1898 / 32 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 Feb 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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, ein Blick in die Listen unserer Referendare. (Sehr rechtig!) Der

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»: ..."; * _ a mi denTag gelegt kat. (HeitekkekW

. Ick klum ibm zunächst nur danken für die Anerkennung, die er dem Justh.Minifter auögesprocben hat für seine Mitwirkung bei der Er- wirkung der Allerböchsien Ordre vom 27. Januar dieses Jahres, welche den höheren Justizbeamten die von ihnen lange und mit Recht gewünschte Gleichstellung mit den Beamten anderer Ressorts gebracht hat. Herr Abg. Kirsch hat dabei ganz beiläufig gestreift, daß der in dieser Allerböchsten Ordre neu eingeführte Titel .StaaFSanwaljfchafts-

. Rath“ nicht gerade sehr schön sei. Aber es ist weder *mit noch allen Herren, die ich zu Raibe gezogen habe,

trotz aller Mühe gelungen, einen besseren Titel zu entdecksn. Wenn ihm zum Vorwurf gemacht wird, er sei zu lang, so möchte ich diesen VorWUrf nicht gelten lassen. Wir haben längere TiteT; ich brauche nur zu erinnern an Ober-Landeögerichts-Rätbe, Ober-Landeskultur-Rätbe, Ober-LandeSgerichts-Präfidenten - das sind sogar 11 Silben -, während der Staatsanwaltschafts-Ratb nur 5 Silben hat. (Heiterkeit) Daß er nicht gxrade schön klingt, liegt lediglich daran, daß der Vokal „a' fünfmal sich wiederholt. Ein neuer Titel mußte abcr gefunden werden, Wenn ein höherer Rang nunmkhr auch mit dem Amt des Beamten, der jeßt also Staats- antvalischafts-Rath genannt wird, vbrbunden werden mußte.

Sehr angenehm hat mich dann berührt dcr liebenswürdige Vor- wurf des Herrn Abg. Kirsch, daß die Justiz anfange, zu höflich zu sein. Bisher warsn wir den umgekehrten Vorrvurf gewöhnt. (Heiterkeit) Den gegenwärtigen Vorwurf können wir jedsnfalls viel leichter ertragen, als den, der uns früher gemacht wurde. (Heiterkeit) Wenn dabei erwäbnt ist, daß den Standesherren in gerichtlichsn Urtbeilen das Prädikat ,Hcrr' ertbeilt worden sei, so ist das nichts Neues, sondern die NußzeiÖnung der Standesberren beruht auf der AUetböchsten Instruktion vom Jahre 1817, in der die chhte der Standesberren fixiert wordkn smd, und in der ausdrücklich vor- geschrieben ist, daß den Standesberrkn in den Schreiben aus dsm Allerböchsten Kabinkt das Prädikat „Herr“ ertheilt werde. Ick; meine, was von der Alierhöchsten Stelle den Standesbsrren gswäbrt wird, hat ibnkn jede Behörde im Lande zu gewähren.

Wenn dann in Strafkammeroxrbandlungen qugcn, sogar An- geklagte, mit dem Prädikat „Herr“ ausgezeichnet sein sollen, so sind mir Beschwerden darüber bisber noch nicht zu Ohren gekommen, jedenfails nicht Von seitsn derjknigen, die disser NuSzeickz-“mng sich zu erfreuen gehabt haben. (Heiterkeit) Ick) nixine, man kann es ruhig dem Takt der einzelnen Bezamten und der Vorfißxnden Übcrlaffsn, wie sie die Rücksichten ibrkr Amtspflickyt mit dM Rücksicht€n dEr Höflich- keit zu bereinigen wissen.

Der err Abg. Kirsch wünscht dann eine andkre Abfassung der Strafbefehl-Formulare. Ick kann darauf bemcrken, daß die sämmt- lichkn Formulare in Sirafsacben gegknwärtig einer Umarbeitung unter- zogen werden, darunter auch speziell das Formular für di? Straf- blfcblc', und die Von dem Herrn Abgeordneikn gkgebenen Anregungen wcrden dabki jedenfaUs auch nock) einmal geprüft werdsn.

Wenn endlich der Herr Abg. Kirsch noch Erwähnt hat, daß bei der Einführung des Bürgerlichkn GLsLHbUCth glücklicher- weise auch eine neue Abgrknzung der bestcbsnden Gsrickyks- bezirke, und zwar namentlich in der Richtung Linér Verkleinerung, in Betracht zu ziebsn sein werde, so kann ich darüber eine Auskunft nichj eriheilen. Diess Frage hat uns bisher nicht bk- schäftist, und was spsziell die Obsr-Landesgerichtsbezirke Köln und Hamm angeht, so hat fich aus der Größe diessr Bezirke, sowcit die Thätigkeit dsr Oer-Landksgerichts in Frage kommt, bisbsr Line Un- zuiräglicbkeit noch nicht crgebxn; trois ibrés gwßkn Umfangs babsn sie dkn an sie gesicUtén Anforderungen bisbcr ausrkichend gknügt, und ich ,;lane deshalb, das; zunächst kaum ein Anlaß vorlikgen wird, an eine Yerkicinxrung diéser Ober-Landssgérichtsbezirke heranzuxzcben.

Im übrigen halte ich es für LiniZ-Zrmaßsn bedenklixb, der schmörcn Uebergangszeit, die uns bevorsteht beim Eintritt in das mkue Jabr- bunderi, noch größere Schwierigkeitcn dadurch zu bereits", das; damit auch noch nene organisatorische Fragkn vsrquickt werden, die? ja unter alien Umständen eine außcrordentlich starke? Inanspruchnahme wiederum aÜer betbeiligten B€börden und insbésondere ch einzelnen Beamten zur Folge haben wird.

Ick denke also, daß nach di-xser Richtung infOTUC d€r Einfübrung des Bürgerlichen Géssßbucbs ein8 größere Eile um so Weniger geboten ist, als die bestébénden R6chi§b€rschiedenheiten, die ja in der Ab- grenzung, namentlich dks rheinischen gegen den Westfälischen Ober- Landesgerichtsbezirk, besiebsn, nach auf Dezennien hinaus sich fühlbar machen werden, und wir beide Geriihtc nicht so würdkn beseßen können, daß sie die vérschiedkncn, immerhin noch zur Anwendung kommenden Rechts mit Voller Sicherheit zu übersebkn in der Lage sind. (Bravo !)

Abg. Munckel (fr. Volks. a ' 5 ': - lasxung zizm Referendariatsexamex Zink? bEts tilt? fZFrtLZTdFiiY,UFFerkZ[-i11r.ti§€lii da cm x_ungex Mann der; wiffenschafilicben Anfordsrungen gut gcnügt, bat; ex i1t wirtbscbaftlich gut gestcÜt, und in fittlichér Bezisbunq ist gagen ihn nichts ein'zuwendsn. Aber sein Vater ist vor 20 Jabrcn als „er selbst „noch nicht strafmündig ngksLn, mit dem Strafgsseß iti sittlicher Beziehung ,in Konflikt gekommen, ohne daß der Sohn etwas davon wnßte. Die Sünde der Väter soll nach dem Altcu Testament heimgesucht werden an den Kindcrn bis ins dritte und viertx Glied; bier Handelt es fich um das erste Glied. Soll es etwa gescbebsn, wxil Vater und Sohn dem alttcstamentltchen Volke angehören? Ich vcxstebe es, wenn dieskr junge Mami vielleicht in seinem Hsimutbsbezirk Maricnwerder nich1 angxstel]! Wurde, aber Warum nicht etwa im Bezirk Hamm? Nkir scheint es, daß man auf Umwegen den Affefforenparograpben wieder einfahren Wil]. Der junge Z).)éann bat seinc ganze UnibersitätS- vorbildung pnd die Mühen und Strapazen dLS Examens umsonst FeeYaYrtbünYé Aenderung der Bedingungen für die Zulassung wäre

Iustiz-Minister S ch 6 11 | e di :

Meine Herren! Die yon dem Herrn Abg. Munckxxl vorgetragenen Thatsachen sind im wesentlichen richtig. Es ist insbesoridere auch richtig, was Herr Munckel wenigstens bat zugeben woklen, das; die Zurbckweisung des in Rede stehenden Rechtskundidaten nicht erfolgt ist _m Rücksicht auf seinen Glauben. Daß aus diesem Grunde Zuruckweijungcn nicht erfolgen, zeigt die tbatfächxicbe Erfahrung und

Grund der Zurückweisung ist allerdings nicht der Person des Rixchtskandidaten kclbst entnommen, dessen intellektuelle und wissenschaftliche Befähigung und dessen sittliche Führung einem Be- denken nicht unterlegen haben; er ist entnommen seinen Familien- beziehungen.

"vielleicßt wäre es deshalb wünschenswertber gewesen, auch im Interesse des betreffenden Herrn selbst - 'deffen Namen ich selbstverständlicb ebenso wenig nennen will, wie es seitens des Herrn Vorredners ge- schehen _ist -, diese Dinge“ hier nicht zur öffentlichen Verhandlung zu bringen. (Sehr richtigx rechts.) Da ich aber“ genötbigt bin, wick) auf die Angriffe des Herrn Abg. Munckel zu vertbeidigsn, so bleibt mir nichts Anderes übrig, als die Thatsachen binzustellen, die dahin geführt haben, daß dieser junge Mann abgewiesen worden ist, Der Vater desselben ist, allerdings vor 20 Jahren, im Jabra 1878, schwurgerichtlich wegen Verbrechens gege'n die Sittlichkeit zu 3 Jahren Gefängniß und zu 3 Jahren Ehrverlust verurtbeilt. Er ist ferner im Jahre 1888 Wegen vorsäßlicher körperlicher Mißbandlung zu 50 „M oder 60 Tagen Gefängniß und am 19. Dezember wegen Beleidigung und Hausfrieden- bruch zu 6 Tagen Gefängniß verurtbeilt worden. Ein Bruder des Angeklagten ist im Januar 1894 vom Landgericht Wegkki Diebstahls verurtbeilt wvrden, (Hört! hört!)

Meine Herren, ich glaube,"Sie werden mir doch Recht geben, wenn ich, so hart es für den einzelnen Betroffenen sein mag, doch daran festbalts, daß eine“ Verpflichtung der Justizberwaltung dahin bkstebt, Elemente, die aus einem Milieu hervorgegangen find, das für unseren höheren Staatsdienst fich nicht eignef, vom Eintritt in den StaatSdienst fernzuhalten. Daß dieskr Kandidat meine psrsönlicbe Theilnabme findet, das wird auch der Abg. Munckel nicht bezwckifeln. Es ist mir mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Kandidat€n schWSr geworden, an der (Entschließung, die seitens der Ober-Landesgerichts- Präsidenten gefaßt War, dissen jungem Mann nicht aufzu- nehmen, festzuhalten. Er ist zunächst zurückgéwiesen worden vom Ober-Landedgericbis-Präsidenten seines Heimathsbezirks; er hat sich dann an eine Reihe anderer Präsidenten geWandt -- überall ist er derselben Zurückweisung begegnet, und ich glaubte, im Interesse des Ansehens der Justiz der Beschwerde diefes Kandidaten nicbt stattgeben zu dürfen. Ich möchte bitten, daß das hohe HaUs, w€lches auch bei Beratbung des bekannten Assefforengesxßes den Standpunkt bsrtretbn bat, daß alles g€schehkn müsse, um den übermäßigcn Andrang zur Justiz einzudämmen und insbesondkre auch unwürdige und un- g€kign8te Clemente bon ibr fernzuhalten, und sich ferne: auch auf dkn Standpunkt gestküt hat", daß es eines nkuen Géskßks nicht bedürfe, daß viélmebr die bksiebenden Vorschrifikn schon auSrkicbkn, um dk? Juftizverwaitung die genügenden Handhaben zu geben - _ daß dies hohe Haus die Justizberwaktung nicht d€§abouieren wird, wenn sie diesen Winksn gefolgt ist und im vorlilgenden Falle: untsr obwalrknden Umständen den Rechtskandidaten zurückgewissen hat. (Brady! rechts.)

Abg. S tnidt-Warbur Mtr. wün t '2 '

gerichtlichetz HYlfÖkkäftkn zur DZreFiÜbruiig des sÉürxxrliFlettjisFZYslxgluxZZ un'd womogltck) eine dauernde Entlattuna der Richter übsr auwt. Dre Kostenfestssfzung'könne ruhig den Subaltkrnbsamtsn überlaffrn wkrde'n, und nur gewrssk Punks“?- brauchtén der Entschkidung dcs Richtsrs bezw. Vorsitzenden oder dem Kollégium worbsbaltkn zu WLkd-“li. Bki autem Willen lasse sich hier sehr leicht ein Ausweg finden. Das Bürger- [lchL Göseßbuch sei für die Massen immer noch ein Buch mit sieben Stkgelii. Außkr der Kommission, fährt der Rednkr fort, keimkn es eigentlich nux die Unidbrfiiäts-owessoren gründlich. Zu seinem Siudiiim babsn sicb Richter und Anwalts vkreinigt. Die Kommentare genügen auch nicht;"ich selbst besitze noch keinen. Könnten nicht dem Richtern Vortxage gebalten Werden über das Bürgkrlich: Geseßbucb? Hier in Berlin besteht schon ein soicher Kursus. Von Staatswegen und mit Staatßmxttxln müßtßn an Unibxrfitäten und an d€n größkren Gerichten m den Feric'n Vortrags, viell€tcht auch Von Wanderlebrsrn, gebaljkn weiden. Bei unsxrkn geringen Gehältern können Uns nicht noch größere Außgaben fur das Sjudium des Bürgsrlicbsn GesNbucbs zu- gémuibct wsrdkn. Bsi der Beratbung der 10)( Heinz? im ZÜT'ÜCÜIWJE 1110118111 Verirxtkr der__pr€ußts_chen ngicrung anwesend; ich bitte den Y!nFrksxkiYeifikYillxenderdFßMiJITE?LykierLLZnsszu lafsxn, Dis Wünsch?

» , (' ne ich dexn WFblonen des Ykinistergs. MMI erfahre, MMW“ Justiz-Minisier S ck 6 11 st ed t:

Yéeinc erre'n! Ich will zunächst, dem guten Beispikl dk's Herrn Abg. Schmidt folgend, auf die VLrbältniffe der Kanzleigehilfen an dieser Stelle und zu diese'r Stunde nicht LiUJLHLU.

Was die Vertretung der Prezußischkn Regierung in de'r Rkicbstagß- kommission zur 16): Heinßc aiigsbi, so ist dieselbe allerdings unter- blieben. Sie ist seiteps der Kommission selbst nicht Verlangt worden. An disser Kommission sklbst betbeiligen s1chVertrLter der berschied€nyn Reichörcfsorts, die mit der Auffassung dsr prcußischen Verwaltung durchaus Vertraut sind, und sowsit fie fich an der Diskussion diesks Initiativantrages bstbeiligsn, in der Lage smd, über dikseAuffaffungen genügknde Auskunft zu gebkn.

Um bei dsr umgekkbrtsn Reihenfolge bezüglilb des Vortraßes des Hkrrn Abg. Schmidt zu bleiben, so glaube ich fernkr dic Verfichkrung geben zu dürfen, daß der Vsrtreter des prkußiscbcn Justiz-Ministsriums in der Reichstagskommisfion zur Ziviiprozeßordnung allen bersckytigten Wünschen und Anträgen, die aus der Mitte der Kommission gestsllt werdcn, größtmögliÉstcs Woblwvllen und auch seine tbatkräftige Mitwirkung schenkkn wird. Inwieweit sicb dikses Wohlwollen Ver- dichten wird zur Formulierung bestimmter Anträge bkjüglich des Kostenfastseßungswerfabrens, weiß ich nicht. Es ist diss Vérfabren allerdings eine Last für sämmtliche Richter, und ich habe schon fxübcr anerkannt, daß ich um diese Thätigkeit niemand beneide. 521er bei dkr FraZe, ob diese Arbeiten den Richtern aufzuerlegkn oder ob sie den Gerichtsschreibern zu überlassen seien, kommen nicht bloß die Jntereffen der Richter, sondern auch die Interessen der Bcvölkerung in Frage, die, wenn nieht geeignete Organe dieses Kosicnfestseßungsaescbäft vor- zunehmen haben würden, doch leicht erheblichen Schaden leid?" würden. Auf die einzelr-„en Vorschläge, das Kcslenfestseßungsverfabren zu verbesscrn, die der Herr Abg. Schmidt beuts gemacht hat, glaube ich bier“ nicbt eingeben zu sollen, da sie in den Reichstag gehören; ich will nur das Eine bemexken, daß fie mir zum tbeil rxcbt unpraktisch erschienen.

Dann, meine Herren, bat der Herr Abg. Schmidt den Wunsch ausgesprochen, dsr schon im Reichstage von anderer Stelle laut geworden ist: daß zur Erleichterung der Arbeit, die den richterlichen Beamten mit Rücksicht auf das Studium des Bürgerlichen Geseß- buches obliegt, diL nöthigen Hilfskräfte zugebilligt" werden. Meine Herren, er hat sich dabei an die richtige Stelle gewendet, denn die Frage muß von den einzelnen Justizverwaltung“: geprüft und erwogen werden. Meinerseits nehme ich keinen Anstand zu erklären, daß den Richtern außkrordentlicb schwere Aufgaben durch das nothwendige Studium des Bürgerlichsn Geseßbuches erwachsen, und daß namentlich bei der jekt schon vorhandenen starken Belastung, zum theil Ueber- bürdung der Richter diese Aufgabe vielfach kaum zu lösen sein wird

Meine Hecken, es ist ja peinlich, über fokche Dinge zu reden, und

ohne Gewährung von Hilfskräften. Die Justizverwaltung ist deshalb

auch bereit, da“ wo sich _ aus den Geschäftsverbältniffen ein solches Bedürfnis; ergiebt, mit der Gewährung von Hilfskräften nicht zu kargen. In einzelxen Fällen sind bereits solche Hilfskräfte gewährt worden, insbesondere da, wo einzelne Richter fich bereit erklärt babkn, ihrerseits über das BürgerlicheGefeßbmh für die übrigen richterlichen Beamten und auch für die Bureaubcamten Vorträge zu bakten, für die ja dieselbe Rothwendigkeit vorlikgt, sick) mit einem großen Theil 'der V estimmungen des neuen Rechts vor demIabre 1900 bekannt zu machen. Im übrigen wird aber die praktische Lösung dieser Frage doch nicht ganz leicht sein. Eine Erleichterung für alle Rich16r zu bringen, ist kaum möglich. Wenneinem Landgerichtbon zehn bis zwölfMitgliedern noch ein Assessor gewährt wild, so wjrd mancth von den betheiligtén Richtern für fich daraus Jar keine (Erleichterung ziehen, weil un- möglich mit einem Male die ganz? GesÖäftSi-ertbeilung umgeworfen iverden kann. Ich glaubc, es müsfén besondkrs diejenigen Richter ins Auge gefaßt werdcn, die in der Von mir angedeuteten Weise eine hervor- ragende und nicht bloß eine rein persönlich?, sondern eine gemeinnüßige Thätigkeit für die Erleichtkrung der Einführung in das Bürgerliche Geskßbuäp zu cntfalien geneigt sind. Für dieie Hilfe und Ersatz zu gcwähren, bin ich jedenAngenblick bereit. Ick wia bei disssr Galegen- beit gern anerkennen, daß nach dcn mir gewvrdknen Véittheilungen bei fast allkn preußischen Gerickxtsbehörden schon jsizt die Richter mit großem danksnswcrtben Cifsr bestrebt sind, sich mit dem Studium des Bürgerlichen Gsssßbuckys zu beschäftigen. Es sind Einrichtungen verschibdsuer Art gxtroffen, An manchén Orten smd Vorlesungen der Unibersitäts-Profefforen eingerichtet, und zwar auf Ver- ankaffung der Iustizbcamtxn selbst, so z. B. in Stettin, Hauk, Magdeburg u. s. w. Andchärxs stellen die (&ckth- kolikgicn aus ibrsr eigcnen Mitte die nöthißen Kräfte, um die chrtbätigkeit, die sonst ja an erster Stelie den Professoren obliegen würds, ihrerseits zu übernebxmn. DLL" Vorschlag aber, dem dsr Herr Abg. Schmidt gsmacbt bat, es möcF-ixn nun im Wege der Justiz- verwaltung Kurse eingerichtkt WSWS", Wandxrlehrer engagiert weiden und inIbesondere die Ferienzeit dazu benußt w-erden, um solche Kurse in Gang zu bringsn, - diesem Vorschlage zu folgen, wäre, wie ich glaube, sebr bedenklich. Abgesebkn davon, daß unsere Unibersiiäts- Professoren, soweit ich es beurtbeilyn kann, Wenig Neigung haben, auf den Génnf; ibrer sebr langen Ferien zu Verzichten, glaube ich, daß auch in Richterkreisen dia Nkigung, während der Fcrikn in den großsn Osten zu bleibkn, nur eins gerinqifügigc ist. Eine ailgemeine Ausdehnung einst sbicben (Einrichtung auf sämmtlichI Ge- richte wäre kaum durck7fübrbar. Es würde das zu einer differxniieücn Behandlung der verschi2dcn€n Gerichte führen.

Ich glaubs, daß das Interesse und der Eifer unsercr Justizbeimisn für das Bürgerlich? Gsseßbucb so groß ist, daß man Ls ruhig ibrer cigencn Jnitiatibe überlassen kann, dcn tichtig€n Weg zu findcix, der es ihnen ermöglichi, am 1. Avril 1900 vxrat zu sein, um du? neue Bürgerliche Geskßbuch bandbabm zu könncn.

' Abg. Dr.“ Friedberg (ni.) [?iikt dia AUfmekrksc-mksit des Justiz- MixiisterIÜaM den Fall dcs Schriftstellexrs Wreds, der die Fsstung W€ickselmxmde verlasyexn' babs, weil dsr dortige“ Aufkntbaltibm gksund- bxttIsfckxädbcb gkwcssn tet, und bxttet ibxi, sich darübkr zu äußekn, ob kunftig dieskr Ort aus dkr Zak)! dsr Haitorte cniferni werdkn könnte. .StaatSanagsÖQfTS-Ra1b* Erinnere an das chinesische Kiaotschau. Bkffer ware Staatßanwalts-Raib. Pian f€i überhaupt mit de'n Tltulatuxkn n1cht glücklich gkivxskn. Im Übrigen begrü߀ kr die Raygerbobung 'dék Richicc m_tt Freudc'n; vcxfassunzzsrsäxtlich er- ]chkme es ihm , aber *sraglicb , ob disse Finanzfrage obne qußexre Zustimmung chg-lt Werdsn durfte. Rxdncr bringt ferner d8n_ Fall „zur Sprache', daß ein Rechtskandidai, dsr in_Styaßburg :. E. fsm Réfcrendaregdmsn gcmackpt babs, ivsdsr im Elias; ndch_m Prkußkn born GUM angxnbmmsn nwrde; in Preußsn sdlle du's" mir iicsch8bsn köitncn, ivknn er noch ein Jabr lang 81710 preußischs UniNrsiiät bksukbk und auf Siklék solchsn das (Frame::

noch eiiimal mache. Das Ausfübrungsgéskß zum Bürgerlichkn Gesetz- buch batie dsr Justiz-Ykinistkr schon in dikskr Srssion einbring-cn sollen; kämen dann _Mifzständk bor, so könnts in der nächstsn Session noch eine neue Vorlazjc Nemacbt Werdsn. Im übrigen erkennt Rednßr dankbar an, was der Ministcr biIbcr im Interkffe der Justiz gethan bai.

Justiz-Minister Schönstedi:

ZNÜUL Herrsn! Ick (I(CLPÜLTS zunächst damkknd die [Wie Acußk- rung dcs Herrn Vorrckiicxs. Er ist ja nicht ohne jede Ncbknkritik gcblicbün. Insbssondcre hat der HTL]: Abg. Friedberg wiederum di? Titk'lfrage zur Sprach gcbrackot, und seinerseits einkn Vorschlag ge- macht bezüglich der zum Rüllgk vierter Klasse erhobenen Staats- anwalts, Von dem ich gläubk, daß er dem feinen Sprachgsfübl des Herrn Abg. Kirsch nicht zusagcn würde, daß er ihn vislmebr [Lbbaft bekämpft babsi: würdk. (Heitcrksii) Was den bei disse?!“ Gelegen- heit hcreingczogénen Titkl' Erster Staatsanwalt angeht, so «Lbührt das Verdiknst, diesen Tiiel erfunden zu babkn, diesem [WHEN Hciuse, od€r vielmekr seinem Vorgänger, und nicht der Regierung, die andere Titrl, dic HELL Nbg. Frikdbcrß für schöne: erklärt, damals vorgcscblagsn batte, damit aber ksin Glück hatte.

Die Verfaffungsmäßigkeit der Rangerböbung, die in der Aller- böcbstkn Ordre vom 27. Januar diesss Jahres angesprochen worden ist, glanbe ich nicht in Zweifel ziehen zu dürfen. Jedenfalis kinn ich mich darauf bcrufc-n, daß in dikser Beziehung eine langjährige, unan- gefochtene Praxis besteht. Ick) könnte eine grbße Zahl von FäUsn vorlegen, in denen Beamtenkatcgoricn in eine höhere Rangklasse ver- faßt worden find, und damit sind immer msbr odér weniger finan- zielie Folgen verknüpft; troßdem hat man nicht gcglaubt, daß die Prärogatibe Seiner Majestät des Kaisers irgknd welchen Beschränkungkn seitens des Landtags untcrläge.

Im übrigen ist die finanzielle Tragrveiie der hier in Rcde stehen- den Maßregel so gering _ nach unserer Veranschlagung wird sie ca. 20 000 „;ck jährlich erfordern -, daß hier auch der Satz: minima 11011 ourab pruoror auf dieses hohe Haus Antvendung finden könnte.

Meine Hcrren, Über die Verhältnisse d€r Festung Weichselmünde bin ich nicht orientiert. An mich sind Klagen über bis Zustände daselbst niemals gelangt, obgleich nicht bloß Zeitungöredakteure, sondern auch Beamte u. s. w. dort zahlreich ihre Strafe Verbüßt haben. Fans dies? Klagen berechtigt sind, Wükdkn sie an den Herrn Kriegs-Minister zn richtkn sein, dsm dieses Festungögefängniß untersteht. Die Justizverwaltung ist nicht einmal bei der Auswahl der Festungen betheiligt, sondern sie werden nach den disponiblen Räumen der Militärverwaltung bestimmt.

Den Vorwurf, den der Herr Abg. Kirsch unterdrückt hat, scheint mir jeßt Herr Abg. Friedberg machen zu wollen, daß nämlich das Iustiz-Ministcrium nicht seine Pflicht erfüUt habe in der rechtzeitigen Einbringung der Ausführungsgeseße zum Bürger-

lichen Gascybuck. Ich darf mir deshalb wobl erlauben,

'würde die Justizverwaltung garnicht in der Lage gewesen skin, diese

noob einmal auf die von mir vorbin angedeuteten, ganz

außerordentlicben Schwierigkeiten der Fertigsteklung dieser Geseße bin- zuweisen. Ganz abgesehen von allen parlamentariseken Rücksiihten,

Geseße zum Abschluß zu bringen, und zwar um so weniger als dieser, Abschluß zum tbeil bedingt ist durch die in der Reichögeseßgebung noch garnicht zur Verabschied1mg gslangten weiteren Geseke, nämlich die Novelle zur Zivilprozeßordnung und zur Konkurßordnung, das Gesetz über die freiwiUige Gerichtsbarkeit u. s. w.

Im übrigen kann ich nur wiederholen: die Sebwierigkeiten sind so groß, daß es bei allen Anstrengungen nicht möglich gewesen sein würde, mehr als das Geseß, von dem ich Vorhin gesprochcn Habe, hier bor dieses bob: Haus zu bringbn, und ich glaube, den Grundsatz: jwpoßßjbjUUW 1111118. SSt“- 0b1jgak10 *- wird ja auch dsr Abg. Dr. Fried- berg Wohl anerkennen.

Der Abg. Dr. Friedberg hat dann erwähnt die Zurückweisung eines Récbtskandidaton in PreUßc-n, dkr die Lrste Prüfung in Elsaß. Lothringen, in Straßburg, bestanden Hat. Die Thatsache isi richiig; der Fall ist auch nicht VL!“€inz('[k; die preußiscben Studkérsnden der Rechte, die in Straßburg ibre Studien zum Abschluß bringcn, sind seit Jahren damit bekannt, daß fie auf die Anexkcnnung dcr Prüfung in Preußen nicht ohne meiikres zu rechn6n haben. Es bat früher eine mildere, weitergehende Praxis nach der Richtung bestandsn, und lkdig- lich im Wege der Nothwehr, möchte ich sagen, ist die preußisckys Regierung dazu übkrgkgangcn, dissen, alierdings ja etwas parti- kukarisiifchen Standpunkt einzunehmen, w:?il (108 anderen deutschen Re- gierungen den gleichn Standpunkt einnaan; alle andsren deutschen maßgebkndxn chicrungkn verhalten sich absolut ablehnend in Bezug auf die Zulassang bon Refsrendaren, die in Preußen das Examen gemacht haben, und nicht minder bkzüglicl) derZuiassung Von Nichipreußen. Es sind uns dafür Eklatante Beispible borgekommen; und solange jZde Gkgknseitizikeit fehlt, babkn wi: geglaubt, auch Von diesem kleinen Mittel, den übermäßigkn Andrang ju unseröm Rschiésiudium einigermaßen rinzuschränken, GLÖWUÖ mach€n jn müßen. Ich könnte Ihnen da ganz schreiende Fälls erzählen, wie weit die Rigorosität in anderen Staaikn auSgebildct ist, z. B. einen Fabi von einem norddkutscbkn Staat. Es hat Ein Rscbis- kandidat aus jc'nem Staake in Prkußkn das Examen gemacht und meldet sich darauf in seinkm Heimatbsiaaté Er Wurde zurückgewiesen, Nun stélltk! er den Antrag, ibn in skian Hkimatbstaat zur Priifung zuzulaffsn. Hierauf wird ihm gxsagt: nein, das geht nicht; DU [mit sckpon in chußcn das Examen gemacht, und zweimal das Examen zn mackxn, ist unzuläjfig. (Heiterkeit) So streng, so grausam fixid wir nicht; wir verlangen Von den Herren nur, daß fix das Examen in Preußen wiederholen, das sie bxi einst andersn Prüfungsbebördk schdn bcstandkn haben. Eine so große Härte likgt ank!) bikrin nicbt. chn dix: HLNM das Examen gut bssiand-xn haben, dann wird Es ibnsn nickpt sck;w:r werden, es nochmals zu bkstekxen. Faüs fie ein€ fremde Prüfungs- kommission aber gewäbli baiien, weil six meinen, daß dort das Examen [Lichte'r sei als bei uns, so würde das den Standpunkt der preußischen Justizverwaltung nur stärkxn, daß fie Anlaß babs, die Wiederholung der Prüfung zu derTangen.

Zum Schluß mbchts ich bczügliä) Liner formeULn Frage dcm .errn Abg. Dr. Fkiedbcrg noch erwidern, daß, wenn etwa Vrikfc

nicht an den Erstcn Staatsawalt, sondern an die Königliche Staats- anwaltscbast adrssfisrt wach, disscxbcn zweifellos nicbt dCL-balb als unbestxllbar zurückkommkn werdcn,

Abg. Knebel (nl,) wicdérbolt seine borjäbrige Klage üb€r den Rückgang des Schikd§jiiann§wcscnßz die Zahl der von DC" Scbikdß- männkrn zn erledigendén Sachen nehme stetig ab, im 1813th Fabre wikderum von 19000 auf 17 000, sodaß Cina Verkümmxrung dikses Instituts zu be'fürobikn fei. VikÜ-zicht ski auch die: Statistik nicht maßgebend; es sei möglich, das; die Schicdßmänn€r dik: dUkch Vergieick) erledigten Sachen (WI qua-cmliibfsit nichi eintragkn.

Justiz=Minister S chönftedt:

Meine Herren! Es ist leider iichiig, daß die letzte Statistik über dis Wirksamkeit dsr Sckziedsmänncr abermals einen bkdauxrlickyen Rück- gang zkigt auf dem Ecbikie dcr bürgk'rlickMn RkckytOstrciLigkeiten. Ich muß dabon ausgibcn, daß diese Statistik auf richtigkn Grundlogsn beruht; ich bin nicht in dir Lage, fi? nacbznprüfcn, insbesondere nicht nach der Richtung, ob der Fall bäufizsr Vorkommt, daß Schieds- männer die Von ihnen crzieitsn (Finigungen nicht in ihre Bücher ein- tragen. Zu einkr sdlcbkn Nachprüfung würden mir ja «UZ Miitel fehlen. Ich möchte“ annebmsn, daß die Statistik an und für fich richtig ist, und dann Würde? es fich nur noch fragen, wie einem solchen Rückgang in der Wirksamksit dchcbiedSmänner mit Erfolg entgegen- getreten werden kann.

Ich habe auf Grund der dankenswertben Anrsgung des Hkrrn Abg. Knebel aus dem Vorigen Jahre im September eine Verfügung an die sämmtlichen Obsr-Landcögericbts-Präsidenten erlasskn, babe fie auf den Rück,;ang in den Geschäften der Schikdsmänner aufmerksam gemacht, und ersucht, in ihrem nächstem (Generalekicht nach möglickyster Jnformaiion fick) Über die Uisacben dieses Rückgangcs zu Verbreiten und cbknso übkr die Mittel, die etwa geeignet sein könnten, eine größere Thätigkeit dcr Schisdßmänner wieder bcrbzkizufübrcn. Ich habe in diescr Verfügung auch darauf bingcwiésen, daß der Schwerpunkt wobl in der Auswahl der richtigen Pirsönlickykeiten likgén würde. 5Iluf diese Auswahl hat nun bekanntlich - das babe ich im vorigen Jahre schon gesagt - die Justizverwaltung an und für sich keinsn Einfluß. Die Wahl dsr Schiedsmännsr erfolgt durch Verwaltungskörpcr; nur die Bestätigung likgt in dc-n Händcn des LandgsriQS-Präfidenten. Sie wird selte'n vsrsagt, weil regelmäßig dic Aeußkrung der Wahl- korporationcn dahin ausfällt, daß die gewählte Persönlichkeit dcm Amt durchaus gewachsen sei. Es würde wahrscheinlich in vielen Fällen einen sebr üblen Eindruck machen, vielleicht sogar zu Konflikten zwischen Justiz und Vsrwaltung führen, Wenn trotz ciner solchen Empfehlung die Landgerichts-Präsidenten dem präsentikrtcn Schieds- mann die Bestätigung bsrsagen wollten. * Aus diesen Gründen also babe ich mich veranlaßt gesehen, den Herren Ober-Landesgerichjs-Präßdknten anheim zu geben, zu erwägen, ob es nicht zweckmäßig sein dürfte, allgemeine Anordnungen zu treffsn, daß vor jeder Bestäiigung noch einmal den Amtherichtcn Gelegen- beit gegeben würde, über die Qualifikation der präsentierten Kandidaten sich zu äußern. Die Amtsrichter sind aÜerdings am besten in der Lage, insbesondere wo es sich um eine Wiederwahl der Schieds- männer handelt, zu beurtbeisen, ob diese Herren ihrem Amt gewachsen sind oder nicht. Wenn, was ich für Wahrscheinlich halte, diessr

beilsauisten Einfluß auf die fernere Wirksamkeit des woblthätigen

Instituts sein.

Abg. Rickert (fr. Vgg.) wünscht, daß“ die Gebaltöaufbefferun der preußischen Beamten auch den Beamten im Fürstentbum Walde in gleichem Maße zu tbeil werde. Der Finanz-Minister habe es als gerecht aberkannt, daß, Wenn Preußen die ganze Verwaltung in Waldeck führe, es auch die Beamten gleich behandeln müsse. Den Fall des elsäsfiscbkn Kandidaten begründe dsr Ministersmit dem "Verhalten der anderen Bundesstaaten. Gelte das auch für die Hansestadte? Ein Kandidat einer Hansestadt sei in Berlin nicht an enommen worden. Die Hansestädte brauche man doch nickitpartikularixisck» zu behandeln. Die Höfxichkeit der Gerichte sei ihm lieber als die Grobbeit. Das; ein Kandidat nach seinem Vater oder Bruder beurtbeilx wird, ist grausam. Er bitte den Minister wenigstens um die Erklarung, daß gegkn den jungen Mann selbst nichts vorliegt.

Zustiz-Minister Schl) 11 st 2 d t :

Meine Herren! Die von dem Herrn Abg. Rickert vermißte Ebrencrklärung für den jungen Mann habe ich schon in meiner ersten RWS abgageben; ich brauche sie deshalb nicht zu wiederholen. (Sehr richtig! rechts.)

Was diE ngenseitigkeit der Zulassung der Rechtskandidaten angeht, so babe ich schon Vorbin mxine Erklärung, daß alle übrigen deutschsn Staaien iich gegenübsr den aus Preußen kommenden Kan- didaten ablebnbnd verhielten, dahin eingeschränkt, daß nur die Wesentlich in Beiracbt komm211den (Staaten darunter begriffsn sein sollen. Bezüglich der Hansexstädte liegt die Sache insoweit anders, als diese eine eigene Prüfungskommisfion für die erste Prüfung garnicht haben, sondern ibré Kandidaten in Preußkn prüfen lassen, sodaß also da von (Hegsnseitigkeit nicht die Rede sein kann. Jm übrigen find die bauskatischxn Kandidatkn aÜerdings hier augenommcn worden. und ich glaubs, so auch noch im Vorigen Jahre ein Kandidat, der ganz besonders triftige Gründe anführen konnte. Aber eine allgcmeine differentieUe Behandlung einzuführen bezüglich der Verschiedenen Staaten, würde doch rvabrsckpeinlick) zu recht unliebsamen Beschirverden derjenigen Regierungen führen, die nun eine ungünstißere Behandlung erfahren, und deshalb ist Wohl nicht dazu überzugehen.

Was endlich die Gleiäxsicllung der waldéckschxn Beamten mit den preußischen im Gebal'r angeht, so kann ich pur daSiknige wieder- bolsn, was ich vorig€s Jahr am?!) gesagt hab?, und in tbatsächliäoer Bezisbaxxg nur ergänzend hinzufügen, daß ich dl]! Versuch gemacht babe, die sofortise Gleicizsisllung der waldeckschen Jusiizbeamten mit dcn préußischn zu erwirkes, daß i:!) abör dem pyinzipielien Widerspruch des «Herxn Finanz - Ministérs in dissem Punkt desshalb bégsgnst bin (böri! hört! link?), Mil Waldeck eine dreijährisze Etatsperiode bat, die noch läuft _ es befindet fich gegen- wärtig im [LBÜÉU Jahre“. disskr Etatsperiode -, und der Herr Finanz- Ministcr es grundsäßlich für unrichtig hielt, im Laufe einer Etats- pexiode an dem bestehendkn Verhältnissen etwas zu ändürn durch einen NachtraJL-Etat. Das ist der Grund JLWC'sM, dar der ErfüUung der Wünsche dikscr waldkckscben Beamtkn bis jeyt enigcgengestanden bat. die abkr, was ich nicht bkzweifle, im nächsten Jahre ihre Erfüllung smdkn wsrdcn.

Abg. Dr. Porsch (Fenix) meint, daß die“. anückwkisung Von Kandidaten nur Von Fall zu Fal], aber nicht generU gsprüft und entschieden ivsrden dürfe. Der Minister habe schon in seiner ersten Rede erklärt, dci dsr jiinge Mann selbst sich nich1s hab? zu schulden kommen la en. Die Mißstände in der Kostenfestfeßung müßten beseitigt wei'dkn. Für die Einführung des Bürgerlicbkn Gesetzbuchs und dkffen Studium skill! nur mangklbastk Rorhbebelfe in Aussicht genommen, Man müff? dkn Richtern (“ntchkr durcb Vsrlängerunq der Gerichts- fsrisn od?! durch eine Latitude? in der Abhaltung der Gbricbtsvkrbanv- !ungkn, Vsrlegung des Anfangs der Sitzungen 'von 9 auf 10 Uhr, Ve'rkürzung der Sißungen 2c. Zkit zum Studium dss Göseßbuch qsbcn. Die Anlegung bon Mündelgelkérn sci Turck) den jetzigen led- stand sebr SksÖkVka, Die Zustizyetwaltung müsse LTWÜJLU, ob nicht durch gesYlickoe Acndcrung es erleichtert erdsn tönnk, Mündelgxldkr Pupillaris sicher anzulegen. '

Abg. Dr. Ecksls (ni.): Ick) glaube nicht, daß die heutige Ver- bandlung dcm béfkkffölidkn Kandidaten eine Gknugtbuung gebracht bat; die Erörterung wäre beff-Zr unterblicben. Es ist etwas Andéres, ob einem Staatsbeamten so etwas vasfixrt, oder ob ein_ Kandidat zu- a€1affcn wkrden sol], deffkn Vater im Zuchibause gLs€s1SU hat. Auf- fäÜig ist bier, daß die Zurückweisung nicht erst nach dem Affc-ffor- Examen erfolgt ii' dsr Minister kommt also obne ken Affessorkn-

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Paragraphen aus. Der Aixdrang zur Justiz isi immsr noch so aroß, das; der Minister ibn krnstbaft in Erwägung ziehen muß. Die Titu- latxir sollte mcm, wic seiner Zeit bei der GkrichTSOrganisatibn bor- geschlngtn warde, so fasst", das; unterschiedén wird: Öcneral-Staats- anwalt, Ober-Staatsanwalk und Staatsanwalt.

Abg. Mcinecke- Linden (ul.) befürwoxiet die Errichtung Links

Amißgcrichts in Linden bei Hannover.

Justiz-Ministcr Sch önstcdt:

Da Herr Abg. Meinccke im Eingangs sein?!: Aeußerungen be- merkt batte, daß er Neues in der Sache nicht anzuführen habe, so würdc ich mich einer Erwiderung babkn énthaltcn könnkn, wenn er nicht im Laufs seiner Ausführungen behauptet hätte, die Justiz- berwaltung sei von der Nothwendigkeit der Errichtung eines Amts- gerichts in Linden überzcugt. Dieser Behauptung entgegenzutreten, halte ich mich verpflichjet. Diese Ueberzeugung besteht bei der Justiz- verwaltung keineswegs. Wäre sie vorhanden, so würden daraus auch die tbatsächlichen Folg-rungen in voUem Umfange gezogen und die Errichtung Lines Amtsgerichts würde pfiichjgcmäß in die Wega ae- lcitet wvrdsn sein. Die Sache liegt aber so, daß zwar sxitc-ns der Justizberwaltung anerkannt wird, daß für die Bewohner bon Linden 88 r€cht wünschenswert!) wäre, Wenn sie auch in ihrem Orte ein Amtsxzcricht hätten; eine Rothwendigke-it dazu wird aber nicht an- erkannt und ist auch bisher nicht nachgewiesen.

Jeb wikl mich auf die Einzelheiten nicht näher einlassen, sondern nur ganz kurz erwähnen, daß Linden und Hannober eigentlich eine Stadt bildcn, daß sie beinahe zusammengebaut find, daß die Ent- fernung des Gerichtögkbäudes in Hannover von der Grenze der Stadt Linden eine halbe Stunde beträgt, von der äußersten Erknze Lindens eine Stunde“, und daß eine vortreffliche Verbindung durch Trambabn, ick) glaube jeßt auch durch eine elektrische Bahn vorhanden ist, daß ein Theil der Bewohner dcs Landkreises Hannober, der zu Linden geschlagen werden müßte. wenn Linden ein Amtsgericht erbielte, durcb Hannover durchpasfieren müßte, um nach Linden zu gelangen. Für diese würde also die Er- richtung eines Amtherichts in Linden eine wesentliche Verschlechte- run sein.

9Richtig ist das Eine, daß die Zugehörigkeit zum Amtögericbt Hannover gewiffe Unbequemlkchkeiten für die Bewohner von Linden bat, die sich vermindern würden, wenn man ihnen selbst ein Amthericht gewährte. Sie tbeilen aber dieses Schicksal mit den

Staats, jedem Bürger ein Angeben der Behörden möglichst bequem zu machen, so glaube ich nicht, daß Sie daraus so weit gebende Folgerungen ziehen werden, wie Herr Abg. Meinecke. In derselben

“Lage wie Linden befinden fich 'dußendWeise andere Orte; und wenn

ein Wunsch in dieser Beziehung erfüllt wird, so kommen sofort andere. In den Vororten von Köln, den Nachbarorten von Saarbrücken, in fast aUen Städten des niederrheinischen Koblenreviers, überall, wo die Verhältniss ebenso oder ähnlich find, wird das Verlangen nach besonderen Amtsgerichten vielfach laut. Die finanziellen Konsequenzen aus einer Konzession im Einzelfalle würden daher unübersehbar skin.

Die Unbequemlickpkeiten, die sub daraus für die Gerichtseingeseffenen des Gerichts in Hannover ergeben, daß die Lokalitäten dort nicht mehr voükommen auSreicljend sind, Werden voraussichtlich in nächster Zeit sich Wesentlich vermindxrn, Das Gerickstsgebäude in Hannover ist der Erwéiterung fähig. Es liegi bereits das fkrtige Projekt für den Anbau eines Flügsls dcr. Dann Werden auch die Einrichtungen nicht nur für die Justizbeamtbn, sondern auch für die Rechtsuchenden beffer werden. Ich hoffe„ daß dann auch die Wartezeit sich abkürzen wird, die, wie ich höre, dem Publikum zugemutbet werden soll, Wenn es dort Geschäfte hat. Es ist ja selbstverständlick) im Höchsten Grade bedausr1ich, wenn Leute drei bis vier Stunden zu warten haben, bis an sie die Reihe kommt. Auch diese Klage ist ja nicht ganz Vereinzelt. Die Justizverwaltung thut, was in ihren Kräften stcbt, um ihr abzuhelfen, Aber daß Abhilfe lediglich in der Errichtung eines neuen Amtsgerichts zu suchen sei, diese Forderung geht zu weit.

Abg. Jansen (Zenit) wünscht angesichts des niedrigen Kapital- zinéfuß-es eine Erleicbtérung in der Anlegung von Mund-[qeldern auf Hypotheken imd demgemäß Leine Acndcrung in der Werthbemrffung

der Grundstücke. Abg.1)r. vonHeydebrandund der Lasa (kons.): Die Er-

klärung des Ministers in dem Fall des abgewiesenen Kandidaten hat auf allkxn Seiten des Hauses BcifaÜ gesundén. ES ist nicht richtig, solche Einzelfäile hier im Hause 'zu erortern, _und solche Fälle find auch dafür in der Regel nicht geeignet. Es hatte bloß noch gefehlt, daß Liner den Namen des Betreffenden genannt batie; dann ware dieser und seine Familie für lange Zeit bloßgestéüt. Ich gxaube, daß die Befugnis; der Rkaierung bstxeffs der ?ulaffunß NLUCUUU'Ü' weiter geht, als der Justiz - Minister in An'prucb nahm. Die N;:- gierung kann verlangen, daß die richtige Anwendung der dafux bestehenden Grundsätze VertraULnssacbe ist, ,und daß man, fich dabei bescheidet, das anzunehmen. Aber xinen_emzelnen Fall hier zu_ er- örtern, wäre sehr bedenklich, Wknn em Prajudiz dazaus gemacht wurde. Hier lag dis Sache ja aüerdings klar, aber_ in (“mem „anderen Falie könnte es sebr bedenklich und unmöglich fur_ den Mi'ntstxr sein, die Gründe darzulegen. Es bandklt s1ch um em diskrettoizaxes Gebiei, und die VerWaLtung könnte in,gan„z u*nanaenebmer,W81se_zu Eikla- runqen gedrängt wxrken, die wir nicht biÜigen. Die Regierung hat nicht die Verpflichtung, skb über einen einzelnen Fall auswlaffen. Justiz-Minister S ch 6 11 st 6 d t :

Meine Herren! Der Grundsatz, den err von .Hcydebrand an die Spitze scinkr Ausfübrkingen gsstellt hat, wird von mir vollständig getbcilt. Ick glaube, daß ich dem aucb selbst Ausdruck gegeben habe, indem ich es als bedauerlich und peinlich bezeichnet hab?, daß ich zu der fraglichenAngelegenbeit nähere Auöeinandcrseßungen gebvn mußte. Aber so wie der Fall durch den Herrn Abg. Munckel in das bobe Haus gebracht wwrden war, babe ich es für durchaus geboten gehalten, ihn voÜ- ständiq aukzuklären (sebr richiig! links), damit nicht auf der Justiz- berWaltung der Vorwurf fißkn blisbe“, sie babe in diessm Falle gegen GEW, Rccht und Bikiigkeit gebandclt. Ich freue mich auch jexzt noch, daß aus diese'm Fal]? Vorwürfe gegen die Justizberwaltung nicht hergéleitet werden.

Im übxigkn würde eine spezielle Erörterung der Frage, in wie weit die Justizverwaltung berkchtigt ist, überhaupt nach frkiem Er- mxssen Nschtskandidaten zurückzuzuweisen, wahrscheinlich zu einer sehr eingehenden Debatte bier führen, die berauSzufordern ich keinen Anlaß babe. Dis Auffassung des Herrn Ab.“. bon Heydebrand liegt mir ja persönlich skbr nabe, aber sie als Auffassung dks hoben Hauses zu bkzeicbnen , würde ich nach dem Ergebnisse der Diskussion von Vor zivei Jahren doch für nicht unbedenklich halten. Damals war eine große Meinungßdersckyiedcnbeit auf diesem Gebiele vorhanden und der Standpunkt; den Herr von Heydebrand Vsrtrkten hat, wurde von zahlreichen Mitgliedern ande'rer Fraktionen des Hauch nicht getbeilt. Also so ganz klar und zweifellos liegt, sonosit die Auffassung des Hauscs in Frage kommt, die Sache doch nicht und das gerade mahnt mich zu einer gewiffen Vorsicht in der Handhabung meiner Befugniß. (Sehr richtig! Bravo !)

Abg. Dr. Sattler (ul.): Der Minister mußte in dieser Sache soweit antworten, als er befragt wordenist: er hat dabei die nötbige Grenze innegebalten. Ich möchte bei dieser Gelegenheit wieder auf die Notbwendigksit der Einheitlichkeit des Strafvollzugs hinweisen, Lsider ist bis jeZt keine Einigung übér die Unterstellung der Gefäng- nisse unter die ( ustizverwaltung erzielt worden. Ich möchte fragen, wie Es im Augsnblick damit ftth. Man möge auch die waldeckscben Oberlehrer beim nächstkn Etat nicht vergessen.

Iustiz-Minister S (h ö n st 6 d t:

Nach der lcßtkren von dem Herrn Vorredner erwähntsn Richtung hin sind bereits die nöthigen Weisungen gegeben.

Was die Frage der Vereinigung der Gefängnißverwaltung an- betrifft, so ist diese Frage allerdings, seitdem sie zum leyten Male bier besprochen worden ist, wenig gefördert worden. Es liegt ein sehr eingehendes Votum seitens des Justiz-Ministeriums dem Staats- Ministerium seit Monaten vor, ist aber noch nicht zur Verhandlung gekommen, und ich vermutbe, daß das deshalb unterblieben ist, weil den Mitgliedern des Staats-Ministeriums noch wichtigere und dringlichere Aufgaben vorgelegen haben und deshalb sie die Angelegenheit noch länger zurückstellen zu müssen geglaubt haben; an einem tobten Punkt aber ist die Sache nicht angelangt.

Abg. Freiherr von Cynatten (Jenin) hält es für wünschens- wertb, daß der Staat bei der Pensionierung der Richter vor Ein- führung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuckps eine aewiffe Konnivenz beobachte; es herrsche in den Kreisen der älteren Richter eine große Beunruhigung.

. Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (fr. kons.): Die Antwort des Ministers über die Zurückweisung des Kandidaten war ja in diesem Falle richtig; sol? Antworten werden aber immer eine “Anonabme bilden müffen. Wo in sollte es führen, wenn der Minister jedesinal Rechenschaft geben sollte? Die Justizverwaltung mu?i auf diesem Gehrer nicht nur vorsichtig sein, sondern auch eine caffe

Energie zchn, um an eeignete Elemente von der Justiz fernzuhalten,

damit die ustiz auf i rer alten Höhe erhalten bleibt.

Das Gehalt des Ministers wird bemilli t. ck Beim Kapitel der Ober-Landesxxeri te bemängelt

Ab . Kirsch ( Renft), daß am Ober-LandeSgerkcbt 'in Breslau

Anregung nicht widersprochen wird, würde ich in der Lage sein, eine solche Anordnung zu erlassen, und es dürfte das vielleicht Von dem

Benoobnern vieler anderer Orte. Wenn aber Herr Abg. Meinecke die Behauptung aufgestellt hat, es bestehe eine Verpflichtung des

ein fecb ter Senats-Pxäfident angestellt werden solle, während in Köln und Hamm nur deren vier vorhanden seien. -