Der Sultan war hoͤchlich daruͤber erfreut und entließ sie sehr gnaͤdig. — Aus Asien sind seit einigen Tagen keine neuen Truppen hier angelangt, und man will wissen, daß die Fortschritte der Russen im Paschalik von Erzerum, welche weitere Truppensendungen nach Europa verbieten, die Ursache davon seyen.“ —
Die Allgemeine Zeitung (vom 6. Nov.) enthaͤlt Folgendes:
Von der Donau, 31. Oct. (Eingesandt.) In dem Au— genblicke, wo die Nachricht von der Einnahme Varna)s alle duͤsteren Weissagungen aͤber den Ausgang des jetzigen Russi⸗ schen Feldzugs in der Tuͤrkei zu Schanden macht, koͤnnte es uͤberfluͤssig scheinen, das Publikum noch auf die schamlosen Luͤgen aufmerksam zu machen, die aus sogenannten Privat— Briefen aus Bucharest in Deutsche und auslaͤndische Zei— tungen uͤbergegangen sind, wenn nicht, bei der eifrigen und planmaͤßigen Verbreitung dieser Hiobsposten, die augenschein⸗ liche Absicht zum Grunde laͤge, den Ruhm der Russischen Waffen in dem Verhaͤltnisse zu mindern, als man sich be⸗ strebt, die vermeinten Erfolge der Tuͤrkischen Waffen zu ver— groͤßern, und das Interesse Europas fuͤr eine Regierung zu erwecken, die durch die Art, wie sie seit sieben Jahren den Griechischen Aufruhr zu dampfen gesucht hat, sich in der Achtung und Zuneigung aller Gebildeten nicht eben hoͤher gestellt hat, als zur Zeit, wo die Türken noch die Erbfeinde der Christenheit hießen. Es soll hier noch auf keine aus— fuͤhrliche Beleuchtung der bewußten Artikel ankommen, und ingu wird sich darauf beschraͤnken, einige Zuͤge hervorzuhe— ben, die am meisten den darin herrschenden Geist bezeichnen. Der Artikel aus Bucharest vom 20. Sept. (siehe Allgemeine Zeitung vom 6. Get. Nr. 230 versichert: „daß die Nachrich⸗ ten vom Kriegs-Schauplatze immer ernsthafter wuͤrden.“ Indessen reichten sie aus der Gegend von Schumla nur bis zum 15. Sept., wo nach den offiziellen Kriegsberichten der Rus⸗= fen, deren Wahrhaftigkeit selbst aus der Vergleichung mit den Tuͤrkischen Berichten hervorleuchtet, daselbst nichts von Er— heblichkeit vorgefallen war; dennoch spricht der bewußte Ar— tikel mit einer Gewißheit und Zuversicht, die man nur aus amtlichen Quellen schoͤpfen kann, „von einem großen Angriff, den Husny⸗Bey am 9. Sept, auf die Nussischen Verschan⸗ zungen unternommen haͤtte, sobald er die Anstalten der Russen zur Räumung ihrer Stellung vor Schumla bemerkt habe. Dieser Angriff sey zuruͤck geschlagen worden, es ö aber den⸗ noch der rf leu der Russen nach Jenibazar erfolgt, wo sie nur einen Tag bleiben, und dann sich nach Basardschik zuruͤck⸗ ziehen wollten.“ Aus den Nussischen Berichten ersieht man nur, daß am 9. Sept. ein Detaschement von Tuͤrkischer In— fanterie sich einer der Russischen Redouten genähert hatte, welches aber durch einige Kanonenschuͤsse zerstreut wurde. Noch weit eigenmaͤchtiger ist aus der Feder des gedachten Correspon⸗ denten die Nachricht geflossen, „Husny⸗Bey habe unmittelbar nach dem Abzuge der Russen seine Verschanzungen von Schumla verlassen, um mit 70, 00h Mann diese Armee gegen Basardschik zu drängen, wodurch er sie vollends zu zerstoͤren und das be⸗ draͤngte Schumla ‘) dem Ausfalle aus Silistria am 15. Sept. „der Schrecken der Russen, nach dem Eindringen der Spahis, so groß gewesen seyn, daß sich das Russische Korps erst wieder in Hirsowa!!! sammelte.“ Dieses Gefechts geschieht in dem Russischen Kriegs⸗ berichte vom 21. bis 27. Sept. (n. St.) Erwaͤhnung. In dem⸗ selben wurde der Ausfall der Tuͤrken mit betraͤchtlichem Ver⸗ luste in die Festung zuruͤckgedraͤngt, und der Oberbefehlshaber der Ottomanischen Cavallerie unter den Todten gefunden. — Es ist also dieses Ereigniß, auf eine kaum glaubliche Weise entstellt und entartet, dem Correspondenten von Bucharest zu⸗ gekommen, und nichts destoweniger von ihm weiter befoͤrdert worden. Schwerlich wird man glauben, daß an einem Orte wie Bucharest, der dem Kriegsschauplatze und den amtlichen Nachrichten so nahe liegt, der uͤberdieß der Sitz eines Russi—⸗ schen General⸗Gouverneurs ist, man nicht allein so grundlose Geruͤchte der Aufmerksamkeit fuͤr wuͤrdig halten, sondern sie auch ins Ausland versenden konnte. Noch auffallender ist es, in einem Artikel vom 22. Sept. (S. Allg. Zeit. vom 7. Oct.) „die Russische Armee auf ihrem Ruͤckzuge von Schumla be— reits am 15. Sept. in Basardschik eintreffen zu sehen, von wo sie unverweilt nach Isaktschka aufbrechen soll.“ Die Russi— schen Armee⸗Berichte sprechen aber nur von einer Bewegung und Kanonade der Tuͤrken gegen die Vorposten des linken Fluͤgels, was am 16, erfolgte. Die Entfernung Silistria's und Schumla's von Bucharest ist wahrlich nicht groß genug, um einer so ganz der Wirklichkeit und Wahrheit entgegenge—
) Soll wohl Varna heißen.
u entsetzen beabsichtige.“ — Ferner soll bei
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setzten Nachricht auch nur für einige Stund en daselbst Glauben verschaffen zu koͤnnen. Indessen hiermit nicht zufrieden, beeilt sich der Correspondent, noch andere Schrek⸗ kensgeruͤchte hinzuzufuͤgen, die er doch diesesmal bescheiden ge? nug ist, vielleicht voreilig zu nennen. Zur Darlegung des ganzen Ungrundes dieser Nachrichten, welche die Russische Armee auf ihrem vermeinten Ruͤckzuge, dessen Etappen sie sogar anzeigen, zu verfolgen scheinen, genugt zu bemerken, daß am 13. Oct. diese namliche Armee noch nicht ihre Stellüng vor Schumla verlassen hatte, und sie kann sie nur in Folge einer allgemeinen Bewegung ver— lassen haben, die nach der Einnahme von Varna stattgefun— den haben wirs, um die Unternehmungen zur Belagerung von Silistria zu schuͤtzen, die bald beginnen wird. Man bildet sich uͤbrigens mit Unrecht ein, daß die Armee vor Schumla zur Wegnahme dieses Platzes bestimmt gewesen sey; die Tuͤrkische, 70,000 Mann starke Armee mußte noth— wendiger Weise beobachtet werden, um sie zu verhindern, die Russen mit Macht vor Silistria und Varna anzugrei— fen, und wer wagt zu leugnen, daß dieser Zweck erreicht worden ist? — Es ist zu wuͤnschen, daß gegenwaͤrtige Ruͤge das Publikum auf die heimtuͤckischen Bestrebungen gedachter anonymer Federn aufmerksam mache, und ihm zur Warnung gegen sie diene, so wie auch kaum zu zweifeln ist, daß diese Lugen-Kuͤnstler von den glänzenden Erfolgen, welche die Russischen Waffen kroͤnen, gelähmt und beschaͤmt, den offen— baren Kampf mit der Wahrheit und Gerechtigkeit scheuen werden. Eine Fortsetzung erwähnter Artikel wuͤrde aber den Freunden der Wahrheit die Pflicht auferlegen, die luͤgneri— schen Angaben ihrer Verfasser Schritt fuͤr Schritt wider— legend zu verfolgen, ihre Falschheit in allen Einzelnheiten darzulegen und ohne Ruͤcksicht ihren mehr als vermuthlichen Ursprung zu enthuͤllen ).“
— Zu naͤherem Verstaͤndniß der unten stehenden (mit einem Sternchen bezeichneten) Anmerkung der Allgemeinen Zeitung geben wir nachstehend auch den darin erwaͤhnten, in ihrem Blatte vom 4ten befindlichen Artikel:
Von der Donau, 1. Nov. „Die von Bucharest, Sem lin 3c. aus verbreiteten Geruͤchte von den Unfaͤllen der Rus— sischen Armeen sind durch die Einnahme von Varna auf das Buͤndigste widerlegt worden, wie die Allg. Zeitung vom 238. Oct. selbst mit Freimuͤthigkeit anerkannt hat. Weil diese Zeitung jene, doch meist auf Tuͤrkische Buͤlletins gegruͤndete Geruͤchte zuerst ihren Lesern bekannt machte, so ist sie von andern Blattern, die kein Hehl aus der eigenen Partheilichkeit machen, namentlich vom Constitutionnel vom 20. und 23. Oct. und einigen Echo's desselben in Deutschland, eben auch fuͤr das Organ einer Parthei erklaͤrt worden. Es ist nicht meine Absicht, hier die Allg. Zeitung gegen solche Anklagen verthei— digen oder mir das Ansehen geben zu wollen, in ihre Ge⸗ heimnisse eingeweiht zu seyn ); wohl aber darf bemerkt werden, daß solche Anschuldigungen selbst von partheiischer Einseitigkeit Zeugniß geben. Waͤre die Allg. Zeitung das Organ einer Parkhei, so muͤßte diese Parthei sehr unmaͤchtig seyn, staͤnde ihr kein anderes Mittel zu Gebote, als durch ihre Organe ersonnene Geruͤchte zu verbreiten; ohne dem Geg⸗ ner zu schaden, wuͤrde sie vielmehr die eigene Schwaͤche ver— rathen. Die Russische Armee hat durch den guten oder boͤsen Willen der Correspondenten von Bucharest, Semlin ꝛc., und durch Geruͤchte, die einige hundert Meilen vom Kriegs— schauplatze verbreitet worden, keinen Mann verloren; die auf solchem Wege ausgeuͤbte Feindseligkeit eines oͤffentlichen Blattes waͤre also sehr unschuldiger Natur; statt zu ver⸗ letzen, wurde sie den Russen vielmehr Nutzen bringen, in— dem sie deren vermeintliche Gegner laͤcherlich machte. In die⸗ ser, so wie in mancher andern Beziehung, verdient die Be⸗ kanntmachung selbst nachtheiliger Geruͤchte also Dank.“ (?) — „Ueberdem wird kein besonnener Beobachter verkennen, daß Geruͤchte auch zur Zeitgeschichte gehoͤren, — sie sind gleichsam die Buͤlletins der verschiedenen Gesinnungen, die
) Die Redaction der Allgemeinen Zeitung enthalt sich al ler Bemerkungen, die sich ihr, besonders uͤber den Schluß die⸗ ses Schreibens, darbieten. Zufaͤllig hat so eben erst ein anderer Correspondent von der Dongu (Allg. Zeitg. Nr. 309) im Vor⸗ aus ihre Vertheidigung geführt. (Anmerk, der Allgem. 3tg.)
*) Die Allgemeine Zeitung hat keine Geheimnisse und ihre Schuld sst es nicht, wenn ihre stets erprobte Unpartheilichkeit andern Blaͤttern, die sie um ihre Einseitigkeit nicht beneidet, eine ünbegreiflichkeit seyn sollte., Sie ist allen Stimmen oen, und hat sich nie geweigert, die Widerlegung ungegruͤndeter Ge⸗ ruͤchte aufjunehmen. Daß ubrigens auch Gerüchte zur Zeitge⸗ schichte, deren Organ allein eine unpartheiische Zeitung seyn soll, gehoͤren können, gesteht auch der Verfasser des obigen Schrei⸗ bens. Die Redaction der Allg Zeitung.