1899 / 143 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Jun 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Deutscher Reichsxas. 96. Sißung vom 19. Juni 1829, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Verathung des, GefeßentmurfN' betreffend die Handels- beziehyngen zum britischen Reiche. Nach dem Beschluffe der zweiten Lesung sollte der Bundrsrath bis zum 30. Juli 19001116 Ermächtigung habrn, den Angrhörigen und den Er- zxugmffen drs hrrtischen Retckxß und der britischen Kolonien die Metstbegunsngung zu gewahren.

Nbg FreiberrkHeyl in_errnsbeim (nl,) beantragt, bin- zuzufßaen, daß diese Ermathttgnng nur denjenigen Gebieistbeilen geßenuber gxltkn stZUe, iyelche den deutschen Angehörigen und Erzeug- uieen ebemalls die Metftbrgünstigung gewädren. Der Antragsteller Werft darauf bin, daß der Esse entwurf auf (Canada keine Anwendung mehr finden könne, wei Canada Deutschland egen-

- über seine Zölle erhöht und Dektschland zu Gunsten Franszreicbs differenziert Habe. Es mit"? die Sicherheit geschaffen werden, daß, wxnn andere britische? Kolonien ebenso vorgingen wie anada, „ÜL von _Deutyckoland dem erböbten Tarife unterworfen wurden., In der nachsten Zéit Werde es vielleicht nothivendig Werden, Oft-Jndten und Australien gegenüber vorzugebkn, da diese vieUeicbt dxmnacbft Dxutscbland differenzieren würden. OstxJndien z. B. erhebe fur Zucker emrn Zusäylagszoll wegen der Prämie, die aber nicht,nach ihrem Nettobetrage, sondern nach ihrem Bruttobstrage in Rechnung gesteÜt werde.

Staatssekretär des Innern, Staats-Minister [)r. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ich bitte dringend, den Geseßentnöurf. in der Faffung zu belaffsn, welche er in der zweiten Lesung erhalten hat. Die staatsrechtliche Auffassung der verbündeten Regierungen über die Auslegung diesxs Gefeßeütwurfs babe ich bereits in meinen Aus- führungen in dsr ersten und zweiten Lesung des Gefejzeniwurfs ganz unzweifelhaft gelassen. Wir Werden uns nicht einen Augenblick be- denken, denjenigen Staat, der uns differenziert, aucb unsererseits zu differenzierrn. Die Zuckerfrage babe ich für eine zweifelhafte erklärt und für eine solche, die in (23.811 ooucrsto nur aus Nüßlicbkeits- gründen zu entscheiden sein wird. Ick möchte Sie umsomehr bitten, meins Herren, den Gesetzentwurf, so wie er in der zweiten Lesung ge- fialxei ifi, anzunebmrn, als unsere Vollmacht sich nur auf ein Jahr erstreckt und ich eben die Meldung bekomme, das; auf unsere Ver- tragévorscbläge eine Antwort der englischen Regierung eingegangen ist. Ick würde es deshalb für vortbéilhaft halten, nicht aus einem gewiffen (Gefühl, wie soll ich sagen, des Zweifels heraus, unsere Vollmacht weiter zu beschränken, als wir erklärt haben, uns selbst beschränken zu woüxn. Solltan die Parteien aber in ihrer Majorität, was ich nicht üdsrsehen kann, geneigt sein, den Antrag anzunehmen, so bitte ich aus dringenden Gründen, zunächst die Vorlage in die Kommission zu verwéisen, in der ich weitere Aufklärung geben Werde.

Abg. Dr. Lixbex (Zentr.) hat erbebliche„ Bedenken gegen den Vorgelegren Antrag, halt aber die Ueberweisung an eine Kommission

?»,nicbt für nötbis„sondern empfiebit die einfache Annahme der Vorlage, da man der Regierung obne wntrres vertrauen könne. Außerdem

liege der rvxgestery arigekündigte Antrag Kaniß wegen der Einführung ---*-* von Weridzoslcn 1a jeßt vor und werde demnächst zur Beratbung

kommen.

Abs; Brormel ([r. Vgg.)_ schließt sich diesen Ausführungen an, da xetneiacdltchen Grunde vorlqgen, die den verbündeten Regierungen zu gewabrende Vollmacht irgendwie einzuschränken.

_ Abg. [)x-._Roesicke-Kaiserslautern (h. k. F.): Ick verstehe nicht, wre Graf von Posadowskv sick) gegen den Antrag von Heyl ayxsvréchen kann, da'er doch Drutichland unter keinrn Umständen differenzrsren [affen Will. _ Angesichts der handelspolitischen Vorgänge der [Wien z-bn Jahre k?nnen wir nicht eine Voklmacbt ohne jede Zinschrankung geben; wir werden faber für den Antrag von Heyl , immen. _ ,

_ , Ah,; don Kartdorfs (Rp.): Bei der Geschäftslage des Hauses wird keme groß:" Neigung vorhanden sem, die Vorlage an eine Kom- thVU ;u ubercreisen. Ick bm (: cb_ synst gern bereit, den Wünfchea dsr Regierung in Bgyg ar-f au wartige Angelegenheiten mich an- quLießZn. Aber in diexem Punkte _kann ich mich den Ausführungen de:? StaatésekreiaxäGraien don Poiadowskv nicht anschließen. Der AntraZ 7:er Hsvl gribi un; emen gewiffea Schuß dagegen, daß nicht andere enßlische Kolonixn ahnlich wie Canada gegen uns vorgeben.

Abg.. Lirbxrqiann von Sonnenbrrg (chormp.): Wenn (;,-"STMÖ, LSSl mit Sinkt Arrtwort gxkdmmen iii, so sind daran vielleicht drs kaOanlJnZST'l des Reichéktagds iQYld, und die Annahme des An- t::5e§'w:rx riellexckyr dazu bxttragen. die Frage noch scbnkller in Fluß zi: drin,;en. Ich bittx deshalb, den Antraa von Hays amunebmen, ;!UUÜL dsr Antraq Kants koch wodl ersitim November zur Beraibung kommen kann; Jede handelspolitijche Niederlage empfindetdas deutsche VZlk alé etw: Verlkßsung seines Nationalstolzes, namentlich an- geiicbts drr schle_ch:en deie, welche Deutschlgnd in Samoa gespielt dat, u_nd a:";gkncbts k€r_?r€chen Sprache, in welcher die en41ische Tbronwlge m den deui1chm Staaten in der engliicben Pkkffé er- örtxrt wird. . _

T5r_AL*Z. Fkklbékr Heyl _x.u Herrnsbeim beantragt die desrw-kwuxig drr Vorlage und reines Antrages an eine Kommission wn 21 Miizliedern.

Staatssekretär des Innern, Staats-Minister l)r. Graf von Posadowsky : Wehner:

Meir? Hsrrenk Ick wil] mich durch den Herrn Vorredner Weder mä) Samoa mrch nacb Coburg-Gdiba locken laffen. (Sehr richtig!) Ich wiki nur die Sach: brbandéln, die uns bier beschäftigt. Der EWMD, warum ich Sie gekenn hab?, rsn Antrag drs Herm Abg. Freikerrn d:n HM! abzulebnsn, ist einfach der, daß es für uns eine iéör :?rickojékeU-x Tack? ist, von einer Vollmacht Gebrauch zu machen ni *rxr Rééturx, die ich anen dxreiis früher angedeutet habe, oder cie'r_Rkchiunz in einxm Gsies“: rdfitiv festgelegt zu sebxn. Es sind takté'Zde ErwäZunzx-n, auß kenkn ich meine Bitis an Sie richtete. W;: 'rszxell d'en engliix-dsurichsn Hzndclsvxrtrag dslrifft, „so bemerke 1ch. um JUTÖUMSM VOrZUkSUan, dai; wir im gr,;enwärtigen Augst:- blicke !*.:ch mch! im BÜZ der Gsßxndorscbläge Englands find. fonkern nur N3chrichx béksmmxn dzbsn, da?; ein ngenantraq, eine ngsn- KLIXON; ker M,;liWM _R-„ierung au? der enxliscbsn Boiichzit ein- ;zzaxzxn ist. Ob ich aiko in drr Lag? iein Werke, w:"nn Sie dir, An- ,“,LTZZZ'k-LZZT :x: die Kemmiifidn récwxik'en, irgxnd wslche Mittkeilungen fck:r: ÜÖK dir. SUZÜTÖM kxkgknvorscOTäze zu MJÖZU, ist mir zweifelhaft. SALON UJHHLK ich n::b €ir*€.'1 Irrtdam Zerichiizen in B?»; auf 273 itaaxxrxcbiséche “Sixllurg dr? Herrn Präsiderisn “cer Nordameri- ker'ÉFn Rxmkclif gezxnükér den VcriÖrU-K dé? Dingl-y-Tzriis. ;xixr-r Ax'ixkiurg bai, n2chdem daß im Di.“,zicy-Tarif bezrénzte Pw:? ::"ka i;“;r TM AÖWZUZ dom HMkélsoxrtkägsn abZelaui-Zn ist, : :-k PN'M! “ck: Amerik.;nischn Rék-sUT in Bsrbxndunß mit

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Staatssekretär des Außwärtigen Amis, Staals-Minister von Bülow:

Ick batte uicht erwartet, meine Herren, daß die Samoa-Frage im Laufe der heutigen Diskussion angxschnitten werden würde. Nachdem dies aber geschehen ist, nehme ich keinen Anstand, unserm Standpunkt in dieser Angelegenheit zu präzisieren.

Unsere Haltung in der Samoa-Frage babe ich vor einiger Zeit dabiu zusammengefaßt, daß wir den Recbtéboden in der Samoa-Akte weder selbst veriaffen, noch uns durch Andere von demselben ver- drängen lassen würden. Daraus folgt, daß, wenn wir die Rechte an- erkcnnen, die Andere aus der Samoa-Akie für fich herleiten können, wir andererseits unsere eigenen deutschen Rechte undediügt aufrecht erhalten. Aus dieser unserer Auffaffung gebt ferner betvor, daß alle Arndcrungen, Entscheidungen und Maßnahmen auf Samoa abhängig find Von unserer Zustimmung und ohne unsere Zustimmung nicht end- gültig durchgeführt werden können.

Auf Grund dieses Prinzips der Einstimmigkeit, das, wenn ich mich so außdrückcn darf, das Brett war, auf das wir uns stellen mußten, um durch die zeitweise einigermaßen erregten Gewässer der Samoa-Frage durchzukommen, die Basis, welche wir nach dem Geiste der Samoa-Akte wie nach Lage der tbatsäcblicben Verbäliniffe be- haupten mußten und die wir behauptet Haben _ auf Grund dieses Prinzips der Einstimmigkeit ist die Samoa-Kommission gebildet worden, die seitdem in Samoa eingetroffen ist. Die Samoa- Kommisfion stellt bis auf weiteres die Regierung von Samoa dar, sie hat die provisorische Regierungsgewalt über Samoa übernommen. Die dortigen maritimrn und konsularischen Vertreter drr drri Mächte sind von den drei Regierungen angewiesen wordeii, sich der Samoa- Kommisfion unterzuordnen, welche die körbste Géwalt auf Sekmoa repräsentiert. ' »

Von unserem Delegirten in der Samoa-Kommiss'Wiegen h'sber nur telegravbische Meldunsen vor, die ich in einem unsereriMisfionen im Auslande mitgetheilten Auézug, den ich vor mir liegen babe, mit Erlaubniß des Herrn Präfidentcn bier Verlesen möcbté', obwohl der Wesentliche Inhalt bereits bekannt ist.

,Die Ober-Kommisfion ist am 13. Mai in Avia eingetroffen und bat alsbald mit beiden Parteien wegen Auflösung der Streit- kräfte vrrbandelt. Die Befürchtung, daß die Ruhe nur durch Wiederaufnahme der Feindseligkeiten gegen Mataafa wieder- herzusteklen sei, hat sich als grundlos erwirsen. Malietoa-Tanu und Mataafa haben beide der Kommission Besuche gemacht, den Entschluß ibrer Parteirn, der Kommission zu gehorchen, über- mittelt und die Niederlegung und Auslieferung aUer Waffen der- sprochen.

Mataafa hat am 31. Mai den Anfang mit Ablieferung Von über 1800 (Hervebrcn gemacht. Beide Häuptlinge sind von der Kommission als gleichberechtigte Parteibäupter empfangen worden, und es ist nicht ausgeschlossen, daß dem Streit beider Theile durcb Abschaffung des Königtbums ein Ende gemacht werden wird. Admiral Kauß hat mit dem amerikanischen Kriegsschiff .Pbiladelpbia“ die Rückreise nach San Franciscoangeireten. Statt der „Philadelphia' wird demnächst der Kreuzer .Newark' eintreffen. Der englische Konsul Maxse wird sich am 16. Juni nach Europa zurückbegeben. AlSdann wird auch General-Konsul Rose den von ihm Ende Vorigen Jahres beantragten Urlaub erhaltc'n. Die verhaftkten Deutschen, Hufnagel und Marquardt, sind, nachdem die Kommission fich Von ihrer völiigen Unschuld überzeugt hat, ungksäumt in Freiheit gesetzt worden. Die Bevölkerung von Samoa seßt großes Vertrauen in die Kommission. Nach Ordnung der allgemeinen politischen Ver-

.bältniffe wird die Kommission zu der Entschädigungsfrage Stellung nehmen.“

Meine Herren, die Samoa-Kommisfion hat vor allem die Aufgabe, gemäß der Samva-Akte auf Samoa den Frieden und die RdchtSordnung wiederberzustellen, welche dort in einer Weise gestört worden sind, die das deutsche Recngrfübl tief verlegt bat. (Sehr wahr! sebr richtig!) Es würde nach unserer Aufiaffung dem Artikel 1 der Samoa-Akie entsprechen, wenn binfickxtlicb der Schaffung einrr künftigen Ein- geborenen-Regieruxg die Wünsche der Berölksrung tbunlicbst in Be- rücksichtigung gezogen würden. Es könnte das vielleicht in der Weise geschehen, daß eine Mehrheit unter den maßgebcnden Häuptlingen, oder eine Mehrheit unter den breiieren Schichten der Bevölkerung konstatiert würdr. Hikrbei halten wir aber daran fest, und das möchte ich ausdrücklich wiederbrlen, daß wir ßegenüber den Sireäigkeiten der eingeborrnen Häuptlinge irie gegenüber den Verschiedenen Thron- kandidaien nicht Partei ergreifen. WSW wir die Parteinahme der Agenten anderer Mächte für Tann nicbt gebilligt haben, so identifizieren wir uns auch nicht mit déffen Gegner. Die Streitig- keiten der famoaniscben Häuptlinge und die dortigen Tbronridalitäten sind zu lokaler Natur, als daß wir für diesen oder jenen derselben Partki ergreifen foUien.

Wir haben noch eine andere Aufgabe, auf die der Herr Abg. Liebermann von Sonnenberg sosben bingrwiefen hat, deren wir uns dollkommsn bewußt sind und die wir nicht einen Augsnblick aus dem Auge gelaffm babkn, nämlich dahin zu wirken, daß unsere Staats- angehörigsn aui Samoa rntfchädigt werden für die Verluste, die fie erlitten babén duxcb Zerstörung von drutschem Eigentbum oder durch widerrecbtiiäzs Brschiänkung ihrer periönlicben Freiheit. (Lebhaftes Bravo! und Zustimmung.) Wir werden nichts unterlassen, damit unseren Landsleuten auf Samoa, die gelitten babkn untl?! Vorgängén, die wir für unbiUig und ungerkcbt kalten, ibr gutes Rxcht werde. (Lebhaftks Bravo!) Dirie Frage, meine Herren, ist abrr iwch nicbt rkif für ein diplomatiscbes Eingreisxn. Ein solches wird erst möglich sein, wcnn aiif Samoa die Ordnung wirklich Wiederbsrgsstkllt sein wird. Wir gkben uns der Hoffnung bin, das; in dissrr wie in j-xder andsren Be- zikbung rie Kommiifirn zu einsm Ergébnis; gelangen wird, das den Grunksäß-n wahier Biüigkeii entsprieht. Wir wprdcn nicht um eines Haares Brkxite von unsnkm ;;utcn Richi abxrrickx-Ln. (Lebhaftér Beifaa.) Auf ':sr anderen SML wsrkan wir abxr auch nicht vcrgcffen, daß internationale Tifferer-zsp, bei d-km-n sich nicht nur mancherlei pdliiische und wirtUsÖ-xiftlichx Jnikreffen d11rch!r;uz€n, sondkrn wv auch daS raiionale Ekvfink-xn Mikgksrrocken kat, mit ruhiger Uebkrlkzung u:.d rnit fglrxm Vivre dcbancelt irerkcn müffen. (Ls'cbaftrs Bmw !)

Abs. Or. Liedxr i_rriÖT üier dirsk Erkläruna skin? Be- fkiékixUN-Z aus urd ridiC-tiéit dagxßkn, daß d::s Kutsche Veil fein kairaaem zxir NZ,;iékx-Ußz bade; die Partcixn (rr Mitt? TLS qusxs theil-n rie Ansi-ÖTM dez W,]. „Txain nickt. Rs.“.ner [kbmt auch ab, auf dix ccéurg-gctkai'cb? Tßrdnrdl,;€ €ixzu;„9ben, na-ucnile bei Anxrlegen-

[ béitkn OM Handile-ziékunzkn mil irkmcen R§ichén.

deutscbe Regierung zu nachsichtig genresen fei gegenüber Canada Amerika. welche beide u Gun rankrei d' i ' vernachlässigt bäxten. , sten F .“ re Me ftbegknft'fm'

Nachdem Ab „])r. a n mals e llt a - weiten Kreisen dZZ Vole hein Wi es MYYumhgtÉgYZbF den verbündeten Regierungen herrs , wird die Debatte & schlossen und die Vorlage mit dem Antrags von Heyl eir? Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. er

Darauf folgt die erste Beratbung des Ge e enim 1 zum Schuße des gewerblichen ArbeitsvefrlßältniFlsref:

Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürft:

Meine Herren! Noch ehe der Gesetzentmxrf, der heute uns beschäftigt, dem Reichstage vorgelegt war, wurden lebhafte Angriffe gegen denseiben erhöhen/«sowohl in der Prefse, wie auch in öffentlichen Versammlungen; *dieY-ÉYYYFY haben aucb bereits im Reichstag; mehrfachen Außdruexz? den. KUW-doxh bringl das Gefey Ihren nichts Neues und Unerwartetes.

Schon vor acht Jahren hat der Minister von Berlepscb die späjm Wiederaufnahme der damals abgelehnten Regierungßdorlage mit gleichen Zielen ausdrücklich in Aussicbt gestellt. Nack) den Erfahrungen, die man in der Zwischenzeit bei Ausfiänden gemacht hat, konnte niemand vorausseßen, daß die verbündeten Regierungen ihre Absicht dauernd aufgeben würden, den TerroriSmus, der bei Ausständen den ArbeitSwilligen gegenüber angewandt wird, energisch zu'bekämpfen„

Die abfäßlige Kritik der gegenwärtigen Vorlage wird nun ins. besondere von der sozialkemokratischen Partei in leidensckpaftlichex Weise ausgeübt, und zwar obne Zweifel aus dem Grunde, weil sie die Folgen drs Geseßes ihren Interessen für nacbtbeilig hält _ _ (Zurufe Bei den Sozialdemokraten. Glocke .des Präsidenten) _ _ und befürchtet, daß die Macht, welche sie auf die Arbeiter ausübt, dadurch beeinträchtigt werden könnte. _

Daß dicse Besorgniß nicht unbegründet ist, muß ich zugeben. ch begreife deshalb vollkommen, daß die Herren der sozialdemokra- rischen Partei den Geseßentwurf bekämpfen. Was ich aber nicht ke- greifen würde, wäre, wenn diejenigen Parteien, deren Bestrebungen weker auf die republikanische Startsform noch auf den Kollektidißmus abzielen, fich auch an der grundsätzlichen Bekämpfung des Geseßes betbeiligen woÜten. (Lachen links. Sehr richtig! rechts.)

Denn, meine Herren, das Koalitionsrecbt der Arbeiter soll nicht im geringsten beschränkt werden. (Hxiterkeit links.) Arbeitgebern wie Arbeitnebmsrn bleibt nach wie vor das Recht und die Möglichkeit, fich zur Einwirkung auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen' behufs gemeinfchaftlicber Verabredung zusammenzuschließen; Arbeiterausstände bleiben wie bisher möglich. (Zurufe bei den -Sozialdemdkraien.) Es ist eine Uebertreibung, wenn man behauptet, daß dem Arbeiter die Möglichkeit abgesckonitten werden solle, bessere Bedingungen für seine Arbeit zu erreichen. Das Geseß soll lediglich die Beschränkung der WiUeanreibeit des Einzelnen durcb Terrorismus, vor allem aber das Treiben gewerbSmäßiger Agitatoren uud Heyer verhindern.

WEnn wir das Geiss erst in levirr Stunde vorgelegt baden, so lag der Grund der Verzößérung in Hindernissen. die die verbündetkn Regierunsen zu beseitigen nicht in der Lage waren. So kam das Ende der Tagung heran.

““Nach den feierlichen Ankündigungen der Tbron'rede und bei den (Gerüchten, die übst den Inhalt des Geseßes tendenziös verbreitet wurden , durften die verbündeten Regierungen nicbt zögern, das Gesetz dem Reichstage Vorzulegen, um damit die künstlich geschaffenen Besorgrxiffe zu zerfjreuem - Wenn fck nicht irre. ist dieser chck errai-sht. Jeder Unbefangene wird zugeben, daß die verbündeten Regierungen noch auf dem Standpimkt stehen, auf dem sie 1890 gssiandcn haben. Ich hoffe, daß wir, wenn auch nichi ikst, doch bei späterer Behandlung ein Geseß zu fiande bringen werden, das die Interessen der Arbeiter zu scbüßen geeignet ist. (Bravo! rechts.)

Staatssekretär des Innern, Staats-Minisier Or. Graf von Posadawsky-Wehner:

Meine Herren! Sie werden gestatten, daß ich den allgemeinen einleitenden Worten des Herrn Reichskzmzlers noch Einiges hinzufügt. Jeb verpflichte mich dann, wenn Sie meine Ausführungen bestreiten. Ihnen auch sehr ernsthaft und aufmerksam zuzuhören.

Der Herr Reichskanzler hat bereits angedeutet, daß diese Vor- lage in der Oeffentlichkeit seitens ibrer„ radikalen Gegner vorzugs- weise bekämpft ist aus aügcmein politischen und nicht aus sachlichen Gründen.

In der gegnerifchen Preffe babe ich keine ruhige, objektive Ek- örierung der Kernfrage gefunden: sind überhaupt die Zustände, wie sie fich zur Zsit entwickelt haben, !änger vSreinbar mit der staatlichen Ordnung? (Sehr richtig! rechts.) Man behauptet, wir woliten zwar formell die Koalitionsfreibeit den deutschen Arbeitern lassen, fie ihnen aber tbatsächlich nehmen. (Sehr richtig! links.) Diese Behauptung ift unrichtig (Sehr richtig! rechts; Widerspruch links), und diejenigen Herren, welche diese Behauptung aufsicllen, soÜten wiffen, daß dem so ist. (Sehr gut! reehts; Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wir denken garnicht daran, die berechtigte Koalitionsfreibeit des druiscbeu Arbeiters aufzubeken oder auch nur zu bsschränken. Jm Gegentheil, ich persönlich bin der Ansieht, daß diese Koalitionsfreibeit in gewiffem Maße im wirtbschaftlichen Intereffe aufrecht erhalten werden muß- (Unterbrechung bei den Sozialdemokraten; Glocke des Präsidenten.) Es haben sich infolge der modernen Industrie gewaltige Arbeitsstätten entwickclt, Arbeiidftäxten, die den Umfang und die Einwohnerzahl einer kleinen, ja einer mittleren Stadt haben. Durch die wachsende Volksbildung dcs druiscben Arbeiters, durch" die zunehmende Wohl- babcnbeit der übrigen Klassen der Bkvölkerung sind ganz naturgemäß auch die Ansprüche der Arbeiter an ihre Lebenshaltung gewachsen und auch ihr Selbstbewußtsein, und ich wil] binzuiügrn: dieses Selbst- bewußiein der Arbeiter hat sich wesentlich gesteigert unter der Herrschaft des allgemeinen Wahlrechts. Die Arbeiter haben erkannt. daß ihre Interessen zum ibeil solidarisck; sind, und daß für fie ein Vortbril darin liegt, wrnn sie dic'fe Imkereffen auth solidarisch geltend macht"- Und wie die Syndikate ibryrseits die Preise ihrer Waaren durch Koaliricnen zu erböhcn suchkn, so koalieren sick) unter Umständen auch die Aibcitkr, um den Werth deffxn, wodoa sie leben, ibrer Arkeits- kraft, zu sisigern und diese ihre Arbeitskraft 'sö günstig wie MWMb zu derivenren, Das find wirtöschaftliche Erscheinungen, gkgen die M nichts mach-kn läßt, mit denen das moderne Criverbsleben meines Ek- acht€ps rechnsn muß, u::d man kann sich damit trösten, daß ik“ Usbersvxnmmg der natürlichen, wiribfchaftlichkn Gescßr von der eine:: Partei oksr der anderen schließlich zu einem Niédcrgang führt UN

AQ. Frribexr Heyl zu Hkrrnkwim ist Qik Ansirhi, da!] die

darin (::-ck, das naiürliche Korrekéiv derartiger Usberspannungen lies!-

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Ich bin hier in dem hohen Hause häufig hingewiesen worden mts Jeußerungen des bekannten Ehepaares Webb über die englische gxbeiterbewegung, und selbst diese Schriftsteller, die in dieser Frage auf einem so arbeitersteundlicben Standpunkt stebm, schreiben über englische Stceikverbältnifse Folgendes, was ich den Herrn Präsidenten zu verlesen mir zit_gestatten bitte. Bei Bespreehung der großen Ar- beiterauSsiänd-e am Tyne sagen fie Folgendes:

„Innerhalb eines Zeitraumes von 35 Monaten gab es nicht weniger als 35 Wokhen, in denen die eine oder andere der vier wichtigft€n'Abibeilungen der Arbeiter in der Stapelindustrie des Distrikts absolut jede Arbeit vxrweigekte. Das bedeutet den Still- stand ungeheurer Betriebe, das erzwungene Fsiern von Zehn. tausenden anderer Handwsrker und Tagelöhner, den Verkauf ihres Hausraibs und das langsame erbungern von Tausenden von Familien, die an dem Streik ganz unbetbeiligt waren. Die Wir- kungen waren aber, soweit die Gewerkoereine in Frage kamen, nicht auf diese sensationellen, aber vorübergehenden Erscheinungen be- schränkt. Die Arbeiter haben in der That den Unternehmern in die Hände gearbeitet, die die Gewérkvereine znstört sebxn möchten. Disse innéren Kämpfe am Tyne haben alle an ihnen bcibeiligten Geweikvereine in einen Zustand lokaler Schwäch: verießt, von der sie sich bis jest noch nicht erholt haben.“

Aus diesem Zeugnis; gebt berdor, daß derartige Arbeiterkämpfe über- haupt eine zweischneidige Waffe sind.

Wir wollen aber in diese Verbäliniffe nicht eingreifen und glauben, daß man in dieselben aucb tbatsächlich nicht eingreifen kann. 21er Wenn der Arbeiter sein Recht vertritt, kann er das in einem Rechtsftaate nur nach dem Grundfaße: KOMMT!) Lasäjr, qui „Furs 8110 1111131». Man darf von seinem Rechte nur Gebrauch machkn in einem gxordneten Staat, soweit man hierdurch das Nrcbt eines Undsren nicbt verleßt und somit in eine fremde Rechtssrhäre nicht eingreift. (Sehr richtig! Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemo- kraten.) (Glocke des Präsidenten.)

Ich verspreche Ihnen, daß ich dem Wunstb des Herrn Prä- sidrntrn jedenfaUs gctreulicb nachkommen will. (Hsiierkeit)

Msine Herren, ich meine also: einen solcbsn Begriff der Koali- tionßfreibeit, wie ibn die radikalen Gegner dikser Vorlage definieren, ist unvereinbar mit der Sicherheit und Ordnung des Staatswesens überhaupt. Und, meine Herren, so sehr auch Kritik an der Déni- schrift geübt ist, die wir die Ehre batten, dem hohen Hause vor- zulegen und die eine einfache Zusammenstellung der Berichte der lokalen Verwaltungs- und Justizbehörden ist, _ so geben doch die in diessr Denkickprift mitgetheilten Thatsachen dcn unzweifelhaften Be- weiß, daß man die Koalitionsfreibeit seitens der Arbeiter in einem Sinne ausgelegt hat, der mit der persöxrlicbsn Freiheit sowohl der Arbritgeber als der Arbeitnehmer nicht mehr dcreinbar ist (Sehr wahr! rechts.) '

Ich würde es für sehr möglich gebaiien baden, statt Ihnen bier eine besondere Vorlage zu unterbreiten, einfach qualifizierte Be- stimmungen zum Schuß der persönlichen Freiheit in das Strafgeskß- buch anfzcnebmen; dsnn die Bestimmungen, die Sie in dieser Vorlage

finden, sind nichis wie ein durch die Erfahrung gebotuner verstärkter Schutz drr persönlichen Freiheit des Individuums. (Sehr richtig! rechts.) Was ist Koalitionsfreibeit, meine Herrcn? Was ist überbaupi Freiheit? (Zurufe von den Sozialdemokraten.) _ Gemiß, meine Harun, ich werde anrn die Antwort darauf geben, und ich werde sehen, ob Sie mrine Antwort widerlkgen können. _ Freiheit ist jedenfaüs, etwas zu thun, aber auch zu laffen. (Sehr wahr! rechts. Zuruf von den Sozialdemokraten.) Und wenn Sie von Koalitionsfreibeit _ _ (Zuruf? Von den Sozialdemokraten.) _ Meine Herren, ich begreife niöbt, warum Sia s:) aufgsregt smd; wer das gute Recht für fich zu babsn glaubt, hat auch den Muth der Kaltblütigkeit. (Sehr richtig! richts.) Die Koaliiidnsfreibkit ist iedenfaßs die Freiheit, fich zu koalieren odsr auch eine Koalition ab- ]uirdnen, Der Kampf über die ganze Vorlags r'vird sicb aiso darum handeln: wieweit find GewerksJenoffsn befugt, durcb Nötdigung und alle die Mittel, die hier im Gesese unter Strafe gestellt Werdkn, ibre Eewcrbégenossen oder die Arbeitgeber zu zwinskn, etwas zu thun oder zu unterlassen? Ich finde hier in drr fübrcnren Zritung der Sozial- demokratie eine rrcht interesante Außeinanrerseßung. Dori ke" es bei Einer Beiprcchung diefer Arbeiterscbußvorlage: (Pause. Zurufe don din Sozialdemokraten.) _ Sie kckdmmen es ganz fiihrt zu bökén; Sie brauchen sich nicht aufzuregen. _ Dort heißt rs also:

Das volle, unbebinderie, freie, ge,;kn jeden Angriff, rr komme von wem er will, geschüyie Koalitionérecbt des Arbeitrrs ist eine innere Nothwendigkeit der Ardeitrerrbältniffe, die durch eincn rechtlich freien Vertrag von rechtlich freien Arbriiern ßkscbloffen Werden. Dem Arbeiter das frei;: Rech! der Koaliiion durcb Gessßgebung, Vcrwaliuugémaßregeln, Rechtsprecbxng oder

Zwang seitens der Unternehmerschaft oder sonstwie nehmen,

ixrißt: dem Arbeiter das Recht nkbmcn, es a'vzulebnen, nur unter den

Lokn- und Arbeitsbedingungen zu arbeiten, die akléin der Arbeit-

:;kber vorschreibt.

Wir können uns auf disse Ausfübrvngen durchaus beziebcn, denn auf dieser Anschauung beruht unsere ganz? Vorlage. Wir wol1en "ck demArbeiterdas vollkommen freie Selbstbestimmungs- "ck! geben, untkr welchen Bedingungen er arbeiixn will oder nicht. Die Deduktion des führenden sozialdcmokratisckocn Blaiiés enthält Meiexes Erachtens nur eine schwere Lücke: die Koalitionsfreibeit ist bier nur dahin verstanden, sich zu koalieren gegen über den staat- lichen kaörden und den Arbeitgebern; aber diese selbe _KNliÜVnssrcibeit, die im Namen der Freiheit der kanischen Arbeiter- Wik ßkiordert wird, verwandelt sich sofoit in einen unerbittlichen ZwaM- sich einer Koalition anzuschließen, sobald das nur von be- kufenen Agitatoren oder unter Umständen von einer Minderheit von Urbcitxrn verlangt wird. Deshalb ist JhrcDeduftion der Koalitions- Treis“; rine einseitige; Sie vsrlangen in der That, daß, wenn land- 'kemd8 Agitatoren nach einer Arbciisstätte kommen, oder wenn sogar "77 kinsk Minderheit von Arbeitern die bisherigksn Arbeitsbedingungen “"ck" "1?ka zasazen, dann sofort drr Besckoiuß, zu striken, als eine hölIrre Gewalt, als ein Schicksalssprurb angesehen wird, dem sich “.d“ Akbkkkkk iügrn muß, und Sie betrachten jeden Arbeiter ais Ver- "tbkr- “der sich dicsxm Schicksal§si3ruch nicht fügt, Ick hübk bicr kine- Notiz üdsr eins Aeußerung, die ein sozial- “?mOkraiiicbcr Redner kürzlich in eines: Berliner Versammlung gethan bai, und die méine Aukfübiunzen, glaube ich, sebr drastisch belegt,

den ich eben mir geftatiete, Ihnen aus “dem .VorwärtS' vorzulesen. : Dieser Herr sagte:

In der Denkschrift wird besonders betont, daß es eine Pflicht des Staates sei, die Arbeitßwilligen als würdige Stü'sen des Staates zu schüsen. Also diese Schlaimüßrn, diese Dummen, die noch nicht zu der richtigen Erkenntniß ihrer Lage gekomwcn find, sind die würdigen Siüyen des Staates.

(Hört, böri! rechts. Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

Was muß das für ein Staatöwesen sein, das fich nur auf Dumm- [)kit siüßen kann?

(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)

Und diese Arbeitswiüigm soüen wir nicht verachten?! Einen Schaft kann man nur als einen Schaft ansehen.

(Hört, hört! rkcbts. Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Also: wenn ein paar Agitatoren oder unter Umständen eine Mindsrbeit von Arbeitern einen Sirsik proklamieren, ist jeder ein Dummer, jeder ein Schrift, der da sagt: ich bin nach meinen Verbältnifien mit meinrm Lohn zufrieden, ich will meine Arbeit weiterführen. (Hört, hört! rechts. Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) _ Frsilich, in Ihren Augen ist ja jedes Mittel, was hierbei angewendet wird, Lin erlaubth. Es ist besonders darauf bingewiesxn worden in Ihrer Profis, daß diese Gesetzeövorlage ein unerhörtes Attentat auf die Koalitions- freibeit der Arbeiter sei (sehr wahr! bei den Sozialdemokratkn. _ Zuruf rechis) und eine Vernichtung dieses Rechts brdsutr. (Ssbr wahr! bei den Sozialdemokraten. Heiterkeit rechts.) Absr Sie werden doch durch disse Vorlage in die Enge geiriebsn durch den Nachweis der konsequenten Unterscheidung zwischen der drrthigtsn Ausübung der Koalitionsfreibéii und einem durch ein übertcikdeneZ Selbstbewußtsein der betbeiligten Arbeitersckpaft hervorgerufenen M i'";- braucb derselben. So zeigt sich bei dieser ganzen Drkatie im klaren Liebt, was Sie Ihrerseits und die radikalen Gxgner dxr Vcr- lage eigentlich unter Koalitionsfreibeit verstehen.

„Ohne ein Recht, zu droben den Arbeitern gegenüber

_ ich bitte, mein: Herren, hier recht aufmerksam zu folgen _

wäre in der That das Koalitionörecht völlig werthloS."

(Hört, hört! rechts.) Das sagt der „Vorwärts' bei Bekämpfung der Vorlage, und dabei ist das äußerst Interessante, daß in dieser Vorlage die bisherige Bestimmung der Gewerbeordnung, wonach die Drohung auch mit einer berechtißtenHandlung unter den §153 derGewerbeorknung fällt, gerade aufgehoben ist. Es sieht prkSZZÄJ x'srdis darin , daß eine Drohung mit berechtigten Handlungen nicht mehr unter das Gsies fällt. Was folgt daraus? Daß Sie nach Ihrer Auffassung der Koa- litionsfreibrit auch das Recht für sich in Anspruch nehmen, mit unberechtigten Handlungen zu droben. (Sehr richtig! r€ch1s. Heiterkeit links.) Wie man im Einzylncn darüker denkt, er- giebt fich aus einem sehr intercffanten Artikel der „Neuen Zeit", _wo es bsißt:

,Die Quintessenz ihrer zehn Paragraphen

_ ihrer ist klein geschrieben; es geht auf die Vorlage _ besteht darin, durch ein? Reibe kautschukner Strafandrohungen alles das zu hindern oder durch übermäßige Gefängniß- und Geldstrafen zu rächen, was zur wirksamen Durchführung eines Strikes noth- wendig ist. (Es giebt keine zur praktischen Durchführung eines Strikes nothwendige Handlung, die nicht unter die kautschuknen Straibesiimmungen des Gesetzes gebracht werden könnte.“ (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Nun ist aber in diesem Gc- seßonkwurf kein? Handlung unter Strafe gesteüt, die nicht ent- weder mittels körperlichen Zwanges oder mittels einer Drohung, einer Ebrverleßung oder Verrufserklärung oder mittels einer vorsäylichen Körperderlesung oder Sachbeschädisung begangen ist oder in rinkr schuldhaften Beibeiligung an einer dieser Handlungcn besteht. Mit anderrn Worten: Sie bezeichnen also diese offenbaren Rechts- widrigkeiten als noibwendige Vorausseßungkn für die Ausübung der Koalitionsireibeit in Ihrem Sinne.

Den Gipfel in dieser Beziehung leistst sich eine im „Vorwärts' abgrdkuckte Arußkrung des Organs dcr Vsreinigung der 'Malrr. Ddrt wird gksagt:

„Wehe dcm, welcbxr es wagen iOÜtr, den Frsibcitsirealcn der Sozialdemokratie zu nahe ju treten!“

(Hört! rechts.) _

,Die Annabme drr ZUÖTÜQUZVOÜÜZ: durch den ReiÖStag ware die Proklamation der Revolution

(Heitrrkeit rxchté1, nicht der Revolution kkSsklk-Jn Taxis. absr der Rsvolutirn dsr nabkn Zukunft.“ _ ' Jcb entnsdmr kiéics Zitat 2551 .VNWZkLÖ“. Ick L*;dr rs ?rlist m der dslreffcnkkn Zsiinnß nick?! nachschlazxn können. Das Blatt folgert weiter: „_

„(Fs bleikt hiernach für die Nr*:eixerkiaffx nur ein Zwkiiacbes übrig. Cntcrxdxr dix Arkkitrr verzichten kernsrbin aui jeglicdx Ver- befferung ihrer Lsdknxlagk, oder sie dxgeöxn fich auf den Vodka der Ungcscylicbfeitan. Ersicres weiden sic nie rbim, und daß sie zu lesirrem nich! g-zwungen werden, hat dsr Reich2iag :n der Hand, indrm cr irn Gr:"eßéntrrurf ein;:icb Und OÖ??? 137-175 Vkrkand- lungen aklebnt.“ . ,

Ja, meine .Herren, drr Drohung mit der RCOVLUYWN, der ichen wir ruhig rntgegrn; Sie bab.n ja auch einmalg-Jkrrktmir dcm großen Kladdcradatscb, haben fick; aber überzeugt, daß fi!) in der WS"!

geschichte die Dinge nicht so schnell voliziebexi, wi.- uian manchmal in cinem Vereinßlokai glaubt. (Hsitrrkcit.) Abrr Sie biber] doch seit 1891, das kann ich nicbt leugnrn, in Bezug au? die Ausiésung vom Recht der Arbeiter innerkalb drs geiammten Stari§org1nt9mns recht crbrblicbe Fortschritte gemacht. Noch 1891 [IR k!? soztaidsmo- kratiscbe Fraktion im Reichsiage durch ihre Anträzk zu § 153 der (Hervcrbrordnupg körperlichen Zwang, Drohung, EbrvrermL und Verruiskrklärung als Waffkn in den ?]rbsitrrkän-rixn. _untkr Strafe grsieüi wissen wcllcn und dadurch dic V-Irwkrrlichkeit disk-érvxkkami'kks' mittel und ihre EntbébriiÖkCit für eine bekecktigtr Ansuouna „W Koalitionsikcbtes auédrückiich ansrkannt (hört, hört! rrckzis), und'diese Mittel also auch nicht für nothwendig gehalten, um das K1'Ülitlvns- recht :hatsäcblicb auszuüben, und jeßt babxn Six dci; Forkicbrtti ge- macht, daß Sie sagen: obne Trviung, (idm die -Har.dlun_,xcn, die in diesem GMP untsr Strafs (,Lskkllt smd, Ut das Koalitxdnérkcri libér- baupt nicbt auszuübcn. (Sikbk AUT! kkchLS_-) WIS MZ? "39“. Das bsißt nichts Anderes, als die offrnr Erklaruim dsr PMI, Tl? sKch aUein für cine arbriicrirxundlicbc 5Partei bali: .Der“ SM.! sind wir, wir beschkicßcn, was der Arbcitcr 3:1 ikr'cern bai; [xder Staats-

al7kr ireilick; sehr wenig zu dem Bézriffe von Koalitiowsfceibeit paßt,

bürger, dsr Arbeiter ist, hat ?ck Mik" Bksäilüffk" 5“ MM“ und wir

nehmen “ck in Anspruäy, diese Beschlüsse zu exekutieren und zwar zu exekutieren gegen jeden" Widerwiüigen.“ Wenn der Staat das duldete, so würde man in der Tbat sagen können, der Staat legt das Schwert seiner Gansalt aus der Hand. (Sehr richtig! rechts.) ZwangöreÖte kann nur der Staat ausübrn und der, drm die Zwangßrecbte durch staatlich:- Autoriiät und siaailich: Vollmacht üb-értragen find, aber nie ein Privatmann. Darin ruht der koloffase logische Mangel Ihrer ganzen Deduktion, daß Sie sagen: weil die Arbeiter in der Ge- sammtbeit beffsrk Bedingungen durch Koalitionen haben müffen, deshalb muß fich auch jedkr einzelne Arbeiter zwangsrveise den Ver- fügungyn irgcnd einer Parieileitung oder irgcnd welchkr Agitatoren fügén. Sie wolien Zwang üben, indem Sie in dem bestehenden Staate einen Staat bilden, Zwang üben, indcm Sie die Solidarität der Arbsiter, dsr Interessenten, die virifacb garnicht vorhanden ist, durch derartigs terroristische Mittel herbeiführen, und deshalb müssen Sie auch Feinde dieser Vorlage sein, das gesieb? ick) Jk-nen zu. Ich frage Sie, wie Verträgt fich nur: gegenüber diesrn Thatsachen die Er- kläruna, die ich dorbin bier verlesen hatte, daß Sie freie Arbeiter und freien Arbeitswerirag gegen Jedermann verlangen? Isdrrmann iii nicht nur der Arbeitgeber, es ifi nicht nur der Staat, sondkrn dor allsn DinZ-Zn ist Jedermann in der Arbriterbeddlkerung auch dsr Mitarkriier, dsr Arbeitsgendffe. Meine Herren, es ist richtig, daß dir Vorschriften, dis in der Vorlage niedergelegt find, wrienilicb ringebendere find, wie diejsaigen der Gewerbeordnung von 1869. Ndsr ich glaube, sklbsi die Herren von der sozialdemokratiscben Parisi werden zugestehen, daß fich seit dem Jahre 1869 die Ver- däitniffs 1581: erbkblicb Zeändert haben, wie ich vorhin schon andeutete, mit drr iunxbmendea Vergrößerung der Industriezentreu, mit der w::bienken lekZdil'dUng, die ich gern zugrftebe, mit der Zunahme der Wohlbakendeit dss ganzen deuticbrn VMM, und auch durch die Be- tdxilizuxz der Arbéitrr an dxn direkten Reicbéiagswablen hat sich das Szll'itkewnßiiein dsr Arbsiier ganz außerordentlich gestrigert, und :ixié-Z Zesxsigerie Selbstbewußtsein hat eben unter Umständen auch die Arkéiterkevölkzrung dazu geführt, in ibrsm Intkreffe eine Macht für fish 'm Anivracb za nehmen, die mit drn Jaiereffcu und der Rechts- sphäre “:sr ükxiz-in Staatsbürgsr und der ert dritebendrn Staats- ordnunß („kidlixt Unvxreindar ist.

Meir»: Herren. [ver die erecbtigung der Vorlage bestreitet, muß meines Erachténs entweder den Brweis führen, daß die Hand- lungen, di? wir in drm Griesentwurf untar Strafe gsstellt baden, s11tiich rrlaubt, das; |? nicbt widerrechtlich smd, daß sie nicht die persönlich€ Frribsit Sincs Anderen beschränken, odrr er muß den Be- weis führsn, daß die bkiiebenrxn grisslicbsn Vorschriften diese Hand- lungen schon Unter Strafe iteUrn, mithin vdükommen auSreicbeu. Wir sind drr Ansicht, daß“ di:- Handlungen, die wir in der Vorlage unter Strafe zesirilr Haben, auch strafwürdigs find, daß sie in einem geordneten Siaate nicht geduldet werdrn können. und daß, wie die juristische Eriadrumg leFdrt bai, die bisherigen Vorschriften zu ihrer Unterdrückung fich alL- ausreichend nicbt «wiesen baßrn.

Daß wir Licht und Schatten glsicb vertbsilen onen, geht am allerbesten daraus hervor, daß wir auch die Arbeitgeber unter Strafe gesteklt baden (Lachen bei den Sozialdkmokratrn), die ungeievlicbe Mittel des Zwanges grgsnüder ihren Arbsiiern anwenden und durch solche Mittel Arbeiter von grseslich Erlaubten Koalitionen fernzuhallcn suchen. Wie sich die Herrsn noch *:rinnern wollen, wurde der gleiche Antrag im Jabre 1891 bsi Beratbung der damaligen Novelle vom Abg. Hirsch gesieUt, aber dom damaligen Handrls-Minister Freiherrn von Bcrlcpsch für nicht annrbmbar erklärt. Um Ihnen zu zeigen, daß wir durchaus gerecht und unparteiisch bandrln woüen, haben wir deshalb dixse Bestimmung sxprggsjs ysrdig in das Gries aufge- nommsn, wxil es nach der JUdikatur bishrr zivcifelbaft war, ob der §153 dcr Erwerbeordnung auch auf die Arbkitgeber Anwendung finden konnte: die Gerichte babrn in disser Bezirbung drrschieden rntschie'den.

Dazu kommt, daß es sich bei der Anwendung jenrr ungeseylichen Mittel nicht immer nur um Fragen handelt, die mit der Befferung dss i:!atrrixllen desrs der Arbeiterdevölkerung zusammenhängen, son- drrn sebr häufig um réine Macbtfragen, vdr aklen Dingen darum _ und das halt? ich eigentlich für das dedenklichste Mittel _, daß Rassiändc lediglich berdorgerusén werden, weil organisierte Arbeiter nicht mit unorganifixrten zusammrnarkeitkn wollen, oder weil man einen Wkrkiükrer, einen Aufsichtsbxamtcn beieitigsn will, der, meines Erachtens kcrrkkterweife, der Ansicht iii, dax“; der Wcrkfübrer zunächst der Vertrauensmann dss Nrbriigcbers und nicht das willige Organ des Arkritnebmerz iii. _

Ein rngliichxr Sozialpolitifer, der sich gegen das Bkstreben der englischen waerivsréine ausipricbt, die? Beichäftigung der freien Ar- beiter zu hindern, schreibt hierzu sebr charakteristisch auf Grund der engliscken Beobachtungen Folgendes:

„In jedem Systrm der Sittenlebre, das ich kenne, ist das Recht zu arbeiirn unbestritten und das Recht, Arbeitern zu geben, gleichfalls. .Die Unionisicn sagen aber zu dén Arbeitern: ihr sollt nicht arbeiten, und zu d-xn Arbeitgebern: cs soll euch nicht gestattet skin, Beschäftigung zu Jeden. Die SklaVLrei war humaner."

Und bimn möchte ich noch nicinkrseits bemrrken, daß in dem Bericht der 120731 ("c)mrniZJiC-i; 01“ ]ab0ur außdrücklich festgestellt ift, die aUgemsine Politik dxr englischen Gewerkvereine gebe dahin, „ihren Mitgliedern das xxsmkinsamc Arbeiten mit unorganifierten Arbeiten! zu iinikrsagrn',

Ueber die zahlreich hierüber erwachsenen Strikes und Betriebs- störungcn find nach den Erhebungen der genannten Kommission vielfach Klagsn erhoben worden. Die Kommission

_ deren Mebrbrit übrigcns dcn 7171-8118 U11i0n§ günstig gesinnt is! - hielt jcnc Kiaqcn insofern für berechtigt, als fie das Bedürfniß au- erkannte, die Gisngrbung von 1875 zum Schuss dkr Arbeitswilligen weiirr auszugestalten, um die Arbeitdwiiligen in allc-i Fällen gegen ?imlwncß und korcxidls ObZßkUCt-Ü)", also gigen Gewalt und 8?“ waliiame Bébinderunn, zu unterstüßen. ck .

Also auch die englische Kommission, dic s:“inekzkkt zum .Siudium der Arbeiterfrage cingcseßt wurdc, lyiclt dic fogcnmmts KoankaUl'UY- bill vom Jahre 1873) nicht für genügknd, und war der YkMÖt, die Gesetzgebung müfic reischärft wcrdrn, urn die nicbtorüamfikkxkn “Uk- beitswikligkn zu schützen gesc'n den unerbörisn Druck dcr organisierten. Wenn fortqkst-ßt die Bistimmnngcu Engianks uns entzeg-ngrbcillen werden, so giaubc ich hier de'" Bcwris gesübrt zu babs!"- kax? dies??! Zeugnis; nicht zutreffend ist. _

Ich möchte- nunmehr auf den Paragrapbkn drr Vorkax-c (“marken,

der besonders Gegenstand des Angrifirö xkaksxn ist, nämlich das