1879 / 279 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Nov 1879 18:00:01 GMT) scan diff

bestehe, modernes Recht sei auh deutsches Recht. Das An- erbrecht lasse sich nur dort empfehlen, wo es dur lokale, historishe Tradition sih eingebürgert habe. Andernfalls wenn es aus dem Kreise dieser Traditionen herausgetragen werde, bedeute das Anerbereht nichts weiter als eine herbe Benach: theiligung der Miterben, er würde also aufs Entschiedenste gegen eine Ausbreitung dieses Prinzips auf alle Provinzen Preußens protestiren müssen. Der Abg. Miquel habe es so hingestellt, als ob das Bestreben nath Erhaltung des Besißes in einer Hand lediglich das Vorrecht bäuerlicher Gesinnung sei; man finde dasselbe Stre- ben auh im Handels- und Gewerbestande, namentlich in großen Geschästen, deren Stolz ihre Jahrhunderte alte Tradition sei. Er verweije z. B. avf seine Vaterstadt Leipzig, da werde man Exempel genug finden. Finde si also dieses Bestreben und seine Ausführung, ohne geseßlihe Bestimmungen, bereits im Handelsstande, so werde es recht wohl auch im bäuerlichen Stande unter dem gemeinen Recht zu ermöglichen sein überall da wo ein wirkliches Bedürfniß hervortrete. Was den Geseßentwurf selbst betreffe, so habe sein Wortlaut einige allgemein gehegte Befürchtungen zerstreut. Es sei bereits nachdrüclih hervor- gehoben, daß der Entwurf an die Prinzipien der freien Ber- erbung der Theilbarkeit u, st. w. niht rühre. Sei das aber der Fall, so könne man auch niht von einer irgend erheb- lihen Wirkung des Geseßes sprechen, das nur da wirken werde, wo das Volksbewußtsein stark genug sei, das Geseß zu stüß-n. . Wenn ferner gesagt sei, der Gesezentwurf sei wesentlih zur Erhaltung des mittleren Grundbesitzes, als der Grundlage einer gesunden politishen und sozialen Ordnung, bestimmt, so müsse ex bemerken, daß diese Anschauung {hon Aristoteles vor mehreren tausend Jahren ver- theidigt habe. Nach seiner Ueberzeugung liege sogar eine gewisse Gefahr im Anerbenrecht, da in demselben die übrigen Kinder niht genügend berücksihtigt würden. Der Entwurf werde auch nur da eine Wirkung haben, wo derselbe sih auf die vorhandene Anhänglichkeit an den Grundbesiß stüße. Das Anerberecht beslehe thatsählih s{chon jezt in Westsalen, wenn auh nur in Form der leßtwilligen Verfügung, während der vorgelegte Geseßentwurf ur'gekehrt das Anerbereht geseßlih einführen und es eben nur dur leßtwillige Verfügung aus- schließen wolle. Für solhen Zwang fehle es jedenfalls an einer ausreihenden Begründung. Einzelne Bestimmungen des Geseßes seien für ihn s{chlechterdings unannehmbar, so

besonders die Verfügung im §. 4, wonach bei beerbter Ehe der überlebende Gatte nur Verwal- tung und Nießbrauh und zwar bis zu seinem

Tode behalte, wenn er niht wieder heirathe. Schreite der- selbe aber zu einer anderen Ehe, so dauere jein Verwaltungs- und Nießbrauchsrecht für die Landgüter, die niht von ihm herrührten, beziehungsweise niht gemeinschaftlih von den Che- gatten erworben seien, nur bis zum vollendeten 30. Lebens- jahre des Anerben. Diese Bestimmung, wonach der Gatte ausdrücklih nur Verwaltung und Nießbrauch, aber kein Ver- faufs- oder Schuldreht an seinem Vermögen behalte, sei “so ungeheuerlih, daß er wirklih nur annehmen könne, sie sei mißverständlich in das Geset gerathen. Auf weitere Details brauche er wohl nicht einzugehen und bemerke nur no im Allgemeinen, daß für ihn ein genügendes Bedürsfniß für die hier vorgeschlagenen Zwangsbestimmungen nicht vorliege, daß ein- zelne Bestimmungen ihm absolut unannehmbar seien und die Frage, ob man vom bestehenden Erbreht zu einem Zwangs- erbrecht übergehen solle, ihm sehr zweifelhaft ersheine. Jn zweifelhaften Fällen aber sei er für die freie Gestaltung der gegenwärtigen Geseßgebung.

Der Justiz-Minister Dr. Friedberg bemerkte, nah den Er- flärungen seines Kollegen, des Ministers für landwirthschaft- lihe Angelegenheiten, hätte er geglaubt, sich jede weitere Aeußerung ersparen zu können, wenn niht eine vielleicht nebensählihe Bemerkung des Abg. Miquel ihn dazu Anlaß gäbe. Es sei das die Bemerkung, Die die Besorgniß aus- drüctte, es möchte von den Juristen, die in altröômishen An- \chauungen befangen, das, was poliiisch und nationalwirth- \chaftlih durch das Geset erreiht werden solle, wieder geschä- digt werden. Er dürfe die Versicherung abgeben, daß, wenn das Geset als ein solches erkannt sei, welches den gedachten Tendenzen wirklih diene, die römishen Anschauungen über das Erbrecht demjselben keine Schwierigkeiten bereiten follten ; um so weniger, als in dem Landrecht keineswegs die rö- mische Ansck{auung über das Erbreht niedergelegt sei. Jm preußishen Landrecht sei mehr vom deutshen Recht enthalten, als in vielen Ländern des gemeinen Nets. Es sei ja vielfah hergebraht, das Landrecht als ein komplizirtes Geseßbuch zu betrachten, das man mit einem ‘gewissen mitleidigen Wohlwollen zwar frage, aber niemals als berechtigte Geseßgebung ansehe. Gerade hier im Gebiete des bäuerlihen Erbrechts sei das Landreht vom deutschen Erbrecht durchdrungen. Als Justiz-Minister würde er sich den Vorwurf großer Voreiligkeit zuziehen, wenn er heute {hon au fond des Entwurfs eingehen wollte. Um sich ein begründetes Urtheil zu verschaffen, müsse er die Bericht- erstattung der obersten Justizbehörden der betreffenden Landes- theile abwarten. Dies werde wohl als eine berechtigte Vor- sicht anerkannt werden und werde ihn entschuldigen, wenn er auf die Bedenken, welche auch ihm einzelne Bestimmungen des Gesees, namentlich in Bezug auf das ehelihe Güterrecht, hervorrufe, niht eingehe. Von Seiten der Justizverwaltung werde dem Geseße jedwede Förderung zu Theil werden, die ihm von dieser Stelle gewährt werden könne.

Der Abg. Dr. von Cuny widerlegte die Hänelschen Auf- fassungen von dem vom Abg. Miquel vertretenen Standpunkte aus. Der itte iu habe die Debatte wieder auf die rihtigen Gesichtspunkte zurückgeführt, von denen sie der Abg. Hänel entfernt habe. Letterer habe behauptet, daß durch diese Vorlage der hergebrahte Zustand in einen Zwangs-

zustand verwandelt werden solle. Der Abg. Miquel habe da- gegen mit Recht hervorgehoben, daß es si hier um ein all- gemeines wirthschafstlihes Bedürfniß handele, dessen Ursprung der Abg. Hänel selbst bis auf Aristoteles zurücdatirt habe,

denn der Staat habe in dem Stande der freien Grundbesitzer den besten Schuß gegen die Sozialdemokratie. Hierbei von einem Zwangszustande zu reden, sei durchaus unberechtigt, denn es stehe nach dieser Vorlage dem Eigenthümer frei, dur eine leßt- willige Verfügung das durch dieselbe konstituirte Anerberecht zw-anunulliren. Dagegen könnte man mit mehr Recht den jebigen Zusiand des zFntestaterbrehts einen Zwang nennen. Die Hauptursache der überhandnehmenden Verschuldung des bäuerlichen Besiges liege in der Nothwendigkeit der Erlegung des Kaufwerthes bei der Uebernahme von den Erben oder in der Abfindung der miterbenden Geschwister durch den Anerben. Welche Schwierigkeiten das franzöfishe Recht durch die Be- messung der Pflichttheile nah dem Kaufwerthe der Sitte der

Anerbung entgegenstelle, habe er in seiner Heimath, der Grafschast Mörs , oft gesehen. Es sei ein allgemeines Be- dürsniß, daß durch diese Vorlage die CRE beseitigt würden, welhe die Ausbreitung solcher Sitten erschwerten und ver- hinderten. j |

Der Abg. Dr. Schellwiß erklärte sih gegen diesen Antrag, doch sei er im Prinzipe mit der Vorlage des Abg. von Schor- [emer einverstanden ; troßdem sei es niht mögli, diese Materie in so leichter Weise zu regeln, wie der Antrag wolle. Schon in den Jahren 1824 und 1834 seien ähnliche Anträge aus den Provinzial-Landtagen Pommerns und Preußens hervor- gegangen, und {hon damals seien erhebliche Bedenken gegen dieselben erhoben worden. Er bitte, die Vorlage der Re- gierung nah dem Antrag Köhler zu überweisen, damit die- selbe darüber die Provinzialbehörden höre.

Der Abg. Graf Winßzingerode s{loß sich den Bemerkun- gen des Vorredners an. Er müsse aber der Vorlage einen Geleitbrief mitgeben, der ihr ein gutes Fortkommen sichere. Er habe sich mit der vorliegenden Materie wiederholt. ein- gehend beschäftigt, auh im Landes-Oekonomiekollegium, und könne den Entwurf nur willkommen heißen, um so mehrx, als er ihm eine viel weitergehende Bedeutung zuschreibe als die, nur das Bauernerbrecht in Westfalen zu regeln. Er glaube, daß dasselbe sich niht nur Eingang verschaffen werde, wo schon Sitte und Gewohnheit nah der Anerbung der Besißun- gen strebe, sondern auch in denjenigen Landestheilen, wo die Zersplitterung des bäuerlichen Besißthums {on weit vorge- schritten sei. Er betone nur vor Allem, daß der Entwurf in keiner Beziehung eine Beschränkung des Eigenthumsrechts in- volvire, -daß aber die Regelung der Materie în nationalem und nationalökonomischem Jntieresse dringend erforderlich sei. Stelle man- si auf diesen Standpunkt, dann dürfe man niht ver- kennen, daß die fortschreitende Zersplitterung, der häufige Be- sizwechsel, der häufige Wechsel in dem Zusammenhang unter den einzelnen Grundstücken dem Bestande des ländlichen Mit- telstandes der Ruin drohe. Von den Bedenken des Abg. Dr. Hänel könne cr nur einen Punkt als berechtigt anerkennen, nämlih den, daß die Taxation basirt werden folle auf einen Katastral-Reinertrag; folhe Schäßung sei nah der heutigen Lage der Gesetzgebung niht mehr angezeigt. Man habe dahin zu streben, daß die Shäßungen nach dem Katastral-Reinertrage in längeren Perioden -einer Revision unterworfen würden. Wenn er den Entwurf im Ganzen im vollsten Maße willfkom- men heiße, fo könne er doch auch nur wünschen, daß derselbe zunächst seinen Weg durch die nächstbetheiligten Organe mache, die zu seiner Prüfung berufen seien.

Der Abg. Holy erklärte, die konservative Partei werde dem Antrage Miquel zustimmen, um auf diese Weise die Frage in die zweite Lesung zu bringen, für welche sie si noc einige Anträge vorbehalte, um diese Frage auh für andere Provin- zen einer Regelung zu® unterziehen, denn auch dort sei das Bedürfniß für eine geseßliche Regelung fühlbar.

Ein Antrag auf Schluß der Diskussion wurde ange- nommen.

Der Abg. Frhr. von Scorlemer-Alsstt besürwortete zum

Schluß seinen Antrag. Er würde bei einer kommissarischen Berathung der Vorlage eine Aenderung des §. 4 in dem vom Abg. Hänel “angedeuteten Sinne beantragt haben. Wenn der Abg. Hänel Bedenken habe, das 1860 ftodifizirte eheliche Güterreht für Westfalen jeut schon zu ändern, jo habe er doh eine solche Aengstlich- keit niht gezeigt, als es sich um Abänderung wichtiger Ver- fassungsparagraphen handelte. Wenn der Abg. Hänel be- haupte, daß die abgefundenen Geschwister das ländlihe Pro- letariat verstärkten, dann möge derselbe zusehen, wo das länd- lie Proletariat stärker sei in den Landestheilen, wo die Sitte noh der Zersplitterung des Grundbesißes entgegengewirkt habe, oder in denen, wo dieses niht der Fall sei. Wenn dec Abg. Köhler Bedenken dagegen erhebe, ob es der Regierung möglich sein werde, bis zur nächsten Session eine solhe Vor- lage fertig zu stellen, so habe er eine bessere Meinung von der Arbeitskrast der Regierung, die ja selbst die großen Eisen- bahnvorlagen in wenigen Monaten fertig gestellt habe. Nach einigen persönlichen Bemerkungen der Abgg. Dr. Schellwiß, Dr. Hänel, und Frhr. von Schorlemer-Alst beantragte der Abg. Dr. Köhler (Göitingen), wenn kein Widerspruch er- folge, shon jeßt über die gestellten Anträge abzustimmen. Nachdem der Abg. Parisius Widerspruch eingelegt hatte, bean- tragle der Abg. Frhr. von Scorlemexr-Alst, wenn kein Wider- spruch erfolge, sofort in die zweite Berathung seines Antrages zu treten. Der Abg. Parisius erklärte auch hier, daß er eine Ueberstürzung im Fnteresse des Landes vermeiden wolle und daher auch gegen die sofortige zweite Berathung Widerspruch erhebe. Hierauf beschloß das Haus die 2. Berathung der Vorlage im Plenum stattfinden zu lassen, worauf si dasselbe um 31/, Uhr vertagte.

Fn der heutigen (14.) S1ßung des Hauses der Abgeordneten, welher der Kriegs-Minister von Kameke, der Finanz-Minister Bitter, der Justiz-Minister Dr. Friedberg und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die definitive Wahl des Präsidenten und der beiden Vizepräsidenten für die Dauer der Session. Auf den Antrag des Abg. Dr. Achenbach wurde das bisherige Präsidium durch Akklamation wiedergewählt. Alle drei Präsidenten nahmen die auf sie ge- fallene Wahl dankend an. Darauf leisteten diejenigen Ab- geordneten, welche dies bisher noh niht gethan hatten, den vorgeschriebenen Eid auf die Verfassung. Es folgte die erste Berathung des Entwurfs eines Ausführungsgeseßes

zur deutschen Gebührenordnung für Rechts- anwälte. Obwohl der Abg. Simon von Zastrow die Gebührensäße für Rechtsanwält im allgemeinen

für zu hoch gegriffen erachtete, so erklärte er doh, daß Preußen die Konsequenzen der Reichsgeseßgebung tragen müsse, und daß deshalb seine Partei darauf verzihhte, prinzipielle Ein- wendungen gegen diese Vorlage zu erh:ben, und nur zur Auf- élärung einiger dunklen Vorschriften dieselbe an die Zustiz- kommission zu verweisen wünsche. Der Abg. Dr. Köhler sprach wegen der dringenden Eile, welhe die Vorlage habe, für den sofortigen Eintritt in die zweite Berathung, jedoh nahm das Haus den Antrag des Abg. Simon von Zastrow an. Die Rechnungen der Kasse der Ober- Rechnungskammer für das Etatsjahr 1. April 1877/78 und die Allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres 1876 wurden auf den Antrag des Abg. Rickert an die Rechnungskommission ver- wiesen. Darauf sette das Haus die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats pro 1880/81, und zwar mit dem

Etat der Verwaltung dex direkten Steu ern (\. Nr. 278d. Bl.

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unter Landtagsangelegenheiten) fort. Einen Vorwurf des Ab

Schütt, daß die Regierung in Shleswig bei der blofs; stehender Gefälle dur Provokation der Ablösung bei den Auseinandersezungsbehörden vor der Entscheidung Ves ordent- lichen Gerichte in der Angelegenheit einen Mißbrauch mit den ihr geseßlih zustehenden Befugnissen getrieben habe, wies der Finanz-Minister Bitter als durchaus unbegründet zurüd. Das materielle Recht in dieser Frage sei allerdings jehr streitig, aber formell habe die Regierung in Scleswig durchaus geseßlih korrekt und deshalb auh pflihtgemäß und bona fide gehandelt. Nachdem der Referent der Budget- kommission Abg. Kieschke zu der Position der Gebäudesteuer erklärt hatte, daß die Regierung der Kommission eine Denk- {rift über die Ergebnisse der leßten Gebäudesteuerveranlagung zugesagt und daß bis dahin die Kommission von einem näheren Eingehen auf diese Materie abgesehen habe, sprach der Abg. Dr. Rökerath sein Bedauern darüber aus, daß die Jnjiruktionen des Finanz - Ministers für die Veranla- gungskommissionen entgegen dem Sinne des Geseßes viel zu der abnormen Steigerung dieser Steuer bei der lezten Ver- anlagung beigetragen hätten; namentlich würden die städti- schen Gebäude zu scharf, die ländlichen zu milde herange- zogen. Auch der Abg. Richter erkannte die vom Vorredner getadelte Erhöhung der Gebäudesteuer in der jeßigen Zeit der verstärkten indirekten Steuern als eine

motivirte niht an, und darin stimmte ihm der Abg. Rickert durchaus bei. Dagegen sprach der Abg. Jacobs die Meinung aus, daß die frühere Veranlagung eine zu TLR und a E AUS geworden sei.

r ersuche die Regierung, dem Hause demnächst ei zu machen, wonach die Dienstgebäude der i OA der Gebäudesteuer frei bleiben jollten.

_ Der Finanz-Minister Bitter erklärte, daß die vielfach er- wähnte Denkschrift über die Ergebnisse der lezten Gebäude- steuerveranlagung unmittelbar nah dem 15. Dezember werde abgeschlossen werden. Er wies dann noch den Vorwurf zurüd, daß der Finanz-Minister auf jede Weise die Gebäudesteuer in die Höhe gesck}raubt habe; er habe nur loyal dahin gestrebt , bei der geseßlich vorgeschriebenen Revision die Mängel der früheren Veranlagung zu beseitigen. Der Staat könne für seine Bedürfnisse der gefeblich feststehen-

den Steuern nicht entbehren. Die Abgg. Dr. Petri und Berger konstatirten, daß die Organe des Finanz-

tinisters niht überall von der gleichen Loyalität beseelt gewesen seien, wie dieser selbst. Die unteren Organe wünschten sich den ODberbehörden durch Steigerung der Steuern angenehm zu machen. Es herrshe über die legte Veranlagung der Gebäudesteuer eine notorische Erbitte- rung im Lande. Obwohl der Abg. Dr. Windthorst in diese Klagen auch in Bezug auf seine Heimathsprovinz einstimmte, jo erklärte er doch, daß er darin keine Veranlassung für den Abg. Richter erblicken könne, auch hier seine bekannten An- griffe wegen Belastung des armen Mannes gegen die Majorität, welche im Reichstage die neuen indirekten Steuern bewilligt habe, zu richten. Die Abgg. Dr. Miquel und Grum- brecht sprachen sich für eine Revision der jeßzigen Gebäude- steuerveranlagung aus, wo man statt des Miethvertrages den Nußungswerth zu Grunde lege. Beim Schlusse des Blattes sprach der Abg. Richter.

Um den Studirenden des Maschinenfahs einem mehrsach geäußerten Wunsche entsprehend Gelegenheit zu geben, die großen Sommerferien zu praktischen Arbeiten zu verwenden und sih einen Einblick in die Ein- rihtungen und Erfordernisse größerer Werkstattsanlagen zu verschaffen, hatte der Minister der öffentlihen Arbeiten im April d. JF. die sämmtlichen Königlichen Eisenbahn-Direktionen angewiesen, die Studiren*en, welche einen- derartigen Antrag stellen würden, für die Dauer der Ferien als Volontairs in den Eisenbahn-Reparaturwerkitätten zu beschäftigen. Auch war den Vortiänden der Privatbahn-Verwaltungen ein gleiches Verfahren cmpfohlen worden. Wie wir hören, hat bereits in diesem Sommer eine niht unerhebliche Anzahl Studirender von dieser Erlaubniß mit günstigem Erfolge Gebrauch gemacht.

Jn Beziehung auf das am 1. Januar 1880 in Kraft tretende Geset, betreffend die Statistik des Waaren- verkehrs des deutschen Zollgebiets mit dem Aus- lande, vom 20. Juli d. J., hat das Kaiserliche sta- tistishe Amt an sämmtliche Handelskorporationen im Reiche das folgende Cirkularschreiben gerichtet :

Die Vorschriften, welche der Bundesrath laut Bekanntmachung vom 20. November d. JI. zur Auéführung des (Geseßes vom 20. Juli d. J., die Statistik des Waarenverkehrs des deutswen Zollgebiets mit dem Auslande betreffend, erlassen hat (Centralblatt für das Deutsche Reich, VII. Jahrgang, S. 676), ordnen im §. 5 an, daß die gedruckten Formulare zu den Anmeldescheinen, welhe vom 1. Januar 1880 ab für den gedachten Verkehr erfordert werdea, und die An- leitung ¿zur Auéfüllung derselben einzeln von den Anmelzestellen (d. i. den Zollämtern im Grenzbezirk und den sonstigen daselbst zur Entgegennahme von Anmeldungen errich:eten besonderen Anmelde posten ), sowie von den sämmtliben übrigen Zoll- und Steuerstellen unentgeltlich zu verabfolgen sind. Gbenda ift be- stimmt, daß Exemplare der Formulare und der Anleitung in größerer Anzahl von denjenigen Zoll- und Steuerstellen, welche zugleich Anmeldestellen sind (Anmeldeäm ter) oder von den Direktiv- behörden besonders damit beauftragt werden, gegen Erstattung der Kosten entgegengenommen werden Tönnen. „Für den Druck der Formulare und der Anleitung bat, in Gemäßhiit des §. 44 der zur Ausführung des oben gedachten Geseßes erlassenen Dienstvorschriften vom 21. November d. JF. (Centralblatt für das Deutsche Reich, VII. Jahrgang, S. 687), das Kaiserliche statistishe Amt Sorge zu tragen.

Zufolge der leßtgedahten Vorschrift haben wir die Anfertigung dieser Drufsaben der Reichsdruckerei (Abtheilung 11., Berlin W. Wilhelmstraße 75) übertragen, welcbe diesclben, zum Beweis der Korrektheit, mit unserm Stempel versehen, und zu Anfang Dezember d. JF. fertig stellen wird. Die Reichsdruckerei verkauft die Formular? zu den Anmeldescheinen in Mengen von 100 Exemplaren oder in Vielfachen von hundert (die Kosten der Berpackung einbegriffen) für den Preis von 70 Pfennig das Hundert an Behörden, wie an Privat- personen, wenn die Einzahlung des Betrags bei der Entnahme, bezw. der Bestellung baar oder mittelst Postanweisung erfolgt. Unter dieser Bedingung wird au die Anleitung zur Ausfüllung der An- meldescheine von der Reichsdruckterei verabfolgt, und zwar bei Be- POUs von 50 odec mehr Exemplaren (einschl. der Berpactungs- osten) für 5 Pfennig das Stü, bei Bestellung von weniger als 50 Exemplaren (einshließlich des Portos „für die in solchem Falle stattfindende Zusendung unter Band) für 7 Pfennig das Stück.

Des Weitern ordnet der §. 13 des Geseyes an, daß die zur Ent- richtung der statistishen Gebühr dienenden und entsprechend bezeih- neten Stempelmarken zum Preise des Stempelbetrages (5, 10, 20 und 50 Pfennig), auf welchen sie lauten, bei sämmtlichen Postanstalten verkauft werden. : / i

Von den Postanstalten im Reichspostgebiet werden außerdem mit

Deichverbände von