unbedingt gerechtfertigt sei. Ich machte darauf aufmerksam, daß allein in diesem Jahre in neun Monaten eine Steigerung der Ein- nabmen gegen das vorige Jahr um 17 Millionen einige Hundert- tausend Mark stattgefunderi hätte; das ergiebt, für das Jahr berechnet, eine Gesammtfteigerung von 89/0. Wenn die Verwalturra in Ueber- einstimmung mit dem Reichs-Scbaßamt birr nur etwas aber 50/0 der Mehreinnahmen eingestellt hat, so glaube ieh, daß das nicht eine iiberschwängliche Schäßung der zukünftigen Einnahmen bedeutet, daß das vielmehr den tbaisächlicben Verhältnissen entsprechen wird. ,
Was nun die verschiedenen, von dem Herrn Vorredner an nnch gestellten Fragen anlangt, so dürfte ja eigentlich Von ihm beabsichtigt sein, daß ich bier plövlicb mit einer großen Rede vor Sie bintrete, um au die einzelnen Fragen bis ins Detail zu erörtern.
Was in erster Linie die Frage anlangt, betreffend die Reform von Gebühren bei den Portis, so wissen die Herrkn, daß eine solche Vorlage bereits dem Bundesraib zugxgangen ist. Ich habe bier aus- drücklich zu erklären, daß die Ueberschrift der Vorlage, die seiikns des Herrn Vorredners bemängelt wurde, in Erwägung, daß es sich um die Abänderung der verschiedenkn Gesetze: des Postgkseßes, des Post- taxgeseßes und der einzelnen Novrilen handelt, so gestaltet werden mußte. _ Sie enthält, wie ich anführen darf, dir Frage der Erhöhung des Gewichts, die Frage, wie weit man in den Städien rest). den an- ßrenzenden Ortschaften auf eins Ermäßigung des Portos herabgebcn kann, resp. die Ermäßigung für Berlin.
Ick möchte hierbei spszicll anführen, um Von drn Herren nicht mißbersianden zu Werden resp. ciner Deutung zu unterliegen, die beute wieder in den Ausführungen des Herrn Abg. MüÜer (Sagan) vorkam, als wenn ich in der Budgetkommisfion eine bindcnde Erklärung darüber abgegebcn hätte, nicht durch Tarifcrmäßigungen ctwa die Privatbeförderungsanstalten zu schädigrn: zu Liner solcher Erklärung war ich wrder berechtigt nach irgend einer Richtung bin, noch Hätte ich sie sonst abgeben können; denn die Tarifermäßigungen bängrn, soweit es sich um Abänderung gefaß- 1ich festgelegter Tarife handelt, von den verbündeten Regierungen und vom Reichstage ab. Ick) babe persönlich um gesagt, ich würde es für wünschenswerther erachten, auf dem Wege des Gescßrs die Ver- hältnisse klar zu sielien, als auf dem Wege des Tariszikgés. Wenn nach dem pflichtmäßigen Ermessen der Behörde im allgemeinen Interesse eine Hrrabseßung des Porios für wünschenswert!) erachtet wird, dann kann man doch unmöglich den PrivatbesörderungSanftalten ein Recht vindizikren, zu sagen: das schädigt unsere Interessen. Also das möchte ich nach dieser Richtung hin klar stellen.
Wenn der Herr Abg.Mü[1er weiter gesagt hat, ich hätte versucht, ein Parallelogramm der Kräfte konstruiert und aus ihm abgeieiiet, was ich tbun resp. vorschlagen wollte, so, glaube ich, irrt er fich nach dieser Richtung hin. Es ist für mich an jedem Punkte die Pflicht, zu er- wägen: gelten die Maßregeln der Allgemeinheit, dann babe ich sie auSzu- führen ; gelten sie nur besonderen Interessen und einzelnen Kreisen, so muß ich siezurückweisen. Also ich habe nicht ein Abwägen zwischen den Ver- schiedrnen Interessen, sondern ein Abwägen zwischen dem Interesse der Aügemeinbeit und den Sonderinicreffen, und ireirn etwa Sonder- intereffen berdor, so beißt es immer: Leistung gegen Leistung! Wenn in einer Stadt bon kaufmännischen Kreisen Von mir Verlangt wird, daß ich mehr Boten für eine spät ankommende Post einstelien soll, und dies kommt lediglich einem spezielisn Kreis Von Kaufleuten zu gute, so kann ich nur antworten: ich bin bsreii, bezahlt aber die Boten. Ich glaube, das enispricht auch den aÜgrmsinrn Verhältnissen.
Also, meine-Herren, ich habe nicht etwa zwischen den verschiedenen Intereffkn abgewogen, sondern ich habe mich nur bemüht, durch die Konferenzen, die im Monat Oktobrr stattgefunden haben, aus den Kreisen der Vertreter don Handel, Jndustrik und Landwiribschait zu hören, Welche Klagen im aligemeinen in dieskn Krsiskn Vorhanden, und welch? Bedürfnisse beute b-zrangrtretrn seien. Es liegt mir auch fern, etwa mit der Mule drr (Hrskßgcbupg, wie der Hm Vorrrdncr sagt, heute die Privat-Postanstalten wdtschlagrn xu wolicn; cs liegt lediglich in meiner Absicht, das zu klärxn, WSS in aiicn großen Ländern Europas sowohl als auch auszrrbaib Europas, z. B. in Nord- Amerika, Rechtens ist, daß der geschloffcnr Vric'i als ('in Beförderungs- objekt für die Post dc-r Allgemeinheit, d. i). für die Post des Landes, angesehen wird. Das zu klären, wird ja nachher die Nufgdbe des Gesetzes sein, welches hoffentlich noch in dieser Session Ihnen vor- gelegt wird, und ich habe immer noch zu sagkn: Seien Sie überzeugt, meine Herren _ Vom Monat August an [)abm wir ununter- brochen über diese Sache vrrbandelt _, es sind immrrbin Cine ganze Menge Von Momentcn maßgebend, die es nicht Ermöziichsn, ein Gesrß, das man für wichtig hält, vorzulegsn; sondern im Deutschen Reich ist eine Reihe von Faktoren zu hören, ebe eine solche Vorlage beim VundeSraib eingekracht werden kann, und she sie dem R6ichstage zugeht. Es liegt also nicht eine Verschleppung dor; sondern Sie dürfen Sieb überzeugt halten, wir haben uuausgese'tzt an dieser Sache gearbkitei, und ich hoffe, daß sie in dirsem Jahre zur Verabschiedung kommen wird.
Heute, meine Herren, auf die einzelncn Verhältnisse der Privat- posten einzugeben, halte ich nicht für angebrcrcht, um so wkniger, da wir hoffentlich in Wenigen Woch€n _ vieileicht in 14 Tagen _ schon hier in der Lage sind, eingebcnd über das Gesey zu verhandeln. Ich glaube "also, ich würde die Diskussion sehr ins Weite spinnen, Wenn *ich auf die einzelnen dort gestellisn Fragen eingeben wollte. Ich möchte abrr nur das Eine anführen, mrine Herren: der Herr Abg. Müller (Sagan) war so freundlich, dt'n Pridatpostrn einen guten StammbuckMrs zu schreiben. Er sagt: sie haben nur im
, Interesse der Gesammibeit gearbeitet. Nein, meine Herren, es war priVate Erwerbsibätigkeit. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.)
Was nun die Anfrage über die Drucksachen anlangt, so kann ich nur versichern, neue Bestimmungen sind nicht ergangen. ' Naturgemäß haben wir bei der beutigen Steigerun'g des Verkehrs die Pflicht, daß wir bei den zur Abfertigung kommenden Sendungen in erster Linie die
- Briefe nehmen. Sie sind an sich schon kenntlich durch ihr Aeußeres. Können wir bei der Absendung nicht alle Sachen mitnehmen, so bleiben natürlich nicht die Briefe, sondern die Drucksachen zurück. Ich spreche hier nicht von Zeitungen, die kommen in ganz anderer Weise jar Expedition. Aber weiter, meine Herren! Der Herr Abg. Müller meinte, wir könnten doch unmöglich den Drucksachen ansehen, welche von ihnen schnelier befördert werden müßen. Ich kann darauf ant- worten: die Erfahrung lebrt, daß wir gewisse Unterscheidungszeichen
,bestven, und zwar an der Art ihrer Auflieferung. Meine Herren, was in großen Körben, in großen Massen aufgeliefert wird, das sind
im allgemeinen Sendungen, von denen wir anzunebmen berechtigt sind, daß sie besondere Eile nicbt beanspruchen. Die Möglichkeit besteht, daß wir diese Massen in demselben Moment nicbt zu bewäl- * tigen vermögen. Ick) bemerke aber ausdrücklich zur Zeit sind keine Aenderungen der Vorschriften vorgenommen; ob es in der Folge geschehen wird, heute Ihnen zu erklären, bin ich wirklich noch nicht in der Lage. Ich weiß sebr wobl, es klingt hinten der Saß nach: dann befördert die anderen Sachen billiger. Ia, meine Herren, wo sollen wir hinkommen, wenn wir nicbt, entsprechend der Leistung der Post, rie Gegenleistung verlangen? Ich komme nachher darauf, was der Herr Abg. Müller gesagt hat: bei den Zeitungen bestehe kein rich- tiges Verhältniß zwischen den Leistungen der Post und den Gegcn- leistungen, was ja auch Von akikn Parteien bestätigt wird. (Sehr richtig!) Ich bin damit einverstanden: es muß das richtige Verhältn-ß zwischen Leistung und Gegenleistung überal] erhalten werden.
Ich kann im übrigen nur hervorheben: in neuerer Zeit, wenigstens im leßten Halijabr, sind mir, sorveit mir bewußt ist, keine Ve- scbwerdrn zugegangen, daß die Drucksachen nicbt “prompt befördert werden. Ich weiß wohl, daß es ein Moment der Reibung gegeben hat, aber disses Reibungsmomcnt ist verschwunden, und ich kann nur konsiatirren, daß neuerdings, meiues Wissens, solche Beschwerden nicbt eingkgangkn smd.
Was nun die Frage wegen einer Aenderung in den Vesieligängen angeht, so habe ich in der Vudgetkommission erklärt, daß genereli eine Beschränkung der Bestellgänge in Berlin zur Zeit nicht verfügt wordcn ist, und das kann ich auch beute noch aufrscbt erhalten. Auf der anderen Seite kommt es auf dem Lande und in den kleinen Städten oft genug vor, daß wir beobachten, wie ein Briefträger mii sebr wenig Briefen seinen Gang macht. Stellt die Ober-Posidirektion fest, daß sich dieser Gang nichr mehr lohnt, so wird fie ihn ein- ziehen. Meine Herren, das ist eine Sache, die einfach geschäftlich er- ledigt wird und von dem Bedürfniß abhängt. Sie werden uns zugebkn, daß, wenn ein Briefträger mit 2, 3 Briefen berumgehen soll, man da ein Bedürfniß nicht mehr anerkennen kann und infolge dessen die Einziehung eines Bcsteilganges staiifinden muß. Solche Vorgänge erwecken in dem Moment, wo wir heute vor weiigreifenden Post- reformen stehen, erböbie|Aufmerksamkeit, sie sind aber immerschon vor- genommen; sie werdsn nur beute um so mehr wahrgenommen, Weil die allgemeine Aufmerksamkeit mehr darauf gerichtet ist und wir Aende- rungen beabsichtigen.
Was nun die Frage des Telephons anlangt, so möchte ich immer wieder hervorheben _ das habe ich auch in der Vudgetkommisfion außgesprocben _, es ist sehr schwer, eine genaue Rechnung, Wenn ich so sagen soll, eine buchmäßige Rechnung aufzumachen zwischen den einzelnen Verivaltungen. Ich babe bereits bei diesem Artikel in der Budgetkommission Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, daß wir garnicht in der Lage sind, erstens die Telegrapbengebübren zu trennen von den Portogebübren, weil eben eine Menge Telegramme mit Posifreimarken versehen und letztere bei den Posteinnabmcn ver- rechnet werden. So erscheinen sie in einem anderen Konto; während sie in das Konto der Telegraphengebübr gc- bören. Wir haben Versucht, eine möglichst unparteiische Rechnung über Einnahmen, Ausgaben und Finanzergebnis; dcs Telegwpbengefeßrs aufzustellen, deren Richtigkeit aber erst gkprüft Werden kann, wénn wir die Ergenrecbnung drr Post dagegengcftclit haben. Dies ist nicht in einem Viertel- oder halben Jahre zu machen; bcdknksn Sie, daß wir j-des einzelne Gebäude in Bezug auf seinsn Erwérbspreis oder Nußungswerih einstrlirn müffxn, um eine genaus Rechnung zu bskommen. Meine Herren, ich sagte schon: das sich ergebende Facii ist, daß wir tbat- sächlich bei den Trisgrapbengebübren cinen erheblichen Zusobuß aus Reichsmiitcln leisten müsskn. Ick) babe a1xch darauf bin- gewiesen, daß sklbst England. wo gegenüber_ unskren 38 Miüionkn Telegrammen in einem Jahre 81Mii1ionen befördert werden und welches gkgenübkr rmsércn 516T00 ](111 an Leitungrn nur unge- fähr 340 000 km, also (*LWÜI msbr als die Hälfte bssiszt, daß selbst England im Vorjahre einen Zuschuß Von 142 000 Pfund, also rund 3 Millionen Mark geleistet bat. Also, Wenn das dort schon stati- findet, so ist cs ganz naturgemäß, daß bei uns der chbnungsabschluß für unseren Telegrapbcnverkrbr noch ungünstigsr stehen muß. Dem gegenüber babe ich bcrborgebdbcn, daß bei den Telephonsn die Rech- nung günstiger steht. Ich möchte auf die Frage drs Herrn Nbg. MüÜer, daß früher gesagt wurde, der Ueberschuß aus dem Fern- sprechwcsenb81rape140/n, roch erklären, daß ich mich vielleicht in der Budgctkommission nicht so deutlich ausgedriickt babe. Ick) hxbs mich verpflicbtct gciübli, das gesammte Kapital für Gebäude, die Anlagen und Apparate nach deren Werth einzustelien, dann die Amortisationkquoien, die bei den verschiedenen Posten dsr- scbwindcnd sind, anzufeyen und außerdem noch eine 30/9 Ver- zinsmig drs verwendeten Kapitals in Rechnung zu stellen. Danach hat sich ergrben, daß ein Ueberschuß von 49/9 übrig blieb. Läßt man Amortisation und Verzinsung außer Betracht, so mag ein Ueberschuß don ca. 14%, wie in frühsten Jahren angegeben Wards, beraus- kommen. _ Die Verwaltung ist von dem Bestreben geleitet, möglichst allen Theilen drr Bevölkerung den Nußen des Fernsprechers zu erschließen und ist von neuem der Frage näher getretrn- wie durch eine den Verhältnissen mehr sich unpassende Gestaltung des Betriebes, sowie durch Ermäßigung der Fernsprechgebühren der Fernsprecher weiteren Kreisku als bisher zugänglich gemacht Werden kann. Die Ermitte- lungen erstrecken sich namentlich auf die Möglichkeit einer Vereinfachung der Bau- und Betriebsweise, ferner darauf, Ob es ratbsam ist, unter Einführung automa- tischer Gesprächszäbler dem Tarifsystem eine andere Grundlage zu geben. Ich glaube, aus diesen Erklärungen werden Sie entnehmen, daß die Reicbs-Po'siveWaltung die Verpflichtung fühlt, auf diesem Gebiet vorzugehen und den Klagen, wie sie aus vielen Theilen des Landes an uns berangetreten sind, Abhilfe zu schaffen- Jch kann bier heute nur einen Fall anführen: wir haben Er- bebungen im Lande stattfinden [affen wegen der Ausdebnung des Fernsprechwesens auf dem platten Lande. Die Berichte sind ein- gegangen, sie sind noch nicht speziell kalkuliert und durchgesehen, ich kann aber heute schon sagen: wenn wir dem Bedürfnis; des platten Landes zur Zeit entsprechen wollen, so würde ich allein annähernd 8 Millionen Mark verlangen müssen, um die Sache zur Durchführung zu bringen. (Zuruf) Man ruft mir zu: „Man los1' Ja, meine
Der Herr Abg. Müller (Sagan) wies mich darauf bin, daß in England bessere Telegrapbenapparate zur Verwendung kämen als wie in Deutschland; „Es ist ja, wobl nicht zu bestreiten, daß-wir zu Zeiten eine Menge von Schwierigkeiten uns entgegentreten sahen bei der Ein- führung neuer Apparate. Das lag nicht allein an dem Apparat selber sondern auch an der Schwierigkeit, das Personal für einen solchen meist komplizierten Apparat 'auSzubilden; denn feinere Apparate der- langen ein viel besser ausgebildetes Personal. Ein Mann, der einen ein- fachen Morse-Apparat bedienen kann, kann noch lange nicht den Hughes- Apparat bedienen, und wiederum, meine Herren, auch einen Hughes- Apparat zu bedienen, ist noch zweierlei: es giebt Beamte, dieunendlich viel auf diesem Apparat leisten; es giebt Leute, die mit diesem Apparat auch 'nicht viel mehr leisten wie auf dem gewöhnlichen Morse. Also, der bessere Apparat verlangt also auÖ eine ganz andere Vorbereitung des Beamtenpersonals. In der Neichs-Postverwaltung befinden sich, nicht etwa seit meinem Eintritt in meine Stellung, sondern von früberer Zeit, Hughes-Apparate wie Klopf-Apparaie, also gerade die- jenigen Systeme, die wesentlich dazu beitragen, den TelrgrapbenVerebr zu beschleunigen und zu erleichtern; in neuerer Zeit sind wir im Ein- vernebmen mit England auch schon dazu übergegangen, eine Linie, Berlin - London, im Gegensprecbsystem, mit Hugbes-Avparaten zu betreiben, und wenn auch bin und wieder noch Störungen vorkommen, so dürfen wir doch erwarten, daß diese neue Brtriebswcise wesentlich zur Beschleunigung beitragen und in der Zukunft auf keine Schwierig- keiten stoßen wird.
Bezüglich der Frage der Packetbeförderung babe ich bereits in der Budgetkommission erklärt, daß eine Erhöhung der Gebühren für die Packeibeiörderung, wie ick) glaube, bei keiner Partei des Haasis auch nur den geringsten Beifal] finden würde. Meine Herren, es ist brute nicht bloß die Industrie, ck ist auch die Landwirtbscbaft, die an der Ausgestaltung des Tarifs den lebendigsten Antbcil nimmt. Denken Sie sich, meine Herren, wo sollte die Landwirtbsckpaft heute bin mit ihrer Beförderung der Butter, der Eier, des Käses u. s. w., die heute vielfach lediglick; auf diesen schneiien postalischen Verkehr an- gewiesen sind! Ich möchte auch nicht eingebex auf die etWaigen Kontrodersen zwischen Post und Eisenbahn. Die Post hat drr (Eisen- bahn gegenüber immer den großen Vortheil, daß sie schnell zu be- fördern vermag, und daß die Leute infolge dessen ihre einzelnen Sen- dungen lieber in kleine Theile zerlegen und uns zur Postbeförderung übergeben. Ich gebe ja zu, es kommen noch andere Momrnte mit hinzu. Das Wesentliche für uns ist immer, daß wir bestrebt sind, die Verkehrsbeziebungen zu erleichtern, denn damit erhöhen wir nicht allein die Einnahmen, wir nützen meiner Ansicht nach alien Kreisen der Bevölkrrung Dcuiscblands.
Der Herr Abg. Müller sagte Eingangs: Ja, was denkt sich nur der neua Staatssekretär, wie wiki Cr vorgeben? Nun, meine Hkrren, die erste Antwort babe ich ihm ja schon gegeben, ich habe gesagt, es ist im Bundesratb eine Geseßesvorlage auf dem Gebiet des Post- wrsens eingebracht worden; sie enthält tarifarische Bestimmungen, fie enthält auch die Stean zu dcn Privat-Beförderungsanstalien.
Meine Herren, auf der anderen Seite babe ich in der Budget- kommission darauf hingewiesen, daß ich als die zweite in Angriff zu nehmende Reform die Frage des Zeitungsiarifs ansehe. Ick habe nur gebeten, mir für diese Session noch Aufschub zu gewähren, Weil ich sehr mit der Arbeit überlastet bin. Ick) babe dabei hervorgehoben, was ja auch seitens des Herrn Abg. Müller betont ist, daß die jeßige Tarifgestaltung unhaltbar ist, weil fie ungerechte Verhältnisse ge- schaffen hat, das; es in der Absicht lirgt, sowohl das häufigere Er- scheinen dsr beireffenden Zeitung, wie das Gewicht, welches wir zu befördern babsn, zu berücksichtigcn. Dabei wird _ einer Anregung der Budgetkommission folgend _ erwogen werden, inwieweit, da wir in Deutschland keine Insertionssteuer besißen, die Inserate in Betracht zu ziehen sind.
Also, meine Herren, ich hoffe, Ihnen im Anschluß an diese Novelle über die Zeitungstarife in der nächsten Session auf Grund meiner Erklärungen über die AuSgestaltung des Telegraph- und Telephonwesens die betreffende Modelle vvrlegen zu können. Als Schluß dieses meines Vorgehens erachte ich die Reform des Personals. Dies ist eine der wichtigsten Fragen; sie ist aber nicht eher zu lösen, bis wir nicht Klarheit über die Aussssialiung drs gssammten Verkrbrs baden; ich rechne und hoffe auf Ihre Untkrsiüßung. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. Graf zu Stolberg-Wernigerode (d. kons.): Ich will den Staatssekretär nicbt drän en zur Beantwortung von Fragen, die er- nicht beantworten kann. it der Anwendung r-s Grundsaßes von Leistungen und Gegenleistungen in dem Zeitungstarif sind wir durch- aus einderftanden. Denn heute sind die Briefe viel tbeurer als die
eitungrn. Wir werden abwarten, was die Regierung Vorschlagen wird.
sist zu bedauern, daß man 1871 bei der Regelgng des PosireJcrls die Lücke drs Stadiverkebrs offen gelassen bat. Man hatte bei dem Au tauchen der rivat-Postanlien die Lücke noch schließen können; jest sind große Kap talien in solchrn Unternehmungen angelegt Worden. _Der gegen- wärtige Zustand ist unhaltbar. Isst müssen die kieinen Siadte und das platte Land ein höheres Briefporto zahlen, weil die „Privaianstalten in den großen Städten die Sahne abscböpfen. Die eratposien werdcn auf geseßgeberischem Wege beseitigt werden mussen. Eine Entschädigung kann nicht stattfinden. Als die Landwirtbe durch die Entstehung der Markthallen von den Märkten auSgeschlosseu Wurden, hat man ihnen auch keine Entschädi un? gegeben.
Abg. Garn (Rp.): Da eine or age in Aussicht gesteUi ist, so zweckmäßiger, die Debatte heute zu unterlaffen. Ich bin dcm Staatssekretär dankbar dafür, daß er bezügli dieser Frage auch Sachverständige aus dem Kreise der Landwirthscha befragt bat.
rüber wurde immer nur Handkl und Industrie gehört. Bereits 1885 Habe ich die Rothwendigkeit einer Aenderung des Zeitungstarifs dem Die Lokalpresse
wäre es eiaentli
Staatssekretär von Stephan gegenüber vertreten. könnte in der Weise unterstützt werden, daß die Beförderungssä :
für weitere Entfernungen erhöht Werden. Wer eine Druckla e schurli beiördert haben will, kann c ja als Brief au-geben. Wenn man Von dem Grundsatze der Leitung und Gegenleiktung auSgeben wollte, würden die ärmeren Landestbeile überhaupt keinen Anspruch auf die Posiansialten haben. Wenn die Privat-Postanstalten auf- gehoben werden, olite man ihr an esteUtes Beamtenpersonal be- rücksichtigen und ihnen Anstellungsfä igkeit tm Reichspostdienst bk- willigen. Die Postverwaltung bat die rivatanstalten beßünfiigt, indem e ihnen den Zostbezirk statt des eicbbildes frei ege en hat. Die Po tverwaltung b tte früher einschreiten sollen; aber e wollte es nicht mit der öffentlichen Meinung verderben. BUMM des Baues der Telegrapbenlinien ist die VeertunL über das a? des Be- dürfnisses binaußgegangen. Die Bedürfn sie der Landwirtb (haft wer- den besser durch das Telephon erfüllt. Wenn die Ausbildung des Telephonneßes nur 8 Millionen Mark kostet, so wird die Regierung keinen Widerstand finden, wenn sie die Bauten einfrhränkt und das Geld für diesen Zweck verwendet. Ich möchte, wie im vorigen Jahre, die Befreiung der außerhalb der Schalterstunden zur Beförderung
Herren, ich muß natürlich erst die Mittel bewilligt erhalten, ehe ich
auf diesem Wege vorzugehen vermag.
an e ebenen Medizinsendun en von dem us lagsporio empfehlen. WEU? die Reichspost diefe ufgabe nicht [Ö en ann, dann steht sie
ni tau der 5 e der eit. Redner wendet -um S u e e dithieLbsbc-uéenb, welch?z die Postverwaltung aFf übten lascf?! ß g g n
Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:
Ick möchte zuriächst ein: Klarstellung dem Herrn Vorredner gegenüber vornehmen. Der Herr Vorredner führte aus, die Reichs- "Postverwaltung hätte in Berlin der Privat-PostbeförderungSanstalt gestattet, daß sie ihren Verkehr auf Charlottenburg _ ich glaube, er nannte noch einige andere Orte _ ausdehne. Meine Herren, dazu waren wir nicht berechtigt, das haben wir auch nicht getban. Die Berechtigung der Post ergiebt sich einfach aus dem Gessß über das Postwesen des Deutschen Reichs. Da heißt es, daß die Beförderung aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschloffenen Briefe und alier Zeitungen politischen Inhalts, welche öfter als einmal wöchentlich er- scheinen u. s. w. _ sowie die Weiteren Brsiimmungen, derén Verlesung Sie mir eriaffen werden _, dem Postregal untkrliegt. Diesem Post- gefeis sind Drucksachen und offene Briefe weiter nicht unterWorfrn. Infolge deffen bkfördern die Privatbeförderungsanstalten diese Sachen, wie sie sie auch" nach anderen Gegrnden befördern können. (Zuruf.) Gewiß, _ ich komme darauf. Wenn sich geschlossene Briefe in Briefkasten der Nußenorte finden, dann wird stets drm Einsender mitgetheilt: Woiien Sie, daß der Brief aufgemacht wird? Verschlossrne Briefe befördern sie nicht. Es ist in drr letzten Zrii nichts Entgegen- stebxndes zur Kcnntniß dcr Postvkrwaltung gekommen. Ick kann nicht iortwäbreud révidieren oder rcvidisrsn laff-sn. Zeder Bewvbner des Landes beobachtet und befolgt die GLscBS, und ich nebmr an, daß auch die Privatbesörderungsanstaiten das thn. Aber ick) kann nur sagen, sie dürfen berschloffkne Briefe nicht befördern.
Was nun die beiden anderen Fragen anlangt, so kann ich dem Herrn Vorredner nur versichern, ich werde wohlwollend die Beförde- rung der Arznéien noch einmal prüfen lassen; vielleicht findet sich ein Nuswkg, obwobl ich immer wieder hervorheben möcbtk: die Post- vernmltung kümmert sich nicht um drn Inhalt der Sendungen. Von diesem Grundprinzip abzugeben, birgt eine große Grfabr in sich. Im Mom-Znt erscheint Cs annehmbar, ich gebe zu: vom mcnschlicken Herzen geleitet, würde ich sofort zustimmen, aber auf der anderen Skike be- denksn Sie das erschwerende Momrnt, wenn wir anfangrn, uns um den Inhalt der einzelnen Briefe odcr Packrte zu kümmern. Das ist ein Grundsaß, yon dem möchte ich prinzipieli 11icht gerne abweich€n.
Posthäuser in kleinen Städten auf Rrichskosien zu erbauen, befürchte ich, wird auf erheblichen Widerstand stoßen; in der Budgrikommission Wenigstens ist es mir oft so vorgekommen- daß schon jeßt bei meinen Bautrn der Blaustift waltet, und wenn ich auch in diesem Jahre anzuerkennen hab?, das; ich ohne Abstrich in der Budgeikommisfidn durcbgekommcn bin, so muß ich doch sagen, erscheint es mir bedrnklich, mit großen Mrbrfordrrungen auf diesem Gcbiri zu Erscheinen, und es ist auch Von mir gelegentlich der Erbauung kleirrerer Wobnbäuser für Unter- beamie erklärt wwrden, diese Untérbkamtenbäuser würden unrndlick) viel mehr Geld kosten, wenn sie von der Postverwaltung erbaut würdrn; ich habe immer erklärt, sie müssen von drn an Ort und SieUe wohnenden Unternebmern erbaut wkrden. So bin ich auch beute noch überzrugt: wate ich in kleinen Städten selbst bauen, so würde recht iheucr gebaut Werdrn, und ich glaubr, anch die Zustimmung drs Hauses zu finden, wenn ich immer noch sage: [Lider baut der Rrichs - Posifiskus tbemcr wir die Priwal- unternebmer, und daraus erklärt sich auch die Schlußfolgerung mit den 60/9 resp. Zi [)/0 für die GrunderWLrbung. Wir kaufc'n auch den Grund und Bodrn meist tbeurer als der Pridatmann, Wenigstkns ist das der Eindruck, der nicht akikin in dcr Rcichs-Post- Verivaltung berrscht, sondern der mir auch in dsa Kommunen knt- grszengeiretan ist; wenn beute cine Kommune kin Grundstück kaufen wil], muß fie 65 auch vici tbcurrr bezahlen wie ein Privatmann; ich möchte vor der Hand wenigstens nicht dazu ratbc-n, bcdcr erst in den größrrcn Siädirn unsrrr Baupläne durchgeführt sind, plößlich bcraus- zugeben in die kleinerrn Städte. Ich glaube, wir kommen da immer noch zu einfacheren Verbältniffeu, nsrnn wir diese Erbauung dcr Privat- unt'rrncbmung übsrlaffen.
Abg. Singer (Soz.) iriit für Herabse-ßung drs Stadtvortos für 5Brie'ch nnd für Prstanweisungen sowie für Ermäßigung der Telspbongxbübrsn ein. Der Grundsatz dorrLeisiun,x und Gegknleisiung könne hier nicht in Betracht kommen. In Schweden, wo niedrige Gcbübrcn erbobrn würdrn, brinße das Telephonweien glänzrnd8"Cin- nahmen. In der Kommission ha 2 der Staatssekreiar seine Erklarung, daß den Privat-Postanstalten durcb gesxviicbe Maßrex €1n zu Lc-ibe gegangen wcrdcn [r*Üe, Oni schärfsr abgmcbcn als hier im aufe. DZrSia-ais- skkkékiäk sollte fick) mit der Durchdringung séincr Vorlage bLLllSU. Eig€|111ich hätte si? bkim Besinn dcr Skssion Vorxreisgt we-rden müssen. Bezfiglich drr PkrsOnalreform solite der Staatssekretär dafür sorgen, daß sie nicht in den Hintkrgrund geschoben werde.
Staatssekretär drs Reichs-Postamts von Podbielski:
Meine Herrcn! Der Hcrr Vorredner bat zucht grwiffcrmaßsn dkn Appell an mich gerichtet, daß ich Endlich rnit Eifer an die mir gestelltrn Aufgabrn grben foliie, namentlich an die Psrsonalrcform, während er auf der anderen Seite meinen Fleiß bisher sehr ungünstig beurtbeilte und mrinic, es wäre gar nichts, eins Vorlage zu macbkn; es müßten bereits dir ganzen Vorlagrn dem Hause Vorgelc'gt wrrdkn. Nun, meine Hearn, vielleicht ist er in der Lage, in einem zukünftigen Staat, wenn er bier steht, schneller zu arbeiten, obgleich ick) mich wundere, daß ein Anhänger des Acktstunden-Arbeiistages dem jetzigen Vertreter der Reichs-Postverwaltung zumutbet, mindestens dreimal acht Stunden zu arbeit?". Die Zensur war ja sehr mangelhaft; ich habe sie aber von meinem Standpunkt nicht anders erwartet.
Meine Herren, es ist nun dem Hkrrn Abg. Singer wieder ein eigentbümlich Ding passiert, indem er Thatsachen behauptet, die Von hier aus schon in ganz anderer Weise klargestellt worden sind. Ich babe ausdrücklich _ wie ich glaube, auch in meiner ersten Rede, ich habe wenigstens die Absicht gehabt, ich spreche ja aber frei _ erklärt: die Gewichtsfrage ist in dem vorzulegenden Geseve mitentbalten, und muß darin enthalten sein; denn es handelt sich nicht bloß um ein Postgeseß, sondern um ein Posttaxgeseß.
Weiter aber die Frage der Ausdehnung des Gebiets, in dem das 5 Pfennigporto gelten soll! Meine Herren, das aus dem Aermel zu schütteln, erscheint vielleicht dem Herrn Abg. Singer, der die post- technischen Schwierigkeiten nicht kennt, sehr leicht; in der That kommen doch aber außer dem BundeSratb auch noch Staaten wie Württemberg und Bayern in Betracht, auf deren eigene Postgestaltung ein solches Geseß von bedeutendem Einfluß sein würde; die müssen doch auch erst gefragt werden. Ich kann versichern, daß ich seit der Zeit auch nicht einen Tag das Geseß aus der Hand gelegt habe; denn außer einer ganzen Rkibe von Faktoren, mit denen ein Einverständniß
erzielt werden muß, kommt doch schließlich auch der Reichs-Stbaß- sekretär in Betracht. Sie werden mir zugeben, daß ein solches Geseß zweifellos einenEinfluß auf die Gestaltung unseres nächsijäbrigen Etats hat. Wenn ich am!) nicht hoffe, daß in Zukunft ein Ausfall eintretsn wird, so wird es doch zunächst unvermeidlich sein; es muß daher überlegt sein, nach welcher Richtung die Finanzlage gestattet, vorzugeben. Also Plötzlich aus dem Verborgenen heraus mit einem (Gases zu erscheinen, das ist unmöglich; sondern es müffen erst eine Reihe beratbender Faktoren gehört Werden, ebe ich in der Lage bin, ein solches Geseß dem Bundesrathe respektive den verbündeten Regierungen und später dem Reichstage vorzulegen.
Meine Herren, was dann dir Privatposten betrifft, so wird auch der Herr Abg. Singer, wenn er seine Rede im Stenogramm nacb- liest, finden, daß seine Rede zu dem Schluß berechtigt: erfüllt die Reichs-Posiberwaltung die Anforderungen, die wir für nötbig halten, dann müssen auch die Privat-Postanstalten aufhören. Diesen Schluß bat er bloß nicht ziehen woüen, er ergiebt sich aber ganz naturgemäß als letzter Eckstein seiner Rede. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, ich möchte heute nicht die Pridatbeförderungsfrage hier aufrollen, sie wird ja immer wieder von dieser oder jener Seite angeschnitten werden; aber eins möchte ich berdorbeben gegenüber den auch vom Hcrrn Abg. Singer erwähnten Auöspruä), daß Tausende und Abertausende von Leuten in den Privat!)eförderungsanstaltcn be- schäftigt sind. Meine Herren, wir haben eine Aufsteliung aus den letzten Tagen machen lassen, und daraus halte ich mich für vrrpflichtet, Ihnen einige Zahlen vorzulesen. Wir haben 2291 im Deutschen Reich in Privatbeförderungsanstalten beschäftigte Leute, von denen auf Berlin allein 1185 kommen. Also von Zebniausenden kann gar nicht die Rede sein; Sie sehen also, daß die Sache sehr stark aufgebauscbt ist.
Was nun die Uebernahme dieser Leute in den Dienst des Staates anbelangt _ diese Frage ist ja seitens des Herrn MüÜer-Sagan in der Budgrikommission angeschnitten worden _, so werde ich ja Gelegenheit haben, Ihnen das Detail Vorzulegen. Aber was würden Sie sagrn, Wenn solche Jungkns, wie sie in den Briefbeför- derungsanstalien beschäftigt sind, in die R€ichs-Postverwaltuna über- nommen Werden! _ das sind alles Fragen, die im einzelnen Lx czen werden müssen. Zweifellos wird im gesammten Reichstag niemand etwas dagegkn einwenden, daß Unterbeamte, deren Interessen geschädigt würden, sichrrgestcl1t Werden. Da brauchen fick; die Herren nicht als Anwälte aufzuwerfen _ das find Erwägungen, die aus dem Reichstag beraus, schon in der Budgeikommifsion vom Herrn Abgeordneten MüÜer-Sagan angeregt worden sind.
Weiter sagt dann der Herr Abgeordnete: die Postverwaltung ist eine überaus fiskalische kleinliche Verwaltung, es ist eine elende Plus- macherei _ so war ungefähr der Ausdruck. Es ist zwar nicht meine Absicht, durch besondere Einnabmen zu glänzen, aber aus dieser fiskalischen MonopoLVerwaltung resultiert doch immerhin eine gewisse Summe der Einnahmen, und wenn wir die vertbun, so müssen die Gelder von anderer Seite, unter Umständen bei schwierigeren Verhältnissen, aufgebracht werden. Es geht sogar so weit, _ das klang auch aus den Worten des Herrn Abg. Singer beinahe beraus _ daß die Reichs- Postverwaltung nächstens gezwungrn werden soi], auch die Briefe für alle Leute srlber zu schrriben. (Heiterkeit) Das ist das leßte; Sie wollen ja schließlich, daß wir alles übrrnebmen, und ich wiederhole den Grundsaß, den ich in früherer Zeit schon den Herren vorgehalten habe: wir können nach vielen Richtungen bin uns Wesentlich erleich- tern, wsnn das Publikum eine Summe von Handleistungen selber übernimmt, so wie ich fie immer wieder den Herren vorgeführt babe.
Ich kann auch nur den Herrn Abgeordneten darauf hinweisen, daß bctrkffend das Telephonwrsen wir nicht etwa nur an die wobl- babenden Leute denken und rs drmenisprcchend ausgestalten, sondern, wie ich VthLr schon erwähnte, geht unser Bestreben dahin, das Telcphon möglichst weiten Kreisen der Bevölkerung zugänglich zu machen, Mir ist vollkommen klar, daß ein klciner «Handwerker, wenn er die Möglichkeit hat, das Telephon zu bknuykn, konkurrenzfähiger ist, und daß er beute schwer seufzi, wenn er das Ding nicht hat; darüber ist kein Zweifel. Aber wenn Sie mich auf Schweden hinweisen, so erwidere ich _ icb babe es in der Kommission bereits ausgeführt _: die Hrrren mögen doch brdcnksn, das; in Schwedkn eine ganz andere Entlohnung der untsren Beamten statifindet, als bei uns. Ich babe bereits grsagt, daß dort Telephonistinnen mit einem Gebalt von 30 Kronrn, also 36 „ji, angestellt sind, und ich möchte wobl wiffen, welchen Angriffen ich ausgeseßt wäre, wenn ich etwa wagcn sollte, für solches Geld bier untere Beamte einzustellen. Also, meine Herren, das hängt evident mit einander zusammen: ist dsr Arbeitslohn im Land? ein tbeurer, jo kann ich nicht billiger arbeiten; die Verhältnisse des Landes kommen eben dabei mit in „Betracht, ganz abgesehen davon, daß die Ent- wickelung des TrlephonWesens in Schweden auf einem ver- hältnißrnäßig kleineren Raum stattfindet als bsi uns. Wenn Sie die Entwickelung des Telcphonwesens in Berlin und des dortigen mit einander vergleichen, so werden Sie sehen, zu welchen günstigeren Resultaten wir gekommen sind, Wenn ich auch nicht verkenne, daß es zur Zeit für weite Kreise noch zu tbeuer ist.
Zum Schlusse muß ich noch auf einen Punkt eingeben, in welchem die Herren Abag. Mükler und Singer in einem gewissen Rechte sind. In der neulichen Sißung der Budgetkommission gab ich zu, daß der Herr Abg. Müller in dem, was er heute gesagt hat, betreffs des Tarifs, im Recht war, das heißt insofern, als er das letzte Wort gehabt bat. Aber ich habe schon damals erklärt, daß wir ja noch zu einer weiteren Erörterung der Sache kommen würden, und ich woilie mit Willen nicht immer wieder auf dasselbe zurück- kommen, weil ich Gelegenheit babe, noch bei dem Geseß selber die Sache klarzustellen, Weder ich noch irgend jemand sonst ist ja berechtigt, über Gesetze freigebig zu disponieren und Zu sagen: es wird kein anderer Tarif den Privatposten gegenüber angewandt werden. Dazu war ich auch in der Kommission nicht
berechtigt und babe es auch nicht auSgesprocben, sondern der Herr Abg. Müller nahm es als Faktum bin, dem ich allerdings in der Kommission nicht widersprochen habe. Ich kann auch dem Herrn Abg. Singer nur wiederholen, welcher meinte, ich könnte ja leicht Gesche hier im Reichstage einbringen: ja, bitte, lesen Sie doch einmal das Postgeseß! Das Postgesetz ent- bäit in seinen Eingangsbestimmungen genaue Vorschriften über die geschlossenen Briefe und Zeitungen; aber es behält auch im § 50 dem Herrn
Reichskanzler eine Menge von Rechten, betreffs der Tarife innerhalb der
Städte, vor, und so ist heute noch der Herr Reichskanzler zur Herab- setzung der Tarife auf Grund des § 50 berechtigt, also x. B. ferner auch den Postanweisungsverkebr billiger zu gestalten. Gelegentlich der Einbringung des Gesetzes wird voraussichtlich auch die Erklärung ab- gegeben Werden, daß für Beträge bis 5 «si im Postanweisungsverkebr entsprechend wie im Nachnahmeverkebr das Porto auf 10 „ck berabgeseßt werden wird. Ich babe diese Sache schon gestreift, wenn ich auch nicht näher darauf eingegangen bin; aber jeßi, nachdem es gewissermaßenso klingt, als Wenn die Neicbs-Postverwaltung sich immer erst drängen ließe, während es meiner Ansicht nach die Aufgabe der Post ist, die Bedürfnisse des Verkehrs zu erkennen und dementsprechend die er- forderlichen Vorschläge dem Herrn Reichskanzler, als dem Chef der Verwaltung, zu unterbreiten, babe ich geglaubt, hier darauf zurück- kommen zu sonen. (Brads!)
Ab . ])r. Ham macher (ni.) spricht ebenfalls den Wunsch aus, daß die ang "ndigte Vorlage möglichst bald an den Reichstag kommen möge. Bezüglich der Entwickelung der Privat-Poftansialten babe er schon vor mehreren Jahren aus den Aeußerungen des Staatssekretärs von Stephan entnommen , daß derselbe die Wirkung der Privat- anstalten unterschätzt habe, wchil er von der Vorzüglicbkeit der Posteinrichtungen überzeugt gewesen sei. Dadurch seien die Reichs- Postverwaltung und der Reichstag in eine schwierige La e ekommen. Denn die Privatanstalten seien angewachsen, und ihre Zbßtigkeit sei ebe_nso legitim wie jede andere geWerbliche Thätigkeit. Eine Ent- schadigung müßte also eintreten. Ueber die Modalitäten könne später verhandelt werdxn. Daß die Einnahmen aus den Telegrapben nicht so erheblich zunahmen, sei darauf zurückzuführen daß der Verkehr sich mehr und mehr des Teiephqns bediene. Man ollie das Telegrapben- und Telpronneß als ein einheitliches Unternehmen betrachten und d'emgemaß behandeln. „Große Einnahmen könne man aber nicht er- zielen„ wenn man in einer bevölkerungSarmen Gegend ebenso wie in Berlin die hohe beübr von 150 .“ verlange. Die Gebühren müßten ken spez'iellen'Verbaltniffen angepaßt werden.
Die Einnahmen aus Porio: und Telegraphengebühren werdcn „bemiliigt; ebenxo die übrigen Einnahmen.
Beim ersten Titel er Ausgaben, „Gehalt des Staats- sekretarS“, berichtet der Abg. Dr, Paasche über den bereits mitgetheilten Antrag der Budgetkommission wegen Herabseßung des Gehalts des Staatssekretärs auf 24000 «,x-z
Außerdem beantragt die Budgetkommisston:
„den Reichskanzler zu ersuchen, veranlassen zu wollen, daß die Annahme und Bestellung don Packeten an Sonn- und Feiertagen, mit Austrabme der Zeit vom 18. bis 31. Dezember, nur iu den Vormittagsstunden bis 12 Uhr stattfinde.“
_ Abg. Werner (Reformp.) tritt für die Verbs erung der (Ge- balter der Unierbeamten ein. Wenn man die Aufbe erung für den Staatssekretär ' bewiÜigen Wollte, würden die Unterbeamien noch lange warterz' können. Nach Welchen (Grundsätzen die Gratifikationen vertheiit wurden, sei nicht zu ermitteln; sie sollten ebenso wie_ die Stelienzuiaae ganz wegfallen, weil sie zur Liebedienerei verfubrien. Die Sonntagsrube für die Beamten sei mehr gewährleistet als früher, 9er es bleibe noch recht viel u thun, ebenso in Bezug auf die tagliche Dienstzeit drr Beamten. Öringend nothwendig sei ein neuer Zeitungstarif. Nachdem man die Privat- posten habe erWarlpscn lassen, wäre es unberechtigt, sie ohne weiteres und ohne Entschadi ring zu beseitigen. Iedenfalis sollte man für die Unterbeamten der_ tidawosien sor en.
Darauf wrrd um 51/4 U r die weitere Berathung bis Freitag 2 Uhr vertagt.
Preußischer Landtag, Haus der Abgeordneten.
13. Siyung vom 3. Februar 1898.
Das Haus seßt die zweite Beraihung des Staats: haushalts-Etats fur 1898/99 bei dem Etat der Gestüt-
' verwaltung fort.
Ueber den ersten Theil der Debatte ist bereits berichtet worden.,
Bei den dauernden AUSLÜÖLU spri t
Abg. von Mcanxl-Ste nfels (kon .) sein Bedauern über die Zunabrne des amerikanischen Pferdeimports aus und wünscht zur Ab- wehr eme starkere Förderung der Kaltblutzucht. Alierdings sei im Jntereffe urzserer Armee die Warmblutzuchi unerläßli , aber man solle das Eine ibun und das Andere nicht lassen. Es ei unrichtig, bestimmten Bezirken die Warmblutzuchi aufzuzwingen, wenn nicht die Vdrbedingunge'n dazu „dort von der Natur gegeben seien. Nicht nur dre kaltblüttgen Hengste bedürften einer Vermehrung, sondern , auch das, Stutenmaterial müsse verbessert werden, wenn nicht die_ Leistungsfähigkeit der Arbeitspferde yon Jahr zu Jahr zuruckgeben solle. In die Landgestüte würden oft zu junge Hengste eingestellt. Anzuerkennen sei, daS die Qualität des in den [ksien Jahren von dem Ober-Landstallmeiter angekauften Hengsimaterials em ganz aUSgezeicbnetes sei. Er müsse aber für die Provinz Sachsen noch um die Errichtung eines Quarantänestalls und um die Erweiterung des Landgestüts bitten.
st ' Minister für Landwirthschaft2c. Freiherr von Hammer- ein:
Meine Herren! Es ist einzuräumen, daß die Zufuhr amerikanischer Pferde in den leßten Jahren erheblich zugenommen hat und zwar nicht allein der kalt-, sondern auch der warmblütigen Pferde. Die bis- herigen Erfahrungen erweisen aber, daß die Käufer amerikanischer Pferde vielfach ungünstige Erfahrungen machen. Die eingeführten Pferde müssen fich acclimaiifieren und die Strapazen der Seefahrt überwinden. Sie bekommrn vielfach influenzaartige Krankheiten; ob sie nachhaltig Von derselben Dauerhaftigkeit in der Arbeit sind, wie die in Deutsch- land gezogenkn Kalt- und Warmblüter, ist eine offene Frage, die erst durch längere Erfahrung festgestellt werden kann.
Der Herr Vorredner bat als unbestreitbar den Sas aufgestellt, daß für die Landwirtbschaft auf schwerem Vodkn die Benußung der Kaltblüter rentabler und zwcckmäßiger sei, als die von Warmblütern Dieser Siß steht doch wobl nicht so unbestritten fest. Beispiels- weise werden in der Provinz Hannover in großen Gebietötbeilen, in denen Zuckerrübenbau unter schwierigen Geländeverbältniffen ge- trieben wird, von den Landwirthen schwere Warmblüter noch den Kaltblütern vorgezogen, weil deren Vemenduna für rentabler gehalten wird. (Sehr richtig! rechts.) Für die Richtigkeit dieser Auffassung sprechen eine Reibe von Umständen. Wenn einerseits das kaltblütige Pferd war früher anspannungsfäbig ist wie das warmblütige _ der Unter- schied ist etwa Wei Jahre _ so steht dem gegenüber, daß man mit Gewißheit darauf rechnen kann, daß das kaliblütige Pferd mit 14, 15, 16 Jahren das Ende seiner Leistungßfäbigkeit erreicht, während die Warmblüter meist bis zu 30 Jahren dienftfäbig bleiben. Dazu kommt, daß die Kaltblüter schlagartigenKrankbeiten unterworfen sind. So ist mir von einem Domänenpächter _ ich will den Namen bier nennen _ von Herrn von „Diese (Barby) mitgetheilt, daß er jeden' Sonn- und Festtag seine Kalibiiiter durch die Leute bewegen .laffen müsse, weil, wenn infolge eines zweiten Festtages die Pferde ßebeu bleiben, große Gefahr des eintretenden Verlustes durch Sälagavfäile
vorliege.