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v. Corbiere eine ſeltene Geſchicklichkeit, eine Sache unter verſchiedenen Geſichtspunkten ins Auge zu faſſen, und das Gute wie das Verwerfliche derſelben wahrzunehmen; daher rührt der ihm ſo ungerechter Weiſe gemachte Vorwurf der Langſamkeit, den nur diejenigen ausſprechen konnten, welche Leichtſinn und Haſtigkeit fuͤr Kraft und Gewandheit halten. Ehe er in wichtigen Angelegenheiten einen Beſchluß faßte, wollte er eine beſtimmte Anſicht gewinnen, weshalb er auch mißtrauiſch gegen ſein eignes Ürtheil war, und lange Zeit die verſchiedenen Zweige des ihm beim Antritt ſeines Amtes unbekannten Miniſterium des Innern ſtudirte, ehe ſein Wir⸗ ken eine entſchiedene Richtung nahm. Man hat ziemlich lange behauptet, er arbeite nicht, während er unausgeſetzt be⸗ ſchaͤftigt war, den Thatſachen die richtige Stelle anzuweiſen und ſcin Urtheil uͤber dieſelben auszubilden. Einige Oppoſi⸗ tionsſchriftſteller haben ihm auch vorzuwerfen er beſchuͤtze nicht genug die Kuͤnſte und Wiſſenſchaften. Die Wahrheit iſt, daß Hr. v. Corbieres einerſeits das Staatsvermoͤgen nicht in Frivolitaͤten und uͤberfluͤſſigen Gegenſtaͤnden verſchwenden wollte, die keinen Zweck haben, als den Launen der Pariſer zu froͤhnen, und daß er anderer Seits eben ſo wenig geneigt war, den zahlloſen unbedeutenden Geiſtern, die ihn, nach Gunſtbezeigungen ſtreben, ſtets belagerten, Aufmunterungen und Lohn zu ſpenden. Sein Miniſterium verdient vor al⸗ lem, daß man ihm die Gerechtigkeit wiederfahren laſſe, er habe unablaͤſſiz die Departements gegen die unmäßigen For⸗ derungen und das Syſtem der Abſorption, welches in der Hauptſtadt herrſcht, geſchuͤtzt. Dieſer Umſtand erklaͤrt auch zum großen Theil den gewaltigen Haß, der ſich im Mittel= punkt angehäuft hat, und von da auch nach den Theilen hingeſtroͤmt iſt, fur welche das Miniſterium ſeine Populari⸗ taͤt aufgeopfert hatte. Jeder Miniſter, welcher die ſchoͤnen Monumente der Hauptſtadt vervielfältigen, die Gegenſtaͤnde der Kunſt dort anhaͤufen, große Feſte geben, viele Theater eroͤffnen, und mit dem Gelde den Provinzen recht wohlfeiles Brod ſchaffen wird, waͤhrend dieſe es theuer bezahlen muͤſ⸗ ſen, wird ſicherlich der Abgott der Pariſer werden. Im Rath wie auf der Rednerbühne hatte Hr. v. Corbiere ein geſundes Urtheil, ein tiefes Schicklichkeits: und Rechtegefuͤhl, und wenn irgend ein Gegenſtand ein mächtiges Intereſſe in ihm erregte, ſo erhob er ſich zum höoͤchſten Schwunge der BVeredſamkeit, ohne jedoch ſich jemals durch Leidenſchaft hin⸗ reißen zu laſſen. So geizig man auch mit Lobſoruͤchen fuͤr Staatemaͤnner ſo lang ſein muß, als ſie mächtig ſind, ſo wohlthuend iſt es, der Wahrheit zu huldigen, wenn die Zeit der Macht voruͤber iſt. Die Oppoſition hat im Voraus das Lob dieſes Miniſters vollendet; denn wenn es ihm Geiſt, Thaͤtigkeit und Freigebigkeit abgeſprochen hat, ſo hat ſie ihn als rechtſchaffenen Mann (honnete homme) begruͤßt, ein Titel, welchen ſchon Ludwig XVIII. verliehen hatte, und der, bei jetziger Zeit, keine Kleinigkeit iſt.

Das vielbeſprochene Syndicat der General⸗Einnehmer, welches Hr. v. Villele geſtiſtet hat, und das von der Oppo⸗ ſition ſo heftig angegriffen worden iſt, wird aufgeloͤſt; die in Paris anweſenden Mitglieder der Geſellſchaft haben vor⸗ geſtern deshalb eine lange Tonferenz mit dem neuen Finanz⸗ miniſter gehabt.

Fuͤnſprecentige Rente 102 Fr. 70 C. Dreiprocent. 8 Fr. 10 C.

Wien, 10. Januar. Der Oeſterreichiſche Beobachter enthalt im heutigen Blatte folgendes:

In den Times vom 21. Dez. wird dem Kaiſerl. In⸗ ternuncius der Vorwurf gemacht, daß er, als ein treuer Die⸗ ner „der hinterliſtigen Politit feines Hoſes, alle ſeine Kraͤſte aufgeboten habe, um die Abreiſe der Geſandten der drei verbündeten Höfe von Konſtantinopel iu hintertreiben; ein Geſchaͤſt, wobei ihm, wie der Journaliſt zu wiſſen glaubt, der franzoſiſche Botſchafter, in Gefolge eines dringenden Beſehls ſeiner Regierung, „Himmel und Erde fuͤr dieſen Zweck zu bewegen,“ beigeſtanden haͤtte.

Unſere Leſer werden ſich erinnern, chen derſelbe Kaiſerl. Miniſter, gegen welchen dieſer

daß vor wenig Wo⸗ Vor⸗

wurf gerichtet iſt, im Courier beſchuldiget ward, die Pforte durch mehrere Jahre, ja unter der Hand auch noch in der letzten Zeit, zum hartnaͤckigen Widerſtande gegen alle An⸗ trage in Betreff der Pacification Griechenlands aufgewiegelt zu haben. Daß zwiſchen beiden Anklagen ein unauflöͤslich ſcheinender Widerſpruch obwaltet, iſt gewiß. Wie die Jour⸗ naliſten, von welchen ſie ausgeſprochen werden, ſich daruber, einer gegen den andern, und Beide gegen das Publicum zu verantworten gedenken, muͤſſen wir ihnen ſelbſt uͤberlaſſen. Wir haben kürzlich, durch eine Reihe von Thatſachen, wel⸗ che die giſtigſte Kritik nicht zu entkraͤften vermag, die Grund⸗ loſigkeit und Nichtigkeit der Anklage des Couriers dargethan. Was die gegenwärtige (der Times) betrifft, ſo ſind wir be⸗ reit, ohne von den haͤmiſchen Seitenblicken und ge haͤſſigen Abſichten des Schreibers weitere Kunde zu nehmen, ſie fuͤr vollkommen gegruͤndet zu erklaͤren. Wenn es ein Verbre⸗ chen war, mit raſt oſer Anſtrengung an der Aufrechthaltung des Friedens zu arbeiten, die erſten Ausbruͤche der Erbitte⸗ rung, welche eine Kataſtrophe, wie die von Navarin, noth⸗ wendig erwecken mußte, zu beſäanftigen, und die Stimme der Mäßigung fuͤr Leben und Eigenthum einer großen An⸗ zahl ſchuldloſer Chriſten zu erheben ſo hat der Inter— nuncius ſich dieſes Verbrechens in vellem Maaße ſchuldig gemacht, und den Zorn der liberalen Staatsmaͤnner, die in den Tunes das Wort ſuͤhren, reichlich verdient. Und wenn, wie wir allen Grund haben zu vermuthen, dieſer Miniſter den oft und laut ausgeſprochenen Wünſchen und den be⸗ ſtimmten Befehlen Seines erhabenen Monarchen Genuͤge leiſten will, ſo wird er auch fernerhin, unbekuͤmmert um den Beifall der Times, kein rechtmaͤßiges Mittel unverſucht laſ⸗ ſen, das groͤßte aller Uebel, nicht bloß von dem Ottomanni⸗ ſchen Reiche, ſondern von der Geſammtheit Europa's abzu⸗ wenden.

Aus dem Vortrag welchen der Gouverneur-Stell= vertreter der prioilegirten oͤſterreichiſchen National Bank, Rit= ter v. Steiner, Chef des Großhandlungshauſes Steiner und Comp. an den Bank⸗Ausſchuß in deſſen am 6. d. ſtatt ge⸗ habten Verſammlung gehalten hat, theilen wir nachſtehende Ueberſicht der Ergebniſſe der einzelnen Geſchäftszweige jenes Inſtituts im Jahre 1827 mit.

Das Escompte⸗Geſchäͤſt, welches am letzten December 1825 in 1009 Stuͤcken Effecten, einen Werth von 26, 902, 052 fl. 14 kr. darſtellte, erhob ſich im Laufe des Jahres 1527 auf 7937 Stücke Effecten, im Vetrage von 11158356 ff, und weiſet nach den Statt gefundenen Eincaſſtrungen nut letztem December 1827 noch 7ös Stuͤcke Effecten, im Werthe von 18,285,476 fl. 30 kr. aus.

Das Leih-Geſchaͤſt ſtellte mit 31. December 1826 an Pfaͤndern 20, 38,959 fl. 8 kr. dar; wofuͤr 9, 951,200 fl. ge⸗ liehen waren. Im Laufe des Jahres 1827 kamen 17,490, 6935. 51 kr. an Pfaͤndern, gegen einen Vorſchuß von 10 076,900 ff. hinzu, und mit letztem December 1827, verblieben nach den eingetretenen Auelbſungen in der Verwahrung des Inſtitutes an Pfandern 15,920,313 fl. 19 kr. zuruͤck; worauf die aus⸗ ſtehenden Vorſchüͤſſe 566,500 fl. betragen haben.

Die Papiergeld. Einlbſung, welche ſich mit letztem De⸗ cember 1826 auf 310,013,800 fl. erhob, vermehrte ſich im Jahre 1827 um 21,599,225 fl., und ſtellt ſich daher mit ſetztem December 1827 mit 261,610,025 ſſ. dar.

Die ſaͤmmtlichen Kaſſeſtände be⸗ ſtanden am letzten Decbr. 1826 in 42, 115, 214 fl. 53 kr.

Im Jahre 1827 wurden em—⸗ pfangen . 111, 313, 899 * 19 1

Die Einnahme erhob ſich da⸗ her auf. 2

Die Ausgaben ſtiegen auf. daher mit letztem December 1827 in i ſammtlichen Bank⸗Kaſſen .. 7,6587, 0 9 ſſ. 25 kr, verblieben, und ſich ein Geſammt-Verkehr im Jahre 1827 von 517,385,996 fl. 7 kr. ausweiſet.

53,759, 114 ſſ. 13 kr. 406,072,091 47