1828 / 79 p. 5 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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zur Alldge meinen Preußischen Staats- Zeitung Rr. ?9.

. rankreäch. ö. (Nachtrag). .

Paris, 23. Maͤrz. Einer telegraphischen Nachricht aus

. Toulon vom 20sten d. M. zufolge, sind in dem dortigen

Hafen die Fregatte „Bellona“, die Briggs „Cuirassier“, „Euryale“, „le Curleux“, so wie die Gabarre „die Loire“ von der Cadixer Station angekommen.

Der General Sebastianl hat auf das Buͤreau der De⸗ putirten⸗Kammer die Bittschriften der in den Departements der Nordkuͤsten, des Gers, der Mosel, des Rhone, der

Vienne und der Yonne ansaͤßigen Mitglieder der Ehrenlegion

niedergelegt, worin dieselben die Auszahlung ihres ruͤckstän⸗

digen Gehalts verlangen.

In der gestrigen Sitzung der Deputirten-Kammer ist

uͤber die Verlftcatlon der Vollmachten einiger Deputirten,

deren Aufnahme vorlaͤufig ausgesetzt worden war, so wie

uͤber verschiedene Bittschriften Bericht abgestattet worden.

„Seit mehreren Tagen“ sagt der Constltutionnel, „spricht

man in Paris von einer abermaligen Veranderung des Mi—

nisteriums; als neue Minister macht man mehrere Maͤnner namhaft, als Herrn von Chateaubriand, Herzog von Broglie, Herrn Pasquier und sogar Herrn Casimir Périer; doch be— zeichnet man nicht diejenigen Minister, welche durch sie er— setzt werden sollen. Alle diese Geruͤchte beweisen mindestens, daß das jetzige Ministerium nicht auf festen Grundlagen beruhe; dergleichen Zweifel wuͤrden gar nicht erhoben werden, wenn die Minister nicht in allen ihren Maaßregeln so viel Ungewißheit

und Unschluͤssigkeit zeigten. Man moͤchte fast behaupten, daß

irgend eine unsichtbare Hand alle ihre Bewegungen hemme. Die Nachricht von dem Eintritte des Herrn v. Chaäͤtegubriand, der schon seit langer Zeit die verfassungsmaͤßige Monarchie mit eben so viel Ergehenheit als Beredsamkeit vertheidigt, gewinnt unter diesen Umstaͤnden immer mehr Glauben. Da man weiß, daß derselbe am 21. d. M. eine Privat-Audienz beim Koͤnige gehabt hat, so haͤlt man seine Ernennung fuͤr eine bereits entschiedene Sache, glaubt aber daß er vor der . kein Portefeuille erhalten werde. Wir fuͤgen diesem

jeruͤchte noch ein zweites hinzu, womit man sich ebenfalls seit kurzem herumtraͤgt, von dem wir aber hoffen, daß es ungegruͤndet ist. Man behauptet nämlich, daß der Herzog von Wellington mit dem Fuͤrsten v. Talleyrand in Torre— spondenz stehe und diesen ehemaligen Minister wieder an die Spitze der Verwaltung zu stellen wuͤnsche, um die Ansichten Frankreichs in Betreff der Angelegenheiten des Orients mit denen Englands uͤbereinstimmender zu machen“!

Das gestrige Blatt des Journal des Debats beruͤhrt aufs neue die Angelegenheiten des Hrients und stellt daruͤber folgende Betrachtungen an: „Seit vierzehn Jahren“, sagt es unter andern, „schien der Krieg nicht mehr zu den Be⸗ rechnungen der Cabinette zu gehören; man hielt denselben fuͤr ganzlich ausgeschlossen von ihren politischen Combinatio— nen. Heute wo diese angenehme Taͤuschung eines ewigen Friedens schwindet, geht man ploͤtzlich von einem Extreme zum andern uͤber, und malt sich die Zukunft mit den schwaͤr— zesten Farben aus. Uebertreiben wir indessen so wenig un— sere Besorgnisse als unsere Hoffnungen. Das Schicksal Europas hangt, Gott sei Dank, nicht von dem ersten Ka— nonenschusse ab. Es handelt sich in diesem Augenblick um eine Frage die weder Frankreich noch England betrifft. Diese beiden Maͤchte haben zunaͤchst nur uͤber die Vollziehung des Tractates vom 8. Jull zu wachen. Aber, wird man sagen, Rußland, welches diesem Tractate beigetreten war oder vielmehr denselben veranlaßt hatte, ist, der That nach, aus der Allianz ausgeschieden; denn die Grundlage jenes Ver— trages war die Verzichtleistung auf jede Gebietsvergrößerung, und jetzt marschiren die Russen uͤber den Pruth, besetzen dle Fuͤrstenthuͤmer, und, wenn sie erst über die Donau gegangen sind,

so haben sie nur noch einige funfzig Meilen bis nach Konstan⸗

tinopel. Kommen wir zunaͤchst auf den mehr erwaͤhnten Tractat zuruͤck. Da man in demselben der Pforte eine be⸗ stimmte Frist stellt, so sah man schon damals voraus, daß von zwei Dingen eins geschehen wuͤrde, entweder daß der Divon die ihm gestellten Bedingungen annehmen, oder daß er sie verwerfen wuͤrde. Wenn man nun nicht vorweg an— nehmen will, daß jene stillschweigende Drohung nur in der Absicht, sie nicht zu erfuͤllen, gemacht worden sei, so wird man eingestehen muͤssen, daß der Einfall der Rusfen in die Fuͤrstenthuͤmer ebenfalls schon damals als ein moͤgliches Er—

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gehort hat, der Spielball der Pforte zu sein, es deshalb noch laͤnger bleiben? Der Zweck des Tractates vom 56. Juli ist nicht erreicht; er muß es werden.

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eigniß, um die Pforte zur Annahme der ihr gemachten Vor- schlaͤße zu bewegen, vorhergesehen . . . nun heute zu den gemeinschaftlichen Beschwerden der drei Maͤchte noch eine besondere Beschwerde hinzukoͤmmt, wenn sich zu einem, Allen widerfahrenen Schimpfe, noch eine spe— cielle Beleidigung gesellt, geht daraus hervor, daß der Marsch der Armee einer jener Maͤchte die andern von der heiligen Verpflichtung entbinde, durch die Gewalt der Waffen zu erlangen, was man auf guͤtlichem Wege nicht erlangen konnte? Gestehen wir offen, daß wir alle von dem Divan hintergangen worden sind. Weil aber das der Tuͤrkei naͤher gelegene Rußland uerst auf⸗

alt wir

. ure n Eine abermalige Verheerung Griechenlands durch die Horden der Mu selmaͤnner wuͤrde die Politik der christlichen Cabinette fuͤr immer mit Schande bedecken. Es ist genug, daß Athen und Missolunghi in Truͤmmern liegen.“

Inland.

Berlin. Zu der am 29sten d. M. in dem hiesigen Gymnasium zum Grauen⸗Kloster von 8 bis 12 und Näch— mittags von 2 bis 6 Uhr anzustellenden öffentlichen Pruͤfung der Schuͤler ladet der Director dieser Anstalt, Doctor der Theologie, Bellermann, durch ein vom Herrn Professor und Mitdirector Köpke geschriebenes Programm ein, das von dem Herrn Verfasser schon fruͤher als Inaugur al⸗-Dissertation, Behufs der Erlangung der Wuͤrde eines Doctors der Theo— logie, verfaßt und bei der theologischen Facultaͤt zu Heidel— berg eingereicht worden war, und vom Zustand der Christen unter den Roͤmischen Kaisern des zweiten Jahrhunderts han— delt. Aus den von Hrn. Direct. Bellermann dein Programm hinzugefuͤgten statistischen Annalen ergiebt sich, daß die Zahl der im letztverwichenen Vierteljahre die Anstalt besuchenden Schuͤler 543 betrug, von denen 67 in Prima, 58 in Se—

cunda, 969 in Groß-Tertia, in Klein-Tertia coetus A. 48,

coetus B. 46, in Groß⸗Quarta 70, in Klein⸗Quarta 70, in Quinta 57, in Sexta 48 sich befanden. Neu aufgenommen wurden im vorigen Schuhjahre 159; abgegangen sind 168,

von denen 29 nach gemachter Abiturienten-Pruͤfung zu Mi—

chaelis 1827 zur Universität promovirt worden und 23 jetzt dahin befoͤrbert werden follen, 125 andere aber, theils aus den obern, theils aus den untern Classen, meist um sich dem Kaufmannstande, Fabrikgeschaͤften und dem Geschaͤfts— dienste zu widmen, abgingen. .

Im Preußischen Staate befanden sich nach der Zählung zu Ende des Jahres 1825 unter uͤberhaupt 12,256,725 Ein wohnern 4,487, a5 i Kinder, welche das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten; also unter 1,060 Einwohnern im Durchschnitte 353 Kinder; oder die Kinder waren ziem— lich nahe 33 der Nation. Es ist leicht zu uͤbersehen, daß dieses Verhaͤltniß nicht in allen Landestheilen dasselbe sein kann: wo die Bevoͤlkerung schneller waͤchst, sind die Kinder ein groͤßerer Theil her gesammten Volksmasse, als da, wo sie langfamer fortschreitet. Indessen mag hierauf vor jetzt nicht weiter eingegangen werden: jedenfalls ist die Zahl der Kinder uͤberall so groß, daß auf ihre Erziehung ein sehr be— traͤchtlicher Theil dessen verwandt werden muß, was die Na— tion uͤberhaupt jahrlich durch ihre Arbeit erwirbt.

Unter den Verwendungen auf die Kinder ist keine der geringsten die auf ihren Unterricht: selbst wenn der Unter— richt in den offentlichen Schulen erst mit dem vollendeten siebenten Lebensjahre beginnt, bedürfen seiner ungefaͤhr derselben; das ist im Preußischen Staate uͤberhaupt noch uͤber 1,920,000. In vielen Landestheilen, und uͤberall in den sorgsamern Familien, faͤngt aber der foͤrmliche Unterricht fruͤher, zum Theil bald nach vollendetem fuͤnften Lebensjahre an. Ihn vor vollendetem vierzehnten Jahre endigen zu las= sen, ist nicht raͤthlich: es wird zu leicht vergessen, was nicht bis wenigstens zu diesem Grade der Reife in taͤglicher Uebung bleibt; ünd ein großer Theil des Unterrichts wird dadurch eine fruchtlose Verwendung, so daß eine vermeinte Er sparniß auf diesem Wege in der That nur eine große Verschwendung