, Aber die Söhne und Brüder draußèn sagen auch: wir wollen fret jein, wie die Väter waren, eher den Tod als in Knechtschäft leben, und ferner wird es heißen: wir wollen bauen auf den hödsten Gott und uns nicht fürchten vor der. Macht der Menschen. i

Abg. Graf von Westarp (dkons.): Auh meine Freunde be» klagen tief und schmerzlih die ungeheuren Verluste, die dieser Wrieg bringt, und auch wir fühlen, wie die Menge des Volkes, die Schwie- rigkeiten und Entbehrungen, aud wix haben einen klaren Bli für die Si{ädigungen unseres Wirtschaftslebens, für die Zerstorungen mchL nur materieller, sondern auch ideeller Werte, je länger dieser Kr1eg dauert. Es - gibt niemand, der nit ein baldnges (Ende des Krieges wünschte. Verbrecher sind Ausnahmen, und der verbrecherishe Ge- danke, daß jemand um seines eigenen Vorteils willen die Verlangerung des Krieges wolle, wird im deutshen Volk nicht verstanden. Keine Partei will die Verlängerung des Krieges um des Krieges willen. Es ih deshalb fals, wenn - allerdings mit innerhalb die)es Hauses gegenübergestellt werden Parteien, die einen baldigen F wollen, und Parteien, die eine Verlängerung des Krieges wollen. Aber mit dem Wunsch und Willen cines s{leunigen Friedèns ist das lebte und entscheidende Wort nicht gesprochen, auch darüber besteht im ganzen Volke Einigkeit. Freilih eine Ausnahme muß id mit einer Partei machen, mit ter allerdings eine Außseinanderseßung über diese Frage faum möglich is. Wer, wie die Hérren von der #0» ia‘demokratishen Arbeitsgemeinschaft, im Dezember 1915 für Bée- \c{lüsse gestimmt hat, die die Regierung gezwungen hätten, aus Mangel an finanziellen Mitteln die Grenzen zu entblößen und den Ford 1ns Land bereingulassen, der hat das Recht verwirkt, daß man 1m (Grnst mit thm verhandelt. Mit dem Ziel einer Beschleunigung des Frie- dens ist das entscheidende Wort noch nit gesprochen. Es handelt sid nuit um eine Entscheidung für den Tag, wir kämpfen fn diejem größten Kriege der Weltgeschichte mcht nur für die jeßige Generation, wir kämpfen für Kinder und Kindeskinder; und turmhoch über dem einzelnen Schicksal steht die Entwicklung des deutschen Volkes, und dessen Zukunft gilt der Kampf. Daher müssen wir die Not des Tages um der Zukunft willen ertragen und überwinden. Einigkeit besteht darin, daß nur ein Friede in Frage kommen darf, sollten wir awb noch bundert Jahre kämpfen müssen, ein Friede, der die Zukunft des Volkes sichert. Auch die Sozialdemo- naten steben auf diesem Standpunkt; ihr Kriegsziel: territoriale Unversehrtheit, politise Unabhängigkeit, wirtschaftliche (Snt- widlungsfreiheit is so formulièrt, daß man wohl zustimmen fann. Aber die Meinungsverschiedenbeit beginnt da, wo es sich um Einzelheiten hantelt, namentlih darum, wie das Ziel der wirt\chafi- lien Entwicklungsfreiheit zu erreichen if, besonders da England uns wirtschaftlich vernihten will. Herr Scheidemann will, daß Belgien und Frankreich keinen Boden verlieren; dagegen muß ih mi mit Gnt»- \chiedenheit wenden. Was wir mit unserem Blut erobert haben, halten wir fest, so lange es nötig ist, um die Zukunft Deutschlands zu sickern. Unser Volk will einen beschleunigten, aber auch einen siegreichen sFrie- den. Unser Volk führt den Kampf nicht mit Worten und Entschließun- aen, der Kampf wird drauß en geführt unter tem Trommelfêuer an der Somme, und an den Fronten in West und Ost, unter dem Oberbefehl des Kaisers und der Führung der Helden von Tannenberg und Skager- rak zu Wasser und auf dem Lande und in der Luft. Mit bewvunderung8- wertem Opfermut aller unserèr Waffen, auch der Luftschiffe und Flug» zeuge und der Untersceboote. Das hilft uns den Krieg beenden. „Sie fommen nit dur", das war das Hauptwort in der Schilderung des Neichskanzlers. Was wir draußen haben, das halten wir fest, und neue Schläge werden uns dem Frieden näherbringen. Der Krieg muß nach militärisden Notwendiakeiten geführt werden, in Ost und West, auch aegen England. Meine Freunde haben von Anfang an in England den Feind erblidckt, dessen Niederringung das Hauptziel des Krieges sein muß, und dieser Gedanke hat mehr und mehr im Volke Ver- breituna gefunden. Daß das nur die Auffassung einer Partei ist, davon fann keines Rede mehr sein. Wir stimmen dem Reichskanzler darin zu, daß geaen England alle Kampfmittel eingeseßt werden müssen, Mit hoher Bewunderung gedenken wir dabei unserer Flotte, und mit derselben Dankbarkeit au unserer Zeppelin-Luftschiffe. Ich bin nicht im Zweifel darüber, daß die Angriffe der Zeppelin-Luftschiffe von feinerlei politischen Hemmungen beeinflwßt worden sind, sie bringen au die Enaländer dem Gedankemw näher, daß der Kriea nicht nur ein Sport ist. Wir sind mit’ dem Auss{chuß darin einverstanden, daß eine eingehende Besprechung der marinetechnischen, militärischen, wirt- \chaftliden und politisden Ginzelbèiten von der Tribüne dieses Hauses ohne Schädigung der vaterländischen Interessen nicht möglich ist, abet

‘sein, was man mit Ret als Treibereien und Fronde bezeichnen

wir halten eine kurze Darlegung unserer Auffassung für vaterländische Pflicht, ohne auf diese Einzelheiten einzugehen, um unserseits zur Aufklärung beizutragen und Berdunkelungen „zu verhüten. Dabei ent- halten wir uns jeden Gungatis in die militärischen Entschließungen der Obersten Heeres- und Marineleitung, ber jelbstverständlih auch die Wahl des Zeitpunktes für die Anwendung der Kampfmittel über- lassen bleiben muß und kann. ‘Soweit die politischen und wirt\schaft- lien Erwägungen in Frage kömmen, sind wir aber durch die Entwick- Iung in allen Ländern nur in unserer Ueberzeugung bestärkt worden, daß die Einseßung des uneingeschränkten Unterseebootkrieges unbedingt ge- boten ift, um gegen England einen baldigen siegreichen Frieden zu er- ringen. Unsere tapferen Truppen zu Wasser und zu Lande konnen uns den Sieg bringen. Dazu haben wir die unbedingte Zuversicht. Sie werden die Forderung unseres Volkes, das einen baldigen siegreichen Frieden will, erzwingen. Was im inneren Gebiet geschieht, bleibt doch nur eine Hilfsstellung gegen die Entscheidungen draußen. Wir sind der Meinung, daß wir unsern Kämpfern draußen keine Hilfe leisten, wenn wir jeßt unsern Feinden mit Friedensangeboten kämen. Jch möchte auch nicht glauben, daß der Abg. Scheidemann mit seinem heutigen “Versuche, auf die Mitglieder der sozialdemokratischen Partei anderer Länder einzuwirken, daß seine Argumente uns dem erstrebten Ziel irgendwie näher führen. Der Abg. Scheidemann hat der inter- nationalen Sozialdemokratie in Frankreih gegenüber den Friedens- willen der deuts{hen Arbeiterschaft hervorgehoben. Die Antwort, die pon drüben ertónt, hat doch wohl gezeigt, daß folchde Versuche uns doch unferm Ziele niht näher bringen. Was die Leitung unserer außeren Politik betrifft, fo standen wir bei der Rede des Reichs- Fanzlers vom 28. September unter dem Eindruck, daß die beiden leßten Kriegserklärungen (reignisse von ernster und \{chwerer Bedeutung rearen, und daß die Negterung durchaus nicht im günstigen Augen- blick für unsere Verhältnisse eingetreten ist. Und wenn wir ‘auch an- erkennen müssen, daß die Erfolge in der Dobrudscha usw. die Gefahren und Drohungen von rumänischer Seite wesentlich abgeschwächt haben, so muß man doch sagen, daß diese Kriegserklärung ein Erfolg unserer auswärtigen Politik niht war. Wenn es auch schwer ist, im gegen- wärtigen Augenblick die Sache zu »beurteilen, und wenn ih auch durchaus der Meinung bin, daß man sich in seinem Urteil Zurülk- haltung auferlegen muß, so sind doch manche Zweifel übrig geblieben, welche auch durch die Kommissionsverhandlungen doch wohl niht ganz beseitigt worden sind. Der Reichskanzler teilte mit, das König Carol selbst der Meinung gewesen sei und sehr energisch vertreten habe, an die Seite der Zentralmächte zu treten. Wenn dies der Fall ift, so hätte von vorn herein in Uebereinstimmung mit der Meinung des Königs auch von unserer Seite die Forderung des Zutritts Numäniens zu den Zentralmächten gestellt und durchgeseßt werden müssen. Das endgültige Urteil über die Sache wird allerdings der Geschichte zu überlassen sein. Was nun die leßten“ Ereignisse betrifft, so sind’ wir davon überzeugt worden, daß unsere Leitung der auswärtigen Politik gewußt hat, daß Rumänien mit den Ententemächten verhandelt und cinen Vertrag abgeschlossen hat. Auch hier entstehen Zweifel, ob bei unserer so genauen Kenntnis der Dinge niht manches anders hätte gemacht werden können. Eine rückschauende Kritik hat wenig Zwet, aber wir sind berechtigt, für die Fortführung unserer Politik Wunsche auszusprechen. Was wir erleben, was wir in dem Verhältnis zu den Neutralen erleben und welchen unerhörten Druck England auf die Neutralen ausübt, ift hier bereits anschaulich geschildert worden. FJcch kann mich nur dem anschließen, was darüber gesagt worden ift, wie England rücksichtslos über etwaige berechtigte oder unberehtigte Interessen der Neutralen hinweggeht, wenn es gilt, einen Druck aus- zuüben, daß sie {G ihm anschließen. Wir können nur wünschen, daß unsere Politik unsere berechtigten Interessen mit vollem Nach- dul geltend mat wie es nur - irgend moaliG Ut, Die Achtung der berechtigten Interessen anderer liegt im deutschen Blut und in unserer Politik, aber jedes Necht hat seine Grenze an dem Rechte des andern, und Deutschland fämpft jeßt für feine cigene (Fristenz, und unsere auswärtige Politik muß diess Recht auch den anderen Staaten gegenüber mit Entschiedenheit zum Ausdruck bringen. Auf dem Gebiete der inneren Politik, über die i eigentlich nicht die Absicht hatte zu sprêcken, find in der Frage der Neuorientierung sehr eingehende Darlegungen gemacht worden. Jch meine, daß wir aub

diese Frage in diesem Augenblick gar nicht anders betrachten können und dürfen als von tem Gesiktöspunkte aus, wie es mögli ist, dabei die Einigkeit des Volkes zu wahren. Gewiß, ‘nach den Erfahrungen des Krieges werden neue Aufgaben, neue Ziele kommen, und diese werden sih auch neue Anschauungen und neue Grundsäße \haffen. Da- bei werden Sie au uns an der Arbeit sehen. Was aber in erster Linie unter Neuorientierung verstanden wird, ist die Demokratisierung. Der Abg. Scheidemann entrollte ein volles Programm eines absolut demokratish“ regierten und organisierten Staates. Jch . möchte doch davor warnen, jeßt während des Krieges dieses Programm aufzu- rollen, dieser Frage näherzutreten. Wir werden auch nach dem Kriege den Standpunkt vertreten, daß die Grundlagen der Monarckie, der Autorität und Disziplin ib herrlih bewährt baben. Wir sind der Meinung, daß jeßt während des Krieges nicht der Zeitpunkt ge fommen it, über diese Dinge zu verhandeln, ohne die innere inig- keit auf das \chwerste zu gefährden. Wir sind niht der Meinung, daß eine Regierung, die auf dem Boden der konstitutionellen Monarcbie steht, alle die Forderungen, die der Abg. Sceidemann aufgestellt bat, wird restlos erfüllen föonnen. Wenn jeßt an diese Probleme heran- getreten werden würde, so würden die Freunde des Aba. Scheidemann mit dem Geboteuen ganz gewiß nicht zufrieden sein, und eine Ginigfkeit im Volke würde nicht erreicht werden. In das Gebiet der Prüfung, wie die innere Einigkeit unseres Volkes -aufrecht zu erhalten und für den Sieg einzuseßen ist, gehört aub das, was man als falsckche Ge- rücbte usw. bezeichnet hat. Jn Fragen der Kriegführung und der

Wirtschaft während der Dauer des Krieges muß alles ausgesclossen

kann. Es ist selbstverständlich, daß auch wir alles auf das strengste verurteilen, was auf s{lehter Laune, auf bloßen parteitaktischen An- deutungen beruht, auf Klatsh und der Eitelkeit, qut informiert zu fein. Aber wenn wir auc in diesem Grundsaße einig sind, so können doch schr wohl in manchen Dingen Meinungsverschiedenheiten hervor- treten. Wenn der Abg. Spahn von einer künstlichen Beunruhigung "ra, so ift er, glaube ich, den Ursachen vieler dieser Dinge nicht 1z gerecht- geworden. Die Ursacbe, daß viele ernste, patriotische, rwillige Männer {wer beunruhigt worden sind, liegt in einer \sen Ünklarheit der Verhältnisse, eine Unklarheit, die dur die ung nicht beseitigt worden ist. Wenn wir die Auswüchse der

n auf der einen Seite verurteilen, so können wir unsere Ver-

' auf der anderen Seite auch nicht zurückhalten. Jb gedenke Treibereien, die gegen den Großadmiral Tirpiß gerichtet

1d. Es handelt sich um die Behauptung, daß der

( dmiral von ‘Tirpiß uber die Zahl der Kamps- mittel false Angaben gemacht habe. Diese Be- bauptung ist in dem Ausschuß restlos widerlegt worden. Cs waren in einer Sißung Angaben gemacht worden, die mißver- standen worden sind. Aber durchaus nicht von allen Teilnehmern des Ausschusses. Diese Mißverständnisse veranlaßten den Kommissar deé Großadmirals von Tirpiß in einer anderen Sißung, die Angaben des Großadinirals von Tirpiß zu wiederholen. Was Professor Valentin gemeint hat, es handelb sih nicht um Angaben über die Zahl eines Kampfmüttels, sondern des versenkten Frachtraums, fo ist aub darüber volle Klarheit geschaffen worden, daß Großadmiral von Tirpiß über den versenkten oder zu versenkenden Frachtraum die- selben Angaben gemacht hat, die später gemacht worden sind. Diese Gerüchte waren um so bedenklicher, als es sih um einen Hilfsarbeiter des ‘Auswärtigen Amtes handelt, und als diese Angaben unter Be- rufung auf amtliche Informationen verbreitet wurden. Es ist fest- gestellt, daß eine solhe amtliche Information nicht erteilt worden ist. tse Gerüchté sind dazu ausgenußt worden, um Stimmung zu machen gegen den Gedanken, um den es sih hier handelt; das if das deerwersliche, an der Sache, und das ist der Grund, weshalb wir uns De beschäftigen müssen, daß diese Stimmungsmacbe gegen die éêtjon des Großadmirals von Tirpiß getrieben worden ist. Wenn

angeboten haben, l ist dies geschehen, ohne daß wir uns darüber informiert oder festgestelUt haben, ob Großadmiral. von Tirpiß der konservativen Partei beizutreten geneigt sei. Cs geschah von den Kon- ervativen Sachsens in dem Wunsche, eine Persönlichkeit von be- tonderer Sachkunde und von energisher Vertretung auêwärtiger Fragen im Reichstage zu haben. Ohne Tirpiß bätte unsere Flotte nicht ihre organisatorisde und militärishe Tüchtigkeit erlangt, ohne nie wäre der Sieg vom Skagerrak niht möglih gewesen. Meine politischen Freunde und ih baben uns daran gewöhnt, unter An- griffen und unrichtigen Darstellungen und Treibereièn zu leiden. Bon seiten der offiziöósen Presse und au von seiten der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ wird 1n diesen Dingen noch nicht in der Weise verfahren, wie man es von einem amtlichen Organ erwarten kann. Das entspricht nicht der Form, und es entspriht niht der Schwere der Zeit. Jch bedauere, daß die demokratische Presse auch ihrerseits solche Vorwürfe gegen uns erhoben hat. Es ist viel von Kanzler- sronde, von Kanzlerstürzerei auth in der heutigen Besprehung die Jede gewesen. Der Abg. Scheidemann glaubt einzelne Fälle an- fübren zu sollen, Aeußerungen einzelner Personen, beispielsweise des ¿Fürsten Salm. Ich weiß nicht ret, wie die Briefe, die er mitgeteilt hat, in seine Hande gekommen sind. In diesen Auseinanderseßungen wurde zwar nit ausdrücklih ausgesprochen, aber es war aus ihnen doch sehr deutlich erkennbar, daß dabei auf die Partei der Konserva- Uven als die ertreme Seite der Rechten hingedeutet wurde. Das ift taktish natürlich eine ganz glüdlihe Situation. Wenn die so an- gegrisfene Person nicht antwortet, dann heißt es, aha, er gibt zu und wenn er antwortet, dann heißt es, aha, wem es jut, der fraß nh. Ich glaube, eine solche Kampfesweise follte man doch liebe vermeiden. Auch diese Dinge sind nicht geeignet, die Einigkeit de Volkes zu fördern. Dur Vertuschen kommt man nicht weiter, jondern nur durch eine offene Aussprache. Man muß das große Ganze ins Auge fassen und berücsichtigen. Die große, glänzende T der leßten Kriegsanleihe hat bewiesen, daß das deutsche Volk ge- {lossen hinter seinem Heere steht. Wichtig ift dabei nicht sowohl die Dahl der großen Zeichner, als die große Zahl der kleinen und kleinsten Zeichner. Es kommt darauf an, daß wir nit nur den festen Willen zum Siege haben, sondern auch den festen Glauben, und in diesem festen Glauben sind wir uns alle, Regierung und Volk, einig.

Ì _Abg. vonHa le m (deutsche Fraktion): Keine noch so glänzenden Ausführungen im Reichstage können uns jeßt helfen, helfen fönnen uns nur Taten. Diese haben wir ja in reihlichstem Maße zu verzeich- nen. Jeden Tag hören wir mit neuer Bewunderung und mit heiftem Danke von dem Todesmut unserer Truppen auf allen Fronten; heißer Dank und unerschütterliches Vertrauen auf sie erfüllt auch meine Freunde. Die Treibereien gegen unsere politi}che Reichsleitung ver- uwrteilen wir aufs schärfste; wir sind aber der Meinung, daß in ge- wissem Umfange das Vorhandensein der politischen Zensur dafür ver anmtwortlich zu macken ist. Unsere militärische Lage ist durch die Kriegs- erklärung Numäniens nicht leichter geworden, aber mit hoher Befriedi- gung haben wir aus der Kanzlervede und aus den Kommissionsver- handlungen entnommen, daß unsere militärische Lage an allen Fronten uns berechtigt, mit bester Zuversicht ‘in die Zukunft zu blicken. Wir billigen insbesondere auch die Ausführungen, welche der Kanzler über England und die Art seiner Bekämpfung gemacht hat. England ift zweifellos unser hartnädigster und bis zu einem gewissen Grate auch unfer stärkster Feind. Wir freuen uns, daß dw Kanzlerrete diese Auffassung mit besonderer Schärfe dem deutschen Volke vor Augen stellt. Jn den Kommissionsverhandlungen ist von neuem die Einigkeit aller politischen Parteien im Willen zum Durcbhalten hervorgeireten. Der gewaltige Erfolg der neuen Kriegsanleihe hat gezeigt, daß diefer Bille das ganze deutsde Volk beseelt, Selbstverständlih gehen bei einem Volke von mehr als 60 Millionen die Meinungen in Einzel- heiten amseinander. Der Wille zum Durchhalten kommt besonders auch zum Ausdruck in der * zähen Tapferkeit, mit tér alle Teile der Bevölkerung die großen Ernährungs|schwierigkeiten zu überwinden. trachten. Auch darüber besteht Einigkeit, daß wroirx jedérzeit bereit sind, €inen ehrenvollen Frieden zu schlicßen. Selbstverständlich ist auc, daß nach diesem- Kriege - internationale Beziehungen wieder hergestellt werden müssen. Solange unsere Feinde aber immer erneut zum Ausdruck bringen, daß sie uns ver- nibten wollen, wie soll da ein Friede geschlossen werden? ‘Für 11 gilt ‘das Wort des Kanzlers vom 28. September, daß für uns d Krieg seit dem ersten. Tage nichts anderes als die Verteidigung unseres Rechtes auf Leben, Freiheit und Entwicklung gewesen ist. Auch meine Freunde sind der Meinung, daß die s{weren Wunden, die der Welt- frieg dem Vaterlande schlägt, nur dann geheilt werden können, wenn allen Tüchtigen freie Bahn geschaffen wird. Den geistreichen Dar- legungen des Abg. Scheidemann, wie er sich die «politische Entwick- lung denkt, können wir uns nicht anschließen; i glaube auch, daß der Abg. Scbeidemann für seine Person viel zu klug ist, als daß er an nehmen könnte, daß solde politisben Umwälzungen, wie er sie pro- pagiert, selbst wenn er jeßt. Reichskanzler wäre, mitten im Welt- krieg sstich vollzkehen lassen könnten, Jch {ließe mi in dieser Be- zichung durchaus den Ausführungen der leßten Vorredner an, daß jeßt nit der Augenbli gekommen ist, um im einzelnen solche Beschlüsse zu fassen. Die deutsche Geschichte zeigt, daß nichts gefährlicher für Deutschland war, als wenn, während ein auswärtiger Feind wie jeßt von allen Seiten es bedrängt, innere Fragen zur Entscheidung ge- bracht werden sollen. Die Zeit für die Grledigung der Fragen, wie die innere Entwicklung zu gestalten sei, wird erst fommen, wenn wir mit Gottes Hilfe siegreich aus diesem allseitigen Ansturm hervor gegangen Jeim werden.

_ Abg. Haase (soz. Arbeitsgem.): Millionen Männer und Frauen schauen hierher, ob niht ein Zeichen des Friedens sich zeigt. Die Leiden und Schrecknisse des Krieges sind in diesen 26 Kriegs8- monaten ins ungemessene gestiegen. Aber kein Zeichen des Friedens will sich zeigen. Millionen erheben immer lauter die Frage: Wozu diese Massenschlächterei? Kann dieser Krieg auch nur einem Volke nüßen? Diese Stimme wird immer vernehmlicher in allen Län: dern, und keine Zensur kann sie unterdrücken. Keine MächtegruÞpe ist bisher niedergerungen worden, keine wird aller Wahrscheinlichkeit nach niedergerungen werden. Aber nur ein shrittweises Vorschreiten der Gegner findet statt, erkauft mit ungeheuren Menschenopfern. Wie im Westen, steht es damit auch im Often; das Telegramm von dém „entscheidenden Siege“ in der Dobrudscha konnte nur Uneingeweihte für kurze Zeit verblüffen. Weil an den entscheidenden Fronten des Landheeres ein entscheidender Schlag nicht geführt ist aind vielleicht nicht geführt werden wird, darum wird ja jeßt dem rücksichtslosen Unterseebootkrieqg von vielen Seiten das Wort geredet. Wir sind grundsäßlihe Gegner des rücsihtslosen U-Bootkrieges; wir wollen den mühsam gewonnenen Grundsaß, daß die nihtkämpfenden Völker geschont werden sollen, niht preisgeben. Im Gegensaß zum Grafen MWestarp halte ich diesen rücksihtslosen U-Bootkrieg aus politischen und wirt\chaftliben Gründen für verwerflich. Er würde die Leiden der Völker nicht abkürzen, sondern den Krieg verlängern únd ver- \härfen. Ist er aber kein Allheilmittel, dann bleibt nur übrig die Verständigung; sie muß gesuht werden, damit die dem Abgrunde entgegentaumelnden Völker nicht völlig dem Ruin preisgegeben werden. Was Brizon für Frankreih gegenüber Briand im Sinne des Friedens geltend gemacht hat, ailt niht bloß für Frankreich und in wähsendem Maße auch für seine Verbündeten, namentli für Gngland, es gilt auch für Oesterreih und für Deutschland. Als eine blutige Ironie des Scifsals erscheint es, wenn man jeßt den Ruf „gegen den Zarismus!“ mit dem der Krieg begann, ver- wandeln würde in den Ruf: „Es lebe der Zar!“ Aber selbst heute klang die Idee einer Sonderverständigung mit Rußland dur. Was soll dann aus Polen werden? Und ist eine folché Verständigung anders als auf Kosten unserer Verbündeten durchführbar? Gleich eitel is die Hoffnung auf einen Sonderfrieden mit Frankreih nach dem Falle von Verdun. England kann auch nit so leit nieder- acrungen werden, wie es die hanseatisden Reeder immer wieder dem Volke darstellen möchten. Geradezu frivol ersceinen Aeußerungen wie die, daß im nächsten Kriege gebolt werden müßtc; was im jeßigen nicht zu habén gewesen sei. Dec Abg. Bassermann und Graf Westarp

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die Konservativen dem Großadmival eine Kandidatur im MNeichstage

wollen den Frieden nur vom besitgten Feinde annehmen. Gégek éine

Verständigung sträuben sich die Staatsmänner în allen Ländern, welk sie dann mit leeren Handen vor die Völker treten müßten. Das System der Staatskunst auf der Spihe der Bajonette hat \{chon jeyt Fiasfo gemat und is zusammengebrechen. Der Reichékanzler hat ih ja aub für internationale Abmachungen ausgespröcett; aber wir müssen wissen, was er darunter versteht. Der Kanzler hat si. 11 seinen Reden leider nur schr undeutli ausgesprochen, sie lassen „jedêr Auslegung Tür und Tor offen. Der unter seiner Aegide entstandene „Deutsche Nationalaus\huß“ hat ausdrücklid „Vortragung der Gren- zen im Osten und reale Garantien im Westen“ in seinem Programm. Damit können sich auch die Alldeutschen auf den Kanzler berufen. Das zweideutige Wort von dén „realen Garantien“ hat Schule ge- macht, auch in Frankrei. Wenn bei uns ganz unumwunden Annexionsabsichten vertreten werden, wie will man dann den (Gegnern ¡bre Zers{mz-tterungsabsihten zum Vorwurf machen? Es wird eine Aeußerung des Kanzlers kolportiert, daß er jederzeit den Frieden haben *fönnte, wenn er Belgien - herausgebe. Ist dieje Aeußerung gefallen, so würde das Volk nbt begreifen, warum der Krieg -auch nur nockch einen Tag länger fortgeführt wird. Auch Serbien muß wieder hergestellt werden. Die Parole für die Zukunft muß: nicht lauten: „rüsten“, sondern „abrüsten“, Däs „Si vis PÞacem, para bellum“ if dur -die Grfabrungen dieses Krieges ab- gctan. Wir brauen internationale Vereinbarung, ein internatio- nales Recht. Der ewige Friede wird damit aub nicht gewonnen werden, er wird erst dur die Beseitigung des Kapitalismus gesichert, aber das ständige Mißtrauen zwischen den Völkern wird dann s{chmwin- den. Der Reichskanzler hat dur seine Reden zur Hebung des Ver- trauens im Lande und zur Beseitigung des Mißtrauens im Aus- lande nicht beigetragen; dazu waren fie s\chon viel zu .vieldeutig. Die Konservativen hat er dur seine Rede doch nit géwonnen; die laufen weiter gegen ihn Sturm. Das Volk aber. wird er nur ge- winnen, wenn er das Zugeständnis weiterer Rechte und Freiheiten nit bis nah dem Kriege hinaus\chiebt. Volksrehte werden ja nit geschenkt sie müssen erkämpft werden. Ueberall stärkt der Krieg die reaktionaren Elemente, die Dunkelmänner. Das stärkste Stück in dieser Beziehung if doch wohl die Unterdrückung des „Vorwärts“, bloß weil er einen Artikel „Aus der Herxenküche der Kanzletfronde“ aebracht hat. Das Oberkommando verlangt als Bedingung für ‘das Miedererscheinen, daß der „Vorwärts“ andere Nedakteure anstellt. Will man wirklich in dieser Zeit der Hochspannung die allgemeine Er- regung auf diese Weise noch weiter steigern? Der Staatssekretär von Jagow meinte, in Frankreich würde nur noch mit dem Terror re- giert; es sckeint doch in unserm eigenen Hause kaum anders zu sein. Der Fall Mehring, so kraß er ift, er i} nur einer von vielen, die Ihnen no vorgetragen werden dürften. Daß irgend einer dèr Ur- heber der gcheimen Pamphlete in Schußhaft genommen wurde, davoiiï hat man nichts gebört. Darum fort mit dem Belagerungszustand, eS wuß endli ein frisber Zug in diese Stickfstoffatmosphäre kommen. Die Entbehrungen, die Ernährungsnöte sind auf den Gipfel ge- stiegen; die breiten Massen wissen niht mehr, wo auch nur das Allex- notwendigste herbekommen. Die MRegierenden sollen do nicht

glauben, daß die Geduld der Massen nicht erschöpst werden fönnte. Die Friedensströmung wächst bei allen Völkern unausgesebt; die Sozialisten aller feindlichen Länder haben in diesem Sinne Kunkd- gebungen erlassen unde zuglei gegen den wirtscbaftliden Krieg als Folge des jeßigen Weltkrieges protestiert. Die Staatsmänner müssen sich sagen, daß es die allerhöcste Zeit ist, dem Gemegzel ein Ende zu machen, Die. Möglichkeit ist dazu troß aller Schwierig- keiten gegeben. Vershließen Sie sich dieser Einsicht, so dürfen Sie sih nit wundern, wenn Zustände eintreten, die niemand wünschen kann. Der Kapitalismus muß erseßt werden durch den Sozialibmus.

Abg. Dr. David (Soz.): Einig sind wir alle darin, daß wir uns nach Frieden sehnen. Aber leider ift nit auch die Bereitschaft zurn Frieden allgemein. Die Frage steht: Jst man bereit, heute, in der jeßigen Kriegslage, den Frieden zu \chließen, oder will män den Krieg noch fortseßen bis zu einem anderen militärishén Mesultat? So scheiden sich die Geister. Der Reichskanzler hat seine Friedens bereitshaft erklärt,“ sobald die Gegner Friedensvors{läge machen, die sib mit der Würde »des Reiches vertragen. Diese Erklärung muß beute wieder unterstriden werden; diese Erklärung klingt anders, als was Briand und Lloyd George gesagt haben. Das feindliche Ausland will leider die Fortseßung des Krieges. Dort spricht man davon, mau wolle keinen vorzeitigen, feinen faulen Frieden, einen Frieden bor der Niedershmetterung Deutschlands. Wenn der Abg. Bassermann aus den Aeußerungen des Kanzlers den Schluß zieht, êr sei zu einer Véêr- sländigung mit England nicht bereit, so sind wir anderer Meinung. Der Abg. Bassermann will also den Krieg mit England bis zu dessen Vestegung fortseben. Veim U-Bootkrieg verlangen wir nach wië vor die Achtung der berechtigten Interessen der Neutralen. Die unbés \chränkte Anwendung dieses Kampfmittels wird Uns nach unserér Ueberzeugung dem Frieden nicht näherbringen, sondern den “Abschluß des Friedens erschweren; im übrigen ist das für uns eine praktische, feine Prinzipienfrage. Der engliscen immer wiederholten Behauptung, daß Veutschland den Krieg frivol inszeniert habe, muß immér wieder cntgegongehalten werden, daß noch am 30. Juli die Hoffnung auf Ueberwindung der Krisis sih neu belebte durch eite Verständigungs- formel, die in London zwiscben Grey und dem Fürsten Lichnowsky ge- funden worden war, und die die russisde Zustimmung hatte. Diese Verständigungsformel wurds in Wien akzeptiert, nachdem vdörbek der weichsfanzle? 1n cinem Telegramm ausdrüdÆlih abgelehnt hatte, daß wir uns durch Ablehnung unserer Ratschläge seitens Desterreihs in einen Weltbrand hbineinziehen lassén würden. Jn diése Situation hinein traf die Nachricht von der russischen Mobilmachung, welcke die politische Frage sofort zu einer militärischen umgestaltete. Ein Tele- gramm gleicken Inhalts wie das von Berlin nah Wien ist von London na Petersburg micht abgesandt worden, Auf diesen Sachverhalt mußte hingewiesen werden, um die Auffassung zu zerstören, daß Deutschland Rußland und Frankrei überfallen habe. "Daß die Aushimgerüungs- taktik Englands den deutsden Zorn gegen England aufs äußerste an- faen muß, wird ja wohl auch jedem Engländér klar sein; ebens müssen-in der gleiden Richtung die Anschläge wirken, Deutschland au nach dem Kriege weiter zu bekriegen, um’ es wirtschaftlich tot zu mäen. Troßdem muß ein ernster Politiker éine Verständigung mit England auch heute noch im Auge behalten und zu êrréichen fuhen. Nicht jeder in England \chlägt solde Nicderschmetterungstöne an wie Lloyd George; es gibt auc dort eine Friedenspartei, die niht wünscht, daß beide Völker sib vernichten. Runciman hat nicht alle Wirtschafts- politiker hinter si; ein hervorragender Politiker hat sich dâgégen er- Esärt, den Handel Deutschlands zu zerstören, dieses würde stch ins eigens Fleisch s{bneiden, wenn es so etwas wollte. Wenn unsere Feinde zu der Einsicht kommen, daß Deutschland nie und nimmer zer- \{chmettert werden kann, dann wird der Friede da sein. Jch halte diese Stunde niht mehr für allzu fern, denn die Hoffnung unjerer Feinde auf unsere innere Zwietracht ist ebenso zuschanden geworden wie die Hoffnung auf unseren wirtshaftlihen Zusammenbruch. Dén „eng- lischen Aushungerungsplänen darf aber nicht dur cinen Lebensmittei- wucher in Deutschland ndch ferner Vorschub geleistét werden. Leidér hat der Krieg mit allen seinen Schrecknissen nicht vermocht, jedêr- mann bei uns zu veranlassen, das vaterländishe Interesse über die eigene Profitsuht zu «stellen, Wahre Orgien von CEgoismuüs und Profitsucht spielen sich ab. Mit dem Scheitern der großen Offensive in Ost und West ist auch die dritte Hoffnung unserer Femde vereitelt. Allerdings i} die Hoffnung bei unjeren Gegnern immer noch stark, aber wir können uns auf unsere .feldgrauen Brüder verlässen. Aus- harren bis zur Bereitschaft unserer Gegner, einen Frieden zu s{ließen, der unsere Integrität gewährleistet, ist die Losung. Unsere Lage ist so, dal T aus LDIE äußersten Kampfmittel bver- zibten können. Es muß alles vermieden “werdèn, was drüben den Kriegspolitikern das Geschäft erleichtern kann. Es muß unbedingte Klarheit geschaffen werden, daß wir keinen Er- oberungsfrieg führen. Wir führen einen Verteidigungsökrieg, diese Ueberzeugung bält alle in Deutscland zusammen. Wir wünschen die Wiederherstéllung eines unabhängigen Belgiens, unäb ängig auch gegen England und Frankrei. Wir sit überhaupt nicht mit Er-

oberungöabsicjten wie Belgien in den Kampf getreten. England