1898 / 21 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 Jan 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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; , " damn ebenfalls garnicht gedacht werden. Den Herrn - Haba möchte ich darauf hinweisen, daß in der Unfall- _verficherungs-Novelle, die dem leßten Reichstage vorgelegt ist, aus- drücklich vorgesehen war, daß für die seefabrende Bevölkerung,

* 'weil die Seeleute allerdings ein Alter von 70 Jahren meist

nicht eneitben, mit der Alters- und Invaliditätsversicherung und Unfallverficherung auch die Wittwen- und Waisenversicherung ver- bunden Werden sollte; und wenn wir diese Novelle wieder vorlegen, wird sich jedenfalls diese Bestimmung zum Besten der Seeleuie auch wieder in der Novelle finden. Es ist ferner vom AusscheidenM land- wiribscbaftlicben Arbeiter und der Dienstboten aus der sozialpolitischen Geseßaebung, speziell aus der Altersverficherung die Rede gewesen. Meine Herren, ich glaube, eine Regierung thut gut, sich möglichst bald über das auSzusprechen, was sie will und was sie nicht will, und ich kann aufs besiimmteste erklären, daß für die verbündeten Regierungen der Gedanke, irgend welche Schichten der Arbeiterbevölkerung, die sich jest der Vortheile der sozialpolitiscben Geseße erfreuen, wieder auszuscheiden, vollkommen indiskutabel isi. (Bravo!) Was würde man wvbl im Lande sagen, nachdem uns schon Vorwürfe gemacht sind, daß wir aus sachlichen Gründen eine Novelle sechs, acht Monate später vorlegen, wenn wir, sage ich, die große Schaar der landwirtbschaftlichen Arbeiter und Dienstboten der Vortheile der sozialen Geseßgebung wieder berauben wollten ? (Sehr richtig !) Das wäre eine Frage, die man vielleicht diskutieren könnte, wenn wir noch vollkommen rsg jnrsgra hätten. Da kann ich mir einen Stand- punkt denken, den ich dahin etwa präzifiercn würde: wir wollen erst einmal sehen, wie das Gesetz in den Verhältnissen funktioniert, aus denen heraus die Notbwcndigkeit des Gescßes besonders hervorgkgangen ist, wo auch die Ausführung desselben sich leichter gestaltet, d. b. in den Städten, und woilen dann erwägen, ob man diese Geseßgebung auch auf das platte Land überträgt. Aber auch, wenn man diesen Weg gegangen wäre, so würde es ein außer- ordentlich schwieriger gewesen sein, weil selbstverständlich nament- lich da, wo ländliche Ortschaften und Städte ineinanderfließen, es zu sebr mißlicben Vergleichen geführt hätte, wsnn ein Arbeiter, weil er in der Stadt verunglückt oder alt und inbalid geworden ist, eine Rxxiie bekam und ein anderer, der zehn Schritte davon wohnte, eine solche nicht erbieli. Meine Herren, das sind Vortheile, die, wenn man sie erst einmal der arbeitenden Bevölkerung gewährt bat, man ihr unter keinen Umständen wieder nehmen kann, und ich glaube, Wenn man diesen Versuch machte, würden wir einem sebr gewaltigen Sturm aus der arbeitenden Bevölkerung auch auf dem Lande entgegen-

geben.

Meine Herren, es ist auch vielfach von Vereinfachung der sozial- politischen Geseße die Rede gewesen. Wenn man über diese Materie sprechen will, muß man zwei ganz vSrschiedsne Gesichtspunkte unter- scheiden: einmal die Last als solche, und dann die Wege, um diese Last rein geschäftlich möglichst erträglich zu machen. Die Last als solche ist übernommen wvrden und kann meines Erachiens nicht wieder er- leichtert werden. Es rvar ein gewaltiger Schritt, den die Gesetzgeber des Deutschen Reichs machten, als sie die Jnvalidiiäis- und Alters- versicherung einführten; abrr ich halte es für ganz undenkbar, daß man irgendwelche Geseßesveränderungen behufs Zurücknahme dieses Schrittes vornimmt, die doch immer nur zum Schaden derjenigen sein könnten, die entweder schon berechtigt sind, oder wenigstens zum Schaden großer Verficherungsklasirn, dis berechtigt wkrden können. Aber auch die Frage der Vereinfachung liegt denn doch nicht so gefecbtsklar, wie das beute dargestelit wurde, Ich kann versichern, daß bei drm Reichsamt des Innern Akten- volumen und ganze Stöße von Brochurcn liebenswürdiger und jbeil- nabmsvoller Menschen liegen, die uns Vorschläge gemacht haben, wie wir wohl auf dem einfachsten Wege Von dcr ert alle die Schwierig- keiten aus dem Wege räumen könnten, die jetzt bei der Ausführung des Geseßes täglich herdortreten. WEnn man aber dirsrn Vorsckolägen näher nachgeht, findet man in drr Regel, daß sie volikommen un- gangbar sind, upd daß die Vorschläge nur darauf bkruben, daß der edeiberzige Verfasser die Details des Gesrvcs nicht genügknd beherrscht. (Heitrrkeit.)

Meine Herren, ich möchte die ganze sozialistischs Erseßgebung mit der Einführung der allgemeinen Webrpfiicht vergleichen. Diese hat länger als 50 Jahre gebraucht, um in der Volikommenbkit zu funktionieren, wie fie das beute thut Die allgemeine Versicherungs- pflicht grciit (1er unendlich viel weiter, auch nach der bctbeiligten Kopfzabl, als die allgcmeinr Wehrpflicht, und ich glaube, man bewegt sich in Täuschungen, wenn man annimmt, das; durch irgend eine Modelle, die die verbündeten Regierungen im nächsten Jahre vorlegen würden, plötzlich der Stein der Weisen gefunden werden könne, daß alle Belästigungen, die mit dem Gech verbunden find, aufhören und die Sache voUsiändig glatt und beschwerdelos funktio- nieren würde. Ich möchte schon jest darauf hinweisen, daß ein solcher Weg ungangbar ist. Man kxnn aÜmäblich rrformirren, man kann einige Belästigungen durch eine andere Konstruktion vermeiden, wie das schon in der Norelle versucht worden ist, man kann auch durch eine Lokalisierung der Ve1ficherungsorgane, wie ich das schon bei der Generaldiskussion auSgefübrt babe, den Arbeitgebern und Arbeitern das Geseß sozusagen mundgerechter machen, indem man ihnen eine Maffe Arbeit abnimmt und eine Be'catbungsstelle bildet für beide Parteien. Man kann endlich auch im Laufe der Entwickelung daran denken, die drei großen Faktoren: die Berufsgenoffenschaften, die Krankenbersicbrrungs-Kaffen, die Alters- und Jndaliditätödersicberungs- Anstalten, zu verschmelzen. Ich glaube aber, meine Herren, wenn man das auf einmal machte, würden die Belästigungen für das Publikum viel größer sein, als bei dem jeßigcn Zustand. Diese Vereinigungen [affen fich nach meiner innersten Ueberzeugung nur im Laufe von vielen Jahrzehnten durchführen. Was prima ngka ge- scheben kann, was obne grundstürzende und wesentlich vertbeuernde Maßregeln geschehen kann, das wollen wir in der nächsten Novelle versuchen; aber die befißenden Klasen und die Arbeitgeber werden sich fortgeseßt vergegenwärtigen müssen: es ist zwar eine große Last, die den befißenden Klassen zu Gunsten der ärmeren Volksklaffe auferlegt iß, dieie Last muß aber schiießlicb ohne Murren getragen werden. (Bravo!)

Abg. Dr. 'Paasche (nl.):_ Der kleine bäuerliche Bcsißer ist schon ohnehin materiell in keiner glanzenden Lage; ibn drücken die Beiträge relativ viel härter als den Industriellen. Doch sind die Fälle, wo er sich dieser fsrckt entzieht, so selten, da kein (Grund vorliegt, die Landwirt!) cbaft im allgemeinen an i re sittliche Pfliäyt zu

erinnern.

Abg.Freiberr von Stumm (Rp.) richtet an die Re kerung das dringende Ersuchen, auß die Forderungen einer Hera se una der AlterSgren e oder Cr 5 ung er InValidenrente nieht einzulaern, weil dann das iel der Errichtung einer Wittwen- und Waisenversicherung in immer weitere Ferne rücken werde. Ge en den im Vorjahre e- machten Vorschlag der Errichtung einer fün ten Lohnklaffe spricht Keb der Redner noch nachträglich aus; er halte es überhaupt für einen Feb er, daß man nicht an der von der Regierung vorgeschlagenen Einheits- rente festgehalten babe.

Abi!“ Singer ist der Meinung, daß die Reliktender cherung sofort e ngefübrt werden könnte und doch an die andrrcn ge orderten Verbefferunaen des Geseßes nicbt zu unterb eiben brauchten. Wrnn es bei der Einbeitörente auf eine Rente herauskomme, wie sie jetzt die besser gelobnten Arbeiter erhielten, so sei er mit den Wünschen des Vorredners einverstanden. Aber die Parteigenossen des Freiherrn von Stumm stellten sich bei solchen Forderungen doch immer eine Abrundung nach unten vor. Weiter wcndet sich Rcsdncr gegen die Bemerkung des Abg. Paasche, der sich in der Budgejkommission viel unbedingter dahin aukgesprochrn habe, daß der kleinländliche Besißer sich in zahlreichen Fällen einfach seiner Pflicht entziehe.

Staatssekretär des Innern, Staats : Minister 1312 Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ick will mir nur eine ganz kurze Bemrrkung ge- statten. Es mag richtig sein, daß in den ersten Jahren der Funktionierung des Geseßss die Kontrole des Matkenklebens auf dem platten Lande eine ungenügende und namentlich minderwertbiger war als die in den Siädten. Das liegt an den lokalen Ver- hältnissen; in den Städten, wo die Arbeitgeber auf einen verhältnißmäßig engen Raum zusammengedrängt sind, ist die Kontrole natürlich viel leichter als auf dem platten Lande, wo die Arbeitgeber auf vielen Quadratmeilen zerstreut wohnen, wo infolge dessen die Kontrole, ob jeder Arbeitgeber seiner Pflicht genügt, unendlich viel schwieriger, zeitraubender und kostspieliger ist. Aber ich muß doch zugestehen, daß fich ganz offenbar in den leßten Jahren die Kontrole auch in drn Landkreisen erheblich verbessert hat, und Was speziell Ostpreußen betrifft, so ist ja durch amtliche Publi- kationcn Von uns nacbgkwiesen, daß in Ostrreußen, srlbst wenn jeder Arbeitgeber die [Wie Marke geklebt hätte, die er zu kleben hatte, schon am 1. Januar 1897 bei drr AlterSVcrsichcrungsarastalt ein Defizit bon fünf Millionen verblriben müßte.

Es ist von ten Herren Vorrednern hingewiesen worden einer- seits auf die Herabfeßung der Alterögrenze für die Altersrente und andererseits auf die Wittwcn- und Waisenversicberung. Grgenüber diesem Gedankrn halte ich es für ganz gut, wenn ich sofort einmal kurz andeute, Weiche finanzieüe Folgen diese beiden Maßrrgeln haben würden. Wenn die Altersgrenze von 70 Jahren nur auf 65 herab- gesetzt wird, so würde jede Marke k-X 43 mehr kosten. Würde die Alters- grenze aber auf 60 Jahre berabgeseßt, so würde sich jsde Marke um fast 13 „5 erböben. Die Zahl der jährlich zugebenden Alters- renten, die jetzt 30 234 beträgt, würde sich bei einer Herabsrßung der Altersgrenze auf 65 Jahre auf 56140 erhöhen und gleichzeitig würde eine Mehrbelastung der Versicherungsanstalten bezüglich des Arbeitgebers und -Nebmers um 30 0/0 eintreten. Würde dagegen die AlterSgrenze auf 60 Jahre berabgeskßt, so würde sich der jährliche Zugang der Altersrenten auf 80 750 erböben und die Versicherungs- anfialten bezüglich die Arbeitgebrr und -Nebmer würdrn um 60% höher belastet werdrn.

Was ferner die Wiiiwen- und Waisendexficbchng betrifft, so ist für die erste Beitragsperiode, das heißt für die Zeit von 1890 bis 1900, eine versuchsweise Berechnung drr rdentueilrn Bélastung aufgestellt wordrn, und dabei ist crmittrli, das; in drr ersten BeitragSperiods, wenn Vom 1. Januar 1897 ab jede Wiiiw: nur die bescheidene Summe von 60 „44 jährlich erbielte und jzdcs Waisenkind die Summe von 32 „ki, ein Deckungskapital von 349 Miüiowen erforderlich wärk, und daß sich icde Marke um 22,83 e', erhöhen müßte. Meine Herrkn, ich kann deshalb ren Ausführungrn der einzelnen Herren Vorrcdner nur zustimmen: es Empficblt sich auf diksrm Gebiete die aliergrößte Vorsicht.

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. ])r. Paasche auf die leßte Aeußcrung des Abg. Singer wird die Debatte geschlossen und der Titel bewilligt.

BeiKap. 71) der Aus aben: „Rrichskommissariate“, Tit.], „AuSmandcrungswescn“, ra t

Abg. 1?)r. Habu an, was Leit dcn lr ten Debatten in Bczua auf die Ueberwachung der Ausrüstung de'r * uswandrrersch5ff€ geschehen sei, um den virliach hervorgetretcnen Klagrn den Boden zu entzieben. Bei dem Norddrutschen Lloyd seirn jr cinige dankenswertbc Reformen eingrtreten. Inzwischen sei aber aus dem neu insiallirrten Lade-Oifläirr ein Lade-Jnspkktor geworrrn: sehr zum Nachtbeil für die Offiziere, die nun nicht u-ebr cintn ibnen brlfendcn, sondern einen vorgeseßtcn Bramten erhalten hätten. Redner fragtferner an, ob drr Lloyd und auch die an- deren Dampfergcscljsckoaftrn dic Aerzte obne Besoldung anstellten, Weil sie darauf rechneten, daß immer junge Aerzte vorbanden sein würden, welche gern eine Seereise macken wolite-n. Im Jntcreffe der Gesund- heit der Pa 0 irre sollten doch auch äiiere Aerzte eingestellt werden. Auf den S i en der Gkskllscbzften sehe man jcyt sebr viele farbige Mannschaftkn. Die Handelsmarine habe die nationale Aufgabe, dem Staat für die Krirgsmarine das Material zu liefern; sie dürfe nicht bloß der Billigkeit wegen farbige Mannschaften haben. Bei der ncueu Seemannsordnung müsse auch die Strüung der SchiffsOffizirrc eine andere werden.

Staatssckretär des Innern, Staats-Minister ])1'. Graf von Posadowsky:Wehner:

Meine Herren! Der Herr Vorrednkr ist zunächst eingegangen auf die Frage der Bemannung der Schiffe, ob man nicht im Interesse der Sicherheit der Auswanderer aaf drn Schiffen ganz allgrmeine Vorschriften erlassen könnte, mit wie viel seebefabrenen Leuten das einzelne Schiff zu bemannen wäre. Wir sind bisher diesen Weg der Reglementierung nicht gegangen, weil man in England auf diesem Gebiete keine besonders glücklichen Erfahrungrn ge- macht hat. Es existiert ir in England ein sogenanntes Untermannungsgesetz, welches die Regierung berechtigt, falls ein Schiff nicht genügend bemannt ist, im einzelnen Falle dasselbe anzu- halten; es existiert ab*:r keine Bestimmung in England darüber, mit wie viel Mann das einzelne Schiff nach seiner Größe bemannt sein muß. Es haben sich in England ganz außerordentliche technische Schwierigkeiten einer derartigen Reglementierung enigegengestellt, und wir haben deshalb bciuns den Vkrsuch einer derartigen Reglementierung noch nicht gemacht.

Dagegen ist in den Ausführungsvorfchriften zum AuSwanderer- geseß vorgesehen, daß jedes Rettungsboot mit vier ruderkundigen Leuten befeßt sein soll. Um bei eintretenden Unglücksfäüen absolut sicher zu sein, daß jeder an seiner Stelle ist, daß ordnungSmäßig die Rettungsboote beruntergelaffen und bemannt werden, haben die Aus- wanderungskonnniffare jeßt schon wiederholt sogenannte Bootßryztfterungen angeseßt; wenn sie ein Auswanderungsscbiff besichtigten, so ließen sie

mit den MannsÖaften exerzieren und diese RettungSmanöver ausführt, Ick) erhielt in dieser Beziehung erst kürzlich den Bericht eines Auk- wanderungskommiffars, woraus hervorgeht, daß geradeaufkm Schikra

des Norddeutschen Lloyd diese Rettungsmaßregekn bei der Pwd:-

ganz ausgezeichnet funktionierten.

Der Herr Vorredner ging auch auf die Frage der Scboiien ein, Bezügliä; der Anbringung von Schotten find ja durch die-Unsal- verficherungsvorschriften der Seeberufsgenoffenscbaften ziemlich SUM- liche Yo: chriftexr ergangen. Man hat aber, wie i(b mich im Laufe deb letzten ommers in Bremä Auf "einem “ZeuewDampfer des Notd- deutschen Lloyd überzeugte - die Nacbricht ging auch in die Zeitungen über - in Bezug auf Bedienung der Schotten einen außerotk-mk lichen Fortschritt gemacht dadurch, daß man beim Play des Kapüäu- einen optischen Telegravben anbringt, auf dem genau abzuleken 557, ok die Schotten geschloffcn sind oder nicht, und Welche Schotieu aßen sind, welcbr nicht, sodaß der Kapitän die Schotten, die geschloßen, fein sollen, aber nicht geschlossen sind, im Augenblick der Gefahr oder sonst während der Fahrt sofort schließen [affen kann. -

. Bezüglich der sogenannten Löschungs- oder Ladungs-Osfiziereiß mit“ bisher nicht bekannt geworden, daß der bisherige Ladungs-Ofßzier ix Antwerpen fich in einen Ladungs-Jnspektor verwandelt bak. Ich- werde der Frage nachgeben, kann aber sagen, daß der Norddnüßbe Lloyd bei den Verbandlungxn über die Dampfrrsubdentions-Voer ausdrücklich erklärte, er wolle eventuell auck) in Singapore einen folthen Ladunas-Offizier anstellen.

Der Herr Vorredner meinte auch, man soll darauf balken, daß nicht solche jungen Aerzte, die einmal eine Seefahrt mitmaÖc-i wolltcn, auf den Schiffen mitgenommen würden. Ja, es ifi gewiß erwünscht, daß ältere, erfahrene Aerzte die Schiffe begleiten; es fragt sich nur, ob solche auch geneigt sind, fortgrseßt die Strapazen eine:

„Seereise anf fixb zu nehmen. (Sehr richtig!) Ich glaube, gerade

wenn es tüchtige Aerzte sind, werden sie es vorziehen, ihre Praxis rms dem sichkrrn Lande auszuüben, um dikjenige auf den Schiffen Längerem Kräften zu übrrlaffen. "“

Zum Schluß komme ich auf die Frage der farbigen Mant- schaft. Entsprechend den Anregungen im hohen Hause, haben wir statistische Erhebungen angestellt über das Verhältniß drr farbigen Mannschaften zu den europäischen. Dabei ergab |ck,- daß zu Beginn 1897 auf 117 Schiffen auf Fahrtex in tropischen Gewässern und in der ostasiatischen Küsten- fabrt 2241 farbige Leute verwandt wurden, d. b. 5,47 9/9 der ge- sammten Besaßung unferkr Kanifabrteiflotie; rechnet man nur die 1127 Da mpfschiffe, dann 8,54 0/0. Die Farbigen Werdén Vorzug!- weise als Heizer und als Trimmer, d. 1). als Koblenzieber, auf jenen 117 Schiffen verwendet; ich glaube aber auch: mit gutem Grund?, Deux die Körperanstrengung bei 25 bis 60 Grad Celsius im Maschinenraum isi so enorm, daß in der That die Farbiger: als Maschinistenwefent1ichmro wendbarer sind als Europäer. Es giebt aucb Rbedereien, die das Maschine::- personal doppelt beseßen, d. b. aus farbigen und europäischen Mannschaftkn, und Farbige nur eintreipn lassen auf tropischen Fahrten, diese MMK- schaften abkr wieder ablösc'n, sobald die tropische Zone passiert ist. Es war für jene Anregung im Reichstage hauptsächlich die Ver- muthung maßgebend, daß durch die starke Verwendung farbiger Mant- scbafian dipchrrn _gedW M"» DaiWak- sich natürlkb tiv konkreter Beweis nicbt Erbringen lassen. Da aber die farbigen Mam;- schasten wiskntlirb billiger zu haben sind als die europäisch smd außerdem nach ihrem «Heimatbsbrauckje in Silber bezahlt u'cxden und den bicsigsn Rbedereien dann noch die Valuiadifierenz zu gute kommt, so liegt naiürlié) in der Vrrwrndung der farbisnr Mannschaiien ein gewisses Unterbietcn. Diese Erwägungen habe: mich Veranlaßt, cm die Regierungen der Seebundesstaaicn das F!- suchen zu richten, auf die Verwendung der farbigen Mannschaßm bei ihrer Kauffabrteifldtte ibr Augenmerk zu richten und jedenfaUs dahin zu wirken, daß in dieser Beziehung ein gewisses Maß im Iniane unserer inländischcn Matrosen innegebalten werde. Denn wir haben nicht nur das Jntrreffe, unsrre Heuern nicht zu sebr drücke]: ;- lassen, sondern auch dasjenige, daß es unserer Flotte an geeigneim Material für ihre Rekrutierung nicbt fehlt. Ich möchte aber doch erkläre'n, daß wir in diescr Beziehung bisl günstiger sieben als emden Länder, drnn die sämmilickyen fremden Dampierlinien nach O|- Asien mit einer einzigen Ausnabme haben farbiges Persrnal von & bis */5 drr gksammten Schiff5mannschaik Ich glaube, der Herr Vok- rrdner wird sich durch diese (Erklärungen befrikdigt finden und sehen, daß wir diessr Frage unskre Aufmerksamkeit in gebührenden“: Maße" zugewendrt haben.

Abg. Frese (fr. Vgg.) weist darauf bin, daß beim .No'rddeutjaben Lloyd" die Schortrn- und Bootsmanöver durchaus zweckentfpmkknd eingrübt wii'rdrn; Ukbi'k man?elbaste Beschaffenheit der Wohnungen der Oifizirrc ist nur bon ein gen Offizirren gcklagt worden, denn! man die Möglichkeit entzogen babe, ibre Zimmer zu vermicjbeu. Durch diese Vermietbungen und durch die sirb daraus ergebexdm Be- ziehungen zu Passagieren seien Unzuträglicbkeiten enjstanden, di: ai“-

cstellt werden mußten. Die Asrzte bätn-n durchaus nicht unenigrlllié tbre Dienste zu leisten“ sie erhielten 12026 monatlich und noch 75.“- Entschädigung für Wäsche. Die Einsteliung léarbiger Mannschafte-

sei eine gute That zu Gunsten der Weißen, d isi den Tropen duch- aus nicht so den Strapazen gewachsen seien wie jeae.

Ab . [):-. Hammacber (nl,): Der Abg. Hahn hat bei diese: Gelegen eit nicht Din e vorgebracht. die zum Auswanderungswese- gehören, sondern er at nur das Streben gezeigt, ein Privatman- nebmen zu tadeln. Dieser Gewohnheit wolien wir nicht solani; ich erhebe dagegen grundfäßlich Widerspruch,

Abg. Dr. ahn: Diese Animosität mir ge enüber verstehe kk nicht recht. J hätte diese Dinge freilich auch be der“ Pofidcmpkn- subvention besprechen können; ich bin nur durch den s nelien Gus der Verhandlungen daran Verhindert worden, Ick wi den „No!»- deuisckpen Lloyd“ durchaus nicht diskreditieren; dafür kann ich mich aus die Unbefanxzenen berufen. Allen meinen Be chwerden hat man bisher in gewiffer Beziebun Rechnung getragen. „ch habe ja auch UM Wünsche einzelner Vereins: der Seesteuerleute an gemeinen.

Abg. [)r. Lieber ( enir.): Was Herr Habu vorgebracbi Hax, geht den Reichsta , die Keickysverwaltung und die Reichs sie ua gar nichts an. ck glaube auch nicht, das; eine Meßr » Offizieren des „Norddeutschen Lloyd“ sich an Herrn Habu wende], n- ihn zum Sprachrohr zu machen; höchstens könnten ehemali enk- la ene Offiziere sich dies erlaubt haben. ck halte es ni fü! ril til?“ die Aufmerksamkeit des Reichstages auf diese (169qu kit- zu en en.

Abg. Frese: Herr Habn bätte erfi die Beschiverden unsers!“ und den „Norddeutschen Lloyd“ inter panieren sollen, ehe er den Neid!" in Bewegung etzte.

Abg.1)r. abn: Nicht von enila enen Seroffizieren, Landen vo- dem Verein der Seesteuerleute babe i mein, Material er alta. R

ersonen vorJebracbt, sondern diejsnigen eine!

er Weser und der Aerzte in: al-

onte Mißstände beseitigen, die die Arbeitsfreudigkeit_ der Schiffs- :'ffiziere beeiniräcbtigen und _damit die Sicherheit der Schtffe gefährden.

Der Titel wrrd bewrllisgt. *

ürden Börsenaus chu_ß und die Berufungskammer in E rengericbtssachenÉZegen Borsenbesucher find Tagegelder 2c. jn Hohe von 25000 aUSgeworfen.

Abg. Dr. Bartl) (fr. Vg .): Alle Handelskammern und die sonst betbeiligten Korporationen nd übereinstimmend der Ansicht, daß das Vörsengefß? nichts lauge. Der Börsenkommiffar hat bisher noch gar keine oUe gespielt; das Terminregisier steht bloß auf dem Papier. Die Bremer Handelskammer [teilt mit Stolz fest, daß dieses Register nur aus unbeschriebenen Blattern besteht. Diejenigen, die in Berlin sicb batten eintragen lassen, haben später darauf verzicbiet. Das Ebrengericbt ist in einem Fakir in Wirksamksit getreten, der eine Ironie auf das Börsengesetz ist; denn der Fall betraf einen Hamburger Kaufmann, der als nicht in das Terminregisier Cin- getragener sicb weigrrte, die Differenzen zu Wien. Es Wurde dieses Verfahren, obwohl es dem Börsengeieß entspricht, als nicht mit der kaufmännischen Ehre vereinbar erklärt. Auch mit den Vorschriften über die Emissionen ist nichts erreicht worden. Die Prospekte sind zu einem bedenklichen Umfang an- geschonen. Deshalb beschränken die Emisfionsfirmen ihre Anzeigen auf die Börsenblätter aljein, das allgemeine Publikum erfährt nichts davon. Das Schlimmste ist aber die Produktenbörse; die größte Pro- duktenbörse der Welt, die Berlins, ist beseitigt worden. Das war nicht so ganz einfach, aber nach längeren Bemühungen ist es den Verwaltungsbebörden aeiung-n, dieses Ergebnis; zu erzielen. Die Kauileute ließen es fick) nicht gefaÜkn, daß Agrarier in den Börsen- Vorstand deputiert wxrden soliten. Sie ließen die ganze Börse fahren und diese Börse könnte ja nun ganz mit Agrariern bcseßt werden, Miche von der Sache nichts verstehen. Die Schädigung durch diese Viaßtegel fäl1t bloß auf die Landwirtbfcbaft. Ick) Weise auf die Petitionen der Promberger Handelskammer an den Reichskanzler bin, in Welchen um Aufhebung des ganzen Börsengesexzes gebeten wird, und zwar im Interexse der Landwirtbscbafi. Dericlben Ansicht ist die “andelskammer ür das Herzogtbum Anhalt. Der ganze deutsche Fandel, das ist oft auSgesvrocben worden, schuldet der Berliner Pro- duktenbörfe dcn lebhaftestcn Dank für den Nachdruck, mit welchem ße die Ehre des Handelssiandes vertbeidigt hat. Wir sind jedenfa s außerordrntlich frob, daß wir für dieses Gesetz die Verantwortlichkeit nicbt zr gen haben. , *

Abg. (Vamp (Rp.): Für die mrtsten Bestimmungen des BRU?“ gkseykß bat der ganze Reichstcrg gystimmt, mit Ausnahme höchstens der Freisinnigen, deren Autoritat in diesen Fragen doch so gelitten hat, daß Herr Bartl) keine Ursachs bat, in diesem wegwerfenden Ton zu sprechen. Die_ Anrrgung der Bromberger Handelskammer wegen Aukbebung des Börsrngeießcs bat bsi den anderen Handelskammern nicht überall Nachfolge gefunden. Es ist erreicht, ivas frübrr nicht immer der Fall war, daß die ngierung sich durch den Börsen- kommiffar über die Börsenderbältnisse informieren kann. Schadet es etwas, das; das Börsenregisier keine Rolle gespielt hat? Jedenfalis ist das Privatpublikum der Spekulation ferngeblieben, das beweist der Rückgang der Börsensteuer. Auch die Bedeutung des Ehren- ericbts unterschätzt Herr Barti); fie liegt in einer abscbrcckenden

irkung. Die Vorschriften über die Emissionsvrospekte bestanden früher schon bei der Berliner Kaufmannschaft, fie Wurden nur nicht immer beobachtet. Der Vormundschaft der Bromberger und Anbaitiscben Handelskammer bedarf die Landwietbscbaft nicbt. Be- fremdet hat es miri), kaß der Redner in drr Betheiligung von Land- wiriben an dem Börsknkdstand eine Ebrenkränkung fixldét. Si:-d die Kaufleute in Köni sberg weniger ebrenbaft als die Berliner, wsil dort ein Landwirtb miiwirkt? Wenn die Preise in Deutschland wirklich 10-20 „ck niedriger wären als nach dem ertmarklpreise, wie kann da noch ein einziges Korn ausländischen Getrrides ein- gefübrt Werdenick In Geiste haben wir kein T-xrmingescbäft, und dcnnoch besikbt das Geschäft weiter. Wir wollen mit drr Be-

urtbcilunq des Börsengeseßé nnÖ-siwas wartrn, bis wir msk“

fahrung haben.

Abg. Dr. Barth: Die Tiefe der Krnntniffe des Herrn Gump zeigt |ck darin, daß er sagt: Es aikbt ganze Gesäoäftszweigr, bei dencn kein Terminbandrl besteht. Ja, rs liegen für die Grrsir garnicht die Vorbedingungen eines solchen Handsls bor.

Abg. (Graf von Arnim (Rp.): Ick bestreite, daß_ sich auf najürlichrm Wege die Preisregulirrung im Termingescbäit volizog. Kohn und Rosenberg, Ritter und Blumenfeld, das sind die Männer der natürlichen PreiSrrgulierung. Infolge des Verbots des Termin- bandels baben wir einrn strtigen Entwickelungsgang der Preise zu beobachten; wäbrend in Ncw-York drr Preis um 29 „M gestiegen nnd gefaikeu ifi, betragrn bei uns die Schwankungen 3 „14 Die großen Preisschwankungen kommen nar gewissen (Existrnzen, aber nicht den produktiven Ständen zu gute». Herr Barth könnte doch aus Amerika wiffen, daß dort ailgemein das Verbot des Terminbandels verlangt wird. Ukbkk das Börsengesetz zu urtbeilen, ift jx-Jt noch nich die richtige Zcit; dsnn das (Hose:; ist bisbrr noch mcbt ganz durchacfübrt worden. Nbcr dkn Wunsch möchte ich aurspreckzkn, daß das Urtbeil des Ober-VerwaltungsKerjcbts so rechtzeitig gesprochen wird, daß, falls der Svrrxcb des Bezirks-Ausscbusfts bestätigt wird, der Reichsta die lichkéis hat, das Börsengesk zu rrgänzen. Der Bezirks-“Zlusscbuß bat sich nur auf juristis e Deduktionen be- schrärkt, aber kcine Notiz raden genommen, daß während des Bestehens der Versammlung im , eenpalasi' rie Preise übereinstimmende Preisnotizcn ysröffrntli te. Der Zchk des Börsengescyes ist zum theil errcicbt in drr Stetigkeit der Preise und der Verdrängung kleiner Jobber und drs Privat- publikums von der Börse. Dem Zustande muß ein Ende gemacht Werden, daß von zwei Privatverkinigungkn, von denen sich die eine in ein Kloster geflüchtet bat, während die andere sich als Frübbörse be- zeichnet, diejenigen ausgkstbloffen werden, wrlcbe an der Produkte;.- börse vertretrn zu sein ein Interesse haben, nämlich die Landwirtbe. Mit drm Ideal des Henn Barti), daß es gleichgültig sei, ob in- ländisches oder ausländisches Gctreide verkauft wird, werden wir uns niemals befreunden können.

Abg. Dr. Paasche: Wenn das Börsen escß Mängrl bat, so smd die Freisinni en daran-Schuld.. Daß de Vörs garnicht ver- befferungSiähig se, diese Meinung War selbst in er Reihe der Freifinni en nicbt durchweg Vertreten. Was beute scblrcht ist, ist nicht au? das Börsengeseß zurückzuführen. Das Terminregister hat Herr Bartl) früher nicht so abfalqu beurtbeilt; denn er wollte bei der Beratbung drs Gesesrs nicbt tas Register, sondern nur die Ge- bübr beseitiat wissen. _ , , _

Um 61/4 Uhr Wlkd die weitere Debatte bis Dienstag 2 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

7. Sivung vom 24. Januar 1898.

Auf der Tagesordnung steht unä ft die erste Beratbung des Gesehentmurfs, betreffend ie Kufhebung der Ver- pflichtung zur Bestellung von Amtskautionen.

Aög- Rickert (fr-„Vgg-N Die Vorlage enthält einen Wesent- lichen Fortschritt„ bin ich vor wenigen Monaten noch nicht erwartet batte, als ich die Hoffnung aussprach, das; eine derartige Vorlage gemacht werden möchte. Die Uebelstände, die sich bei dem Kautions- wesen herausgestellt haben, sind viel s [immer, als man gedacxt bat. Bei der Eisenbabnverwaltung etragen die Kosten fr das Kautionswesen 65000 .“, das Risiko der Verwaltung aber höchstens 35 000 .“; dem gegenüber ifi die moralische Wirkung der Kautionen doch eine ehr geringe. Es wäre wünschenswertb, daß im Reiche die glei e Maßregel durchgeführt

würde. Ob die zweijäbri e Frist nothendig ist. erscheint mir do zweifelhaft. Daß 93 Miü'iouen Staatsyapiere für das Reich mi?

eu en auf den Markt korrimen, wird keinen großen Effekt machen.

ie orlage ist ein Beweis des Vertrauens der Regierung zu den Beamten, und ich babe die Zuversicht, daß dies Vertrauen nicht etäuscht werden wird. Jeder Beamte wird sich einer verschärften ontrole unterwerfen; denn die Kautionen haben die Kasenrevisoren in eine gewisse Vertrauensseligkeit verseßt.

Vize-Yäsrdent des Staats-Ministeriums, Finanz-Minisier 131: von iquel:

Meine verehrten Herren! Bei den Anschauungen, die sicb ge- legentlQ-der Bxsprechiwg dieser Frage, wegen Aufhebung der Kautionen im vorigen Jahre schon von verschiedenen Seiten kund- geiban haben, und bei der ausfübr1ichen Motivierung dieses Gesetzes, die den Herren vorliegt, kann ich mich sebr kurz fassen und brauche auf die ganze Materie nicht tiefer einzugeben. Wenn ich im vorigen Jahre mich noch nicht bestimmt ausdrücken konnte, so lag das einfach daran, daß das Ministerium eine bestimmte Stellung zur der Frage noch nicht genommen hatte. Die Frage, ob man die Kautionen ganz auiheben oder vielleicht etwas Anderes an die Stelle der bisherigen Art setzen folie, batte schon sehr lange geschwebt. Ich muß allerdings bekennen, daß ich im vorigen Jabra auch noch nicht entschlossen war, wie die Sache zu machen sei. Man dachte damals vorzugsweise daran, Beamtendereinigungen zu bilden unter staatlicher Leitung, Welche durch die solidarischen Haftungen der einzelnen Mitglieder dieser VL!- einigungen mindestens odrr annähernd die Garantien geben sollten, wie die bisherige Kaution durcb Pfandbestellung. Wir haben uns aber überzeugt bei unserer Prüfung, daß auch dieser Weg große Bedenken bat. Einmal wäre es doch schon ein sebr bedenklicher Schritt, ohne den Willen der betreffenden Beamten sie zu einer solchen solidarischen Haftung für die Handlungen Anderer zu zwingen. Uebt man aber keinen Zwang aus, so würde die Sache überhaupt ja nur Stückwerk gewesen sein, die Verwirrung wäre vielleicht noch größer geworden. Dann würde aber auch bei solchen Vereinigungen die Verwaltung wieder erhebliche Kosten verursacht haben, und man hätte damit das eine iel eian Verminderung der un ötbigen ngien der Verwaltung ni t “unbedingt geboteriä' *É-iionen nicht erreicht. Wir haben daher die Anerbietungen, die wir namentlich bekamen von dem bannöVerschen Beamtenverein, ablehnen müssen, und nach und nach überzeugten sich alle Ressorjs, wovon einige schon seit längerer Zeit auf dem Boden der völligen Aufhebung der Kautionen gestanden baitsn, daß das einzig Richtige sei, hier, wie der Herr Abg- Rickert gesagt hat, funäjrus einzugreifen und die Kautionspflicht für die Forderungen des Staates überhaupt aufzuheben. Meine Herren, ich habe aüerdings die Ueberzeugung nach und nach geWonnen, daß der Staat durch die Aufhebung der Kautionen irgend einen wesent- lichen Schadén nicht leiden wird. Diejenigsn Beamten, die sich Über Ehre und Treue binwegseßrn, welche kriminelle Bestrafungen riskieren und den Verlust ihres Amtrs, werden fich aurb durch den Umstand, daf; sie eine Kaution gestellt haben, schwerlich vor Verbrechen ab- halten lassen, sie greifen dann aberxviel tiefer in die Kasse, als die Kaution beträgt, -- sis riskieren eben alles; auf diese Beamten wird die Kautionsstellung einen, wie man früher sagte, Psychologischen Eindruck überhaupt nicht machen. Diejenigen aber, welche glauben, daß ihre Unterschlagungen, ibre rechtswidrigen Ein- griffe in die Kaffe Verborgen bleiben, Welche sich in fokchcn Illusionen bew», Wit sicb “uch nicht rühren [affen durch die Thatsache, daß sie eine Kaution gesteUt haben, Weil sie die Hoffnung haben, es wird ihre Handlung schließlich auf die Kaution selbst keinen Einftuß haben.

In den zahlreichen Fällen, wo aus Versehen, aus einer gewissen Nachlässigkeit Defekte in drr Kasse entstehen, haben wir immer noch die (Garantie der Abzüge, falls der betreffende Beamte im Dienst bleibt, und ich glaube, auch auf solche Fäkle, wo durch Irrtbümer, Versehen und Viangel cm Aufmerksamkeit Defekte entstehen, bat die Thatsache drr gefiillten Kaution keinen Einfluß. Dies wird aber noch viel deutlicbkr, wcnn man in Erwägung ziebt, daß eine sebr große Anzahl don Kautionen garnicht aus eigensm Vermögen der Beamten gestellt sind, daß nicht bloß in sebr vielen Fällen dritt? Prtionen aus Freundschaft oder aus verwandtschaftlichen Gründen die Kautionen gestellt baden, sondern das; besondere Einrichtungen bestehen, Banken, welcbe grgen eins angemessene Vkrgütung und Provision für den betrrffendrn Beamten die Kaution sieben. Wenn rin Beamtrr aber sich entschließt, in rechtswidriger Absicht den Staat zu benach- ibeiligen, dann wird er am!) nicht davor zurücksckeurn, die betrrffcnde Bank zu schädigen. Wir giaubtrn daber, schon aus allrn diesen Gesichtspunkten obne Bedknken die Kautionen vollständig aufbebkn zu können.

Nun, meine Herren, ist es allerdings richtig, daß der entscheidende H - «d hierfür gewesen ist das Vrrtraurn, welches die Erfaang in vollem Maße gerechtfertigt hat, auf die durchgänxxige Redlichkeit und Pflicbtireue der preußiscbsn Beamten. Wenn,wie aus dcr Staiisiikbervor- geht, die Zahl der Defekte in den größten Verwaltungen Preußens, Wo häufig sehr schnel] gearbeiiet Werden und in der Eile gebucht und kontroliert werden muß, durchschnittiich so gering ist, so deutet das darauf hin und beweist, daß wir unsern preußischen Beamten sehr viel Vertrauen schenken können, und wrnn wir das" bisbx konntknxso werden wir es auch für die Zukunft können.

Vieine Herren, wenn man unter diesen Umständen obne Bedenken für den Staat die Kautionen preisgeben konnte?, so war dies auch Pflicht der Staatsrcgierung, weil wir dadurch den Beamten eine schwere Last und der Staatsverwaltung große Weiterungen abnabmm. Ich bin überzeugt, die kautionspflichtigen Beamten werden in diesem Vorgehen der Staatsregierung aufs neue erkennen, wie fürsorglich die Staatöregierung für ihre Beamten, soweit das irgend möglich ist, eintritt,

Endlich, meine Herren, muß man darauf hinweisen, daß eine sebr große Anzahl von Beamten, welcbe täglich in der Lage sind, die Staatskasse weit mehr zu schädigen als die kautionspflichtigen Be- amten, bisher keine Kaution stellten, und daß dadurch eine außer- ordentliche Ungleichheit in dem Verhältniß der einzelnen Beamten- kategorie zu einer andern hervorgerufen wird.

Ich gebe Weiter auf die Sache nicht ein. Ich glaube, das hohe Haus wird mit der Staatsregierung diesen Sprung wagen und mit den Herrn Abs. Rickert die Ueberreugung'gewonnen Haben, daß diese Maßregel uns nicht gereuen wird.

Nun fragt der Abg. Rickert: Wie steht's denn im Reich? Ick) kann nur sagen, daß die ReichSrefforts auf demselben Standpunkt sieben, der in dieser Vorlage von den preußischen Ressorts eingenommen wird. Meines Wissens ist auch schon eine Vorlage wegen Auf- hebung der Kautionen in der Reichsverwaltung beim Bundeöratb

vorgelegt worden. Wir müffen also die Entscheidung des Bundes- ' raths abwarten. Ich hoffe, daß der VundeSratb sich der Vorlage geneigt zeigen wird.

Der Abg. Rickert hat nun gemeint, es habe den Anschein, daß es eigentlich nicht nötbig gewesen wäre, eine Frist von zwei Jahren zu sehen. Diese Frist ist allerdings nur, wenn ich so sagen soll, eine äußerste Kantel für unvorhergesehene Fälle. Ein Finanz-Minister verpflichtet sich nicht gern, zu einer bestimmten Zeit solche bedeutenden Summen freizugebe . Er verpflichtet sich nicht gern. Wenn wir beispielsriceise unru ge Zeiten bekämen, wenn KMaSgeiab'r droben sollte, so würde man wahrscheinlich doch Bedenken tragen, solche Summen auf einmal auf den Markt zu werfen. Sollte das aber nicht kommen, so bin ich allerdings der Meinung, daß wir keine Ursache haben werden, unter den gegenwärtigen Verbältniffen diese Frist überhaupt inne zu halten. Wir werden dann nicht vielleicht gleichzeitig an einem Tage aue Kautionen herausgeben; wir werden mit den kleinen Kautionen der unteren Beamten anfangen und dann weiter binaufgeben, um so mehr, als bei den großen Kassen die Beamten ibre Kautionen meistens aus eigenem Mitteln gestellt haben.

In denjenigen Fällen, wo die Kautionen bisher gestellt wurden- durch aUmäbliche Abzüge dom Gehalt, was gerade für die minder- besoldeten Beamten oft außerordentlich lästig war und dieselben mannigfach sogar in Schulden gebracht hat, wird natürlich sofort das allmähliche Abziehen aufhören; es hat ja keinen Ziveck, noch eine Kaution allmählich entstehen zu losen, wo man schon entschloffen ist, sie überhaupt zu beseitigen. (Seb: richtig!) *

Die Herren brauchen sich also an dies er Fristnicbt zu stoßen. Ich werde schon Sorge tragen, daß die Frist, wenn die Zeilen so bleiben, wie sie heute sind, nicht ganz benußt wird, und daß alsbald mit der Herausgabe der Kautionen bcgonnen wird.

Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat dann die Gerichts- Voilzieber erwähnt. Wir haben doch Bedenken getragen - da der Staat einen Zwang gegen das Publikum übt, bestimmten Gerichts- vollziebern die Aufträge zu eribeilen, die ja in der Regel auf Ein- ziehung von Geld für die Auftraggeber hinauslaufen - für diese Gerichtsvollzieber zu Lasten der Auftraggeber - nicht zu Lasten des Staats - diese Sicherheit in der Kaution einzuziehen. Es kann ja sein, daß die Gerichtsvoüzieber nun sich zu Verbänden vereinigen, zu solchen solidarisch haftenden Genoffenschasten zufammentreten; dann werden auch die GerichtsVoUzieber in dieser Be- ziehung entlastet werden. Würde eine anderweitige Ordnung des GerichtSdoÜzieberwefcns eintreten - und natürlich hat man ja immer den Finanz-Minister in Verdacht, daß er dagegen sei, was bier in keiner Weise zutrifft -, so könnte man ja auf die Frage zurück- kommen, ob in dieser Beziehung eine andere Entscheidung zu treffen sei. Ich kann den Herren nur ratben, in dieser Beziehung nicht weiter zu geben als die Vorlagen

Ich möchte dasan noch eine Weitere Bemerkung knüpfen. Meine Herren, der Staat tritt in Zukunft gewiffetmaßen als Selbstver- ficherer auf. Auf der einem Seite erspart er sehr bedeutende Ver- waltungskosten, die tbatsächlicb in den meisten Verwaltungen böber gewesen sind als die durchschnittlicben Defekte. Aber soweit noch Defekte “'" „, versichzc! Och der Standft. Das kann der Staat tbur Ich möchte aber bemerken, meine Herren, daß die Ge. meinden, namentlich kleine Gemeinden und Korporationen, Stiftungen keineswegs aus dem Vorgehen des Staats schließen sollen, daß sie das nun ebenso machen können. Der Staat versichert auch seine Gebäude nicht gegen Brandgefahr; wenn der einzelne das aber unterläßt, so handelt er derkebrt. Ick) bebe dies ausdrücklich berbor, damit nicht im Lande der Gedanke enisteht bei den Gcmeindc- und Stiftungs- bsamten u. s. w., daß sie nun ohne weiteres aucb befreit werden müssen; da liegt die Frage anders und muß da ganz selbständig ent- schieden werden.

Meine Herren, endlich möchte ich yon dieser Stelle aus noch unseren bisher kautionspfiicbtigen Beamten ans Herz legen, daß sie doch nun nicht, wenn sie ihre Gelder frei bekommen, soweit sie ihnen selbst gcbörrn, fich bewegen laffcn, böber verzinsliche Papiere mit geringerer Sicherheit einzutauschen gegen dieseficberen preußischen Kon- sols. Ich sage das im Jntereffe der Beamten selbst. Uebrigens habe ich auch den Glauben, daß unsrre Kassenbeamten, die doch meistrns große Sicherheitskommissaricn sind (Heiterkeit) und vorsichtig zu handeln gewohnt sind, dieser Verführung nicbt erliegen, sondern die preußischen Konsols nachher in ihren Schrank legrn, die Zinsen davon beziehen, ein sicheres kleines Kapital besitzen und sicb nicht auf gefäbrliche Spekulationrn einlaffen werden. (Bravo!)

- * Ab-g.-Haacke (fr. kons.): Ich begrüße die Vorla e ebenfalls mit Freude, weil sie besonders den Beamten, welche sich ie Kaukion bei einer Bank gegen sehr hohe Zinsen und Amortisation beschaffen mußten, eine große Erleichteruna bringt. Durch die Annahme der Vorlage verdienen Sie sich den Dank von 36000 Beamten.

Vize-Yäfident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister 131: von iquel:

Meine Herren! Ich möchte, um keine Unklarheiten entstehen zu lasset? ausdrückkich nochmals betonen, daß dies Geseß fich bloß bezieht auf wirkliche Beamte. Wir haben eine Reihe von Fällen in Personen, die wir Bedienstete nennen wollen, die aber keine Beamtenqualität haben, doch staatliche Gelder oder Gelder von Privaten im Auftrage des Staats einzunehmen und abzuführen oder zu verwalten haben. Auf solche Nichtbeamte bezieht sicb dies Gesch nicht, da würde in Zukunft den einzelnen Verwaltungen vorbehalten bleiben müssen, ob sie glauben, vertragSmäßig eine Kaution von den be- treffenden Personen fordern zu sollen oder nicht. Dazu gehören z. B. die Lotteriekollekieurc, es gehören dazu die Spezialbaukasien-Rendanten, es gehören wahrscheinlich - die Frage ist kontrovers -- die Forst- Unterrezeptoren dazu. Das sind Kaufleute oder andere Personen, denen die Hebung von Forstgefällen, Forsteinnabmen vertragmäßig übertragen wird. Der Zweifel bei der testen Kategorie, ob sie wirkliche Beamtenqualität haben oder nicht, muß natür- lich nachher im Verwaltungswege zur Entscheidung gebracht werden. Ich wollte aber ausdrücklich berdorbeben, daß solche Per- sonen, die auf Grund eines privatrechtlicben Vertrages, nicht kraft ibrer Stellung als Beamte kautionspflicbtig sind, unter die! Gesch nicht fallen.

Dann wolite ich noch bemerken, das;, was tie Frist der Rückgabe betrifft, wir nicht die Absicht haben, die Rückgabe abhängig zu macheu von einer vorher ertbeilteu Decbarge desRecbnungsfübrers. Sonst ist es üblich gewesen, daß bei Todesfällen, Penßonimmgen u, [. to. die gestellten

Kautionen ersnurückgegeben wurden nach ertbeilter Deckarge. Das kanuskk

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