Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
76. Sißung vom 16. Juni 1899.
Auf der Tageßordnung steht zunächst die erlesung der Interpellation dec Abgg. Roeren und ])r. Htßc:
Aus welchen Gründen -bat die Königliche Staatßregierung den in der Tbronrede am 16.Ianuar d. J. angekündigten Geseßentwurf, betreffend die Besteuerung der Waarenbäuser, dem Land- tage jnocktz nicbt vorgelegt, und für wann ift die Vorlesung zu erwar en .
Der Vize-Präsident des Staats-Ministerixzms, Finanz- Mimster 131: von Miquel erklärt fick) berett, die Interpella- tion sogleich zu beantworten.
Zur Begründung der Interpellation erhält das Wort
Abg. Rocken (Zenit): Ich will bei der Geschäfislage des Hauses die ganze Frage nicht aufrollen. Die Jnterpellanten beabsichtigen nur, Klarheit darüber zu schaffen, weshalb dieser Entwurf troß der außer- gewöhnlicben Ausdehnung der [Session noch immer nicht vorgelegt ist. Bei Beginn der Sejfion War bereits ein Entwurf ausgearbeitet, der sich an die unwirksame französische Steuer anschloß. Die Handel- und Gewerbetreibenden des Mittelstandes versvxecben sich nur yon der Einführung einer Umsaßstéuer etwas Crsprießlicbes. wie sie auch in dem bayerischen Gases vorgesehen ist. Die Riefenaeschäfte und Bazare haben in den leßten Jahren einen immer größeren Umfang angenommen , fie umspannen das ganze Land mij einem Netz von Filialen und verkaufen jetzt schon Kolonialwaaren, Romane, Semmel u. s. w. Sie errichten Rksiaurants mit regelmäßißen Kon- zertkn. _Bei dem riesigen Umsaß dieser Geschäfte wxrden Tausende von kau7män_nischen, soliden und altrenommierten Geschäften ruiniert. Diese (Heschaftskreise find in Liner sebr gxdrückten Stimmung, und sie befürchten, daß die Vorlage auf die lange Bank gksthoben werden kann. Will die Staatßregicrung diese Kreise beruhigen, so mag fie eine bestimmte Erklärung abgeben, daß die Sache kei ihr, wie ich ükxerzeugt bin, nicht rubt, sondern daß sie den Geseßxntuourf in der nachsten Session vorlegen wird.
Vize-Präsident des Staats-Minifteriums, Finanz-Minister 131“. von Miquel:
Meine .Herren! Der Hsrr Jnterpellant wikl wiffen, wie es mit der beabficbtigt-Zn Gefeßgebung auf dem fraglichen Gebiet angcnblicklick) steht. Er sagt es wäre in der Tbronrede versprockscn, den Gesetz- entwurf über die Besteuerung dcr Waarenbäuser noch in dieser Session Vorzulegen. So bestimmt drückt die Tbronrcdc sich aber nicht aus, sondern fie sagt, Es Werde bcffentlich gelingen, noch in dieser Sesfion einen Gesetzentwurf, betreffend die Besteuerung der Waarenhäuser, dem hohen Hause vorzulegen. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, diese Hoffnung ist leider, wie ich Wohl sagen kann, auch für die Zukunft dieser Session nicht erfüklbar gewescn, und disse Thatsache beruht lediglich aufder außerordkntlichen Schwierigkeit dis'" sr Gxßygebung. Wir haben im Finanz-Ministetium, schon ehe das bode Haus durch den auf Grund des Antrags - don Brockhaufen, glaube ich - gefaßten Be- schlufies und der vxrschiedenen Anschauungen, die hier im Parlamxnte berdortraten, vor aüem aber auf Grund unserer eigknsn Ueberxkugung, daß die bestehende Gewerbeordnung auf diese nene Entwickelung im Kaufmannéstande nicht Vollständig genügend zugeschnitten sei, einen Entwurf ausgearbeitet, welcher aber dieses Stück der Gewerbesteuer nicht verstaatlichen soUte, sondem edentuell in denjenigen Gemeinden, welcbe - wozu die Gemeinden Voükommen befugt sind -- nach dem Kommunalabgadengesev in einer bestimmten Zeit nicbt eine nach ihren besonderen Verbältniffen ng€schnittene Besteuerung der Wantenbäu1er mi: dem Zweck, den die Regierungkvorlage verfolgte, eingeführt haben würdep, in Kraft treten sollte.
Meine Herren, das hohe Haus Erinnert fich ja, aus wslcben Gründen bei der STeuerreform die staatliche Gewsrbesteuer gänzlich aufgegeden und den Gemewken überlaffen wurde; das bobs Haus erinnert fich auch, daß nach dsm Kommunaladgabcngeses kieGemeinden nicht bloß die Frcibeit bakxn, die staatlich€ kaerbesteuer zu einer wirk- lichen Kommunalsteusr umzugestalteu, was fie gegenwärtig nach unserer Meinung, wie ich das hier oft aussesprcchn habe, nicht ist, sondern daß auch die natürléche ?lUigakxe dxr Kommunalbesteuerung und der Bildung der Formen dafür dkn Gemeinden nach dem GLsCS geradezu oblikgt. Das bobs &us weiß ab(r, daß von 110611 Béiugniffkn und kcmmunalcn Aufgaben in den Gemeinden Preußxsz- wenigstens nur ein sckr gxringcr Gebrauch gemacht ist und in km grcßen Städten auf dem Gebiete des Kauf- mannéwefens 1136113111“: nickt. Auch alle Versuche dcr Stams- regierung, durcb AUTUMN von Muftkrkesteumungsn die Ge- mxinden anzurcsxn, auf kicskm GSkiete lkgiélatyrisck) tbätig zu sein, bad€n 76131“ Mai,; gefrucktst. Es smd nur Ein [“zur Gemxinden, 1131119711115» eine in ObNschlsfien, die in dieser Bezichng, ssldstvxrsiändlich mit Exnedmi-gung dCZ Staats-PiinistcriumZ, wr- gkganzen ifi. Dunas kakcn wir ;U-xrdings mit dem boden Danis, wenigstens im Jinawx-Midistxrium, die Ueberzeugung schärfen mÜFen, daß auf diesem Wege nickt weiter zu kommen sein würds, daß es eines staatlichen Einschreitens bxdürfe. Aber mit Rückfickyt auf dix kcmmunale Natur dcr (kaerbcstcuer und die eigxnartigen Verhältnis? in dkn einzelnkn Kommunön wcätsn wir 'cdcb durch eine Staatéftsusr nicht m€chanisch esalifieren, fcnrcrn den Ge- meinren, namentlich dcn Städten nsch die Zeit laffxn, innexbalb ein-Zr deiiimmten Frist ibrxrieTT-Z sicb dyn Béftimmungcn des Staats- 561152?- zu e:;tzieben, WCM“! six sxlbft annähernd aufkommunalem Gebiet idrcn dxkcnderen Verbältniß'en entfprschknd das Erforderlicke leisten. -
Meine Herren, die'Ie Steuer beruhte allerdings nicht auf dem Prinzip, das, wie der HerrVorredner eben ausgefübtt but, in Bayern yerkucbt ist: aus dem Prinzip der Umsaßsteuer. Pixine Hmen, der «Herr Vorredner ist der Meinung, daß witksam nur durch die Ein- füdrvng einer Umsasstsusr Zedolfén werden könnte. Wir haben aber auch aus OSK Kreisen des Kleingewetbcs die dringendsten Bitten erkcckten, mit einer Umsasiteuer nicbt vorzugehen, Weil fie auck) dxm Aeinßewerke in vielen Beziehungen böchft gefährlich sei. (Skér richtig! Hört, hört!) Aker, meine .Herren, ganz abgesehen raren - denn die Ansubtcn laufen terattig auf diesem Gebiete aukxinankn, daß man auf solche einzelne Meinungsäußerung über- haupt nicht viel ßkken kann - ist die Einführung einer Umsatz- steuer bei vn; viel schwieriger als in Bayern. Das ganze kornifcbe Steuersystem, namentlich die Géwerbe- fieuer ift eiae grundsäylich verschied?“ Von der jeyigen preußischen Gewerbxsteuer, und ich glaube nicht, wenn ich Ihnen einen Gesetz- entwurf vorlegte, gkuau wie der bayerische Geseßemwurf, wo es heißt: Mit einer Umsaßfteun find zu belegen BeUiebe von außergewöhnlich sxrßem Umfange, und solche, die eine ungewöhnlicke Ak? des Ge-
schäftsbetriebes bab'en -„ daß dieses bob! Haus dem preußkschen Minister eine, solche unbeschriebene Latitude und diskretionäre Gewalt -1n die Hand geben würde. Aber, meine Herren, wen_n es «sGäbe, welcbe Kriterien hätte das Ober-VWaltungsgericht, die Streitfragen zu entscheiden, die sich daraus entwickeln würden? In Bayern ent- scheidet meines Wlffens der Minister, aber bei uns würde das Ober- Verwaltungßgericbt entscheiden. Meine Herren, der ungewöhnliche Umfang ist für jede Gemeinde, richtig behandelt, eigentlich ver- schieden. (Sehr wahr!) Was in Berlin ein gewöhnlicher Umfang des Geschäftsbettiebes ist, ist es entfernt noch nicht in Liegniß. Wie würde da wohl ein Gericht die Frage entscheiden können, ob ein der Steuer unterworfenes Geschäft überhaupt vorliege, geschweige denn, mit welcher Steuer es zu belegen ist? Also dieses bayerische Vorgehen will ich nicht kritisieren, aber es bat sich in der Praxis 11911) nicht bewährt, vorläufig steht es noch auf dem Papier - die Einstimmigkeit des Landtages wurde wahrscheinlich auch dadurch bedingt, daß hiervon das Zustandekommen der ganzen bayerischen Steuerreform abbing. *
Meine Herren, diefe Umsaßsteuer ist an und für fich -- man kann den Ausdruck wobl gebrauchen - eine etwas robe Steuerform, es giebt sehr viele Geschäfte, die mit voUem Recht, ohne daß man sie irgend als unsolide und verwerfliche Geschäfte behandeln kann, es vorziehen, einen großen Umsatz mit geringem Verdienst im einzelnen zu haben als einen kleinen Umsatz mit hohen Preisen für das Einzelne. Das ist durchaus nicht immer tadelnSwertb, kommt auch durchaus nicht allein vor auf dem Gebiet der als unsolide bezeichneten großen Ramschbazare oder wie die Bezeichnungen sonst lauten.
So haben wir den Versuch gkmacbt, denselben Zweck auf andkre Weise zu erreichen, indem wir uns klar machten: worin liegsn die großen Vortheile dieser Verwendung des Großkapitals auf dem Gebiet des Kleinbaudelö? - fie liegen nacb unserer Ueberzeugung u. "a. in der Höbc dcs Lokalpreises. Der große Bazar, der bis in den vierten Stock bineingeht, wird, wenn man die Kostkn skines Lokals ver- gleicht mit der Summe der Außgaben derjenigen kleinen Geschäfte, welche an der Straße jbeure Läden mietben müffen, ganz koloffale Vortheile haben.
Aehnlich liegt ck aber mit der Verschiedenheit der Branchen. Gerade die Außdebnung des Großgeschästs auf alke Möglichen Artkn von Waaren, a11e möglichen Arten von Waarenbranchen macht sebr viele Mißbräuche möglich, die ich hier nicht näher zu schildern brauche.
Endlich, meine Herren, kommt die Zahl der Psrsonen in Betracht, die als abhängige Diener an die Steile selbständiger Geschäfte treten. Das ist auch in Beziehung auf die Besteuerung. wenn das Eitigeben eincr Summe selbständiger kleiner Geschäfte infolge der Unmögliebkeit der Konkurrsnz mit den großen Bazaren eintritt, von sehr erheblicher Bedeutung für die kommunale Besteuerung und für die Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb.
An diese Merkmale hat unser Entwurf vorzugswüse an- geknüpft, er ist aber allerdings recht ungünstig beurtbeilt wvrden. Wir Haben eine Reihe Sachverständiger gehört: sie ware'n nur theilweise einderstanden! Der Herr Handels- Minister bat entspreäpend dem Handelskammcrgeseß die Hzndelékam- mern gehört. Der Herr Vorredner hat schon ziemlich richtig dar- gelegt, wie diese Handelskammern fich geäußert haben: nur ein mäßiger Theil hat allerdings die Berechtigung des Staates und der Kommunen anerkannt, eine besondereBesteusrung der großen W;:arcn- häuser eintreten zu lassen - sie haben dann theilweise eine Umsaß- steuer gefordkrt, theilweise fich allerdings auf dem Boden dLI Entwurfs ges1el11. Der bei weite-m überwiegende Theil der Handelskammern hat jede besondere Besteuerung auf diesem Gebiet verworfsn, Weichs Stsllungnabme nacb Yiaßgabe der Anschauungen der Handelkkammem auch nicht allzu sehr zu verwundern war. (Obo! links; sebr richtig! rechts.) Anderntbeils haben die kleinen Gewerbe- betriebe im großen Ganzen fich aucb nicht befriedigt durch den Ent- wurf erklärt, sie haben meistsns die Umsaßsteuer gefordert, und auf dissem Boden stehen ße aucb wobl noch beute.
Diese Sxeüungnabme der Nächstinteresfierten zum Entwurf bat denjenigen Aaschauungen Boden gegeben, welche nunmehr sagen: der Entwurf bat keinkn Theil für fich; er wird yon allen Seiten der- worfen, und infolge deffen ist es wobl das Klügste, man steht von dieser Besteuerung überhaupt ab. In Frankreich hat fick obendrein gezeigt, daß sie unwirksam ist. In Deutz'cbland ist noch keinerlei Er- fahrung, ;,etnacbt, dar“; sie wirksam wäre, Bedenken in der technischen Ausféxbrang sind in großem Maße vorhandkn; die einen verweisen sogar adi die ReichSbefteuuung, ir-dem fie ausführen, die Besteuerung in einem einxelnen Staate würde nicht riss helfen, sogar für den be- tercnden Siaat geiäbrlicb sein, indem diese Geschäfte fick) dann in solchsn Bundesstaaten niederließen, wo eine Besteuerung nicht existixte. MST einxm Worte: die Schwikrigkeit der Ausführung der ganzen Sachs sei immer größer geworden.
Tiefe Scbwisrigkeiten, die allcrdings, wie man unbedingt an- erkennsn muß, in der Sache sxlbst liegen, führen nun auch innerhalb der ngierunz zu Meinungsvnschiedénbeiten und zu einer Ncigung, wie ich garnicht beitreiten wil], entweder andere Wege zu suchen, oder gan; von der Sache abzugeben. (Bravo! links. Heitexkeit.)
Aber so liegt die Sache im Staats-Minifterium doch nich. Das Staats-Ministerium bleibt bei der Anschauung, daß an und für sich ein Gebot der außgleicbenden Gereebtigkeit in dieser Besteuerung liegt, und daß eine besondere Hkranziebung in stärkerem Maße, wie das die allgemeine, staatliche Gcwcrbcsteuer zuläßt, dieser großen Betriebe ein- treten zu [affen sei.
Was mich persönlich betrifft, so sage ich allen diesen Meinungs- verschiedenbeiten gegenüber: man soll dock) einmal die Sache ver- suchen. Viele find der Meinung, daß eine Umsaßsteuer erst recht ein Drängen, eiae ncch stärkere Ausre'bnung des Umsakzes in diesen groß- kapitalistischen Betrieben beibeifübrcn wütde, um dadurch die Steuer auf den einzelnen Umsaß xa erleichtern. Ick bedauere im Intereffe der kleinen Kaufleute, was sie beute zum tbeil auch einsehen, daß fie den außgearbeiteten Entwurf so scharf kritisieren. Sie hätten das größte Interesse gehabt, einen Geseßentwurf überhaupt mal in dieses Haus eingebracht zu sehen; dann konntén die Meinungen sich kläréu, dann hatte das Haus die Möglichkeit, bestimmte Stellung zur Säcbe zu nehmen; das wäre nach meiner Meinung volijifch klüger ge- wesen. Wie gesagt, faken gelassen ist die Sache keineowegs. Die Staatsrezietung wixd die Erörterungen und Verhandlungen, um zu einem gedeihlicbea Resultat zu kommen, fortführen, und dann wird schließlich ja auf diesem Gebiet die durchaus natürliche Meinungsversebiedenbeit
_ auf die
unter den einnlneu Ressorts im StaaU-Mktißerium zur Erledigung kommen. Daß das in der gegenwärtigen Session. nicbj mehr möglich ist, Werden die Herren mit zugeben; das Haus ifi ja doch noch so sehr mit bochw1chtisen anderen Vorlagen belaftct, daß das schon aus diesem Grunde nicht ratbsam sein würde. Wir wollen hoffen, daß es gelingt, in der nächsten Session gleich in der ersten Zeit des Zusammentritts des Hauses einen Gesetzentwurf" biet nr Betatbung vorzulegen. Ich halte wenigstens diese Hoffnung fest.
Meine Herren, ich möcbje aber noch einen Gesichtspunkt zum Schluß hervorheben. Das hohe Haus, wenn es an die Beratbuug eines Gesehentwurfs gebt, muß sich die Konsequenzen klar machen eines Geseyes, welches den Zweck vetfolgen würde, durch Gestaltung der Besteuerung soziale und wiribscbaftliche Entwickelungen zu ändern (Zuruf des Abg. Gotbeiu: Seb: bedenklich1), und welche schließlicben Konsequenzen das auf aüen denkbaren Ge- bieten haben könnte (Abg. Gotbein: Seht richtig!) Es ist daher ratbfam, soweit es irgend möglich ifi, als Grundlage einer solchen Besteuerung die in unserer Gesetzgebung generell angestrebte ausgleichende Gerech- tigkeit festzußeüen, und da bleibe ich allerdings immer bei der Mei- nung stehen, daß unsere bemige, allerdings ja mehr oder weniger progreffive Gewerbesteuer, die die Kommunen gar nicht verändert haben, die fie einfach meist wohl aus Bequemlichkeit - man kann es kaum anders ausdrücken -- (sebr ricblig! rechts) pure acceptiert haben, diesem Gebote einer gleichmäßigen, gerechten Besteuerung dss Großen und des Kleinen gegenwärtig noch nicht gerecht geworden ist, und daß man durchaus berechtigt ifi, in dieser Beziehung, wenn die Kommunen nicht fxei- willig vorgeben, durch eine solche Vorlage einen staatlichen Druck auszuüben. Man kommt nach meiner Meinung sebr wohl zum Ziel, wenn man die bezeichnete Grundlage wesentlich festhält. Wenn man durch eine richtige, gle1chmäßige Bssteucrung gegenüber einer ungleichmäßigen Besteuerung, die die großen Unternehmungen gegen die kleinen privi- legiert, die Konkurrenzmöglicbkeit der kleinen mehr wiederherstellt oder wenigstens erleichtert, so ist das eine ganz berechtigte Folge. Aber die Vorlage darf nicht unmittelbar und allein den sozialen Zweck haben.
Meine Herren, wir haben unsere ganze Besteuerung in Preußen auf dem Prinzip der Leistungßfäbigkeit eingerichtet: wir haben die wohlhabenden Klaffen infolgedcffen sogar progressiv oder degressiv _ wie man das nennen will - schärfer herangezogen als die kleinen. Wir sind dann weitergxgangen, dieses Prinzip der Leistungs- fähigkeit aiich anzuwenden auf die indirekte Besteurrung, so- weit das tbatsäcblicb möglich ist , namentlich aber auf unsers Verbrauch§abgaben im Rsicb. Sie brauchen 1111) nur die Besüuerung der Branntweinbrennereien zu denken. Ein solches Prinzip istdurchaus berechtigt, vor aUem auf dem Gebiete der Besteuerung der Gewerbe- betrisbe, und ich glaube daher, daß man die grundsäßlicbcn Bedenken, die namentlich die Handelskammern und namentlich die großen Handelskammern gegen dieses Prinzip der Besteuerung erhoben haben, in keiner Wkise theilen kann.
So halten wir die Hoffnung fest, daß (5 doch gelingen wird, auf diesem Gebiete den Wünschen und Hoffnungen der Kleingewerb- 1reibenden und der kleineren Kaufleute, die zu erhalten ja offenbar ein großes Staatsintereffe ist, einigermaßen wenigstens entsprechen zu können. (Brady! rechts.)
Auf Antrag des Abg. HaUSMann (nl,), dem sich'der Abg. Dr. von HeydebT'and und der Lasa (kons.)_ anschließt, tritt das „Haus in eme Besprechung der Interpellation em,
Abg. HauSmann (sebr schwer verständlich): Die Form i_md Höhe der Steuer muß sich nach der Lage jedes einzelnen Geschafts- richten. Auf diesem Standpunkt stehen auch die Handelskawmern in ihrer überwiegenden Mehrheit. Wir werden abwarten, was die nächste Session uns bringt.
Abg. vo_n Brockhausen (kons.): Daß der Entwurf der Regierung auf Widerstand stoßen würde, war Vorauszuieben. Eine eingehende Prüfung der Frage ist nothwendiß. Wir hatten erwartet, daß die Zusage der_Tbtomede', wenn nicht 11 dieser, so doch in der nächsten Sesfion ersüUt werdenyürde, und wir freuen uns über die heutige Erklärung des Finanz-„Mmisters, daß wir uns in dieser Erwartung nicbt getäuscht Haben. Daß irgend Ltwas geschehen muß, um die großen Waarenbäufcr unschädlich |U machen, darüber herrscht kaum ein Zweifkl. Sie schaden der Industrie, dem Grundbefis, dem Staat, dem sie Steuern entziehen, dxn Angestxlljen und dem ganzen Volke. Die Sozialdemokratie bat em Interene daran, daß der Mittelstand Ver- nichtet wird durch die großen Basare, und die freifinnige Partei leistet ihr in der Stärkung des Grqßkaritais Heeresfolge. In der bayerischxn Kammer haben nur die Sozialdemokraten gegen das dortige Waaren- bäuser-Besteuerungsgeseß gestimmt. Wir müffen zugeben, daß es sebr schwer ist. die Merkmale für die Besteuetung berauSzufindgn. Mitdem Maßffab des Envvmfs der Regierung könnte ich mich bis aus dieZabl der “Angestellten einvcrstanden erklären. Die Räume der großen Bazare sind äußerst feuergefäbrlicb. Sie sollten wie die Theater behandelt werden. Bei großen Ansammlungen, namentlich währexd der Weib- nacht§zeit, sieben Tausende, von Menschenleben in Gefahr. Auch mit der Branäseftcuer_in Verbindung mit der UmsaZfteuer könnte ich mich einderstanden_erklarcn. Ich würde dabei den Gemeinden eine gewisse Latitude einraumen. 'Die Besteuerung nach der Zahl der Angesteüten da egkn könnte leicht zu einer Verminderung des Personals fü ren, irie das Beisviel Frankreichs zeigt. Dke Lage dieser Apgestellten ist nicht günstig. Sie müssen sich verpflichten, in kein anderes Waarenbaus einzutreten und finden sehr schwer in anderen Geschäften Stellung. Wünschensryerth wäre es, wenn die Einzelstamen in der Besteuerung der Wagrenbauser möglichst übereinstimmend ve:- fübren. Konsum- und Offiziervereine, die ver1chiedene Waaren führen, würden ebenfalls unter das Geseß fallen müffen. Ich habe zu dkm Vize-Präfidentm des StaaZS-Ministeriums das Vertrauen, daß er seinen ganzen Einfluß aufbteten wird um etwas Ersprieleiches zu stande zu bringen,_ und dasz er uns schon beim Beginn der nächsten Session einen Geßsentwurs vorlegen wird.
Abg. Gotbetn (fr.V1313-): Das Haus scheint an der Sache kein großes Intereffe zu haben, denn es hat sich während der [syten und der anderen Reden laut_unterbalten. Man hat gemeint, daß es kein Wunder sei, wenn die Handelskammern ge en den Entwurf seien, denn ste beständen aus Vertretern der Indu rie und des Groß- kapitals. Die Handelßka-«ymern werden aber doch von den Kauf- leuten gewählt. Auch diese sind großentbeils gegen die Umfas- stkuer _und die anderen_Formen der Besteuerung, z. B. die vielen Detailltsten „des kaufmanniscben Vereins in Breslau. Es ist nicht wahr, daß die Handelskammern keine Gegenvorschläge gemacht haben. Sie durfen leider ibre'Berichte nicht veröffentlichen. Die östlichen Handelskammern, auch die Breslauer, sind darin einig, daß die jeßigk Gewerbesteuer eine _ausgleiäoende Gerechtiskeit in der Heranziehung der großen Waarenbauser nicbt enthält. ie Anrechnun der Micibe
_Steuer ;. B. wirkt höchst ungleich. Die Gewerbesteuer muß ntcht bloß nach dem Ertrag, sondern nach dem Umfanß von den Veranlagungskommis onen berechnet weiden, nicbt schemansch, sondern individuell. ir wollen alle dasselbe Ziel, aby! teme Tendenzsteuer. Der Vorredner hat bereits die Sozialdemokratie herangezogerx. SoU eme Steuer sozialpolitische Zwecke verfolgen, ? kann auch dteOrundsteuer dazu benußt werden, um den gankm Grun - beßy unmöglch zu machen. Will man die Waarenbäuser n gerechtkk Wnse bekannt en sy darf dies nicht auf dem Boden einer Umsa6“' steuer, sondern muß un Rahmen der Gewerbesteuer geschehen. ,
.
Vize: r'äsident des StaaU-Ministeriums, Finanz-Mbiifter hr. von tquel: , -
Meine Herren! Ick möchte auf die Einzelheiten auch nicht ein- geben- Ick möchtenur nach den L_usfübmuaen dez Herrn Vorrednets auf einen inneren “Widerspruch aufmerksam machen, der namentlich amb in dem Gutachten der Handelkkammer von Breslau und in deren ganzen Vorschlägen liegt und von Herrn Gotbein bier wiederholt ist (hört, bört 1). sonfi würde ich mir natürlich nicht erlauben, hierauf zurückzukommen. Auf der einen Seite sagt der Abg. Gaibekm Diese Frage ist ganz verfchieden zu beantworten nach der Verschiedenbeit der „einzelnen Gemeinden (Widerspruch des Abg. Gothejn), und zweitens sagt er: sie muß im Rahmen der allgemeinen Gewerbefteuer generell gmgelt werden. Beides ist nach meiner Meinung nicht richtig. Ich beilage allerdings, daß die Thätigkeit unserer Kommunen so unfruchtbar gekoesen ist in der Umwandlung der staat- 11chen, ihnen überwieseneu Gewerbesteuer in eine wirkliche Kommunalsteuer. Das ist gerade desrvegen zu beklagen, weil eine allgemeine Gewerbesteuer, auch wenn fie reformiert wird, diese Aufgabe gar nicht lösen kann, weil eben die Verhältnisse in Beziehung auf die gewerbliche Ent- wickelung und auf die Grundlagen einer verständigen Gewerbe- besteuerung in den einzelnen Kommunen so verschieden find, daß eine allgemeine, überall gleiche Gewerbesteuer diese Aufgabe niemals er- füllen kann. Das ist ja der Grund gewesen, warum wir auf die ftaajlicbe Gewerbefieuer verzichtet haben, weil wir sie naturgemäß als Kommunalsteuer betrachten und diese Kommunalsteuer fich nach den besonderen Verbältniffen der einzelnen Kommunen x1ch113n muß. Daher kann ich von diesem Vorschlage keinen Gebrauch machen. Ick) bin der Meinung: in einer aÜgemeinen generellen Aenderung der GeWerbesteuer würde die hier fragliche fteuerlicbe Aufgake niemals gelöst weisen können. Wir haben deSbalb zu einem generellen Geseß gegriffen, welches sich aber auf das hier vorliegende besondere Verhältniß im Kaufmannsstande beschränkt, wslckocs sich aber sebr vorßcbtig nicht als ein allgemeines zwangsweise einführen will, sondern den Kommunen es überläßt, nach ihren 19e- sonkcren Verhältnissen auf diesem Gebie1e vorzugehen und Lokalgeseße zu machen und nur einen Druck insofern ausübt, daß in allen Kommunen wenigstens etwas auf diesem Gebiet geschehen muß. Die Kommunen sollen in einer bestimmten Frist befugt sein, sine kommunale Besteuerung nach ihren besondeten Verhältnissen ein- zufädrsn. Thun fie aber gar nich1s, dann soll erst subfidiär das Staatsgesey in Kraft treten, und wir hoffen, dadurch dis Aktion der Kommunen, die bis jetzt gleich Null gervesen ist, auf diesem Gebiet zu 18161911.
Meknes Herren, in dan Kommunen find Manche auch wohl in der Verwaltung tbätig, welche ein eigenes persönliches Jntxrcffe gegen diese Art von Besteuerung baden. (Sehr richtig!) Das ist auch sckwn ein Grund, rrarum man diese Fraxe nicht allein dsr jxweiligen Majorität- in Einer Kommune überlaffen kann. Wenn da nun ein Geseß kabinterstebt, wxlches in Kraft tritt, wenn jede Thätigkeit der Kommunen auf diesem Gcbiet abgelehnt wird, dann wird das dcck) sebr erheblich dahin wirken, daß in den Kommunen überhaupt in dieser Beziehung etwas geschieht.
Meine Herrkn, mit solchen allgemsinen Bsgriffen, die 11) con- EWU) nicht viel bedeuten, wie z. B. die Handelskammkr in Breslau ks vorgsschlagen ba1,- es soßen alls möglichen Gesichtévunkte bei der Bésteuerung in Betracht kommen, - mit solchen aügemeiaen Be- griffen, worunter der eine dies, der andere jenes verstsben kann, kann man kkink Steustgescße machen (sehr richtig!), absr wenn und soweit es möglich wäre, ist es eben nur auf 12161le und kommunalsm Boden möglich, kann aber in einem aügemeinen Lankeßgeseß nicht gebraucht Wsrdcn. Das wird, Wenn hier mal die Sache zur Verhandlung kommt, nach meiner Msinung ganz klar Werden.
Mit der Branckoenbesteuexung, die wir in unserem Entwurf haben, mcd zwar nach der Zahl der Branch€n progressiv, hat sich auch Herr Brcckbausen Janz einvcxstanden Erklärt, wenn ich ibn recht verstanden babs. Ebenso scheint es ihm richtig zu sein, nach dem Raum, der für kaÖHandengescbäftdient, die Vksteuerung eintreten zulaffen, Und das ist aucb ganz klar; denn der Umfang eines Detailgescbäfts, welches unmittelbar gegen Baarzablung an den Liebhaber verkauft, wird am besten durch den Rauminhalt charakterifiert, auf dem fich das Gesckäft roÜziebt. (Zu- ruf bki den Freisinnigkn: Absolut nicbt!) - Ja, man kann sagen, der Raum in einem Laden bestimmt zugleich die Personenzahl, welcbe im Laden bedient. DeSwegen kann man vieUeicht Verzichten auf VKS Mirkmal der Zahl der beschäftigten Peisonen, weil sie indirekt schon in einer Berücksichtigung des Raumes liegt; aber ich halte den Ein- wand, den man so viel gemacht hat, namentlich auch seitkns der kleineren Gewerbtréibenden, daß die Besteuerung nach der Personen- 3311 dahin führen würde, die Zahl der beschäftigten Psrsonen zu Vcr- ringern und außerdem vieüeicht sogar einen Theil der Steuer Als die unglücklichen Kommis zu werfen, für irrig; denn das Bedürfniß an Personenbilse richtet sich naturgemäß und mingend nach der Ausdehnung des Geschäfts. Auch beute babsn diese großen Geschäfte nicht mehr Personal, als ße brauchen, "KT das würde in Zukunft auch nich1 der Fall sein.
Im übrigen bot sich eine kommunale Bcsteucrung nach der Zahl der von den besteuerten Unternehmungen beschäftigten Personen bei- spielsweise in den großen Industriebezirken nach unserer Erfahrung "ck! gut bewährt. Die rheinischen und westfälischen Kommunen haben einfach deduziert: was ein großes Werk, ein Hüttenwerk oder 71"? große Zeche an AuSgaben verursacht, charakterisiert sich nach der 53111 der Personen. Daher kommen die Schullasteu, die Armenlasten, und wir besteuern daher diese Werke nach der Befugniß, die uns das Kommunalabgabengesetz gewährt, wesentlich "“ck der Zahl der beschäftigten Personen. Diese Werke haben fich ßkößienthleg selbst damit einvetstanden erklärt, weil das ein ganz "MLS, greifbares Merkmal ift, und die Sache hat auch des- wMen eine große Bedeutung, weil dann die Besteuerung nicbt abbc'mgt von der Höhe der Dividsndcn, die jeweilig be- Ubli werden, sondern eine dauernde Thatsache repräsentiert, “"ck in ungünstigen Zeiten der Industrie, wo dann diese Lasten der Kommune aus diesen großen Gew-xrbebetrieben gerade die aller- Klößten ßnd, „
Aber ich will darauf nicht tiefer eingeben. Man kann, wie gesagt, vklschiedener Meinung darüber sein. Ich werde, wenn dieser
seßeutwurf zur Verhandlung kommen, und ich ihn vertreten sollte, auf diesem Gebiete, welches so viele verschiedene Meinungen zuläßt, dukchaus nicht eigensinnig sein, sondern das Votum des hohen Hauses "ird ““ck dieser Richtung die allergrößte Bedeutung haben.
Vun bat Herr von Brockhausen noch gefragt, wie die Staats- regieruug sich zu der Frage der Feuersübetbeit dieser großen Etabliffe- ments stellt. Ich kann ihm sagen, daß nach den Erfahrungen, namenüicbiu Braunschweig, wo ein s(bweres Brandunglück eingetreten war, der Minister der öffentlichen Arbeiten sofort die Frage in die Hand genommen hat, um auch in der Beziehung besondere sichernde Bestimmungen ähnlicher Art zu treffen, wie bei den Theatern und sonstigen großen Versammlungslokakn, und daß der Entwurf, den der Minister der öffentlitben Arbeiten anfgestellt hat, 18131 zur Be- ratbung in den Ministerien liegt, also wohl in dieser Beziehung das Erforderliche bald geschehen wird. Merdings bei einem so großen Lagerbaufe mit 4 Stockwerken, wo eine ungezählte Muffe Menschen sicb befindet _ wir haben hier Fälle gehabt, wo gewiffermaßen die Polizei im Laden einschreiten mußte -- und bei der doch leicht brenn- baren Stoffmaffc, die sich da befindet, ist es wohl klar, daß diese Art von Häusern eine besondere Feuersgefahr enthalten, und daß eingehende Bestimmungen nach dieser Richtung nothwendig smd. (Sebr richtig! rechts.)
Abg. Fuchs ( Mtr.): Die Gegner des Mittelstandes und einer Besteuerung der * aarenbäuser geben von dem Grundsatz aus: „Wasch mir den Pelz, aber mach ihn nicht naß“. Die Gcwsrbe-
freiheit ist für sie etwas Unantastbarcs, und darum bleiben 1712 auf Haldern Wege stehen. Nicht die kleinen
Kaufleute sind gegen die Besteueruna, sondern die großen Fabriken, „
die für _die gxoßen Waarenbäuser arbeiten. Me Waaren- bause'r drucken aus den Preis der Wxaren und damit auf den Arbeitslohn. Gében abxr bei der Konkurrenz Waarenbäuser ein, so wxrden Tauscnd; von Existenzen brotlos. Selbst die aUergrößten, die kZme großen Ykittkl haben, werden fich auf die Dauer nicht baltsn konvex]. 'Von dex; Kommunen ist eine Besserung nicht zu Erwarten, denn m 1bnen„be1tebt keine Vertretung des Mijtelstandcs. Darum syUte_ die Rßgtsrung schon in der RäÖstLU Sesfion eine Vorlage smbrrnaky. die fich als ein Mim'lsiandsgeskß charakterißert. An dem guten WLÜLU der Regierung zweifle ich nicht.
Abg. RVCan weist darauf hin, daß die Vorlage keine finanziellen Zwecke verfOlgLn dürfe, sondern nur die Nachtbeile beseitigen solle, die der Großbetrieb dkm Kleinketricbe zufüge. Die Zahl der kleinen selbständißcn Gewexbetrcibendcn nehme beständig ab und Werde noch msbr abnkbmen, wenn die grdßcn Waarenbäufcr ibie dolle Wirkung ausüben würden.
Abg. (Holbein: Ick bab? nur vkrlangt, daß dis Verschiedenheit der einzelnen Eascbäxte von der sacbverständigkn (Finscbäyungskommisfion dkrücksicbtigt wsrdcn 1011. Die Größe des Raumks rann man nicbt als Maßstab der Steuxr (1011611111811. (Ein Pköbklbändler mit kle'illkm Umsätze braucht ein vikl größeres Lokal als ein Juwslisr mit großem Umsaßc. Duré) xing so schematische Behandlung würdku die größten Urigletcbbéitsn geschaffen. Durch die Umsaßsteuer werden gerade die Kolonialwaarenkänkler qeiroffsn, und darum baden fick) die n1cist€n Detaiüisten JL,]„LU diesklbs erklärt. T*:r soziale Nachlhsil der großen (Geschäfte ist auch nicht jcbr groß. Die Ingenieur? der industrieüen Unternehmung und die Angcstelltcr! ??r Waarenbäuser schen sick) beser, als die kleincn Kaufleute und GSWErbctceibenden.
Vize:Präfident der Staats-Ministcriums, Finanz-Ministcr ])1'. von Miqucl.
Meins Herren! Ick) wstde auf die kurze Rede des Hérrn Abg. Gotbein mich bemühen, noch kürzer zu antwortcn, indem ich ihn ein- lade, dem Versuch zu machen, - er ist ja in der Kommunal- Nrwaltung ein bedeutendks Mitglied - die Gefichtkpunkte, dic er uns bier entwickelt hat, in Brkslau zar Durchfübrung zu dringcn. Wenn die Stadt,]cmkindc BkéSlaU uns einen formuliertkn Entwurf vorlegte nacb dkn Von ihm bkzeicbnetcn Gificbtépunktrn, würden wir ihn gern vrüfcn. Aber, meine Herren, das sage ich im Voraus: wenn Sie nichts weitkr haben als die allge- meinsn Begriffe 0an fkste Merkmale, die Herr Gotbcin mechanische nennt, wird ein solcher Entwurf schwsrlicb in Brcslau durchgehen und nis dom Staat genehmigt werden könnsn, und wknn man es vcr- suchsweifs Thäte, würde das wahrscheinlich die größten Beschwerden hervorrufen. Wenn die Gewsrbesteuer veramlagt werden soll in cinkr Kommune obne alle f(sten Anhaltspunkte, obne geseylicbe Kriterien, bloß nach allgxmsinen Gefühlen der Vera"lagungsfommisfion, so kann ich mir nicht denken, daß man in Prcußcn, wo wir gewohnt sind, daß nach klarsn Gejsßen regirrt wird, fick) das gcfallcn [affen wird. Absr man kann ("»I in in cinsr cinzclm'n Gemeindc mal ver1'uch8n. Ich würde garnicht abzeneizt sein, soweit cs irgend möglich ist, einen solchen Entwurf für cinc bcsTin-mtc: Z:“it wohlwollsnd zu prüfen. WEnn nun der Hérr Abg. Gytbi'irj den Be'griff des Ladknraums als unkranckxdxres Kritcxium bezcécbne't, (Zuruf des Abg. (Holbein) -- oder als eine schkmatiscbe Handhabung, und das betvcisen will durch ein Bsispisl 111 Bezug aaf cinkn N'köbklbändler, der kinrn großxn Raum braucht, so sage ich bist: ein Möbklbändlcr, dec sub nur mit dem Möbélbandel 121119511191, bat 812811 keinen Großbazar; er kommt „Yar nicht in Bétracbt, cr Mrd überhand! nicbt bcsteuert. Dadsclbe gilt Von einem Ubrenbändlsr oder Diamantenbändlxr. Das (1110 will 11111)! 13181 béwsiscn. Das UM ist doch klar: stellen Sic s1chtauscnd kikine Kaufl-xuts Vor, die ibrcn Laren unmittclbar parts"? an dcr Straßc babkn müffcn, und stoßen Sic fick) dkm g&xkuübkk cin Gesckäét 1*:r, wslcbes bis in den visrtkn Stoch hinauf jeden klcincn Raum auSr-uvt, so werden Sie finden, wulchc großen Vorjbcilc durch die geringcre Belaüung mit Raum- kosten der Großbazar bat gcgknübcr riesen tausknd kleine'n Kauf- leuten zusammen. Daß di? Großbazare also in diescr Art des (Hefchäfjöbetrie'rcs einen ganz eminknten Vorzug nicht bloß in der Konkurrenz im Allgemcincn, fonkcrn obendrein in der Bcsteucrsng haben, und daß dieser Vorzug zu diner unglcicben und ungerechten Bestsuerung führt, kann mir kein Mensch bestreitcn.
Meine Herrin, der Herr Aba. Roeren bat socbkn einen Erundsaß aufgesteat, der doch in ssinen Konsequsnzen sebr weit führen würde, wenn wir ihn 'm die GLsLHJLbUnN einfübrcn, wenn wir die eigentlichen steuerlichen Geskcbtsvunkte, die Leistungßfäbigkeit, gänzlich bei Seite ließen, sondern nur fragten: schadet der Größere dem Kleineren? -- um dadurch sozialpolitische Gestaltungen entweder zu verhindern oder zu fördern, wohin würde dies führen? Wenn das im Kaufmanns- stande richtig ist, dann könnte man aucb gleich behaupten: es ist überhaupt, in der Industrie, untcr verschiedenen Konkurrenten richtig. Das kann man in maßvoUer Weise tbun, so- weit man es namentlich rechtfertigen kann durch ein richtiges steuer- liches Prinzip der größeren Leistungöfäbigkeif. Man ist vdllkommen berechtigt, eine Gewerbesteuer progresfiv zu gestalten, weil bei der Gewerbesteuer das Geschäft selbst zur Besteuemng kommt, und zwar nach seinem Umfang. Früher war unsere Gewerbesteuer, die Herr Gotbein jetzt wieder zum tbeil einführen will, so mangelhaft, daß sie progresstv nach unten wirkte; während das Maximum der GeWerbesteuer .in den heutigen Großbetrieben geradezu ein Minimum war, mußte der kleine Handwerker von seinem Umfay,
von seinem Ertrage oft bis zu 40/0 bezahlen. Heute ist unsere Gewerßesteuer umgekehrt progressiv nach oben, und wenn man genau zusiebt, so ist es gar nicht einmal eine Progresfion, weil der größere Betrieb so bedeutende Vorzüge vor dem kleineren hat, daß es ungerecht wäre, sie nicht progressiv zu gestalten.
Nun ist der ganze Gedanke, der unferem Gefes- entwurf zu Grunde liegt, der, dieses allgemeine Prinzip der Gewerbeordnung auSzudednen nach Maßgabe der besonderen Natur disser neuerdings - möchte ich sagen - erfundenen Groß- betriebe im Kaufmannsstand. Dazu genügen die aUgemeinen Regeln ' unserer (Gewerbeordnung nicht. Die Kommunen hätten besondere Réseln machen sollen; sie mußten diese allgemein staatlichen Grund- säse nach der Lage drr einzelnen Kommunen umändern. Das haben fie untérlaffen, und wir wollen daher ihnen dazu durch ein aÜgemeines Gases, welches subsidiär in Kraft tritt, die nötbige Anregung geben. Das ist der Grundgedanke dieses ganzen Geseßes.
Ich glaube“, wir werden, wenn ein solchrs Gases Einmal bier ver- handelt wird, uns doch wohl untereinander verständigen, welche Form Sie auch wählen, ob Umsas oder feste Merkmale _ abs: dxr Umfaß würde ja auch nur durch eine Deklaration festgestellt werden können, und welche Nachtbeilc ck für viel? kacrbc hätts, den Umsaß zu deklarieren (sebr richtig! links), will ich zur Zeit nicht weitcr erörtcrn. Ick meine, wir werden uns über dem Weg Wohl vcrständigcn, weil wir im Ziele ja voüständig Einig sind.
Damit schlicßi die Besprechung.
ES folgt die zweite Bcratbunq des Geseßcntwurfs, betreffend die Anstellung und crsorgung der Kom: munalbeamtcn.
Abg. v on Dallwiß (kons.) bcricht€t übkr die KommissionIdsrband- lungcn und beantragt die Annabms der von dkr Kommission nur in un- wcsenilickpen Punkt?" adacändectén Vorlage.
Abg. ])r.voon1ckdedrand und der Lasa schlägt mit Rück- ficht auf die' 11e1€1eius1in7mung der Meinungen des Hauses Und im Jntcrcffe eines schneücn Zustandekommens der Vorlage vor, dicsclbe 0x] 0100 anxuncdmkn.
Abg. Wintkrmsve'r (kr, Volksv.) w'111 dicssm erscblage nicbt widkrsvrecbkn, obwohl er einkn Antrag cingcdmcbl bat; auch die Mga. ??rißcri (Zentr_.),_ Eblexs (fr. V;.q.) _ und_1_)r. Böttingerx (ml.) 1811811 ihre Wumcbe zuruck und 16171th011 1107 dem Antrags »Ocvdk- brand an.
Die Vorlage wird einstimmig 911 11101- angenommen.
Schluß 21/2 Uhr. Nächste Sißung Mdntag 11 Uhr. (Kommunalbcamtcngescß: Antrag Langcrvnns wegen OLT Kirchenbaulast: Antrag 11011115 wegen der ?11cntongüter; Petitionen.)
Handel und Gctvcrbe.
Tägliche Wagen,;estellung für Kohlen und 11015 an der Ruhr und in Td-Irsckzlksien. . An der Ruhr smd am 16. d. M. ;,;11-3111 15015, mcbt richt- zeiiig gcsteüt 101 Wagcn. _ In Oberschlesien sind am 16. d. M. gksie1115460, ntch1 reécbt- zeitig gestellt 23 Wagkn.
Zwangsvetfteigerungen.
Bkim Königlichen Amtsxxericbt 1 Berlin stach dic nachbkzcichnctcn Grn11d11ückc xur Vlrstsiscrung: Petkrsdmrgkr- straß820, dcrAkt.-©ks. *Lorotbkenstädt. Kreditbaw] «- börig; Fläche 9,49 a; NWWswkrtd 1:3 950 .16; für daI Mcistzcbot Von 193 000 .“: wmdc KanMax-n (Eduard Bambc'ra, Obe'rwaü- straße 19, E1stkbkk- - Tbkilunzdbalbkr Kochstraßc 353/34, dcm Sch1ächtcrmkister Herma " 11 RS Oé'k und dkm Tischlerme'istkr (501111111) Enders „xsbörig; Fläche 1,41 11; Nuyungswcrtb 18 901.14; EUt-Ber wurdc chtikr Gustav End crs , Linie'nstrasqc 242, für das Msismcdot von 340 000 „11- -- Aufgc'bodsn wurde das Verfahren der Zwangs- vsrstdigcrung des in de'r Bauxxcnsrstraßc :? belkgenkn Grundstücks dc'r Firma R. Heckert 11. Co.
Beim Könich11chrn “.'LmtSczerieÖt ][ Berlin stand das Grundstück Florastkaßx 61 in Pankow, dem Kaufnm_11n Gustav Potoldwskv in L*crlm gcbörig, zur Bersteigc'runL; Flache 10,65 11; Nixßmrgchrtb 5600 .16; Erstébcrin wurde Frau «0 “511? Radth, geb. Kauliß, in CdarlUtdnknrg, Gntcnbxrzstraße 4, Wk das 21.719111- «ebot von 13100011: -- Aufgehoben wurde' das Vkrfabren dcr Zwanxsverstcigerung des in Steglixx, “Schloßstraß? 115, dclcgsnrn, dcm Zimmermcéstkr Karl Kojinökv gehöriskn Grundnücks.
Px1'1111.16. Zank. Marktkrkisk 11.1(1) (?'1111111H111115611 dcs KÖnTglickWn PMW?Präkädinnw. (*Ööclxsts Und uirdriJstc Prci's.) Pkt T*:rriü-ZN. für: "2091011 10,45 .A.; 1.320 «»» "019111101 10,10 ,“; 13.90 „46. - *Juktcrgcrstc 13,50 ;M: 12,50 .jk: --- „Wick, 111.11? Sori; 13,0.) 01: 15.10.16. - ck11111111Z1'1'11“ 151.00 «.; 1400.11; - : Frits 14,40 ;M; 14,00 %. 111109111191) 3,82 ;ck; 3,32“ !? :* " EWU 6,110“: 4,00 ._11: "0110111, 1111112 111111 chhcn 40,00 „w.: “3000 ;11: -- “Skliscbobncn, W000 00,00..1l:; 25110 :I» - '*Li::'“«*11 70.00 i_/-.: 54110001 -- Kartoffeln 15,00 111; 4,01) (16.;- Nichi'Üä) 1911 dcr 3161110 1 RZ 1,60 (sl.; 1.220 (11: dito Lianchfii'tjch 1 Rz: 120 _ck: 1,00 „il: - - (ck1kc1111'f11'11c1) 1 115-101 U.; 1,10 „46 --- „131171171111 11»; 1,*'0 «.: 1,00sz “**-Hx1111111k1111'1111) 1103; 1.150.111“ 1,00 .“: » Bmtsr 1 144.- 240 ;11; 1,8005. Eier 00 Stück 3,00 F:; "..),Z0 (111 --- 3111113101 1 kg 1,80 .16; 1.20 „11. Aale | kx; 2,80 .„-k.; 1.20 .-k-. Zander 1 kx,- 2,150 „111; 1,20 _1- 11019th kx: ;),-10.11: 1,20 „(. »An-ick» 1 1chY 1,1;0 «;ck-,; 0,80 16. «(171019 1 1; * 2,511 «.; 1,20 «. » chic 1 19,- 1,40 .O; 0,80 :16. Krcbst 60 Stück 14,00 11; “3,510 „il: '
* Ermittclt pro Tmmc don dcr chtmlstcllc dcr Prcußtschcn Land- wirtdschaftskantntcm *)koticrungöstc'llc' --- und [Ungerechuct vom Polixci-Präfidiinn für din Toppclzcntnrr.
** chinbandclövrci]c.
(Bericht über Speisefette von Gebr. Burjer: Bci der anhaltend starken Nachfrage fürÉriné
ro: ziemlich großkr Zufubrc'n wurden der XNarkilage entsprechend h_öbere Preise gefordert und bewilligt, und der Yiaxkt jchließt in fe ter Stim-
Bcrlin, 10. Juni.
(Hause.) Butter wurde die Einlieferung wieder Vollständig geräumt.
mung. Die heutigen Notierungen find: Hof- und Gcnoffcns af1sbutter 1a. Qualität 86 «M, dito lla.Qualität 84 „M,Landbut:ernominkl1. - Schmalz: Wenngleich hier das kachäft der Jahreszeit entsprechend als ruhig bezeitbnet werden kann, so machte (1) doch an den Märkten in Anmika eine festere Tendenz bemer bar imd die Prjeise verfol'tcn eine langsam stel ende Richtung, sodaß die fixine Ilb- scbwä uns am Beginn der oche bald überholt wurde; die Woche sch1ießt zu den 1,15 sten Notierungen sebr fcft; kDie heutigen Notierung?" sind: (,boick Western Steam 33-33,00.1é, ameri- kanischeö Tafelstbmalz 35 „M, Berliner Stadtschmalx 36 «, Berliner Bratenscbmalz 37-40 „14, Fairbank-Kunstsveisefctt 32 .“ -- Sveck: Dals tGefchäft zeigte mehr eben, zumal auch Amerika festere Pretse me de e.
Berliner Wollmarkt. 16. Juni, Abends. Vorher! 11. Der Berliner Wollmarkt wird, wie im Vdrjabre, auf dem tädti eben Zentral-Viebbof abxebalten Werden und nimmt am 20. d. “ . seinen Anfang. Die E1n1agemng dcr Wollen be innt am 18. d. M. früh, doch ist die Besichtkqunq erst am 20. Jun gestattet. Bis Mittag den 16. d. M. waren etwa 1700 Ztr. zum offenen Markt angemeldet.