1898 / 15 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 18 Jan 1898 18:00:01 GMT) scan diff

_; __ _ eu. Vers chiedenbektenReob una ru trader!- Cine bolliiändi'g uniforme Gleichheit durch ganz Deutschland in dem Erlaß ' ' derartiger Verordnungen wird sich kaum erreichen laffen.

Der Herr Abgeordnete bat ferner gefragt, ob die Novelle “zur Gewerbeordnung, betreffend die Beschäftigung von weiblichen Arbeits- kräften in der Konfektions-Industrie, wieder vorgelegt werden würde. Meine Herren, bei einer nochmaligen Prüfung dieser Verordnung hat sich ergeben, daß die Möglichkeit der Ausführung denn doch eine ganz außerordentlich zweifelhafte sein würde. Die Verordnung ging be- kanntlich von dem Gedanken aus, daß weiblichen Arbeitern, Welche in der Fabrik bereits über 6 Siunden beschäftigt seien, Hausarbeit nicht nach Hause gegeben werden dürfe, und es ist meines Erachtens damals schon mit Recht der Einwand erhoben wvrden, daß man eine derartige geseßliche Vorschrift sofort umgehen könnte, Wenn man beispiklswc'ise die Arbeiterinnen in der Fabrik statt 6 Stunden nur 5 Stunden 30 Minäten beschäftigte.

Meine Herren, es war ferner Vorgeschrisden in der Vorlags, daß auch die Haußgewerbetreibrndkn in der Konfrktions-Industrié der Krankenversickperung untEriicgen sollen. Ich erm das humanitäre Ziel dieser Bestimmung durchaus tbeiien und habe auch bereits be einer früheren Gelegenheit im Hohen Hause darauf hingewiesen, daß 85 vorzugsweise Aufgabe der verbündeten Régicrungrn scin dürfte,j die bestehendcn fozialpolitiscben Ersetze zu Vertiefen und zu erweitern; abrr andercrseits kann man auch gegen die Versicherungspflicbt dcr Konfrktionsarbeii-Zr geltrnd machen, daß es doch seine Bedenkrn hat, gerade diess Hausgcwerbetreibenden, die fich bekanntlich in dkn tranrigstrn Vrrhältniffrn bcfinden, nun noch mit dcn Beiirägkn zur Krankenkasse zu belasten. Es liegen ja dem hohen Hauses Anträge dor, betreffend die theileise Ausdehnung d€r sozialpolitisckpen Gesetze auf die HÜUIJNVLWLÜLWMÖLU, und ich glaube, man wird diese Frage der Krankendersicherung drr Konfektionsarbeitrr passend Verbinden mit einrr allgrmeinen Regelung der Frage: Inwirweit find überhaupi die Haus;;ewcrbetrribenden dM sozialpolitischkn Geseßcn zu unterwerfen ? Jm übrigrn kann ich dem verehrten Herrn Abgeordnrirn sagen, daß wir im nächsten Jahre unter allen Umständen eine Modelle zur Gewerbeordmmg werden vorlegrn müssen, und daß mati dann auf die Fragr der in der Vorigen Tagung vorgelegtrn errrdsordnungSnovelie, betreffend dicKonfekiionSarbeitcr, wieder zurückkommen wird.

Abg. Wurm (Soz.): Was der Staatssckrstär iibcr die englischen Gewerkverrine sagte: das; sie keine neuen Maschinen mehr dulden wollten, ist nicht glaubsicl); solche Gedanken findet man untrr den Gerderkvereinlkrn nicht mehr. Aus Anhänglichkeit an das Patriarcha- lische Arbeitswerbältniß hat der Staatsfekretär am 11. Dszember, ehe er seine Etatsrede hielt, ein Rundschreiben erlaffkn, das rin unerbörtcr Strkick) gegen die Arbeitsrbcwrgung ist. Sie wollten Antwortrn haben, welche dad Koalitionérrcht Vernichten. (Widrrkpruch des Staatssrkretärs Grafrn don Posadowsky- Wehner.) Wenn Sie das nicht woliten, bäticn Sie das Rundschreiben anders abfaffrn und rs nicbt heimlich erlassen sollen. Die Koaiitionsfreiheiten, nach dem Sinne des Rundschreibens gestaltet, würden km Mcffer obne Griff und Klinge sein. Dem Arbeiter soll vrrbotrn werden, skine Kameradrn frrn zu kaltem don dsn gesperrtrn Arbeitsstätten; das Betretsn Von Bairnböfen und Straßen soll dem ausständigrn Arbeitern Verboten sein. Wenn die Dinge, Welche der Staatssekretär in dem Rundschreiben als strafbar erklärt wissen will, strafhar gemacht werden, dann sind die kacrkoereine dernichi€t. Gegén die Koalitionen der Unternehmer enthält das Rundschreiben aber kein Wort. Habrn nicht große Gruppen vdn Untrrnehmern, haben nicht die großen StaatSunternedmen, zum Beispiel die Eisrnbabn, in das Organi- sationSrechi der Arbeiter eingrgriffen? Wäbrrnd wir glCichLS Rrcht für die Arbeiter und Arbeitgeber derlangcn, folien dic Arbeits! r€chtlosgrmacht Wkkdén. Herr von Börlkpsch hat den jest wiedsr in Anrsgung gskommrnrn § 153, drn Arbeiterschußparagrapben, als Minister Vertheidigt. Abrr als Mirrisicr a. D. Wkndete er sich dageszrn, das; die Arbriicr in ihrém Koalitionßrecht beeinträchtigt werden gr,;rnüber dkn Arbrit- gebern. Und ein Unter-Staaißsekrctär a. D., Herr donRojtrnkurg, bat ebekxfails die Unparteilichkeit gegenübrr dén Arbciicrn Und Ardrit- gebsrn empfohlen. Disse Hsrren Verkangicn cinen erhöhten Schutz für die Arbeiter, statt drffrn kommt man mit Cshöbtsm Trny und mit erhöhten Bestrafungkn. Wir danken drm Staatssekrrtär für di?) dorbzüglicbc Wablpardlk, die er uns für die Rricipstagswahlen gs- gs Ln at.

Staatssekretär des Innern, Staats-Minister ])1*. Graf von PosadowHky-Wehncr:

Ich muß zunächst in Erwägung meinsr dorbcrigen Erklärung drm Hrrrn Abg. ])r. Hixze brmerksn, daß die Vrrlwndlungrn über dir Arbeitéverbälfniffe in OffLUM Läden in allsrr1ächst€r Zérit abge- schloffen und daraufhin den Verbündrten Rxgikrungen Vorschläge zu unterbreiten sein werden. Zu mriném Bedanxrn babe ich vorhin vergeffen, ihm auf seine bezüglicbe Anfrage sofort zu erwidern.

Nun gestatten Si? mir, mich mit dsr dee des .Hsrrn Abg. Wurm zu b€schäftig€n. Ick begreife garnicht, warum er sich in eine so lcbbafte Stimmung dineindrrseßte. (Hritsrkrit bsi drn Sozial- demokraten.) Er sagte selbst, die sozialdemdkratiscbe Partei müßte mir dankbar ssin für dies Manifsst, und mit iim in dcr Hand würde sie in dcn Wahlkampf ziehen. Nun, ich wrrde mit diesem Manifcst in der Hand auch in den Wahlkampf ziébrn. (Heiterkeit bei den Sozialdrmokratcn.) Wrnn Ihnen dies Manifsst so angenehm ist, daß Sie mir danken, dann haben Sie ja auch gar keinen Grund, mich anzugreifen, dann babe ich Jhnsn ei-zrntlirh einen Dienst geleistet. Ich wundere mich, daß Sie mich nicht daraufdin zum Ehré'nmitglird dexr soxialdsmokraiisckyen Partei mc1chen. (Ack)! bei den Sozialdrmokraten. Zustimmung r€chi§.)

Nun sagt der Hsrr Wurm: .Knebclung der Arbeiter, die zu Hörigen berabgedrückr werdkn folien.“ Er bat zunächst das Ncscript, über dsffen Erwerbung ich mich zum Schluß mxiner Rede aussprechen wérde, zu der Erwerbung sritcns der Redaktion der; „Vorwärts“ - (Zuruf. Glocke des Präsidenten.) Ich werke mich zum Schluß meiner Rede darüber ärtßern.

Er hat zunächst üIersLhen, daß es sick) nickpt, wie er meint, um eine Anweisung an untergeordnete Behördrn [)und-sli odsr um Winke, wie untergeordnete Bébörden zu Verfahrrn hätten, sondrrn um eine Anfrage an sämmtliche dcrbündeten ngicrungen, ob solche Maßregeln, wie sie hier in Auésicbt genommen sind, sich als not!)- wendig beraußgesteilt haben. Ich kann dem Hkrrn Abgeordnrisn sagen, daß der Paffus, den er vorzugsweise angegriffen hat, nichts ist als eine wörtliche Uebernahme aus einer Eingabe, welche seitens des gescbäfisfübrendcn Ausschusses drs Innungsderbandcs (Hritrrkeit links) der deutschrn BaugewrrkSmeister an den Bundeskath gsrichiet isi. (Zuruf links.) Es Warcn an die NrbündSien chirrungsn und den Herrn Reichdkanzler besondcrs eine große Anzahl ähnlicher Anträge gerichtet worden, und es war drmgemäß msine

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Pflicht, zu priifen, ob in- der “Tkat bei Strikes ein solcher Terroris- mus geübt wird gegen *die Arbeiter, welche arbeitswillig sind;“ und daß da der Staat eintreten muß (sebr richtig), um die arbeitswilligcn Arbeiter zu scbüßen, ist selbstverständlicb. (Zuruf links. Bravo! rechts.) Wenn wir das thun, dann sieht nicht die bürgerliche Freiheit auf Ihrer Seite, sondern wir Vertheidigen die bürger- liche Freiheit! (Bravo! rechts.) Ich kenne kein größeres Unrecht, als jemand verhindern wollen, zu arbeiten, wenn er arbeiten will. (Srhr richtig !) Wir haben die Macht und wir werden, wenn dieser Terrorismus angewendet wird, sie auch rücksichtslos gebrauchen. (Bravo! rechts.)

Meine Hrrren, der Herr Nbg. Wurm hat chrner gesprochen Von der .schlo1ternden Angst“, die auch mich offenbar bescblicben hätte; infolge deffen hätte ich Wohl diefes Resktipt erlassen. Ich glaube, drr „Vorwäris' hat diese .sch[otternde Angst" bei mir erst erzeugen woücn: ich lese nämlich heute im „Vorwärfs“ einen Artikel , drr vom Wahlkampf spricht und mit den Wortcn schließt: Graf Posadowsky wird diesen Kampf nicht überl eben. - AnführungSzeichen. - Solche RedenSartcn [affen mich absolut kalt. (Brodo! rechts.) Wir haben keine Angst; wir wiffen, was wir wollen, und wir werden unsere Maß- rcgsln im Nothfalir auszuüben auch die Kraft haben. (Bravo! rechts. Heiterkeit links.) Daß wir freilich nicht die Zustände herbsi- füdrrn wollen, wie sie in England sind, können Sie uns nicht der- denken, da wir die nicht als Vorbilder betrachten könnén. Dort kommt Es so weit, das;, wenn die Arbeiter eincn Strike brschließkn, ein Uniernchmer gczwu:1gen wird, den Arbeiter, der nsch arbeitkn will, zu cntlaffen, und daß dann entschieden wird: Diessr Unternehmer habe unter solchen Verhältnissen einsn berechtigten (Grund gehabt, den Arbeiter zu cntlaffrn. Dann ist allerdings nichr mehr der Fadrik- besißer Eigrntbümrr seinrr Fabrik, sondern die Fabrik wird hier tdai- sächlich ein KoUrktideigknjhum dsr Arbeiter.

kun sind aUes Uebrige unglaubliche Uebertreibungen. (Zurufe links.) Wenn der Abg. Wurm sagte, wir woliten die Koalitions- freibeit der Arbeiter unterdrücken, so hätte er doch die Güte haben sollen, den Passus Vorzulrsen aus dem Reskript, wo ks beißt:

Es sind, abgesehen Von den in der Novelle yon 1890 zu § 153 enthaltencn Vorschlägen, writere geseßlicbe Maßnahmen in Aussicht zu nehmen, um bei der grundsäßlichen Aufrechterhaltung der Koalitionsfreibait (hört! hört! rkcbts) dEr Anwendung unerlaubter Mittel zur Durchführung der Kämpfe um Lohn- arbeits-Bedingungen entgegenzutreten.

Die Koalitionöfreideit soll Vollkommsn aufrechi erhalten werden. Es ist durchaus bc'greiflich, daß der Arbeiter ebenso wie jeder andere Mensch sucht, seine äußere Lrbensbedingungrn zu derbrffern und den Lohn aus seiner Arbeit zu erhöhen. Aber nicht drr- tbeidigt kann werden das, was bier Verboten werden soll, daß „Arbeiter durcb Anwrndung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch EbrVSrlcßungen zur Einstsllung der Arbeit bestimmt oder an Ver- abredungen oder am Rücktritt don solchen Verabredungen verbindest“: Mrdcn.“ Solche Ausschreitunßen wollen wir aÜerdings unicrdrücksn, und wenn das Aufstrllcn von Posten untsr Umständen aUch eine Bo- lästigung srin kann, die untrrdrückt Werdrn solite, fo liefrrt dafür dyn besten BLWZiI, daß gerichtliche Erkenntnisse ergangen sind, Weiche dieses Aufstrlicn don Posten Verbieten und als straffällig erklärxn. (Zuruf links.) Der Herr Abg. dadurch ganz nirdrrzusckylagcn, daß er auf die nahme dss H€krn Freihrrrn Von Bsrlrpsch rxewplifizirrt lxat, drr eb-anails nicht in dcr Lag? gcrvrsrn wärr, solche Be- stimmungen, wie sir dier erwogen find, Vorzuschlagrn oder zu der- tdridigcn. Cinkn unglückliäyrrcn Kronzrngen hätte msinrs Erachtérs der Herr Air]. Wurm uicht zitieren könncn (Widersprrri) linkd), dcm] drr Herr Frcibrrr von Bcrlcpirh, wie er im Amt War, bat inhaltlich drs Kommissi01r§berichks übrr die Gcwerbrnoveüc yon 1891, brtreffcnd den Arbeiiérschmz don Fraurn und Kindrrn, zu dem Vorgesckylagsnen § 153, betrcffcnd den Sirikctsrrorismus, ausdrücklich erklärt:

.Der Umsiand, daß § 153 der Vorlage in erster Lesung mit cr- iwdlicdcr Majoriiät ad-gelskynt ist und das; Anträge zu demselbrn 113? nicht Wriicgrn, läßk mich schließcn, daß di? Kommission in ihrer Mrkrkxeét nicht gsnrigi ist, in dem jryigcn Stadium der Be- ratbung dirsrn ParaZrapdrn eingehsnd zu erörtern. Ick) besckzränke mich dabrr auf die (Erklärung, daß die: drrbündetcn Rrgirrungrn nach wie drr Von der Noibwrndigkrit überzcugt smd, cine Br*- stimmrmg, wie sie § 153 rntbält, oder cinc ähnliche in die Voriagx aufzunedmrn. Dies gilt besonders von der Nr. 2 des § 153, weicke dem in krdcnklicher Weise zunrbmcndcn Brstrebkn strikendcr Arbeitsr knigkgentretcn wil], ihre Genoffen, die arbriicn wollen, zur Niederlegung der Arbeit zu zwingen. Ich belons hisrbei ausdrück- lich, daß *die Verbündeten Regierungen dem Koalitionsrccht der Ar- beitér in krixrrr Wrise zu nahe treten wolirn. Sie crkennen diésks geseßliche Rucht nicht nur an, sondern smd aucb überzeugt, daß das- selbe nach Lagc dEr Verhältniss im Injerksse der Arbeitcr nicht (!*-t- behrt Werdrn kann.“

Herr ron Bkrlrpsck) hat also aasdrücklicb konstaiicrt: die Regie- rung hält nach wie vor daran frst, Trotz der Ablehnung dss dodrrr Hauses, das; solche Bestimmungen notbwkndig smd, und er hat dirse Erklärung in dcr Plenarversammlung vom 6. Mai 1891 wirderholt, Dort sagte er:

.Di? Verdündrten Regikrungrn erklären, daß sie nach wie vor an “drr Uebcrzrugung frstdalten, daß Sirasbestimmungen grgen dkn Zwang zur Arbsits-sinstkllung, gegen die öffentliche Aufrkizung zur Niedkrlcgmrg drr Arbeit und den Kontraktbrucb unerläßlich nothwendig find (hört, hört!) und daß, wenn der Reichs- tag bci disser Gelegenheit die Vorschläge der verbündeten Regierunxxcn in dirser Bcziehung nicht annimmt, er in späteren Zeiten wieder dor dieselbe Frage gestellt Werden wird. Wir sind der Ueberzeugung, daß auf die Daurr der Reichstag sick) der Verpflichtung nicht wird Entzieben können, zur Aufrechterhaltung drr öffcntlichen Ordnung und im Interesse des all- gcmsinen Wohls gegen die Ausschreitungen, die der § 153 trrffen wollte, auch seinerseits das Nothw-xndige zu 1hun."

Freiherr von Verlspscb stand aiso vöUig auf demselben Stand- punkt, auf dem dieses im .Vorwärss' abgedruskte Rescript steht. (Sehr richtig! rechts.) Im übrigen wicdsrbolek iel): Ls sind nur Er- hebungen, die angestellt wcrden, es smd noch nicht Entschlüffe, es ist krine GesLtZLSvorlage. Der Hrrr Abg. Wurm hat gesagt, das

Stellnng-

Wurm hat grglaubt, micky!

Schreiben wäre ein vertraulicbes gewU'en, weitwir “uns geschaft bäiten es in die Oeffentlichkeit zu bringen. Ia, glauben Sie denn ernfthqfßdaß' eine Staatöregierung in der Weise vorgeben kann, _daß das Sibreiben das wir an eine verbündete Regierung richten, jedes Aktenstück, was, an eine andere Behörde gerichtet wird, etwa im .Staats.Anzezget- abgedruckt wird? Wo existiert eine solche Regierung? Eine Re- gierung muß doch erst in ihrem eigenen Schoße fich klar Werden, muß Erhebungen anstellen, muß beratben; sie ändert häufig ibre Absichten, kommt zu anderen Eniscblüssen im Wege der Verath'ung am!) mit Sachverständigen, und dann sabreitet fie erst zum Entwurf eines Gesrßrs, der dem hohen Hause vorgelegt Wird. Bei der Gelegenheit will ich aber einmal auf den Fall zurück- kommen der fortgesrßten Publikatirn amtlicher und sogar der- traulichrr Schriftstücke durch die Presse. Man hat für dieses Ver- fahren einen sehr euphemistischen Ausdruck gebraucht: „er ist auf dcn Redaktionstiscl) geflogen“. Wie enlstehen denn solche Indiskretionen? Dadurch, daß ein Beamter den von ihm geleisteten Diensteid bricht, daß er den Weg der Treue und Ehre verläßt (sebr richtig! rechts), das; er fiel) zu einem Verrätber an sriner eigenen vorgeseßteu Behörde macht, und daß sich eine Zeitungsredaktion findet, die ein solches Schrifrstück bemrßi, wissend, daß es auf unehrliche Weise erWorben ist. (Sehr Wahr!) Nun, mrine Herrén, im bürger1ichen Leben sagt man in Einem solchen Falle: Der Heblrr ist nicht besser wie der Stehier! (Sehr richtig !) Ich sage, es ist*“ ein trauriges Zeichrn, daß so etwas Vorkommt: absr es ist ein noch traurigerrs Zkichrn, daß sich Preßorgane findrn, die von solchen unehriich erworbenen Schriftstücken Gebrauch machrn. (Srbr Wahr! _ Zurufe Von den Sozialdemokraten.) Bitte, mrinc Herren, lassen Sie mich weiter sprechen. - Daß dicsss Nrscrixst publiziert worden ist, hat mich garnicht unangenehm bérühri; im Grgentheil, man wird jeßi ganz genau wiffen, daß die Régisrung, wcnn sxitens der Agitation ein Terrorißmus geübt wird, dsr strafbar ist, die Arbeitrr, die arbeifen Wolien, an der Fortssßung ihrer Arbeit Hindért, - fest entschloffrn ist, dagegen zu enkrgischen Maß- regrln zu greifen, und daß das im Lande bekannt wird, kann uns nur voriheildafi sein (sebr richtig! rrchis), auch im Wahlkampf. Meine Horten, Si? (zn drn Sozialdemokraten) Wrrden keine Kandidairn wählen, die dsr Regierung fre'rmdlick) gesinnt sind, dessen können wir ficher sein. Aber, meine Herrrn, diese Publikation geheimer amt- licher Schriftstücke bat eine skhr Tisfe andere Seite. Kein Staats- wesen kann Existieren, ohne daß (6 sich auf die Ebrenbaftigkeit und die TTLUC seiner Beamten yerläßt. (Sehr Wahr!) Dieses Schriftstück hat uns nicht geschadet. Aber wenn in der That Beamte ebrlds genug smd, ihrer vorgerfeßtrrr Dienstbsbörde sdiche Schriftstücke zu entwendrn und sie in der Zeitung zu publizieren, so ist das aller- dings cine ernstr Gefahr für dsn Staat; denn die Publikation kann fich unicr Umständen auch auf Schriftstücke erstrrcken, die im Jntrrcsie drr Staatéraison absolut gehrim gehalte'n werden müssen, und deren Publikation ein unerssßdarer Schaden für das Staats- wohlsein sein kann, und die Prrffe, die solche entwendeten Srbriftstücke prrblizicrt, kann manchmal selbst garnicht bcurtbeilrn, welcbe Tragweite die Publikation eines solchen Schrisistücks für das Staatswobl haben kann. Ich möchTe drsbalb bsi dieser Gelegenheit - ich freue mich und bin “rem Hcrrn Abg. Wurm dankbar, daß er disse Angcicgenheit zur Sprachr grdrachi bat - an die ganze anständige Preffe drn Appeil richtcn, wrnn ihr wicdcr s0lche Entwrndrtrn Schrifistücke zugeben, mit diessrn Schriftstücken so umzugehen, wir es anständige, wohlerzogene Leute mit anonymcn Drnunziaxioncn 1l2un (sebr richtig! rechts. Widersprrrcb dri dcn Sozialdkmokraicn) * grwiß, mrink Herrcn, sie ungrlcssn ins Fcuxr zu Werfen. (Lkbbaitcs Brady.)

Abg. Hüdcden (h. k. F.): Dad Randscbrkibcn hat garnicht überrascht, chu nian Wußte [an*„st, das über derartige Ausschreitungrn Erbcbrmgrn vrranstaiiet werdcn. Als der Staatdsekretär nkulicb seinrm Widerwiiirn gcgen Lin Uébermaß priizriiicber Bcdormundung Ausdruck gab, war ich zurrst damit doÜstandig rinderstandrn; Es fragt sich nur, Wo das Urdcrmaß a:1fängt. Llrbeit-Ztkoalitioneu smd durchaus nothwendig Und wütrschk11dwrrtb, nicht bloß zur Vrrtbeidigrmg drr Rrchtc drr Arbritsr, sondrrn aucb znr Kontrole drr zum Scißutz dcr Arbsiter erlasirrxrn Vor- schrifte'rr. Aus drm Kongreß für Sozialpolitik war nur sine Stimme (1er die Notbwcrrdigkcitxder Koqlitionen. Die Griverkvereine sind KampderrinL; jrdrr Strike iit ein sÖwerss Urbel, ein zwei- schneidigrs Scbwsrt, dcm dorgcbrnqt werdrn wuß dadurch, daß die Kampirddrgauisatidn zugleich als Friedenddrganisation fick) fühlt durch Gewäbrdng don Korporationörrcbten. Dann könnte man die Organi- sation dcr Arbsitrr auch mit §Yflic-iyten belasten, daß sie nichts undr'r- sucht laffcn, dsn Ausstand zu verhindern. Namentlich müssen die Einigungsämter kräftig außgebaui und obligatorisch eingeführt wrrden.

Abg. Freiherr von Stumm _(_Jip.): Der Vorredner hat sich als Laie mit dieser ganzen Frage besciyantgt. Dre Einigungsämter haben bei uns ebenso wie in Engldnd Wr'bri klsinc'n Meinungsrwr ckieden- bcifcn grbolfen; bci großrn Streittgkriten haben fick) die rbeiter niemals um die Schiedsgerichte gekümmert. Herrn Wurm will ich trotz drr dorirefflicbsn Abführung, die ihm skitens des Herrn Staatdsrkretärs zu tbcil geworden ist, einige Worte widmrn. Herr Wurm Verwr'cbsclt die Koalitionßireibeiten mit drn Korporations- rechten der älteren Arbeiter._ „Bezüglich der Koalition stehen Arbkiter Urxd Arbeitgeber doilstarrdtg glsich. Eine andrre Frage ist aber, ob man die Strikcvereine als nothwendig-IS Uebel auffaßt odcr als eine brrschtigte Einrichtung. (Hiebt man drm Arbeitervercin Ko:dorationörrchte, so werde'n die freien Arbeiter untlrdriickt, ivsnn sie fick) IMM dan WiUen derKoalliionen erklären. Die Arbeiter gegsn dcn Trrrorismus ihrer Kamcraden zu schützen, ist wichtiger als drr Schurz gegenüber der Wilikür der Arbeitgeber. Wird die Koalitionsirribeit der Arbeiier aufrecht erhalten, so ist Eine Notbwrndigkeit dafür dis Verchärfung *dks § 153. Das hat „(,)er don Berbpsch schon 1891 virlfacb ausgesprochen, und er hat sick) vorbehalten, bei der ersten Gelegenheit darauf zurück- zukommsn. Herr Wurm fragte nach den Beispielen yon dem TerroriStnus drr Arbuiter. Er sollte dem Staatssekretär dankbar sein, daß er Erbekungrn anstrllt. Für mich war das Rundschreiben nicbt notbwwrdig, dcnn ich_ krnne 5 Lispiele von dsr Tyrannei drr Arbeiter gcgrn ihre arbritswiliigen Kameradrn zur Genüge, namentlich aus der ijt der; Bergarbeiter-Ausstqndes von 1891 und aus dem Hamburger Strife. Redner weist auf die nem-stsn Vor änge in Torgelow bin, bei welchen ein Ardeitrr grtödtet wordsn, und äHrt dann fort: Wenn die Metallfabriken zu eins:: Einigung gekommen sind, so ist das eine Folge der ständigen Thätigkeit drr Arbeitervereine. Die Fabrikantenvereine be- schäftigen sich sonst größtenibeils mit anderen Dingen. Wenn sämmtlich Arbeiter in ererk1chaft oder (Hewerkvercin - das kommt auf dasselbe hinaus -- organisiert ssin soliten, dann würde die Freihsit der persön1icherrEntschridung der Arbeitgeber aufhören, oder, wenn die Arbeitgeberiä) vrrrinigen, würde der Verband der Arbeitgeber immer der „starkere bleiben. DSU TerroriSmus der Arbeiter hat es dahin gebracht, daß die Arbeitgeber sich nicht mehr um da? Ucrfönliäyc Vrrbältniß zu ihren Arbeitern kümmerten und Lohnrcduktion erzwangen, sodas; durch diese Hungeriöbne der deutsche Wcttbswcrb drrdrängt wxxrdr. Deswagen sage ich: Sie (die Sozial- demokraten) mit Jdrsn Brstrebungcn sind die größten Feinde drr. Arbeiter. _Das Rundschreiben wird als ein Ausfluß der schlotterndr'n Angst byzeichnet. Wenn Sie die Drodbriefe aUe kennen würden, dae" ich erhalte, wenn das wahr wäre, was darin steht, dann würde_lch

* 5.7 eber heuié als Morgen todiaesckolagerr werden.

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Aber das bält mich alles nicht ab, die deutsrben Arbeiter als freie Arbeiter zu behandeln und fie vor gewissen Blutsaugern zu bewahren, die sich mit ihren sauer erWorbenen Groschen mäxten.

Abg. Singer (Soz.): D e sittliche Entrüstung darüber, daß der „VoWärtI' ein ihm anonym zugegangenes Aktenstück gebracht hat, ist komisch, Seyt sich nicbt"die nationalliberale und konserdative Presse in den VL 8 von Aktensiucken, ehe sie noch an den Reichstag ge. langen? kit großem Vergnugen werdcn wir stets die Veröffent- [jxhung solcher Aktenstücke ubernehmen, werm sie uns zugebrn. Es sollten nur solche Erlasse in die Welt geschickt werdkn, die das Licht der Orffsntlichkertnich't zu scheren haben. Dieser Erlaß ist ein türkischer, binterliftiger Schlag gegen die Arbeiterklasse, welcher zri t, Wohin der Kurs geht. Die Revision der UnngVersicherung ist zurü gestellt, weil der Zentralverband und die Vorstande der Berufsgenoffrnschastrn sicb dagygm ausgesprochkn haben. Das Rundschreiben ist nur ein Zeichen drr Abkommandierurrg des Grafen Posadowsky vom Arbeitersckwß zum Arbriirrtruß. Es muß dem Grafrn Posadowsky gleich von vorn herein klar gemacht wzrden, weicher Empfang einer solchen Rodrüe zu jlxcil werdrn wird. Namentlich wird das antrum fich erklären müsssn, ob es e_xn solch_es Rundschreiben mit dem Arbeiterschuß für vereinbar halt. Kummert ryan fich um den Tarrorismus der Unternehmer, die fich zu, Ringen und Karisllen zusammen- schlirßen, die mit schwarzen Ltstsn operieren? Graf Posadowsky hat Scheu vor politischen Bevormundungen. Die Schutzlrnte rvcrdrrr aber nicht auswirkrn, wrrn das durchgrfüdrt wird, was rr in seine'm Rundschrctbrn andsptet. Hrrrn von Berlrpsck) lobrn wir nicht wegen sainer Thätigkeit als Minister, sondrrn wrgen scinrr Anschauung über das KoalitionSrrÖt, die (r jetzt entwickelt hat. Es giebt dock) nczch andere Strafgcsrßbestimmungrn, die drn Text- rorismus ?Lr Arkmtcr brtreffcn. Es soll fir?) nur "um Erbebumren handsin. Daran wird nach dsr Entwickelung der Sozialreform nicht mehr recht grgiaubt; man nimmt an, daß 0095, was die chirrung in Brzug auf Sozialpolitik ibut, nur geschieht zur Vrrsckzleciyterung dkrsrlben, wril das Unterprbmsrtdum Einfluß auf dis Rezrirrung gewonnen hat, *daß die Bejcßrmg dcr Mirristerstrüen dyn drm Unter- nekmxrthum avhängig isi. Deswyacn find wir dank!:ar, daß wir den “Schleier Von dem Vorbabcn deer ngierrmg fortzuzikbén dermochten.

Präsident Frkihcrr von Buol: Dsr Vorrednrr bat eine ami- lickyr Handlung drs Staatssckretärs aks 1ückifch und Hinirrlistig de- zcichrrrt. Das ist keine pariamentarisch zuläsfige Wkndung, ich muß drn Vorredner zur Ordnung rufén.

Staatssekreiär drs Jtmrrn, Staats : Minister 1112 Graf von Posadowsky-Wchncr:

Der Herr Abg. Singer Hat ein:? Mass cinzrlnsr Fälle angrfiidrt, wo (rngsblick) das Entwrndrn Von Aktrnstückcn bezahlt sein so!], und ähnlichc Ding?. Mir sind dirse Vorgängs nicht bckannt; aber ich glaube, es wird nicmand im Lande bcstroiien, daß der Chef einer großen Verwaltung und der StclLVerireter drs R5ichskanzlers scinr Pflicdt thut, wcnn Er 65 als unrbrcnbaft, als Line? Vcrleßung der amtiichrn Pflichten bezeichnet, wrnn ein Beamter Lincn Erlaß eni- wrndrt und ihn einer Zeitung zrtsrißickt. Ick glaubs, ich habe die Vér- pfiichtrmg, im Staatsiniersffe bier DiIziplin zu Üben, sowrii k'iés nur möglich ist. (Schr gut! rechts.)

Wrnn dcr Hrrr Abg. Singer abcr daran die Erklärurg gkknüpft har: wir werden im „VorwärtS' auch in Zukunft alls geHcimrn Er- lasir, die uns zugkdcn, mit VErgnü-gen Veröffentiichrn (Zurufe bsi drn Sozialdemokraten) - ich fTLUE mich der Bkstätigung -, dann ist das msines Erachtrns nichts wie cin Aufruf an alle Brummi, drn don ihnen geleistetsn Disnsteid zu brrcben. (Schr richtig! r€chis. Widrrsprucb bei den Sozialdrmokratrn.) Meine? Hrrrcn, das; Von drr Rsickxsregierung nur Erlasse aqurbsn, dir das Wdhigrfdllsn der sozialdemokratisckyrn Partri findcn, das kann iki) frrilici) nieht in Aus-

*ficht sieiicn.

WSU" Hrrr Singsr gssagt bat, ich hätte micky Hirr bei diesem («ckck als Kommis drs Untrrnrbmrrtdums grkennzrickxnkt, sr) stelle ich mich bkzüzléch dikser Acußrrrmg untcr dcn Schuß dcs Hcrrn Präsidrnié'n.

Wem er isrnrr bedanptct bat, drr Zruiraldcrdand drr Industrir-Ucn hält? einm Eirrfiuß grüßt auf die Errisckylisßnngrn bezüglich drr Nicht- wirvrrvwlnge drs Unfailxxessizss, sr) ist diese Bcbadptrmg rdcnso rm- richtig wir dir Behauptung, die dcr Herr Abg. VSbr-l in cinrr drr frührrcn Sißungrn aufgrstexlt bat, Lins ganze Anzahl Ncgiérrmgs- Kommiffarien skién zu einer Versammlung des errjralVCrbandrs der Deutschen Industriellkn iibcr die im Hause brschwssrne Vrr- sicherungöxovrüc adßrsandt words". Cs hät allsrdinrxs dcr Z€ntral- Verband der Truischrn Industricilkn, meinrs Wissrns, anfangs der erstcn Lesung in der Kommission ch .HaUsrs, dirk Übrr diesc Unfall- vrrfirbkrurmsnomür Mia,]t, und zu dicsrr Sitzrmg sind KomWiffare des Reichramts des Innern dsputiert odrr freiwillig rcsckyicnrn -- dies ist mir augenblicklich nicbt gcgcmrärtkg --; absr auck) nachdem das Gesetz, Herr Abg. Bebel, hier berathrzn ist, hat allr'rdings eine Versammlung drs Zentral-Verbmrch dcr DeutsckpenerUstrieUM, ich glaube Anfang Dkzember, siattgesundrn, es sind aber zu dirser Vsrsammlung dcs Zentral-Verdand'es drr DkutsrhkthrdustricMn dom Reichsamt des Innern keine Kommissare Lir1gcschickt wdrdrn. (,Zurufe bei dsn Sozialdrmokraten.) Das babkn Sir bcbauptrf, Hrrr Abg. Bebel, und Sie haben sich geirrt, gkstebkn Sie doch Jbrrn Jrrthum einfach ein; wir können ihn ja jedrn Augrndlick aktcnmäfzig nur!)- weiscn.

Die Rede drs Herrn Abg. Singcr beruht cigcnilich arrf gar ksincm Fundament, nämlich einfach darauf, daß (in Cridß, drr wid-Zr- rechtlich in die Oeffrntlichkeii gelangt ist, lrdiglirh Umfragen hält, auf Grund der Anregungrn, die yon den vcrschi€denstcn Scitsn an den Bundséraib crgangrn find -- Umfragcn, die uock) lange kein Ecsrventwurf sind -, andererseits darauf, angeblich wäre: die soziai- politischs Gesrßgebung oder der Ausbau drr sozialpoliüscbrn (Hessize fisticri. Herr Abg. Singer, warten Sir doch erst ab! Ich hahe wiederholt erklärt, daß die Regierung entschirden auf dem Stand- punkt steht, daß für die Arbeitér das gcschrbcn muß, was im Inter- esse der Sittlichkeit, des Läbens und drr Gesundheit nothwendig ist, und daß die chiernng fortgrseyt fest entschlosskn isi, die brstrhenden sozialpolitiscben Gcseße auszubaurn und zu drrtirfcn. Die Gründe, warum es in dieser Session noch nicht geschehen ist, Habe ick) (rush auseinandergcsrßt. Warten Si? also erst ab, was die Verbündeten chierungen in der nächsten Zukunft tbun wcrden, che Sie ein so barics Urtbeil fälien. (Brady! rechts.)

Persönlich bcmerkt der

Abg. B ebel (Soz.), das; zwar zu der Versammlung dcs Zrntrai- verdandcs Regierungskommiffare rntsandt seien, aber nicht in die großen Versammlungen der Tabackarbeiter aus Anlaß der Tabacksteucr.

Nach weiteren persönlichen Vrmerkungen dcr Abgg. Hüpcden und Freiherr von Stumm wird um 53/4 Uhr dic weitere Bcrathung auf Dienstag 2 Uhr vertagt.

Preußisrher Landtag. Haus der Abgeordneten,

3. Sißung vom 17. Januar 1898.

Auf der Tagesordnun stet die er te B t StaatshaushaltS-EtatZ fü? 1898/99': era hung des

Ab . 1)r. Sattler (nl,): Der Finanz-Minifker schlo eine Rede mt dem Wunsch und der Hoffnung, daß die Verhandlußrgesn in diesem Hause freundlicJ) sem möchten. AUerdings stehen die Ver- bandlungrn untcr gunstigeren Auspizien als im vorigen Jahre. Allein die Thatsache, daß die deutsche Politik vor eine große nationale Aufgabe ' gesteüt ist, wie sie die Flotten- vorlage bringt, bat 'die Wolken der Unzufriedenheit und das, aligememe politische Unbehagen mindestens theilweise gelrchtri. Drr Umstand, daß die Vertretung der nationalen _Jnterkffen durch die Regrerung mit Energie, Geschick und auch Erfolg m den 18231911 Monaten in Angriff grnommen ist, hat in demselben Sinn? gérvrrkt. Wir brfinden uns in einer wirthschaftlich günstigen EntWtckeiung, da dre Arbeitslöhne steigen und Handsl, Industrie und Gemerhe Cinsn großen Aufschwung genommen haben. Auch in dsr La'ndwrrtbsckiaft ist, weglasiens eine gewisse Besserung bemerkbar. Dre Ftnanzrn iind m qluckltcher Lage, alle Kassen sind Vol], Besorg- mffe, daß dre Mikkel nicht andreichen für die großen nationalen Auf- gaben," braucht man nicht zu beigen. In der Thronrede ist kein Geseß angekurrdigt, 'das großen Sfrert arfwirkkln und die Parteien ausrin- andertetßcri krimis, wie es ,im vrrigen Jahr? durch das unglückselige Vereinsaeirß gerchab. _Allerdtngs sichert wir Vor den Wadlen, und die leßtx Ssxsrdn'wwd rmmrr drnußi, um Einflu auf die Wahlen zrz uben. Mcme Freundr Habrn nicht diese Ab1cht; so [arise wir ritcht provozieri werdén, wrrden wir uns auf eine ruhige, farbliche Be- iraclztung drs „MTW, und des übrigen gesrßgeberischen Materials be- schranken. Die Stimmung drs Finanz- Ministers War neulich eine bcyagiiche, er freute fich, so trianchen'Wunscb erfüllen zu können. Wir erkennkn an, “raf; Zr mri geirrssrm S_tolz auf seine Leistungen für die Finanzen zuriickbiicien kann. Es irt ibm gelungen, den Finanzen Ubrrdaupt wtsdxr die Bedeutung zurückzugcwinnen, die sie eine Zrit [arg Vorbe'r'VSridrrn harten. Es ist ihm gelungen, den Einfluß des Fxnanz-MimstermrJ-rß „aus die übri enNeffmts zur Gsltung zu bringen, wre es'durckxarts voting ist. Viel richt könnte Cr sick) sogar fragrn, ob mcht dléskr Eirrfluß auf die anderm Ressorts bereits zu stark derrußt ist„ und ob nicht Gefahr Vorhanden ist, dIß nge!) disjcr Richtung zu Mit gegangcn werden kSnnte. Arik!) wir haderr dcnkaanz-Minister in feiner Steuerreform unter- stutzt; aber wzr'mussrn uns das Recht der Kritik wahren, und auch den) FinanzzMrrtster selbst würde es nicht debagen, Wenn wir uns lkdtßlich mrt einer Anerkennung seiner Verdienste begnügen wvÜten. Er mrmte, aus der Tbaisache, daß die dirrkien Steuern für 1898/99 um 8 Millionerr hoher veranschladt find, den Schluß ziehen zu kömren, daß die Steuer, wie sie cht eingerichtct sei, sich bereits dem Ideale annähcre, und daß die Kla en ngen das Steauersysiem nur yon denjenigen ausgingen, ie mebr zahle'n mußirn als früher. Da bin ich nun beauftragt, im Namrrr m'emer Freunde, die auch der Finanz-Ministsr bei dieser Ge- !cgenbett tm Auge'hattr, zu crkxären, daß nicht die höhere Steuer es ist„ sondern lediglich die Unbrquemlichkeit und die Sckzerereirn, die mit der Erhebung unserer Steurrn verbunden smd, welche die Klagen veranlgßt haben. Die Ansicht, das; die richtige Fassung dss_ Einkommcns bereits annähkrnd erreicht sei, stebi in ngrffem derrspruch mit dsr Tha:sachc, daß wir eine steigende Summe von Rückzahlun-Zen für zuviel erhobkne Steuern haben. Wir wollen dem Ftnanz-Ministrr gern zugeben, daß der Etat auch in formaler Brziehung'Fortsckyritte gegsn seinen Vorgän er aufweist; ich sellxst habe in Verschikdlnrn Punktkn jahrelang für dir??. formalen Ver- brßérungsnx gestritten. Ein unzweifelhafter Erfolg besteht darin, daß man endltcv dazu übsrgegangen ist, die Nebenfonds, soweit sie nicht Siiftungdfonds sind, mit Einnahmen und AuGgabrn in dcn Etat cinznstCllen; das ist nicht nur eine Erfüliung der strikten Fordrrung drr Verfassung, sondern erböhi aueh die Uedersichilichkeit. Ebeyso Erfreulich ist es, daß das in der yorigen Session gegsbene Verjdrrckzen cinrr ÜUÖSL'LU Ordnung der Remunsraiioncn eingelöst rvcrdrn so!]. In erster Linie steht der Wegfail der Remunerationen an höher;: Bramien. (Em Adsckzluß der formalkn Gestaltung des Etats ist endlich in_ disssm Jahre grmacht worden durch Vorlegung drs Komptabiliiärsrrsx€Zk§._ Wir babrn daraus nur wcnig Nsues er- fabrrn. In der That ist,dkr ganze Geslenthrf der Hauptsache nach mtr Eine Kodifikatzori dcr barrits bisher eingrführten Maßnabmxn. Mit der Löxung der Frage drr Rem1n.erafione11 und dsr Nrbrnfvnds firl das Komdjabilitätsgcsrtz als eine reife Frucht dom Baums. Dr: Etat selbst cnidäii crirruliche Verbessrrungcn. Dadin gchöct die Erhöhung der Arrsxxabkn Für idrellc: Kulturaufgaben, z. B. für das gewrrblicbe Unterricbtxwescn. Die Mittel zur Fördkruna dcr Landwirtdscbaft hätten noch r€ichlichcr bemessen wrrdcn könncn. Es ist gut, daß die EisenbahnderWaltung alte Härten und Verschul- dungen der Waffrrdauderwaltnng anSzugl-xichen sucht; vkrfeblte Unter- nebmungrn dsr Wdffrrbarrdrrwalturg kommrn abcr so häufig dor, das: es am lwsten kkäké', wir löstrn diese Verwaljung dom (Eis-rrbahn - Ministerium los und bildeten aus ihr ein eigener? Rrsiort untcr Lsitung des aUrrbrstrn Wasserbaumannes, den LG in DcUtsciyiand girdt. Das würde uns Kosten Ersparen und wohl auch dcm „Eisrnbabn-Ministkr erwünscht sein. Die Usbcrtrngung der Bauleitung auf das Ordinarium und der Ersaß der Baulsiiungskosien aus den Baugeldern an die antral- Vrrwaitunß ist Ein wichtiger Schrirt. Die Bauderwaltung ist hierbei der Eisenbahnvrrwaltung gefolgt. Wenn im Jnterrffe der Land- wiribschaft die Vermehrurg der Fonds der Zrntral-GenoffensckßaftS- kaffs nothwendig ist, so wird dagegen krin Widerspruch erbobrn werdexn. Mit besonderer Freude haben wir, es begrüßt, daß drr Etat Mehraufwendungen für ideale Zwecke aufweist, die zuerst unter dem Rürkgang der Finanzen zu [ridcn hattrn. Der Finanz-Minister bat bingewtcsen auf die starke Vermeh- rung dsr AUIJJÖM für das Volksschulwesen und aus die Verstarkung des Schul-Baufonds, Staatliche Mijtel werden zur Verfügung gestellt dafür, daß die strSr an städtischen böhrren Lehranstalten dcnen an den staatlichn Anstalten gleichgestellt Wrrden können. Erfolgen muß die Gleichstellung dieser Lybrcr bei ihrer gleichartigen Vesrhafttgung. Wir wollen hOffén, daß es in der vorgeschlagenen Weise gelingt, die Gleich- steilung herbsizufübrrn. Erfreulich'ijt aucb, daß es möglich geworden ist, mehr für dis Justiz und für die Justazgebaude zu tb'un. Ob die I).)öebraufwcndungen für die Polizei erircrzltchfsmd, erscheint mir frag- lich, namentlich soweit die Polizci-Direktwn m Schöneberg in Frage kommt. Die Klagen und kegründcten Brscbwerdkn, welcbe gegen die staatlichen Polizriwrwaitungrn bcrdorgetceten sind, lassen, die Vermehrung staatlichrr Polizeiverwaltungcn dock) bsdenkltck)“ erschrmen. DLT Fal] Köpprn und drr andere Fall, in dem auch ein; anstandige Frau verhaftet wurde, zeigcn doch eine Neigung zu Uebergrrfferr der Polizei, wrlche sebr deenklicb ist. Ich rrkenne an, daß der Minister in diesen briden ällcn Remedur hat eintretcrr lassZ-rr; aber es kommen auch noch andere! Fälle dor wir dcr, daß cm dan1scher Ingenieur in Haft gghalten em anredlick) stück cruögegebcn ixatte, sodaß man

wurde, rvril cr falschcs Zwanzigmark-

fragen muß, ob die

Polizeiderwaltung von dcm richtiaen Geiste: gxleitet wird und es möglich ist, mit dcr minimalsn Orgamsat10:15anderung, Welche der

Etat Vorschlägt, Addilfe zu 1ch.1ff611. Mdn bskommt beinahe den Eindruck, als ob die staatliche Polizei'garniäyt Von drr Uebcrzeugrrng erfüllt sei, daß die- menschliche Freibrrx eins derl größten Guter ist, die man hat und uni'sr allzu Umstanden Vertdxidigen muß, als ob es eine ganz klsine Sache sei, etrien apstandtge'rx Menschen, Line anständige? Frau zu verhaften und cine Zart lang, hinter Schloß und Rirgel zu setzen. Dicse Mißgriffe der Polizei, die der Muztiter boffrn1lich mißbilligrn wird, haben in Deutiäsland das'größte Aufjchen erregt, und ich verstehe es, wrnn namentltxh der wxibliche Therl der Brvölkrrrmg übrr die Bchandlnmx drs Fraulemeopprn aufs tic-fste rntrüsi-It ist und Abhilfe und Y_icitrafung der Schuldtgerz verlangt. Wyrm man als Finanz-Ministkr m der Lage ist, uber einen

so länzendm Etat u verfügen, ist es da Mt ri ““ An gaben zu übernesmen, zumal der Etat v _cbtlZ veranschkoaii ; namentlich in der Einnahme? Troßdem sind neue ufkaben nlcht Angriff genommen. Ich kann es verstehen, daß der F nanz-Minister der Fülle gegenüber sich gesagt bat: es ist bedenklich, neue dauernde Ausgaben auf den Uebers 1": en zu basieren, da wir nicht wiffen, wie lange die Uebers ü e dauern werden. Er hat alles auf das C traordinarium verwiesen. babe dagegen nichts einzu- wenden. ber wenn er sagt: „Dasselbe ist so bemeffen, daß es in einem Jahre nicht verwendet werden kann, daß etwas übrig_bleibt'. so widerspricht das dem obersten Saß daß die Ausdaben fur j'edes Jahr gesondert veranschlagt werden sollen. cb wrli gegenWartig nichts dagegen einwenden, weil es nicht möglich gervesen tßt, die Quelle der schwankenden Einnahmen zu verstopfen durch ein Eisenba n-Garantie- geseß. Für die Mittel- und Unterbeamien hat der Etat nicbtß gethan, mrt AUSrrahme der Förster, trotzdem der günstige Etat batte Ver- anlassung geben sollen, die vorhandenen Härten zu beseitigen, damit eit) Abschluß der Beamtenbesoldungsverbefferungen erreicht worden ware. Inshesondere hätte drr Wohnungßgeldzusckxuß für die Unter- bxamtrrr einer Verbefferurg bedurft. Bedauerlicb ist es, daß fur die Besserstkllfung der Geistlichen nicht schon jet etwas gescheben rst. Dre Synoden sind mit Gesetzen eschäftigt, und wir hoffen, das; bald _ eine Einigung erfolgen möge. Wtr_unsererseits müssen dafür 1orgen, daß die unterste Grénze der Erhalter von 1800 „M erhöht wird. Die chirruna hätte damit bereits in dieskm Jahre vorgéhen können. Wir vrrmisien ferner die Maßnabmrn zur Durchführung der Medizinalreform. Ist es etwa ndtbig, auch hier durch eine Nefforttrennung die Möglichkeit furxme Reform, zu schaffen? Der Kuljus-Minister bat sichja bereit erklart, das Medizinalwesen an das Ministerium des Innern abzugeben. Wenn Von Refdrmcn die Rede war, dann wurde es immer sehr bald dayon wieder stil]. Gerade ein solchrr Etat mit so großen Mitteln ware geeigtzet, die Medizinalreform durchzuführen, die in Brzug auf die Dyrchfubrung drr Hygirne Eine große kulturelie Bedeutung hat. Es wird Wohl nicht ?blr anders !vsrdcn, als bis das Medizinalwesen von der engen, Verdindrmg mit dcm geistlichen und Unterri ts- reffort gelöst wird. Em wichtiges (Gesch ist das Exprovriationsge ekz, we!che_s schon dor frchs odrr siebcn Jahrkn als in nächster Zeit bevorstehend angekqndigt wurde. Das dauert CFWas sehr Tanga. Die Ausführungen des Finanz-Ministrrs “1":er dsn gesammten Dominiaibesiß des Staats erkennen wir als tlchtig 'an. Im Westen des Staats wird es noih- ivendig [ein, dcn Dommialbesiß zu erhalten und zu schaffen, um Musxerwirtfxsckpaften zu errichten. Es ist auch richtig, daß der Staat möglichst viel Forstern erwirbt, damit der Wald erhalten bleibt. Wénn der Staat scrnen Domänrnbsfiy, nack Osten verlegt und ihn verwendet, um Mittlere und klrinere Grundbesißer anzuseßen, so dient er damii der wirtbschaftlichen Förderung des Ostens. Durch die anderwrrtt e Besißvcriheilung dss rund und Bodens wird e? möglich sein, die 5 evölksrung zu vermehren und die wirtbschaft- lichen Verhältniss zu heben. Bezüglich der Staatshilfe für die Ueberschwewmten werden wir bereit sein, na Prüfung der Ver- hiiltnisse dre Forderun der Regierung zu bewikl gen. Aber wir müssen wunschen, daß dre Wa erbauderwaltung und die übrigen Verwaltun en, welcbe dabei 'in Betracht kommen, möglichst kräftig thätig sind. I)ie Frage der Eisenbahnverwaltung wird einen der Hauptgegenstände der rörterung bilden, namentlick; dri der Spezialbcratbung. Die Er- gebnisse der Eisenbah'nvrrwaltung drr letzten Jahre haben den Beweis geliefert, daß sie mcht m der Lage grwesen ist, in vollem Um- fange ihre Aufgabe zu erfüllen;' sie hat ihre Aufgabe nicht erfüllt nach der Richtung hin, daß fie die Personen gesund und lebend wieder adgelrefrrt bai, daß fie dre zur Verladung gelangten Güter in an- Jmessener Zint irandporttert hat. Aus der Denksäyrift des Eisenbahn- irxtisters eriehcn wrr, daß er selbst das Gefühl hat, sich eingehend daruber aussprechen zu müssen Vor dem Lande und dem Landtage. Die Eifenbahnderwaltrmg giebt selbst zu, daß sie ihren Aufgaben nicht ßerecbt geworden ist. (Es werden Nachforderungen gestellt für Bahn- ofßerweiterunßsrz und für die Vkrstärkung dcs Materials und des Perspnalß. (Widerspruch des Ministers der öffentlichen Arbeiten Thielert.) ck „nehme natürlich nicht an, daß das Personal bisher nicht Vorhandrn war, es war nur nicht an der richtigen Stelie. An der Steile, der geprüften Lokomotivführer fungierten eizer u.s. w. Zchvwe'rde m1ch skbr freuen, wenn unsrre Vorwürfe ck als un- begxundet „beraudstrlicn soliten. Ick bin dabsr mit kinsr genauen Yrufung cmverstandsn; deshalb ErrreULre ich den alten Wunsch meiner reunde, “eine désondere Etsenbahn-Kommission rinzuseßen. Denkschriften erhalten „wir zur Gxnügé; gbxr diefe Denkschriften bedürfen auch ciner gerrugendcn Prufrtxrg hmficbilich aller technischen Fragen; zu dieser Prufung haben Wir nach den vislrn Unglücksfällen die dringendste Verpflichtuna. _ Um deri Staatshaushalt Vor den schwanksnden Ein- nabmcn zu schuß-kn, muffsn wir einen Schnitt machen zwischen der Eisknbabnwrwaltung und den Übrigen Staatdderwaltungen, wie dies im Vorigen Jahre braniragt worden ist. Der Minister wird sagen: Das Varlapgen nach dauernden mzuen Artsgaben ist in der Volksdertrétung nicht zu „unterdrücken. Ich fürchte, daß wir auf drr Höhe der wirtbschaftlichen Entwickelung sind, daß wir wieder schlechtcrrn Jahren 'sntgegengehrn; Daher müsskn wir stets wieder darauf hinthsen: hlkr muß der Schnitt gemacht werden. Durch das Kompiabzlrtatheseß ist die fyrmale Ordnung des Etats berbeigefubri, 'der Finanz-Miniiter kann aber nicht eber rrxben, als bis auch eine materirllc Regrlung des Verhält- ntffes zu der Eisendahncn und zoum Reiche herbeigeführt sein wird. Ohne den Fmanz-Mmtstsr kann nichts gemacht werden. Wir müssen aber immer wirder die Forderung erheben, weil wir die Verantwor- tung fühlen 1ur die Sicherung der Finanzen des preußischen Staats, und zwar Weil die dausrndcn Staatßaußgaben schon zu srbr auf den Eisenbahneinnahmen basiert sind. Die öffentliche 'Meinung wird, solange dicses Verhältniß bleibt, niemalsßdte Eisenbahnderwaltung aliein für den schuldigen Theil halten, wndern immer auf mildernde Umstände für den Eisenbahn- Minister pladicrsn. Die Verantwortlicbke'it muß von der Stelle ge- traZexr werden, wohin sie gehört. ,Ich freue mich, daß für die Thattgkeit der Ynsiedelungs-Kommtifion etwas geschieht, das; dem Ober - Prasidentcn Fonds zur Verfügung gestellt werden „zum Schutze dcs_ Druifclxibums in den polnischen Landestbetlen. ,Daßick) für diese Maßnahmen bin, werden Sie ver- stehen. Allerding? liegt darin die Quelle für lebhafte Streiti keiten, welche die friedltébe Trudenz unserer Verhandlungen durchTrecben werden. Ich_ habe das Ansiedelungsgkseß einmal aus wiribschaftlicben Gründen befurworiet, wer[ in einer anderweitigen Besiyvertbeilung eine Rettung fur die Entwtckslung des Ostens liegt, und zweitens aus nationaien Gründen.

Prasident von Kröch„er: Ich stelle anheim, die Polenfrage bis Dounerstag nicht zu beruhten, für welchen Tag ich hoffe, das An- siedelungßgesrß auf die Tageßordnuna scßen zu können. Ich kann es Ihnen mcht Verwehrcn, ich will es Ihnen nur anbeimstelien.

Abg.1)r.Sattler: Ich bin damit einverstanden, will auch die Frage bier nur soweit behandeln, als fie mit dem Geist, der aus dem ganzrn Etat grgen das Polentbum hervor ebt, in Ver- bindung stxbt. Die Polen müßen, wcnn fie ck in ihres Zcrzens Kammerlein prüfen, selbst der Ansicht sein, daß ein

egensaß zwischen uns Deutschen Und den Herren Polen be- steht, da er aber nicht beruht auf persönlichem Uebelwvllcn, auf der Sucht, die Mitglisder der polnischen Nationalität zu schädigen, sondern auf der groaraphiscben Vertheilung der beiden Völker. Sie müssen fich selbst klar machen, daß wir Deutsch? unmöglich gestatten können, daß wenige Tagereisen von unserer Hauptstadt eine fremde Nationalität das Scepter in der Hand hat, und daß wir verhindern müssen, daß die fremde Nationalität das deutsche Clément zurüchedraggt. Leider ist nicht zu leugden, daß die deutsche Nationalitat außerhalb unserer Grenzen im Rückgangs brgriffexr ixt; wir können dagegen nichts machen, aber müffrn umsomehr dafiir orgen daß wenigstens innerhalb der Grenzen des preußischen Staates und des Drurscbcn Reiches alles geschieht, was Möglich ist, um das Deuischtvum zu stärken zu kräf- tigen und zu vermehren. Es ist naturgemäß un ere Pflicht