1828 / 14 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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v. Corbiere eine seltene Geschicklichkeit, eine Sache unter verschiedenen Gesichtspunkten ins Auge zu fassen, und das Gute wie das Verwerfliche derselben wahrzunehmen; daher rührt der ihm so ungerechter Weise gemachte Vorwurf der Langsamkeit, den nur diejenigen aussprechen konnten, welche Leichtsinn und Hastigkeit fuͤr Kraft und Gewandheit halten. Ehe er in wichtigen Angelegenheiten einen Beschluß faßte, wollte er eine bestimmte Ansicht gewinnen, weshalb er auch mißtrauisch gegen sein eignes Ürtheil war, und lange Zeit die verschiedenen Zweige des ihm beim Antritt seines Amtes unbekannten Ministerium des Innern studirte, ehe sein Wir⸗ ken eine entschiedene Richtung nahm. Man hat ziemlich lange behauptet, er arbeite nicht, während er unausgesetzt be⸗ schaͤftigt war, den Thatsachen die richtige Stelle anzuweisen und scin Urtheil uͤber dieselben auszubilden. Einige Opposi⸗ tionsschriftsteller haben ihm auch vorzuwerfen er beschuͤtze nicht genug die Kuͤnste und Wissenschaften. Die Wahrheit ist, daß Hr. v. Corbieres einerseits das Staatsvermoͤgen nicht in Frivolitaͤten und uͤberfluͤssigen Gegenstaͤnden verschwenden wollte, die keinen Zweck haben, als den Launen der Pariser zu froͤhnen, und daß er anderer Seits eben so wenig geneigt war, den zahllosen unbedeutenden Geistern, die ihn, nach Gunstbezeigungen streben, stets belagerten, Aufmunterungen und Lohn zu spenden. Sein Ministerium verdient vor al⸗ lem, daß man ihm die Gerechtigkeit wiederfahren lasse, er habe unablaͤssiz die Departements gegen die unmäßigen For⸗ derungen und das System der Absorption, welches in der Hauptstadt herrscht, geschuͤtzt. Dieser Umstand erklaͤrt auch zum großen Theil den gewaltigen Haß, der sich im Mittel= punkt angehäuft hat, und von da auch nach den Theilen hingestroͤmt ist, fur welche das Ministerium seine Populari⸗ taͤt aufgeopfert hatte. Jeder Minister, welcher die schoͤnen Monumente der Hauptstadt vervielfältigen, die Gegenstaͤnde der Kunst dort anhaͤufen, große Feste geben, viele Theater eroͤffnen, und mit dem Gelde den Provinzen recht wohlfeiles Brod schaffen wird, waͤhrend diese es theuer bezahlen muͤs⸗ sen, wird sicherlich der Abgott der Pariser werden. Im Rath wie auf der Rednerbühne hatte Hr. v. Corbiere ein gesundes Urtheil, ein tiefes Schicklichkeits: und Rechtegefuͤhl, und wenn irgend ein Gegenstand ein mächtiges Interesse in ihm erregte, so erhob er sich zum höoͤchsten Schwunge der BVeredsamkeit, ohne jedoch sich jemals durch Leidenschaft hin⸗ reißen zu lassen. So geizig man auch mit Lobsoruͤchen fuͤr Staatemaͤnner so lang sein muß, als sie mächtig sind, so wohlthuend ist es, der Wahrheit zu huldigen, wenn die Zeit der Macht voruͤber ist. Die Opposition hat im Voraus das Lob dieses Ministers vollendet; denn wenn es ihm Geist, Thaͤtigkeit und Freigebigkeit abgesprochen hat, so hat sie ihn als rechtschaffenen Mann (honnete homme) begruͤßt, ein Titel, welchen schon Ludwig XVIII. verliehen hatte, und der, bei jetziger Zeit, keine Kleinigkeit ist.

Das vielbesprochene Syndicat der General⸗Einnehmer, welches Hr. v. Villele gestistet hat, und das von der Oppo⸗ sition so heftig angegriffen worden ist, wird aufgeloͤst; die in Paris anwesenden Mitglieder der Gesellschaft haben vor⸗ gestern deshalb eine lange Tonferenz mit dem neuen Finanz⸗ minister gehabt.

Fuͤnsprecentige Rente 102 Fr. 70 C. Dreiprocent. 8 Fr. 10 C.

Wien, 10. Januar. Der Oesterreichische Beobachter enthalt im heutigen Blatte folgendes:

In den Times vom 21. Dez. wird dem Kaiserl. In⸗ ternuncius der Vorwurf gemacht, daß er, als ein treuer Die⸗ ner „der hinterlistigen Politit feines Hoses, alle seine Kraͤste aufgeboten habe, um die Abreise der Gesandten der drei verbündeten Höfe von Konstantinopel iu hintertreiben; ein Geschaͤst, wobei ihm, wie der Journalist zu wissen glaubt, der franzosische Botschafter, in Gefolge eines dringenden Besehls seiner Regierung, „Himmel und Erde fuͤr diesen Zweck zu bewegen,“ beigestanden haͤtte.

Unsere Leser werden sich erinnern, chen derselbe Kaiserl. Minister, gegen welchen dieser

daß vor wenig Wo⸗ Vor⸗

wurf gerichtet ist, im Courier beschuldiget ward, die Pforte durch mehrere Jahre, ja unter der Hand auch noch in der letzten Zeit, zum hartnaͤckigen Widerstande gegen alle An⸗ trage in Betreff der Pacification Griechenlands aufgewiegelt zu haben. Daß zwischen beiden Anklagen ein unauflöͤslich scheinender Widerspruch obwaltet, ist gewiß. Wie die Jour⸗ nalisten, von welchen sie ausgesprochen werden, sich daruber, einer gegen den andern, und Beide gegen das Publicum zu verantworten gedenken, muͤssen wir ihnen selbst uͤberlassen. Wir haben kürzlich, durch eine Reihe von Thatsachen, wel⸗ che die gistigste Kritik nicht zu entkraͤften vermag, die Grund⸗ losigkeit und Nichtigkeit der Anklage des Couriers dargethan. Was die gegenwärtige (der Times) betrifft, so sind wir be⸗ reit, ohne von den haͤmischen Seitenblicken und ge haͤssigen Absichten des Schreibers weitere Kunde zu nehmen, sie fuͤr vollkommen gegruͤndet zu erklaͤren. Wenn es ein Verbre⸗ chen war, mit rast oser Anstrengung an der Aufrechthaltung des Friedens zu arbeiten, die ersten Ausbruͤche der Erbitte⸗ rung, welche eine Katastrophe, wie die von Navarin, noth⸗ wendig erwecken mußte, zu besäanftigen, und die Stimme der Mäßigung fuͤr Leben und Eigenthum einer großen An⸗ zahl schuldloser Christen zu erheben so hat der Inter— nuncius sich dieses Verbrechens in vellem Maaße schuldig gemacht, und den Zorn der liberalen Staatsmaͤnner, die in den Tunes das Wort suͤhren, reichlich verdient. Und wenn, wie wir allen Grund haben zu vermuthen, dieser Minister den oft und laut ausgesprochenen Wünschen und den be⸗ stimmten Befehlen Seines erhabenen Monarchen Genuͤge leisten will, so wird er auch fernerhin, unbekuͤmmert um den Beifall der Times, kein rechtmaͤßiges Mittel unversucht las⸗ sen, das groͤßte aller Uebel, nicht bloß von dem Ottomanni⸗ schen Reiche, sondern von der Gesammtheit Europa's abzu⸗ wenden.

Aus dem Vortrag welchen der Gouverneur-Stell= vertreter der prioilegirten oͤsterreichischen National Bank, Rit= ter v. Steiner, Chef des Großhandlungshauses Steiner und Comp. an den Bank⸗Ausschuß in dessen am 6. d. statt ge⸗ habten Versammlung gehalten hat, theilen wir nachstehende Uebersicht der Ergebnisse der einzelnen Geschäftszweige jenes Instituts im Jahre 1827 mit.

Das Escompte⸗Geschäͤst, welches am letzten December 1825 in 1009 Stuͤcken Effecten, einen Werth von 26, 902, 052 fl. 14 kr. darstellte, erhob sich im Laufe des Jahres 1527 auf 7937 Stücke Effecten, im Vetrage von 11158356 ff, und weiset nach den Statt gefundenen Eincasstrungen nut letztem December 1827 noch 7ös Stuͤcke Effecten, im Werthe von 18,285,476 fl. 30 kr. aus.

Das Leih-Geschaͤst stellte mit 31. December 1826 an Pfaͤndern 20, 38,959 fl. 8 kr. dar; wofuͤr 9, 951,200 fl. ge⸗ liehen waren. Im Laufe des Jahres 1827 kamen 17,490, 6935. 51 kr. an Pfaͤndern, gegen einen Vorschuß von 10 076,900 ff. hinzu, und mit letztem December 1827, verblieben nach den eingetretenen Auelbsungen in der Verwahrung des Institutes an Pfandern 15,920,313 fl. 19 kr. zuruͤck; worauf die aus⸗ stehenden Vorschüͤsse 566,500 fl. betragen haben.

Die Papiergeld. Einlbsung, welche sich mit letztem De⸗ cember 1826 auf 310,013,800 fl. erhob, vermehrte sich im Jahre 1827 um 21,599,225 fl., und stellt sich daher mit setztem December 1827 mit 261,610,025 ss. dar.

Die saͤmmtlichen Kassestände be⸗ standen am letzten Decbr. 1826 in 42, 115, 214 fl. 53 kr.

Im Jahre 1827 wurden em—⸗ pfangen . 111, 313, 899 * 19 1

Die Einnahme erhob sich da⸗ her auf. 2

Die Ausgaben stiegen auf. daher mit letztem December 1827 in i sammtlichen Bank⸗Kassen .. 7,6587, 0 9 ss. 25 kr, verblieben, und sich ein Gesammt-Verkehr im Jahre 1827 von 517,385,996 fl. 7 kr. ausweiset.

53,759, 114 ss. 13 kr. 406,072,091 47