1917 / 47 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Feb 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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Lama ias Dampfer „Havojard“ mit Erdnüfsen nach

Berlin, 22. n. T. B.) Eins unsoroc Unters éeboote hat am 17. Februar im Mittelmeer den italienischen

ruppentransportdampfer „Minas“ (2854 Tonnen) durch Torpedoschuß versenkt. Der Dampfer hatte 1000 Mann Truppen, eine große Ladung Munition unt Gold im Werte von drei Millionen Mark für Saloniki an Bord. Die Besaßung des Dampfers und jamtiide an Bord befindlichen Truppen find umgekommen, mit Ausnahme von zwei Mann, die von dem Unterseeboot ge-

rettet wurden. (Dzr Dampfer „Minas* ist schon in dem Bericht vom 19. Fe- (W. T. B) Der hol-

bruar erwähnt.) Amsterdam, 22. Februar. ländishe Dampfer „Driebergen“ ist versenkt worden. London, 22, Februar. (W. T. B.) „Lloyds“ melden, daß die englishen Dampfer „Corso“ und „Rosalie“ versenkt worden sind.

London, 22. Februar. (W. T. B.) „Lloyds“ melden, daß der englische L „Perseus hg To.), das Fisherfahrzeug „K. L. M.“, der \chwe dische Dampfer „Skogland“ und die Goelette „Teewyn“ versenkt worden find.

Bern, 22. Februar. (W. T. B.) Aus einem Tages- befehl des französishen Marineministeriums geht hervor, daß das franzôsishe Schiff „Algerie“ versenkt worden ist.

(Es gibt dret framöfische Schiffe dieses Namens von 4035 Tonnen, 3386 Tonnen und 2491 Tonnen.)

Parlamentarische Nachrichten,

Die Berichte über die gestrigen Sigzungen des Neichs- tags und des Hauses der Abgeordneten befinden si in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (65.) Sigung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Finanzminister Dr. Lengze bei- wohnte, wurde zunächst die zweite Beratung des Sonder- haushalts der Verwaltung der direkten Steuern fortgesetzt. |

Abg. Herold (Zentr.): Die Steigerung der Ginkommensteuers ergebnisse t eln Beweis dafür, daß unsere Finanzlage nicht nur eine günstige ift, sondern daß auch, das Wirtschaftsleben im allgemeinen recht gürftig entwidelt hat. Der Abschluß vom Auslande hat gewiß nah vielen Richtungen hin Unaunehmlich- keiten herbeigeführt und zu Einschränkungen gezwungen, aber infolge dieses Abschlufies bleibt das Geld fast vollständig im Inlande und tee zur Kräftigung des Wirischaftslebens ganz erheblich bei, Zweifeilos ist dieser Etat ganz außerordentlich vor- ana aufgesiellt, das ift aber nicht zu tadeln. Es is wieder von der Quotisierung der Einkommensteuer die Rede gewesen. Diese Quotisierung hat an sich etwas außerordentli bestehendes, aber wenn man davon eine Ermäßigung der Steuern erwartet, so ist das ein Irrtum. Das Abgeordnetenhaus drängt erfahrungs- emäß auf eire Vermkéhrung der Ausgaben nah verschiedensten Ridtungeii, Werden die Stcuern quotifiert, dann hat der Finanz- minister lange nicht mehr das Interefse daran, {ih gegen die vielen Anregungen auf Au vermehrungen ablehnend zu verhalten. Fa en mmuxaalvtrwaltungen, wo die Quotisterung ja be- stet bd man ein fländiges Ansteigen der teuern beob ft. Das jeyige Einkowmensteuergesez enthält wetfel- los viele Mä-gel und bedarf durhaus der Nevißon. Auch die vorgesehenen Steuergeseße bedürfen etnes organishen Aus- baues, Gewinn- und Verlustjahre müssen ausgegliden und Zusch!äge nur vorüberoehend erhoben werden. Ob der Landrat oder ein besonderer Steuerkomml!ssar fich besser für die Steuereins{äßung cignet, ift elne Frage, zu derea A olluvo der geger wärtige (Stat feine Veranlafsung gibt. Jedenfalls muß în jedem Landkrelse si eia besondezxer Beamter für die Steueretnshägung befinden. Die GEntfernüncen bis zum betreffenden Steuerkomnißar find viel zu groß. Die Bevölkerung hat ein Interesse taran, mit dem Ein- \{äzungsbeamten persönliche Rücksprache zu nehmen. Eanz be- sonders wichtig füx die Bevö!kerungöpolitik ift aber elne immer weitere A sgestaltung des Kinderprivilegs. Meine politischen

reunde sind deshalb \ch{Gon seit Jahren dafür eingetreten. eider war der Erfolg zuerst gering, aber die Erkenntnis für die Notwendigkeit einer folchen Maßregel ift sowobl bei der Regierung wie bei den Parteien im Wasen. Um ein gesamtes Bild yon der Wirkung unierer Steuer zu erhalten, müssen wir auch die Kommunals-, die Kreisftenern und auch dîe Abgaben für das Reih in Betradt ziehen. Dte Steuern müssen gewiß _aus Etnkommen und aus Bermögen gezablt werden, aber vom Vermögen doch nit in der Form, daß die Substanz dabei angegriffen wird. (Sehr richtig!) Die Substanz muß uvya1lett bleiben. Jn Preußen hat die Veimögens- steuer deshalb den Namen einer Ergänzungssteuer erhalten, die bei normalem Einkommen ceberfalls aus dem Einkommen gezahlt werden kann. Wir müssen uns immer vor Augen halten, daß unsere Etnkommenquellen nit verringert werden. Gine Vermözenssteigerung und Vermögensansammlung ist im Interesse des Staats absolut notwendig. Ganz besonders bobe Aufgaben an die Steuerkraft werden nach dem Kriege gestellt werden müssen. Wir treten aber mit frober Hoffnung in den Epndabscnitt und mit vollem Vertrauen in die Zukunft, daß wir die \chwere Last, welche der Krieg uns binteräßt, bei den Friedensbedingungen werden auf die Feinde abwälzen können. (Lebhafter Beifall.)

H'erauf nahm der Finanzminister Dr. Lenge das Wort, dessen Nede morgen im Wortlaute wiedergegeben werden wird.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Bolkswirtschast.

Die häufigsten Großbezugspreise einiger Lebens- und Futtermittel in Preußen im Januar 1917.

Nach den Berechnungen des Körtalicen Statistishen Lanbesamts betrugen im Durchschntitt für die Gesamtkheit on 50 Hauptmarkt- orten Preußens im Monat Januar 1917 die häufigsten Groß- bezvg9preise für 100 kg: Wetzenmehl 44,5 # (im Vormonat De- zember ebenfalls 44,3 4, im Januar des Vorjahres 1916 41,1 #), Noggenmehl 33/4 (33,4 bezw. 35,9) #6, Eßkartoffeln 9,98 (9,65 bezw. 7,ua) t, Heu 14,63 (13,43 bezw. 15,49) #, Richtslroh 8,67 (7,02 bezw. 9,51) M, Krumm- und Pteßftroh 7,13 (7,19 bezw. 8,04) 4. Beim Mebl bandelt es fich "m die vorgeschriebene Mischung. Für gelbe Erbsen zum Kochen, weiße Speisebotnen und Unsen, deren durchschGnittliher Großbezugs- preis für 100-kg- im Januar Gee fih auf 86,or bezw. 94s und 90,7e M gestellt hatte, find im Fanvar 1917 nur noch an 4 bezw. 8 und 2 der 50 Havptmarktorte Großbezugsyreise notiert worden dite fih sür gelbe Gibsen von 65 # fn Göln bis 103 4 in Magdeburg, für reife Bohnen hon 85/6 in Cöln bis 102 ,4 in Magdeburg unh füt nsen u 70 F in: Göln bis 18 A in Gottbus bacegien —, {s daß chschnitispretse nit haben angegeben werten Ænnen,

E & C E Zsr Fes “s S Ce M

Die häufigsten Kleinbandelspreise wichtiger

Lobenemittel uud Hausbedarfsartikel iu Preußen

im Januar 1917. O a Das Kön Statistishe Landesamt, das , 7 der von ihm S Tate Preisberichte" neben einer Uebersiht der bâufigsten Großbezugspreise einig-r Lebens- und Futtermittel eine Zusammenstellung der in 50 Hauptma'ktorten Preußens im onat Januar 1917 ermittelten häufigsten Kleinhandelspreise einer Anzahl wichtiger Lebensmittel und Hausbedarfeartilkel veröffentlicht, berechnet für die Gesamtheit der Berichtoorte die folgenden Kletn- handelodurchschnittepreise in Pfennigen: für 1 kg Eßfartoffeln 11,1 S (im Vormonat Dezember ebenfalls 11,1 &, im Januar des Bor- jahres 1916 8,3 &§), Eßbutter 569,8 H (gezen 50,4 und 508,6 S), Wetzenmehl 53,2 Z (gegen 53,8 und §1,7 4), Roggenmehl 41,3 „S (gegen 41,3 und 44,8 &), Weißbrot (Semmel) 69,0 (gegen 69,0 und 67,9 4§), Noggengraubrot mit Zufay von Wetlzenmehl 37,0 S (gegen 37,1 und 38,7 4H), Kaffee (gebrannt bezw. gemischt) und Kaffee- ersay 240,7 (gegen 250,8 und 406,4 S), harten Zuder 66,8 F gegen 66,9 und 73,9 4), Spei'sesalz 25,1 Z (geaen 25,1 und 22,8 9, afergrüße 91,9 H (gegen 96,8 und 120,3 4), Gerstengiüge 60,5 gegen 60,5 und 1187 A), NRcßfleish 334,2 H (gegen 404,8 und 159,7 §), für 1 Hübnerei 32,4 S (gegen 32,6 und 24,6 S), für 1 Liter VollmilH 324 & (gegen 32,3 und 28,1 4), für 1 kg inländishe Steinkohlen (Hautbrandkohlen) 3,9 -Z (gegen 3, uno 3,4 4), für 50 kg inländische Braunkohlenbriketts gewöhnlichen Formats 153,1 - (gegen 146,0 und 137,8 S), für 100 Stück der- selben 145,1 S (gegen 141,3 und 129,8 3), für 1 Liter Petroleum 31,9 S (gegen 31,9 und 32,0 4). Beim Mehkï, Brot und Kaffee handelt es fih um die vorgesch1iebene Mischung; der gemischte Kaffee wird selt einer Reibe von Monaten überwiegend in drei Mischungen gehardelt, und zwar mit 50 %/ Bohnenk fee zu höthstens 440 S, mit 25 % zu höchstens 280 4 und mit 10 % zu höchstens 184 4. Bei einem Vergleih der Janua! preise mit den entsprehenden Zahlen des vorhergehenden Monats ergibt sib, daß eine Steigerung nur der Preis der Eßbutter und die Kohlenpteise erfahren haben, Kaffee- und Kaffeersazmischung, Hafergrüge und Roßsl:1\ch dagegen billiger geworden find. Die Kietnhandelspreise der übrigen an- geführten Lebensmittel und Hausbedarfsartikel find unveränbert ge- bl'eben oder haben fich nur unwesentlich geändert. Für gelbe Erbsen zum Kochen, welße Spelsebohren, Linsen, Reis, Buchwetzen- grüßze und ausländifshes Schweineschmalz, deren bäufigste Kleinhandel s- pretfe für 1 kg im Januar des Vorjahres 1916 (Eibsen) 114,8 bezw. (Bohnen) 116,6, (Linen) 149,8, (Neis) 161,1, (Buck weizengrüßze) 133,8 und (ausländi\ch-s Schweinescmalz) 5606 S tetiragen ha1t-n, fiad im Januar 1917 nur noch an 6 bezw. 7, 1, 7, 6 und 5 der 50 Haupt: marktorte Kieinhandeleyreife noltert worden, fo daß Gesam1dur§- shnittspreise für diese Erzeugnisse nicht mehr haben angegeben werden lônnen. G8 betrug im Januar 1917 der Kleinhandeltpreis von Linsen an dem einzigen Berichtsorte Coitbus 165 H für 1 kg, der Preis für gelbe Grbsen beroegle ich von 76 -ÿ in Flensburg bis 120 S in Memel, der für weiße Bohnen von 76 4 in Sigmaringen bis 112 4 in Magdeburg, der für Rei3 von 110 in Cottbus und Dortmund bis 240 A in Aachen, der für Buchroeizengrüße von 100 Z in Han- nover und Paderborn bis 120 &Z in Cottbus, Altona und Harburg a. d. Glbe und der Kleinhindelsvreis für ausländisdes Shweineichmalz

von 489 „§ in Harburg a. d. Elbe bis 960 4 für 1 kg in Neuß.

Kunst und Wissenschaft.

Nach Meldung des „Wlterer K. K, Telegr. Korresp.-Bureaus" ist in Wien der Dofrat, Projefsor Dr. Wilhelm Winternißy ge» storben. Profeffor Winterniy e1hob durch seine Lemübungen und Arbeiten die Wasser heilklunde zu einer eigenen Disziplin. Er war auch der Begründer der großen Kaltwafserheilanstalt in Kalten- leutgeben,

Die Vereinigung der Freunde des Hhumantstishen Gymnastums erlßt folgende Preisaufgabe: „Wie läßt ch auf dem Gymnasium im ESricht'ch-z und Lateinischen, in Dar- bietungen und Arforderungen der tnnere Ertrag des Unterrih!8s, den Bedürfnissen der Zeit: en1lsprehend, steigern ?* Gewünscht* werden nicht so sehr U-teile, absprechende oder anpreisente, über den gegen- wärtigen Ertrag der SchuisfisteDerlektücre und der stilistishen Uebungen, als eingehende Voischläge, wle auf diesen Se- bieten eine fslärkere ävß-re oder innere Anteilnabme der Schüler zu erreichen sei, wie nsbesondere die letten Swhuljahre dvrh Heran- ziehung der Schüler zu umfafender und eindringender Betätigung \ih gestalten lassen zu einem dauernd wirksamen Erlebnis, Die Arkeiten find bis zum 5. Oktober dieses Jahres bei der Weidwmannschen Buch- handlung in Berkin einzultefern. Der Preis beträgt 1000 A. Prets- rihter Fnd die Herren Eri Bruhn, Otto Immich, Alb. Rehm, Dtto Schroeder, Ad. Trendelenburg.

Die Sternwelikatastrophe, die uns Erdenbewohnern in der Naht vom 21. Februar 1901 im Aufleuhten des neuen Sterns îm Bilde des Perfeus, der „Nova Perseï “, sichtbar wurde, die aber in Wirklichkeit ein paar hundert Fahre früher flatifand so lange wax sein \{relles Licht unterwegs —, zeitigt immer noch Nacsptele, Ein nebelhaftes Gebilde ist nach eirem Tele- gramm von Pickering aus Cambridge auf dem neuen Stern entdeckt worden, und M. Wo!f kat dieselbe Grscheinung in Heidelberg beobcechtet. Von Interesse ist die bei diefer Gelegenheit von Wo!f gefundene Befs!ätigung der jepigen Hellig- keit des Sterns. Da an dex Stelle, wo der Lichtglanz auf- loderte, ncch kurze Zeit vorher kein Stern wahrzunehmen war, nimmt man an, daß die Nova Perseï vor der Katastrophe höc&stens die Aelligkeit 12 oder 13 gehabt haben kann. Im Maximum des Lichts übertraf ihc Blanz aber, wie die „Aslronomische Zeitschri\t* be- richtet, den der Sterne ester Größe, er hatte etwa Sirkus- belligkeit, Ja, die Helligkeit war so groß, daß die ganze Himwmelsgegend ein rerändertes Aussehen darbot und man das Bild des Perseus kaum wiedererkannte. Die Lichtfülle nahm aber fGnell ab und sank don während bes ersien SFahres auf

lte Größe 8 herab. Nehmen wir nun an, die Helligkeit der Nova set bei ber Explosion, bie innerhalb weniger Tage vor fi giua, um 13 G ¿ßenklafsen géwaien, fo erhalten wir, da jede Gröfenflasie die nädst!chwähere um das 2,5 fache übertrifft, eine rund 60 000 fade Lichtzunahme der Ncva bet der Katastrophe. Wir können uns von der Großart!gkett etnes solGen Welibrar des keine Vorsteluna machen; sicher aber ist, daß eine Explosion der Sonne unser ganzes Planeten- system in wenigen Stunkten - in glübhente Mossen umwandeln und wieder in ben Urzustarb vor vielen Miliionen Zahren zurücäscklendern würde.

Literatur.

Das Februarbeft der von Richard Fleischer berav8gegebenen „Deutsche Revue“ (Deutsche Verlagsanstalt in Siuttgart und vLeipuig, vierteljäbrli® 24 4) bat foïgenden Inhalt: Welifrieg und Weltfrieden; einige polttiice Wahrbeiten. Baron Jultus Wlassics, Geheimer Nat, Minist:r a, D, Präsident des K. urigar. Ber- al agsgerictRofes : Bismardck und Ard1ássy, Philipp Zorn: Das

roblem des Wel!friedens, )

ecle. Friedrich Thimme: Biemarck und Kardorff; neue Mit- teilurgen aus dem Nathlaß Wilhelm von Kardorffs; V, Dr. M, bon Laue: Neueste Spektro\kopie. Zur Friedenéfrage; von einem früßerex österreiwischen Wéinistexr. Freiherr General der Infanterie: Beirotungen J) in der Kriegführung seit dem WMegierunpgsantritt Kaiser Fosepds 1. 1848. Woyd Georges Verantwortung und Kriegs Sigmunb Mürsz

ricdensberoegung.

Max Defssoir: Vom Fen\eits derx

von Woinovick, über die Entwickiung ranz eber. (Wien): Der große engliche Demagoge; eine Œx- inuorung an Royd Georgs Professor Zamuasck@, Mitglich dec Ges

Frege. I. Wolfgang Windelbaud: Aus dem Briefwechsel Friedri Ei (Foctseluno. Graf Vay von V1y2 und zu Luskoo. E F S. M. A. R.: In Armenien und im Kaukasus. Literazishe Be, richte. Etngesandte Neuigkciten des Büchermarkies.

Wohlfahrtspflege. Ee Der Nationalstiftung für dite Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen baben die A.-G. Siemens u. Halske und die G. m. b. H. Siemens-Sch1ckert gemetinschaftlid 1 003 000 .# zu, gewendet. Möge die namhafte Spende viele vecanlafsen, zur Linderung der Not der Hinterbliebenen der gefallenen Krieger beizutragen.

Verkehrswesen.

Beschränkungen im Zahlungsverkehr nah dem Auslande Zahlungsmittel, die auf ausländishe Währung lauten, und Zahlungsmittel, die auf deutsche Reichswährung lauten, dürfen nach dem Auslande nicht in einem und demselben Wertbrief oder Wertpakete versandt werden.

Dostsheckverkehr. Der zwls{chck:n den Pesisheckämtern in Berlin, ette Cöln, Frankfurt (Vain), Pon, Hannover, Karli ruhe (Baden) und L-ipzia und den Abrecchnungs®stellen der Neichsbank bestehende bargeldlose Zablung8ausgleih hat #ch im Jahre 1916 recht erfreulich weiterentwickeit. In den Abrehnungz, verkehr gelangten rund 625 000 Postsh-cke im Betrage von mehr alz 6,9 Milliarden Mark oder 1,2 Milliarde Mark mehr als im

Zahre 1915. Theater nud Musik.

rmen" mit den Damen Artôt de Padilla, Dux, Herwig, Büken« erag A Herren Jatlowker, Bohnen, Bachmann, Habih, Sommer und Henke in den Haup!rollen aufgeführt. Dirtgent ij der Genergl musikdtrekior Ble. Die Vorstellung vezinnt um 7 Uhr. Im Köntglichen Schauspielhause g:ht morzen „Wilhelm Tell* in Szene. Ja den Hauptrollen wirkea die Damen Nesper, Schlüter, Suisin, Th'mig, die Herren Sommerstorfff, Kraußn-ck, Pohl, Böttcher, Keppler, Leffler und de Vogt Mit. Die Borstellung be- ginnt bereits um 64 Uhr.

Die „GesellschGaft ¿ur Pflege aliklassis@Ger Musik veranstaltet am Montag, den 5. März, im LTheatersaal der König, lihen Hohshule für Mustk unter der Leitung von GSustay Lenzewtki ein Dichesterkonzert 16tt selten oder bier noch nie gehö:ten Werken von Joh. Seb. Bach. Die Altiftia Maria Heumann, die Pianistin Ella Jonas-Stockhausen sowie die Herren Albert Kurth (Flôte), A. W. Leupold (Cembaklo), G. Hafn (Violine) haben die folistiscen Aufgaben übernommen.

(Der Konzertbericht befindet sich in der Ersten Beilage.)

Mannigfaltiges.

ire ‘Matestät die Katserin und Königin empfing D 6 Schloß Bellevue den Lz:ndrat von Thadden- Trieglaff zum Vortrag über die in Auesiht genommene Unter- bringung von Stadtkindern auf dem Lan de.

estern brannte, wiz2 ,W. T. B." meldet, ein Suppen auf Tis Gelände des Weruer- Werkes in Siemensstadt nieder, wodet kleinere Schuppen dec NaHbarschaft in Muleiden\caft gezogen wuiden. Die eigentlichen Werke sind nick+t durch den Brand berührt. Die Feuerwebren bab-n dwch {n ll-s Ein- g: elfen ernsten Schaden verhütet. Es ist kein Verlust än Menshen-

leben ju beklagen. ;

openhage?en, 22. Februar. (W. T. B.) “Vom 1. März ah wirt N n erau eire weitere bedeutende Gin- \ch1ränkung des*Etsenbabnverkehrs eintreten. Die hi: sigen Brotfabriken haven beschlossen, fich zusammenzusckliefien, um di Brothersiellung zent: alisieren und den Etnïauf von Rohmat:1ialit vorteiihafter gestait-n zu können. Die Vereintgte Dampf \chiffahrtsgesellchaft beschloß infolge des Kohlenmanagels ut der Steigerung der Beirt:bskosten eine Grhöhuna der Frochten inländi\@e Fabrten um hundert Prozent bei gleichzeitiger Einsräw kung der dänischen Küstenschiffahrt:

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(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnab. : Opernhaus. 53. Abonne- mentsvorstellung. Dienst- und Freipläße finb aufgehoben. Carmen, Oper in vier Akten von Georges Bizet, Text von Henry Metihac und Ludovic Halóvy nah einer Novelle des Prosper Merimét. Musikalische Leitung : Herr Generalmusikdirektor Blech. Regie: ert Negisseur Herßer. Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Chôre: Hexr Professor Rüdel. Anfang 7 Uhr. i |

Schauspielhaus. 55. Abonnementsyorstellung. Dienst- und Frei plätze sind aufgehoben. Wilhelm Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. Negte: Herr Ruppreht. Anfang e Dit

Sonntag: Opernhaus. 54. Abonnementsvorstellung. L: und Freipläpe find aufgehoben. Hoffmanus Erzühlungen, Phantastishe Oper in drei Akten, einem Prolog und einem Epile( von I. Barbier. Musik von J. Offenbach. Anjang 7 Uhr.

Swhaufptielhaus. 56, Abonnemen!svorstellung. QDienst- M Freipläge sind aufgeboben. Die Märcheutante. Lustspiel in v Aufzügen von Otto Franz Gersichen. In Szene geseßt von Het Obexregifseur Patry. Anfang 7F Uhr.

Familiennachrichten.

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Hauptmann yon Heider (Berlin

Gestorben: Hr. Gymnaßaloberlehrer, Professor Dr. DE b, Lengnick (Charlotienburg). Fr. Elisabeth von Oppe / Ln Somyn-Peat (Wilsdruff), Fr. Stadtbaurat N Herrnring, geb. Steindamm (Berlin-Wilme: 8borf) Frl. Hed von Massow a. d. H. Bandsechow (Belgard).

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Verantwortlicher Nedakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlotientud Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Expedi Rechnungsrat Mengering in Berlin, i j Verlag der Expedition (Mengerin d M tai 7 rud der Norddeutschen Buchdruckerei un gagsanlla it Hs Werlin, Wilhelmstraße 82, O Fünf Beilagen (einschlteßlih Warenzeichenbeilage Ir. 16)

agr Nonfecenzen: Dee Wandel der

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mann ; Die Leistungen der deuts@en Diplomatie vor und

im Weli-

sowie die 1381. Ausgabe der Deutschen Verluftilisten.

Im Köntglihen Opernhause wird morgen, Sonnabend, |

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VarlamenksberiGt.*) Deutscher Reichstag. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

1, Sipung vom 22. Februar 1917, Nachmittags 3 Uhr.

Am Bundesratstische: Die Staatsminister, . Staats- är des Jnnern Dr. Helfferich und Staatssekretär j Keichs\hapamts Graf Roedern, ferner der Staats- här des Auswärtigen Amtes Zimmermann.

Präsident Dr. Ka em p f eröffnet die Sißung nach 314 Uhr j folgender Ansprache: : Meine Derren! Beim Wiederzusammentritt des Neichtages heiße Sie alle herzlih willfommen. Wenn nicht alles täus{t, nähern wir

den Entscheidungskämpfen in dem gewaltigen Völkerringen. dherzig Und von edelsten Beweggründen geleitet, hat der Deutsche

j mit seinen Verbündeten den Feinden die Hand zum Frieden hegengestreckt. iese Hand ist mit Hohn und Spott zurü- iesen worden. M. H., angesihts diejer Zurückweisung ergriff mehr Deutschland mit seinen Verbündeten die Waffen, die es un- zchränkt anwenden will, die es sih geschaffen hat dur seine Tat- ji und durch die Technik -seiner Bevölkerung. (Lebhafter Bei- j) Jn dem feierlih ernsten Augenblick, den wir durchleben, sind uns dessèn gewiß, daß wir diese unsere Waffen, die uns zur Ver- ung stehen, nit eher niederlegen werden, als bis das Ziel des pjes erreicht ist, die Verteidigung der Unabhängigkeit und Frei- t unserer Länder. Jn diesem Augenblick, wo wir von neuem in se Kämpfe. eintreten werden, entbieten wir unsern Gruß dankbar j hewundernd unseren tapferen Heeren und denen unserer Verbün- m (Lebhafter Beifall.) Wir entbieten unsern Gruß unserer te mit thren unvergleihlihen Tauchbooten und deren Todesmut {hafter Beifall) und den erprobten und genialen Führern zu ser und. zu Lande. (Beifall.) Wir entbieten unsern Gruß dem hn Volke, das wie nie zuvor an der Arbeit ist, troy aller Schwie- siten für Kaiser und Reich zu arbeiten, für die Freiheit und Un- hingigkeit unserer Vaterlandes. (Lebhafter Beifall.)

Das Verzeichnis der eingegangenen Vorlagen wird ver- n Es befinden sih darunter der Etat für 1917 und die juergeseßentwürfe sowie der Gesetzentwurf, betreffend die

snahme eines neuen Kriegskredits von 15 Milliarden.

Der Abg. Meerfeld (Soz.), neugewählt für die Stadt

h, ist in das Haus eingetreten. Das Mandat des Aba. ifneht ist erloschen. Am 13. Februar verstarb in Heidel- y der Abg. Noland-Lü de (nl.), Vertreter für Meck- hurg-Streliß.

Dem am 5. Januar gefallenen Abg. von Med in g, der [sriegsfreiwilliger- in das Heer eingetrcien war, widmet der sident folgenden Nachruf:

Durh Kopfshuß verwundet, ist er sofort der Verwundung er- nund auf dem Felde der Ehre gefallen. Der Plat, an dem wir: j markige Gestalt so oft gesehen haben, ist leer; ih habe ihn dur fn Lorbeerkranz in Ihrem Namen {müden lassen. (Beifall.) n Offizierkorps seines Regiments, den Angehörigen und der Deut- h Fraltion habe ih das shmerzliche Beileid des Reichstages aus- tidt, Vom Stellvertreter des NMeichskanzlers is mir folgendes iben zugegangen: „Wiederum hat ein Mitglied des Neichs- die Treue dum deutschen Vaterlande mit seinem Blute besiegelt. i bg. von ceding ist auf dem Felde der Ghre gefallen. Eure j bechre ich mich gu ersucen, dem Reichstag den Ausdruck ur wärmsten Anteilnahme an dem Verluste zu übermitteln, den h den Tod des dahingeschiedenen Helden erlitten bat.“ S

Pdem Herrn Reichskanzler in Jhrem Namen für den warmen

hut seiner Anteilnahme. Sie haben si zu Ehren der uns ent- fin Kollegen von Jhren Pläßen erhoben. Jch danke Ihnen da-

lid stelle das fest.

Feine Majestät der Kaiser hat auf die ihm vom Präsi- in zum Geburtstage übermittelten Glüdwünsche des Hauses

in Dank ausgesprochen.

Lem nach 114jähriger Jnternierung aus Rußland zurüc- fhrien Abg. Fürst Radziwill spricht der P räsident im en des Reichstags unter lebhaftem Beifall des Hauses n Glückwünsche aus.

Darauf tritt das Haus in die Tagesordnung ein.

Die Beratung der Anleihedenk\chri T Ur 1 Rei ch 1916 wird ohne Debatte erledigt: das Haus M daß durch die Vorlegung den geseßlichen Vorschriften gt it,

És folgt die erste Beratung des Gesetßentwu L, fesend Einberufung von LUlfsrichtern zum hsmilitä rgericht. Die Vorlage ermächtigt den wWlanzler, für die Dauer des durch den Krieg verursachten nisses ständig angestellte Richter in der erforderlichen hl als Hilfsrichter einzuberufen. Die Berufung erfolgt für | Fit unwiderruflich.

Direktor im Reichsamt des Jnnern Dr. Lewald: Der Ent- |dließt fich in seiner Fassung dem Geseß vom 22. Mai 1910 an, v8 die Möglichkeit der Einberufung von Hilfsrichtern beim Pert vorsieht, Die Annahme, daß während des Krieges die

fle des Meichsmilitärgerihts zurüdgehen würden, ist nicht ein-

Ven, sondern das Gegenteil, da ja auch das Besaßungsheer dem militärgeriht untersteht. Durch das Geseß vom 4. Dezember 1, betreffend die Schußhaft und den Belagerungszustand, welches vedtêmittel der Beshwerde zuläßt, werden die Geschäfte weiter ert, es sind bereits mehrere Falle derart bis an das Meichs- Vargericht gelangt. Es würde unmöglich sein, diese Beschwerdefälle V und sachentsprehend zu erledigen, wenn nicht die Möglichkeit Y dur Ginberufung von Hilfsrichtern geschaffen würde. Einen ment zu bilden, ist nit beabsichtigt.

; 9, Stadthagen (Soz. Arb.-Gem.) trägt unter großer Un- t des Hauses, die der Präsident vergeblich durch wiederholtes ln und Bitten um Ruhe zu beschwichtigen sucht, e Be-

l gegen die Vorlage vor. Vie Ursache der Uebetla tung des | militärgerichts zu namentli darin zu finden, daß nach wie vor p llärstrafgeseß uch mit seinen drakonishen Strafen in Kraft Ma Anwendung gelange, daß oh „der mit überwältigender | Vit vom Neichslage gefaßten Beschlüsse nichts geschehen sei L dieser Nichtung Abhilfe zu schaffen. Redner verbreitet ih sar der, daß der Belagerungszustand nah wie vor von den mili- | P Instanzen in der willkürlihsten Weise auch troß des Gesehes hr, edember 1916 gehandhabt werde, daß nah wie vor die ge- msten Eingriffe in die Preßfreiheit, in das Vereinsrecht, ja M die Wo sreiheit erfolgten. Redner beantragt ließlich Weisung der Vor age an eine Kommission von 21 Mitgliedern.

Y hne Gewähr, mit Ausnahme der Meden der Minister und Mit setretäre,

zum Deutschen Reichsanzeiger

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Berlin, Freitag, den 23. Februar

Abg. Landsberg (9 .): Das Geseh läßt eine ganze Reihe von Mißständen weiter fortbestehen. Wir werden ihm aber zu- stimmen, weil „wir seine Verabschiedung für N dringlich halten. Wir müssen wünschen, daß die Vorteile des Geseßes den Beschwerde- führern ret bald zuteil werden. 2

Abg. Dove (fortshr. Volks U Wir werden den Antrag auf Kommisjionsberatung ablehnen. ne die Bedeutung des Gesetzes vom 4. Dezember 1916 zu überschäßen, sehen wir darin doch eiñen Fortschritt und wünschen, daß dieser möglichst bald in die Erscheinung tritt. Ueber die Verbesserungen, die soi an der militärishen Nechts- pflege und an der Handhabung des L elagerungszustandes vorzunehmen “trag wird später im Haushaltsausshuß beim Justizetat zu reden ein.

Abg. Martin (Deutsche Fraktion): Wegen der Dringlichkeit der Sache halten wir Kommissionsberatung für nit erforderlih und empfehlen, alsbald in die zweite Lesung einzutreten.

Abg. Fehrenbach (Zentr.): Soweit ich weiß, sind über die Notwendigkeit und den Umfang einer Reform des Militärstrafgeseßz- buchs Máfraden an die Einzelregierungen ergangen. Ich verkenne die Schwierigkeiten nit, während des Krieges eine Aenderung herbeizu- führen, aber die unleugbaren Härten des Gesebes lassen eine Reform auch {hon während des Krieges als außerordentlih dringlih er- scheinen. Man muß si mit diesen Paragraphen geradezu abplagen, und die Gerichte geben sih alle Mühe, um nur irgend um die {weren Strafen herumzukommen. Den Militärgerichten wird nit nur durch die Crhebung unnötiger Anklagen Arbeitslast bereitet, fondern auch durch eine Menge anderer unnötiger Arbeit. In einem Falle, wo der Aus\cließzungsgrund des § 51 Str.-G.-B. vorlag, hatte das Feld- kTriegsgericht freigesprochen, das Urteil wurde nicht bestätigt der ‘Frel- gesprochene kam inzwischen zu einem immobilen Truppenteil, er wurde abermals freigesprohen, der Gerichtsherr hatte aber daran noch nicht genug, es wurde das Dberkriegsgeriht angerufen, das war über diese AUrbeitslast ungehalten und hat mit Glanz wiederum fret- gesprochen. Es tut einem wirklih weh, wenn man sicht, wie in einer Zeit, wo die Militärgerihte wirklih Anderes und Wichtigeres zu tun haben, derartige Berufungen durchgeführt werden.

i Solche Fälle stehen keineswegs vereinzelt da, Selbstverständlih bringt das Gesetz über die Schuzhaft von neuem eine außerordentliche Belastung, leidêr auch dadurch, daß die unteren militärischen Instanzen es niht anwenden, ihm passiven Widerstand entgegenseßen. Jch könnte da mit recht un- angenehmen Tatsachen aufwarten. Manche Militärs fragen einfach nichts nah dem Geseß. Muß sih nicht auch ein Gouverneur ‘dem jeßt in diesen Dingen als oberste Instanz eingeseßten Kriegsminister unterordnen? Es wäre die höchste Zeit, diesen Herren hier auch ein- mal den militärischen Gehorsam beizubringen. (Sehr gut!) Es wäre an sih mit Nücksicht auf die große Anzahl der Fälle nit unangebracht, \chon jeßt in eine Kommissionsberatung einzutreten. Aber das vor- liegende Geseß ist lar, ist absolut notwendig und muß so rasch als möglich erledigt werden. (Lebhafter Beifall.)

Der Antrag Stadthagen wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt; die zweite Lesung der Vorlage erfolgt demnächst im Plenum.

Der Antrag Gröber, zur Vorberatung der Ernährungsfragen einen Ausschuß von 28 Mitgliedern einzusepen, ist von sämtlichen Parteien des Hauses eingebracht und wird ohne Diskussion einstimmig angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Schluß 414 Uhr. Nächste Sigzung Vreitaa T Uhr pünktlih. (Anfrage; erle Lesung des Neichshaushaltsetats für 1917, der Steiervorlagen und der neus Kreditvorlage weite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Hilfsrichter bei dein Neithsmilitärgericht.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 64. Sißung vom 22. Februar 1917, Mittags 12 Uhr.

Am Regierungstische der Minister für Handel und Ge- werbe Dr. Sydow.

Präsident Dr. Graf von Shwerin-Löw i h eröffnet die Sißung um 1214 Uhr.

An Stelle des Abg. von Wenden werden auf Vorschlag des Abg. von Pappenheim Abg. Gräf (kons.) und zum Stell- vertreter des Abg. Schulze-Pelkum für die Zeit von dessen Behinderung Abg. von Goldacker (Tons.) zu Schriftführern gewählt.

Darauf seßt das Haus die Beratung des Sonder - plansderHandels- und Gewerbeverwaltung in der allgemeinen Besprechung der Mittelstands- fragen und den Entschließungen des Staatshaushalts- ausschusses, betreffend Ausdehnung der Wirksamkeit der Kriegshilfskassen auf wirtschaftlih bedrängte Kriegsteilnehmer des gewerblichen Mittelstandes, Berücksichtigung des Hand- werks bei der Belieferung mit Rohstoffen, Bereitstellung öffent- licher Arbeiten in der Üebergangszeit in kleineren Losen für die Handwerker und Bereitstellung geeigneter Arbeiter Lir

der Handwerksverbände fort.

Abg. Dr. Bönisch (Zentr.): Das deutshe Handwerk hat

die Lieferungsgenossenschaften sich in diesem Kriege bewährt. In erster Linie ist diés der neuen Vrganisation des Handwerks zu verdanken. Das deutsche Handwerk hat voll seinen Mann gestanden. Die früheren Klagen, daß das Handwerk zu s{werfällig, nit einheitlich genug fei, sind vers{wunden. Das deutsche Handwerk hat überall a, wo es zur Beteiligung herangezogen wurde, seine Leistungöfähigkeit und Wettbewerbsfähig- keit bewiesen. (Zustimmung.) Wenn auch die dem Handwerk er- teilten Aufträge gegenüber den Tausenden von Millionen von Kriegs- ausgaben nit allzu {wer ins Gewicht fallen, so bin ih doch weit entfernt, dem Minister und den betreffenden Kriegöstellen irgendwie zu nahe zu treten. Der Minister hat sich in dieser Angelegenheit die allergrößten Verdienste erworben. Hoffentlich geschieht in der ZBuweisung lohnender Aufträge an das Handwerk noch viel mehr als bisher. Wenn gesagt worden is, das Handwerk habe ver- ene Aufträge abgelehnt, so erscheint dies auf den ersten Blick eltsam. Vielleicht erklärt es sich daraus, daß dem Handwerk Auf- träge zugewiesen wurden, für die es na seiner ganzen Anlage von vornherein nicht geeignet war, oder die Aufträge wurden in einer ¿Form erteilt, die das Handwerk nicht ausführen konnte. Hoffentlich tritt hierin eine Aenderung ein, damit dem Handwerk aus der Ab- lehnung der Aufträge kein Stri gedreht werden kann. Immerhin wollen wir uns durch diese Ausnahmefälle das Bild niht trüben lassen und uns des Erreichten freuen. Diese Erfolge sind hervor- gerufen durch die freudige Tatkraft und Zusammenschließung des andwerts, die an die Stelle der Zerfahrenheit, Uneinigkeit und ersplitterung früherer Jahrzehnte getreten sind, Hier hat L deutsche Arbeit und Tatkraft der englischen überlegen gezeigt, Im Zusammens{luß des Handwerks muß noch weiter fortgeschritten werden. Mit Recht wurde gestern dem Handwerk zugezüteh: Hilf

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1907

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dir selbst, so hilft dir Gott! Der kfleinbäuerlihe Besiß hat dem Handwerk durch Gründung von Genossensdhaften, Spar- und Dar- lehnsfassen, PrepulipgenoffensGasfn ein nahahmenswertes Bei- S gegeben. Daß die Kriegshilfskassen nit so lebhaft in An- pru genommen wérden, daraus darf man keinen falschen Schluß ztehen, Die Kriegshilfsfassen werden dann in Anspruch genommen werden, wenn die Kriegsteilnehmer zurückehren unv ihre Existenz neu aufbauen wollen. Man sollte deshalb ungesäumt die Kriegs- bilfskassen da errichten, wo sie noch nicht vorhanden sind. Das

ejeß über den vaterländis{hen Hilfsdienst trifft auch das Handwerk, es entzieht ihm - Arbeitskräfte, namentlich Lehrlinge. Aber die Lehrlinge, namentlich die älteren Lehrlingé, braucht das Handwerk, um den Betrieb über die Kriegszeit hinaus aufre{t zu erhalten. Die Grhaltung der Lehrlinge ist geradezu eine Lebensfrage für das Hand- werk, Mindestens sollte den Lehrlingen {on im dritten Lehrjahr Gelegenheit gegeben werden, die Gesellenprüfung abzulegen. Die Lehrlingéfrage bedarf der zufriedenstellenden Lösung niht nur im Interesse des Handwerks, sondern auch der Allgemeinheit, besonders der Konsumenten. Man denkt mit Unrecht pessimistisch über die Aus- ichten des Handwerks; das Handwerk wird im Gegenteil noch \{öne Aufgaben zu erfüllen haben. Das neue Siedlungsland, auf das wir hoffen, bedarf der Bauern, und zu deren Versorgung müssen au Handwerker da sein. Der Minister hat zugesagt, daß feine Vertreter im Kommissariat für Uebergangswirtschaft die Interessen des Hand- werks besser wahrnehmen sollen. Jch begrüße dankbar diese Er- klärung. _Nach dem Krieg wird namentlich beim Nohsftoffbezug der allershärfste Wettbewerb eintreten. Um dem Handwerk die nötigen Arbeitskräfte zuzuführen, müssen auch die Arbeitsnachweise plan- mäßig ausgebaut werden. Für die Staatslieferungen durch das Handwerk hat der Oberpräsident der Nheinprovinz einen sehr nüß- lichen Erlaß herausgegeben, und ich bifte den Minister, auch die anderen Oberpräsidenten “zu demselben Vorgehen zu veranlassen. (Beifall.)

Abg, Newold t (freikons.): Erfreulicherweise wird überall die Auffassung geteilt, daß der selbständige Mittelstand für unser gesamtes Staatôwesen eine solche Bedeutung hat, daß seine Wiederaufrihtung nah dem Kriege unser aller vollste Aufmerksamkeit verlangt, wenn nicht das Staatsganze großen Schaden erleiden soll, Werden die mittelständischen selbständigen Eristenzen zurückaedrängt und zerrieben, so bleibt nur übrig einerseits die große Menge unselbständiger Gristenzen und andererseits eine ganz leine Schicht finanziell über- mäßig Maächtiger; auf der einen Seite immer ftärkere Proletarisierung, auf der andern Seite immer größere Anhäufung des Jeihtums in wenigen Händen. Die Sade geht auch nicht bloß den Mittelstand an sondern auch die Arbeiter\cchaft, wie erfreuliderweise auch der Abg. Hué im Aus\cuß zugegeben hat. Wenn diese Erkennt- nis in der Arbeiterschaft weiter Boden gewinnt, kann man hoffen, daß die Bestrebungen, die heute noch ein Teil der Sogzialdémokraten ver- tritt, aufgegeben werden. Arbeiterschaft und Mittelstand könen nach dem Kriege unmöglich gedeihen, wenn die Parole weiter besteht, alles auf den Stand von vor dem Kriege zurückzuschräuben. Der Abg. Bell hat mit seiner Kritik der Stellungnahme des Abg. Sc{eidemann mir aus der Seele gesprohen, Die so hodwidtige Nohstoffrage kann nit gelöst werden, wenn die Parole Ste!demann befolgt wird: „Hände weg von Belgien!“, sagt Herr Bell mit Necht. Belgien be- sit Antwerpén, den Ausfuhr- und Einfuhrhafen für West- und Süd deutschland; es darf England nit gelingen, die Zufuhr der Nohstoffe zu unseren gewerblichen Kreisen zu verhindern. Die Gegner wollen 1a den Krieg aud na dem Kriege wirt\chaftlih ceaen uns fort\eben, sie wollen uns die Einfuhr weiter A Das Ziel des Aba. Scheidemann widerspridt also auch den | nteressen des Arbeiterstandes. Wie mögen diese Führer der Segialdemokratie imther noch darauf bes stehen, nachdem die Hoffnung c dauernde Untergrabung unserer Zit- kunft von den Gegnern so oft auf hre Fahne geschrieben ist? ir haben uns in den. leßten: Jahrzehnten zu sehr um die innere Ofièns tierung gekümmert und pelor osen den Blick an die Front nach außen zu richten versäumt. Wir wollen den Ring sprengen, der uns His zum 1. August 1914 U) das ist unser Kriegsziel, diesen Ring, dêr uns von England Rees „ist, müssen wir sprengen, wenn wir nit wollen, daß England sein Kriegsziel erreicht, uns re&rtsdaftlidh ay die Zeit von vor 1870 herabzudrüden. Seit 1870/71 baben wir dar ungeheure Arbeit der ganzen Bevölkerung eine kulturelle und wirt: schaftliche Höhe erlangt, die zu \{üßen, zu steigern, wiederzuerobern unsere Aufgabe ist. Wollen wir auf den Stand von 1914 zurudkehren, so haben wir 44 Jahre lang einen Stein den Berg hinaufgerollt, und dann gelingt es England, ihn wieder herunterzuwerfen. Das wollen und müssen wir vermeiden, Unsere Zukunft ist verloren, wenn wir nicht unsere Kräfte stärken. Denn dann wird unsern Gegnern beim zweiten Anlauf gelingen, was ihnen das erstemal nit gelungen ist; donn ist die Gefahr vorhanden, daß der Krieg in unser Land getraaen wird. Will man den Sieg, dann muß man au seine Macht stärken, nicht aus Machthunger, sondern um die Zukunft Deutschlands * zu sichern. (Vizepräsident Dr. Paas ch e ersubt den MNodner, auf den gewerblihen Mitielstand zurüzukommen.) Der gewerblihe Mittel- tand ist an dieser Sache mehr als andere Stände beteiligt, ‘denn er wird dur den Krieg derart in Mitleiden\{aft gezogen, daß er na dem Kriege mit unserer Hilfe im Innern allein niht wieder hot- gebrächt werden kann. Erfreulich ist, daß dem Handwerk 100 Millionen in Gestalt von Heeresaufträgen zugeflossen sind, die sich auf 800 Lieferungsgenossenschaften verteilen, Das ift eine anertennenswerte Leistung des Handwerks. Andererseits stehen 400 000 selbständiae Handwerker im Felde, und außerdem sind etwa 100 000, agr Mevne wri dem Bauhandwerk, dem Kunsthandwerk und den graphischen Gewerben anaebórig, durch den Krieg lahmgeleat; es fehlen also étwa eine halbe Million, und hinzutreten die ungeheuren Schwierigkeiten mit dem Hilfspersonal. Jn Berlin sind von 45 000 Lehrlingen nur noi 800 vorhanden; dabei kann selbstverständlidh das Handwerk unmögli mit den Löhnen in der Kriegsindustrie konfurrieren, was „die Schwierigkeit der Lehrlingsgewinnung noch erhöht. Denno® ist es die Ueberzeugung der maßgebenden Kreise des Hand werks, daß, wein wir inden Frieden hineinkommen, es gelingen wird, das deutsde Handwerk wieder aufzubauen. Die Maßregeln, die gestern der Handelsminister zur Förderung des Handwerks in Aussicht gestellt hat, sind mit Freude zu begrüßen. Außer dem Zusammenschluß des Handwerks muß auch dem Kredit erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Publikum muß sich daran gewöhnen, mehr als bisher die Handwerker zu bezahlen. Ferner ist es wünschenswert, daß Handwerker ebenso wie die Landwirte in thre Heimat beurlaubt werden, damit sie ‘dort nah dém Rechten sehen können. Die in den Lazaretten geheilten Handwerker sollten nicht zu lange zurüdgehalten werden. Statt sie in den Garnilöten zurückzuhalten, sollte man sie lieber nah Hause entlassen. Besondere Fürsorge verdient auch der kleine Handelsstand; er befürchtet, daß die Umsabsteuer von den Fabriken auf ihn abgewälzt wîrd und bei ihm hängen bleibt. G8 besteht die Gefahr, daß viele kleine Handelsbetriebe stillgelegt werden, weil man es bequemer findet, mit Großbetrieben zu tun zu haben. Man sollte bei Ausführung des Hilfsdienstgeseßes nur im äußersten Notfalle die kleinen Betriebe stillegen. Ist einmal der PYättelstand zerrieben, {o werden Jahrzehnte dazu gehören, um ihn wieder ins Leben zu rufen. (Zustimmung.) Wir müssen alles tun um den Mittelstand in die Lage zu bringen, daß er si ebenso rasch wie die andern Stände erholt. (Lebhafter Bêifall rechts.)

Abg. Haase (fortshr. Volksp.): Erfreulicherweisé hat s die Lage derjenigen Handwerker gehoben, die mit Kriegslieferyngén Þes{äf-