1917 / 291 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Dec 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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; Praxis erfahren. © l ¿ verwirrt hatte, zerstört, und seine Witwe: wandte si vergeblich an die

Parlamentsbßericht.*)

Preußischer Laudtag. Haus der Abgeordneten. 103. Sißung vom 7. Dezember 1917, vormittogs 11 Uhr.

(Bertcht von Wolffs Telegraphen-Büro.)

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ibunga, in der die erste Beratung jesegzentmürfe, betreffend die W ahlenw zum Abgeardnetenhause, die Zusammenseßung Dés Herrenhauses und die Abänderung der Artikel&2 und99derVerfassungsurkunde sert geseßt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet 1wórden.

Abg von U S Nede fortfahrend: Der Vizepräsident des Staaksminiiterums bat sh auch auf eine Anzahl von Aeußerungen berufen, mit denen Tdar( werden soll, wie Fürst Bismarck Uber das Klassenwahlreckcht dahte. Ich verweise den Herrn Vizepräsidenten des Staatsministeriums auf eine Aeußerung des früheren Abg. Dr. Frie! berg, daß man mit Zitaten sehr viel cder nichts beweisen kann. lich ift zu entgenen, daß Fürst Bismark nach 1866 vor allen 2 die Soroe hattz, daß gewisse Teile des liberalcm Bürgertums äühn a1 feinem Werk hindern könnten, vor 1870 hatie er ne Sorge, daß der Partikularismus der deutschen Fürsten Werk gefährden mechte; && ist nich natürlicher, als daß er ( das Sckmwergemicht der staatserhaltenden Kräfte besser aestchert 1a bei der breitem Massa der Arbeiterbevölkerung, namentlich der Bauern, als in gewissen Kreisen der städtisden Intelligenz. Daß das eine Täuschung war, daß die Entwicklung anders lief, hat niemand klarer erfannt als Biêmarck selbst; nah dieser Nichtung sollten seine Aeuße-

ungen ergänzt werden durch solbe aus den Zeiten, wo er die ab- actlärten Anschauungen seines Landlebens in seinen „Gedanken und Erinnerungen“ niederlegte. Jh verweise da auf Kapitel 21 und andere Stellen, die zu den früheren völlig im Gegensaß stehen, wo es als ein Vorzug hingestellt wird, daß Preußen vor allem von jeder \{chmac- vollen Verbindung mit der Demokratie freigehalten worden ast. (Hört, bort! rechts) Jh führe weiter eine liberale Stimme an: Finanzminister Miquel sagte 1867, das allge- meine Wahlrech{ sei das beste Kampsmiitel gegen . den Partikularismus; 26 Jahre später aäußeria er zum Fursten Hohenlohe, das allgemeine Wahlrecht sei unmöglih, die Wahlen brächten immer \ck{leckchtere Elemente in dem Reichstag. Professor Heinrich von Sybel hat auêgesprocden, daß dem modernen Liberalis- mus kein gefährliderer RKrantheitéstoff eingeflößt werden fann als diése Sorge vom Jdealiómus, die sih in der Forderung des all- gemeinen Wahlrechts ausdrückte. Ich könnte diese Zeugnisse beliebig vermehren, so au aus dem Verhandlunçcen des Frankfurter Parla- ments von 1849. Gs ift das große Verdienst des! deutschen Liberalis- mus, daß ev cs zuwege gebracht hat, zwischen der Scylla und Charyb- dis der Zwancsgewalt des Staates einen Mittelweg gefunden zu haben, durch den es gelungen is, eine schr weitgehende Freiheit zu verbürgen: dieses Verdienst foll 1hm nicht vergessen werden. Um so mehr bitte ih die Liberalen, sich der Gefahren bewußt zu fein, die sich ergeben, wenn der demokratische Grunbgedanke in ihre Kreise eindringt, wonach das Individuum micht befreit, sondern durch die Massen beherrscht werden soll. Wenn i die heutige Fortschritté- partei und hre Aeußerungen. mit Eugen Richters bewülhmtem Buch Über den „Zukunftsstaat“ vergleiche, fo scheint mir der Weg, den: diese Partei gencmmen hat, ein sehr gefährlicher zu sein. Gewiß war die Haltung meiner Freunde zur Wahlreform früher anders als heute. Aber auch wir nehmen für uns das gute Necht in Anspruch, aus der Gntwiflung zu lernea unþ den Zeitpunkt zu bestimmen, den wir für dié Aenderung des Wahlrechbts für geeignet halten. Jch glaube, daß éine spätere Zeit die Verschiekung der Verabschiedung der Vorlage der konservativen Partei micht als eine Schuld, sondern als ein Ver- dienst anrechbnen soll. Durch diese Vorlage sollen wie im Neichstaae die bürgerlichen Parteiew die gleiche Macht erhalten. Es entsteht dann die Gegenfrage, ob die Vorlage das geciánete Mittel it, um dieses Ziel zu erreichen. Man muß si fragen, ob das Vertrauen, das diese Vorlage turczieht, in jeden Beziehung gerechtfertigt ist. Man, muß sich auch fragen, ob nach der Nede, die Herr Strobel hier ge- halten hat, und angesichts der Tatsache, daß doch nicht unerhebliche Teile, des Volkes hinter ihm stehen, der vorae\chlagene Weg der richtige ist. Man könnte diese Sachen nit allzu tragisch nehmen. Aber ih möchte üben sie toch nit so mit einer leichten Handbewegung hinweggehen, wie s früber üblih war. Es entwickeln sich da leicht m Lande Ansclkauungen über ein falsches Stärkererhältnis dex Par- teten. G8 ist Herrn Ströbe&l anscheinend völlig unmoglich, national M denken. Seine Partei i} ja im gewissen Sinne international. Aber sich hiew gewissermaßen als Anwalt des Auslandes hinzustellen, das geht denn doch zu weit. Das Vertrauen des Auslandes kann nah ihm nur durch die Demokratisierung Deutschlands er- rungen werden. Im Ggegensaße dazu hat der Medner der fortschrittlichen Partei dagegen \chckarfen Einspruch erhoben.

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Wie das Ausland unsere Demokratisierung fordert, das zeigen ja soeben wieder erst die ganz unvershämten Angrifse Wilsons. (Leb- hafte Pfuirufe.) Dieser Wilson, dessen Privatleben eigentlich niedriger gehängt zu werden verdiente, wagt es, unsere preußischen Einrichtungen und unsere Krone in unerhörter Weise zu bescimpfen. Früher dachte Herr Wilson über Preußen ganz anders, wo er es als das Land mit den vollkommensten Verwaltungseinrihtungen hin- stellte. Unser Militarismus soll diesen Krieg verschuldet haben. Aber hat Herr Ströbel die leßten Wochen ges{chlafen? Hat er nicht die Geheimtckumente gelesen, die seine Parteifreunde in Rußland veroffentlicht haben? Der preußishe Militarismus hat es uns erst ermöglicht, diefen Krieg zu überstehen. Mit einem jolbenm Manne, der solche Begriffsverwirung konstruiert und sagt, preußisdes Wesen müsse vollständig beseitigt werden, kann man eigentlich ernsthaft kaum streiten. (Sehr richtig!) Unsere Friedens\sehnsuht is ebenso aroß wie die der anderen. Auch wir schen unsere Lieben und unsere Kinder nit aus Sport blutien und sterben, Das Blut unserer alten Familien wird sttromweise vergossen. Wenn wir aber einem schlechten Frieden widersprechen, so tun wir es nicht aus selbstsüchtigen Gesichts- punkten heraus, sondern aus der Pflicht, die uns zwingt, das eigene Gut und Blut hinter den großen Bedürfnissen unseres Volkes und nicht in leßter Linie unserer Arbeiter zurücßzustellen. (Sehr richtig! rets.) Wenn auf das glorreiche Beispiel der russishen Revolution hingewiesen wird, so verschwindet dieses beim näheren Hinsehen. Tolstoi mußte am eigenen Leibe den Unterschied zwischen Theorie und Sein Gut wurde von den Bauern, deren Köpfe er

demokrätischben Machthaber. Dieses haufenweise Morden, diescs (Er-

+2 schießen pflictbewußter Offiziere durch ihre Soldaten, glauben Sie,

daß diese Glorie trgend jemand von uns reizen könnte? Das russisce Beispiel wird weiten Kreisen unseres Volkes zu denken geben, wohin die Reise geht. Herr Ströbel und leider auch Herr Pachnike matten der konservativen Partei den Vorwurf, sie be- herrsche noch heute den Staat. Soweit ih mich entsinne, regiert bei uns in Preußen der König. Wenn die konservative Partei und die Junker geherrscht hätten, so wäre heute manches anders. Die Junker

haben gelernt, im preußischen Staate niht zu herrsckchen, sondern zu dienen. ¿ mif: dem-Blüte der‘preußisten- Junker geschrieben. Ihnen verdanken ‘wir ‘die ¿Gründlage-. Preußens; j VSFunkern“ stand, ‘bestand zum großen Til “nicht “aus+Landesfindern.

Die CEefchichte der großen Kriege des großen Friedri ist

und’ das “Heer, das damals * unter“dén.

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Ünd#weiterchabén“die Junker “auch "päter gelernt, ihrem Staate zu dienen.

Es sind doch eine ganze Reihe respektabler Staatsmänner

*) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Mintster und

ihnen ‘hervorgegangen. « mar: Patriae inserviendo consumor!

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Grundstein zur ir ersten militari}chen nd allos Beweise, die sih nicht durch cute, die Reichtümer anjammeln, A Die Kriegsgesellshasten werden nicht cht die Affoztiation und das Kaputail Stillehaltens is für die konfe

sonst ein falsches Bild: hier unî Kraft zum Widerstande.

c D O 5 E t de versöbnente Hand ergreifen. Aber 1ch muß ablehnen,

daß Wir beute in. eine folce d timmung hineinoer nd. Wir müssen fie. denen überlassen, dis da glauben, die Not des Vaterlandes zur ungen auésnußen zu fônnen. Wir müssen ste t zum Widerstande von Uns doppelie aat bat sich in diejem nschlichen Logif kfaum ver- nehmen, die sich im Aus- weren Tagen des Vater-

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¡tétator; sie sagten: intra arma

eib | „Victoire“ am 16. November:

S [émenceau Jet jet mit diftatorisher Gewalt ausgestattet, im Kriege gäbe es feine demofkratisde Politif. (Hort, hört! rechis.) Im Kriege fommt es eben auf die oesblossene Kraft der Nation nach außen an. chr gui! rets. Zwischenruf des Abg. Adolf Hoffmann.) Vie it if do zu ernst, um diese Dinge mit billiaen Wißen abzumachen. diefer ernsten Situation wäre es auch für die Partei des Ab-

en: (Sehr wahr! 3) Wir sind dur unseren Verfassungseid, den wi

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eten Hoffmann besser, die Dingce ernst zu halten ( rechts. r ernst nehmen, den wir nit als Zwirnsfaden betrachten, aufs \{ärfste gebunden, Unter Umständen if es Gewissenépflicht für uns treue Royalisten, gewissen Wünschen der Krone zw widerstehen, wenn wir nach pflicht- mäßigem Ermessen die Ücberzeugung haben, daß der Weg, den die Krone auf den Mat ihrer Nalaeber einscläat, gefährlich ist und dieser Weg zum Untergang von Krone und Land führen muß. (Sehr währ! rets.) Der Abgeordnete Pachnicke hat das Work von den „sonderbaren Moralisten“ geprägt. _Uns ist es mit unserem MNoyalis- mus peinlich ernst; wir schen die Treue zum König nicht darin, Ja und Amen zu sagen, sondern der Krone nach bestem Wissen und Ge- wissen zu dienen mit allem was wix haben, mit (Gut und Blut, aber nicht mit unserer Ueberzeugung, wenn es sih um das Wohl der Krone selbst. handelt. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Wir sehen die Frage ebensowenig wie Abgeordneter Pachnicke vom parteipoliti- schen, sondern vem staatépolitiscen Gesichtspunkt an. Wir erkennen an, daß das Wahlrecht reformbedürftig ist in einer Periode der ungebeuerlidsten Berschiebungen, wo große Vermögen sih anfammeln, andererseits aber mancer Vaterlanbsverteidiger fein Vermogen wver= loren bat. Da kann si das Wahlrecht niht auf Steuerleistung und Vermögen aufbauen. Es gibt noh andere niht minder wichtige Staatsleistungen tes |Staatébürgers, die Anspruch auf gleiche Be- bandluna in der Gesebgebung gewähren. Infolge dieses Krieges muß das Wablrecht des Abgeordnetenhauses eine Anderung im modernen Sinne erfahren. Das Reichstagsroahlrecht hat keinen demokratischen, sondern gerade einen plutofratischen Charakter, denn das Kapital spielt dabei eine auésscklaggebende Rolle. Ebenso herrschen in Frankreich bei den Wablen unbedingt die Großkapitalisten, die sich die Abge- ordneten kaufen. In dem VBucke eines französishen Sozialisten „La démocratie et les financiers“ wird geschildert, wie sich das Großfkapital dank dem allgemeinen |Stimmreht der Wähler be- mächtiat hat und hinter hen Kulissen wirkt. Auch in Amerika haben die Wähler nichts zu sagen, die großen Kapitalassoziationen, die Trusts beherrschen die beiden großen Parteien der Pepublikaner und der Demokraten. (Sehr richtig! rechts.) Amerika ijt dadur ‘das Land der s{limmsten Korruptionen geworden. (Lebhafte Zustimmung rets.) Ein \solches Land wagt Abgeordneter Ströbel uns als Muster zu empfehlen, Große Geldsummen sind notwendig, um die Mablmaschine in Gang zu bringen. Die soztialdemokratishe Partei- klasse is nit die ärmste, sondern vielleiht die wohlhabendste im Deutscken Reich, und sie hat es verstanden, troß ihrer liberalistischen Theorien alle Schliche des Kapitals zu beobachten. (Sehr richtig! reis.) Das preußische Dreiklassenwahlrecht das war fur meine Freunde ausschlaggebend war bei der alten Vermögenöverteilung in Preußen geradezu ein Hort des Mittelstandes. (Sehr richtig! rets.) Mach einer offiziellen Wahlstatistik von 1908 in der „Nouddeutschen Allgemeinen Zeitung“ gaben in der 11. Abteilung in 95 % aller Urmahlbezirke die mittleren. Einkommen unbedingt den Ausschlag. (Hört, bört! rechts.) Das Dreiklassenwahlrecht ist also kein pluto- fratisbes, sondern versdafft dem Mittelstand eine Wertretung. Nichtig ist eins: ein homogenes Wahlrecht im Reiche und in Preußen würde die Macht des Meichêtages gecenüber der Megierung ganz außer- ordentlich stärken. (Sehr richtig! rechts.) Umgekehrt s{wächt diefe Gleichartigfeit die Stellung der Reichsregierung ganz ungeheuer, wenn sie niht im preußischen Landtage einen gewissen Rückhalt in ihrem Widerstande finden würde. Also die Homogenität ist für die Demo- fratie ein Vorteil, für die Reichsregierung ein Nachteil. Diesen BVorteil erkannte Bebel sehr wohl, in dem er das |Wort prägte: Haben wir Preußen, dann haben wir alles, (Zustimmung.) Ist denn die Gleichförmigkeit, objektiv betrachtet, etwas Gutes, hat micht vielmehr die Mannigfaltigkeit der politischen Erscheinungen viel größere Vor- züge? Nanke hat in dem Widerstreit der Kräfte den historischen Fortschritt erkannt. Die Üniformität im politischen Leben ist gleich- bedeutend mit Tod. Gerade der Kampf erzeugt im Leben den Fort- \chritt. Durch diefen Kampf wild die Persönlichkeit vertieft, das (Tmpfirdungsleben verstärkt. Gleibmacherei t Unkultur. Das Naumannsche Wort von dem Kulturwahlrecht trifft auf das jeßt vorgeschlagene Wahlrecht nit zu. Nicht in der Unifizierung, \on- dern in der Differenzierung und in der Anpassung des Staagtsvechts an die Kulturnotwendigkeiten liegt die Entwicklung und der Fort- ritt, Was die Vorlage selbst betrifft, so nimmt die Begründung Bezug auf die Tüchtigkeit des Volkes und seine Fähigkeit zur Mit- arbeit an den Staatsgeschästen und fordert Vertrauen zu thm. Der Abgeordnete Lohmann hat gestern {on darauf hingewiesen, daß die ¿Folgerungen aus diesem Vertrauen nicht \o gezogen werden müssen, wie es die Vorlage tut. Nicht alle Schichten des Volkes haben gleiches Verständnis für politishe Dinge. Die Parteien und vielleicht auch die Regierung haben in diefer Beziehung ein kurzes Gedächtnis. J ch erinnere Sie daran, daß ver wenigen Tagen der freisinnige DVerichterstatter über die Ernahrungsfragen auf die ershreckende Zu- nahme der Kriminalität und die Abnahme des Verantwortungs- gefuhls in weiten Sichichten des Vollkes (hingewichew hat. Die Herren Sozialdemokraten haben mit Fug und Recht wiederholt dias nieder- Os Gebahren der Kriegswucherer gegeißelt. Sind das nicht alles Mitglieder des Volkes? Sollen die alle dasselbe Wahlrecht haben? Weiler heißt es in dev Begründung, bal gleichen politischen Leistungen auc gleide politiscie Rechte entsprechen müssen. An sich ein sehr richtiger Gedanke; aber herrsden nit in den Leistungen die größten

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„Differenzen? «Sollen „wir die .pflichttreuen Schichten mit demselben „Maßa- messen, wiejene did. wenig*oder- njchts¿getan*haben? * (Sehr rig! “recht6.) * Gerade den Grundsaß, daß gleidien politischen

Leistungen glleihe politische Rechte entsprehen müssen, führt nicht zum gleicten, sondern zum ungleichen Wahlreck. Lie Begmnündumg der. Vorlage zeigt cin warmes Herz und ein tiefes Verständnis für ethisda Gedanfkengänge, aber leider einen Mangel an politishem

Staalkssekrctäre.

Verständdnis. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Der grengenlose Opti-

Sonderart. Die deutsbe Kultur ‘beruht nicht Teil auf der Verschkiedenartigkeit der deutschèn Stämnie.

miémus des Ministers des Innern führt allzu leiht zu Exverimenten, und diese können wir im Interesse des preußijcien Vaterlandes un D

Doutschiands nicht mitmachem. (Lobhafte Zustimmung rechts.) Meine

politischen Freunte halten es angesichts der außerordentlichen Ge ren der cegenmáärtigen Situation für geboten, rüdhaltlose Kriti dem Neictstacéwahlreckt zu üben. Gegen die Einführung dieses

lr in Preußen sprechen alla Erfahrungen und au rein Enmäcungen. Dieses Wahlrech! entspriht Teinoswens 2usamensekung des Volkes. Die gewerblickem Kreise sind im Reicdtétacge auch midt annähernd richtig vertreten, während Schrift. rieller und Redaktteure, Nectsanwälte usw. unverbältnismäßig {stark vertreten sind. Vor allen Dingen, und das ist auésclaggebend, ift das Neictstacéwahblreht das ungerechteste Wahlrecht, das überhaupt actunden werden fann. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Es ist ein einseitiges Mebusbeitsreckt, die rücksihlälese Vergewaltigung der Minderheiten. Lassalle hat bereits ertläut, das allgemeine Wahlrecht ist dar Grundstein, auf welchem dier sozialdemokratische Staat auf acblaut und auf welches 1acstüßt die gegenwärtigo staatliche und sogtale Welt aus den Angeln gebcbew werden foll. Daran hält die Sozial= Semofratie ncch fest in ibrem Klassenkampf, und dieser Standpunkt zeigt, was wir von lder Herrschaft dey Massen zu erwarten haben Wir würden eine, furdlbare Vorgewaltigung aller Minderheiten im Volke erleben, einew Klassenstaat s{limmster Avb mit Zuchtbaus- haraftev. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Die Sozialdemokratie will zugestandenewmaßen mit dem allgemeinew und geheimen Wahlrecht die Klassenherrschaft des Proletariats inm Deutschland aufrichten. (Zu- stimmung.)

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Dagegen haben nicht mrr wir, sondern andere Bundes- staaten {were Bedenken, z. B. Sachsen. Zahlen beweisen. 1898 er- gaben die Wahlen in Sachsen 54 % aller abgegebenen Stimmen, da- gegen (hatte sie 22 vow 23 Manhdaten erreicht. Das Reichstagewahl- recht führt zw dem \{limmsten Auswücksen der Ungerechtigkeit. Die aroßen Städte sind nit durch das intelligente Bürgertum, dem sie vbre Bllüte verdanken, fcmderw gang einseitig durch die- Sozialdemgo- Fratie rertreten. Alle großen, alle führenden Geister werden tar dicses Wahlrecht in die große Masse heruntergedrückt und ver- sckrwinden. Und wie denken denn unsere großew Geister über die Majorität? Jch verweise auf das bekannte Schillershe Wort, ih ziticre Goeihe: „Nichts ist widerwärtiger als die Majorität.“ Das allgemeine Wahlrecht steht im Widerspruch mit allen Erfabrungen, dre wir als Menscken auf religiöósem Gebiet und in der wissenschaft- [ichen Erkenntnis gemacht haben. Die religiöse Üeterzeugung lehrt uns im Gegensaß zu der verhängniévollen naturrechtlichen Theorie von J. J. Nousseau, daß die Menschen nicht gleich, jondern ungleich zusammengeseßt sind; die Aufgabe ‘der Lebensführung ist es, das Bose im Menschen zu unterdrücken, das oelinet beim Einzelnen in verschiedenem Maße, führt also zur Ungleichheit. Sämtliche Erkennt- nisse dem modernem Wissenschaft weisen zwingend darauf hin, daß di Menschen nicht ursprünglich gleich und nur durch die Geschichte und den Staat verdorben sind, daß fie vielmehr von Anfang an differen- ziert gewesen sind und im Laufe der Geschichte noch anehr differenziert worden sind. Das gleiche Wahlrecht kann nimmermehr als ein Fort- schritt, sondern muß als ein Nückschritt aufgefaßt werden, der geeignet ist, alle Kulturerrungenschaften, alle Freiheit des Geistes und der Kirde zu vernichten, indem sie den Menscken in die nadte Zwangsgewalt des Staates, be- herrsht von dler einseitigew Herrschaft der Massen, zurückführt. Und welche Gestaltung der Dinge® würde sich realpoliti}ch ergeben, wenn das gleiche Wahlrecht in Preußen eingeführt wird? Man sieht in den Kreisen der Anhänger des gleichen Wahlrechts den über- wiegenden Einfluß der Sozialdemokratie für ungefährlih an, weil dagegen genügende Kautelen vorhanden seien. Ich fürchte das Gegen- teil. Die Sozialdemokratie denkt nicht an Versöhnung, fie denkt nus an Klassenkanmpf; jede von den edelsten und reinsten Motiven diktierte Auffassung wird durch den Gang der Dinge nicht gerechtfertigt werden. Die Statistik gibt einen Anhalt dafür, wie sich mit dem Neichstags- wahlrecht die Zusammenseßung des preußischen Abgeordnetenhauses gestalten wird. Es läßt sih berechnen, daß stati zehn Sozial- demokraten hundertvierundvterztg, statt zwolf Polen fünfunddretßig hier fißen werden, daß die Nationalliberalen und Konservativen ganz wesentlih geschwächt werden, daß die Majorität vollig von den Sozialdemokraten beherrscht werden würde. Die nähere Darlegung

befindet sih in einer von meiner Partei ausgearbetteten E j

die wir gern zur Verfügung stellen. Die preußishe Steuerpoliti war bisher beberrscht von dem Grundsaß ausgleicender Gerechtigkeit; die direkten Steuern werden na der Leistungsfähigkeit aufgelegt. In Frankreich hat man es bekanntli immer noch nicht zu einer einiger- maßen brauchbaren (Ginfommensteuer gebraht. Kommen 144 ode vielleicht sogar 200 Sezialdemotratenw in dieses Haus, so ist es damit vorbei; man wird die Henne scklachten, die die goldenen Gier legt. Wohin das führt, sehen Sie heute an Rußland; die dortige Ent- wicklung wird uns dafür in den nächsten Jahren noch recht \lehrreidhe Beisipiele liefern. Jn einer Welt, wo die Zahl unbedingt herrscht, wird die preußisbe Landdevolterung unbedingt der städtisden Masfen- herrschaft ausgeliefert fein, ein Durbhalten wie in diesem Kriege würde mit einem solchen Landtage nicht mehr möglich sein, unerträg- liche Lasten würden auf den Großgrundbesiß gelegt werden. (Zuruf des Abg. Adolf Hoffmann: Diese Angst um das Portemonnaie.) Der vreußisce Großgrundbesiß darf neben seinen politischen auch wirt- \haftliche Verdienste in Anspruch nehmen, er hat große Mengen voa Vorräten für de Volkernahrung in dietem Kriege berettgestellt, er hat die ländlite Produktion in dreißig Jahren verdoppelt. Bisher ist ist es möglich gewesen, eine einbeitlihe Kirchen-. und Sck&ulpolitik im Interesse von Kirche, Schule und Staat gleicermaßen zu treiben. Unter dem gleiden Wahlrecht wird die Aufrechterhaltung der tTon- fessionellen Volks\{ule ein Ding der Unmöglichkeit fein. Die preußisde Voltsschule hat nicht sowohl auf eine große Menge von totem Wisfensballast, als auf die sittlite und religtose Erziehung dgn Haupiwert gelegt und uns damit die Männer geschaffen, die ch diesem Kriege L fehr bewähren; sie hat weiter verstanden in puncio Wissen einen Nekord zu erreichen, der alle Welt \{lägt; in Deutsch- [and wird pro Kopf 13 M, in England nur 8, in Frankreich nur 7 M aufgewendet, in Deutschlond zählen die Analphabeten- auf 10 000 Köpfe nur zwei, in England 100, in Frankreich 320, (Hört, hört! rets.) Was der Haß der Demokratie gegen die Religion bewirkt, haben wv in Frankreich erlebt. Die großen Verdienste des lig in den roßen Städten erkennen wir ohne weiteres an, Wir würden 1m Interesse unseres besikenden Bürgertums es auf das tiefste beklagen, wenn als Folge der Demokratisierung des Landtaeswahlrechts auch das Kommunalwahlrecht denselben Weg gehen würde. Wir fürchten, daß infolge einer Nadikfalifierung des Landtages auch die Monarchie leiden würde. Der Herrscher würde angesichts einer demokratischen Landtagsmehrheit mehr als im Reichstage \ckweren Konflikten aus- geseßt sein, die Monarchie würde bei uns leiht zu einem Schatten- kontgtum herabsinfen. Das ist unserer Ueberzeugung nah unerträg- lich, (Lebhafter Beifall rechts.) Unsere Partei, ebenso wie alle an- deren, dis tief in die Linke hinein, sind eng verknüpft mit dem Köntg- tum, das wir nicht der Undankbarkeit der Sozialdemokraiie überlassen e Unter dem gleichen Wahlrecht soll unsere Wehrkraft fester undiert sein. Wer so argumentiert, übersieht die grundsäßliche Feind- schaft der Sozialdemokratie gegenüber unserer Heeresversassung. Es wird auch übersebzn, daß die Grfolge des Reichstags in dieser Be- zichung nur erreicht wurden durch die Mehrheit der Mandate und nicht der Wähler. Wie es in der äußeren Politik aussehen würde, das kann man ja nach den Worten des Abg. Ströbel ermessen. T leben nun einmal in einer Welt der harten Tatsachen. Unsere Gegner wünscken uns zu unterdrücken und selber zu- herrschen. Unter sozialdemokratisher Leitun würde Deutschland zum Sftlaven der Völker, besonders Amerikas, werden. Auch die Gefahr für die Bundesstaaten N in Betracht gezogen werden. Bebe sagte einmal: Haben wir Preußen, dann haben wir alles. n dem Augenblicke, wo Preußen der Demokratie ausgeliefórt witd, geht für die anderen Bundesstaaten jeder Halt verloren. Diese haben in der Sonderart Preußens ein starkes Bollwerk ihrer eigenen um - unwesentlichen Es wäre

vörmessen, wenn wir hier an Bismards weisen Grundsäßen rütteln

ten. Alle möglichen Kautellen, die hineingearbeitet werden können, woll! dl h imstande sein, auf die Dauer dem verhängniévollen Prin- cure orlage entgegenzuwirken. Wir wollen zwar mitwirken, aus zip Ml en Erlebnissen dieser Zeit die Folgerungen zu ziehen. Ich den bt aber faum einen Weg, der es uns mögli mat, diesen pesi- sche bisbungen amnseres Volkes innerhalb der Vorlage der Regierung tian » zu tun. Die Regierung hat eine sehr schwere Verantwortung a den Wünschen unseres Volkes übernommen, eiwas Besseres 0 ‘Stelle des Alten zu sehen. Es sind eine Menge von Neform- “rschlägen aufgetauchi, die man niht mit einem Unannehmbar ab- L ollte. Auch ih meine nicht, daß man den höheren Bildungs- “sus einführen sollte. in ganz ungebildeter Mann, der sich felbst " rindet, kann ein fehr viel höheres Maß von Anspruch an der

SheTind : N Mal h E ¡tung haben, als ein gebildeter. Es gibt aber andere Dinge,

Ztnatólei ! 9 gror Sha Friterium des Arbeitaebers. Anknüpfen könnte man auch an don Gedanken des Bismarckshen und |Steinschen berufsständischen Rahlrechtes. Gerade die mittleren Schichten der Bevölkerung sind oute im Reichstag und im Landtag nicht 1hrer Wichtigkeit genügend vertreten. Mir scheint deshalb der Gedanke schr ernsthaft der Er- Lr & & 4 L pr coc. Z g Ç wägung wert, ob nicht durch Schaffung eines beruféêständischen Wahl- rechtes deren Interessen in höherem Maße Rechnung getragen werden Wollten wir diefen Gedanken ohne ernsthafte Prüfung a limine abreisen, jo würden wir uns dem Volke gegenüber einer unverantwortlichen Leichtfertigkeit s{uldig machen. Ich komme zum Seluß. Die konservative Partei erblickt in der Stärkung des demo- fratishen Gedankens die größte Gefahr für eine erfolgreiche Weiter- entwilung des preußischew Staates und der europäishen Kultur. Das Reichstagswahlrecht 1st ein Danaergescenk. Diejenigen Teile es Volkes, die im Kriege Entbehrungen ertragen und ihre Schuldig- fait getan haben, würden durch das gleiche Wahlrecht entrehtet und cefnechtet werden. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Wir sind der Üeberzeugung, daß wir vor einem Wendepunkt der europäischen Kul- ur stehen. Treitschke hat von Deutschland und Preußen gejagt, daß dem deutscen Volke nah dem dreißigiähriaen Kriege eine zweite Jugend beschert gewesen set. Wenn das Problem richtig erfaßt wird, so Fan Deutschland auch heute einer neuen aufsteigenden großen Entwi- lung entgegenge{ührt werden. Eine solche innereRegeneration hat heute die gesamte europäiscche Kulturwelt nötig. Das Volk hat seine materiellen Interessen auf dem Gebiet der Technik allzu einseitiq ge- pflegt, es muß wieder zurückgeführt werden zur altpreußishen Lehre deé fategoriscten Imperativs, zur Selbstzucht und Selbstüberwindung. Des sind keine politischen Ziele, sondern Ziele, die jeder Vaterlands- freund ohne weitevos verfollgew wird, aber dieses Ziel wird nicht ohne {were Stürme zu erreiben sein. Die konservative Partei geht iurdtlos und unbeirrt troß aller Ströbelsen Drohungen in den Fzmpf. Sie kämpft mit gutem Gewissen für Freiheit und Gerech- tigkeit (Widerspruch bei den Sozialdemokraten) gegen die einseitige Klassenherrscbaft, die die Sozialdemokratie vertritt. Ich schließe mit den chönen Worten, die ein preußischer König in der Zeit der tiefsten (rniedrioung gesprochen hat: Jch glaube an den, ' der zum Uebermute spricht: Hier werden sih legen deine stolzen Wellen. (Lebhafter Bei- fall rets.) Abg. H i r \ ch. (Soz.): Die Verherrlichung des Junkertums, der Angriff auf die Sozialdemokratie und der Vorstoß gegen das Reichs- tagéwahlreckcht zeigen, wie {wah die Position der Konservativen im Augenblicke ist. Die Behauptung, daß das gleice Wahlrecht der Frone abgepreßt worden sei, 1 dur die gestrigen Erklärungen des Vizepräsidenten des Staatsministeriums, wonach die Gewährung des gleiden Wahlrechts der ausdrükliche Wille der Krone sei, ein für ¡allemal beseitigt. Haben Sie (zu den Konservativen) kein Gefühl für die komische Wirkung, wenn Sie glauben, die Krone gegen sich selbst in Sdkuß nehmen zu. müssen? Gerade weil das Meichstagswahlrecht die Minderbeiten unvertreten läßt, fordern wir die Einführung des Proportionalwahlrechts. Davon will aber Herr von der Osten nichts wissen, Es 1 unrichtig, daß wir die Aufrihtung der Klassenherr- daft, des Proletariais wünschen. Wir sind gegen jede Klassenherr- beit, Leider sind die Aussichten für die Durchführung des gleichen Voblrechts nach dem, was wir gestern von den Parteien gehört lhaben, schr gering, Wenn es der Ges(icklichkeit der Regierung nicht gelingt, cinen Umschwung herbeizuführen, fo 1 das wertvollste Stück der Veblteform überhaupt gesckeitert. Ein Klassenwahlrecht kann der King unmöglih unterschreiben und den Kriegsteilnehmern bieten, Ein Konflikt zwisben -Krone und Parlament würde unser Ansehen im Auslande wahrlid niht erhöhen. Vaë bat man gegen das gleide Wablreht angeführt? Gerade die deutsche Arbeitersd-aft bat bewiesen, daß ste politisch reif ist. Wenn wirkli 35 Polen in den neuen Landtag einziehen sollten, fo wäre dacegen nichts zu sagen, denn die Mehrheit der Bevölkerung der the- mals polnisben Landesteile muß hier zum Ausdruck kommen, und ¡rir haten das zu respektieren. Dasselbe gilt natürlich von der |Soztal- dcmokratie. Daß (der Wille des Volkes auch im preußishen Abge- ordnetenhause zum Ausdruck kommen muß, wird auch von hervor- tagenden Männern ‘der Wissenschaft anerkannt. Der Vorredner glaubte einen besonderen Trumpf dadur ausspielen zu können, pielleiht war das auf das Zentrum berechnet, daß er meinte, die Kirhen- und Schulpolitik Preußens könne unmöglih weiter in dem bisherigen Geist getrieben werden, wenn nicht mehr eine konservative und gentrumémehrheit vorhanden sei. Unsere Gegnerschaft gegen die 1ebige Schul- und \Kircenpolitik wird sogar von éFreikonservativen geteilt. Herr v. d. Often will feinen Wissensballast in der Volks- \ule, wir olauben, ‘daß in der Volkés{ule noch lange niht genug an Lildungéstoff geboten wird, darum wollen wir die konfessionelle Velksscule durch die Einheitssckule erseßen. Gerade die Sozial- demokratie ist stets für den Kulturfortschritt eingetreten. Den Konservativen is in dieser Situation niht gerade behaglich, sie fühlen, daß die Todesstunde ihrer Macht geschlagen hat. Kann in kiner Zeit, wo Throne und Verfassungen \türzen, allein das preußische Vreiklassenrahlre{t der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht bleiben? Eins verstehen die Konservativen nit: in Sön- beit zu sterben. Sie kämpfen verzweifelt um jedes Tüpfelchen ihrer Rechte und wollen dem Volk seine Rechte vorenthalten. Das alte Preußen, das die Konservativen erhalten wollen, ist ein Klassenstaat fans phrase, dessew Macht aber, so wenig Freunde in der Wellt be- len. Wir wollen nit ein Preußen im Gegensaß zu den übrigen eutschen Bundesstaaten, sondern wir wollen, daß aus den Trümmern #6 alten Preußen ein modernes neues Preußen ih erhebt, in dem sder Staatsbürger \sih mwohlfühlt, in dem freie Menschen leben. venn uns das gelingt, dann haben wir nit umsonst gewirkt. Die Konservativen fühlen ih zuerst als Preußen, nur als Preußen, sie wollen, daß das alte Preußen weiter die (Führung im Deutschen eich hat; erst kommt für sie Preußen, dann nochmals eee und wieder Preußen. Herr |von Heydebrand sagt, man fühle sich als *teuße verraten und verkauft, der Þpreußishe Landtag wäre aus- vesdaltet. Cs ist ganz natürli, ‘daß der preußische Landtag ausge- sbaltet wird. Ein Parlament auf Grund des allgemeinen gleichen

und direkten Wahlre 48, wie der Reichstag, hat eino hundert Mal

lt Macht als ‘das Dreiklassenwahlreht. Wenn der Landtag Be- œutung baben soll, muß Preußen eine wirklihe Volksvertretung haben, er preußische Landtag hat: auf wichtigen Gebieten seine Pflicht ver- naclässint und die Nechte des Volkes mit Füßen getreten. Groß- gige Reformen sind in Preußen nit zu verzeichnen. Wir haben wagends Fortschritte, aber überall Stillstand zu verzeihnen. Not- rendig ist die Neform der Provinzialordnung, die Ordnung der S Meindeverfassung, die Nevision des KommunalabgabengeseBes. a illstand herrs{t in der Sozialpolitik. Das Shstem der Ge- i einspektion ist \{leckt auégebaut, eins der traurigsten Kapitel h die Wohnunosnot und die Wohnungsgeseßgebung. Stillstand a im Volks\{ulwesen, ebenso im Gesundheitswesen. Ueberall u Die bessernde Hand angelegt werden, aber seit Jahrzehnten ist rfwiidiges geschehen. Es bestehen noch aîte Gesepe, die

hr in die Neuzeit passen, wie die Gesindeordnung. Das eotdnetenhaus hat wiederholt versut, seinen Einfluß auf die die Apersierung geltend zu machen und ldie Reichsversiherung gegen auch jeiterklasse arf zu machen. Für die Schußzollpolitik hat man im Landtag gekämpft. Hexr v. d. Osten tellt die Junker als

Idealisten hin, die nur dem Staate dienen und sich niemals be- reichern wollen. Aber jeut wollen fie die Lebensmittelpreise noch immer höher haben, weil die Landwirte sonst nicht produzieren fkönn- ten. Diese Agitation besteht, seitdem die Schuhzollpolitik inauguriert ist. Der Krieg hat gezeigt, E wir bierzig Jahre ‘hindurch den Herren die Bolle umjonst gezahlt haben. Tatsählih haben die „unfer niemals dem Staate gedient, sondern den Staat beherrst, sie beherrschen ihn noch heute. Herr v. d. Osten hat nur die Kriege unter Friedri dem Großen erwähnt. Aber in dem Kriege zu Anfang des borigen Jahrhunderts haben sich die Junker nicht rühmlich verhalten. Uebrigens kommt es bei der Beurteilung der Junker mt auf die Tätigkeit des einzelnen, sondern der ganzen Klasse an. Jeßt gilt es nicht nur das Dreiklassenwahlsystem abzuschaffen, son- dern auch eiw von Grund aus anderes Wahlsystem in Preußen ein- zuführen. Der Abg. v. d. Osten erblickt in dieser Wahlreform cine Einschränkung der Rechte der Krone! Quis tulerit Gracchos de seditione querentes? Die Verfassung stellt auch die Entlassung der Minister als ein Kronreht hin; dieses Recht der Entlassung aber haben Sie (rechts) stets für sich in Anspruch genommew 1ch brauche ja nur an die Entlassung des Herrn von Bethmann Hollweg, an die Broschüre von Junius Alters, an die Adlonversammlung zu erinnern. Ihre Ministerstürzerei ist do auh nit erst von gestern und beute. Herr von Heydebrand meint, wir seien mit der Vorlage auf dem Wege zum parlamentarischen System. Jh wünste das, und es ist ja möglich, aber die Einführung eines demotratishen Wahlrechts ist noch keines- wegs ein Schritt zum Parlamentarismus, Die Geschichte lehrt, daß die Gefahr gewalt\amer Umwälzungen viel größer ist, wenn die Forde- rungen der Demokratie nicht rechtzeitig erfüllt werden, das lehrt uns die jüngste Geschichte mit nicht mißzuverstehender Deutlichkeit. Ueber den Wert der uns gemachten Vorlagen weiche ih von der Auffassung des Abg. Ströbel ab, Die Vorlage bringt das direkte und geheime Wahlrecht und das Prinzip der Gleichheit. Dagegen legt sie der all- gezmeinen Wahl eine Reihe von Einschränkungen auf. Sie erhöht die Wahlrechtsmündigkeit von 24 auf 25 Iahre, sie seßt eine dreijährige Staatsangehörigkeit voraus, sie verlängert die Dauer der Ansässigkeit in der Gemeinde von einem halben auf ein ganzes Jahr. Alle diese Einschränkungen erscheinen uns durchaus unzulässig. Wie will man rechtfertigen, daß ein Wähler, der zehn Jahre in Berlin gewohnt hat, das Wahlrecht verliert, wenn er nah Friedenau zieht, sobald die Wahl erfolgt, wenn er noch nicht ein Jahr in Friedenau wohnhaft war? Was jollen die heimkehrenden Krieger sagen, wenn ste genötigt, einen anderen Wohnfiß zu wählen, unter ähnlichen Vorausseßungen ihr Wahlrecht nicht ausüben können? Dann hätten sie den Dank des Vaterlandes dur den Verlust des Wahlrechts erhalten! Diese Be- stimmungen müssen beseitigt werden. Ein direktes Ausnahmereht gegen Berlin ist die Vorschrift, daß man ein Jahr lang in demselben Wahlbezirk gewohnt haben muß, denn in ganz Preußen ist nur die Gemeinde Berlin in mehrere Wahlbezirke geteilt. Wir Sozial- demokraten verlangen das allgemeine, geheime, direkte und gleiche Wahlrecht für alle über 20 Jahre alten Personen beider Geschlechter. Gerade in der heutigen Zeit erscheint uns die Erfüllung dieser Forderung unerläßlih. Den Frauen darf das Wahlreht nicht weiter vorenthalten werden; alles, was die Begründung für die Gewährung des aktiven Reichstagswahlrechts überhaupt anführt, trifft in gleichem Maße auch auf die Frauen zu. Wenn es nah dem Kriege gilt, das Verheerte, Zerstörte, Verwüstete wieder aufzubauen, dann werden die Frauen in ganz eminentem Maße zur Mitwirkung berufen sein. (&s muß ganze Arbeit gemacht werden. Ein wirklich gleihes Wahlreht werden wir ja auch bei unveränderter Annahme der Vorlage nicht haben, denn die Vaies ungerechte, den Großgrundbesiß begünstigende Wahlkreis- einteilung will die Regierung ja bestehen lassen, obwohl Preußen sich in den sechzig Jahren aus einem Agrar- in einen Industriestaat ver- wandelt hat. Die kleine Korrektur, daß automatish jeden Wahlkreis ein Abgeordneter mehr vertritt, wenn der Zuwachs der Bevölkerung 250 000 Seelen erreicht, ist absolut ungenügend. Die Vorlage zur Reform der Zusammenseßung des Herrenhauses kann uns nicht im geringsten befriedigen. Wir stehen auf dem Standpunkt der ‘Be- seitigung des Zweikammersystems. Will man das Herrenhaus bei- behalten, dann muß es eine ganz andere Zusammenseßung als jeßt und als es die Vorlage will, erhalten. Vor allem müssen die Arbeiter eine Vertretung durch das Geseß erhalten. Die Berufung des einen oder des anderen Arbeiters aus königlihem Vertrauen hat keine Bedeutung. Die Vorschlage, die {ließlich hinsichtlich der Etatsrechte beider Häuser von der Regierung gemacht werden, vermindern das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses so, daß wir uns damik bedenklich dem Zustande nähern würden, der in Oesterrei durh den berüchtigten S 14 geschaffen ist. Daß die drei Vorlagen in einem unlösbaren inneren Zusammenhang ständen, wird durhaus zu Unrecht behauptet; früher ist bei den Wahlrechtsanträgen nie von etner gleichzeitigen Reform der usammensekung des anderen Hauses die Rede gewesen. Jeßt plößlich soll diese gleidzeitige gemeinsame Aktion eine conditio sïne qua non sein. Beschliekt das Haus gar diz Verkoppelung der dre Vorlagen, so wächst die Gefahr, daß die dringendste Reform, die Reform des Wahlrechts, überhaupt nit zustande kommt. Es muß aber ganze und \%nelle Arbeit gemacht werden. Die Herren Konservativen aber wollen überaus aründliche Beratung; am liebsten wäre es ihnen, wenn wir erst nah Beendigung des Krieges an die „Lösung der Frage hevangingen, wie es ja auch die Deutsche Vaterlandspartei als Ziel verfolgt. Die Taktik ist nun zu durcsichtig; nach dem Kriege sind so gewaltige Ausigaben zu-löfen, daß die verfassung8rechtlichen Fragen ohne woiteres in den Hintergrund treten müssen. Darum muß das Verfassungswerk noch ror Beenkigung des Krieges amd vor dem Ende der Lagislatur- periode durd(eführt werden. Bitterste Klage muß ich auch darüber führen, daß uns noch immer die Abhaltung von Versammlungen un- mögli gemacht wird. Hier muß gleiches Recht hexrschen. Was man dew Konservativen und ider Vaterlandspartei erlaubt, mu auch uns gestattet sein. Die Vaterlandépartei will sih zwar n t um innerposlitishe Fragen kümmern, das tut aber eingestandenermaßen ihre Tochtergesellscaft, der Bund) der Kaisertreuen, der sogar um Uebersendung von Material zur Bekämpfung der Sigialdemokratie bittet (und si dabei der Unterstüßung der Belhörlden erfreut. Hoffent- si macht diesen der Minister des Innern dem Standpunkt klar. Bei: den früherem Vorschlägen handelto es sich um eine rein deutsche Angelegenheit. Heute ‘handelt es sih um das Anschen Preußens und Deutschlands vor der Welt. Jch glaube selbst nicht, daß eino Demo- Ffratisierung Deutschlands unsere Feinde heute zum Frieden genesgter macbte. Aber mit welcher Schadenfreude würden sie auf uns hewab- sehen, wenn es den Wahlrechtsfeinlden gelänge, die Vorlage zu Fall zu bringen. Die Regierung darf es dazu nit kommen lassen, nah- dom sie sich auf das gleiche Wahlrecht festgelegt hat, Den Faustschilag ins Gesicht, ten eino Ablehnung bedeuten würde, darf sie nicht han- nebmen. Slheitert die Reform, dann gibb es für die Regierung nur dew Weg über, dew Reichstag. Die! Regierung darf erst den Kriegs- teilnehmern mit zumuten, noch einmal nach dem alten System wählen zu müssen. Es handelt sih hier um einen Kampf zwischen bder Krone und der Regierung auf der einew und den Komservatkiven und day Schwerindustrie auf dor anderen Selite. Die Anhänger der Regierung haben dia Pflicht, hier die Krone vor einer Niederlage yu bewahren. j L ; Ae Abg. Dr. Schifferervr (nl.): Ich stehe niht unter dem Gin- brudck, als ob man si bisher immer, der ganzen Verantwortung der Aufgabe bewußt geworden ist. Die Haltung der konservativen Partei in früheren Jahren ist daran nicht gang {uldlos, troßdem i ihr daraus keinen Verwurf machen will, daß sie nicht auf dem alten Standpunkt stehen geblieben t: Jn Uebereinstimmung mit anderen Rednern möchte ich aber, feststellen, daß dieser gangen Srage unter einem parteipolitischen Gesihtöwinkel nuht boizukommen ist Die Aufgaben, die uns hier gestellt werden, sry so eminenter Natur und stellen sich den größten nationalen Aufgaben Preußens an die Seite, und sie sind. für die Zukunft Preußens so entscheidend, daß sich daraus {on érgibt, daß man den Partoistandpunkt nicht übera auf- redterhalten kann. Es hat si G elbst f prüfen, G mit der An- nabme dieser Vorlage, eine ernste Gefahr 7 Preußen oder für das Reich vorhanden ist. Die Verhandlungen haben deshalb aud ge- zeiat, daß auch innerhalb der grohen, Parteien hierüber verschiedene Auffassungen vorhanden sind. s gilt namentklich von den Mittel-

- Pluralwahlrechts gehört dahin.

Abgeordnetenhauses in hohem Maße untershäßt.

partleien. Aber aub unter den anderon Parte! VBorlare ein canbeitliches Urteil gebildet haben, L

eventuell anftelle der Regierungsvorlage zu segen +

en, die sid über dzs eftchem Zweifel, was

gem ist. Wie im Hause ist auch draußen im Lanze die Stimmung. Doert erheben si wichtige Stimmen, an tenen die Negieruna nicht wird achtlos vorübergehen kennen. Es ijt von der allergrößten Bedeutung für die kulturelle pelitische und wirtschaftlihe Enimidläang, wie, sich die einzelnen fultu- rellen und wirts{aftlicken Gruppen zu dieser Frage stelle,. Auf jeden Fall ist man überall der Ueberzeugung, daß das Wahlrecht ge- andert werden muß. Ob die Entwicklung, die unter der Einwirkung des Krieges vor sh gegangen ift, nüßTich oder \chädlid ift, darübee jeßt Betrachtungen anzustellen, hat keanen besonderen Wert. Meins Parteifreunde haben den Wunsch und den Vorsaß, in ehrlicher ge- wissenhafter Arbeit zusammen mit den Parteiew und der Negierung fir den Staat die glücklibste Lösung zu finden. Wie der Minister dcs Innern jon bervorhcb, laßt sich eim Wahlrecht nit logais{ch begründen. Man hat immer nur zu untersuchen, mie es wirtschaftlich, fuiturell, fozial und pelilisch dem Wohle des einzelnen entspricht. Jft dicé vorhanden, dann wird aucb die Treue und kie Begeisterung zum Staate vorhanden sein, von deo der Minister des Innern spra. ¿egt man diesen Gedanken den Erwägungen über das Wahlrecht zu- grunde, dann wird man die Frage vorlegen müssen, 2b tatsächlich ein auf’ der Grundlage des gleihen Wahlrechtes aufgebautes Wahlsystem diese Bedingung erfüllt. Der Manister gab selbst zu, daß dadurch ih eine starke Radikalisierung des Hauses ergibt. Es fragt fich un, ob man damit der Eigenart des Bundesstaat2s gerecht werden kann, der nah feiner Größe und nah seinem Verdienste um die Entnicélung des Deutschen MNeiches einen Anspruch auf Entgegen- fommen hat. Wir dürfen nicht vergessen, daß diese Dinge auch für die Gestaltung unserer ganzen wirt\chaftliden Verhältnisse auch 1m Neiche von Bedeutung find. Die \preußishen Bundesrats\timmen fönnen nah feiner anderen Nichtung hin instrutiert werden, als wie cs der Mehrbeut dieses Hauses entfpriht. Wenn wir diefen Krieg fo durgeyalten haken wie bisher, wenn wir unser Volk, wenn auh mit Einschränkungen, so ernähren konnien, wie cs jeßt der Zall ist, dann verdanken wir dies leßten Endes der Wirt- shaftspzlitik, die dex Mehrheit im . Volke entspricht. Von der größten Bedeutung ift die Nadikalisierung des Abgeordneten= hauses auch für die Zukunft des deutschen Ostens. (Lebhafte Zus stimmung.) Meine gesamten politishen Freunde find der Meinung, daß den Interessen der Deutschen im Osten auch fernerhin die größte Aufmerksamkeit zugewendet werden muß (Erneute Zustimmung), denn es handelt sih bier nit nur um preußisce, sondern um deutshe Jn- teressen. Das is auch von \füddeutsher Seite anerkannt worden; 1ch erinnere nur an die bekannte Rede unseres verstorbenen Kollegen Hieber. Der Minister des Innern ist von einem grenzenlosen Opti- mismus beseelt. Auch ich halte einen gesunden Optimismus im politi= schen Leben für dur&aus am Plaße. Wenn er aber auf das Herrenhaus hinweist, so fragt es sih do, ob ein Oberhaus auf die Dauer einem radikalen Abgeordnetenhause Widerstand leisten kann. (Sehr richtig!) Wir werden alle diese Fragen in der Kommission eingehend zu prüfen haben. Das gilt auch von demjenigen Teil meiner Freunde, die der Vorlage grundsäßlih freundlich gegenüberstehen. Auch die Frage des Iw: ts i Jch will nit untersuchen, ob ein Unterschied zwischen diesem und dem Reichstagswahlrecht vorliegt. Liegt kein Unterschied vor, oder nur ein sehr geringer, dann könnte die Staatsregierung ihren Widerspruch gegen das Pluralwahlrecht nit aufrechterhalten. (Heiterkeit und Zurufe.) J bin ja der Uan daß ein Unterschied da, ist. Die berufs\tändige Vertretung hat ja manckes Bestehende für si. Es sind aber auch \chon verfassungs- rechtliche und technische Bedenken dagegen angeführt worden; auch diese Frage wird die Kommission besckäftigen müssen. Hätte das Dreiklassen- wahlrecht wirklich die günstigen Folgen, die Herr v. d. Osten ausgemalt hat, so wäre es nicht zu verstehen, daß der Mittelstand sich in so ge- ringem Umfange an den Landtagswählen beteiligt. Die Leistungen der preußischen Junker verkennen meine politishen Freunde fteines- wegs. Jch hätte nur gewünscht, daß in diesem Augenblick gleichzeitig hervorgehoben worden wäre, daß in dem jeßigen Kriege auch die mili- täriscen Führer unseres Volkes, die Offiziere, zum großen Teil den breitesten Volks\chichten entnommen sind und sr Gutes geleistet haben. Der Abgeordnete Hirsch, dessen Ausführungen si sehr wohltuend von denen des Abgeordneten Ströbel abhoben, hat doch die Leistungen des d k Ich erinnere nur an die. grundlegenden Reformen auf dem Gebiete der Steuergeseß- gebung, der Schule, der Landeskultur, der Eisenbahnen. Wenn uns auch manches nmcht befriedigt hat, mancdes verbesserungsbedürftig ist, so stehen doch die Leistungen des Abgeordnetenhauses in vielfacher Be- ziehung turmhoch über den Leistungen anderer Staaten, die dem Ab- geordneten Hirsch nahestehen. (Zustimmung.) Ohne Schußpolitik hätten wir in diesem Kriege nicht dur{halten können. (Erneute Zustimmung.) Uebrigens handelt es si dabei nur um eine Zwecckmäßigkeitsfrage. Würde das Abgeordnetenhaus radikalisiert, dann würde die äußerste Linke noch ganz andere Forderungen stellen als jeßt. Was das Herren- haus betrifft, so wünsdæe ih, daß auch die Arbeiterschaft dort cine Vertretung haben muß, nicht dur Berufung, sondern durch Präsentation auf Grund des Gescßes. Wir wünschen, daß die dret (Besee miteinander verkoppelt und durch ein Mantelgeseß verbunden werden (Hört, hört!), weil alle diese Dinge einen starken organischen Zusammenhang zeigen. (Zustimmung.) Auch ih bin der Meinung, daß es sih hier nur um eine preußische Angelegenheit handelt, dis von den gçeseßgebenden Faktoren Preußens zu erledigen ist. Auf das Ausland brauen wir dabei keine Rücksibt zu nebmen; wir müssen unser Haus so einrichten, wie es uns paßt. Wilsons unverschämte Aeuße- rungen sind {on gekennzeibnet worden. Es war interessant, daß wir die Rede Ströbels an demjelben Tage hörten, als wir die Rede Wilsons lasen. Die Aeußerungen des Uebersozialisten Strobel waren auf den Geist des Beschübers des angloamerikaniscen Ueberkapitals gestimmt. (Sehr gut!) Es wäre eine gerehte Strafe für Wilson, wenn Herr Ströbel ungefährdete Ueberfahrt nah Amerika erhielte. (Heiterkeit) Veber auswärtige Fragen lege ich miv natürli die äußerste Zurük- baliung auf. Meine gesamten politishen Freunde erbliden in der Friedensresolution vom 17. Juli niht die Gewähr für die befriedi- gende Lösung der Friedensfragen. Wir fordern einen Frieden, der die erforderlichen Sicherheiten gibt gegen die Wiederholung eines solcben Krieges und der unsere nationale. und fkulturelle Weiterentwicklung ir volliger Unabhängigkeit von anderew Staatew sichert. Diese Forderung steht durhaus im Widerspruch mit der Forderung nah einem baldigen Frieden. Will man aber diesen, so muß man nicht fortwährend vom Frieden reden. Die Friedenssehnsucht wird vom Feinde als Schwäche angesehen. (Zustimmung.) Diese Auf- fassung reicht weit hinein in die Kreife der Sozialdemokratie, wie ein Aufsaß des jüngst gefallenen Rudolf Franke beweist. Wir wollen einen deutschen Frieden und unterschreiben dankbar die Worte des V islerpräsitenten, der sagte, wir wollen keinen Frieden, der nit die deutsden Grenzen und den preußtfchen Staat sichert. Ein solcher Friede licgt aub im Interesse der deutschen Arbeitershaft. Dieser baben wir im Kriege sehr viel zw verdanken. Daraus erwädst fün uns die Pflicht, beim Frieden auch ihre Interessen mit wahrzunehmen. (Zuruf bei dew Soz.: Gleiches Wahlrecht) Deshalb verwerfen wir au die Scheidemannshe Formel. Wir wollen Preußen und Deutschland auch in Zukunft forteniwidckeln. (Beifall.) Darauf wird um 4 Uhr die Fortseßung der Beratung auf Montag 11 Uhr vertagt.

Literatur.

Rudolf Eucken hat von setrer werivollen, weitverbreiteten Sé&rift „Der Sinn und Wert des Lebens" etne neue, fünfte Auflage er\cheiren lassen (Verlag v-n Quelle und Meyer in Leipzkg;

eb. 4,90), zu der thm der Weltkrieg Veranlassung bot. Die er- chütternden Eindrücke und Erfahrunoen dieses gewaltigen Erlebnifses haben die in der Schrift vertretenen Grundanshauungen tn ihrem Ver- fasser zwar nicht erschüttert, sie ihm vielmehr bestätigt, sie haben aber die